Autor Thema: Bundesagentur für Arbeit,Hartz IV,Überwachung von Arbeitslosen ....  (Gelesen 20261 mal)

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Offline Jürgen

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Re: Das unwerte Hartz IV-Leben
« Antwort #180 am: 18 März, 2010, 01:45 »
Der menschenverachtende Fanatiker lebt von Steuergeldern.
Und diese sollte man ihm nun aufgrund solcher öffentlicher Äusserungen sofort und komplett entziehen, und zwar auch rückwirkend. Eigentumsrecht verwirkt, feddisch...
Das gäbe ihm selbst einmal die Gelegenheit, an den von ihm so verachteten Segnungen des Sozialsystems uneingeschränkt teilhaben zu dürfen  :enno
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Wer soll's bezahlen?
« Antwort #181 am: 18 März, 2010, 09:56 »
Krankenversicherung für ALG-II-Empfänger

Nach dem Karlsruher Urteil zu den Regelsätzen bei ALG II können diejenigen, die privat krankenversichert sind, Hoffnung schöpfen. Ihr bisher teilweise selbst zu leistender Krankenversicherungsbeitrag könnte als regelmäßiger Mehrbedarf anerkannt werden.

Krankenversicherung? Zahlt das Amt. Oder?

Bei vielen Diskussionen rund um die Höhe des ALG II wird die Meinung vertreten, dass der Hilfeempfänger indirekt ca. 1000 Euro erhält. Diese Höhe ergibt sich, wenn alle Leistungen für ihn zusammengerechnet und somit also neben dem Regelsatz noch die Kosten der Unterkunft sowie die Beiträge zur Sozialversicherung hinzugerechnet werden. Hier wird oft davon ausgegangen, dass die Krankenversicherungsbeiträge automatisch in voller Höhe übernommen werden. Tatsächlich ergibt sich jedoch für jene, die vor dem Leistungsbezug privat krankenversichert waren, ein Problem: Sie können nicht in die gesetzliche Krankenversicherung zurück - doch der Basistarif der privaten KV ist weiterhin zu hoch, als dass er von den ArGen komplett übernommen werden kann.


Mit dem Rückkehrverbot sollte verhindert werden, dass sich Versicherte "das Beste aus beiden Welten" sicherten - also solange in der privaten Krankenversicherung blieben, wie sie deren Beiträge zahlen konnten, um dann, wenn z. B. die Tätigkeit als Freiberufler oder Selbständiger nicht mehr genug abwarf, über den Weg des ALG-II-Bezuges zurück in die gesetzliche Krankenversicherung zu kommen. Durch diesen Riegel, den man den "Rosinenpickern" vorschob, ergab sich für ALG-II-Empfänger die obige Problematik.

Besonderer Härtefall? Ja, aber ...

Der Basistarif, den die private Krankenversicherung anbietet, liegt für die ALG-II-Empfänger jedoch unerreichbar hoch - nämlich bei 569,63 Euro. Zwar wurden die privaten Krankenversicherungen gesetzlich verpflichtet, den Basistarif in solchen Fällen um die Hälfte kürzen - doch auch von den verbliebenen 284,82 Euro übernahmen die ArGen bisher lediglich einen Teilbetrag. Übrig blieben gut 150 Euro, die Versicherten aus dem normalen Regelsatz in Höhe von 359 Euro zuschießen sollte. Regierungsstellen beantworteten Anfragen zu diesem Thema bisher lediglich mit dem Hinweis, dass es an der PKV sei, Beiträge, die nicht oder nur teilweise entrichtet werden, gerichtlich einzuklagen.

Sozialrechtsexperten forderten dagegen, dass der Gesetzgeber den ALG-II-Empfängern wieder den Weg in die GKV ermöglichen müsse, und die Grünen brachten einen Gesetzesentwurf ein, der zum Inhalt hat, dass die PKV ihren Beitrag für ALG-II-Empfänger auf die Höhe senken muss, in der die Beiträge komplett von den ArGen übernommen werden.

Allerdings könnten diese Forderungen durch das Karlsruher Urteil zu den Hartz-IV-Sätzen möglicherweise überflüssig geworden sein: Für diejenigen ALG-II-Bezieher, die ihre Krankenkassenbeiträge über eine (vor allem für chronisch Kranke schwer durchhaltbare) faktische Dauerkürzung von mehr als 40 Prozent des Regelsatzes zahlen sollen, ergibt sich durch den höchstrichterlichen Urteilsspruch nämlich eine Chance auf Abhilfe.

Der Paritätische Wohlfahrtsverband empfiehlt mittlerweile, die höheren Kosten zur PKV (die ja geleistet werden müssen, um weiterhin eine gesetzlich vorgeschriebene Krankenversicherung zu haben), als Mehrbedarf im Sinne der Karlsruher Rechtsprechung geltend zu machen und auf Übernahme der Mehrkosten zu bestehen. Notfalls, so der Verband, solle eine Klage eingereicht werden, da die Chancen, Recht zu bekommen, zur Zeit gut ständen.

Quelle : http://www.heise.de/tp/

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„Abzocke“-Verdacht gegen die AWO Neumünster
« Antwort #182 am: 22 März, 2010, 20:29 »
Verdient der Sozialverband unrechtmäßig an Ein-Euro-Jobbern, die Senioren betreuen?

Neumünster - Heftige Kritik an der AWO Neumünster: Der Sozialverband soll für Ein-Euro-Jobber, die für 1,25 Euro pro Stunde hilfebedürftige Senioren betreuen, acht Euro von den Betreuten kassiert haben.

Den Verdacht der Abzocke wies der stellvertretende Vorsitzende des AWO-Landesverbandes, Gerwin Stöcken, auf Anfrage der Kieler Nachrichten zwar zurück. Er bestätigte jedoch NDR-Berichte, wonach die AWO Wohnpflege und Service GmbH den Senioren Leistungen mit acht Euro pro Stunde in Rechnung stellt. Die acht Euro würden als reine Aufwandspauschale für Anfahrtskosten und für verwendete Reinigungsmittel beim Putzen der Wohnungen der Betreuten erhoben, sagte Stöcken. Weitere Kosten, unter anderem für die Einsatzkoordination der Hilfskräfte, würden damit ebenfalls abgegolten, so Stöcken. Die Geschäftsführung der AWO Wohnpflege und Service GmbH habe ihm versichert: „Es wird nicht mehr als kostendeckend abgerechnet.“ Stöcken machte aber keinen Hehl daraus, dass er diese Praxis für bedenklich hält. „Persönlich würde ich empfehlen, nicht so zu verfahren.“ Es werfe ein schiefes Licht auf die Arbeiterwohlfahrt. Den Vorwurf, dass durch diese Praxis Arbeitsplätze im Bereich des Betreuungsmarktes ungesetzlicherweise „blockiert“ werden, weist Gerwin Stöcken ebenfalls zurück. Es läge seines Wissens eine Unbedenklichkeitsbescheinigung der Arbeitsagentur (ARGE) Neumünster vor.

Die für die als hauswirtschaftliche Betreuer eingesetzten Hartz-IV-Empfänger zuständige ARGE zeigt sich über das Abrechnungsverfahren der AWO aber überrascht. Zusätzlich zu dem gesetzlich festgelegten Stundenlohn von 1,25 Euro erhält die AWO von der Bundesagentur für Arbeit pro Ein-Euro-Jobber ein sogenanntes monatliches „Regiegeld“ in Höhe von rund 200 Euro. Dieses Geld ist dazu gedacht, entstehende Kosten für Weiterbildung und Ein-Euro-Jobs abzudecken. Dass die AWO durch dieses Rechnungsverfahren zusätzliche Einnahmen erziele, sei bisher unbekannt gewesen, sagte ARGE-Geschäftsführer Rof-Dieter Brüggen dem NDR. Eine Sprecherin der AWO Hauspflege und Service GmbH bestätigte dem Sender die Abrechnungspraxis auch in anderen Fällen. Für den Wirtschaftswissenschaftler Rudolf Hickel ist diese Abrechnungspraxis blanke „Abzocke“. Die AWO trete praktisch als Zeitarbeitsfirma auf. Für einen gemeinnützigen Verband sei es unmoralisch, Regiegeld zu bekommen und dennoch acht Euro Stundenlohn für die Arbeit der Ein-Euro-Jobber zu kassieren. Kol/KN


Quelle: KN Online
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Stolz und Vorurt...pardon, Antrieb
« Antwort #183 am: 24 März, 2010, 15:41 »
Aus der Reihe "Begründungen dafür, dass auch der Letzte noch in die Vollbeschäftigung rutschen soll" heute: Teil 1.746.234: Stolz und Antrieb

Das Karlsruher Urteil zu den ALG II-Regelsätzen scheint alle auf irgendeine Weise aufgescheucht zu haben. Nachdem die höchst kreative Art, das erwünschte Ergebnis 345 (der einstige Regelsatz) zu erhalten, beim BVerfG nicht auf Gegenliebe stieß, wird jetzt fleißig herumüberlegt, wie denn möglichst noch einzusparen wäre. Hübsch wird der "in der jetzigen Zeit müssen wir uns auf Kürzungen im Sozialbereich gefasst machen"-Schierlingsbecher mit ein paar Blümchen des Gutmeinens verziert, auf dass er wie ein wohlschmeckender frühlingshafter Cocktail schmecke. Zeitgleich marschieren die modernen Rattenfänger herum und singen das Lied von der Vollbeschäftigung, diesmal kra(e)ftig unterstützt von dem Wunsch nach einem "sozialen Arbeitsmarkt", der 1-Euro-Jobs auch langfristig möglich macht.

