Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 286024 mal)

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #495 am: 12 Januar, 2014, 01:02 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Diese kleine Wochenschau ist dem Gedenken an Aaron Swartz gewidmet, der heute vor einem Jahr sein junges Leben beendete. Für seinen Ausstieg aus dieser Realität gab es mehrere Gründe, auch persönliche. Eine übereifrige Staatsanwaltschaft, eine gleichgültige Universitätsverwaltung und die US-amerikanische Hacker-Hysterie zählen zu den benennbaren Gründen. Am Ende sah der hochtalentierte Hacker und Internet-Aktivist keinen lebbaren Ausweg. Der offizielle Aktionstag ist erst in einem Monat, doch neben der Aktion gibt es auch die Kontemplation. In Zukunft wird man immer dann an Aaron erinnern müssen, wenn von der Verantwortung der Informatik (der Computer Science etc.) die Rede ist. Es gibt hier wie überall in der Welt genügend junge Leute, die sich damit beschäftigen, Bürgerrechte mit den Mitteln der IT zu verteidigen. Sie verdienen Schutz, weit über Aarons Law hinaus, das selbst schon in Vergessenheit gerät. "Nur wenn, was ist, sich ändern lässt, ist das, was ist, nicht alles." (Adorno)

*** Media, das sind nicht nur die US-Medien, die selbstverliebt diskutieren, was denn ein Journalist ist und was ein Aktivist, wo die Gemeinheit mit einer Sache beginnt und wo das Schwänzchen eingeringelt, das Rückrat flexibel durchgebogen werden muss. Media ist in den USA "Evereybody's Hometown", laut Wikipedia ein Kaff im Kaffgürtel rund um Philadelphia. Im Jahre 1971 schaffte es Media in die Nachrichten, weil Unbekannte in ein Büro des FBI einbrachen und über 1000 Dokumente entwendeten. Die Gruppe, die sich "Citizens Comission to Investigate the FBI" nannte, übergab 14 Dokumente aus dem Einbruch an die Medien, die sich größtenteils weigerten, über die Papiere zu berichten. Die Zeitungen, die doch berichteten, folgten der Intervention eines Professors namens William C. Davidon, der als Aktivist gegen den Vietnamkrieg bekannt war und dem die Papiere zugespielt worden waren. Heraus kam, dass das FBI ein "Counterintelligence Program" (Cointelpro) mit dem Ziel betrieb, Kommunisten, Kriegsgegner und alles Subversie zu zermürben und zu diskreditieren. Das unter dem FBI-Chef Edgar Hoover im Mai 1956 aufgelegte Angriffsprogramm betraf 2340 Einzelpersonen, deren Geschäfts- und Privatleben durch Gerüchte und gefäschte Dokumente zerstört werden sollte.

*** Seit gestern liegt "The Burglary: The Discovery of J. Edgar Hoover's Secret FBI" auf meinem Schreibtisch, in der die Journalistin Betty Medsger die Geschichte des Einbruchs in Media erzählt. Mit der Veröffentlichung des spannenden Buches im Krimi-Stil 43 Jahre später meldeten sich in dieser Woche auch die noch lebenden Aktivisten zu Wort, deren Whistleblowing zahlreiche Konsequenzen hatte. Erinnert sei nur an die Begründung der deutschen Roten Armee Fraktion im Jahre 1977, diese "Counterinsurgency" an der Wurzel zu bekämpfen. Erinnert sei auch an die Anhörung des Programmleiters von Cointelpro, Ed Sullivan, der vor dem Untersuchungsausschuss zu den illegalen Aktivitäten seiner Gruppe sagte:

Nicht ein einziges Mal habe ich irgendjemanden, mich eingeschlossen, fragen hören: 'Bewegt sich diese Vorgehensweise, auf die wir uns geeinigt haben, im Rahmen des Gesetzes? Ist sie legal? Ist sie ethisch oder moralisch korrekt?' Wir dachten niemals in diese Richtung, denn wir waren Pragmatiker durch und durch. Uns interessierte nur eins: Wird diese Vorgehensweise funktionieren, werden wir die Leute dahin kriegen, wo wir wollen?" (Tim Weiner, Enemies - A History of the FBI)

*** Warum diese Ausführlichkeit? Bekanntlich wurde am Donnerstag vor dem Geheimdienstausschuss des US-Repräsentantenhauses davon gesprochen, dass Edward Snowden 1,7 Millionen Geheimakten gestohlen haben soll, mit "vermutlich tödlichen Konsequenzen für unsere Truppe im Feld". Mit John Young von Cryptome darf man diese Größenordnung in Zweifel ziehen, mit den Erfahrungen der FBI-Whistleblower darf man von moderner Cointelpro sprechen oder meinetwegen von FUD. Man nehme eine genügend große Zahl, setze die aufrecht kämpfende Truppe dazu, und schon wird irgendwie Blut an Snowdens Händen kleben. So dachten damals, so denken heute Propaganda-Pragmatiker, und die Presse macht sich gemein. Bonnie Raines, die damals für die Einbrecher das Gebäude auskundschaftete, sprach in dieser Woche von einer Geistesverwandschaft mit Edward Snowden.

*** Bekanntlich gibt es zwei Blogger, die textanalytisch gesehen die radikalsten Blogs im deutschen Sprachraum führen. Dieser Tage haben Fefe und Don Alphonso eine weitere Gemeinsamkeit gezeigt. Die Unfähigkeit, Quellen zu überprüfen, führte dazu, dass beide eine Assange-Meldung vom Mai 2013 als aktuelle Nachricht interpretieren, wobei es beim FAZ-Blogger nur ein Aufhänger ist für eine wüste Abrechnung mit der Piratenpartei, sehr zum Geschmack der Leserschaft, die prompt nach dem Verfassungsschutz kräht. All der Aufwand, weil die Piratenpartei angeblich von einer ihm verhassten Antifa übernommen wird. Da muss doch was getan werden, gerade nach den Hamburger Schützengräben. Erst recht in einer posthitzlspergerischen Moderne, in der Heteros Mut haben müssen, so bedroht von Kickern und "Penislisten".

*** Als er noch LeRoi Jones hieß, erschienen sein Buch Blues People, das einflussreiche Vorbild für Sympathy for the Devil. Spätestens mit seinem Manifest für eine schwarze Kunst gelangte er auf die Cointelpro-Liste des FBI: Alle hier auftretenden Musiker wurden überwacht. Die Aufforderung, tödliche Gedichte zu schreiben, hatte etwas Bedrohliches. Aber der in dieser Woche gestorbene Amiri Baraka verstand unter Black Power den friedlichen Krieg der Worte, und damit kommt ein leicht gezupfter und gezauster Blues.

*** In Österreich starb der Widerstandskämpfer Fritz Molden, in Deutschland der hessische Datenschützer und spätere Verfassungsrichter Winfried Hassemer. Auf ihre recht unterschiedliche Weise glaubten beide an die Freiheit, an die Presse oder an das freiheitliche Strafrecht, das uns vor der Maßlosigkeit der Sicherheitsfanatiker schützt. Doch wie geht das mit dem ehrenden Andenken, wenn die politische Welt dem Schlächter von Qiyba den Vorzug gibt?

Was wird.

Oh, Katzenbilder? Schon, aber von Rosas Katze Mimi gibt es offenbar noch kein Foto im Wehwehweh. Lieber noch ein langes, höchst aktuelles Zitat. Es stammt von Rosa Luxemburg, für die heute die übliche Gedenkdemo verknöcherter Altkommunisten stattfindet. "Ohne allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse und Versammlungsfreiheit, freien Meinungskampf erstirbt das Leben in jeder öffentlichen Institution, wird zum Scheinleben, in der die Bürokratie allein das tätige Element bleibt. Das öffentliche Leben schläft allmählich ein, einige Dutzend Parteiführer von unerschöpflicher Energie und grenzenlosem Idealismus dirigieren und regieren, unter ihnen leitet in Wirklichkeit ein Dutzend hervorragender Köpfe, und eine Elite der Arbeiterschaft wird von Zeit zu Zeit zu Versammlungen aufgeboten, um den Reden der Führer Beifall zu klatschen, vorgelegten Resolutionen einstimmig zuzustimmen, im Grunde also eine Cliquenwirtschaft – eine Diktatur allerdings, aber nicht die Diktatur des Proletariats, sondern die Diktatur einer Handvoll Politiker, d.h. Diktatur im rein bürgerlichen Sinne, im Sinne der Jakobinerherrschaft."

Allgemeine Wahlen, ungehemmte Presse, freier Meinungskampf, aktive Politik aller statt der Diktatur einer Handvoll Politiker! Ja das könnte uns gut anstehen, viel besser als die Große Koalition und ihre pofallistische Cliquenwirtschaft. Aber ach, aus Bayern kommt die Kunde, dass elektronische Wahlen eingeführt werden sollen. Entsprechende Planungen sollen für Volksabstimmungen laufen. Vielleicht wird ja der digitale Wahlzettel in die hochsichere nPA-Box geworfen, die jedem Bayern zusteht, und es wird über Port 32764 geprüft, ob Bayerns Bürger auch gewählt haben. Am Ende heißt es dann, Ozapft is, oder halt, das war ein anderes Un-Wahlprogramm. Wie auch immer: Vielleicht findet sich noch eine Lösung, die immer wichtigere Vorratsdatenspeicherung einzubauen. Der Bürger will doch ausgespäht werden, ist es nicht so?

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #496 am: 19 Januar, 2014, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ach, ist das traurig! Dieser Text ist am Internet Freedom Day geschrieben. Tage gibt's noch, unsere Freiheit wird familienfreundlich am Hindukusch verteidigt, aber das Internet, schluchz. All mein Hoffen, all mein Sehnen, meines Lebens schönster Traum, dahin, dahin und nichtmal ein letztes Ei gelegt. Das Internet ist kaputt. Echt jetzt. Obwohl jeder diese kleine Wochenschau im Internet finden und lesen kann, womit eigentlich bewiesen wäre, dass das Internet funktioniert. Aber das wäre zu einfach. Das Internet ist kaputt, sagt Sascha, der sonst nicht die großen Worte liebt. Denn Sascha, oh Sascha, hat am eigenen irokesischen Körper den allgemeinen Narzissmus durchlitten, den jede Gesellschaft erfährt, die den Widerspruch zwischen Selbstbild und Realität nicht aushalten kann. Was bei Sascha übrigens ein schwer religiöses Selbstbild war, Paradies inklusive: "Mit dem Netz hatte sich der bisher vielfältigste, zugänglichste Möglichkeitsraum aufgetan, stets schwang die Utopie einer besseren Welt mit." Als hätte Ernst Bloch und nicht, ähem, Googles Vint Cerf das Internet konstruiert.

*** Wie war das eigentlich mit der besseren Welt, bevor Sascha Lobo sich aufmachte, die verschiedenen Stämme der "Netzgemeinde" in dieses Paradies zu führen? Wer das dicke Arpanet Sourcebook durchblättert oder die vielen, vielen Bücher zur Entstehung des Internet durchforstet, wird nicht wirklich fündig werden. Die Passage, die am ehesten an eine bessere Welt erinnert, stammt von Joseph C. Licklider und Robert Taylor, die in The Computer as a Communication Device schrieben:

"Unemployment would dissappear from the face of the earth forever, for consider the magnitude of the task of adapting the network’s software to all the new generations of computer, coming closer and closer upon the heels of their predecessors until the entire population of the world is caught up in an infinite crescendo of on-line interactive debugging."

