Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 215591 mal)

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Was war. Was wird. Auf der Suche nach den richtigen Pillen.
« Antwort #645 am: 02 Oktober, 2016, 05:00 »
Bezeichnend, wenn die Autokorrektur aus Adorno Ahorn machen will, meint Hal Faber. Was kratzt's den deutschen Ahorn, wenn sich ein Adorno an ihm schubbert? Dabei wäre mehr Adorno, weniger Internet-Gebote auskotzendes Feulleiton ein Schritt nach vorne.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** BNDal Forte ist ein Medikament zur Anwendung in sinnlosen politischen Prozessen, das laut Packungsbeilage zu 15 Prozent aus einer 30-prozentigen Scheinlösung besteht, zu gleichen Teilen angereichert mit hochkonzentrierter Massenüberwachung und Pressefreiheitsbrüchen. Es soll auch als weiße Salbe verfügbar sein, die man sich in die verschnupfte oder verkokste Nasenschleimhaut reiben kann, wenn man bei akutem Wählermangel vom Wirkstoff Terrorangst abhängig geworden ist. Angesichts der Nachrichten über erkannte und nicht veröffentlichte Sicherheitslücken von Überwachungskameras oder den Berichten aus dem NSA-Untersuchungsausschuss fragt man sich, welche Medikamente beim BND zum Einsatz kommen. Auf alle Fälle sind sie schädlich, denn sie machen die Geheimdienstler US-abhängig, sowohl mental, wie softwareseitig.

*** Ja, der goldene Herbst ist da und mit ihm kommt buchmessig bedingt die Saison der schlauen Spitzköpfe und der großen Feuilletons, mit Reden vom Untergang des Abendlandes, den christlichen Werten und dem Aussterben des Ehe rettenden Puffs. So treten sie auf, die vergeilten Schlussdeichler wie sloty(at)durlacherfreiheit.de, die mit ihren perlenden Schwänzen über die vernetzte Welt als kulturelle Herausforderung parlieren. Genau, diese elende vernetzte Welt aber auch, ist über sie nicht alles gesagt und geschrieben?

*** Nein, meint die Süddeutsche Zeitung und stellt lang und breit das Projekt Free Speech Debate des Dahrendorf-Programmes vor, das 10 Prinzipien zur Achtung der Meinungsfreiheit gesammelt und erläutert hat. Typisch deutsch, dass in der Lobhudelei aus den 10 Prinzipien gleich 10 Gebote gemacht werden – eine feste Burg ist halt unser unbedingte Glaube an Gebote und Bahnsteigfahrkarten. Vergleicht man übrigens die 10 Prinzipien mit dem, was die Flachpfeifen von #NichtEgal im Dialog mit dem Juristen Arnd Diringer über Meinungsfreiheit getwittert haben, bekommt man eine Ahnung, warum in Deutschland prompt von "Geboten" und "Gesetzen" die Rede ist. Leider sind die #NichtEgal-Ausführungen zur Strafbarkeit von bloßem Hass oder hässlichen Emotionen schon gelöscht und dem blitzschnellen Vergessen anheimgefallen. Nur so viel: Das mit dem Recht auf Meinungsfreiheit wollte man halt etwas enger auslegen im Auftrag der Firma.

*** Reicht es mit den Prinzipien zur richtig verstandenen Meinungsfreiheit? Nein, meint die Frankfurter Allgemeine Zeitung und beginnt gleich eine neue Großdebatte über "Internet als Vehikel der Demokratie", einzeln zahlbar hinter dem Vehikel namens Firewall. Gleich der erste Beitrag zur "Räson des Internet" reizt zum Lachen: "Lässt sich das Internet zur Vernunft bringen?" Hach, es wäre so einfach, wenn eine Technologie vernünftig wäre wie ein Messer, das zum Schneiden da ist und nicht zum Morden. So bekommt Facebook mal wieder einmal die Schuld in die Gesichtsbücher geschoben, die britischen Jungwähler nicht über das Brexit-Referendum informiert zu haben, die folglich der Wahl fernblieben und ihr Stimmrecht verspielten. Ja, ja, die Jungen Briten, da haben wir es doch besser, mit diesem rechtzeitig vor der Wahl veröffentlichten "Aufruf zu einer Leit-und Rahmenkultur" "in Zeiten gesellschaftlicher Unruhe", der "Halt und Orientierung" bringt mit den drei "Kraftquellen" Heimat, Patriotismus und Leitkultur sowie dem glücklich machenden Soundtrack der Nationalhymne.

*** Wen es ekelt, der sei mit mir und diesen aufklärenden Zeilen:
"Anzugehen wäre gegen jene Art folk-ways, Volkssitten, Initiationsriten jeglicher Gestalt, die einem Menschen physischen Schmerz – oft bis zum Unerträglichen – antun als Preis dafür, dass er sich als Dazugehöriger, als einer des Kollektivs fühlen darf. Das Böse von Gebräuchen wie die Rauhnächte oder das Haberfeldtreiben und wie derlei beliebte bodenständige Sitten sonst heißen mögen, ist eine unmittelbare Vorform der nationalsozialistischen Gewalttat. (Theodor W. Adorno)

*** Dies ist ein Zitat aus dem Vortrag "Erziehung nach Auschwitz", vom Hessischen Rundfunk am 18. April 1966 gesendet, in dem Adorno Tacheles sprach und sich mobile, schweifende Erziehungsgruppen und gar Kolonnen von Freiwilligen wünschte, "die aufs Land fahren und in Diskussionen, Kursen und zusätzlichem Unterricht versuchen, die bedrohlichsten Lücken auszufüllen." Von Adorno, freilich nicht im Radiovortrag benutzt, stammt auch der beste Aphorismus zu diesem Un-Ding namens Leitbild: "Das fatale Wort Leitbild, dem die Unmöglichkeit dessen eingeschrieben ist, was es meint, drückt das aus." Die Gier, das Verlangen nach Leitbildern, sind für ihn Gewaltakte, Kennzeichen einer unfreien Gesellschaft.

*** Seit gestern sind wir alle Teil der wichtigsten und größten Cyber-Kampagne, die Europa je gesehen hat, dem Cyber Security Month: Stop! Think! Connect! Wenn sich das Internet schon nicht zur Vernunft bringen lässt, dann müssen wir die Unvernunft gutheißen, alles zu becybern mit Veranstaltungen wie dem drohend klingenden "Die Hacker kommen!" in Hoyerswerda. Auch der Deutsche Bundestag macht mit und es gibt ein Live-Hacking und Hacker zum Anfassen und Anbeißen, ordentlich getrennt einmal im Fraktionssaal der SPD und dem der CDU sowie eine Vorschau unter der intern erreichbaren URL https://www.bundestag.btg/Aktuelles/Live-Hacking.php. Neben dem Monat zur Cybersicherheit gab es in Singapur die bis dato größte Cybersicherheitskonferenz von Europol, Interpol und No More Ransom. Das Konferenz-Hauptthema "Attribution" passte bestens zur ersten Kandidatendebatte im US-Wahlkampf zwischen Hillary Clinton und Donald Trump: Wer bestimmt eigentlich, dass Cyberattacken aus Russland kommen oder aus China oder von jemanden, der auf seinem Bett sitzt und 400 Pfund wiegt, NATO-Bündnisfall inklusive? Auf Trumps Hacker-Invektive reagierte The Hacker Quarterly vorbildlich mit dem Aussetzen eines Cyber-Preisgelds.

Was wird.

Er kommt aus dem Westen, ist aber ganz in Ordnung? "Ich habe lange nicht gemerkt, wie beleidigend das eigentlich ist.", heißt es in der tageszeitung zur deutschen Einheit. Wie schön der Westen war, will dort im Osten niemand wissen. Freuen wir uns zum Tag der Deutschen Einheit mit Oliver Polack, der uns und sich gratuliert für den outgesourcten Judenhass, den jetzt die Araber als "Leiharbeiter" übernehmen über die deutsche Biodiversität: "Deutscher, Biodeutscher, böser Deutscher, Nachkriegsdeutscher, Wessi, Ossi, Flüchtling, Nazi, besorgter Bürger, AfD-Wähler, Pegida-Vogel, Politiker, Idiot, Dümmling, kluger Mensch, dummer Mensch, deutsches Eichhörnchen, Araber." Es ist eine Geschichte aus dem deutschen Westen: Oliver Polaks Vater hatte die Konzentrationslager überlebt und danach weiter in Papenburg gelebt, als Jude unter Deutschen. Nach seinem Tode sollte eine Strasse nach ihm benannt werden, doch ein Stadtratmitglied war dagegen. Im Nachlass seines Vaters fand Oliver Polak eine Postkarte, "Mit schönen Grüßen aus Auschwitz", unterschrieben von diesem Stadtrat. So gehen die Deutschen, die Deutschen gehen so, in Ost wie West. "Wir sind Papst!", das können wir jubeln. "Wir sind Auschwitz!" Nie gehört und Google hustet.

Am 4. Oktober 2006 wurde die Domain Wikileaks.org bei Dynadot angemeldet. Zum kommenden 10-jährigen Geburtstag gibt es im Spiegel ein Interview mit Julian Assange. Dieser ist voll des Selbstlobes, besonders was Edward Snowden anbelangt:
"Nicht zuletzt dank der harten Arbeit von Wikilekas bekam Snowden in Russland politisches Asyl. Er hat Reisedokumente, er lebt mit seiner Freundin zusammen, geht zu Ballettvorführungen und verdient ordentliche Honorare für Reden. Edward Snowden ist im Wesentlichen frei und glücklich. Das ist kein Zufall. Es war meine Strategie, der einschüchternden Wirkung der 35 Jahre Gefängnis für Chelsea Manning etwas entgegenzusetzen. Und es hat funktioniert."

Hat es wirklich funktioniert? Mit seinen Reisedokumenten kommt Snowden nicht aus Russland heraus, in dieser Woche scheiterte in zweiter Instanz wie schon im Juni der Versuch, ihm freies Geleit zu einer Preisverleihung zu sichern.

Wie immer die harte Arbeit von Wikileaks aussah, es bleibt spannend, was abseits der filmischen Verarbeitung noch bekannt wird. Die zarte Andeutung, dass das neue Kuba, auf einen amerikanischen Wink hin, ein Asylangebot für Snowden zurückgezogen hatte, gehört dazu.

Und sonst so? Die Landesverräter von Netzpolitik feiern. Zur Party passt das einzige Woodstock-Video, in dem Steve Jobs zu sehen sein soll. One pill makes you larger, one pill makes you small: Feed your head. And the ones that mother gives you don't do anything at all. Eben. Mehr Adorno, weniger Gebote-Feuilleton.

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Was war. Was wird. Von der Cyber-Apo zur Cyber-Wehrpflicht.
« Antwort #646 am: 09 Oktober, 2016, 05:43 »
Und immer noch bewegen wir uns in Neuland, wir alle, die wir immer noch nicht wissen, worauf das alles hinauslaufen soll. Da ist immer wiederkehrender Spott ganz fehl am Platze, meint Hal Faber, der sich weigert, Ethik nach Nützlichkeit auszurichten.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Die Produktion von Nachrichten ist ohne Zufallsgenerator nicht denkbar. Da wird Julian Assange zum 10. Geburtstag von Wikileaks gelobt, obwohl er vage bleibt oder belächelt, weil er die Äquatorlinie neu verlegt, da wird Wikileaks vom Department of Homeland Security mit Guccifer 2.0 und "den Russen" in einen Topf geworfen. Am Freitagabend hat Wikileaks die angekündigten Mails veröffentlicht, die Clinton in große Schwierigkeiten bringen sollen, doch wenig sensationell sind. Da wird die Kommunikation von John Podesta ausgebreitet, eines Lobbyisten der demokratischen Partei, der sich einstmals unter Bill Clinton für transparentes Regierungshandeln und die Informationsfreiheit der Bürger engagierte. Edward J. Snowden als akzeptierter Whistleblower repräsentiert das Gute repräsentiert, wird gefeiert und bekommt Preise wie das "Glas der Vernunft". Bei Harold T. Martin ist das ganz anders. "Hal", so sein Spitzname, wird als umgänglicher Mensch, als ehemaliger NSA-Mitarbeiter umschrieben, der wie Snowden bei den Geheimdienst-Profiteuren von Booz Allen Hamilton arbeitete. Anders als der im Support tätige Snowden war Harold Martin in der Eliteabteilung Tailored Access Operation (TAO) tätig und hatte ausweislich der Anklageschrift mehrere Terabytes an Daten für den privaten Gebrauch mitgenommen. Das als "Top Secret" eingestufte Material dürfte dazu führen, dass eine Grand Jury, ein Geheimgericht, in geheimen Verhandlungen seine Strafe verhandelt und Martins Anwälte sich einer umfassenden Sicherheitsprüfung unterziehen müssen, bevor sie überhaupt Details der Anklage sehen dürfen.

*** Alle Anstrengungen werden unternommen, den Fall unter Ausschluss der Öffentlichkeit zu verhandeln, weil absolut nicht klar ist, was das Motiv Martins ist. Ein heroischer Whistleblower ist er nicht, auch Spionage scheint nicht im Spiel zu sein und so wird Martin vom psychologischen Dienst des FBI, der Behavioral Analysis Unit befragt und analysiert – wer an Criminal Minds denkt, liegt ganz falsch. Mit dem Einstz einer Grand Jury droht Martin das Schicksal, das Assange für sich ausmalt, sollte er an die USA ausgeliefert werden. Nur die derzeit mögliche Höchststrafe von 11 Jahren ist niedriger. Harold Martin wird nicht von Bürgerrechlern oder der Courage Foundation unterstützt, er ist bald vergessen. Wie gut, dass in den USA Wahlkampf ist und Grabschergate die Medien beschäftigt. Es wird dreckiger und dreckiger, Handschuhe sind ausgezogen, die Hacker hacken, in den Maschinen oder Köpfen.

*** Wir. Dienen. Neuland. Die Idee, eine IT-Dienstpflicht bei der Cyberwehr-"Soforthilfe" mit Beeper-Alarmierung für alle Sicherheitsspezialisten einzuführen, muss konsequent als IT-Wehrdienstplicht weiter gedacht werden. Schon in der letzten Wochenschau wurde auf das Problem der Attribution hingewiesen: Wann sind einfach nur Hacker und Wirtschaftsspione, wann sind Hacker wie Guccifer 2.0 im Auftrag eines Staates unterwegs, wann kann man sicher sein, dass da ein Staat selbst mit seiner schicken Cyber-Truppe einen minimalinvasiven IT-Angriff durchführt? Im Zweifelsfall soll das BSI entscheiden was des Pudels Kern ist und beim Auftreten getarnter Militärs das Kommando an die Bundeswehr übergeben. Es klingt so ordentlich geregelt und ist doch der nackte Wahnsinn im Stil von General Jack Ripper und derer, die die Bombe, ähem, die "eigenen Zwecke" liebten:
"Die Kooperationspartner verpflichten sich, die Bestimmungen dieser Kooperationsvereinbarung, sowie alle ihnen im Rahmen dieser Kooperationsvereinbarung bekannt gewordenen Informationen auch nach Kündigung und Austritt aus dieser Kooperationsvereinbarung zeitlich unbegrenzt als vertraulich zu behandeln, sie Dritten nicht zugänglich zu machen und sie nicht für andere eigene Zwecke zu verwerten, die nicht dem Schutz der eignen IT dienen."

*** Wer bei dem IT-technischen Hilfswerk in schicker blauer Uniform mitmacht, dem darf bei einem "Außeneinsatz" in einem fremden Unternehmen kein Übernahmeangebot gemacht werden. Diese Quarantäne ist auf ein Jahr begrenzt und gilt umgekehrt auch für die SpezialistInnen, die bei einem Brandeinsatz eine andere Firma kennenlernen. Die Idee für die Cyberwehr trägt die Handschrift des neuen BSI-Präsidenten Arne Schönbohm, der von den Angreifern eine ganz eigene Vorstellung hat und eine Cyber-APO am Werke sieht, die eine "Informationshohheit" angreift , wie im Focus zu lesen ist.
"Ich habe den Eindruck, dass wir es hier mit einer Cyber-Apo zu tun haben. /../ Früher stand man mit Blumen vor dem US-Munitionslager, heute haben wir Menschen, die sagen: Wir wollen die Informationshoheit des Staates brechen."

*** Cyber-Apo, Informationshoheit, wer denkt da nicht an die verdienten Hacker vom Chaos Computer Club? Die Besten der Besten haben in dieser Woche ein Gutachten für den BND-Untersuchungsausschuss veröffentlicht, das technisch einfühlsam erläutert, was eine echte Zwickmühle für den Bundesnachrichtendienst ist: "Einerseits darf er inländische Kommunikationsinhalte nicht analysieren, andererseits kann er sie ohne eine tiefgehende Analyse nicht von ausländischen Datenpaketen unterscheiden." Aber "hilft das Verständnis der tatsächlichen technischen Vorgänge im Netz" wirklich weiter, wie Frank Rieger meint? Auch das zweite Gutachten zur IP-Lokalisation, von Gabi Dreo Rodosek von der Hochschule der Bundeswehr nicht ganz so einfühlsam und viel wissenschaftlicher geschrieben, kommt zu ähnlichen Ergebnissen: "Zusammenfassend ist eine Identifikation der Ursprungs- und Zielorte nur grob granular und bei nicht eingesetzten Verschleierungsmaßnahmen möglich. Aus der Ortsinformation (z.B. Hotel X im Ort Z) kann allgemein nicht auf weitere Eigenschaften der Kommunikationspartner (z.B. Nationalität) geschlossen werden." Bezogen auf die Aufgabe des Bundesnachrichtendienstes heißt das, dass seine Auslandsaufklärung viel stärker darauf kontrolliert werden müsste, ob nicht unbeteiligte Deutsche ausgeschnüffelt werden. Doch im Gegentum: Das neue BND-Gesetz soll diese Frage großzügig umschiffen. Das Licht wird ausgeblasen.