Selbstverständlich geht es Frau Kraft nur um die gebeutelten psychisch kranken Arbeitssuchenden, die sonst keine Chance haben und sich insofern glücklich schätzen sollen, dem Stigma der Arbeitslosigkeit zu entgehen, wenn sie sich für einen Dumpinglohn anbieten dürfen. In eine ähnliche Kerbe wie die Kraft, die stests das Gute will, schlägt nun auch der Vizechef der Bundesagentur der Arbeit, Herr Alt. Die 100%-Versorgung des Staates sei antiquiert, so Herr Alt. Denn: dadurch wird dem Alimentierten der Stolz und der Anreiz genommen, nach eigenen Erfolgen zu suchen.

Ja, man kann es sich lebhaft vorstellen, wie alle Arbeitssuchenden ohne jeden Stolz und Antrieb dahinvegetieren und eingelullt von der 100%-Sozialstaat-Melodie, keine eigenen Erfolge mehr verbuchen können und am Schluss quasi degeneriert als lebendes Logo für die Altsche These in den Talkshows auftauchen und "keinen Bock mehr haben, malochen zu gehen, ey", während im Hintergrund die Teaser zu "Deutschland sucht den Superstolzlosen" über den Bildschirm flimmern.

Da ist es doch viel schöner, wenn die Chancenlosen wieder mit sanftem finanziellen Druck auf die Alimentationsbremse zu mehr Stolz und Antrieb hingeleitet werden und sich wieder durch die durch die anderen Arbeitenden subventionierten Dumpingjobs als vollwertiges Mitglied der Gesellschaft fühlen können. Vielleicht findet sich ja auch eine gemeinnützige Unternehmung, die dann zeitgleich die Kraftschen Chancenlosen aufnimmt, denn diese können dann vielleicht ebenso stolz und voller Antrieb dafür sorgen, dass das Gemeinnützigkeitssüppchen, das dann an alle verteilt wird, nicht allzu bitter schmeckt.

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Re: Stolz und Vorurt...pardon, Antrieb
« Antwort #184 am: 24 März, 2010, 22:12 »
Warum schafft man nicht einfach endlich mal reguläre, normale Arbeitsverhältnisse Bundesweit komplett ab. Dann fällt dieses ganze Gejaule endlich unter den Tisch.
Alle arbeiten für Grundsicherung + 1€ die Stunde, jeder wohnt in einer Wohnung zu einer Miete die den Regularien der Arge entspricht. Wenn wir Entscheidungen brauchen die unser Leben betriffen fragen wir den ARGE Mitarbeiter, der muss ja auch für uns alle andere Denkarbeit machen. <- Oh, kann der ja nicht mehr, der denkt ja auch nur für GS+1€/h.

Hmmm, und nu??
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Von gewaschenen und gebügelten Fehdehandschuhen
« Antwort #185 am: 28 März, 2010, 17:16 »
Die Debatte um die Ungleichbehandlung von Arbeitenden und ALG II-Empfängern wurde unter Zuhilfenahme von offensichtlich falschen Zahlen begonnen - aber ist das eigentlich wirklich eine Zeile wert?Die Debatte um die Ungleichbehandlung von Arbeitenden und ALG II-Empfängern wurde unter Zuhilfenahme von offensichtlich falschen Zahlen begonnen - aber ist das eigentlich wirklich eine Zeile wert?

Der Spruch, dass man nur der Statistik glauben soll, die selbst gefälscht wurde, ist mittlerweile ähnlich peppig wie ein drei Tage alter Kartoffelchip, der, noch von der letzten Party übergeblieben, unter dem Tisch lungert. Ähnlich überraschend wie die Tatsache, dass solcherlei Partyreste gerne unter dem Tisch zu finden sind, ist die Feststellung, dass der seine momentane Funktion als Außenminister wiederentdeckende Herr Guido Westerwelle die Debatte um die Ungleichheit zwischen der arbeitenden Bevölkerung und den ALG II-Empfängern auf nicht einmal mehr tönerne Füße stellte, sondern auf solche, die eben jene chipartige Konsistenz aufweisen. Zu Recht lautet eine der am meisten gestellten Fragen auf Beiträge wie diesen hier: "Ja, und, ist das was Neues?"

Der versierte Wortakrobat schaltet bei solchen Fragen entweder automatisch auf "Ignorieren" oder sucht, je nach Tagesform, für launige Erklärungen, wahlweise auf die zynische (nein, ist nicht neu, aber der Beitrag bringt mir Geld), die freundlich-hilfsbereite (nein, sicher ist das nicht neu, aber es ist doch vielleicht für manchen Leser neu und auch auf den muss man Rücksicht nehmen), die lässig-mit-Buzzworten-geschmückte (Hey, wir müssen doch die Leute dort abholen, wo sie stehen, wir müssen ihnen, sozusagen als Info 2.0., zeigen, dass...), die seufzend-resignierende (klar, ist nichts Neues, aber traurig, dass es immer wieder aktuell ist) oder die simpel-zustimmende Art (Nein.).

Ich tendiere momentan zur seufzend-resignierenden Art und Weise, weil es tatsächlich niemanden mehr verwundert, dass der ein oder andere Politiker nicht einmal mehr verschleiert oder verbrämt, sondern schlichtweg lügt. Ob Frau von der Leyen mit kreativ erfundenen Millionengeschäften durch Kinderpornographie argumentiert, ob Herr Clement in einer Talkshow von immens hohen Missbrauchsquoten bei ALG II spricht oder eben nun Herr Guido Westerwelle seine "Argumentation" auf nicht nachvollziehbare Zahlen aufbaut - viele der Argumente, Zahlen und Daten, die Politiker zu Hilfe nehmen um ihre Botschaft wie Prediger zu verkünden, haben so wenig mit der Realität zu tun wie die letzte Reality-Seifenoper im Fernsehen, die uns, wie auch der momentan so hochgelobte Film "Precious" alles Elend dieser Erde in gebündelter Form präsentieren.

Die Zeiten, in denen eine Lüge eines Politikers noch zu irgendwelchen Konsequenzen führte, sind schlicht vorbei. Angefangen bei niemals einklagbaren Wahlversprechen, über die durch Koalitionszwänge ja quasi "unvermeidbaren Entscheidungen, die Bauchweh bereiten" über im Copy-und-Paste-Verfahren von Lobbyvereinigungen übernommenen Zahlen und Daten, Lügen der Strafverfolger vor Gericht bis hin zu den Lügen wie den Massenvernichtungswaffen im Irak - die Politik, oftmals auch die Strafverfolgung, hat sich nun einmal von dem Aspekt, der Bevölkerung die Wahrheit zu sagen, längst verabschiedet und sieht mit dem Ausdruck eines Metzgers, der mit etwas Wehmut schaut, welches Schwein denn nun, nachdem man es durch das Dorf getrieben hat, geschlachtet werden muss, auf die Bevölkerung herab. Petitionen werden zu Petitessen und Demonstrationen zu Provokationen, wenn die versammelten Seilschaften zwischen Politik und Wirtschaft sich ein Stelldichein geben und an die bilderbergschen (u.a.) Türen ein Schild "ihr müsst draußen bleiben" hängen, verbunden mit dem Hinweis auf die bissigen Sicherheitsleute.