*** Vergesst Sisyphos, den glücklichen Menschen. Die bessere Welt ist eine Erde, auf der ein glücklicher, lauter Haufen eifrig debuggender Fefes lebt – was für eine anheimelnde Utopie. Die Probe des Puddings sieht anders aus, allein schon deswegen, weil die Überwachung der NSA alles andere als effektiv ist. Wie sagte Obama? "Wir werden uns nicht entschuldigen, nur weil unsere Dienste vielleicht effektiver sind." Diese unsere, ach so schlechte Welt müsste beben vor Lachen über ihn, angesichts der effektiven Dienste.

*** Und was ist das Internet, wenn es nicht kaputt ist? Der Puddingprüfer bringt es auf den Punkt:

"Ein sehr sehr mächtiges, sehr sehr vielfältiges, schnelles, wundervolles Kommunikationsmittel, das zum Beispiel mir viel Freude, so ziemlich alle meine wenigen Freunde, viele Informationen und Einsichten und einen Großteil dessen, was mir Spaß macht, beschert. Damit will ich es nicht abwerten, im Gegenteil. Kommunikation ist, womit wir die Welt verändern müssen, wenn wir es wollen, denn anders geht es nicht."

*** Aber wie geht sie noch, die gute alte Kommunikation? Nach der Kritik an GSMK und dem mangelnden Willen, mit etwas Crowdfunding ein Cryptophone für diejenigen zu bauen, die über das Hamstern der NSA hinausdenken, ist es interessant, wie rockig und applemäßig sich Blackphone auf seinen Webseiten präsentiert. Man sieht Werbung für ein Abenteuer, für eine Reise in unbekannte Gebiete. Nur logisch, dass da deutsche Hacker aus dem CCC-Umfeld unruhig werden und den Vergleich zur Homöopathie bemühen, lange bevor das sichere Smartphone überhaupt erschienen ist. Vielleicht ist die aufdringliche Machart der Tatsache geschuldet, dass Blackphone auf dem schreiend bunten Mobile World Congress in Barcelona debütiert. Vielleicht ist es Pose, wie das "All-Star-Team" der Kryptographen, die am Projekt mitarbeiten. Immerhin soll das Produkt dank Open Source überprüfbar sicher sein. Es ist nicht schlecht, wenn der Maker-Impuls zu widerständiger Hardware führt, wie Pond-E-Mail in der Software. Baut neue Netze, dann zittert das Establishment. Oder so ähnlich. Es ist alles eine Frage von Macht und Gegenmacht.

*** Saschas viele Worte toppte in dieser Woche der Internet-Skeptiker Evgenij Morozov mit der Erkenntnis, dass das Internet keine Geiseln nimmt. Wer keine Geiseln nimmt, tötet und zerstört. Das Internet ist nicht kaputt, sondern macht kaputt, und wie! Morozov merkt natürlich, dass das Internet von allein nicht einmal der kleinsten Wanze etwas tut und so müssen sie her, die "Internetexperten" und ihre Spur der Vernichtung. Die Staaten und ihre Dienste tun nichts gegen sie, selbst die Wirtschaftspolitik haben sie aufgegeben. Wer so auf diese Experten drischt, braucht nicht einmal die NSA oder andere böse Dienste zu erwähnen. Der Fairness halber sei gesagt, dass es in der Debatte auch gute Beiträge gab, etwa Obama, Merkel, and the Bridge to an Information Civilization, den ein durchgeknallter Algorithmus mit "Wir stehen vor dem Abgrund, Mr. President" übersetzte. Sind wir heute schon einen Schritt weiter?

*** Die Frage ist, was das Internet und all die übrige neue Technik den Vielen gebracht hat. Ein besseres Leben, erfüllte Arbeit, gar Vollbeschäftigung und glückliches Debugging für Jedermann? Gerade weil dies nicht stimmt, geht niemand auf die Straße und empört sich über Spion und Spion. Insofern hat Shoshana Zuboff recht:

"Ein ganzes Füllhorn 'revolutionärer' Technologien hat nur wenig Revolutionäres bei all den Dingen bewirkt, die wirklich bedeutsam für eine erfolgreiche neue Zivilisation wären: gemeinsamer Wohlstand, demokratische Werte, Rechtsstaatlichkeit, breite gesellschaftliche Partizipation, Lösung von Umweltproblemen und Ressourcen für individuelle Verwirklichung auf allen Ebenen der Gesellschaft. Zusammen ergibt das eine schwierige Lektion: Nicht Technologien erschaffen erfolgreiche Zivilisationen. Das können nur Menschen."

*** Wie naiv klingt dagegen das Gerede der homini davosiensi atque occulti: Die Technologie versteht uns immer besser. Beim anlaufenden Davos-Auftrieb in München darf man gespannt sein, was für eine Rede Perry Barlow von der Freedom of the Press Foundation halten wird. Mit seiner seltsamen, vor 18 Jahren in Davos vorgetragenen Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace begann die Verguckung in eine bessere Welt:

"Regierungen der industriellen Welt, Ihr müden Giganten aus Fleisch und Stahl, ich komme aus dem Cyberspace, der neuen Heimat des Geistes. Im Namen der Zukunft bitte ich Euch, Vertreter einer vergangenen Zeit: Laßt uns in Ruhe! Ihr seid bei uns nicht willkommen. Wo wir uns versammeln, besitzt Ihr keine Macht mehr."

Heute dürften Giganten wie Google und Amazon bei diesen Worten höflich schmunzeln, mit Beifall aus der Geheimdienstecke. Denn dort, wo sie sich versammelten, in virtuellen Welten, da war man beizeiten munter dabei.

Was wird.

Der nächste Feiertag ist christlich geprägt und erinnert an die Bedeutung der sozialen Kommunikationsmittel. Zuletzt wurden da soziale Netzwerke im kaputten Internet als "Portale der Wahrheit und des Glaubens" geehrt. Wie wäre es diesmal, die Wahrheit und Ehrlichkeit von TK-Providern zu feiern, so wahr ihnen Gott helfe. Denn das, was unsere neue Regierung mit der Vorratsdatenspeicherung jetzt vorhat, gehört in die Kategorie des "Glaubens an übernatürliche Wesen". Das vollständige aktuelle Interview mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière macht auch den Klügsten ratlos. Da fragt der Interviewer ganz harmlos, wie denn die Sicherheit der bei den Providern gespeicherten Vorratsdaten gewährleistet ist und bekommt die Antwort: "Das ist ein sehr wichtiger Punkt, auf den es noch keine befriedigende Antwort gibt." Nach all den Enthüllungen über NSA und GCHQ ist diese Antwort erschreckend, auch wenn der Minister neu (im alten Amt) ist. Eine revisionssichere, allen Forensik-Standards genügende, mit zukunftssicherer Verschlüsselung arbeitende Zugriffsmethode müsste längst vom BSI für Ermittler entwickelt worden sein. Wenn dies nicht der Fall ist, ist die beabsichtigte Vorratsdatenspeicherung genau das, was die Kritiker befürchten: Der Einstieg in die Totalüberwachung. Auch wenn alles Folklore sein soll.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #497 am: 26 Januar, 2014, 00:07 »
Ach, Spenden. Den Protagonisten aktueller Ereignisse wünscht man, dass sie anständig bezahlt werden. Revolutionen machen sich zwar schlecht mit gefüllten Bäuchen, verhungerte Revolutionäre sind aber auch nicht so richtig erfolgreich, behauptet Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Lang, lang ist es her, anno 1993, da donnerte und grollte es in Davos und die Unabhängigkeitserklärung des Cyberspace wurde verlesen von einem, der aus der Zukunft kam, in der Staaten und Konzerne nichts mehr zu sagen haben. Perry Barlow ist in dieser Woche noch einmal aufgetreten, mit einer weitaus weniger donnernden Botschaft: Für die genaue Kontrolle dessen, was über ihn bei NSA und Co gespeichert ist, wäre er bereit, seine "Privacy" aufzugeben. Offenbar hält der alte Cowboy wenig von der Privatsphäre, auf die in Europa so viel Wert gelegt wird. Und die schöne Zukunft des Cyberspace ist klebrig und eklig geworden: "Schleimspuren im Netz" ist alles, was wir hinterlassen, ständig und selbst noch dann, wenn wir vor der Glotze hängen, den Großinquistor Lanz bei der Arbeit zuguckend. Wie schön das doch war:

"Der Cyberspace besteht aus Beziehungen, Transaktionen und dem Denken selbst, positioniert wie eine stehende Welle im Netz der Kommunikation. Unsere Welt ist überall und nirgends, und sie ist nicht dort, wo Körper leben. Wir erschaffen eine Welt, die alle betreten können ohne Bevorzugung oder Vorurteil bezüglich Rasse, Wohlstand, militärischer Macht und Herkunft."

*** Nun gut, das Weltwirtschaftsforum in Davos ist auch nicht mehr das, was es einmal war. Wer Fotos sieht, wie sich der künftige Davos-Chef Philip Rösler samt Frau an die Maschmeyers anschmiegt, wird an Richard Sennetts Charakterisierung des Homo Davosiensis und seines Hofstaates der Medienschranzen im Jahre 1998 denken müssen, der den Homo Faber abgelöst hat:

"Hier auf den Schweizer Skipisten, wie zum Sport gekleidet, sind die Sieger versammelt. Eines habe ich aus meiner Vergangenheit gelernt: es wäre fatal, sie bloß als Bösewichte zu sehen. Während meinesgleichen darin geübt ist, die Realität ständig mit einer Art passivem Argwohn zu betrachten, ist der Hofstaat von Davos voller Energie. Er verkörpert die großen Veränderungen, die unser Zeitalter geprägt haben: neue Technologien, den Angriff auf starre Bürokratien und eine grenzüberschreitende Wirtschaft. Dies ist eine Versammlung der Erfolgreichen, und viele ihrer Erfolge schulden sie der Ausübung der Flexibilität."

*** Ja, dort in den Schweizer Bergen, wo keine Himmler-Briefe auftauchen, aber die 85 Reichsten mit ihrem Gefolge und ihren Politikern zusammenkommen, um darüber zu beraten, wie es weitergehen kann mit der Exenteration der Welt. Das mag der Papst noch so sehr an die Verantwortung der Erfolgreichen appellieren, die aus dem Geschenk Gottes ordentlich Kapital schlagen – und wenig für Spenden und mildtätige Gaben übrig haben. Bill Gates sei hier ausdrücklich ausgenommen: Es gehört zur Ironie der Geschichte, dass Sennett den damals noch amtierenden Microsoft-Chef als Prototyp des Homo Davosiensis beschrieb.

*** In München bedauerte John Perry Barlow, dass kein Geld für eine Videoschaltung mit seinem Freund Julian Assange zur Verfügung stand. Die von ihm mitgegründete Freedom of the Press Foundation habe eine halbe Million Dollar für Wikleaks sammeln können. Das ist, verglichen mit der Spende von 3885 Bitcoins von mehr als 2200 Spendern sehr wenig Geld. Vergleicht man es gar mit den wenigen Spenden, die nach der Fragestunde mit Edward Snowden kommen, kann man nur hoffen, dass er für das Fernsehinterview, das die ARD mit ihm heute abend ausstrahlt, besser bezahlt wird. Revolutionen machen sich zwar schlecht mit gefüllten Bäuchen, verhungerte Revolutionäre (zu denen sich Snowden aber wohl eh nicht zählt, verhungert oder nicht) aber sind auch nicht so richtig erfolgreich. Vielleicht sollte er sich mal bei seinem alten Arbeitgeber melden, wo der Abweichler dafür gesorgt hat, dass neue Arbeutsplätze geschaffen werden.