*** Oder nicht? In dieser Woche sind vier Bücher von FachhistorikerInnen erschienen, die sich mit der Geschichte der Organisation Gehlen, dem Sauhaufen von Pullach als Vorläufer des BND befassen. In den Geheimdienst gingen NS-Mitglieder und sogar NS-Verbrecher wie der Massenmörder Erich Deppner. Befragt auf die durch Snowden bekannt gewordene Wühlarbeit der NSA antwortet ein nachdenklicher Historiker im taz-Interview und es kling wie ein Pfeifen im Walde:
"Was wir aber gut nachvollziehen konnten, ist, dass eine tatsächliche und durchgreifende Kontrolle eines geheimen Nachrichtendienstes sehr schwierig, wenn nicht sogar strukturell unmöglich ist. Natürlich müssen hier alle parlamentarischen Möglichkeiten ausgeschöpft werden. Ich bin mittlerweile aber zu der Meinung gelangt, dass die wirksamste Kontrolle in einer bestmöglichen Ausbildung der Mitarbeiter besteht, nicht in erster Linie in einem technischen Sinn, sondern in ihrer Imprägnierung mit demokratischen und rechtsstaatlichen Werten – so dass das Gewissen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu klopfen beginnt, wenn sie Dinge beobachten oder tun sollen, die offensichtlich rechtswidrig sind."

Was wird.

Die Vorschau ist kurz, denn die große Schmutzschlacht steht uns noch bevor. Nicht nur in den USA im TV-Duell. Mit der Enttarnung von Elsa Ferrante hat nun auch das Feuilleton der Frankfurter Allgemeinen Zeitung beweisen, was die Privatsphäre dem deutschen Bürgertum wert ist: nichts. Die Enttarnung suggeriert, das Pseudonyme ein Verbrechen sind und erfolgreiche Schriftstellerinnen Steuerflüchtlinge sein könnten. Wer dieses Interview mit dem Investigativ-Journalist Claudio Gatti über die Aufdeckungspflicht zur Wahrheit gelesen hat, braucht sich über die bigotte Debatte zur Klarnamenspflicht im Netz nicht mehr zu wundern, mit der angeblich der "Hass im Netz" gestoppt werden kann.

Am 17. Oktober um 10:00 wird sich die ecuadorianische Botschaft für die schwedische Staatsanwältin Ingrid Isgren und die Kriminaltechnikerin Cecilia Redell öffnen. Letztere soll eine Reihe von "Körperflüssigkeiten" von Julian Assange sicherstellen, sofern dieser damit einverstanden ist. Das eigentliche Verhör wird vom ecuadorianischen Staatsanwalt Wilson Toainga Toainga geführt, dem dieser Tage die Fragen schriftlich übermittelt wurden. Danach wird das englische Verhör ins Spanische und Schwedische übersetzt werden müssen. Verweigert Assange die Speichelproben, dürfte die internationale Aktion abgebrochen werden und der Zufallsgenerator wird angeworfen.

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4W: Von Cyber-Botschaften, Cyber-Angriffen und taumelnden Kontinenten
« Antwort #647 am: 16 Oktober, 2016, 06:24 »
Ach, geht mir weg, poltert Hal Faber. Es kann doch nicht war sein, dass unsere Zeit mal mit dem Wort Trumpismus beschrieben wird. Oder doch? Den Bürger sieht man lieber mit Hut, statt mit der Wut des "Endlich sagt's mal einer".

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Verweigert Assange die Speichelproben, dürfte die internationale Aktion abgebrochen werden und der Zufallsgenerator wird angeworfen." So endete die letzte Wochenschau. Ganz zufällig war das falsch, denn das Verhör in der Botschaft wird verschoben, auf einen Termin nach den US-Wahlen. Vorher hatte kein Anwalt von Assange Zeit, man kämpft halt an vielen Fronten und gegen die skurrilsten Vorwürfe, nicht nur im US-Wahlkampf an der Seite von Trump. Dieser eigensinnige Trumpismus beunruhigt, nicht wegen veröffentlichter Risotto-Rezepte oder der Millionenspenden aus Katar für die Clinton-Stiftung, sondern wegen der Attribution Richtung Russland. Das mag stimmen, ist aber nicht Assanges Problem, sondern Teil seines Kalküls: Wenn Wikileaks Tag für Tag jetzt Tausende von demokratischen Mails veröffentlicht, sollen die Umrisse des tiefen Staates erkennbar werden, der Amerika eigentlich regiert.

*** Sollte sich daraus aus "Rache" ein Cyber-Angriff auf Russland entwickeln, hätte Assange sein Ziel erreicht, als Gröwaz in die Geschichte einzugehen (größter Wikileaker aller Zeiten). "Wir werden eine Botschaft senden", das klingt doch schon einmal vielversprechend, auch wenn nicht klar ist, wer die Botschaft senden soll, die Cyber-Armee oder die CIA. Nur noch ein kleiner Zufall und es kann losgehen mit dem Cybern. Zwei Tage lang haben über 700 Spezialisten in dieser Woche bei der ENISA bei Cyber Europe 2016 den Cyberkampf geübt und sich fit gemacht für die nächste Cyber-Krise. Vielleicht ist die erste "Botschaft" schon versendet worden, wie im Juli vermutet wurde? Unser neuer Cyber-Befehlshaber Ludwig Leinhos wird es hoffentlich wissen, mit 20 Jahren Erfahrung bei den Elektronischen Kampfführungsbataillonen (EloKa) und generalstäblicher Arbeit bei der Cyber-Verteidigung der NATO.

*** Zu den erstaunlichen Zufällen in dieser Woche gehört sicher der Selbstmord eines Syrers, der als mutmaßlicher Terrorist in einem sächsischen Gefängnis saß, nachdem er dank Facebook (!) auf der Flucht von Syrern erkannt und gefesselt wurde. Das ein Mensch mit Plänen für ein Selbstmordattentat selbstmordgefährdet ist, wer hätte das gedacht? Er hätte in einem besonders gesicherten Haftraum untergebracht werden müssen, doch im Freistaat Sachsen sah man die Sache anders.

*** Auch beim zweiten großen Zufall spielte die IT eine wichtige Rolle: Als das Landeskriminalamt Bayern eine Analyse einer DNA-Spur aus dem Fall der ermordeten Peggy Knobloch in die bundesweite DNA-Datenbank beim BKA kippte, gab es unter dem Namen "Uwe Böhnhardt" einen Treffer. Seitdem wird die verdächtige Verknüpfung diskutiert und länger bekannten Hinweisen nachgegangen, dass es Verbindungen zwischen dem rechten Terror der NSU und der pädophilen Szene gibt. Der Fall des wegen Kindesmissbrauchs veruteilten NSU-Unterstützers Tino Brandt lässt grüßen. Gleich zu Beginn der Ermittlungen wurden Sexfilme auf dem Computer von Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe gefunden und die These in den Raum gestellt, dass sich das Trio über den Handel mit Kinderpronographie finanzierte. Dann wurden die Raubüberfälle bekannt, bei denen rund 600.000 Euro erbeutet wurden. Demgegenüber wäre der Vertrieb von Kinderpornos ein viel zu großes Risiko gewesen, enttarnt zu werden, so die Meinung der Ermittler. Wie es aussieht, ist der nationalsozialistische Untergrund nach untergründiger.

*** Eigentlich ist es ja ganz anders gewesen. Eigentlich wollte das Nobelpreiskomitee Steve Jobs ehren, weil dieser der Menschheit so etwas Großes wie die Zukunft geschenkt hatte. Doch dieser verstarb vor fünf Jahren kurz vor der Bekanntgabe der Nobelpreise und so holte man das mit dem gebührenden Abstand nach und gab den Literatur-Nobelpreis an seinen Lieblingsmusiker, Bob Dylan. Literatur geht in Ordnung, schließlich gehört die ausgesuchte Grausamkeit, Desolation Row interpretieren zu müssen, zum klassischen Bestandteil des Englischunterrichtes in Deutschland. Nun also hat das alberne Unterfangen geklappt. Lustiger als die Entscheidung "sabbernder Hippies" (Irvene Welsh) sind die Versuche des Feuilletons, von Dylan eine Reaktion zu bekommen. Der trat nach der Bekanntgabe der Ehrung im Cosmopolitan in Las Vegas auf und erwähnte den Preis mit keinem Wort. Warum auch, schließlich ist er Musiker. Nun wird in großer Verzweiflung versucht, aus der Setliste des Leitfossils eine Botschaft zu basteln. Begann er das Konzert nicht mit Rainy Day Women und Everybody must get stoned? Das ist doch mal ne Ansage, genau wie damals, als Bob Dylan zusammen mit Ralf Dahrendorf und Michael Schumacher den Prinzessin von Asturien-Preis gewann.

*** Vielleicht werden in 100 Jahren Bücher über unsere Zeit geschrieben, die nicht nur den Neuanfang der Literatur im Lichte Dylans analysieren, sondern auch die grassierende rechtspopulistische Seuche unter dem Stichwort Trumpismus zusammenfassen – auch wenn Leute wie Björn Höcke bislang nicht dafür bekannt wurden, sich mit sexuellen Übergriffen auf Frauen zu brüsten. Das Frauenbild eines deutschen Rechtsnationalisten dürfte sich aber wenig von dem Trumps unterscheiden. Sprücheklopfen und die Wahrheit nach Bedarf zurechtbiegen können Leute wie Höcke, Gauland, Petry, Le Pen oder Orban allemal. Diese rechtspopulistische Mischpoke spricht für ihre Anhänger halt die Wahrheit, weil die Wahrheit immer das ist, was man selbst glaubt, abseits aller Belästigungen durch die Realität – zumindest erklärte dies die Haltung der Schafe, die ihre rechten Schlächter selbst wählen und ihnen ein begeistertes "Endlich sagt's mal einer" bei jeder ihrer Lügen und Verdrehungen hinterherrufen. Diese Schafe sind aber nicht nur das diskussionsunfähige Pack von Pegida, sondern auch gut situierte und diskursgestärkte Bürger:
"Freiheit war nur um den Preis von Sicherheit und moralischer Gewissheit zu haben. Mit mehr Möglichkeiten ausgestattet als je zuvor und gleichzeitig einem chaotischen Chor von unzähligen Versprechen und Forderungen ausgeliefert, merkten die unsicheren Bürger dieser Welt, dass sie nicht mehr aus einem Stück geschnitzt waren, dass es keine einzig gültige Perspektive mehr gab, von der aus sie die Welt oder die Welt sie hätte beschreiben können. Unzählige Mitglieder der Schicht, die mit den meisten Möglichkeiten ausgestattet war, nämlich des Bürgertums, brachen unter dieser Last zusammen. Der fragmentarische, episodenhafte Charakter der Existenz in der modernen Metropole ging einher mit der kompromisslosen Eile der Industrie, die alles, was ihren gegenwärtigen Bedürfnissen nicht entsprach, mit eisernem Besen wegfegte. Trotz größerer Entscheidungsmöglichkeiten hatten viele Menschen das Gefühl, dass ihr Leben und ihr Selbstgefühl vergänglicher und zerbrechlicher waren denn je; vielen Menschen, die sich diesen Anforderungen nicht gewachsen fühlten, erschien die scheinbare Stabilität der Vergangenheit beinahe wie ein gelobtes Land."
Nein, es ist nicht ein Vorgriff auf die historische Untersuchung, die in 100 Jahren unsere Zeit beschreibt, es geht um den taumelnden Kontinent in der Zeit vor la Grande Guerre, der Zeit vor dem zweiten Dreißigjährigen Krieg in Europa.
"Dem Bürger fliegt vom spitzen Kopf der Hut,
In allen Lüften hallt es wie Geschrei.
Dachdecker stürzen ab und gehn entzwei
Und an den Küsten – liest man – steigt die Flut.
Der Sturm ist da, die wilden Meere hupfen
An Land, um dicke Dämme zu zerdrücken.
Die meisten Menschen haben einen Schnupfen.
Die Eisenbahnen fallen von den Brücken."
Dass eben diese Bürger auch heute ihren Schnupfen mit dem Ende der Welt verwechseln, das ist das, was dann wirklich furchterregend ist.

Was wird.

Bekanntlich scheiterte die G10-Kommission mit einer Klage beim Verfasungsgericht aus formalen Gründen, weil sie zwar Aufsicht über den BND hat, aber selbst kein Verfassungsorgan ist. Immerhin wurde vom Gericht festgestellt, dass unmittelbar betroffene Bürger die Möglichkeit haben, feststellen zu lassen, ob der Einsatz der NSA-Selektoren ihre Grundrechte verletzt habe. Solchermaßen belehrt kann man auf die letzte Lesung des BND-Gesetzes im Bundestag zugehen, mit der die Leistungsfähigkeit unser Auslandsschnüffler gestärkt wird. Denn keine Angst, es kommt noch schlimmer: Da haben doch 30 europäische Inlands-Geheimdienste die Counter Terrorism Group gegründet und arbeiten an einer gemeinsamen Datenbank, deren Details unglaublich geheim sind. Auf Nachfrage der Linken, welche Datenfelder aus dem Phänomenbereich des islamistischen Terrorismus in diese Datenbank einfließen, kommt die Antwort, dass schon diese Auskunft über den Aufbau der Datenbank unzulässig ist. Selbst in der Geheimschutzstelle des Bundestages darf der Datenbankaufbau nicht eingesehen werden, da schon das kleinste Datenfeld Rückschlüsse zulassen könnte, welcher Geheimdienst einem anderen Dienst welche Informationen übergibt. Die berüchtigte Third-Party-Rule lässt grüßen und die Parlamentarier doof im Regen stehen. Lieb Datenbank, magst ruhig sein.
"Die erbetenen Auskünfte können aufgrund der Restriktionen der sogenannten „Third-Party-Rule" nicht veröffentlicht werden. Die „Third-Party-Rule" betrifft den internationalen Austausch von Informationen der Nachrichtendienste. Diese Informationen sind geheimhaltungsbedürftig, weil sie sicherheitsrelevante Erkenntnisse enthalten, die unter der Maßgabe der vertraulichen Behandlung von ausländischen Nachrichtendiensten an das Bundesamt für Verfassungsschutz weitergeleitet wurden. Eine Bekanntgabe dieser Informationen kann einen Nachteil für das Wohl des Bundes bedeuten, da durch die Missachtung einer zugesagten und vorausgesetzten Vertraulichkeit die künftige Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben des Verfassungsschutzes einschließlich der Zusammenarbeit mit anderen Behörden, zumal mit Nachrichtendiensten anderer Staaten, erschwert würden. Selbst die Bekanntgabe unter Wahrung des Geheimschutzes durch die Übermittlung an die Geheimschutzstelle des Deutschen Bundestages birgt das Risiko des Bekanntwerdens, welches unter keinen Umständen hingenommen werden kann."

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4W: Von überwachten Ausländern und ausländischer Überwachungstechnik.
« Antwort #648 am: 23 Oktober, 2016, 05:03 »
Moral, was interessiert schon Moral? Und was interessiert der dumme Rechtsstaat, wenn, ja, was denn in Gefahr ist? Der Rechtsstaat? Ach, da drehen nicht nur unsere neuen KIs hol. I'm sorry, Hal, I'm afraid I can't do that.

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Was war.

*** Ein Ausspähen unter Freunden, das geht nun, volle Kanne. Es geht noch mehr: Der Bundesnachrichtendienst kann sich zur kleinen NSA umbauen und der großen NSA laut § 15.1 des neuen Gesetzes personenbezogene Daten automatisiert übermitteln. Da knallen die Grappa-Korken nach diesem schwarzen Freitag, an dem CDU/CSU und SPD eine illegale Überwachungspraxis weitgehend legalisierten. Es ehrt die FDP-Politikerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, wenn sie gegen die nun legalisierte "Ausland-Ausland-Fernmeldeüberwachung" vorgehen will und eine Klage gegen die Mogelpackung formulieren will. Man wird auch der Meinung zustimmen müssen, dass Grundrechte nicht nach Staatszugehörigkeit aus- und wieder angeschaltet werden können. Kurios ist es schon, wenn Kritikern der legalisierten Überwachungstechnik mit dem Argument begegnet wird, sie wollten blauäugig festschreiben, der BND müsse bitte strikt moralkonform spähen. Der Versuch, unter Berufung auf Bedrohungen wie den Daesh Moral und Technik gegeneinander auszuspielen, könnte noch ganz andere Verschiebungen erzeugen.