Nein, es ist keine Neuigkeit, dass die anscheinend am Münchhausensyndrom leidenden Herr- und Frauschaften die Bevölkerung so ernst nehmen wie ein trotziges Kind, dem die bittere Medizin eingeflößt werden muss. Es ist eher seit Jahren so, dass die Politik, sei es aus Arroganz, Ignoranz oder schlichtweg Langeweile, der Bevölkerung den Fehdehandschuh immer und immer wieder hinwirft und sich darüber wundern dürfte, dass er zwar aufgenommen, aber dann, gesäubert, getrocknet und gebügelt quasi, per Hofknicks zurückgebracht wird. In solchen Momenten ist es dann Zeit, sich die Kurzweil durch vermeintliche Dialogangebote zu verschaffen, die anmuten wie die Einladung des bekannten Hofnarren, der mit den goldenen Petitions- und offenen-Brief-Glöckchen und lustig hervorgebrachter Kritik für Stimmung sorgt, noch ein paar abgenagte Dialog-Such-knochen vom Wir-gefühl-Buffet mitnehmen darf und danach petitierend (pardon, bettelnd) wieder an der Straße stehen darf, darauf hoffend, dass ihn jemand zur Endstation Sehnsucht mitnimmt.

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"Wer arbeitet, kriegt doch mehr als ein Hartz-IV-Bezieher"
« Antwort #186 am: 29 März, 2010, 14:09 »
Westerwelle wegen falscher Zahlen in der Hartz-IV-Debatte erneut in der Kritik

Es ist schon peinlich für den sowieso gebeutelten FDP-Außenminister Westerwelle, dass er nun entweder nicht rechnen kann oder falsch informiert war. Er wollte doch nur einmal die Wahrheit sagen, als die FDP immer weiter absackte und er nicht nur von "anstrengungslosem Wohlstand" mit Hartz-IV-Bezügen sprach, sondern auch die Jagd auf Steuersünder durch den Verweis zu relativieren suchte, dass kaum einer sich aufrege, wenn Bürger, die arbeiten, weniger Geld erhalten können als Hartz-IV-Bezieher.

Und der Außenminister, dessen Ansehen gerade auch wegen seiner populistischen Zuspitzungen und einseitigen Positionierungen im  Keller gelandet ist, wollte in diesem Fall nicht nur Polemik liefern, sondern harte Zahlen, also Fakten, die Wahrheit. Nur scheint ihm das auch wieder daneben gegangen zu sein, wie eine Kleine Anfrage von Jutta Krellman, der arbeitsmarktpolitischen Sprecherin der Linksfraktion, ergeben hat. Der Leipziger  Volkszeitung sagte sie, der CDU-Staatssekretär im Bundesarbeitsministerium, Ralf Brauksiepe, habe ihr bestätigt, dass Westerwelle von falschen Berechnungen ausgegangen sei.

Westerwelle hatte behauptet – und daran seinen Zündstoff angebracht, an den sich dann viele gehängt hatten:

Zitat
Wer kellnert, verheiratet ist und zwei Kinder hat, bekommt im Schnitt 109 Euro weniger im Monat, als wenn er oder sie Hartz IV bezöge. Diese Leichtfertigkeit im Umgang mit dem Leistungsgedanken besorgt mich zutiefst. Die Missachtung der Mitte hat System, und sie ist brandgefährlich. Wer dem Volk anstrengungslosen Wohlstand verspricht, lädt zu spätrömischer Dekadenz ein.

In Wirklichkeit, sofern die Informationen zutreffen, würde Westerwelles berufstätige Kellnerin "bei regulärer Inanspruchnahme von Wohngeld und Kinderzuschlag monatlich 456 Euro mehr zur Verfügung (haben) als ein vergleichbares erwerbsloses Paar". Es würde sich also um einen Unterschied von 550 Euro hin oder her handeln, also um keinen kleinen Rechenfehler.

Dass der liberale Parteichef ausgerechnet in seinem Pamphlet, das die erneute Sozialstaatsdebatte ausgelöst hat, so daneben lag, ist natürlich ein gefundenes Fressen für Krellmann. Sie geißelte den Außenminister in der Zeitung, er habe "mit einer falschen Behauptung eine Hetzkampagne gegen Hartz-IV-Empfänger losgetreten". Er habe "entweder bewusst gelogen oder er hat schlicht keinen blassen Schimmer von den Sachen, über die er redet". Das dürfte nun nicht nur die Kompetenz von Westerwelle und seiner Parteigenossen im Hinblick auf den Sozialstaat, sondern auch auf Steuerkürzungen, Haushalt oder Gesundheitsreform betreffen.

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Wegen spätrömischer Tendenz vor dem Kadi?
« Antwort #187 am: 01 April, 2010, 09:50 »
Manchmal schreibt der Amtsschimmel die besten Aprilscherze

Am 1.April sind Erwerbslose aus Darmstadt zur Kriminalpolizei vorgeladen. Den Aktivisten der Gewerkschaftlichen Arbeitsloseninitiative Darmstadt wird Hausfriedensbruch vorgeworfen. Sie hatten am 3. März als Römer verkleidet die Darmstädter FDP-Geschäftsstelle aufgesucht, um spätrömische Tendenz zu spielen. Deshalb hatten sie Tabletts voller Trauben, Häppchen und Champagner dabei, als sie ganz zivilisiert bei der FDP anklingelten.

Doch der Leiter der Geschäftsstelle Gunther Hartel rief die Polizei und stellte Anzeige wegen Hausfriedensbruch und Körperverletzung. Für ihn ist die Aktion "Hausfriedensbruch erster Güte". Die Aktion schilderte er so: "Ich machte die Tür auf und wurde bedrängt. Die haben sich nicht vorgestellt und nicht gesagt, was sie vorhaben.

Dabei hatte der FDP-Vorsitzende Guido Westerwelle nur wenige Tage zuvor eine zu soziale Politik auch gegenüber Erwerbslosen als "spätrömische Dekadenz" bezeichnet und davor gewarnt. Die Aktivisten wurden dadurch zu ihrer Satireaktion ermutigt.

Humor statt Geschichtsbelehrung

Damit durchbrachen sie auch das oft bierernste Agieren mancher Erwerbslosengruppen, die sich über ihre Diskriminierung beschweren und Westerwelle mangelnde Geschichtskenntnis vorwerfen. So wurde der FDP-Politiker in einer Pressemitteilung des Erwerbslosenforums belehrt: "Das spätrömische Reich ist ganz bestimmt nicht an den Armen zusammen gebrochen, sondern an der Maßlosigkeit der Oberschicht."

Das mag historisch nicht falsch sein. Die Galinda-Aktivisten aber haben mit ihrer Aktion gezeigt, dass für sie zu einem schönen Leben niedrighängende Trauben als Obst und Wein ebenso gehören wie ein delikates Häppchen. Mag sein, dass der Darmstädter FDP-Politiker mit seiner Anzeige auch Nachahmungsversuche verhindern will. Schließlich hatte Westerwelle ja vor der spätrömischen Dekadenz gewarnt. Die Satireaktion wäre auch für den 1.April prima geeignet. Ob sie an diesem Tag unter dem Schutz der Satire fallen würde und straffrei bleibt?

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"Hartz V" geht in die Pilotphase
« Antwort #188 am: 01 April, 2010, 18:41 »
Peter Hartz will es noch einmal wissen

"Hartz V" geht in die Pilotphase. Nun will der Urheber der Hartz-Gesetze aus jedem dritten langzeitarbeitslosen Saarländer einen "Minipreneur" machen.Lange Zeit war es verdächtig ruhig um Peter Hartz. Es wurde gar gemunkelt, der ehemalige VW-Vorstand und Politikberater hätte sich nach Frankreich abgesetzt und würde dort inkognito seinen Lebensabend genießen. Ein Mann wie Peter Hartz verschwindet jedoch nicht sang- und klanglos in der Diaspora.

Wer es gut mit Hartz meint, sieht in ihm einen Idealisten. Wer es jedoch weniger gut mit dem Mann meint, dessen Name untrennbar mit den Arbeitsmarktreformen verbunden ist, die Millionen Menschen in die Armut schickten, sieht in Hartz einen Überzeugungstäter. Abgeschieden von der Öffentlichkeit entwickelte der vorbestrafte Saarländer nun im stillen Kämmerlein ein arbeitsmarktpolitisches Konzept, mit dem er seinen beschädigten Ruf wiederherstellen will. Das Konzept trägt den Namen "Minipreneure"  und fängt da an, wo Hartz IV aufhört – bei der Überwindung der Langzeitarbeitslosigkeit.

"Minipreneure" wird nun im Saarland in einem Pilotprojekt getestet. Die Teilnahme ist freiwillig und der Staat hält sich mit finanzieller Unterstützung zurück. Doch Peter Hartz scheitert bei seinem Comeback abermals an seinem kruden Weltbild, nach dem Arbeitslosigkeit gleichbedeutend mit Antriebslosigkeit und sozialer Isolation ist. Sein Konzept krankt zudem an einer mangelnden volkswirtschaftlichen Folgenabschätzung und würde abermals das Lohnniveau im untersten Einkommenssektor unter Druck setzen.