*** Womit wir wieder einmal beim Schnüffel-Thema NSA angelangt sind. Denn es gehört zu den Seltsamkeiten in diesem unseren Land, dass ein Bundespräsident Kritik übt, während der zuständige Minister die Geschichte verharmlost, vielleicht sogar veralbert. Während der Präsident Gauck in dieser Woche in Hinblick auf die NSA proklamiert, dass eine flächendeckende Speicherung der Kommunikationsdaten nicht hinnehmbar ist, kommt Innenminister de Maizière zu dem Schluß: "Es gibt andere Staaten, die sich viel schlimmer verhalten.". Dies als Antwort auf die Frage türkischer Journalisten, was er denn zum Abhörskandal der NSA sagen könne. Währenddessen kommt dem führenden investigativen Journalisten Deutschlands der schauerliche Verdacht, die NSA könnte getäuscht haben. Wie gruselig! Wie wäre es mit einem weiteren gelehrten Zitat.

"Vorausschauend stellt die NSA, während der Rest der Welt in John von Neumanns klassische Computer-Architektur eingeht, schon wieder um: auf optische Rechner, Oberflächenwellenfilter und Ladungsverschiebungselemente, die (als 'Ladungs-Übertragungsgeräte' im Übersetzerdeutsch) 'mehr als tausend Billionen Multiplikationen pro Sekunde' leisten. So mögen eines Tages jene 99,9 Prozent, die im Datenstrom auf diesem Planeten noch an der NSA vorbeigehen, zu erfassen und auszuwerten sein."

*** Eine neue Erkenntnis? Keineswegs. Die Zeilen schrieb der :verstorbene Friedrich Kittler im Jahre 1986, als er das erste NSA-Buch von James Bamford rezensierte. Eigentlich kann man noch weiter zurückgehen, bis zu Kafkas Process, dem unfertigen Buch, das vor 100 Jahren entstand. Als im Sommer 2013 die Konturen der neueren geheimdienstlichen Überwachung bekannt wurden, schrieb John W. Whitehead, der Präsident des Rutherford Institutes über das neue Amerika:

"Josef K’s plight, one of bureaucratic lunacy and an inability to discover the identity of his accusers, is increasingly an American reality. We now live in a society in which a person can be accused of any number of crimes without knowing what exactly he has done. He might be apprehended in the middle of the night by a roving band of SWAT police. He might find himself on a no-fly list, unable to travel for reasons undisclosed. He might have his phones or internet tapped based upon a secret order handed down by a secret court, with no recourse to discover why he was targeted. Indeed, this is Kafka’s nightmare, and it is slowly becoming America’s reality."

*** Nun gab es schon einmal eine Periode, in der die USA aus Sicht der Linken in Ost wie West ein grundübler Staat war. Es war die Zeit, als man für Angela Davis demonstrierte, die heute ihren 70. Geburtstag feiert. Sie wurde seinerzeit der Black Panther Party zugerechnet, obwohl sie nur Mitglied der braven "moskautreuen" CPUSA war. Der Universitätsdozentin, die gegen den Widerstand des kalifornischen Gouverneurs Ronald Reagan unterrichten durfte, wurde ein Waffenkauf zum Verhängnis, weil die gekaufte Waffe bei einer missglückten Gefangenenbefreiung benutzt wurde. Gegen ihre Verhaftung und gegen die Verfolgung der Mitglieder der Black Panther protestierten viele K-Gruppen und anarchistisch Bewegte, auch die Informatiker der Roten Zelle Kybernetik und Elektrotechnik (Rotzkybel). Gegenwärtig lehrt Angela Davis an der Universität Frankfurt und trifft auf Leute, die die T-Shirts mit ihrem Afrokopf tragen, aber nicht ihre Geschichte kennen. Die Frau, die Jahrzehnte lang vom FBI beschattet wurde, ist von den Enthüllungen Edward Snowdens nicht überrascht worden. Na, wie wäre es mit einem kleinen zeitgenössischen Geburtstagsständchen?

Was wird.

Achja, die Zeiten, aber von wegen die guten, alten. Seit wenigen Wochen sind in den USA Dokumente freigegeben worden, die für Historiker wie Drohnenforscher interessant sind. Zwischen 1968 und 1972 waren ferngesteuerte Drohnen die einzigen US-Flugzeuge, die ungefährdet über Vietnam, China und Nordkorea fliegen konnten, so der Bericht eines Staffelführers. Angesichts der nachweisbaren Tatsache, dass in diesem Zeitraum mit Agent Orange bombardiert wurde, darf die Frage nach Kampfdrohnen jetzt auch von Historikern gestellt werden. Das kleine Detail aus der Vergangenheit soll darauf hinweisen, dass ab Montag die Drohnendebatte weiter geht, abseits der zeitgenössischen Spionagedebatten. Denn dann wird das friedensethische Papier der evangelischen Kirchen Deutschlands vorgestellt. Ein kleiner Vorgeschmack auf das Papier, mitverfasst von unserem neuen Gesundheitsminister Gröhe: "Fünftens: Die institutionalisierte Praxis des gezielten Tötens nicht staatlicher Gewaltakteure sowie die Entwicklung und der Einsatz der Drohnen-Technologie erweisen sich als dringend zu klärende Fragestellungen auch infolge des Afghanistan-Einsatzes." Die ach so familienfreundliche Bundeswehr, die Probleme mit Frauen und mit Minderjährigen hat, freut sich schon auf die Debatte im Vorfeld der Münchener Sicherheitskonferenz. Oder hört man da ein gequältes Stöhnen im Bendlerblock?

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« Antwort #498 am: 02 Februar, 2014, 06:33 »
Government gegen Googlement, der neue Kalte Krieg anno 2014. Ach, es gibt keinen Unsinn, der auf dieser Welt nicht als ernsthafte Kritik am digitalen Alltag zu verkaufen wäre, grummelt Hal Faber.

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Was war.

*** Noch erscheint diese kleine Wochenschau im kleinen Verlag im schönen Hannover am Rande der Norddeutschen Tiefebene, hochgepumpt auf die Server in Frankfurt. Noch die nächsten 86 Jahre, bis Hannover abgesoffen ist und Ibbenbüren ein Erholungsort an der Nordseeküste ist, von dem die Niederländer (die das Saarland aufkauften) sehnsüchtig gen Westen schauen. Das alles ist natürlich die Schuld der bösen NSA und ihrer treu sorgenden Firma CSC, die gemeinsam den Klimagipfel ausspionierten, was die Klimakatastrophe alternativlos macht. All das nur, um in Rockville einen schönen Strand zu haben, mit Surftripps rund um die Ruinen der alten NSA. Keine Bange: All die abgeschlämmten Inhalte und viele, viele Metadaten liegen sicher und trocken in Utah.

*** Wo es solche unruhigen Perspektiven bis anno 2100 gibt, stimmt es doch besinnlich, dass es auch in 86 Jahren etwas gibt, an dem man sich festhalten kann: Wenn es Computer-Tipps für die Ewigkeit gibt, dann muss es auch auf ewig Computer geben, die dank ewiger Weisheiten funktionieren. "Lesen Sie das Handbuch", diese uralte Weisheit hat noch Bestand, wenn sich die Seehunde auf der Sandbank der Elbphilharmonie tummeln.

*** Wer heute etwas vorausschauend agieren will und sein Haus nicht auf Sand bauen will, dem rät ein Experte wie Rosling zum Kauf von somalischen Küstengrundstücken. Denn nicht nur das Wasser steigt, auch die Bevölkerung schwillt an. Somalia, dieser aufstrebende Staat ist eine echte Option, gleich gegenüber den Vereinigten Staaten von Arabien gelegen und neben Europäisch-Südafrika, wo unsere Jungs von Bundeswehr und Bundesmarine nach Maßgabe der Gauck-Doktrin klar Schiff gemacht haben. Denn seit dem 1.2.2014 braust ein Ruf wie wie Donnerhall: "Abwarten ist keine Option!" Was übrigens auch ein zeitloser Computer-Tipp sein könnte.

*** Ja, Isaac Asimov war ein besserer Visionär als unsereins, aber schließlich stand ihm der Personal Computer als Konzertflügel begabter Pianisten nicht im Visionswege, als er die Welt im Jahre 2014 anlässlich der Weltaustellung 1964 schildern sollte. Von wegen "Friede durch Verstehen", beginnt Asimov doch gleich mit dem thermonuklearen Krieg. Wenn dieser passieren sollte, macht er jede Diskussion der Zukunft überflüssig. Uns steht bekanntlich ein anderer Krieg bevor. Bei Maybritt Illner wurde vom neuen Kalten Krieg der Bits und Bytes gesprochen, der eine Welt des Misstrauens entstehen lässt, die schlimmer sein soll als der Kalte Krieg anno 1964. Warum? Weil neben den Regierungen nun auch Konzerne kämpfen und Government gegen Googlement steht. Das hat jedenfalls ein adliger Powerpoint-Präsenter in München gemeint, der zum Schaudern seiner Zuhörer ein "pointillistisches Gemälde" eines Cyberangriffes zeigte – vielleicht war die Auflösung des Beamers falsch eingestellt. Aber, hach, die Message tuts auch ohne Pünktchen: "Facebook könnte Regierungen stürzen." Das ist mal eine Ansage. Vielleicht sollte Zuck klein anfangen, wie wäre es mit Mali?

*** Genau, genau, Facebook hat ja Geburtstag, irgendwie, und da 10 Jahre in diesem Netz der Kurzzeitgedächtler 10 Internet-Jahre sind, bei denen man Männchenjahre mulitplizieren muss, hagelt es Ergebenheitsadressen für den Viel-Apper. Ja, wie sieht eine Welt ohne Facebook-Freunde aus? Was sind überhaupt Freunde, wenn nicht die Gefälltmirs auf Facebook? Ganz zu schweigen von dem Beziehungsstatus, für den es einstmals 25 verschiedene Einstellungen gab. Wann und warum ist eigentlich polymorph pervers gestrichen worden? Es wird Menschen geben, die bei der Berechnung ihres Facebook-Lebens entdecken, das das Ganze das Unwahre ist und andere, die in wirklich jeder NSA-Debatte auf die Jugend verweisen, die alle ihre Daten bei Facebook liegen lässt zur geflissentlichen Auswertung. Deshalb ist die NSA gleich ein ganzes Stück weniger böse, da sie kein Profit macht mit ausgrepressten Daten. Und bittschön, kann die NSA überhaupt noch heutzutage eine Regierung stürzen wie Facebook? Was dann in den nächsten 10 Jahren passieren müsste, ehe Facebook gruschelnd untergeht.

*** Mit dem wunderbaren Aufruf Waffen für Ed Snowden hat die tageszeitung den Anfang gemacht, mit der Debatte über den Nobelpreis für Snowden geht es weiter. Sein Auftritt im Fernsehen hat die Menschen bewegt wie lanz nicht mehr. Wenn selbst ein die US-Geheimdienste beratender Cowboy wie John Perry Barlow für Snowden ist, kann daraus eine machtvolle Bewegung werden, wie es die Snowden-Solidaritätskomitees in ihrer Hommage an seelige AfE-Turmzeiten formulieren:

Wer Günther Jauch vor Edward Snowden sendet, mordet die Menschenwürde. Wenn wir nach langer und kontroverser Diskussion diesen Aufruf an Euch richten, so ist uns die politische Problematik bewusst. Die Entwicklung, die Widersprüche, auch das Scheitern oder die Perversion von Befreiungsbewegungen und Revolutionen, die in den letzten Jahrzehnten unsere Solidarität gefordert haben, muss die Linke sehr kritisch diskutieren. Aber wer in Deutschland im Warmen sitzt und sagt: "Wer gibt mir die Garantie, dass die globale digitale Revolution nicht ebenso im Meinungsfaschismus endet wie andere zuvor?", muss sich den Vorwurf gefallen lassen, das Recht der Menschen auf Selbstbestimmung zu missachten - und zwar auch auf Selbstbestimmung über den Charakter der Revolution. Die Snowden-Solidaritätskomitees haben darum gekämpft, die Öffentlichkeit zu informieren und zu mobilisieren. Auch sie stehen vor der Notwendigkeit, weiterhin die ständige Verletzung der Menschenrechte darzustellen und Unterstützung zu mobilisieren, andererseits aber nicht dabei stehen zu bleiben.