*** Es ist schon ein ganz eigenes Paradox, wenn die Aufgabe des Rechtsstaats damit begründet wird, dass der Rechtsstaat geschützt werden soll. Da kommt jede KI ins Schleudern und schnappt über. Aber halt, man kann auch mehr als nur KIs in den Wahnsinn treiben. Man denke nur an das Zusammengehen von BND und Verfassungsschutz, das Traumziel der Truppe, als diese von Reinhard Gehlen geleitet wurde. Die Lehren aus der deutschen Geschichte? Geschenkt, denn wie viel effektiver lässt sich gegen diese Reichsbürger vorgehen, die im Freistaat Paranoia leben. Wer meint, ich übertreibe, sollte passend zur Buchmesse den Taubentunnel, die Memoiren von John le Carré lesen, in dem dieser sein "Arbeitsfrühstück" beim damaligen BND-Chef August Hanning schildert. Hanning sitzt unter den Portraits von Wilhelm Canaris und Reinhard Gehlen und erklärt gemütlich, warum der in lange Guantanamo inhaftierte Murat Kurnaz eine Gefahr für die innere Sicherheit Deutschlands sein soll. Das findet selbst ein le Carré, der die NSA versteht und Snowden nicht mag, ein starkes Stück. Wie war das mit dem Durchdrehen, dem Rechtsstaat und der Freiheit? I really think I'm entitled to an answer to that question ...

*** Aber lassen wir die KIs mal außen vor, bleiben wir in der Welt der Spione und ihrer Dienste, für die sie unterwegs sind. In den USA gibt es das Office of the Director of National Intelligence, die Koordinations- und Kontrollbehörde der 17 Geheimdienste des Landes. Zur Arbeit dieses Büros gehört die Definition nachrichtendienstlicher Standards, etwa der Einschätzung, wie plausibel eine gewonnene Information oder Einschätzung ist. Sie kann mit high, moderate und low confidence klassifiziert werden. Die mitunter als Fakt bezeichnete Attacke russischer Dienste gegen die Demokratische Partei zum Zwecke der Wahlmanipulation wird nach den bisher bekannten Gutachten mit moderate confidance eingeordnet. Was die unter den Namen TG-4127 APT 28, Sednit, Fancy Bear, Pawn Storm oder Sofacy geführte Hackergruppe angeht, so ergibt sich die Attribution aus weiteren Attacken dieser Gruppe, allesamt gegen russische Kritiker.

*** Ob daraus abgeleitet werden kann, dass Wikileaks mit den Diensten in Verbund ist oder nur dieselben Ziele hat, weil man Trumps Weltsicht vollkommen übernommen hat, scheint unerheblich. In jedem Fall ist die von Ecuador bestätigte Netzsperre für Assange wenig mehr als eine staatliche PR-Maßnahme, denn die Veröffentlichung der "Podestamails" gehen Tag für Tag weiter, mit Sensationen wie der Bekanntgabe der Mail-Adresse von Obama bei seiner ersten Präsidentschaftskandidatur. Die autoritäre Maßnahme beendet nicht die Einmischung in den US-Wahlkampf, nur die Meinungsfreiheit von Assange. Wenn obendrein die Privatsphäre vieler Menschen beschädigt wird, haben alle verloren. Das Dumme dabei: Wikileaks kann man nicht umbenennen wie ein Hotel.

*** Während in Frankfurt auf der Buchmesse gedrängelt und geschoben wird, arbeite ich als Contentsklave an dieser kleinen Wochenschau, die dank einer geheimnisvollen Technologie namens HTML im Internet gelesen werden kann. Derweil ist in Frankfurt ein Buch der Renner, in dem eben jenes Internet der letzte Scheiß ist, was die kulturell Beflissenen ganz ungemein entzückt. "Das Internet ist ein Computernetzwerk, das Menschen dazu nutzten, andere Menschen daran zu erinnern, dass sie ein mieses Stück Scheiße sind." Das ist schon einmal eine ganz brauchbare These, zu der man nur noch dieses "Kostenlos" addieren muss, was bekanntlich meint, dass Konzerne wie Google mit unseren Daten Geld machen. Diese beiden Gedanken auf 360 Seiten auswalzen zu können, das ist die Hohe Schule der Schriftstellerei. "Ich stamme vom Internet ab. Ich weiß, dass alles im Internet, das wir als notwendig ansehen, von Nerds mit einer Vorliebe für miese Romane entwickelt wurde." Stop, Hal, I am afraid.

*** Angst? Nicht ganz von der Hand zuweisen. Obwohl es doch gut und tröstlich, dass wir jetzt dem Internet of Things und seinen DDoS-Scheißereien ausgesetzt sind und nicht diesem Internet der Nerds. Oder nicht? Zigtausende von Überwachungskameras und Videorekordern dieser Überwachungssysteme wurden genutzt, um das Internet lahmzulegen. Wobei die Beschreibungen häufig zu kurz kommen, denn es war kein Angriff der Hacker auf den Alltag, sondern ein Angriff des Alltags selbst, weil Vernetzung pfennigbillig sein muss. Es ist ja mal eine neue Erfahrung, dass man gegen diese Angriffe nichts tun kann, nicht einmal, wenn man einen dieser Nerds bis zur Höchstleistung foltert. Im Billignetz vom IoT mit seiner Schrottsoftware ohne jegliche Sicherheit auf Updates zu warten, das hat was von Beckett. Aber es gibt ja Lösungen, die von echten Internet-Hassern kommen, wie die Abrechnung nach Kilobyte.

*** Bleiben wir in der schönen Welt der Kultur. In der letzten Wochenschau versuchte ich mich an einer Erklärung, warum um alles in der Welt Bob Dylan einen Literatur-Nobelpreis bekommt. Nun macht sich besagter Bänkelsänger auf, die Literaturnobelpreisbindung zu ignorieren, wie es der große Schriftsteller Peter Glaser formuliert. Ganz kurz tauchte auf der offiziellen Website ein Vermerk zum Preis auf, doch verschwand er kurz darauf im Vergessnet. Passend wäre es, wenn der Boss von Frankfurt aus nach Hyperborea zieht, sein Buch ist ja große Literatur. So kann Dylan weiter ungestört touren. Artikel, die davon schwafeln, dass man in Schweden verärgert ist ob der gezeigten Arroganz, vergessen gern, dass dieselben Schweden in Gestalt des Nobelpreis-Sekretärs 2008 die amerikanische Literatur als provinziell und engstirnig bezeichneten.
People are crazy and times are strange
I'm locked in tight, I'm out of range
I used to care, but things have changed

Was wird.

Das größte deutsche Computermuseum steht in Paderborn und feiert in dieser Woche seinen 20. Geburtstag mit einem Kolloquium über "Utopien und Planungen zur vernetzten Welt". Klar, dass im Heinz Nixdorf Museumsforum die Firma Nixdorf als "Pionier der digitalen Vernetzung" gewürdigt wird. Leider endete sie wie viele Pioniere, skalpiert und ausgeraubt. Ja, es gab mal eine Zeit, in der man von ISDN schwärmte und vor ISDN warnte, in der man den Grünen empfahl, wenn überhaupt, dann Nixdorf-Computer zu kaufen. Damals konnte man sich nicht vorstellen, dass @home das Internet der Dinge übergriffig wird und es vielleicht eines moralischen Betriebssystems bedarf beim Aufbau des nächsten Netzes, mit eingebautem Schutz vor den Dingen.

Nach der allerletzten Festlichkeit von 20 Jahre heise online steht noch ein ganz anderer Geburtstag ins Haus. Am 25. Oktober vor 20 Jahren startete Lara Croft in ihre Abenteuer. Der erste virtuelle Superstar mit umfangreicher Oberweite und Lebensgeschichte, der obendrein den Bechdel-Test bestand, wurde eine feministische Ikone, der man nicht ungefragt irgendwohin grapschen durfte. Gefeiert wird der Geburtstag mit einem Weltrekordversuch im Lara-Croft-Verkleiden. Was bleibt? Träumen von einer besseren Welt. Vielleicht. Will I dream? I don't know.

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Was war. Was wird. Von Algorithmen getrieben
« Antwort #649 am: 30 Oktober, 2016, 05:12 »
"Algorithmen gewinnen sozusagen eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung", klingt es aus Politikermund – und auch so, als hätten die Redenschreiber zu viel Tatorte gesehen, meint Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** In München versagte eine Schritt-für-Schritt-Anweisung für ein System, das einen Film abspielen sollte, ausgerechnet auf den Münchener Medientagen. Forderte Ministerpräsident Horst Seehofer die Medienmacher auf, diese Anweisung zu veröffentlichen, damit alle nachschauen können, wo das Problem ist? Nix da, die Einzigartigkeit des Freistaates Bayern in Sachen Technik ist dahin und so fällt der Satz: "Dass du, liebe Bundeskanzlerin, die Zeugenschaft dieses Versagens hast, ist eine große Sache." So kann die liebe Bundeskanzlerin ihre sorgsam geplante Grundsatzrede halten und liest sie Schritt für Schritt aus ihrem Manuskript vor. Später wird die Grundsatzrede veröffentlicht und enthält auch die Passagen zur Videopanne, die nicht in der Redeanweisung enthalten war, nun aber bestens zum Thema des Vortrages passt, der algorithmisch gesteuerten Filterblase: "Insofern war es eigentlich auch gut, dass der Film vorhin ausgefallen ist. Stellen Sie sich vor, einer hätte schon berichtet, welch toller Film hier gezeigt worden wäre, was dann aber nicht stattgefunden hat."

*** Hat aber stattgefunden, dass Kanzlerin Merkel den Internet-Konzernen an die Gurgel, pardon, an die Algorithmen will? Sie sprach von transparenten Algorithmen, etwa dem oben abgebildeten ursprünglichen Pagerank, mit dem der Aufstieg von Google zum Konzern begann. Sie sprach etwas wolkig davon, dass sich "die großen Plattformen mit ihren Algorithmen zunehmend zum Nadelöhr für die Vielfalt der Anbieter entwickeln", was die Vorstellung entstehen lässt, dass diese Algorithmen etwas schwach auf der Brust sind. Die promovierte Physikerin las schließlich jenen Teil vor, bei dem die Verfasser ihrer Rede sich kräftig vergriffen: "Algorithmen gewinnen sozusagen eine gesamtgesellschaftliche Bedeutung. Früher hat man sich mit so etwas in Mathematik- und Physikstudien herumgeschlagen. Heute macht der Algorithmus die künstliche Intelligenz aus." Es klingt, als hätten die Redenschreiber zu viel Tatorte gesehen.

*** Jede Handlungsanweisung kann als Algorithmus definiert werden und die wenigstens davon sind Teilgebiete der Mathematik oder der Physik. Zugegeben, in den wichtigsten Algorithmen unserer Zeit, wie sie der Informatiker John MacCormick in seiner Rangfolge aufstellte, steckt eine Menge Mathematik. Auf Platz 1 setzte er die Public Key Verschlüsselungsverfahren, auf Platz 2 die Fehlerkorrekturverfahren, auf Platz 3 die Verfahren zur Mustererkennung und auf Platz 4 die Kompressionsverfahren – wie man sieht, hatte auch die Physik ihren Anteil an den Algorithmen, die allesamt keinem einzigen Konzern gehören. Erst mit dem 5. Platz mit Googles Pagerank kommt ein proprietärer Algorithmus ins Spiel.

*** Was die Transparenz der Algorithmen anbelangt, so wissen wir nichts über den neuen einflussmaximierenden Veröffentlichungs-Algorithmus, den Wikileaks unter dem Namen stochastischer Terminator entwickelt hat. Diese Handlungsanweisung soll die Veröffentlichung der "Podesta-Mails" steuern, die häppchenweise Tag für Tag weiter geht, obwohl Wikileaks-Chef Julian Assange derzeit nur unzureichenden Zugang zum Internet hat. Ebenso wenig ist bekannt, wie das Update des Terminators den Strom der geschwätzigen Mails verbesserte, die sich die Mitarbeiter im demokratischen Hauptquartier zuschickten. Das Foto vom badenden Bernie Sanders, die heftigen Angriffe von Chelsea Clinton oder die alberne Aufschneiderei eines Beraters über die Clinton AG hatten längst nicht den Sensationscharakter, den Wikileaks diesen Mails zubilligt. Das gilt eher für die FBI-Ermittlungen, die bei der Untersuchung des Sexting eines schwanzgesteuerten Politikers auf weitere E-Mails aus dem Clinton-Lager gestoßen sind. Jeder Drehbuchautor würde für diese schmierige Wende als vollkommen untauglicher Phantast gelten, doch passt es zu der US-Politik, die unter dem Druck von Trump zu einer Reality Show geworden ist, mit ganz eigenen Algorithmen.

*** Als deutscher Treppenwitz muss die Nachricht gewertet werden, dass Digitalkommissar Oettinger das Haushaltsbudget der EU überwachen und zusammenhalten soll. Auf diese Weise bekommt Europa einen EU-Vizepräsidenten, der sich nicht zu schade ist, von der Pflichthomoehe zu faseln und Chinesen zu verhöhnen, deren Haare mit Schuhcreme gekämmt würden. Auch wenn dies "im privaten Kreis" von 200 Zuhörern gesagt wurde, so müssen solche "Späßchen" verstören. Sie gehören zu einem vergifteten Diskussionsklima, in dem die lesbische Preisträgerin des Friedenspreises als Moralsuse abgekanzelt werden kann, wenn sie von der Universalität der Menschenrechte spricht. Das Ganze kommt nicht vom rechten Rand der AfD und der Pegida-Wirrköpfe, sondern aus der Mitte des deutschen Kulturbetriebes. Selbstgefälliger Pathos, wenn es um Menschenrechte geht, auch um die Rechte der LBGT-Szene. Wer so die Menschenrechte abkanzelt, hat auch kein Verständnis für die anhaltende Kritik an jenem BND-Gesetz, das den "Kernbereichsschutz" der Menschenwürde aufgibt, nur damit ein Nachrichtendienst eine gesetzliche Grundlage für seine Abhörpraxis bekommt.

*** Hu! Wenn diese Wochenschau im Internet auftaucht, wurde auf Island gewählt, mit den Piraten um Birgitta Jónsdottír auf dem zweiten Platz in der Wählergunst. Der lustige Wahlslogan, dass die Installation der direkten Demokratie so schwierig ist wie die Installation eines Computerprogrammes auf einem alten klapprigen Mac, wird wohl nicht den Ausschlag gegeben haben. Inmitten all der Porträts dieser Frau und all der Überlegungen, wie die Panama Papers das Ausmaß der Korruption aufdeckten, sollte die isländische Medien-Initiative nicht vergessen werden, der Jónsdottír ebenso vorsteht wie der isländischen Piratenpartei. An dieser Initiative für die Freiheit der Rede und dem Schutz der Whistleblower arbeitete einstmals auch Wikileaks mit, ehe es zum Bruch mit Jónsdottír kam. Vor sechs Jahren verabschiedet, ist das Projekt noch längst nicht abgeschlossen, weil das isländische Parlament die Durchführungsbestimmungen noch nicht beschlossen hat. So steht der modernste Whistleblowerschutz nur auf dem Papier und gerät bei all der piratigen Diskussion um das bedingungslose Grundeinkommen in Vergessenheit.

Was wird.

November ist die Zeit der Gipfelstürmer mit diesem IT-Gipfel, in dem sich die Bundesregierung und die deutsche Wirtschaft "permanent auf Neuland begeben", wie dies Angela Merkel in ihrer Rede in München skizzierte. In dieser Woche wurde die Neuausrichtung des deutschen IT-Gipfels mit neun Plattformen und auf ihr tagenden 34 "Fokusgruppen" beschlossen, die ihrerseits wieder in schicke Projektgruppen wie der Aufbruch in die Gigabit-Gesellschaft unterteilt sind. Erstmals als Fokusgruppe dabei ist der "Datenschutz", der Innenminister Thomas de Maizière vorstehen wird. Das könnte spannend werden, hat sich dieser Tage doch die oberste deutsche Datenschützerin gegen den vom Innenministerium geplanten Ausbau der Videoüberwachung ausgesprochen. Wenn die IT-Gipfler in Saarbrücken zusammenkommen, um über Lernen und Handeln in der digitalen Welt nachzudenken, ist Google mit seinem CEO Sundar Pinchai mit dabei. Er könnte der Hauptrednerin Angela Merkel erklären, was es mit diesen Algorithmen auf sich hat. Und Merkel? Sie könnte vielleicht diese "Smartphonekenntnisse" ausführlicher beschreiben, dank denen Deutschland mehr ist als eine verlängerte Werkbank derer, die ohne lästigen Datenschutz "aus großen Datenmengen neue Produkte machen". Besonders diese Formulierung macht ja neugierig: "Die Unternehmen können sich sozusagen diese Smartphonekenntnisse zu eigen machen, um ihre Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer an die entsprechenden Maschinen und technischen Einrichtungen der Unternehmen zu binden." Pflugscharen zu Touchscreens!

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Was war. Was wird. – Von Ordnungen und scheinbar billigen Lösungen
« Antwort #650 am: 06 November, 2016, 05:08 »
Die Welt könnte beschaulich sein, aber dafür herrscht wohl zu viel Chaos. Zudem breiten sich die roten und schwarzen Flecken aus. Eine Wahl steht an, die Cyberwaffen sind gezückt, während wir uns nackt im Internet vergnügen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Nein, es ist nicht besonders spaßig, wenn vor dem Urlauber-Hotel ein Journalist hingerichtet wird. Wenn die Türkei mit Präsident Recep Tayyip Erdogan nun auf der Liste der Feinde der Pressefreiheit steht und die regierungskritische Zeitung Cumhuriyet angegangen wird. Eine islamofaschistische Diktatur droht, die sozialen Medien sind abgeschaltet. So bleibt von hier aus nur die Forderung: Freiheit für den Papagei und seine Journalisten!