Arbeitslosigkeit als Krankheit

Woran liegt es, dass Millionen Menschen auf Dauer keinen Arbeitsplatz im regulären Arbeitsmarkt bekommen? Könnte es sein, dass die Löhne in den Bereichen, die für Langzeitarbeitslose interessant sind, oft derart erbärmlich ausfallen, dass sich eine Arbeitsaufnahme ökonomisch betrachtet kaum lohnt? Oder könnte es sein, dass es schlichtweg nicht genügend offene Stellen gibt, die auch Arbeitssuchenden, die häufig langjährig in anderen Berufen tätig waren, offenstehen? Folgt man Peter Hartz, scheiden diese beiden offensichtlichen Antworten aus.

Es liegt vielmehr am Erwerbslosen selbst. Er sei nach längerer Arbeitsabstinenz physisch und auch psychisch oft gar nicht mehr in der Lage, sich wieder in die Arbeitswelt einzugliedern. Langzeitarbeitslosigkeit wäre demnach vor allem ein mentales Problem. Soziale Immigration und gesellschaftliche Isolation lassen demnach beim Langzeitarbeitlosen ein Phlegma reifen, aus dem er sich aus eigener Kraft nicht befreien kann.

Folgt man Peter Hartz, so kommt man nicht daran vorbei, dass Langzeitarbeitslosigkeit eine Art Krankheit ist, an der Millionen Menschen leiden. Die Therapie lautet "Fördern und Fordern". Während Hartz sich in seinen vorhergehenden Reformpapieren vor allem auf das "Fordern" konzentrierte, rückt er in seinem aktuellen Konzept das "Fördern" in den Mittelpunkt. Das wäre löblich, wenn er das angepeilte Ziel nicht meilenweit verfehlen würde.

Minipreneure – Hartz V mit viel heißer Luft

Um Langzeitarbeitslose fit für den Job zu machen, hat Hartz ein mentales Coaching entworfen, das er mit dem Kunstwort "Polylog" versehen hat. Derartige Neologismen und Euphemismen ziehen sich auch gnadenlos durch die gesamte Konzeptbeschreibung. Schon der Titel "Minipreneure" klingt eigenwillig wolkig – Kleinstunternehmer, gab es das nicht schon bei den Ich-AGs? Erwerbslose in das kalte Wasser der Selbstständigkeit zu werfen, ist allerdings nicht die Kernforderung von Minipreneure. Der Langzeitarbeitslose soll vielmehr Unternehmer in eigener Sache sein und sich in betreuten Selbsthilfegruppen fit für die Reintegration in Arbeit und Gesellschaft machen.

Das klingt nicht nur nach dem Konzept der "Anonymen Alkoholiker", es folgt auch den gleichen Mustern wie die Selbsthilfegruppen für Suchtkranke. Geleitet wird das Kolloquium der "Anonymen Arbeitslosen" von einem der ihren – einem Langzeitarbeitslosen, der die soziale Immigration erfolgreich überwunden hat und seinen "Artgenossen" nun als A-Trainer Hilfestellung gibt, es ihm gleich zu tun. Minipreneure sieht vor, dass Langzeitarbeitslose durch ein erfolgreiches Absolvieren der zwei Jahre dauernden Schulung die Qualifikation erwerben, selbst A-Trainer zu werden.

Welch fantastische Perspektive – Minipreneure als selbsterhaltendes System mit hoch motivierten Coaches, die ihren Gruppenteilnehmern beibringen, selbst einmal ein Coach zu werden, der andere Gruppenteilnehmer motiviert. Solche "Tschaka-Tschaka-Rituale" kennt man ansonsten eher aus dem Bereich des Strukturvertriebs, bei dem die Funktion der künftigen Verkäufer vor allem darin besteht, riskante Anlageformen und Nonsense-Produkte in ihrem näheren Umfeld zu verkaufen.

Was sollen Langzeitarbeitlose eigentlich von Peter Hartz lernen?

Damit die Arbeitslosen nicht unter sich bleiben und auf dumme Gedanken kommen, sollen die Polylogs auch von "gestandenen" Personen aus Wirtschaft und Gesellschaft begleitet werden. Für die Motivation eines Langzeitarbeitslosen sei nichts besser, als das Coaching eines gestandenen Handwerksmeisters. Was aber soll so ein gestandener Handwerksmeister einem Langzeitarbeitslosen denn erzählen? Früh aufstehen, früh zu Bett gehen, die Finger vom Alkohol lassen und so tun, als hätte man Arbeit?

Das hilft dem 55jährigen ehemaligen Straßenbauarbeiter, der aufgrund seines kaputten Rückens keinen Job mehr bekommt, auch nicht weiter. Ein solcher Erwerbsloser weiß nur zu genau, was Arbeit ist – wahrscheinlich sogar besser als Peter Hartz, der die Blüte seines Lebens in weichen Chefsesseln verbrachte.

Ist es für eine ehemalige Friseuse wünschenswert, fest daran zu glauben, sie hätte als Mediengestalterin eine Zukunft, nur weil sie sich ja von Berufswegen mit Farben auskennt? Das Finden verborgener Talente ist eine der Kernaufgaben des Minipreneur-Prinzips. Hartz nennt hier beispielsweise den ehemaligen Konditor, der aufgrund einer Mehlstauballergie seinen Beruf aufgeben musste. Einen möglichen Erfolg der Selbstfindungsgruppe sieht Peter Hartz in diesem Falle in der Erkenntnis, dass unser Konditor aufgrund seines erlernten Berufes über ausgeprägte feinmotorische Fähigkeiten verfügt und sich nun als potentieller Lackierer auf dem Arbeitsmarkt anbietet. Geradeso, als gäbe es keine arbeitslosen Lackierer, die erfolglos eine Bewerbung nach der anderen schreiben.

Bessere Chancen auf dem Arbeitsmarkt haben hochqualifizierte Fachkräfte. Die Vermittlung dieser Qualifikationen ist jedoch ein Bereich, der selbst für anerkannte Bildungsträger ein Problem ist – vor allem dann, wenn die Erwerbslosen aus Bereichen kommen, für die es keine naheliegende Fortbildungsmaßnahme gibt. Diesen Anspruch haben Hartz' Selbsthilfegruppen allerdings auch gar nicht. Wohl wissend, dass die Minipreneure auf dem regulären Arbeitsmarkt fast keine Chance haben, sieht Hartz in der Selbstständigkeit einen Königsweg aus der Arbeitslosigkeit. So schreibt er über selbstständige Subunternehmer in den Handwerksberufen, die einem Handwerksmeister bei Bedarf mit Hilfsarbeiten zur Hand gehen. Die Handwerkskammern und die IG Bau werden sicher vor lauter Freude Luftsprünge machen – "selbstständige" Bauhelfer untergraben nicht nur den Mindestlohn, sie führen auch die Handwerksordnung ad absurdum.

Königsweg prekäre Selbstständigkeit

In einem Punkt sind sich fast alle neoliberalen Vordenker einig – die Rolle der Selbstständigkeit wird in Zukunft zunehmen. Natürlich geht es hierbei nicht um die Schicht der potentiellen FDP-Wähler, sondern um eine neue, prekäre Selbstständigkeit. Schon heute müssen weit über 100.000 Selbstständige und Freiberufler ihr karges Budget durch Aufstocker aus dem Hartz-IV-Topf auffüllen.

Selbstständig und frei – welch schöne Worte. Doch die Kehrseite der Medaille ist alles andere als schön – wer so frei ist, kann sich oft noch nicht einmal die private Krankenkasse leisten, geschweige denn die Beiträge für eine freiwillige Altersversorgung. Wer formal selbstständig ist, genießt auch keinen Kündigungsschutz und ist jenseits jeglicher branchenspezifischer Mindestlöhne. Die prekäre Selbstständigkeit verfolgt somit nur einen Zweck – sie setzt Arbeitnehmer und Gewerkschaften als Dumpingkonkurrenz unter Druck. Warum relativ teure Arbeitnehmer beschäftigen, wenn man dieselbe Arbeit auch von preiswerteren Minipreneuren machen lassen kann – vollkommen ohne Nebenkosten, ohne Kündigungsschutz und ohne Verpflichtungen. Volkswirtschaftlich sind Peter Hartz' Minipreneure eine einzige Katastrophe. Jeder Minipreneur gefährdet einen regulären Arbeitsplatz – so bekämpft man die Arbeitslosigkeit nicht.