*** Aber Waffen? So richtig mit Knall, Plopp, Blut und Krepieren? Wie sang einst der große gefeierte Pete Seeger über das glückliche Andorra, das vier Dollar und 90 Cents für die Verteidigung brauchte? Dafür gab und gibt Amerika Milliarden aus.

I said, "If security's what you need
I'll buy a couch for you,
A headshrinker is cheaper and quicker
And a damn site safer too."

Nun singt der Kommunist mit dem kleinen k dem beunruhigten Gott die Leviten. Wir haben immer noch Hannes Wader und eben den ganzen komischen deutschen Weg, bei dem mal eben ein Neubau des Internet angefordert wird. Snowden for ADAC-Präsident, das hätte was, der könnte uns ein No-Spy-Abkommen für Autos mit der datengierigen Autobranche aushandeln.

Was wird.

Mit wem müssen wir eigentlich noch ein abgeschmettertes No-Spy-Abkommen besprechen? Ach, das heißt Datenschutz. Nun denn: Am Dienstag soll der erste öffentliche Auftritt unseren Datenschützerin Ursula Voßhoff erfolgen, mit einer Grundsatzerklärung und ein paar ausgewählten Interviews. Ihr erster großer Fall: der seltsame Sicherheitstest des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik. Die Spannung steigt.

Am gleichen Tag steigt eine Konferenz über "Angewandte Forschung für Verteidigung und Sicherheit in Deutschland", nur für deutsche Augen. Was schwer philosophische Fragen aufwerfen könnte, hat sich mittlerweile als verunglückter Hinweis darauf herausgestellt, dass die Veranstaltung nicht gestreamt wird. Im Internet lauern doch die Schlitz- und Fettaugen der Anderen, immer bereit alles abzusaugen, was natürlich niemals Industriespionage ist. Wie sagte Ex-NSA-Chef Hayden noch bei Maybritt Illner, auf Snowdens Beispiel Siemens angesprochen: "Wir betreiben keine Wirtschaftsspionage. Aber Siemens baut diese SCADA-Systeme für Kraftwerke, da müssen wir schon handeln." In den Worten von Ritter Sir Oblong-Fitz-Oblong von Leitner steckt ein vernünftiger Spuckkern: eine Liste all derer, die im Dual-Use Spy/No-Spy-Bereich forschen und fördern, ist überfällig.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #499 am: 09 Februar, 2014, 06:00 »
PIEEEEPS the EU. Man kann sich darüber amüsieren, wie die Überwachung den Überwachern auf die Füße fällt. Auch darüber, dass eine Frau den sonst so eindeutig männlich besetzten Satz ausspricht, meint Hal Faber. Aber …

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Ein kluger Satz ist für einen schlauen Kopf nur ein Ziegenlederhandschuh: Wie schnell ist die falsche Seite nach außen gestülpt." Der große Barde Shakespeare wusste es beizeiten und der Geheimdienst Sluschba bespeky Ukrajiny machte sich nun ein Späßchen draus: "Fuck the EU." Dass ein Mitglied der US-amerikanischen Regierung unverschlüsselt telefoniert in einem Land, in dem der Geheimdienst die gesetzlich festgelegte Möglichkeit hat, jedes Telefongespräch zu unterbinden, ist eine erstaunliche Sache. Gab es kein Nuland-Phone weit und breit? Hätte man das nicht besser ganz ohne Kompromat formulieren können, wie es etwa Nulands Ehemann 2003 machte, als er publikumswirksam erklärte, dass die Amerikaner vom Mars kommen, die Europäer hingegen von der Venus?

*** "Fuck the EU" ist ein schlichter Satz mit einer eindeutigen Aussage, die alles andere als "plump" ist, wie die empörten Leitmeinungstaktgeber nun landauf, landab schreiben. "Fuck the EU", stilecht mit einem PIEEEEPS versendet, steht für eine USA, die schlicht die Nase voll hat von dem komplizierten Europa. Das mag man als Kanzlerin völlig unakzeptabel finden, weil ähnliche Aussagen wie "verpisst euch" nur für den politischen Gegner reserviert sind.

*** Übrigens liegt auch die kleine Piratenpartei falsch, die die Aussage offiziell als "auf die EU scheißen" eingedeutscht haben will. Ja, man kann sich darüber amüsieren, wie die Überwachung den Überwachern auf die Füße fällt. Auch darüber, dass eine Frau den sonst so eindeutig männlich besetzten Satz ausspricht. Vielleicht hilft der schlichte Satz, die Vereinigten Staaten als anarchisches Gebilde zu verstehen, dass sie überall dort Anarchie am Werke sieht, wo es gegen längst verratene amerikanische Werte geht. Jedweder Einwand zur NSA oder anderen Spionierern wird ignoriert. "Fuck the EU" könnte auch vom GCHQ kommen, wenngleich gesitteter. There is a world elsewhere.

*** Nun aber formiert sich gar mächtiger Widerstand mit Donnerhall und Knall und Lall. Etwa in der Süddeutschen Zeitung wo Sandro Gayken wieder einmal dazu auffordert: Werft die Computer weg!. Hoppsla, kleine Verwechslung? Aber nicht doch, der Aufruf zum Computerwegwerfen steht nur in der gedruckten Süddeutschen und endet interessant. Wenn alle Computer weggeworfen sind, fickt die EU erst richtig los:

Doch dieser Neuanfang wäre eine große Chance. Gemeinsam mit Staaten wie den Niederlanden und Norwegen könnten hier sichere Hardwareprodukte und Betriebssysteme entwickelt werden. Sie ist eine maximale Lösung für alle IT-Sicherheitsprobleme, bewahrt Privatheit und schafft neue Märkte. Das ist besser und substanzieller als schimmerndes Marketing auf überholten Produkten. Und ein Exportschlager allemal.

*** Niederlande und Norwegen? Ungiftige deutsche Computer mit niederländischem Minix und norwegischer Tastatur? Smarterphones? Lancom-Router, Tulip Computer und Opera statt Chrome? Fragen über Fragen, und das, obwohl dieses Jahr Great Britain das Partnerland der CeBIT und ein deutsch-britischer IT-Gipfel angesagt ist. Nein, ich habe nichts gegen das Land von Teefax, Machfax und Überwachfax, schließlich kommt ein nobler Vorschlag zur Dezentralisierung des Internet von einem Sir, der nebenbei ein Loblied auf die Hacker singt.

*** Große Worte auch von der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Da muss gleich ein Kampf gegen den technologischen Totalitarismus geführt werden, von einer mutigen sozialen Bewegung, die zum Hammer greift und losnagelt:

Sie muss im Bereich der Datensammlung, -speicherung und -weitergabe rechtliche Pflöcke einschlagen, die klarstellen, dass die Privatheit eines jeden ein unveräußerliches Grundrecht ist, und einen etwaigen Missbrauch eindeutig sanktionieren. Sie muss überdies durch eine kluge Wirtschaftspolitik sicherstellen, dass wir in Europa technologischen Anschluss halten, damit wir aus der Abhängigkeit und Kontrolle der heutigen digitalen Großmächte befreit werden, unabhängig davon, ob es sich dabei um Nationalstaaten oder globale Konzerne handelt.

*** Niederländische Pflöcke, norwegische Wirtschaftspolitik? Leider nennt der Sozialdemokrat Martin Schulz keine Länder, das würde auch die Wucht des Appells schmälern. Schließlich ist Schulz zwar verschlafen und stauneswert bräsig wie die gesamte alte SPD, doch Schulz hat ihn noch, den "gutinformierten radikalen Agnostiszismus". Für diese vorbildliche Einstellung wird Schulz in der FAZ ganz, ganz lieb von Evgeniy Morozov gedrückt wird, der sonst jede Meinung außer seiner aktuellen eigenen umstandslos zerquetscht. Und wer soll den Karren aus dem Dreck zerren? Der alte Maulwurf? Bei Morozov lesen wir:

Historisch hat die Linke sich als fähig erwiesen, einige der Übel, unter denen die Gesellschaft leidet, zu diagnostizieren und sogar zu beheben. Heute muss sie lernen, diese Fähigkeit einzusetzen, um die zahlreichen Schichten technologischer Mystifizierung zu durchdringen, die Silicon Valley der öffentlichen Debatte aufgezwungen hat. Es gibt immer noch zahlreiche Übel, und wenn wir die technologische Struktur Google und Facebook und ihresgleichen überlassen, werden wir die Plattformen für die Veränderung der Situation verlieren.

*** Ho, Ho, Ho Chi Minh Auf, auf zum Kampf, zum Kampf sind wir geboren … und wenn es nur der Kampf um verschwurbelte Worte ist. Denn was bitte sind "Plattformen für die Veränderung der Stituation"? OK, Google ist seit Streetview urböse und Geburtstagskin Facebook ist es auch nicht. Facebook wird ja von den Linken selbst abgetan, wenn es wie hier heißt: "Es sind die schwer flexibilisierten, hochnervösen Mittelschichten in aller Welt. Facebook ist ihre Schlüsselerfahrung, ihr Selbstbildnis und ihr Vermächtnis. Das verzagte 'Ho-Ho-Ho-Chi-Minh' der Bewegung lautet: 'Keep calm and carry on.'"

*** Ganz sicher nicht sind die Hacker gemeint, jene Typen, die nie Sex haben und Wichs-Königinnen sind. Statt eine ordentliche Plattform für die Veränderung der Situation zu zimmern, haben sie in dieser Woche den Klageweg beschritten, Seit an Seit mit Bürgerrechtlern, eine Art Marsch durch die Instituitionen mit den Institutionen, denn die Klage richtet sich vor allem an den Bundesnachrichtendienst mit Sitz in der Reichssiedlung Rudolf Heß, was Kommentatoren als substanzlose Aktion kritisierten.

*** Am allerwenigsten dürften "die Bürger" gemeint sein. Die interessieren sich weniger für den technologischen Totalitarismus, denn für die Bundesligatabelle oder den Medaillenspiegel der putinischen Festspiele. Dennoch scheint da irgendetwas nicht zu stimmen, wenn staatsfeindliche Haltungen zunehmen und jeder vierte Polizeiangriff politisch motiviert sein soll. "Da hat sich insbesondere in Großstädten eine Szene ergeben, wo man schon darüber nachdenken muss, was dagegen zu unternehmen ist", soll Deutschlands oberster Kriminologe Christian "3F" Pfeiffer gesagt haben. Ja, wo bleibt denn der EU-Qualitätsdrahtzaun für deutsche Großstädte?

Was wird.

Ach ja, das Positive. Das gibt es doch immer. Das bleibt immer irgendwie übrig und kann von keinem Totalitarismus gestoppt werden. Passend zu "Fuck the EU" sei auf ein Ereignis verwiesen, an dem sich die schwer verstörte USA auf ein europäisches Vorbild einließ. Genau heute vor 50 Jahren traten die Beatles in der Ed Sullivan-Show auf, 77 Tage nach der Ermordung von Präsident John F. Kennedy. Bis heute gilt diese Fernsehsendung als Meilenstein der Unterhaltungsgeschichte und Beginn der amerikanischen Beatlemania.