*** Nun ist sie da. Die Ordnung. In Bayern entfaltet sich das neue Grundsatzprogramm der CSO [sic!] mit einem leicht verklärt gezeichneten Blick auf Oberstorf. Wo sich das Riesenrad gleich neben der Biomassen-Anlage dreht und ein Hubschrauber "stark und verläßlich" hinunter ins Alpenvorland hubschrappt. Himmelblau ist's über der Ordnung, da bei den Bergen, wo keine Autobahn und keine von Ausländern verstopfte Landstraße den freien Blick stört. Schlimm wäre es doch, wenn sich das absolute Chaos ins Bild schieben würde, welches der ordentliche Herr Dobrindt mit seiner PKW-Maut angerichtet hat, die uns den größten automatischen Abgleich von KFZ- Kennzeichen beschert, auf Fahndungsvorrat natürlich und wahlwirksam mit einer ökologischen Komponente. So eine Ordnung muss inklusive ordentlicher ausländischer Maut-Abgabe schließlich laufend überwacht werden, ob sich da nicht ein Zipfelchen Unordnung breit macht. Das wusste schon Georg Büchner, der den Staat in seiner Zeit gar nicht in Ordnung fand: "In Ordnung leben heißt hungern und geschunden werden. Wer sind denn die, welche diese Ordnung gemacht haben, und die wachen, diese Ordnung zu erhalten?"

*** Aber halt, es gibt nicht nur "Die Ordnung", die historisch bis auf die Reformation zurückgeführt werden kann. Die Ordnung muss in jedem bayerischen Haus gelebt werden, deshalb gibt es die Bayerische Hausordnung mit vier einfachen Punkten, angefangen bei der Pflicht, Bayerisch zu lernen. Wer dann in diese wunderbaren bayerischen Häuser einbricht, wird geschnappt, da braucht es keine Aachender Erklärung wie in Nordrhein-Westfalen. Was in dieser himmelblauen bayerischen Welt noch fehlt, ist die christliche Leitkultur, aber die hatten wir ein paar Wochenschauen früher in ihrem ganzen Elend ausgebreitet.

*** Ganz abseits aller weißblauen deutschen Ordnungsvorstellungen sind in dieser Woche Details von Spitzenpolitikern bekannt geworden, nachdem recherchierende Journalisten einmal die Big-Data-Jauche analysierten, die ihnen als kostenlose Probe zugetragen wurde. Plötzlich nackt im Netz, angeblich wegen dem Browser-AddOn Web of Trust, das hat was. Lassen wir einfach die Spitzfindigkeit beiseite, dass dieses AddOn kaum zur Standard-Umrüstung von Browsern gehören dürfte, bleibt Platz genug für das Erstaunen, dass es immer noch Menschen gibt, die Metadaten unbedenklich finden und allgemeine Geschäftsbedingungen anklicken, in denen aufrichtig erklärt wird, dass Metadaten kommerziell genutzt werden. Noch gilt die gute alte Internet-Faustformel, wenn etwas kostenlos ist, dann zahlt man nur anders. Umsonst ist nicht einmal der Tod und selbst ein häßliches buntes Brillengestell kostet ein paar Cents.

*** Möglichst für umme, möglichst kostengünstig sollte es sein, das dachten sich die Clintons, als sie dem Techniker Justin Cooper den Auftrag gaben, nach dem Ende der Präsidentschaft von Bill Clinton einen alten, übrig gebliebenen Apple-Rechner als privaten Mail-Server in ihrem Haus in Chappaqua zu installieren. Dieser Server wurde von Hillary Clinton weiter benutzt, als sie Außenministerin unter Präsident Obama wurde. Dabei wurden 62.320 E-Mails für Hillary Clinton über diesen Server geschickt, von denen 110 geheimhaltungsbedürftig waren oder geheimzuhaltende Passagen enthielten. Nachträglich wurden weitere 1983 aus diesem Fundus als geheim klassifiziert. Wer diese Zahlen von Clintons Mailserver-Skandal mit den 650.000 Mails vergleicht, für die das FBI in dieser Woche einen Durchsuchungsbeschluss bekommen hat, wird eine gewisse Diskrepanz feststellen. Sollte dieses Detail rund um den Sexting-Skandal eines ehemaligen Kongressabgeordneten die US-Wahl zugunsten von Trump entscheiden, hat sich dessen Spende für die FBI Agents Association bezahlt gemacht. Die Untersuchung, ob das FBI gegen den Hatch Act verstoßen hat, ist da noch das kleinste Übel.

Was wird.

Die Wahl zwischen Hillary Clinton und Donald Trump wird in der anstehenden Woche auch den Ticker in der norddeutschen Tiefebene beschäftigen, nicht nur die Schar der Nobelpreisträger, die vor Trump warnen, als ob der leibhaftige Brexit vor der Tür steht. Auf allen auf allen Seiten wird mit soviel Cyberkampf gedroht, das die Cyberwände wackeln. Die gerne "den Russen" zugeschriebene Gruppe Guccifer 2.0 hat per Blog angekündigt, sich die Wahlen vom "Inneren des Systems" anzuschauen. Nach neuesten Berichten hat sich der Gegentrupp von Cyberkriegern angeblich schon auf Kreml-Servern in Bereitschaft eingenistet. Auch die Volkswehren rechtsradikaler Militia-Gruppen in Amerika sollen sich hübsch maskiert im Cyberraum eingerichtet haben.

Natürlich ist auch der Kreml auf Hackerangriffe vorbereitet. Wie leichtfertig da mit dem Begriff "Hacker" gezündelt wird, ist einfach nur noch gruselig. Vorbei die Zeiten, als "Hacker" für technisch Interessierte stand, die sich Skripte basteln, um möglichst schnell an Congress-Tickets zu kommen. Aber bitteschön, wir können auch zündeln, wenn selbst eine deutsche Politikerin vom Schlachtfeld im Cyberraum reden darf. Wenn selbst die ihr unterstellte Armee von Hackern der Reserve (PDF-Datei) spricht und Freiwillige meint, die als "Ethical Hacker" gemeinsame Cyber-Übungen zusammen mit den Soldaten der "Cyber-Wirkkomponente" simulieren sollen – bis es knallt, ganz real im Dingsdanetz.

Am 8. November ist nicht nur US-Wahltag. Der 100. Geburtstag von Peter Weiss ist da und wird mit einer 50 Stunden langen Staffetenlesung der Ästhetik des Widerstandes begangen. Immerhin gibt es eine Kurzfassung, die durchaus aktuelle Bezüge aufweist:

"Auch wenn es schien, als würde die künstlerische Revolution an einer anderen Front als der politischen ausgetragen und setze sich nicht für gesellschaftliche Verändrungen ein, so war sie, indem sie sich gegen die verbrauchten Konventionen wandte und Normen zertrümmern wollte, die ihre Zwangsmuster seit langem enthüllt hatten, unserer Revolution doch verwandt. Mit ihrem Kampf um die Befreiung der Formen, der Bewegungen, um die Erneurung der Sprache, des Sehens, musste sie Einfluss ausüben auf unsere Sinne, unsere Suche nach einem verwandelten Dasein. Die Kunst habe keine Macht über de Realität, sagten die Politiker. Und mit der Realität meinten sie einzig und allein die Realität der Außenwelt. Sie sahen nicht, wie fadenscheinig diese Realität geworden war."

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Was war. Was wird. Von der besten aller Welten.
« Antwort #651 am: 13 November, 2016, 10:06 »
Wenn am 300. Todestag in memoriam Leibniz die Glocken läuten, mögen Einige das angesichts seltsamer Nachrichten als Warnung vor dem Ende der Welt interpretieren. Die beste aller Welten hat aber noch einiges zu bieten, ist sich Hal Faber sicher.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Something told me it was over nach dieser Woche, in der noch nicht abzusehen ist, was vom ersten schwarzen Präsidenten der USA bleibt. Das weiße Amerika hat nach einer denkwürdigen Nacht gesiegt, für das schwarze gilt jenseits des Ozeans none of us are free. Das weiße Amerika bedankt sich bei Julian Assange für seine heldenhafte Arbeit, etwa der Klu-Klux-Clan-Führer David Duke oder das "rechte blonde Gift", die Moderatorin Ann Coulter. Auch die Taktik des FBI-Chefs James Comey, mit 650.000 bedenklichen Mails den Wahlkampf aufzufrischen, wird als wichtiger republikanischer Schachzug gelobt. Ob hinter all dem Russland wirklich ein paar Stellschrauben bei Wikileaks drehte und dem Trüpplein um Assange etwas unter die Arme griff, wird sicher noch geklärt werden. Angesichts der demnächst anstehenden Bundestagswahl hat es die Angst vor solcher Einflussnahme bereits in die Cyber-Sicherheitsstrategie unserer aktuellen Regierung geschafft.

*** Leute, die dieses Internet hassen, können natürlich auch Trumps Sieg erklären und sehen eine "eine Art putinesken Mafiastaat" kommen, in dem das Tagesgeschäft dem Vizepräsidenten überlassen wird und für Big Daddy jede Pussy zu haben ist. Neben dieser überaus zynischen Sicht kommt eine Einschätzung wie die von Edward Snowden geradezu staatstragend daher. Ja, es ist nicht das Ende der Geschichte, sondern der Anfang von etwas Neuem. Gibt es beispielsweise ein Widerstandsrecht im Vorgriff zu Trumps zahllosen Drohungen gegen die Immigranten, in der IT die Hebel umzulegen und Datenbanken zu löschen, in denen Illegale verzeichnet sind?

*** Immerhin gibt es erste Hinweise, wie es weitergehen kann, wenn Trump nicht als Spottfigur oder Aushängeschild enden oder als Meteor verglühen soll. Im neuen Team taucht der homosexuelle Internet-Starinvestor Peter Thiel auf, ein Mann, der sich bekanntlich sehr disruptiv gibt und das korrupte politische System wissenschaftlich reformieren will. Der Milliardär Thiel passt zum Milliardär Trump, der als disruptives Startup die Republikaner aufgemischt hat. Die von ihm mitgegründete Palantir Technologies gehört zu den wichtigsten Software-Herstellern für die Überwachung des bedrohlichen Auslandes durch US-amerikanische Dienste. Ob jetzt der Moment da ist, an dem die NSA von einem wie Trump missbraucht werden kann, wie es Whistlebower Thomas Drake glaubt? Gegen die These vom schlüsselfertigen Überwachungssystem NSA (Katharina Nocun) steht die Erkenntnis, dass die USA noch Checks and Balances haben, um sich Privataufträgen eines Präsidenten zu entziehen, an dessen Privatuniversität Geschäftsleute mit Waterboarding fit für's Geschäft gemacht wurden.

*** Bald darf Barack Obama sein abgesichertes Blackberry aus der Hand legen und dem digitalen Archiv übergeben, während Trump, der Samsung bevorzugt, vielleicht mit der SIMKo3-Lösung oder einem speziellen Präsidenten-Knox seinen Dienst antritt. Vielleicht werden die IP-Telefone in seinem Büro ausgetauscht und durch "vergoldete" Sicherheitstechnik ersetzt, wie sie daheim seinen langen Schreibtisch ziert. Sail on, sail on, o mighty ship of state, sang dereinst Leonard Cohen in "Democracy is coming to the USA" unter dem Eindruck des Tianmen-Massakers. Nun ist er davongesegelt und hinterlässt uns die Erkenntnis: Das Kaputte ist ein Anfang.

Was wird.

Morgen ist der Höhepunkt des Leibniz-Jahres und wir denken an den Denker des Dualsystems und den Erbauer einer Rechenmaschine, die multiplizieren konnte. An seinem 300. Todestag werden zu seiner Todesstunde um 10 Uhr abends in Hannover die Glocken läuten und mehr als jeder zweite Hannoveraner wird andächtig einen dieser Kekse mit 52 Zacken verzehren, ehe er seine sonstigen Antidepressiva online ordert, die für ein melancholisches Leben am Rande der norddeutschen Tiefebene gebraucht werden. Doch selbst in der besten aller Welten kamen die Wissenschaftler nicht umhin, zur US-Wahl ihren an Leibniz geschärften Verstand zu präsentieren, nach der Wahl natürlich. Da wird zum Beispiel der von Trump versprochene Kampf gegen den Daesh analysiert. Die beste Welt ist es gerade nicht: "Ein wesentliches Element des weltweiten Kampfes gegen den Terror stellt die unter George W. Bush begonnene und unter Barack Obama deutlich ausgeweitete Praxis gezielter Tötungen mit Kampfdrohnen dar. Diese wird wahrscheinlich unter Trump weitergeführt."

Doch halt, wir wollen ja unseren Leibniz feiern, und in der besten aller Welten geht das entweder über die Variationsrechnung, bei der sich die Mathematiker damals der besten Welt annäherten, indem sie ganze Kurvenverläufe berechneten oder hemdsärmeliger über Voltaire. Mit dem scharfen Blick des Aufklärers ließ er seinen trefflichen Magister Panglos Magister Panglos auftreten:
"Panglos lehrte die Metaphysiko-theologo-kosmolo-nigologie; bewies mit der stärksten philosophischen Suade, daß ohne Ursach keine Wirkung sein könne, und daß in dieser besten aller möglichen Welten das Schloß des gnädgen Herrn Barons das schönste aller Schlösser sei und die gnädge Frau die beste aller möglichen Baroninnen. Es ist bereits klärlich dargetan, hub er zu demonstieren an, daß die Dinge nicht anders sein können, als sie sind; denn alldieweil alles, was da ist, zu einem Endzweck geschaffen worden, so zielt notwendig alles zu dem besten Endzweck ab. Gebt nur acht, und Ihr werdet diese Grundwahrheit durchgängig bestätigt finden. Betrachtet zum Beispiel Eure Nasen. Sie wurden gemacht, um Brillen zu tragen, und man trägt auch welche."

Hurra, diese Erde ist trotz Trump ein hübsches Plätzchen, nicht nur in Marrakesch. Mit industriefreundlichem Gruß! in die Woche, wenn es wieder andere Themen gibt und die Erde sich gedreht hat. Bis es soweit ist, gucken wir alle nochmal The Deer Hunter und verstehen die US-Provinz des Flyover Country, das wir bislang geflissentlich ignoriert haben. Aber vielleicht führt uns ja auch Patrick Bateman in die nahe Zukunft Amerikas.

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4W: Von unplatzbaren Filterblasen und dahinschmelzenden Datentöpfen.
« Antwort #652 am: 20 November, 2016, 06:22 »
In God We Trust? Als gäbe es Filterblasen erst seit dem Internet, mokiert sich Hal Faber, der auch gerne einen Weg ins Paradies fände, aber doch immer noch in der besten aller Welten bleibt. In der manchmal auch die geehrt werden, die es verdienen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Da schau einer an: Die kleine Wochenschau vom Rande der norddeutschen Tiefebene hat eine wunderbare Ergänzung bekommen. #replay: heißt sie und ist ein digestiver Rückblick, der sich wie die Jahresendstatistik vor allem an den harten Zugriffszahlen orientiert. Hier geht es weiterhin subjektiv und kommentierend zu, was nicht jedersous Sache ist, auch weil das WWWW von WWWW zu WWWW als fortschreibender Kommentar begriffen werden kann.

*** Der eine kam, der andere wird nicht kommen. US-Präsident Obama besuchte Berlin auf seiner Abschiedstournee und gab höchst elegant die lahme Ente mit einem Satz, den das Bundespresseamt kurzerhand als Wahlempfehlung für Bundeskanzlerin Angela Merkel interpretierte. Nahezu zeitgleich sagte ein anderer US-Amerikaner ab, der mindestens ebenso berühmt ist: Bob Dylan kommt nicht nach Stockholm und erklärt uns Europäern nicht, was da in seinem Land mit der Wahl von Donald Trump passiert, in dem er seit 40 Jahren Tournee um Tournee bestreitet. "Vielleicht hebt er sich das nun alles für neue Songs auf," sinniert die tageszeitung. Vielleicht kommt er ja sowieso vorbei, heißt es in Schweden.

*** Da haben wir den Schlamassel: Wie können wir bloß im "postfaktischen Zeitalter" (so Angela Merkel nach der Berlin-Wahl) ohne Dylan und Obama überleben, mit "Informationen", die der neue Chefstratege Steve Bannon dem Hollywood Reporter gibt: "Dick Cheney, Darth Vader, Satan. Das ist Macht. Es hilft uns nur, wenn sie es nicht kapieren, wenn sie nicht verstehen, wer wir sind und was wir tun." Und das über die nächsten 50 Jahre in Dauerherrschaft. Um es mit Mark Zuckerberg kontextverdrehend zu sagen: "we take misinformation seriously".

*** Viel ist über Facebooks Rolle bei der Wahl geschrieben worden, noch mehr über diese Filterblasen, in der besonders diese Internet-Leute stecken sollen, die nicht mehr an Fakten und "der Wahrheit" (tm) interessiert sind. Die die Google-Suchergebnisse für unfehlbar halten und keine Aufzeichnungen von Launen. Dass Filterblasen auch ganz ohne Internet beim christlichen, ländlichen, rassistischen Amerika existieren, wo sich niemand großartig für Weltpolitik da draußen interessiert und lieber einem Gott vertraut, der Weiße ins Paradies geleitet, wird gerne ignoriert. Die gut ausgebildeten Eliten an den Küsten mögen über sie hinweg fliegen und von Globalisierungsfolgen und -Zwängen sprechen, es interessiert sie nicht da unten, so wie es sie nach dem Highschool-Abschluss nicht interessierte, auf ein College zu gehen. Was bekommen sie auch zu hören, diese rund 35 Millionen Männer und Frauen, denen wiederum die Internet-Leute auf ihrer tollen Ted-Welterklärungsplattform kurzerhand den Diskurs aufkündigen, während sie die Frage stellen, wie Amerika geheilt werden kann: "In der Moralpsychologie kommt die Intuition immer vor dem logischen Denken. Deswegen kann man politische Streitigkeiten nicht mit Vernunft und Fakten gewinnen. So funktioniert das nicht." So einfach ist das. Lassen wir das mit den Argumenten, wenn Blue Collar bedeutet, dass Leute nicht nur Arbeitsplätze verlieren, sondern auch ihr Selbstwertgefühl.