Kaum eine Chance auf Verwirklichung

Das Beste an den Minipreneuren ist, dass dieses Konzept kaum eine Chance hat, jemals flächendeckend verwirklicht zu werden. Schon im letzen Jahr lehnten Interessenten dankbar ab, da ihnen das Konzept angeblich zu teuer war. Ob es wirklich das Geld oder doch eher die Person Peter Hartz war, die zu dieser Entscheidung führte – darüber lässt sich lediglich spekulieren. Um nicht vollends zu scheitern, finanziert Peter Hartz das nun gestartete Pilotprojekt im Saarland aus der eigenen Tasche. Träger ist die SHS-Foundation – SHS steht für "Saarländer helfen Saarländern" und ist eine Stiftung, die von Peter Hartz ins Leben gerufen wurde und von ihm finanziert wird.

Diese "Uneigennützigkeit" hat ihren Grund – der Name Hartz ist verbrannt. Politiker meiden die Nähe zu Peter Hartz wie der Teufel das Weihwasser. Der Umstand, dass Hartz aufgrund seiner unrühmlichen Verwicklung in den VW-Lustreisen- und Untreueskandal eine Schlüsselrolle spielte und 2007 zu einer zweijährigen Freiheitsstrafe auf Bewährung verurteilt wurde, spielt dabei allerdings nur eine Nebenrolle. Peter Hartz steht für Hartz IV, er steht für Armut, für Arbeitslosigkeit, für Sanktionen und für die fehlerhafte Umsetzung seiner Reformen.

Auch wenn Hartz beteuert, nicht für die Umsetzung seines Konzeptes verantwortlich zu sein, so ist dennoch auffällig, dass er sich nie kritisch zu den Fehlern in der Umsetzung geäußert und sich nie öffentlich bei den Opfern der von ihm angestoßenen Arbeitsmarktreformen entschuldigt hat. Ein Politiker, der Peter Hartz eine Carte blanche gibt, braucht bei den nächsten Wahlen gar nicht mehr anzutreten. Das weiß auch Peter Müller, der als enger Vertrauter seines Landsmannes Peter Hartz gilt.

Hartz darf zwar im Saarland seine Minipreneure schulen – jegliche Unterstützung seitens der Landesregierung bleibt ihm allerdings verwehrt. Ob Peter Hartz nach dieser Totgeburt noch die Kraft aufbringt, das Volk weiterhin mit seinen Ideen zu beglücken, ist eher unwahrscheinlich. Der 68jährige Hartz sollte sich wohl besser endlich zurückziehen und seine üppige VW-Pension genießen. Wenn Hartz wirklich etwas lernen will, könnte er sich auch selbst in eine seiner Selbsthilfegruppen setzen. Wenn er über zwei Jahre hinweg engen Kontakt zu zwanzig Langzeitarbeitslosen pflegt, wird vielleicht auch er erkennen, dass Erwerbslose nicht krank, faul oder phlegmatisch sind und der Arbeitsmarkt nicht auf der Angebots-, sondern auf der Nachfrageseite krankt.

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Zeitarbeit statt anstrengungslosem Hartz IV-Einkommen
« Antwort #189 am: 03 April, 2010, 18:42 »
Josef Schlarmann, der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung in der Union, greift in die Sozialstaatsdebatte ein

Anstrengungsloser Wohlstand sei Hartz IV nicht, so Dr. Josef Schlarmann, der Vorsitzende der Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung in der Union (MIT). Anstrengungsloses Einkommen sei es hingegen schon, sagte Schlarmann gegenüber der Wirtschaftswoche. Da diese Gruppe ihr Einkommen auf Kosten Anderer beziehe, müsse nach jenen gefragt werden, die arbeiten könne, aber nicht wollen. Bei der Suche soll die Zeitarbeitsbranche helfen.

Wer von Sozialleistungen lebt, der soll nach Möglichkeit auch eine Gegenleistung erbringen – dieser Grundgedanke durchzieht weite Teile der aktuellen Debatte über die Zukunft des Sozialstaates Deutschland. Die Idee, diese Gegenleistung in Form von sozialer Arbeit in den Gemeinden zu erbringen, ist spätestens seit Hannelore Kraft auch in der SPD wieder ein Thema. Im Prinzip herrscht in dieser Frage schwarz-gelb-rote Einigkeit, wobei es bei der konkreten Ausgestaltung durchaus Unterschiede gibt.

Während bei den Sozialdemokraten von Arbeitsangeboten die Rede ist, die freiwillig angenommen werden können, sieht Schlarmann Solidarität als eine "beiderseitige Verpflichtung" an und fordert, dass die schon bestehende Regelung, die Hartz IV-Empfänger verpflichtet, jede zumutbare Arbeit anzunehmen, konsequenter umgesetzt werden muss. Neben den Kommunen könnten laut Schlarmann auch die Zeitarbeitsfirmen Arbeitsplätze anbieten.

Im Gespräch mit Telepolis bekräftigte Josef Schlarmann seine Ideen. Sein Vorschlag, die Zeitarbeitsbranche einzubinden, sei eine Reaktion auf die Kritik der Sozialverbände, die Kommunen könnten diese Arbeitsplätze gar nicht vorhalten. Da er jedoch möchte, dass Hartz IV-Empfänger künftig möglichst sofort ein Arbeitsangebot bekommen, solle die Zeitarbeitsbranche die bestehende Lücke füllen. "Wir haben eine Zeitarbeitsbranche, die sich auskennt in der Vermittlung von Arbeitskräften. Und natürlich nicht nur in der Vermittlung, sondern auch in der Weiterbildung und Vorbereitung von Arbeitskräften auf ihren zukünftigen Arbeitsplatz. Warum sollten wir nicht diesen privaten Weg gehen, um das Problem zu lösen?", so Schlarmann gegenüber Telepolis.

Die Idee ist nicht neu: auch Hans-Werner Sinn ist ein Befürworter dieser Kombination aus kommunaler Beschäftigung und verstärkter Einbindung der Zeitarbeitsbranche in die Vermittlung von Arbeitssuchenden. "Außerordentlich sinnvoll" sei das Konzept des ifo-Präsidenten. Denn die Erfahrung zeige, dass "Arbeitslose, die Hartz IV beantragen, bei sofortigem Angebot eines Arbeitsplatzes zu etwa 15 Prozent ihren Antrag sofort wieder zurücknehmen" würden. Der MIT-Vorsitzende verspricht sich davon nicht zuletzt auch eine Entlastung des öffentlichen Haushaltes.

Ein Vorbild sieht Schlarmann dabei in Schweden. Dieses Land sei immer nur dann ein Vorbild, wenn es um Verstaatlichung geht, kritisiert er. Dabei gingen die Schweden einen völlig anderen Weg. "In den schwedischen Kommunen werden viele Aufgaben privat erledigt, von privaten Firmen. Die Verwaltung richtet die Maßnahmen nur noch ein, überwacht sie und setzt den rechtlichen Rahmen. Aber die Durchführung liegt komplett in privaten Händen."

Die Befürchtung, dass durch den Ausbau von kommunaler Beschäftigung und Zeitarbeit Lohndumping begünstigt wird, hat Schlarmann nicht. Ihm ginge es in erster Linie um gemeinnützige und kommunale Arbeiten im sozialen Bereich. "Wie viele Handwerksbetriebe habe ich da noch, die dort tätig sind?", fragt Schlarmann und beantwortet die Frage sofort selbst: "Das ist vielleicht mal eine Gärtnerei, die von der Kommune den Auftrag bekommt, die örtlichen Grünflächen in Ordnung zu halten." Aber das, so der Bundesvorsitzende der MIT, könne ja nicht der Grund dafür sein, ein großes Problem ungelöst zu lassen. Einfache Arbeitsstellen, wie beispielsweise für Transporte, Harken oder Fegen, seien derzeit schwer zu besetzen. In diese könnten laut Schlarmann künftig über Zeitarbeitsfirmen ALG II-Empfänger vermittelt werden. Auch in der Pflege sei dies in solchen Bereichen denkbar, in denen keine ausgebildeten Pflegekräfte benötigt würden. Hier könnten die bisher Arbeitslosen ältere Menschen bei Spaziergängen begleiten, ihnen beim Aufräumen oder bei Reinigungsarbeiten helfen.

Von der Notwendigkeit seiner Vorschläge ist Schlarmann überzeugt: "Das Erstaunliche ist, und das zeigt mir, dass der Weg richtig ist, dass unsere sozialen Verbände das nicht wollen, weil ein Stück ihrer Kompetenz wegfällt. Dabei könnte dieser Schritt sehr erfolgreich sein." Immerhin entstünden damit auch in diesem Bereich Wettbewerb und Benchmark.

Doch nicht nur die sozialen Verbände, sondern auch die Beschäftigten in diesem Bereich dürften den Forderungen Schlarmanns skeptisch gegenüberstehen. Schließlich würde eine Ausweitung des Arbeitskräfteangebotes in der Pflege den Druck auf die dort beschäftigten Fachkräfte erhöhen - Versuche, den ab Juli 2010 geltenden Mindestlohn in der Pflegebranche von 7,50 im Osten und 8,50 im Westen durch gering qualifizierte Zeitarbeiter zu umgehen, erscheinen denkbar.