Dann wäre da noch der 11. Februar, der Tag, an dem wir uns wehren, wobei "wir" für das alternative Amerika steht, dass nicht den Verstand an den Türen und Schleusen der Terrorfahnder abgegeben hat. Erinnert wird an den Kampf gegen SOPA und PIPA sowie an den Tod von Aaron Swartz. Wer nicht in den USA lebt, sollte sich um die Institutionen scharen, die die Privatsphäre schützen und den Hashtag #StopTheNSA verwenden. OK, #FuckNSA dürfte auch ankommen.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #500 am: 16 Februar, 2014, 06:00 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Sotchi? War da was? Ach, manchmal, da wünscht man sich, dass alles so einfach wäre, und man einfach mal ein paar begeisterten Leute zugucken könnte, die begeisternde Sachen machen. So wie TJ Oshie, der coolen Sau. Aber gleich kommt das schlechte Gewissen, und man weiß, dass es berechtigt ist: Die Gedanken gehen unweigerlich zur traurigen Realität einer von Umweltverbrechen, Menschenrechtsverletzungen und imperialem Größenwahn geprägten Veranstaltung und Region. Es ist mehr als traurig, dass Leistungen wie die der beiden Eishockey-Mannschaften, die Highspeed-Eishockey auf höchstem technischen Niveau zeigten, angesichts dessen nichts mehr gelten. Nichts mehr gelten können.

*** Aber was ist schon Sport. Obwohl - Sport in einer Diktatur ist immer Propagandezwecken dienlich, das zeigten nicht erst die olympische Spiele von 1936. Aber wir haben mit ganz anderen Themen zu kämpfen. In der von heute aus gesehen wundersamen Zeit der "68er" schrieb der jesuitische Theologe Michel de Certau einen schlichten Satz: "Gott gab es vor der Kirche und er scheint sie zu überleben." Für seine Idee, dass die Kirche als menschliche Institition endlich ist, erntete er heftige Kritik. Heute wird Certeau hoch geschätzt, unter anderem gilt er als Denker, der von Papst Franziskus als Anreger für den modernen Katholizismus genannt wird. Certeau schrieb damals über Galileo Galilei, jenen Prototyp des Wissenschaftlers, der, gestützt auf die besten Instrumente seiner Zeit, durch Beobachtung und Analayse ein herrschendes Weltbild dekonstruiert. Die katholische Kirche, die den 1633 wegen Ketzerei verurteilten Galilei erst im Jahre 1992 rehabilitierte, hat sich nach Certeau mit der Ablehnung des heliozentrischen Weltbildes den zweiten großen Schaden zugefügt, an dem sie lange litt: Erst 1822 durfte in einem kirchlichen Verlag ein Buch erscheinen, dass dieses Weltbild schilderte – als unser Sonnensystem nur noch als winziger Teil des Universums gehandelt wurde. Der erste große Schaden an der katholischen Lehre passierte, als sie die Sexualmoral ihrer Gläubiger regulieren wollte, schreibt Certeau über Galilei:

"Das moralische und vor allem sexuelle Verhalten des Menschen richtet sich so wenig nach den Vorgaben der Bibel und der Päpste wie die Sternenbahnen; darum gibt es eigentlich nichts zu regulieren."

*** Willkommen in Deutschland, beim Edathy-Skandal. Die Verfolgung eines strafrechtlich Unschuldigen gibt zu denken, denn was an dem Tun der Hannoveraner Staatsanwaltschaft eigentlich "Beweissicherung" sein soll, ist so manchem Zeitgenossen schleierhaft. Nacktfilmchen wie der von Avoz Films vertriebene, in der Ukraine gedrehte "Sunday Boys" sind in Deutschland nicht verboten, die Grenzen liegen derzeit wohl bei Spielen wir Liebe. Verboten ist es ebenfalls nicht, mehrere Mailadressen zu benutzen und mehrere Kreditkarten einzusetzen. Man mag Edathys Verhalten angesichts seiner eigenen, am 22.6.2009 öffentlich geäußerten Haltung zum Thema Sperrlisten für kinderpornografische Inhalte als moralisch verkommen einordnen, strafrechtlich ist es nicht zu beanstanden. Bizarr ist auch, dass es entgegen der Darstellung der Staatsanwaltschaft auf den IT-Systemen des deutschen Bundestages keine gesonderte Sicherung von IT-Daten gegeben haben soll. Dabei sollen immerhin zwei Bestellungen als Downloads unter einer gängigen Mitarbeiter-Adresse wie Sebastian.Edathy.MA03@bundestag.de gespeichert sein, ganz legal natürlich.

*** Der juristisch ausgebildete Journalist Heribert Prantl macht (offline) in der Süddeutschen Zeitung darauf aufmerksam, wie eng der "Kampf gegen den Terror" und der Kampf gegen Kinderpornografie zusammenliegen. Er meint, dass hier verbotene Ermittlungen "ins Blaue hinein" durchgeführt, dass aus dem Strafrecht ein Spekulationsrecht geworden ist: "Mit solchen Begründungen kann man bei fast jedem Bürger durchsuchen." Das ist schlimm und passt doch bestens in die Zeit, in der die Regierung zur NSA-Affäre im Deutschen Bundestag nur "Frischlinge" ans Rednerpult schickt.

"Die umfassende, verdachtsunabhängige Kontrolle, wie sie heute im Sicherheitsrecht gang und gäbe geworden ist, wird mit dem ersten Hauptsatz der inneren Sicherheit begründet: Wer nichts zu verbergen habe, habe auch nichts zu befürchten. Das stimmt schon ganz generell nicht – und speziell bei Kinderpornografie stimmt es überhaupt nicht."

*** Wer etwas zu verbergen hat, der braucht vernünftiges Verbergewerkzeug, das einfach eingesetzt werden kann. Das ist nicht unbedingt eine Lehre aus dem Edathy-Skandal, mehr eine allgmeine Erkenntnis aus der IT-Sicherheit. Diese Erkenntnis ist offenbar nicht bei Bund und Ländern angekommen, wie es diese Umfrage zeigt, die von Netzpolitik veröffentlicht wurde. Nun wurde in der Frischlingsdebatte ausgerechnet von der CDU eine Verschlüsselungsinitiative gefordert. Mit kostenfreien E-Mail-Zertifikaten "von deutschen Unternehmen wie der Bundesdruckerei" soll die Mail sicher gemacht werden. Sollte dies kommen, so stellt sich die Frage, wer denn die Kosten trägt. Entgegen ihrem Namen arbeitet auch die Bundesdruckerei profitorientiert: Ein Blick in die Preisliste zeigt, dass die Sache nicht billig ist. Bleibt die relativ kostengünstige Verschlüsselung mit S/MIME übrig – und De-Mail als großkoalitionärem Versanddienst, der standardmäßig ein Fach für den öffentlichen Schlüssel vorhält. Schaut man sich die Debattenbeiträge der geschätzten Foristas zum Thema an, ist Skepsis angebracht. Aber wir haben ja seit dieser Woche etwas ganz Tolles, einen ständigen Ausschuss für die Digitale Agenda, der den Kümmerer in dieser Frage spielen könnte.

*** Wer vernünftiges Verbergewerkzeug haben will, braucht "Hackertools", die die Sicherheit von Systemen prüfen. Zu der lustigen Geschichte über die veralteten DNS-Server des Chaos Computer Clubs kommt die nicht minder lustige von einem ungeschützten Mailserver der Universität Karlsruhe, der während des 30C3 von hackenden Gästen des CCC genötigt wurde, 20.000 Mails zu verschicken. Diese perfide Tat führte nun wiederum dazu, dass die CCC-Sprecherin und FAZ-Kolumnistin Constanze Kurz von der Universitätsverwaltung ausgeladen wurde. Sie sollte auf der langen Nacht der Mathematik einen Vortrag über Kryptographie nach Snowden halten und wurde ausgeladen, weil der kleine Hack auf einen unsicheren Server "sehr unangenehmen Auswirkungen für Mitglieder der Professorenschaft" hatte. Selten deutlich zeigt sich hier, was Deutschland ausmacht. Dazu könnte man auf diesen Rant in einem Blog verweisen, der sich über den Titel des Votrags und die deutsche Informatik aufregt:

Denn der Titel tut so, als wäre vorher alles gut gewesen und jetzt kaputt gegangen, als ob jetzt die Krise da wäre. Weil wir sie jetzt sehen. Es ist aber genau umgekehrt. Jetzt ist der Normalfall eingetreten (oder jedenfalls sind wir ihm näher gekommen) und vorher hatten wir die Krise. Wir hatten sie nur nicht gesehen, was in der Kryptographie und dem Geheimdienstumfeld allemal die weit größere Krise ist. /.../ Man muss ich das mal klar machen: Seit Jahrzehnten sind wir in IT und Sicherheitstechnik völlig unselbständig und von den Amis abhängig. Und sogar um dahinterzukommen, dass sie uns ausspionieren, brauchen wir wieder einen Ami. Nicht mal das können wir selbst. Wofür zahlen wir eigentlich die Abermillionen von Euro für Kryptoprofessoren, wenn wir bei allem, sogar beim Bemerken des Überwachtwerdens auf die Amis angewiesen sind?

Was wird.

Ob die deutsche Informatik Gegenstrategien hat, wird sich vielleicht in der anbrechenden Woche zeigen, wenn in Darmstadt Yes, we scan diskutiert wird. Spannend bleibt die Frage, wie es im Edathy-Skandal weitergeht und wie die Schnittstellen der Sicherheitsarchitektur in Deutschland wirklich aussehen. Erste Indizien sprechen dafür, dass in den Landeskriminalämtern laut quasselnde Schnittstellen sitzen und die Politik die Hohe Schule der "Stillen Post" beherrscht, wie man sich gegenseitig abstimmt. Wie heißt es so schön im Willkommensgruß des Veranstalters? "Trennungsgebot heißt nicht Kooperationsverbot." Dass muss irgendjemand falsch verstanden haben, oder? Niedlich ist es schon, wenn laut Programm der europäische Generalmanager von Taser über die Polizeiarchitektur der Zukunft redet, die bereits gestern verabschiedet wurde. Die Firma stellt Nervenkitzler und Kameras für den persönlichen Schutz vor Gericht her.

Übrigens hat es eine feine ironische Note, wenn Bundeskanzlerin Angela Merkel sich beim "Whistleblower" Hans-Peter Friedrich für die geleistete Arbeit bedankt und ausgerechnet die Gemeinsamen Abwehrzentren gegen Extremismus und Terroismus lobt, wo alle zusammensitzen und ihr Supergrundrecht auf Sicherheit der eigenen Posten wahrnehmen. Wie unsere Kanzlerin erläutert, wird sie in der nächsten Woche das Projekt eines innereuropäischen Internets mit ihrem französischen Kollegen Holland besprechen. Wo kämen wir da hin, wenn man E-Mail über den Atlantik zum Nachbarland schicken muss. Ganz schnell die Schotten dichtmachen, dann kann man auch nichts bestellen bei dubiosen Firmen in Kanada. Denkt an die Kinder und diesen schrecklichen Kinderpornoring!