*** Wege ins Paradies? Ach, gerne, aber ich bleibe dann doch immer noch und erneut in der besten aller Welten, man kann es nicht oft genug betonen, die krampfhaftze Suche nach dem allein selig machenden Paradies führt nicht nur in religiös fanatisierten Pseudo-Staaten immer wiedr ins Verderben. Immerhin, es gab eine Zeit, in der das ländliche, das verarmte Amerika eine Ressource war, aus der die Vereinigten Staaten schöpfen konnten. Zum Tod von Jay Forrester mag man sich erinnern, dass Bauernsöhne mit technischen Basteleien Auswege aus der Armut suchten, dass Ken Olsen dann DEC gründete oder William Hewlett eben Hewlett-Packard. Es gibt das schöne Bild von Forresters Pferd Roany mit der von ihm gebauten Windkraftanlage im Hintergrund, mit der seine wissenschaftliche Karriere begann. Man mag sich auch an Forresters Mitarbeiterin beim SAGE-Projekt erinnern, der aus der Provinz kommenen Margaret Hamilton, die für ihre Apollo 11-Software nun vom scheidenden Präsidenten Obama mit der Medal of Freedom geehrt wird. Mit Bill und Melinda Gates sowie der posthum geehrten Grace Hopper sind übrigens noch zwei andere IT-Generationen bei diesem ganz speziellen Abschiedsgruß von Obama dabei.

*** Während Donald Trump nach und nach sein Kampfteam zusammenstellt, geht es bei uns sehr beschaulich weiter. Sie nennen es Einschläferung am lebendigen Volkskörper. Mit Weiter-So-Kanzlerkandidatin Merkel, Weiter-So-Bundespräsident Steinmeier und einem Weiter-Nichts-Schulz, der OettingAir nicht problematisch findet, da es "keine Alternative" zum Flug mit dem russischen Honorarkonsul gab. Doch halt, man lausche auf die Worte der Veränderung: Nach der technologischen Souveränität Deutschlands, die im Regierungsvertrag der großen Koalition als Forderung festgelegt wurde, und nachdem selbst bei den Chaos Computlern das für und wider der technologischen Souveränität abgewogen wird, bekommen wir Bürger nun die Datensouveränität. Doch was ist das eigentlich? Datensparsamkeit jedenfalls nicht, die ist altmodisch und knarzerig, wie die Uralt-Formel von der "informationellen Selbstbestimmung". Datenschutz so wichtig wie Umweltschutz? Aber Herr Bundespräsident, wo kommen wir dahin? Frau Merkel weiß es besser, sie verkündete das neue Mantra auf dem "IT-Gipfel" von Industrie und Politik:
"Wir haben jetzt auch die entsprechende rechtliche Grundlage, um das Thema Datenschutz, ich habe gehört wir nennen das in Zukunft Datensouveränität, zu bearbeiten. Die Datenschutzgrundverordnung ist eine Verordnung, aber der Minister de Maizière weist immer wieder darauf hin, dass es eine Vielzahl unbestimmter Rechtsbegriffe gibt, bei denen wir jetzt aufpassen müssen, dass wir es nicht wieder so restriktiv machen, dass das Big-Data-Management dann doch nicht möglich wird."
Im Zeitalter von Big Data werden mit dem angekündigten neuen Allgemeinen Bundesdatenschutzgesetz IT-Firmen (a.k.a. Big-Data-Management) Auftragsdienstleister der ach so souveränen Bürger, die sich künftig selbst bei der Auftragsdatenverarbeitung darum kümmern sollen, ob der Datenschutz eingehalten wird oder nicht.

Was wird.

Nahezu zeitgleich mit Merkel äußerte sich "Aufpasser" Thomas de Maizière bei einer Tagung des Bundeskriminalamtes zur Zukunft der Polizei-IT. Sie ist rosig, um nicht zu sagen richtig sonnig, wie der Sonnenstaat des Dr. Herold, an den Thomas de Maizière in seiner Rede erinnerte. Da finden wir den Komplementärbegriff zur Datensouveränität, den neuen "horizontalen Datenschutz" der Polizeibehörden, der ab 2019/20 die Arbeit der Polizei erleichtern soll.

"Wie könnte ein auf die Zukunft ausgerichteter horizontaler Datenschutz aussehen? Darüber können und müssen wir miteinander diskutieren. Aber ich denke, er bräuchte ein geordnetes Zugriffsmanagement, Vollprotokollierungen mit Analysefunktionen für die Datenschutzaufsicht und ein Datenmanagement, das sich an der Qualität der Eingriffe bei der Datenerhebung orientiert. Schutz der gesammelten Daten vor unberechtigtem Zugriff und nicht Schutz der getrennten Datentöpfe, das ist effektiver und moderner Datenschutz.

Was ein Datenmanagement ist, das sich an der Qualität der Eingriffe bei der Polizei ausrichtet, dürfte nun die Juristen beschäftigen: Die Datenschützer sind erstmal abgemeldet, sie bekommen vorgefertigte "Analysefunktionen" und gut ist's. Da werden also Daten angelegt, auf verschiedenen Stufen bearbeitet und weitergegeben, ohne dass die Zugriffsrechte an Rollenkonzepte gebunden sind.

Das Zugriffsrecht erstreckt sich auf alle gesammelten Daten, es gibt keine "Datentöpfe" mehr, auf die nur bestimmte Personen Zugriff haben. Der Datenschatz ist in der Horizontalen hübsch gebettet, und liegt dann, es deckt ihn da keiner zu, tralala. Und, liebes Bürgerlein, nun zeige keine Sonnenstaatsverdrossenheit. Das ist sooo 80er und Sebastian Cobler ist auch vermodert.

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« Antwort #653 am: 27 November, 2016, 06:37 »
Das Urteil der Geschichte? Das fällt hart aus. So wird mancher von der einen Seite bejubelt, von der anderen verdammt, jeder lebt in seiner eigenen Filterblase. Dass es oft das Zwischendrin ist, macht für Hal Faber den Reiz der Geschichte aus.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Socialismo o muerte! Wie wurde noch im Sommer der Geburtstag von Fidel Castro zünftig gefeiert! Der Mann, der zum Start der Präsidentschaft von Barack Obama noch befürchtete, das Ende von Obama nicht mehr zur erleben, hat auch das noch geschafft. Erspart bleibt ihm, einen Präsidenten Donald Trump zu erleben, der mit dem Bau von Casinos reich geworden ist, eben solchen Geldwaschanlagen der Mafia, die Castro von seiner Insel verbannte. So musste die Mafia nach Las Vegas umziehen und das viele Geld verdienen, mit dem schlussendlich dank Sheldon Adelson der Wahlkampf von Donald Trump finanziert werden konnte. So hängt das eine mit dem anderen zusammen im real existierenden Kapitalismus und auch die IT ist mittenmang, schließlich kaufte Adelson die West Coast Faire und machte mit der Comdex fette Gewinne.

*** Die Revolution ist nicht auf Rosen gebettet, und wenn, dann bleiben am Ende die Dornen über. Fidel Castro war kein Guter, weder 1959 noch in späteren Jahren. Homosexuelle hatten unter ihm nichts zu lachen und kamen in Umorientierungslager, mindestens 5000 Oppositionelle kamen ins Gefängnis. Kubas Sozialismus mit Volksbildung und Volksmedizin überlebte im Kalten Krieg das US-Embargo dank der Sowjetunion und später dank lateinamerikanischer Solidarität. Aber Castro war einer, der die Widersprüche analysieren konnte und selbst klarsichtig das Ende des kubanischen Modells kommen sah, auch wenn diese Aussage später dementiert wurde. Angeblich war es ein ironischer Spruch gewesen, der falsch ankam, weil Journalisten nun einmal keine Ironie verstehen. Sei's drum, die Analyse der Lage in Kuba stimmte. Was lernen wir also aus der Geschichte, außer dass sie niemanden freisprechen kann? Das Urteil der Geschichte steht immer aus.

*** Wie wäre es mit dieser Analyse, von einem linken Philosophen im Jahre 1998 über die Vereinigten Staaten von Amerika geschrieben. Was passiert, wenn die ungelernten Arbeitskräfte lernen, dass der Staat nicht daran interessiert ist, ihnen Sicherheit zu geben. Wenn der Staat Unternehmen nicht daran hindert, Arbeitsplätze in Billiglohnländer zu verlagern, wenn klar wird, dass Büroangestellte nicht daran interessiert sind, die soziale Unterstützung von anderen zu übernehmen? "An diesem Punkt wird etwas zerbrechen. Die nichtstädtischen Wähler werden für sich entscheiden, dass das System versagt hat und sich nach einem starken Mann umschauen, den man wählen kann – jemanden, der ihnen versichert, dass er, sobald er gewählt ist, den selbstgefälligen Bürokraten, tricksenden Anwälten, überbezahlten Versicherungsverkäufern und postmodernistischen Professoren zeigt, dass sie nicht länger das Sagen haben." Unter dem idiotischen deutschen Titel "Stolz auf unser Land" hat Richard Rorty Donald Trump vorab beschrieben, als er die amerikanischen Errungenschaften kritisch bewertete. Nun kommt er, der Präsident, bei dem die Vorstellung absurd ist, dass er eine Stunde lang über ein Problem nachdenken kann.

*** Seit Montagvormittag hat die deutsche Politik ein großes Problem. Das Problem hat einen Namen, kann nachdenken und Nachdenkliches zusammenhängend äußern, selbst auf Twitter: Edward Snowden darf von Vertretern der Opposition im NSA-Untersuchungsausschuss vorgeladen werden, der dieser Tage mit der Sensibiltätsfehlerkultur im Bundesnachrichtendienst beschäftigte. Komischer Name, aber es kommt noch besser, denn Snowden soll mit "niederigstschwelligen Angeboten" geködert worden sein, als Sachverständiger und nicht nur als Zeuge auszusagen, aus der Ferne. Aber bitte nicht in Deutschland vor Ort in Berlin, im hübschen Rondell des Untersuchungsausschusses, wie das Snowden über seinen Anwalt einfordert. Man spürt förmlich das Muffensausen einer anderen Rundung, wenn es heißt: "Allein die Tatsache, dass wir in Deutschland einen Untersuchungsausschuss haben, wird ja von der US-amerikanischen Seite schon als Affront gesehen. Die Tatsache, dass dieser Untersuchungsausschuss einstimmig Edward Snowden als Zeugen beschlossen hat, wird als Affront gesehen." Das ist schon ein anschwellender Keinbockgesang, die ach so wichtigen Beziehungen zur USA nicht zu verscherzen. Dort beginnen gerade die Vorarbeiten, Snowden zu "normalisieren".

*** Wer der Argumentation von Erich Möchel folgt, dass alles Gerede vom Cyberwar nur eine Spielart der modernen Diplomatie mit anderen Mitteln ist, kann die Bedeutung einer Einladung von Snowden, nach Deutschland zu kommen, als Souveränitätserklärung verstehen. Das wäre ein starkes Signal für Europa mit einem Deutschland, dessen künftiger Kanzler einem Edward Snowden politisches Asyl gewährt und ihn vor den US-Diensten schützt. Die Big Government schlicht damit übersetzen, dass jeder Bürger verdächtig ist. So etwas übersteigt natürlich den Horizont des ehemaligen BND-Chefs Gerhard Schindler, der Snowden für einen Straftäter hält. Ganz nebenbei erfahren wir im Interview, dass Schindler für Friedrich 30 arbeitet, einem Spezialisten für "Lobying, Security und Business Development". Sie nennen es Arbeit und geben ein hübsches Beispiel: "Ein Mandant aus der Sicherheitswirtschaft bietet Produkte und Lösungen zum physischen Schutz kritischer Infrastruktur. Für dieses Thema und die Leistung soll die Aufmerksamkeit erhöht werden, damit es zu noch größeren Investitionen in diesem Bereich kommt. friedrich30 formuliert die Strategie, identifiziert die Bedarfsträger und begleitet den gesamten Beschaffungs-/Vertriebsprozess."

Was wird.

Gleich am Montag ist Schindlers Nachfolger Bruno Kahl schwer beschäftigt. Der BND ist am 1. April 60 Jahre alt geworden, hat dieses Datum selbst aber noch nicht gebührend gewürdigt. Das wird nun nachgeholt, mit Sekt und leckeren Selektoren in einem Umspannwerk, also in einem ehemaligen Bau dieser kritischen Infrastrukturen. Mit von der Partie ist Kanzlerkandidatin Angela Merkel, die eine Rede halten wird. Vielleicht zum Thema "Spionieren unter Freunden, das geht gut" oder zum wunderbaren neuen BND-Gesetz unter dem Titel "Mit dem Datenstaubsauger für einen sauberen Cyberraum". Vielleicht erzählt Merkel auch die ach so lustige Biermann-Anekdote, dass die Stasi beim Hören der ersten Klänge der Stasi-Ballade nichts mit der Zeile "die Stasi ist mein Eckermann" anfangen konnte und sie als "die Stasi ist mein Henkersmann" transkribierte. Darüber hatte Merkel auf der Geburtstagsfeier des Barden ausgiebig gelacht. Wie gut, dass heute besseres Equipment zur Verfügung steht beim Abschnorcheln von "Auslandskontakten".

Der November geht, der Dezember kommt und mit ihm ein Hacker-Inferno in der Hansestadt Hamburg unter dem schönen Motto Works for me. In freier Wildbahn habe ich diese Definition zwar noch nie von einem Software-Entwickler gehört, aber Journalisten und Entwickler, das würde Bände füllen. Sind überhaupt Entwickler im Fokus eines Kongresses, "der für mich arbeitet" oder "das hat für mich funktioniert"? Wer das Inferno des Ticketverkaufs erfolgreich überstanden hat, wird eifrig im Halfnarp des 33C3 disponieren, der Rest wartet in Ruhe auf den endgültigen Fahrplan und sucht sich interessante, zukunftsweisende Streams heraus wie das Hacken des Fintech-Unternehmens N26.

Schaut man in das Heiseforum zur Meldung, überwiegt die leise Skepsis über die eingeschlagene Richtung, die meiner Ansicht nach nicht von Arroganz geprägt ist, sondern von der Erfahrung vergangener Kongress-Besuche. Dagegen wehrte sich Althacker erdgeist vehement und verteidigte die All-Inklusiv-Strategie des CCC gegen Forderungen nach einem "Altnerd-Brexit". Rätselhaft nur, was die Arroganz und vermutete Pöbelei anbelangt. Die eingeschlagene "breite" Strategie könnte eines Tages dazu führen, dass der Club in Hannover auf dem Messegelände etwas veranstalten kann, was größer als die CeBIT ist, mit eigener creepercardfreier LGBT-Halle. Works for them.

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« Antwort #654 am: 04 Dezember, 2016, 01:53 »
Ein neues Lied? Gut und schön. Aber ach, es wäre nicht das erste Mal: So mancher, der neue Lieder anstimmt, verfällt dann doch wieder in alte Ressentiments, befürchtet Hal Faber. Oder macht ganz einfache Denkfehler.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ein neues Lied, ein bess’res Lied
Oh Freunde will ich euch dichten!
Wir wollen hier auf Erden schon
Das Himmelreich errichten.

Deutschland ist bekanntlich seit den Zeilen von Madame de Staël das Land der Dichter und Denker. Dichter schreiben wundervolle wintermärchenhafte Balladen über das Himmelreich auf Erden mit Zuckererbsen für jedermann, sobald die Schoten platzen. Worauf sich natürlich Spatzen reimen, die den Himmel über der schönen deutschen Erde bevölkern dürfen. Denker hingegen schreiben Manifeste und Erklärungen. Da reimt sich nichts und er darf schon mal richtig krumm sein, der Gang der Gedanken. Mit dem schlichten "Die Gedanken sind frei" begann vor knapp 10 Jahren die Online Magna Charta, Version 1.0, verkündet und unterzeichnet ausgerechnet hoch oben auf der Wartburg, wo sich dereinst schon Martin Luther "im Reich der Vögel" wähnte. Die Online Magna Charta hatte es in sich, wollte man doch damals nichts Geringeres als eine ganze bunte Schar neuer Menschenrechte, weil die alten Menschenrechte genau das waren, alt und überholt.
"Neue Dimensionen der Information und Kommunikation erfordern nicht nur eine Anpassung des nationalen Rechts durch neue Mediengesetze, sondern auch grundlegend neue, weltweit anerkannte Menschenrechte."