Schlarmann selbst spricht sich gegen den Mindestlohn in der Pflege aus. Dieser sei "Protektionismus pur" und verdränge "unliebsame Wettbewerber aus dem Pflegemarkt". Für Schlarmann steht fest: "Der Pflege-Mindestlohn ignoriert die Tatsache, dass es in Deutschland einen wachsenden Pflegemarkt gibt, der Pflegeleistungen unterhalb des vereinbarten Mindestlohnes anbietet." Die Ausweitung der Zeitarbeit scheint ein Mittel zu sein, diese "Wettbewerbsnachteile für private Anbieter" auszugleichen.

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Ostern für alle: die Jobs stehen schon bereit
« Antwort #190 am: 05 April, 2010, 12:42 »
In österlicher Geschenkstimmung bietet Ulrich Marseille keine bemalten Ostereier an, sondern Jobs für Langzeitarbeitslose. Wenn die nur nicht so faul und gierig wären...

Ach, Ostern... überall stolpert man über (künstlich) begrünte Nestchen mit putzig bemalten, beklebten oder gefärbten Eiern oder gülden schimmernden Schokoladentierchen. Meister Lampe hat seine Kiepe vollgefüllt und hoppelt umher, um Geschenke zu verstecken. Und mit ihm zusammen hoppelt Meister Marseille, seines Zeichens Freund von Donald Trump und Thomas Middelhoff, el Chefe der Marseiller Kliniken AG, der aus seiner Wunderkiepe gar viele lustig bunte Überraschungseier mit der Aufschrift "Jobs für Langzeitarbeitslose" zieht.

Betrübt wackeln die Öhrchen des kreativen Millionärs, wenn er feststellt, dass die Arbeitsagenturen ihm denn nicht die kleinen Pflegeelfen nach Hause senden wollen, die er so dringend benötigt und denen er so gerne zur Seite stehen würde, wie er es bei Freunden wie Thomas Middlehoff und Co. ja auch getan hat. 300.000 Langzeitarbeitslose, so Herr Marseille, könnten seiner Schätzung nach sofort bei den Kliniken anfangen, für 500 hätte er sofort ein Überraschungsei bereit. Aber stehen jetzt etwa die dankbaren Langzeitarbeitslosen Schlange vor den Eingangstüren der Marseille Kliniken? Wir ahnen es... die Antwort lautet: Nein. Und die Bundesagentur für Arbeit zeigt sich so gar nicht bereit, dem armen Herren, der angetreten war, der "Preisdiscounter" im Pflegebereich zu werden, unter die vom jüngst bilanzierten Verlust gebeutelten Arme zu greifen.

Dabei meint es der einst schillernde Herr Marseille, der anscheinend nach seinem bitteren Verlust auch für sich schon die HartzIV-Wolken am Himmel aufziehen sieht, doch nur gut. Endlich sollen sich Menschen auch ein Pflegeheim leisten können, auch wenn dieses Niedrigsegment des Pflegesektors mit ebenso niedrigen Segmenten des Pflegedienstgehaltsektors erkauft werden muss. Und eigentlich wäre es doch die staatsbürgerliche Pflicht, so Herr Marseille, dem Staat etwas zurückzugeben.

Nein, nein, damit meint er jetzt nicht, dass er etwas gibt, sondern die Langzeitarbeitslosen, die anscheinend der Meinung sind, das die Marseilleschen Ostereier in ihrer Beschaffenheit eher den tausendjährigen Äquivalenten ähneln, wenngleich sie auch nicht so schmackhaft daherkommen. Denn das österliche Geschenk des barmherigen Samariters Ulrich soll (immerhin will man den Langzeitarbeitslosen ja keinen Schock versetzen, indem man sie regulär einstellt) natürlich nur monatlich bis zu 400 Euro einbringen.

Milde lächelnd gibt Herr Marseille auch zu, dass er damit natürlich monatlich bis zu 1.400 Euro pro Person sparen würde - solche Überlegungen (da darf es keine Denkverbote geben) ist er dann wohl auch den Aktionären des Klinik"discounters" schuldig. Aber für die ei-frig die Geschenke annehmenden HartzIVler wäre das ja auch ein Riesenschritt auf der Karriereleiter, denn immerhin würden sie nach 2 Jahren, so sie sich denn bewähren, auch einen regulär bezahlten Job angeboten bekommen. Ja, dafür kommt man doch gerne seiner staatsbürgerlichen Pflicht nach und gibt den Marseille Kliniken, ähm... dem Staat etwas dafür zurück, dass er einen nicht verhungern lässt. Eigentlich sollte man in das Marseillische Dreamteam nur noch Adecco mit einbinden, die dann von den bis zu 400 Euro monatlich noch 300 Euro für die Abrechnung kassieren, dann würde auch Herr Clement noch davon profitieren...

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Hauptsache Zwang als "Gegenleistung" für Hartz-IV
« Antwort #191 am: 18 April, 2010, 08:32 »
FDP-Chef Westerwelle hat eine neue Gruppe entdeckt, gegen die man Stimmung machen könnte

Außenminister Guido Westerwelle hat sich erneut in die Hartz-IV-Debatte eingeschaltet. Während der Konflikt zwischen FDP und Union, aber auch innerhalb der Union weiter um die Frage der Steuersenkung schwelt, setzt der FDP-Chef wieder einmal auf das Thema, dass Hartz-IV-Empfänger, denen er anstrengungslosen Wohlstand attestierte, eine Gegenleistung zu erbringen hätte.

Nun hat der Liberale, der mit seinen Äußerungen ins Fettnäpfchen getreten ist und dem vorgeworfen wurde, die Menschen am unteren Rand gegeneinander auszuspielen, eine neue Gruppe im Visier, mit der er sich wohl mehrheitsfähig wähnt (s.a.: FDP fordert weniger Bildung in Deutschland). Junge Hartz-IV-Empfänger sollen nach dem Willen von Westerwelle binnen sechs Wochen ein verpflichtendes Arbeits- oder Fortbildungsangebot erhalten. Wenn sie das ablehnen, sollen die Bezüge gekürzt werden. Neu daran ist eigentlich nur, dass das verpflichtende Angebot innerhalb der Frist kommen soll.

Im Bericht aus Berlin sagte Westerwelle betont markig in der schon gewohnten Rhetorik:. "Wer jung ist, wer gesund ist, wer keine eigenen Angehörigen zu versorgen hat, dem ist es zumutbar, dass er für das, was er vom Staat bekommt, auch eine Gegenleistung erbringt. Umgekehrt muss man vom Staat erwarten, dass ein Angebot gemacht wird. Aber wir erwarten dann auch, dass dieses Angebot angenommen wird." Fragt sich jetzt nur noch, was für Angebote dies sein werden. Schon jetzt sind viele Fortbildungsangebote für die Katz. Letztlich scheint es um eine Disziplinierung zu gehen. Hauptsache, es wird irgendetwas gemacht bzw. eine Drohkulisse aufgebaut.

Westerwelle hält trotz Kritik von Finanzminister Schäuble weiter an den geplanten, wenn auch bereits reduzierten Steuerkürzungen fest. Im Rückzugsgefecht meint er, dass die Kommunen stärker an der Mehrwertsteuer beteiligt werden können, um nicht die Last der liberalen Steuersenkungen direkt an die Bürger weitergeben zu müssen. Wie aber dann die Mindereinannahmen des Bundes kompensiert werden können oder welche Einsparungen hier notwendig wären, sagte er lieber mal nicht.

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Re: Hauptsache Zwang als "Gegenleistung" für Hartz-IV
« Antwort #192 am: 18 April, 2010, 14:09 »
Zitat
Junge Hartz-IV-Empfänger sollen nach dem Willen von Westerwelle binnen sechs Wochen ein verpflichtendes Arbeits- oder Fortbildungsangebot erhalten

Sehr vernünftig, eine Sache die ich sehr begrüsse. Benötigen doch mehr als 50% der jüngeren Leute heute verschärft Hilfe: den aufrechten Gang, ordentliche Rechtschreibung als auch Regelmässigkeit zu erlernen. Nur leider ist das alles hohles blabla, denn die sind Herrschaften ja nicht mal in der Lage ein ordentliches Schulangebot auf die Beine zu bringen. Ausserdem: nur wer soll das wie und wovon leisten?? Die angebotenen Fortbildungen meiner Generation (Schulabgang 1985) sind schon seit Ewigkeiten im Klo verschwunden. Beruffachschule war meinen "Vorbildern" schon ein Dorn im Auge der nur Geld gekostet hat und weg musste. Ich hatte Schulabgang zu einer Zeit wo es auch schon starken Lehrstellenmangel gab.