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #501 am: 23 Februar, 2014, 06:30 »
Langeweile breitet sich aus in der Welt. Gähnenden Langeweile. Kein Mensch kann sich mehr verabreden. Kein Mensch? Nein, eine kleine... Ach,. lassen wir das, Häme ist wohlfeil, meint Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Na, Samstagabend nix unternommen, weil WhatsApp ausfiel und sich nix mehr organisieren los für die üblichen Wochenendvergnügungen? Die halbe Welt langweilt sich, weil man sich nciht mehr verabreden kann, wenn die Server streiken. Da würde mancher doch gleich eine gepflegte Verschwörungstheorie drum stricken, so wie unser notorischer Besserwisser. Denn hübsche rottriefende Buchstapel in den Buchhandlungen beweisen es: Thilo Sarrazin hat ein neues Buch geschrieben und ist bereit, wieder durch alle Fernseh-Talkshows zu tingeln. Sein Verlag wirbt so für die Kampfschrift wider den Tugendterror der Meinungspolizei, dass Rezensenten auf die Idee kommen, es handele sich um eine Neuausgabe der Heiligen Schrift. Der Mann, der nicht schreiben kann, aber Millionen von unlesbaren Büchern verkauft hat, beklagt sich wieder einmal, dass er wegen der political correctness einer linken Meinungspolizei kein Gehör findet. Der Mann hat einfach Pech: In Deutschland gilt die Meinungsfreiheit und das Bohei um die politisch korrekte Schaumsprache ist seit den beiden vergnüglichen Ausgaben des "Wörterbuch des Gutmenschen" längst vergessen und die Querdenker von einst sitzen als Quertrinker am Tresen. Vielleicht wird Sarrazins Buch noch in dieser komischen Weißbrot-Debatte aufgehen, die im teigigen deutschen Feuilleton geführt wird, in der alle kluge Sachen sagen und Maxim Biller den Berserker gibt: Wir brauchen mehr Bücher von Kopftuchmädchen.

*** Zur Meinungsfreiheit gehört auch, sich "Thanks Bomber Harris" auf den nackten Oberkörper malen zu lassen und sich in Unkenntnis biometrischer Identifikationsmethoden mit vermummten Kopf ablichten zu lassen. Auch die unglaublich verqaste antideutsch argumentierende Rechtfertigung der Aktion gegen die Geschichtsklitterung ist von der Meinungsfreiheit gedeckt. Ein klein wenig Geschichtskunde dürfte aber dennoch von der Europakandidatin einer Partei zu erwarten sein, die sich als transnationalen politische Bewegung begreift, "deren Kommunikationsraum keine staatlichen Grenzen kennt". Irgendwas muss im Kommnunikationsraum hallen, wenn es heißt: "Dresden war als Produktionsstandort und Umschlagplatz für die näherrückende Front alles andere als ein nicht-militärisches Ziel." Man lese die Beschreibung des Dresdener Feuersturms, die der Augenzeuge Kurt Vonnegut in "Mutter Nacht" veröffentlicht hat, dem Buch wider jede political correctness. Dresden war zu dieser Zeit wie Paris eine "offene Stadt" und längst kein Produktionsstandort mehr, die Produktion war in sächsische Stollen verlagert. So gehört es zur Ironie der Geschichte, dass das Ende einer Partei ohne staatlichen Kommunikationsraum mit einem Bombardement zusammenfällt, dass viele Dokumente zur Forschung von Emanuel Goldberg vernichtete. Der Rest ist Abschalten, frei nach Shakespeare.

*** An diesem Wochenende wartet der allseist bekannte Kommunikationsraum ohne Grenzen auf einen Tweet von @YuliaTymoshenko als "Beweis" dafür, dass in der Ukraine Forderungen der Opposition umgesetzt werden. Bei uns sorgte ein anderer Tweet für Aufregung. Er kam von der Linken-Abgeordneten Sevim Dagdeln, die während eines Arztbesuches eine Fernsehsendung über die Zustände in der Ukraine sah. Ihre Anmerkung über die verwelkten Grünen wurde direkt im Bundestag aufgenommen, wo der Linke Andrej Hunko über die Ukraine sprach. Britta Haßelmann vom Bündnis 90/Die Grünen las den Tweet vor und forderte Hunko auf, sich von der Aussage Dagdelens zu distanzieren – was dieser nicht tat. Nach diesem Zwischenfall meldete sich Bundestagspräsident Lammers zu Worte und kritisierte die abwesende Abgeordnete. Wir lernen: Wer nicht im Bundestag anwesend ist, soll auch in den sozialen Medien die Klappe halten. Digitale Zwischenrufe sind verboten, auch wenn sie der politische Gegner veröffentlicht. Ansonsten gehört Netzpolitik ab sofort in den ständigen Ausschuss "Digitale Agenda". Da twittert man viel, tagt aber unter dem Ausschluss der Öffentlichkeit, #btada, #btada, #btada

*** Da, Da, Da - Oh. Kralle Krawinkel ist nicht mehr da. Vielleicht existiert er ja wie Frank Zappa als Bakterium in seinen spanischen Weinstöcken weiter.

*** Abseits der Debatte um die Verschärfung der Gesetze ist der "Fall Edathy" eine bemerkenswerte Sammlung von Pannen und Gesetzesverstößen, vom Innenminister bis zur Staatsanwaltschaft. Auch die IT ist munter mit im Spiel. Laptop geklaut, doch spät angezeigt. Techniker versprechen, die Abgeordneten-Daten zu sichern, doch gehen erst einmal ins Wochenende. Macht ja nix, Daten werden ohnehin für drei Monate auf Vorrat zwischengelagert, ist doch hervorragende Werbung für die Vorratsdatenspeicherung, die nunmehr ganz niedlich und schnuckelig als "private Vorsorgespeicherung" einherkommt wie eine Zusatzversicherung bei Aua an den Zähnen. Groß das Lamento des neuen/alten Innenministers auf dem Polizeikongress in Berlin, dass ein französischer Serienmörder nur dank der Vorräte gefasst werden konnte. Was leider schlicht nicht stimmte, weil der Tipp eines Motorradhändlers ausschlaggebend war. Ich komme nicht umhin, in Fullquote diesem Kommentar zuzustimmen, in Erinnerung an Roswitha Müller-Piepenkötter, die in Nordrhein-Westfalen die Berichtspflicht einmal abschaffte: Was bleibt, ist eine mafiöse Regierungsmannschaft, der man in jedem Detail ihres Wirkens mit größtem Misstrauen begegnen muss.

*** Bei den hübsch portionierten Enthüllungen von The Intercept sind Dokumente veröffentlicht worden, nach denen Wikileaks überwacht werden soll, ebenso die Besucher auf den Webseiten von Wikileaks. Das überrascht eigentlich niemanden, denn selbst die größten Assange-Gegner wissen seit den Stratfor-Leaks, dass Wikileaks ein rotes Tuch für alle Geheimnisgeschäftler ist. Überraschend ist allenfalls die niedrige Zahl der Zugriffe, die laut Intercept registriert wurden. Unterdessen ist ein langes Portrait von Assange in Großbritannien erschienen, dass sein Ghostwriter Andrew O'Hagan verfasst hat. Von O'Hogan stammen die meisten Kapitel der unautorisierten Autobiographie Assanges, von der sich Julian Assange wie Andrew O'Hagan distanziert haben. Das nun veröffentlichte Portrait gibt einen interessanten Einblick in das Leben und Treiben auf dem Landsitz Ellingham Hall, wo Julian Assange unter Auflagen lebte und sein Leben ins Aufnahmegerät erzählte. Es endet mit Besuchen in der ecuadorianischen Botschaft, wo Assange gebeten wird, die Fähigkeiten von Edward Snowden einzuschätzen:

"He’s number nine, he said. ‘In the world? Among computer hackers? And where are you?’ ‘I’m number three.’ "

*** Ob lebende Hacker die Plätze eins und zwei bei den Versuchen innehaben, "die Maske hinter der Maske" niederzureißen, was nach Assange die historische Aufgabe der Hacker ist, das wird wohl niemals geklärt werden. Immerhin, die NSA und mit ihr arbeitende Geheimdienste können dem langen Stück entnehmen, dass Kuriere wie Jérémie Zimmermann von La Quadrature du Net Säcke von Cryptophones transportieren, die unter den Anwesenden reihum getauscht werden. Da geht noch was. Schließlich will ganz Deutschland Widerstand leisten und den Weg zur technologischen Souveranität finden. Ganz Deutschland? Nun, zumindest der Teil, der nach dem WhatsApp-Deal in German Angst zu Threema wechselt, ist schon mal mit von der Partie.

Was wird.

Die nächsten 5 Milliarden müssen angefixt werden: Auf dem Mobile World Congress wird das dazu notwendige billige Besteck präsentiert – und viel buntes Zeug obendrein. Mark Zuckerberg kommt und wird vielleicht erzählen, was die WhatsApp-Pläne von Facebook sind. Und wo schon die Deutsche Telekom erwähnt wurde, die Cryptophone-Technik in die Cloud schiebt, sei auch ihr Auftritt in Barcelona erwähnte: "Frag einen Hacker alles" klingt zumindest vom Konzept her lustig.

Auch in Deutschland tut sich was. In der nächsten Woche gegen die Briefe der Hersteller von Praxisverwaltungssystemen (PVS) an ihre ärztlichen Kundschaft raus mit der Frage, ob man denn nicht teilnehmen möchte am ersten richtigen Test der elektronischen Gesundheitskarte. Dazu muss der Arzt oder Zahnarzt nur in einer der Testregionen leben und die richtige PVS-Software haben. 500 Ärzte werden gesucht, auch zum Anfixen ist was da: Bis zu 12.500 Euro Mitmachprämie werden gezahlt, dazu Monatspauschalen für den Belastungsaufwand. Bei den ersten 20 Ärzten, die als "friendly user" für das Projekt werben sollen, gibt es noch einmal erhebliche Aufschläge. Bei jeder neuen elektronische Gesundheitskarte, die gesteckt wird, wird online geprüft, ob der Datensatz noch stimmt. Maximal 4 Sekunden darf diese Vorgang dauern. Müssen neue Daten etwa nach einem Umzug auf die Karte geschrieben werden, so darf dies nicht länger als 13 Sekunden dauern. Flott, flott, doch alles halb so schlimm, es entfällt ja die PIN-Eingabe des Patienten, weil alle Daten auf der Karte in einem ungeschützten Bereich liegen. Nicht auszudenken, wenn Hacker hier die Prüfsummen ändern würden.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #502 am: 02 März, 2014, 06:00 »
Zwischen UFO-Sichtungen und Erinnerungen an einen Sonnenstaat verirrt sich mancher leicht, befürchtet Hal Faber, da hilft auch eine Theorie des Fremdschämens nicht wirklich. Derweil, auf der Krim...

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Breaking News? Breaking News! Nur hier beim Heiseticker gibt es beste frische Breaking News über gesichtete UFOs über der Nordsee, neueste Telefone über Barcelona und anstehende Patchdays bei Microsoft. Beste, harte News, die nichts mit diesem UFO zu tun haben, das der Visionator Frank Schätzing über Jerusalem gesichtet hat. Kluge Köpfe in immer dünner werdenen Zeitungen wegen der Optimierung des Herstellungsprozesses in der Druckerei preisen sein neues Werk als "großen Wurf" und mäkeln allenfalls über die Vermarktungsstrategie, deren Teil sie sind. Tja, so ist das mit den Nachrichten, immer brechen sie über uns herein und dann heißt es so schnell reagieren wie weiland Elmar Theveßen bei der Nachricht von einem Amoklauf in Norwegen: "Al Qaida. Alles andere wäre zum jetzigen Zeitpunkt reine Spekulation." Das gilt auch für diese Krim-Besetzung.