*** Zu diesen neuen Menschenrechten gehörte damals "das Menschenrecht auf eine eigene, weltweit erreichbare private Mailbox für elektronische Post", schick mit "Right of Virtual Home" erklärt. Das Recht der freien Rede wurde mit Verweis auf eine in der Charta nicht weiter definierte "Netiquette" eingegrenzt und wenn dieses Recht nicht beachtet werde, sollte eine überstaatliche internationale Instanz zuschlagen, die "Netzgerichtsbarkeit". Mit dem Schlachtruf "Wir sind das Netz!" und einem Aufruf zum gewaltfreien Widerstand überall im WWW, wo Desinformation und Zensur auftauchen, endete die Online Magna Charta, Version 1.0. Erwähnenswert, dass noch im selben Jahr die Version 2.0 erschien, die in einem "Amendment" das Bürgerrecht auf Verschlüsselung und Verschleierung aufführte – eine Reaktion auf die 1997 geführte Debatte über die "Crypto Wars 2.0". Denn auch damals beschäftigte sich die hohe Politik mit dem Problem verschlüsselter Kommunikation und der Frage, ob der Staat mit einem Zugriffsrecht auf sie ausgestattet werden sollte. Erst im September 1998 sollte Wirtschaftsminister Günter Rexrodt das Recht auf Verschlüsselung privater Nachrichten anerkennen.

*** 30 Deutsche unterschrieben 1997 diese deutsche "Charta der Informations- und Kommunikationsfreiheit", zu einem Zeitpunkt, als das Internet von 40 Millionen Menschen benutzt wurde, die sich damals stolz Netizen nannten. Außerhalb Deutschlands wurde die Charta nicht zur Kenntnis genommen, wobei auch andernorts ähnlich großspurig allerhand verkündet wurde. Man denke nur an das Cluetrain Manifest mit seinen 95 Thesen, ganz wie Martin Luther auf der Wartburg, mit dem Markt als Gott. Noch großspuriger können eigentlich nur Journalisten sein, wie es später das Internet-Manifest zeigte, als man noch filterblasenfrei Unsinn verzapfte: "Wer Links nicht nutzt, schließt sich aus dem gesellschaftlichen Diskurs aus." Soso.

*** Am kommenden Montag startet das 1. deutsche Schirrmacher-Symposium mit den englischen Motto "re:claim autonomy", ein Versuch, die "Selbstermächtigung in der digitalen Weltordnung" festzuzurren. Auf dieser Veranstaltung gibt der nun für Deutschland auftretende Martin Schulz sein Debüt als Netzdenker und Erstunterzeichner: Im Vorfeld wurde bereits die Charta der Digitalen Grundrechte der Europäischen Union von Sascha Lobo & Co ausgerufen und in den großen Blättern dieser kleinen Republik als überdimensionierte Tablet-Edition abgedruckt, in dieser Form ganz klar ein Schaustück für die deutsche Öffentlichkeit. 14 Monate sollen Dichter und Denker auf ihren Laptops an dieser Bankrotterklärung des Cyberspace gearbeitet haben, die bald "dem Ausschuss für bürgerliche Freiheiten, Justiz und Inneres (LIBE) des Europäischen Parlaments vorgestellt" werden soll. Ja, klingt hart, geht aber nicht anders, denn die Charta enthält ein paar gute Ideen, aber (neben dem einfach nur dämlichen "Recht auf Nicht-Wissen") eben auch den fatalen Artikel 5, Absatz 2 und Absatz 4:
"(2) Digitale Hetze, Mobbing sowie Aktivitäten, die geeignet sind, den Ruf oder die Unversehrtheit einer Person ernsthaft zu gefährden, sind zu verhindern.
/.../
(4) Staatliche Stellen und die Betreiber von Informations- und Kommunikationsdiensten sind verpflichtet, für die Einhaltung von Abs. 1, 2 und 3 zu sorgen."
Formulierungen wie "sind zu verhindern" ("shall be prevented", "deben evitarse", gar "sont proscrits" im Französischen) verniedlichen das zentrale Problem, dass eine solche Verhinderung nicht möglich ist, wenn das Recht auf freie Information und Kommunikation (Artikel 2) ernst genommen wird. Wer verhindern will, braucht eine Infrastruktur, die nach Hetze, Mobbing und rufschädigenden Aktivitäten fahndet. So kommt es, dass wir passend zur Großstörungswoche bei der Telekom eine Großstörung bei den Netzdenkern diagnostizieren können.

*** Die erschütternde Ahnungslosigkeit und Abgehobenheit der Verfasser ist an der "Beta"-Reaktion auf die Kritik ablesbar:
"Der Begriff „verhindern“ übrigens, über den in netznahen Teilen der Öffentlichkeit besonders heftig gestritten wird, ist dort völlig anders aufgenommen worden, als er in der Gruppe diskutiert wurde, wo er gesellschaftlich betrachtet wurde. Zum Beispiel als Prävention von Hassrede und Hetze durch Aufklärung. Niemand in der Gruppe hat auch nur eine Sekunde lang die in dem Wort gelesene „Vorzensur“ im Sinn gehabt, das wäre für viele auch ein sofortiges Abbruchkriterium gewesen."
Da wird also der Begriff "gesellschaftlich" betrachtet, obwohl er eine juristische Wirkung entfaltet, wenn "staatliche Stellen und Betreiber von Informationsdiensten" (wie heise online) verpflichtet werden sollen, Hetze, Mobbing & Co zu unterbinden. Das ist mehr als nur naiv. Ansonsten gilt umstandslos, was Algorithm Watch zur Digitalcharta schreibt (mal abgesehen zu den Ausführungen über Big Data und Algorithmen): Es gibt keine digitalen Grundrechte. Und niemand will eine "digitale Welt" gestalten. Wir haben nur eine, analog und ressourcenendlich.

*** Jürgen Habermas, der Philosoph, gehört zu den Unterstützern der digitalen Charta, aber auch Heribert Prantl, der wortmächtige Journalist, der in der aktuellen Wochenendausgabe der Süddeutschen Zeitung hemmungslos von der wunderbaren Klarheit und Sprache der Bayerischen Verfassung schwärmt, die am 1. Dezember 1946 verabschiedet wurde. Für Prantl ist sie eine der schönsten und buntesten Verfassungen der Welt, die sich liest, als seien Fidel Castro und Papst Franziskus dabei gewesen, als sie verfasst wurde. "Sie ist wie ein Bauern-, Obst- und Gemüsegarten: Sie blüht und sie duftet, und nahrhaft ist sie auch." Wenn einer wie Prantl eine Charta unterstützt, die davon schwafelt, dass "jeder Mensch ein Recht auf digitalen Neuanfang" (Artikel 18) hat, ist vielleicht die traurigste Erkenntnis: Nunja, jeder Mensch hat das Recht, sich zu irren.

Was wird.

Im Land der Dichter, Denker und Charta-Verfasser sind nun die Ermittlungskünste der IT-Spezialisten gefragt: Sie sollen untersuchen, woher die NSA-Leaks von Wikleaks stammen, mit besonderer Beachtung von "Bundestag Vorabunterrichtung RfAB 23.6.2014-1.pdf". War ein Mitglied des Auswärtigen Ausschusses oder des Europa-Ausschusses der Wikleaks-Informant oder wurden die doch recht alten Datenbestände beim Hackerangriff auf den Bundestag von der Russengang namens Sofacy alias APT 28 alias Fancy Bear entführt und an Wikileaks übergeben? Metadaten mögen zwar nicht töten können – das machen immer noch die via Ramstein gelenkten Drohnen mit ihren Raketen –, aber sie könnten immerhin eine Karriere zerstören. q.e.d., sofern das noch im deutschen Sprachunterricht den Abiturienten mit auf dem Weg ins BKA gegeben wird. In der Zwischenzeit wartet die Welt, ob Wikileaks auch die Secret Santa Files veröffentlicht, ohne Rücksicht auf die Kinder. Für die Erwachsenen gibt es ja auch neue Weihnachtsgeschichten aus Bethlehem, da auf der Krim.

Wer sang das alte Entsagungslied?
Das Eiapopeia vom Himmel,
Womit man einlullt, wenn es greint,
Das Volk, den großen Lümmel.

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« Antwort #655 am: 18 Dezember, 2016, 03:35 »
Was waren die Zeiten noch schön, als deutsche Bürger nicht in analogen oder digitalen Filterblasen lebten, sondern in herrschaftsfreien Diskursen ihr gesellschaftliches Wohl bestimmten. Ach, die Zeiten gab es nie? Sowas aber auch, grummelt Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Die erste Freiheit der Presse besteht darin, kein Gewerbe zu sein." Dieser Satz stammt von Karl Marx, an ihn erinnerte Eckart Spoo, als er 1988 den Fritz Bauer-Preis bekam. Nun ist Eckart Spoo gestorben und wer seine Gedanken zur Pressefreiheit und informationellen Selbstbestimmung liest, zum Schweigen der Konzernmedien in Angriffskriegen und Katastrophen wie Aleppo, mag staunen, wie kritisch linker Journalismus sein konnte.
"Das Kapital wird nie ein Freund von Gleichheit und Brüderlichkeit sein, unter Freiheit versteht es nur, daß es sich nicht an Regeln halten muß, die seine Macht einschränken (sollten). Gegenüber allen Regeln, die einmal in günstigen historischen Momenten demokratisch erkämpft werden konnten, dringt es auf Deregulierung. Aber niemals ruft es nach Abbau der vielen Gesetze, die die individuellen und kollektiven Grundrechte des Volkes einschränken, das Volk einschüchtern."

*** Ja, der Journalismus hat es im postfaktischen Zeitalter mit seinen Fake News nicht leicht. Selbst im allseits bekannten Medium der Gegenöffentlichkeit ist es eine Qual, mitzulesen, wie Kollegen gegen das redaktionelle Truth Awareness Team kämpfen, bis der Text wie Aleppo aussieht. So gesehen ist es einfach nur logisch, dass die besonders klugen Köpfe einfach mitmachen beim postfaktischen Schreiben und von präzisen Erkenntnissen fabulieren, ohne selbige auszubreiten. So entfaltet sich ein Drama, das keines ist: Putin soll persönlich für Hackerangriffe verantwortlich sein und Obama verspricht Vergeltung. Beides ist kompletter Unsinn. Obama spricht im Interview nicht einmal von Vergeltung, das interpretieren die postfaktischen Journalisten in seine Worte. Auch mit der Wiederholung, dass Obama Putin für verantwortlich hält – "zumindest indirekt" – wird es nicht besser. Die schlichte Tatsache, dass Putin gar nichts anordnen und verantworten muss, sondern es eingespielte Mechanismen gibt, die seit dem Fall Lisa bekannt sind, ist wohl zu schlicht.

*** Ja, da müssen perfide "Internet-Söldner" her, wie sie im Dossier des BND und des Verfassungsschutzes für Angela Merkel als dämonische Hintertreiber genannt werden, die wie Hacker auch noch unsere Rechner nehmen, um sie als Bots zu missbrauchen. Das Geraune von den "Internet-Söldnern" hat Methode, denn anders als die Internet-Soldaten einer regulären Armee können Söldner überall angeworben werden und unterliegen keiner Knebelei wie die Bundeswehr beim Umgang mit den Medien. Gruppen wie APT28, Guccifer 2.0 oder eben Winnti können von allen Seiten angeworben werden, auch von US-amerikanischen Interessenten. Wie beschrieben die Shadow Brokers in dieser Woche ihr Anliegen in gebrochenem Englisch, als sie dementierten, rein kriminell zu sein? "TheShadowBrokers is opportunists. TheShadowBrokers is giving 'responsible parties' opportunity to making things right." Responsible parties, da lacht der einfache Gänsefuß. Beweise hat noch niemand vorgelegt, doch was soll's, der angekündigte Bericht wird es schon richten, mit großer Präzision.

*** Es gibt eine gute Nachricht, ausgesprochen von dem Facebook-Forscher, der aus Likes unser inneres Ich errechnen kann und damit unfreiwillig in den letzten Wochen für bombige Schlagzeilen sorgte: Die Wahl von Trump war nicht manipuliert und so etwas wie die Filterbubble gibt es nicht. Es gibt nur abwesende Nachrichten. Etwa die über die Debatte, was in einer DNA technisch gesucht werden kann und juristisch gesucht werden darf. Ausführlich und sachlich hat sich die Deutsche Spurenkommission mit einer Stellungnahme zu Worte gemeldet, ebenso ausführlich gibt es eine Stellungnahme der Kritiker, doch alles schnurrt mit markigen Worten zur "Flüchtlingsfrage" zusammen. So holt sich die Gesellschaft blaue Augen.

*** In dieser Woche haben die "Größen" des Silicon Valley ihre Aufwartung beim künftigen US-Präsidenten Donald Trump gemacht, eingefädelt vom Trump-Unterstützer Peter Thiel. Dieser sorgte prompt dafür, dass mit Alex Karp von Palantir Technologies die Überwachungstechnik mit dabei ist. Sie sollen die Möglichkeit bekommen, den US-Präsidenten jederzeit per Telefonanruf zu erreichen. Hinzu kommt, dass drei Personen in eine Art "technischen Beirat" (CEO Council) aufgenommen wurden: Ginny Rometty (IBM), Elon Musk (Tesla) und Travis Kalanick (Uber). So zahlt sich zumindest für IBM der offene Brief an Trump aus, in dem an erster Stelle "new collar jobs" gefordert wurden, scheinbar weitab der white collar und blue collar-Grenze. Derweil wird im Silicon Valley Thiels Traum von der gänzlichen Aufhebung des Staates weiter geträumt, während Geisteswissenschaftler auf computer science umgepolt werden. Hauptsache, sie schreiben keine Restaurant-Kritiken, die Trump auf die Palme bringen. In etwas anderer Mission war da Bill Gates unterwegs, der Trump mit seiner "unbelasteten" Vergangenheit als Chance für Innovationen mit John F. Kennedy verglich, der die Eroberung des Weltraums zu seinem Regierungsprogramm machte.

Was wird.

Das Jahr geht zu Ende, nur ein letzter Tatort noch, in dem Computerkram und Algorithmen eine mörderische Rolle spielen und dann ist Frieden angesagt und die Weihnachtsansprache fällig.

Ihr für ein Meer an Frieden und sozialer
Gerechtigkeit brav eintretenden Singleinnen
und Singles in den deutschen Städten
durch die bekanntlich hindurchgeht der Wind
Seid gegrüßt
Von einem dessen Einsamkeit am Heiligen
Abend gradso wie die eure ohne Maßen ist

Wenn die Uneinsamen anderen ihre guten Weihnachtsmärchen auserzählt haben, die Unsinns-Geschenke ausgepackt, die Kinder mit ihren Ausmalbüchern zum Drohnenkrieg beschäftigt und die Afghanen abgeschoben sind, ja, dann können die Streams beginnen. Der Fahrplan des natürlich von den Russen aufgekauften Kongresses des CCC steht seit einem Tag online, der vom gegenmit-Kongress auch. Wenn Edward Snowden redet und der Snowdenbot über die Bühne ruckelt, wird man sich vielleicht die Snowden-Kritik in Erinnerung rufen, die NSA-Mitarbeiter gegen Snowden ins Feld führten. Dass es interne Wege gebe, über die man als Whistleblower auf Missstände aufmerksam machen kann, etwa über den NSA-Inspector. Als Snowden nach Hongkong flog, war dies George Ellard. Nun hat das Bürgerkommitee zur Überwachung des Regierungshandelns (POGO) mitgeteilt, dass Ellard einen Whistleblower übel mitgespielt hat und selber gehen muss. Der betroffene Whistleblower will sich zu POGO-Fragen äußern, wartet aber die Freigabe durch die NSA ab.

Wir sehen: die NSA wird uns auch im Jahre 2017 mit spannenden Nachrichten beglücken, der deutsche NSA-Untersuchungsausschuss sowieso. Das hält selbst einen Politik-Aussteiger wie Ströbele im neuen Jahr bei der Stange.

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Was war. Was wird. Ruhig ist das Blut und fröhlich die Weihnukka.
« Antwort #656 am: 25 Dezember, 2016, 01:46 »
Manch kleine Probleme der Vergangenheit stellen sich als Ursache heutiger Übel heraus. Als ob das nicht reichte, bleibt genug Unsinn anzustellen, dass das Wahren ruhigen Blutes nicht nur Hal Faber schwerfällt. Vor allem, wenn's Blut im Stacheldraht klebt.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Diese kleine Weihnachts-Wochenschau trällert nichts über letztes Weihnachten und schwer misteriöser Herzübergaben. Auch die fundamentale soziale Ungleichheit in unserer Gesellschaft, dieses weihnachtliche Krippenthema, ist heute nicht im Angebot. Diese Wochenschau ist für die einfache Mehrheit in Deutschland geschrieben, die in ihrem Leben ohne die Anbetung höherer Wesen auskommt. Aber was heißt schon Mehrheit: Das Jahr 2016 ist eines der sehr seltenen Jahre, an denen Weihnachten und Chanukka zusammenfallen und damit kann Weihnukka gefeiert werden.

*** Wobei Mehrheiten in Deutschland bekanntermaßen gefährlich schwankend sind, nicht nur in vergangenen Zeiten: Letzte Woche noch war eine Mehrheit der Deutschen der absolut bessere Bundestrainer als Herr Löw, diese Woche ist die neue Mehrheit davon überzeugt, bessere Fahnder und Spurenauswärter zu sein als die Fachleute in den Diensten und Polizeibehörden. Wenn ein Handy im dritten Anlauf gefunden wird, lachen die ehemaligen Bundestrainer und neugebackenen Abschiebehaftexperten. Dazu gackert das Kommentariat und fordert Konsequenzen, vom rechtspolitisierenden Hacker bis zum linksdrehenden Politiker. In der Anbetung des Staates gleichen sich die Wurstenden.