Was vernünftiges erreiche ich nur mit  ausreichend Pädagogen die zumindest mehr als ihren eigenen Namen schreiben können. Davon gibt es leider nicht mehr sehr viele. Was heute an Haupt und Realschulen rumgeiert stecke ich mit meiner Hauptschulbildung locker in die Tasche. Ich kann noch stolz auf meinen Abschluss sein, reichte der immerhin einen ordentlichen Handwerksberuf zu erlernen. Heute habe ich es mit Leuten zu tun die meinen von Menschenführung mal was gehört zu haben.

BTW: in diesem Zusammenhang ist aber noch viel wichtiger sich mal umzusehen WIE ein grosser Teil von "Eltern" seine Kinder gross zieht. Die gesammte Bocklosigkeit und fehlendes Selbstwertgefühl der Heranwachsenden hat nämlich so seine Wurzeln. Manchen unsere Mitmenschen hätte man einen Gefallen getan sie im Vorwege daran zu hindern sich zu vermehren.
Produktiv:
ASRock K8S8X, Athlon64 3000+, 1GB Infineon Ram, WinFast A340 8X AGP, Samsung HD160 GB SATA2,
Technisat SkyStar 2, Stab HH100 Rotor und 5° & 19,2° Ost fest
BS: Mandriva-Linux (mdv) 2010.2 PP, kde 3.5.12, kaffeine 0.8.8, skynetR32

Bastelsrechner:
ASRock N570 SLI, Athlon64 X2 6000+ 4GB Geil Ram, EVGA GeForce G 210 Passiv (1GB DDR3, VGA, DVI, HDMI), Samsung HD 500GB SATA2, TT-budget S2-3200 PCI
BS: immer nur Pinguin freundliche

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Fördern und Fordern einmal anders
« Antwort #193 am: 01 Mai, 2010, 08:25 »
Das Konzept des "Fördern und Fordern" ist zum "Fordern und Fordern" geworden - statt Hilfebeantragendem gibt es den Kunden in der Servicewüste

Wenn Du zur ArGe gehst, vergiss das Gesetzbuch nicht

Seitdem mit der Agenda 2010 der Umbau des Sozialstaates legitimiert wurde, gibt es bei jenen, die die Sozialleistungen berechnen oder auszahlen, keine Hilfeempfänger mehr, sondern lediglich "Kunden". Die Arbeits"ämter" wurden in Agenturen umgetauft und mit Hilfe von Experten wurde das Erscheinungsbild dynamisiert, z.B. veränderte man das bisher bekannte Logo der Arbeitsämter, um sich der neuen Agenda anzupassen. Das neue Logo, so hieß es von Seiten der BA, sollte, zusammen mit dem Farbleitsystem innerhalb der Broschüren, dafür stehen, dass die Bundesagentur für Arbeit sich intern gewandelt habe.

Zitat
Wir wollen damit in Summe ein klares Signal geben: Die BA öffnet sich, wird zeitgemäßer, sie arbeitet kundenorientiert und wirkungsvoller.
(Carsten Heller, Leiter Marketing und interne Kommunikation bei der BA)

Altes und neues Arbeitsamt-Logo

Zeitgleich wurde auch das Prinzip des "Fördern und Fordern" als vorgeblich echte Chance für (Langzeit)arbeitslose nach Außen kommuniziert. Seitdem die Agenda 2010 umgesetzt wurde, wurde dieses Prinzip mehr und mehr zum "Fordern und Fordern", was gerade auch durch die Statusveränderung des Hilfeempfängers ermöglicht wurde. Die Sicht der Agentur hat sich gleichermaßen verändert, so dass der Hilfesuchende, der entweder als Kunde oder Leistungsempfänger tituliert wird, seine Ansprüche klar definieren muss, um diese befriedigt zu bekommen. In Anlehnung in Nietzsche wird oft gerne davon gesprochen, dass derjenige, der zur ArGe geht, das Gesetzbuch nicht vergessen solle.

Von der Bitte zur Forderung

Mit dieser Statusveränderung geht auch eine Veränderung der Sicht auf jene, die die ArGe aufsuchen, einher. Da sie letztendlich gezwungen sind, nicht um Hilfe zu bitten, sondern diese einzufordern, fällt es leicht, die einst als hilfebedürftig angesehenen Menschen als Fordernde zu sehen, wobei fordernd oft mit unverschämt fordernd gleichgesetzt wird, was in der öffentlichen Debatte durchaus für jene von Vorteil ist, die den Hilfebedürftigen an sich als Schmarotzer oder ähnliches erscheinen lassen wollen. Gleichermaßen wird so suggeriert, derjenige, der quasi mit dem Gesetzbuch unter dem Arm erscheine, könne sich (da anscheinend sowohl intelligent, rechtlich bewandert als auch selbstsicher genug) sicherlich auch leicht einen Arbeitsplatz suchen bzw. diesen finden, so er denn wolle. Der eher negativ besetzte Begriff des Forderns wird hier zum Synonym für eine Anspruchshaltung, ohne jedoch zu erläutern, dass dieses Fordern notwendig ist um selbst gesetzlich verankerte Leistungen zu er- und Rechte zu behalten.

Zum Vergleich:
   
Zitat
Der Hilfebedürftige, Peter Hansen, erschien am 24.2.2001 beim Amt und bat um eine Beihilfe zur Erstausstattung seines Haushaltes nach einem Brand. (Frühere Version)

Zitat
Der Kunde/Leistungsempfänger, Peter Hansen, erschien am 24.2.2001 in Begleitung zweier Zeugen bei der Agentur für Arbeit und forderte die Übernahme der Kosten einer Erstausstattung seines Haushaltes nach einem Brand. Um seiner Forderung mehr Nachdruck zu verleihen, legte er zwei Urteile vor, die die Gewährung solcher, nach einem Notfall eingetretenen, einmaligen Beihilfen eindeutig als notwendig ansahen. (Aktuelle Version)

Auch, wenn der Hilfebedürfte angesichts oftmals verloren gegangener Unterlagen, vager Aussagen usw. nicht mehr alleine den Gang zum Leistungsgewährenden unternimmt, kann dies die geschilderte Wirkung verstärken. Während derjenige, der einst um Hilfe bat, als armer, oft ohne eigene Schuld in die Notlage geratener Mensch angesehen wurde, wird der Leistungseinfordernde, der in Begleitung zweier Zeugen sowie mit Ausdrucken von Urteilen beim Leistungsträger vorstellig wird, zum Symbol für die in "spätrömischer Dekadenz" lebenden, egoistisch denkenden Menschen. Überlegungen, dass nicht jede Leistung, die möglich wäre, in  Anspruch genommen werden sollten, treffen genau in diese Kerbe.

Diese Änderung in der Sicht auf diejenigen, die Sozialleistungen in Anspruch nehmen, war notwendig, um das Fundament für eine Abkehr Sozialstaatsprinzip zu legen. In den Köpfen der Bevölkerung musste sich die Ansicht festsetzen, dass es sich hier nur zu einem geringen Prozentsatz um Hilfebedürftige handelte, der Großteil jedoch nicht bereit war, sich den Bedingungen zu fügen, die mit der Agenda 2010 aufgestellt wurden. Hier gingen Eingriffe  in die Intimsphäre des Hilfebedürftigen mit Datenschutzverletzungen und der Abkehr vom Hilfeangebotsprinzip einher. So bedarf es beispielsweise bei den Anträgen auf Hilfegewährung erst eines höchstrichterlichen  Urteils, um die Pflichten der Leistungsgewährer wieder in die Gleichung einzufügen. Ähnlich den Banken hat die BA ihre Pflichten mehr und mehr auf den Kunden abgewälzt, auf dass dieser auch die möglichst umfangreiche Verantwortung trägt. Das bedeutet, dass nicht der Leistungsgewährende Hilfe offeriert, sondern der Kunde ein solches Angebot explizit, unter Berücksichtigung möglichst vieler Winkelzüge und Schlupflöcher, einholen muss. Für die Hilfebedürftigen, die weder über das Wissen noch über den Mut zum Fordern verfügen, ergibt sich damit das Mauerblümchensyndrom: Sie bleiben beim Tanz um die Leistungsgewährung außen vor.