*** Nun versorgen uns die Zeitungen nicht nur mit Breaking News, sondern auch mit Tipps und Tricks rund um den gepflegten Digital-Haushalt. Es hat schon etwas Rührendes, wenn ein einstmals scharf denkender Intellektueller 10 Regeln zum digitalen Widerstand verbreitet, die in ihrer Naivität die politischen Appelle vom Kampf gegen den technologischen Totalitarismus mit seinen eingeschlagenen Pflöcken locker unterbietet. Die Regeln lesen sich wie aus dem Baukasten zu einer Theorie des Fremdschämens. Es fängt an, mit der Aufforderung, die Mobiltelefone wegzuwerfen und der Erkenntniss, dass überall dort wo etwas kostenlos zu haben ist, der Datenkörper verkauft wird. Weg vom Online-Banking, zurück zum Bargeld, weg vom bösen, bösen FAZ-Abo, dessen Rechnungen übrigens nur noch als supergefährliche PDF-Dateien per Strompost (so Enzensbergers Übersetzung von E-Mail als electric Mail) verschickt werden. Bitte auch sofort Schluss machen mit dieser Anschlepparbeit von Paketdiensten, wo es doch Geschäfte um die Ecke gibt. Alle Vorschläge zeigen, wie abgeklärt weit entfernt von unserem modernen Alltag ein Mensch leben kann, der den glänzenden Text vom Sonnenstaat des Doktor Herold verfasste, vor 35 Jahren. Noch die beste Regel hat etwas Altmodisches, glaubt sie doch an die Wirkungsmacht der Stimmabgabe bei der Wahl von Politikern: "Solange das Wahlrecht noch existiert, sollte man ihnen die Stimmen verweigern, wenn sie die digitale Enteignung dulden, statt gegen sie vorzugehen."

*** Die Enzensbergerschen Regeln sollen in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung den Auftakt zu einer Serie darstellen, in der sich Geisteswissenschaftler mit dem Netzdingenskrams beschäftigen. Das muss man positiv sehen, nach all den morozovitischen Heissluftgebläsen, die mangels eigener Reflexionsfähigkeiten Unverdautes aus dem Maschinenraum in das Blatt für kluge Köpfe pusteten. Vielleicht gibt es ja noch schöne Texte wie die Gedanken von Zygmunt Baumann über die moderne flüchtige Überwachung, die bei uns unter dem völlig abstrusen Titel "Daten, Drohnen, Disziplin" veröffentlicht wurde. Natürlich gibt es auch eine Schattenseite. Ein Blatt für kluge Köpfe, die sich Gedanken über das urwüchsig Digitale machen wollen, die die eigenen Netz-Aktivitäten aber selbst als Schnorrerausgabe bezeichnen, zeigt ehrlich, wie schnurzpiepegal das Thema eigentlich ist. Da macht man lieber aus der schlichten Tatsache, dass alle Geheimdienste dieser Welt HUMINT-Methoden der Kompromittierung kennen, die furchtbare Angst draus, wie Menschen mit Hilfe des Netzes vernichtet werden. Das sind natürlich immer nur die anderen, die in sozialen Netzwerken leben. Wie heißt das noch bei Enzensberger: "Der Schlaf der Vernunft wird bis zu dem Tag anhalten, an dem eine Mehrheit der Einwohner unseres Landes am eigenen Leib erfährt, was ihnen widerfahren ist." Wie bei der Vorsorge-Privatspeicherung, äh private Vorsorgespeicherung, oder war es die vorprivate Speichersorge? Vernunfts-Vorrat-Vorsorge wäre auch nicht schlecht, zumal das Speichern doch soo flüchtig ist.

*** In bemerkenswerter Dreifaltigkeit gab es in dieser Woche einen Spielfilm, einen Freispruch und den kompletten Text einer Mailbox-Aufsage zum "inverstigativen Journalismus". Alles geklärt, alles paletti, alles heiße Luft und das Bobby-Car war silbern? Gab es für dieses superduperpuper-Beispiel der "besten investigativen Leistung des Jahres" den Henri Nannen-Preis für die furchtlosesten der Furchtlosen?

*** Eigentlich könnte nun der Aushilfs-Hausmeister wieder gehen. Alles dazu gesagt? Aber nicht doch! Da hat doch eine Abgeordnete einstmals ihren Highheel hochgehalten: weil sie dem Amt des Bundespräsidenten an sich Respekt zollt. Wo beginnt das eigentlich, dieses Respekt zollen ob der Würde eines Amtes? Beim Präsidenten aufwärtes, bei Politikern im Parlament, bei Kandidaten und Kandidatinnen einer Europawahl ohne Prozentschranken. Auch eine Frage des Respektes ist es, dass man um Entschuldigung bittet.

*** Hach, hoppla, da ist ja noch ein Buch aufgeschlagen, zwar nur als E-Book, aber dafür von einem Economist-Journalisten. The Snowden Operation will den Beweis führen, dass Edward Snowden von Anfang an nichts anderes war als ein Spion oder eine Marionette der Russen. Gut, kann man behaupten, vor allem, wenn es darum geht, vom NSA-Skandal abzulenken. Der zentrale Beweis ist übrigens ein Foto, das Edward Snowden zeigen soll. Die Werbung auf dem Einkaufswagen gehört angeblich zu einem Einkaufszentrum, das 3 Kilometer vom Hauptquartier des russischen Geheimdienstes entfernt ist. Die Folgerungen sind weitreichend: Der Autor, der nach eigenen Angaben seit 30 Jahren die östlichen Dienste verfolgt, kommt zum Schluss, dass auch Glenn Greenwald, Laura Poitras und Jacob Appelbaum Geheimdienstler sind. Letzterer war sogar einmal auf Hawaii, als Snowden noch in Hawaii an seiner Datensammlung saß. Ein knallharter Beweis. Da passt es auch, wenn US-Medien Greenwalds Geldgeber Pierre Omidyar angreifen, dessen Stiftung (die nichts mit dem neuen Medienhaus zu tun hat) Geld an eine Initiative in der Ukraine schickte. Und was schickt denn Russland da in die Krim? Drohnen oder Drohungen, das ist die Frage.

Was wird

Was war das doch für eine tolle Idee mit dem No-Spy-Abkommen, über die sogar der Bundestag ganz angeregt diskutierte, als längst klar war, dass so ein Abkommen niemals von den USA unterzeichnet wird. Nun konstatiert der neue alte Außenminister, dass es in den USA ein anderes Verständnis von Freiheit und Sicherheit gibt. Dort hat man die frischen Erinnerungen an "9/11", hier sind es nicht mehr ganz so frische an die Stasi und schon müffelnde an die Gestapo, das weist auf eine große Inkompatibilität hin. So hat denn das Auswärtige Amt eine nette Aktion gestartet, Außenpolitik Weiter Denken, komplett mit Infoklappe im Internet und Beteiligung der Zivilgesellschaft, irgendwann: "Das Projekt ist bewusst darauf angelegt, einen breiten Dialog mit Öffentlichkeit und Zivilgesellschaft zu ermöglichen, um Anstöße und Einsichten jenseits der innerministeriellen Diskussion zu gewinnen. Unsere Fähigkeit, außenpolitisch wirkungsvoll zu handeln, hängt entscheidend davon ab, dass wir hier in Deutschland Verständnis finden für den Wert und für die Instrumente der Diplomatie. Es geht um Sinn, Ziel und Instrumente außenpolitischen Handels heute." Es wäre nicht schlecht, wenn ein anderes Verständnis von Außenpolitik entsteht, gerade jetzt, wo man mit den üblichen Floskeln außerordentlich besorgt Öl ins Feuer gießt und die kleine Wochenschau mit einem einigermaßen informativen Live-Link enden muss.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #503 am: 09 März, 2014, 06:32 »
Es ist eigentlich ganz einfach: Das Grundgesetz darf nicht mit Geheimverträgen ausgehebelt werden. Aber ach, was so streitbar ist an dieser Demokratie, das ufert allzu schnell ins undemokratische aus, merkt Hal Faber an.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Wie hätten's denn gern, ihr Verfassungsbrötchen, der Herr? Dicke Scheibe Fleisch, mit süßem oder scharfen Senf? Und das Volk soll das Maul halten, bittschön? Aber gerne doch." Und so dürfen wir denn lesen, nicht in der Bäckerblume, sondern in der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum G-10-Gesetz von 1970:

"Auch die Ersetzung des Rechtsweges durch eine anderweitige Rechtskontrolle verletzt im vorliegenden Falle nicht die Menschenwürde. Zwar verlangt die Rücksicht auf die Subjektqualität des Menschen normalerweise, dass er nicht nur Träger subjektiver Rechte ist, sondern auch zur Verteidigung und Durchsetzung seiner Rechte den Prozessweg beschreiten und vor Gericht seine Sache vertreten kann, in diesem Sinne also Gerichtsschutz genießt. Es gibt aber seit je Ausnahmen von dieser Regel, die die Menschenwürde nicht kränken. Jedenfalls verletzt es die Menschenwürde nicht, wenn der Ausschluss des Gerichtsschutzes nicht durch eine Missachtung oder Geringschätzung der menschlichen Person, sondern durch die Notwendigkeit der Geheimhaltung von Maßnahmen zum Schutz der demokratischen Ordnung und des Bestandes des Staates motiviert wird."

Dagegen gab es beim Verfassungsgericht bereits 1970 etliche Einwände, die im Minderheitsvotum formuliert wurden:

"Der nach Art. 10 Abs. 2 Satz 2 GG mögliche heimliche Eingriff in die Privatsphäre des Bürgers unter Ausschluss des Rechtsweges trifft nicht nur Verfassungsfeinde und Agenten, sondern gleichfalls Unverdächtige und persönlich Unbeteiligte. Auch ihr Telefon kann abgehört, ihre Briefe können geöffnet werden, ohne dass sie jemals etwas davon erfahren und ohne dass sie imstande sind, sich zu rechtfertigen, oder -- was für die Betroffenen von äußerster Wichtigkeit sein kann -- sich aus einer unerwünschten Verstrickung zu lösen. /../ Die 'Staatsraison' ist kein unbedingt vorrangiger Wert. Verkennt der Gesetzgeber die Schranken, so kehrt die 'streitbare Demokratie' gegen sich selbst."

Bekanntlich hat Edward Snowden in dieser Woche auf schriftliche Fragen von EU-Parlamentariern  geantwortet und davon berichtet, dass Deutschland das G-10-Gesetz auf Druck der NSA geändert hat. So richtig neu ist das nicht. Bereits im November 2013 lief eine Sendung des ARD-Magazins FAKT über den BND, in der behauptet wurde:

"Damit die Erhebung und Auswertung wenigstens halblegal stattfindet, ließ sich der BND 2008 vom britischen Geheimdienst helfen, das entsprechende Gesetz neu zu formulieren. Das Ergebnis: Da Daten ständig über Ländergrenzen fließen, wurde der gesamte Datenverkehr per Gesetz zu Auslandskommunikation erklärt - und die darf der BND abhören."