*** An dieser Stelle fehlt das Urteil, das die Süddeutsche Zeitung hinter ihrer Paywall über die sozialen Medien Deutschlands gefällt hat: Vorbildlich zurückhaltend, geradezu staatstragend sollen sich die Menschen auf Twitter und Facebook nach dem Attentat von Berlin verhalten haben, sieht man von den Dschihadisten der AfD ab. Ganz anders als die Terror-Experten und Erklärer, die von einer Weihnachtsmarktkultur reden und Motive bei denen suchen, die ihre Mordlust ausleben. Sei's drum: Mehr als diese lächerlichen Fake-News der Experten fürchte ich die Fake-Besserwisser oder die Fake-Selbstgerechten, die auf den jetzt aufgebauten mächtigen Beton-Perimetern der Weihnachtsmärkte ihre dummen Kommentare als Sprayer verbreiteten. "Muslime raus" steht da und ist einfach nur Schwachsinn.

*** Wer möchte jetzt nicht im Hause der hugenottischen Glaubensflüchtlinge Weihnachten feiern, wo geschäftig an neuen Gesetzen gebastelt wird, mit ganz vielen Videokameras, mehr Überwachung, mehr Kontrolle und mehr Datenspeicherung allüberall? Die gesammelten Datenbestände über den Terroristen "Amri" sind enorm und wurden selbst auf den Schirmen im GTAZ in Treptow gesehen und diskutiert. Das aber reicht nicht, denn Freiheit und Sicherheit bedingen einander, wie es in den Alltagsreden routinemäßig heißt, wenn die Freiheit wieder einmal eingeschränkt wird. Die schiere Sinnlosigkeit von geforderten Maßnahmen wie Fußfesseln für islamistische Gefährder wird deutlich, ultraschnelle Abschiebung eingeschlossen. Genau einen Tag nach dem Tod des Terroristen Amri trafen seine neuen Papiere in der Erstaufnahme ein, so kann das BAMF den Fall als korrekt gelöst abhaken. Anderswo erschallt der Ruf, die Datenbanken noch besser zu verzahnen, zu vergrößern und schlichte Fragen für das US-amerikanische ESTA-Formular dem eigenen Untertanen vorzulegen. Auf Youtube, auf Twitter und wie war noch der Facebook-Account? Soso, und in den Heise-Foren posten sie auch noch?

*** Nun, es gibt in den USA nicht nur ESTA-Formulare, sondern als Werbung geschaltete Tipps, wie mit dem Bedrohungsmodell Trump umgegangen werden kann. Verschlüsseln der Kommunikation und der Daten, Löschen aller anderen Daten, jeden Angriff auf die Redefreiheit transparent machen und ganz generell Widerstand leisten, so will die Electronic Frontier Foundation sicherstellen, dass die "befreiende" Internet-Technologie nicht als Werkzeug der Unterdrückung missbraucht wird. Das gilt auch für die IT-Firmen, die in die Gänge kommen und Schadensbegrenzung betreiben sollen. Neben diesen praktischen Verhaltenstipps gibt es in den USA Ansätze, die sandersistische "Revolution" über die Jahre zu retten und eine neue soziale Bewegung in Gang zu bringen. In der ersten Ausgabe der c't 2017 gibt es ein Interview mit Richard Stallman, in dem dieser den Helden Edward Snowden lobt und das zarte Pflänzchen Demokratie in Gefahr sieht, wenn der Staat die Whistleblower enttarnen und Informationen unterdrücken kann.Gefragt, was er beim Thema Überwachung von Donald Trump hält, antwortet Stallman: "Ich befürchte, dass er es noch schlimmer macht. Sehen Sie, in den 80er-Jahren waren Überwachung und unfreie Software für die meisten Leute lächerlich kleine Probleme. Sie dachten, ich mache aus einer Mücke einen Elefanten. Aber heute zeigt sich: Diese Fragen bestimmen unser Leben."

*** US-Präsident Donald Trump möchte unberechenbar sein, auch in Bezug auf die Atomwaffen. Immerhin besteht die Hoffnung, dass die US-Bewaffnung etwas moderner ist als die der Brexit-Planer in Großbritannien, wo die U-Boote mit den Atomraketen sich auf eine Steuerung durch Windows for Submarines verlassen, eine adaptierte Version von Windows XP: Wer seine Bomben liebt, der pflegt sie. Bernie Sanders hat damit recht, dass es ein kleines Wunder ist, wie die Welt seit 1945 ohne den Einsatz von Atomwaffen ausgekommen ist. Damit kommen wir zum einzigen echten Weihnachtsgeschenk, das Heiligabend auf den Gabentisch kam, nach einem Beschluss der Vereinten Nationen. Ob sich daraus wirklich ein internationaler Vertrag zur Ächtung der Atomwaffen entwickelt, wird wesentlich von Trump und Putin abhängen. Doch am 20. Januar wird sich Amerikas Haltung zur UN ändern, hat Trump versprochen. Womit wir mit Try a Little Tenderness schlussendlich den passenden Weihnachtssong gefunden haben.

Was wird.

Noch ist das Jahr nicht völlig am Ende, doch 2017 wirft seinen Schatten voraus. Denn 2017 werden Terroristen nicht mehr gejagt und erschossen, sondern vorzeitig und zuverlässig von künstlicher Intelligenz erkannt und von dienstlicher Kompetenz verhaftet. Mit dem Verbot des Postillons gelingt dem Justizminister Heiko Maas ein großer Schlag gegen die Fake-News. Bereits jetzt ist die Bundestagswahl schon ein großes Thema, auf das sich Brötchen- und Impulsgeber sorgfältig vorbereiten, genau wie die russischen Hacker und die beiden verbliebenen Wikileaker.

Irgendwann an diesen Festtagen dürfte bei der Frankfurter Allgemeinen Zeitung das große Weihnachts-Interview mit dem Ex-Wikileaker Daniel Domscheit-Berg online erscheinen, das mehr enthält als seine bekannte Kritik an Julian Assange. Offen sagt er im Gespräch, dass das Modell hinter Wikileaks, die Transparenz in das politische Handeln zu bringen, für ihn nach wie vor Bestand hat. "Ich bin der Meinung, dass die Welt eine bessere wäre, wenn die Menschen mehr Informationen hätten. Das ist ein idealistischer Gedanke. Vielleicht entscheidet sich die Mehrheit der Menschen dafür, dass sie gar nichts wissen wollen, und die Informationen interessieren keinen. Aber das wäre dann eine demokratische Entscheidung. Die Welt wäre vielleicht doch nicht so aufgeklärt, wie ich dachte, oder der Trieb, Wissen zu erlangen. Immerhin hätte ich dann aber einen Beitrag dazu geliefert, dass die Möglichkeit dazu besteht."

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4W: Wenn die dicke Frau gesungen hat: die Jahreanfangsedition ....
« Antwort #657 am: 01 Januar, 2017, 10:04 »
Die Zukunft ist auch nicht mehr das, was sie mal war, stellt Hal Faber betrübt fest und blickt unerschrocken in die Vergangenheit. Ja, früher. Ach was, so'n Quatsch. Jahresendstatistiken helfen, auch für etwas Optimismus. Die Zukunft kommt, versprochen.

Zitat
"Eine Grobheit besiegt jedes Argument und verdunkelt allen Geist. [...] Wahrheit, Kenntnis, Verstand, Geist, Witz müssen einpacken und sind aus dem Felde geschlagen von der göttlichen Grobheit. Dabei werden 'Leute von Ehre', sobald jemand eine Meinung äußert, die von der ihrigen abweicht, oder auch nur mehr Verstand zeigt, als sie ins Feld stellen können, sogleich Miene machen, jenes Kampfross zu besteigen; und wenn etwa, in einer Kontroverse, es ihnen an einem Gegen-Argument fehlt, so suchen sie nach einer Grobheit, als welche ja denselben Dienst leistet und leichter zu finden ist: Darauf gehn sie siegreich von dannen." (Arthur Schopenhauer, Parerga znd Paralipomena: Aphorismen zur Lebensweisheit)

*** Over, finito, aus und vorbei ist 2016, was für ein Jahr. Glenn Frey, David Bowie, Prince, Götz George, Manfred Krug, Leonard Cohen, Muhammed Ali, Bud Spencer, Papa Wemba, Ilse Aichinger, Natalie Cole, Fidel Castro, George Michael, Carrie Fisher und William Salice: Die Popkultur hat viele Stars hervorgebracht und dementsprechend gab es 2016 viele Tote. Das wird 2017 faktisch nicht anders sein, denn die Helden des Pops sind alle in die Jahre gekommen und siechen dahin wie die deutsche Sozialdemokratie. Jedes Jahr sterben viele berühmte Menschen, was soll's. Willkommen zur Jahresend-Ausgabe der kleinen Wochenschau, geschrieben vom hoch qualifizierten WWWW-Wahrheitsredakteur an seinem riesigen Postfak-Tisch auf seinem treuen Thinkpad, mit dem wunderbaren Gedit, Snapshot, Sonos, EMusic, Google Play Music, Last.fm – und Rotwein.

Zitat
"Die Theorie wird in einem Volke immer nur so weit verwirklicht, als sie die Verwirklichung seiner Bedürfnisse ist. Wird nun dem ungeheuren Zwiespalt zwischen den Forderungen des deutschen Gedankens und den Antworten der deutschen Wirklichkeit derselbe Zwiespalt der bürgerlichen Gesellschaft mit dem Staat und mit sich selbst entsprechen? Werden die theoretischen Bedürfnisse unmittelbar praktische Bedürfnisse sein? Es genügt nicht, dass der Gedanke zur Verwirklichung drängt, die Wirklichkeit muss sich selbst zum Gedanken drängen." (Karl Marx, Zur Kritik der Hegelschen Rechtsphilosophie: Einleitung)

*** Genug des Kolophons, her mit den Statistiken, den nackten Tatsachen ihr schepperndes Gerippe. Schaut man auf die Zahlen, so ist die wichtigste Meldung des Jahres vom Wahlsieg Donald Trumps mitnichten der Spitzenreiter von heise online, sondern erst auf Platz 15 zu finden. Mit 1918 Beiträgen der Forumsteilnehmer ist die Wahl im Sternzeichen des Hashtags #TheRealDonaldTrump jedoch eine der meistkommentierten Meldungen des Jahres 2016. Sieger über alles mit 1.296.645 Zugriffen und reger Begleitung durch das Forum (1505 Beiträge) ist diese Meldung vom Wüten des Krypto-Trojaners Locky. Rechnet man diese Ratschläge (Platz 5) und diesen Kommentar zu Windows und Locky (Platz 6) hinzu, könnte man von einem strahlenden Sieger sprechen, nicht gerechnet die Folgemeldungen zu Petya (Platz 9), Mischa, Goldeneye & Co, begleitet auch von klickreicher #heiseshow zum Thema. Die Bedeutung der Ransomware schlug sich denn auch in der politischen Debatte nieder, als Bundesinneminister de Maizìere eine schnelle Eingreiftruppe forderte und das Gerede von der Cyberwehr durch von Firmen abgestellte IT-Spezialisten die Runde machte. Wir. Dienen. Neuland. war abseits aller Ränge denn auch eine der beliebtesten Wochenschauen. Das Motto ist, wie man (im Bild nebenan) auf dem 33C3 sieht, auch bei den Hackern vom Chaos Computer Club angekommen, die sich allerdings vorab erst einmal für dienstunfähig erklärten. Die Kriegsdienstverweigerung alter Zeiten lässt schön grüßen.

Zitat
"Gegen Leute, die ihre Definition von Ehe und Familie, von der Legitimität und Illegitimität verschiedener Lebensweisen allen anderen aufzwingen wollen und dabei Modelle in Anschlag bringen, die vielleicht in ihrer eigenen reaktionären Gedankenwelt funktionieren, in der Realität aber noch nie funktioniert haben, habe ich eine tiefe Abneigung. Sie ist wohl auch deshalb so stark, weil sie sich zu einer Zeit herausgebildet hat, als alternative Lebensformen dazu verdammt waren, in einem Bewusststein von Devianz ider Anormalität als etwas Minderwertiges, Peinliches und Beschämendes gelebt zu werden. Meine ebenso große Skepsis gegenüber den (im Grunde ebenfalls normativ argumentierenden) Apologeten der Anormalität, die uns die ständige Subversion und Nichtnormativität vorschreiben wollen, erklärt sich aus dem gleichen Grund." (Didier Eribon, Rückkehr nach Reims)

*** Mit 2299 Beiträgen ist der Locky-Kommentar zum Sicherheitsalptraum Windows übrigens ein ganz besonderer Spitzenreiter, was die Beteiligung der werten Leserschaft von heise online anbelangt. Überhaupt erfreuen sich die regelmäßigen Kommentare großer Beliebtheit, wie man an den Kommentaren Microsoft ist das neue Apple (Platz 11) oder zur überbewerteten Beratung im Einzelhandel (Platz 12), zum Gaming-Desaster namens Linux oder zum Internet of Shitty Things sehen kann. All diese Meinungsbilder schafften es unter die Top 30. Ein Wort noch zu den dem zweiten Platz, auf die es die gesammelten Meldungen über eine Großstörung bei der Deutschen Telekom brachten, komplett mit einer viel beachteten BSI-Warnung, einem wirklich perfekt getimten neuen Kongress der Telekom namens Magenta Security und netterweise schlecht programmierter Schadsoftware. Hier konnte nicht nur das neue Statistikformat replay zeigen, wie News auf heise online entstehen, hier zeigte sich auch die wunderbare Unwirksamkeit der "leistungsfähigen und nachhaltigen Cyber-Sicherheitsarchitektur", wie das die neu aufgelegte Cyber-Sicherheitsstrategie 2016 beschreibt. Wie bei der Aufstellung der Cyberwehr gibt es auch hier eine politische "Lösung" des Problems, nämlich eine weitere Einheit von IT-Spezialisten mit der Lizenz zum Gegenschlag und ein nigelnagelneues Gütesiegel für IT-Sicherheit, ein "Service", der an die aktuelle Debatte über vegane Currywürste erinnert.

Zitat
"Es gibt im Leben Augenblicke, da die Frage, ob man anders denken kann, als man denkt, und auch anders wahrnehmen kann, als man sieht, zum Weiterschauen und Weiterdenken unentbehrlich ist." (Michel Foucault, Sexualität und Wahrheit 2)

*** Apropos Namensgebung: Nicht weniger als 48 Namen von APT28 a.k.a. Fancy Bear, Sednit usw. listet die nunmehr veröffentlichte FBI-Analyse zu den russischen Hackern, deren Tun und Hacken nun dazu führte, dass noch-Präsident Obama 29 Russen aus den Vereingten Staaten von Amerika rauswarf. Wesentlich weniger Namen führt das insgesamt deutlich bessere NATO-Handbuch über den russischen Information Warfare an, das passenderweise zwischen den Jahren geleakt wurde. Der "russische Grizzly" ist das dritte IT-Großthema von 2016 mit vielen Einzelmeldungen gewesen, obwohl der Angriff dieser Truppe auf den deutschen Bundestag schon 2015 erfolgte. Eigentlich wird ein diplomatischer Rauswurf mit einem Gegenwurf geahndet, doch Putin blies das ab, weil er bekanntermaßen auf Trump setzt. Dafür wird er ausgerechnet von Hackern bewundert, die auf dem Hackerkongress in Hamburg selbst den Bärenerklärer Jessy Campos von der Firma Eset aufboten, der bei der Präsentation seines White Papers durchweg von Sednit sprach. "Der Bär hat viel Geld, er kann gut coden und versteckt auch noch Witze über Lionel Messi im Code, er hat also auch noch Spaß." Die berühmte "Attribution" der Coder zu einer Regierung sieht anders aus.

Der ganze Artikel

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Was war. Was wird. Inmitten des Lebens von Sümpfen umgeben
« Antwort #658 am: 08 Januar, 2017, 06:37 »
Der tiefe Staat reüssiert, und gibt seltsamen Leuten Anlass zu seltsamen Hoffnungen. Dabei ist "Fake News" nur ein anderes Wort für das, was man früher Propaganda nannte. Und davon ließen sich auch schon intelligentere Leute nasführen, graut Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Die dicke Frau hat gesungen und das neue Jahr hat sich schon in der ersten Woche ganz prächtig entwickelt, auch wenn die Musike ausgeblieben ist. Aber da gibt es ja die Archive und wenn 2017 noch nicht liefert, kann der Mann mit dem Rock'n-Roll-Pullover von 1957 aushelfen, gesungen von der schlanken Frau. OK, heute trägt man weniger Pullover, mehr die scharfen Hoodies. Wobei es schwer die Frage ist, wer sich heute noch mit einem Julian Assange identifiziert, der fettes Geld für Leaks seiner Wahl bezahlen will und "Obama admin agents" sucht. Admin-Agenten, die zärtlich ihr vi-Magazin putzen, tauchen vor meinem geistigen Auge auf, während der Admin-Agent ins digitale Archiv des Machtwechsels eindringt und Wikileaks das Löse/Leakgeld auf 30.000 Dollar erhöht.

*** "Die Wahrheit über die Macht entgeht oft nicht deshalb den Volksmassen, weil der Staat sie absichtlich verheimlicht, sondern weil ihnen aus sehr viel komplizierteren Gründen der an die herrschenden Klassen gerichtete Diskurs des Staates nicht zugänglich ist." Dies hat ein gewisser Nicos Poulantzas über den "tiefen Staat" geschrieben, lange bevor sich ein Mitglied des Chaos Computer Clubs mit dem "tiefen Staat" beschäftigte und Snowden einen Haufen Dokumente verbreitete, die die Tiefenstruktur im US-amerikanischen Staatsgebilde verdeutlichten. Nun hofft Trumps neuer Weggefährte Julian Assange, dass der neue Präsident mit dem tiefen Staat aufräumt und nicht von ihm genasführt wird wie die Präsidenten vor ihm. So demonstriert Assange, dass er an die "drain the swamp"-Rhethorik von Trump glaubt, wo dieser drauf und dran ist, seinen höchst eigenen Swamp zu installieren.