Oft vorkommende Schikanen haben hier noch zusätzlich dazu beigetragen, dass Menschen, denen Sozialleistungen sogar zuständen, auf diese verzichten - hier steht aber keineswegs der heroische Verzicht im Vordergrund, sondern die Angst, einer Behandlung ausgesetzt zu werden, die auf die Psyche negative Auswirkungen hat. Für die "Fördern und Fordern"-Apologeten, die selbstverständlich hinnehmen, dass Sozialleistungen mit einer Gegenleistung des Hilfebedürftigen einhergehen (welche wiederum nicht selten in der Aufgabe der Privatsphäre besteht) ist dies eine Situation, in der sie nur gewinnen können. Zum einen liefern diejenigen, die aus den obigen Gründen auf Leistungen verzichten, Argumente für die "offensichtlich-geht-es-ja-auch-ohne-diese-Leistungen"-Debatte, zum anderen können sie als Symbol für diejenigen dienen, die nicht der "Mitnahmementalität der Fordernden" anhängen.

Die legitime Inanspruchnahme von Sozialleistungen, die dank der Verantwortungsabgabe der Leistungsgewährer nur noch als Ergebnis des Forderns möglich ist, wird somit immer negativer bewertet. Und dies ist durchaus gewollt - nur auf diese Weise kann der Sozialstaat so umgebaut werden, dass er letztendlich nur noch ein rudimentäres Existenzminimum anbietet, das nicht einmal in finanzieller Form geleistet werden muss. Und für ein Heer von Niedriglohn- bis Kostenlosarbeitern, welche auch die Arbeitsplätze bedrohen, die derzeit noch am Rande eines Mindestlohnes bezahlt werden. Es ist davon auszugehen, dass nach den Vorstößen der Zeitarbeitsbranche und Pflegedienstbranche, der Ruf nach dem Einsatz von ALG-II-Empfängern/Langzeitarbeitslosen auch in Privathaushalten erneut erschallen wird. Selbstverständlich zu Günstiglöhnen.

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ALG II: Die Stille nach der Mehrbedarf-Ernüchterung
« Antwort #194 am: 17 Mai, 2010, 09:18 »
Der Hoffnung nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Thema Regelsätze ist Ernüchterung gewichen - dazu tragen auch die neuen Regelungen zum Mehrbedarf bei

Ein Vierteljahr nach dem ALG II-Urteil

Als das Bundesverfassungsgericht sich endlich zum Thema ALG II-Regelsätze äußerte, war die Hoffnung auf eine Erhöhung groß. Zwar hatten die Richter in Karlsruhe nicht entschieden, dass die bisherigen Regelsätze zu niedrig angesetzt waren, sondern sahen diese als nicht evident unzureichend an, jedoch wurde vielfach angenommen, eine genaue und nachvollziehbare Berechnung der Regelsätze könne automatisch nur zu einer Erhöhung führen. Ebenso große Hoffnungen wurde in die Mehrbedarfregelung gesetzt, die die Richter verlangt hatten. Ein Vierteljahr später wurde der Mehrbedarfskatalog abgesegnet und, zusammen mit den bisherigen Urteilen zum Thema, gibt wenig Anlass zur weiteren Hoffnung.

Mehrbedarf? Welcher Mehrbedarf?

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Urteil gerügt, dass der Gesetzgeber nicht für atypische Lebenslagen vorgesorgt hätte. So fehle es an Regelungen für einen "unabweisbaren, laufenden, nicht nur einmaligen und besonderen Bedarf". Diesem Mangel wurde nun abgeholfen - jedoch mit einem Mehrbedarfskatalog, der nicht nur von der Opposition als Schnellschuss angesehen wird. Der Mehrbedarfszuschlag ist erst dann zu gewähren, wenn ein laufender unabweisbarer atypischer Bedarf besteht, der so erheblich ist, dass er nicht aus Einsparungen oder Leistungen Dritter gedeckt ist. Ausdrücklich ausgeschlossen wurden die Übernahme der Praxisgebühr, Schulmaterialien und Schulverpflegung, Bekleidung bzw. Schuhe in Über- oder Untergrößen, nicht von § 21 Abs. 5 SGB II umfasster krankheitsbedingter Mehraufwand, Brille, Zahnersatz und orthopädische Schuhe.

Doch auch bei den Positivbeispielen will kaum Freude aufkommen, wenn beispielsweise Nachhilfekosten lediglich dann übernommen werden, wenn zum einen die Dauer der Nachhilfe absehbar ist, zum anderen die Nachhilfebedürftigkeit einem Krankheits- oder Todesfall in der Familie folgt. Ebenso ernüchternd für Eltern war die Entscheidung des Bundessozialgerichtes, den Eltern eines behinderten Kindes keinen Mehrbedarf für die Erziehung des Kindes zu gewähren. Der 6-jährige Junge ist als schwer gehbehindert anerkannt. Er leidet unter anderem an Störungen des Wachstums, der Aufmerksamkeit und der allgemeinen Entwicklung und kann bis heute nicht laufen - dennoch ist dies kein Grund dafür, den Eltern höhere Leistungen zukommen zu lassen, entschieden die Richter in Kassel.

Die Begründung zeigt die gesamte Absurdität der ALG-II-Gesetze auf: So handele es sich bei ALG II nicht um eine Fürsorgeleistung, sondern um ein arbeitsmarktpolitisches Instrument, weshalb höhere Leistungen erst ab dem Alter gezahlt werden können, ab dem es dem Empfänger möglich ist, sich durch eine Erwerbstätigkeit ein Zubrot zu verdienen. Die vorgesehenen 17% Mehrkosten sollen hier ausgleichend für jene wirken, denen ein solcher Zuverdienst aufgrund ihrer Behinderung nicht möglich ist. Auch einen Mehrbedarf im Sinne des Urteils des Bundesverfassungsgerichts lehnten die Richter in Kassel ab, ersparten sich hier jedoch die Begründung. Für Eltern (schwer)behinderter Kinder bedeutet dies, dass sie mit den Mehrkosten, die durch die Behinderung der Kinder entstehen, dann alleine dastehen, wenn sie sowieso bereits am unteren Ende der Einkommenspyramide sind.

Umzugskosten? Da muss man schon selbst anfassen

Auch Umzugskosten werden bei ALG-II-Empfängern nicht automatisch in voller Höhe übernommen. Entschieden wurde, dass eine professionelle Spedition nur dann notwendig ist, wenn wegen des Alters, einer Behinderung oder kleiner Kinder der Umzug nicht selbst organisiert werden kann. Trifft dies nicht zu, so sei der Umzug mit gekauften Kartons, einem selbst gesteuerten Mietlastwagen sowie studentischen Hilfskräften zu organisieren - als Richtschnur für die entstehenden Kosten wurden 951,25 Euro angesetzt.

Hier ist nicht verwerflich, dass ALG-II-Empfänger zunächst versuchen sollen, die Kosten für den Umzug gering zu halten, die Ausschlusskriterien sind jedoch nicht wirklich nachvollziehbar. Zum einen ergibt sich gerade bei der Einbeziehung von (studentischen) Hilfskräften oft eine erhebliche Versicherungsproblematik, die bei einer Spedition abgedeckt ist, zum anderen ist eine Vielzahl von ALG-II-Empfängern zwar nicht als behindert anerkannt, jedoch aufgrund von Erkrankungen wie Bandscheibenproblematiken, Sehnenscheidenentzündungen usw. usf. kaum in der Lage, selbst oder mit Hilfskräften zusammen Kartons sowohl zu packen als auch zu schleppen. Hier würde es der Einzelfallregelung bedürfen - doch dies ist weiterhin nicht vorgesehen. Im Gegenteil - bereits jetzt werden Rufe laut, auch die Kosten der Unterkunft zu pauschalieren, was dem ALG-II-Prinzip "eine Regelung für alle" folgt.

Noch geringere Regelsätze?

Dem Gedanken, dass das Bundesverfassungsgerichtsurteil nur eine Erhöhung der Regelsätze zulässt, widersprach auch der neue Präsident des Gerichtes, Andreas Voßkuhle, in einem Kommentar zum Thema. Der Gesetzgeber, so Voßkuhle, habe durchaus die Möglichkeit, die Regelsätze zu senken, sofern diese dadurch nicht evident unzureichend werden.

Für ALG-II-Empfänger ist somit die Hoffnung auf höhere Leistungen weiterhin größtenteils ein Trugschluss. Auch wenn die Anzahl der Klagen vor den Sozialgerichten erheblich zugenommen hat, so wird die Mehrheit der Leistungsempfänger weiterhin mit den derzeitigen Leistungen (oder demnächst noch weniger) auskommen müssen. Dafür ist davon auszugehen, dass die Zumutbarkeitsregelungen hinsichtlich der Arbeitsaufnahme weiterhin verschärft werden - Ideen wie der dritte Arbeitsmarkt, der für die "Chancenlosen" niedrig bezahlte, subventionierte Arbeitsplätze schaffen soll, sind hierbei wahrscheinlich nur der Anfang.

Quelle : http://www.heise.de/tp/

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