*** Derweil hat der Staat in Gestalt seiner wichtigsten Geheimdienste das lang erwartete Attributionsdokument mit dem Befund "der Russe war's" veröffentlicht. Das ganze nur in gekürzter Form gegen über der "vollen Wahrheit", die Obama und Trump jeweils erfahren durften. So fehlen Hinweise auf die Mittelsmänner, die Material an Wikileaks übergaben, dafür ist nachzulesen, dass Russia Today arbeitet wie Radio Free Europe im Kalten Krieg. Was außerdem fehlt, ist eine schlüssige Erklärung für das Verhalten von FBI-Chef James Comey, der mit seinen Zweifeln Hillary Clintons Poistion schwer beschädigte. Auch er ein Russe? Oder ein Agent des tiefen Staates? Abgründe tun sich auf, oder wie es auf Englisch so wunderbar heißt, abysses open themselves:
"Moscow most likely chose WikiLeaks because of its self-proclaimed reputation for authenticity. Disclosures through WikiLeaks did not contain any evident forgeries."

*** Während sich Wikileaks unter Trump (in einem eilig gelöschten Tweet) mit dem offiziell assoziierten WikileaksTeam als neuer Auslands-Dienst "DOX" andient und Schweden mehrere 100 Seiten des aus dem Englischen ins Spanische übersetzten Verhörs mit Assange verschwedelt werden, bleibt eine Frage übrig. Es könnte ja sein, dass der "lupenreine Demokrat" Wladimir Putin (so jedenfalls der Twitterer Gerd Schröder auch im Fall von Edward Snowden so vorging, wie es das US-amerikanische Attributionsdokument beschreibt: stören, lästern und zuschlagen, wenn sich eine Gelegenheit ergibt. Im Falle von Snowden kann man dem Autor Anatoly Kucherna folgen, der das Leben und Lieben von Edward Snowden in seinen Büchern verarbeitet. In "Zeit des Tintenfischs" kommt Snowden in Moskau an – und fährt mit einem Fahrstuhl tief hinab unter dem Hotelkomplex, wo der Geheimdienst seine Räume haben soll. Blühende Phantasie? Kucherna ist nicht nur Autor, sondern auch der russische Anwalt von Snowden.

*** Der tiefe Staat ist aber keine amerikanische Erfindung, wie uns Poulantzas in "Faschismus und Dikattur darlegte. Und "Drain the Swamp" ist auch eine deutsche Forderung: Wer einen Sumpf trockenlegen will, darf nicht die Frösche fragen. Das jedenfalls meint der "Bund deutscher Kriminalbeamter", der volles Verständnis für die in dieser Woche von Bundesinnenminister de Maizière vorgelegten "Leitlinien für einen starken Staat in schwierigen Zeiten" hat. Volles Verständnis, was schreib ich da, es ist übervollst und übervolltester, mit mehr, mehr, mehr-Gequengel wie der kleine Häwelmann fordert BDK-Vorsitzender Schulz nicht nur die Beseitigung des elenden Föderalismus bei Polizei und Verfassungsschutz, sondern zusätzlichen Rückenwind. Mehr rechtliche Befugnisse bei der Telekommunikationsüberwachung, weg mit dem überzogenen Datenschutz, frei Bahn für Deutschlands Kriminalisten. Ganz neu im Katalog der Begehrlichkeiten: Künstliche Intelligenz und Predictive Policing mit maximalst möglichen Daten: "Interessant wird es erst werden, wenn die Polizei die Big-Data-Möglichkeiten ausschöpft und diese Massendaten mit personenbezogene Daten, also hauptsächlich Täterdaten, verknüpft". An die das verhindernden Datenschutz- und anderen Gesetze traut sich keiner heran? Na, dann ändern wir sie mal fix und foxi, denn die Gefährder sind unter uns. Siebenmal wurde in dem mächtigen Staatsmachtapparat, dem Gemeinsamen Terrorabwehrzentrum GTAZ, über Amri diskutiert und nichts passierte. Das schreit nach neuen Gesetzen.
"'Jeder kennt das Gesetz' ist die grundlegende Maxime eines modernen juristischen Systems, in dem außer den Repräsentanten des Staates es keiner kennen kann. Diese von jedem Staatsbürger verlangte Kenntnis ist nicht einmal Gegenstand eines besonderen Schulfachs. /.../ Das moderne Gesetz ist ein Staatsgeheimnis und begründet ein Wissen, das von der Staatsräson in Beschlag genommen wird." (Nicos Poulantzas)

Was wird

Wir schreiben das Jahr 2017 und sehen ein Wahljahr vor uns, in dem "der Russe" sehr aktiv wird und Tote Propaganda-Pferde geritten werden wie sonst nur in Winnetou. Trendforscher erschüttern uns mit der Nachricht, dass der Mensch in diesem Jahr seinen Verstand benutzen muss, ähem, wir für unsere Welt- und Katzenbilder verantwortlich sind. Die Lage ist unübersichtlich, die 20 Vorschläge, wie man in Trumps Amerika überleben kann wenig tröstlich: "Lassen Sie sich und Ihrer Familie Reisepässe ausstellen." Auch deutsche Meisterdenker geben sich wenig tröstlich und beharren auf dem Behalten des Verstandes als subversive Aktion im Zeitalter der Fake-klärung.

Da der Ausgang noch 246 Tage entfernt ist, ist die Nostalgie irgendwie verständlich, mit der die Kulturforscher von heute auf das Jahr 2000 blicken und auf diese Zukunft blicken, dabei den "wichtigen Einblick in die Gedankenwelt und die Diskurse der technischen Hochmoderne" erhaltend, "LGBTQIA*-Emanzipationsbestrebungen" inklusive. Gut, anno 2000 dachte zumindest IBM noch nicht daran, das ehrwürdigen Logo bunt zu machen oder die Unisex-Toiletten der Deutschen Bahn als Befreiung vom Genderzwang zu feiern. Wo ist eigentlich das versprochene Medikament für Depressionen aller Art?

In der anstehenden Woche gibt es weniger Angebote für Retrofuturisten denn für Journalisten, vulgo auch Datenhehler genannt. Denn viele , die noch investigativ arbeiten, müssen mit Dateien bzw. Daten umgehen können, die geleakt sind. Damit stehen sie unter der Fuchtel des neuen Gesetzes § 202d StGB zur Datenhehlerei, ein überaus moderner Ausdruck des runderneuerten Staatsgeheimnisses im Sinne von Poulantzas. Wie lässt sich eine Situation der Rechtsunsicherheit abwenden, die Informanten abschrecken und damit journalistische Recherchen behindern könnte?. Das fragen sich nicht nur die Reporter ohne Grenzen.

Optimistisch, wie diese kleine Wochenschau gestartet ist, geht es 2017 weiter, natürlich mit dem ultimativen Lied zum Lobe des Algorithmus. Einmal in einem Computerprogramm implementiert, findet er den einen von vielen Milliooonen – und die Liebe ist auch noch inkludiert.

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4W: Über kluge Entscheidungen in weniger klugen Zeiten
« Antwort #659 am: 15 Januar, 2017, 08:14 »
Schimpf, tob, wüt, brüll, mecker, schrei. Hal Faber versucht sich zu beruhigen und sucht den Gaston in sich. Gegen das Wahrheitsministeriums-Gefasel von Obrigkeit und Verschwörungstheorie-Gesabber der Wutbürger aber scheint kein Kraut gewachsen.

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Was war.

*** Keuch, stöhn, ächz, würg, grins, schluck und was der Erikative im Jubiläumsjahr vieler sind. Schneuz und schnief, hier arbeitet einer an neuen Wegen, "um Menschen Informationen zu geben, damit sie kluge Entscheidungen zu den Nachrichten, die sie lesen, treffen können". Was Facebook will, kann ich schon mal machen: meinen Leserinnen und Lesern, Lesebots und Bot-Programmierern Informationen geben, damit sie die kluge Entscheidung treffen, Facebook betreffend, eines der wichtigsten Datenpools für das Predictive Policing der Polizei. So eine ordentliche Social Media-Strategie sollte man schon haben, komplett mit der Lizenz, Fake-Freunde aufzubauen. Da ist Facebook so wichtig wie ein kleiner Fruchtzwerg, ähem und grummel, wie ein kleines Steak, nein, schluck und würg, wie ein neues ZIB, nnnnein auch nicht, kopfkratz starknachdenk, natürlich wie ein halbes ZITIS. Was ist diese neue Hackerbehörde gegen geschickt aufgebautes Fake-Personal auf Facebook, gern auch in größerer Zahl zu mieten?

*** Irgendwann bekommen wir dann doch noch das Wahrheitsministerium, das ja angeblich keiner will, und das man daher derzeit gerne zu Facebook auslagern würde. Die wollen aber auch nicht so recht. Also schiebt man den Hassrede- und Fake-News-Schwarze-Peter hin und her, bis keiner mehr weiß, was Meinungsfreiheit und die Weigerung, den Staat oder Konzerne über Wahr und Falsch entscheiden zu lassen, eigentlich bedeuteten. Aber Mancher hat sich ja selbst schon der Verantwortung entledigt, mal nachzudenken und nicht jeden Mist zu glauben, der durch die Netze geistert. Jeder kann es sich selbst aussuchen, ob er Schwachsinn hinterherdackelt. Wer aber mit der inflationären Ausbreitung von Flat-Earth- und Reptiloiden-Theoretikern konfrontiert wird, hat keine Hoffnung mehr auf selbstverantwortlich zu vernünftigen Entscheidungen kommende Bürger. Da macht ein Wahrheitsministerium den Braten auch nicht mehr fett, äh, die Wahrheit wahrhaftiger.

*** Natürlich sollte man als "Freund und Helfer" nicht einseitig agieren und flexibel andere Angebote zum Preditictive Policing oder Predictive Politikmaking heranziehen, wenn "die Lage" es erfordert. Etwa Vkontakte, jenes pulsierendes Netzwerk rein russischer Bauart, das zuletzt mit der Gesichtserkennung von FindFace mit medialer Aufmerksamkeit belohnt wurde, natürlich mit einem Schuss Pornografie. Auf Vkontakte und seinen eigenen Kontakten konnte ein britischer Russland-Spezialist ohne Bezahlung sein Trump-Dossier sammeln und zusammenstricken, das auf verschlungenen Wegen an seinen Endabnehmer Buttfeed gelangte. Es sorgte in den USA als "Fake-News" für Aufregund und eine denkwürdige Pressekonferenz des "germaphoben" künftigen US-Präsidenten. Nutten und Pippi, das waren jedenfalls keine Informationen, mit denen Menschen kluge Entscheidungen über Nachrichten treffen könnnen, die sie lesen, sehen oder hören. Ganz nebenbei zeigte sich die Fake-Problematik von ihrer besten Seite: Das Dossier war seit Monaten einigen politischen Journalisten bekannt, wurde aber wegen der mangelnden Überprüfbarkeit der "Fakten" ignoriert. Erst die Aktion der Dienste, das Dossier in ihren Briefings von Präsident und Präsident-Elect zu erwähnen, änderte die Einschätzung.

*** In diesem unserem Land sorgten die Leit­li­ni­en für ei­nen star­ken Staat in schwie­ri­gen Zei­ten für Diskussionen. Soll der Verfassungsschutz besser aufgelöst werden oder eine Zentralbehörde wie das BKA werden? Ein ehemaliger Verfassungsschützler hält das für eine Schnappsidee, wie er der tageszeitung sagte. Mit den ebenfalls vorgeschlagenen Fußfesseln für Gefährder ist selbst die alternative Presse einverstanden, weil sich Bewegungsspuren verdichten lassen. Derzeit werden in Deutschland 88 Personen überwacht, hauptsächlich Sexual- und Straftäter. Kommen 200 bis 300 Gefährder hinzu, dann brauchen wir, hurra, eine neue Behörde, denn das rund um die Uhre arbeitende Zentrum in Bad Vilbel ist auf maximal 100 Fesseln ausgerichtet. Ersetzt man dabei die in Deutschland eingeführte Standardfessel aus Israel durch das komfortable Zwei-Wege-System, könnten jederzeit Warn-Nachrichten an den Gefährder geschickt werden, etwa "Lass das gefällig sein!". Die übliche Gefährderansprache durch Beamtenbesuch, die zur zusätzlichen Radikalisierung führen kann, könnte entfallen.

*** Schnief, heul, schluchz: Auf einer re:publica schloss ihn die "Netzgemeinde" im Jahre 2015 in ihr großes Herz, nun ist er tot. Zygmunt Bauman beschäftigte sich mit vielen Formen der liquiden Überwachung, nicht nur mit Fußfesseln und Videokamera-Installationen. Er war im Internet unterwegs und warnte davor, sich auf diesem Schlachtfeld in den "Online-Schutzraum" der großen Vereinfachung zu begeben und als moralisch blinde und taube Internauten zu agieren. In seiner letzten Veröffentlichung beschäftigte sich Bauman mit den Flüchtlingen, den "Strangers at our Door" (deutsch: "Die Angst vor den anderen"). In diesem Essay arbeitete er den Zusammenhang zwischen Migration und Panikmache und erklärte das, was in England gerade "Migrationskrise" genannt wird. "Diese Krise ist im Augenblick eine Art politisch korrekter Deckname für den ewigen Kampf der Meinungsmacher um die Eroberung und Kontrolle des Denkens und Fühlens der Menschen. Die Berichterstatung von diesem Schlachtfeld löst derzeit fast schon so etwas wie eine 'moralische Panik' aus." Dabei ist das offene Gespräch mit den Ankommenden unerlässlich, mahnte Bauman wider und wieder an, weil alle Gesellschaftsformen sich auf die bevorstehende Kosmopolitisierung im großen Stil vorbereiten müssten, von der die "Migrationskrise" nur ein schwaches Vorspiel sei. Schnief, tempogreif.

Was wird.

Wenn diese kleine Wochenschau online gegangen ist, hat der Auftrieb der Entscheiderherden nach Davos zum Weltwirtschaftsforum längst begonnen. Dort wollen sich die Macher über ihr Steckenpferd die vierte industrielle Revolution beraten und sich einfach etwas besser fühlen, ganz ohne Trump, Putin und Merkel. Denn die Hominii Davosiensi sind verunsichert und verzagt wie nie und fragen sich gar, ob sie und ihre ständige Forderungen nach Disruption und grenzenlosem Kapitalismus am Ende gar verantwortlich sind für den populistischen Backlash. Ja, Davos macht sich Sorgen, heißt es dann in der Schwammsprache des Journalismus, wo doch das abgesperrte Bergkaff der allerletzte Ort sein dürfte, der "sich Sorgen" macht, wenn der dritte Kolonialismus seine Zukunft verhandelt. Die beste Zusammenfassung ebenda, in der Le Monde Diplo: "Eine Clique von global vernetzten Supperreichen betreibt die systematische Ausbeutung der übrigen Welt, von nun an tut sie es unter direkter Beteiligung des mächtigsten Politikers der Welt."

Für Davos Warmlaufen, das ist auch so eine Disziplin, die nach einem hübschen Erikativ sucht. In den angesagten Feuilletons wird dabei schwer geklotzt, poch, schepper über "Mensch, Moral und Maschine" in Frankfurt und wetz, keuch mit dem Aufruf "Raus aus der Steinzeit" in München. Da fordert man ein "Neuland-Update" für Deutschland als wäre die BRD ein Stoffel-System wie eines von Microsoft: "In einem Betriebssytem auf dem Computer lassen sich bestimmte Programme bekanntlich nur installieren, wenn dieses auf dem neuesten Stand ist. Gleiches gilt für die Digitalisierung in diesem Land." Insgesamt sollen bescheidene vier Updates und ein "Chief Digital Officer" im Rang eines Bundesministers dafür nötig sein. Das ist doch mal eine Ansage, oder? Damit das in Deutschland reibungslos klappt, sollten fähige Staatssekretäre für PPP-Projekte (Buzzwords & Hypes) und Strategie (Disruptionsgefasel) mit superschnellen 3D-Druckern für fesches Irgendwas den CDO bei seinen Updates unterstützen. Ist Whammer, Jammer ein Erikativ?

Achja, Deutschland: Wie üblich gibt es vor Davos dabei im Tiefland zu München die DLD-Konferenz aus dem Hause Hubert Burda Media, diesmal mit dem Motto "What's Up?", als "Was'n los hier?" übersetzbar. What's Up, Marissa, könnte man fragen, doch Marissa Mayer ist nicht mehr der Superstar von Google, den die DLD feierte, sondern auf Job-Suche. Höhepunkt in München soll ein "Fireside Chat" mit Microsoft-Chef Satya Nadella über die ansprechbare und verantwortungsbewusste Nutzung der künstlichen Intelligenz sein, und das um 9 Uhr in der Frühe. Danach werden ethisch programmierte Roboter von der Firma Hanson demonstriert, die sich nicht so garstig aufführen wie mein Namensvetter HAL 9000. "Was denn?" – man sollte halt auch von Disruptionsgefasel und Buzzword-Bingo nicht aus der Ruhe bringen lassen. Ich gehe jetzt den Gaston in mir suchen. Etwas mehr von ihm täte allen gut.

Quelle : www.heise.de

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