*** Seitdem versuchen heftig diskutierende Juristen vergeblich, diese Gesetzesänderung im Jahre 2008 durch den BND und das britische GCHQ zu finden. Sinnigerweise gibt selbst der in der G10-Kommission sitzende Grünen-Parlamentarier in der Sendung zu, dass dies ein "höchst interessanter Vorgang" sei. Mit der Aussage von Snowden ist das Problem der heimlichen Grundgesetzänderung wieder auf dem Tisch, schließlich ist bei ihm ausdrücklich davon die Rede, dass Anwälte der NSA und des GCHQ sehr hart daran arbeiten, in den Gesetzen von EU-Ländern Gesetzeslücken zu finden, mit denen das Ausschnüffeln begründet oder legalisiert werden kann. Abseits einer geheimen G-10-Gesetzesänderung gibt es nichts, was derartigen Datenverkehr anbelangt. Erinnert sei an die entsprechende Anfrage der Linksfraktion und die Antwort der Bundesregierung vom letzten Oktober:

"Für eine Telekommunikationsüberwachung durch ausländische Stellen bieten weder das Zusatzabkommen zum NATO-Truppenstatut noch sonstige Vorschriften des deutschen Rechts eine Grundlage."

*** Bekanntlich ist auch der Historiker Josef Foschepoth der Auffassung, dass in geheimen Archiven Befugnisse existieren, die sowohl die Schnüffelei der NSA gestatten als auch hauseigene Überwachung durch den deutschen Nachrichtendienst BND. Für Juristen ist die Sache einfach: Das Grundgesetz darf nicht mit Geheimverträgen ausgehebelt werden. Wenn die Bundesregierung dies im Jahre 2008 gemacht hat, hat sie eindeutig verfassungswidrig gehandelt, an der Grenze zum Hochverrat. Die große Koalition von CDU/CSU und SPD, die damals im Amt war, wird alles tun, die Verträge weiterhin geheim zu halten. Wenn die gesetzlichen Schutzmechanismen "dank" der Geheimabkommen nicht greifen, hat sich die Idee mit der streibaren Demokratie erledigt.

*** Jede "Digitale Agenda", deren Umsetzung morgen auf der CeBIT verkündet werden soll, ist dann nur ein weiteres Stückchen Überwachungstechnik. Jede Rede von der offenen Gesellschaft ist damit obsolet. Auf eine neue Digitalpolitik, die die grundgesetzlich garantierte Menschenwürde retten soll, kann verzichtet werden.

*** Dies gilt auch für andere Länder, etwa in Großbritannien, wo man im Zuge von Snowden entdeckt hat, dass die beim Innenministerium angesiedelte Kontrollbehörde für das GCHQ selbst eine Geheimbehörde ist. Und mit mit Julian Assange kann man sich in den USA die Frage stellen, wer hier eigentlich die Hosen anhat.

*** Der Überfall Deutschlands auf die Sowjetunion wurde vorab gemeldet, doch nicht beachtet. Gleiches gilt für die Attacke der japanischen Luftwaffe auf Pearl Harbour. Der israelische Nachrichtendienst hatte mehr als 400 Hinweise auf den Beginn des Yom-Kippur-Krieges 1973, beim Beginn des Golfkrieges 1991 hatte der "klassische" US-Dienst CIA drei Dutzend Hinweise über einen irakischen Angriff auf Kuwait. Wieviel vorab von der Aktion Russlands bekannt war, die Krim mit Hilfe "anonymisierter" Truppen heim ins Reich zu holen, werden künftige Historiker klären können. Immerhin war ja das Skript bekannt, dank Tom Clancy und Mark Greany. Der Kampf findet im Infospace mit Big Data statt und wird mit IBM-Software, dem i2 Analyst’s Notebook, ausgefochten, bei uns bekannt als BKA-Software, die Kreuztreffer finden soll.

Was wird.

Der BND und das GCHQ, pardon, natürlich Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr britischer Kollege David Cameron sowie VW-Chef Martin Winterkorn eröffnen heute Abend die CeBIT. Am nächsten Tag gibt es noch einen Rundgang, doch ohne Händeschütteln verdienter Industrievertreter: Schließlich hat Merkel beim Datenschutz alle Hände voll zu tun. Anschließend werden die drei deutschen Internetminister wie erwähnt die Digitale Agenda vorstellen. Für knisternde Spannung ist also gesorgt, zumal in diesem Jahr das NSA-Thema die Messe beschwingt. Man nehme Firmen wie Lamapoll, die in der Presseerklärung Schlimmstes befürchten: "Stell dir vor, du führst eine Online-Umfrage durch und die NSA liest mit!" Ja, was könnte die NSA da für Erkenntnisse über den Konsumterror sammeln! Endlich reagieren die richtigen Macker von IT und Mittelstand auf die NSA und bieten deutsche Wertarbeit. Denn geben wir es mit Sandro Gayken zu: Es geht nichts über solide Füße. Die Hacker, die Nerds, die sollte man einfach vergessen.

"Und ich hoffe auch, dass die sogenannte Netzgemeinde endlich an den Rand gedrängt wird und sich nicht mehr so intensiv an den Debatten beteiligen darf. Blattmacher wie Frank Schirrmacher freut es natürlich, wenn es Sascha Lobo oder halbstarke Informatiker in der FAZ knallen lassen. Doch die haben einfach versagt. Sie verkörpern genau jene Ingenieursperspektive, die technisch zwar total fit ist, die man aber politisch und wirtschaftlich nicht gebrauchen kann. Wir müssen diese Diskussion auf solide Füße stellen."

Toll ist auch, wie die CeBIT wieder wächst, von 4100 Ausstellern im letzten Jahr auf nunmehr 3400, allesamt schwerst fokussiert auf den Business-Aspekt von "Datability". Aus diesem Grunde gibt es endlich wieder einen Businnes Run für solide Füße in Laufschuhen, sogar mit einem Liveticker auf Facebook. Wer keinen Plan hat, kann es ja mit dem Auftritt von Steve Wozniak versuchen, dem "Genie mit Herz", zu dem die Konferenz-Broschüre dräuend fragt: "Wo wären wir ohne ihn?"

Ja, wo wären wir denn ohne Steve Wozniak? Vielleicht auf dem VCFE, das im Mai startet und gerade Anmeldungen für das diesjährige Ausstellungsthema Paradiesvögel und Exoten sucht. Man nehme nur den Robotron Z1013, der dem Nerd Constanze Kurz das Leben in der DDR erträglich machte, wie sie der Süddeutschen Zeitung im Wochenende-Interview erzählt, passend zum Frauentag:

"Nerds, ob männlich oder weiblich, haben ihren Stolz. Ich erlebe das bei Hackerinnen, ob in Deutschland oder international, dass die keinen Bock haben, über ihr Frausein zu reden. Ich bin Techie, ich will über Technik reden."

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #504 am: 16 März, 2014, 06:30 »
Schau mir in die Augen, Kleiner: Manche Weisheiten erschließen sich nicht mal mit tiefem Blick ins rote Licht, befürchtet Hal Faber. Manche Weisheit allerdings scheint auch erst nach einem tiefen Blick ins Glas aufzuscheinen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Mein Name ist Hal. Hal Faber. Ich lebe und arbeite am besten in einem Isolator, wie ihn der große Hugo Gernsback entwickelt hat. Deswegen bräuchte auch ich kein Smartphone, eigentlich, aber da ist nunmal das Hal-Erbe und die grandiose Stanley-Kubrick-App, die Trost und Halt gibt in diesen unseren Tagen, in denen Geisteswissenschaftler über das inkommensurable Funktionsgeheimnis digitaler Kulturen schwafeln. Gleichzeitig wird auf der CeBIT von einem Roboter mit himmelblauen Augen geschwärmt als einer technischen Meisterleistung. "Dahinter steckt eine Software mit zehntausenden Programmierzeilen." Wow, beeindruckend, voll der Hammer, so Zehntausende von Zeilen da kommen den roten Augen von Hal die Tränen. Nehmen wir nur den in der App veröffentlichten Brief, den Kubrik 1968 an seinen Produzenten geschrieben hat: "Weiß IBM, dass eines der Hauptthemen meines Films die Geschichte eines psychotischen Computers ist. Ich möchte niemanden verärgern, oder ihnen das Gefühl geben, sie wären beschwindelt worden." Schau mir in die Augen, Kleiner ...

*** 1968 wusste Kubrick nicht, dass IBM längst den psychotischen Computer vorgestellt hatte, das System/360, das bald einen fetten Geburtstag feiert. Rundum perfekt und fehlerlos, wie Hal 9000, das war schon 1964 ein feuchter Wunschtraum. Und heute so? Watson hilft Ärzten und Bankberatern. Derweil veröffentlichte IBM ein umfassendes Geständnis, halbwegs. Vergessen die gute alte Zeit, als es Debatten über die NSA-Hintertür in Lotus Notes gab, nachdem IBM 1996 die Software gekauft hatte.

*** Ach ja, die gute alte Zeit ist auch nicht mehr das, was sie früher einmal war. Bleiben wir bei der CeBIT, dieser "weltgrößten Computermesse" mit gerade einmal 210.000 Besuchern vom Fach. Das ist zwar mehr als die 150.000 der Consumer Electronics Show in Las Vegas, aber nur ein schwacher Abglanz der guten alten Zeit. Trotz blendender Isolation drang etwas durch vom Aufgalopp der drei Tenöre, die das Lied der Digitalen Agenda schmetterten. Zarathustras Weisheiten kamen nicht unbedingt dabei heraus, aber immerhin imponierte der Bundesinnenminister mit seinem tiefen Griff in das Schatzkistlein für Metaphern und sprach als Kohls Erbe vom Straßenverkehr mit Leitplanken an den Rändern, der Straßenverkehrsordnung und vom verantwortungsvollen Miteinander der Verkehrsteilnehmer. Kostet ja nix, so ein Vergleich. Wovon der Bundesinnenminister als oberster Vertreter der Ausweisbehörden nach allen von Edward Snowden geretteten Erkenntnissen über NSA und GCHQ hätte sprechen können, wurde im Heise-Forum auf den Punkt gebracht:

"Sorgt endlich mal dafür, daß die Root-Certs der Bundesdruckerei in alle Browser und System-Cert-Stores reinkommen und vergebt jedem Bürger ein Schlüsselpärchen auf seinen nPA. Oder meinetwegen auch mehrere. Meine Güte, das ist doch wohl nicht sooo kompliziert. Dann dazu ein öffentliches Key-Verzeichnis a la DE-Mail oder PGP und passende plugins für die gängigsten Mailprogramme, die automatisch Verzeichnis-lookups machen. Das würde für die sichere Kommunikation in Deutschland mehr bringen als alle wohlfeilen Reden und Initiativen der Provider zusammen hoch 3."

*** Ein vom Staat gestellter Vertrauensanker mit entsprechenden Zertifikaten für die durchgängige Verschlüsselung ist nicht Bestandteil der hochtrabend so genannten E-Card-Strategie der Bundesregierung. Stattdessen setzt man darauf, das sich der Bürger selbst Zertifikate kauft oder sich welche von den Nutznießern schenken lässt. Das der Nutznießer einer besser geschützten, verschlüsselten Kommunikation die Demokratie selbst ist, darauf kommt keiner. Halt, doch doch, da war doch was? Hat nicht der große Woz auf der CeBIT gesprochen, als die Politwutze längst mit anderen Dingen beschäftigt waren? "Wenn Apple und Microsoft die Verschlüsselungssoftware PGP in ihre Betriebssysteme integriert hätten, würde es heute jeder benutzen." Verpasst, verpasst.

*** Im Fach-Business-Trubel der CeBIT ging unter, dass Edward Snowden nach der ARD-Fernsehsendung wieder einen Auftritt hatte, auf der SXSW genannten Digitalshow, vor einem grandiosen Hintergrund. Abgesehen von der miesen Audioqualität darf man sich fragen, was an dem von Snowden wiederholten Statement "crypto works" so schwer zu verstehen ist. Snowden ging sogar so weit zu behaupten, dass die mächtige NSA selbst nicht weiß, was er weiß, weil das Material verschlüsselt ist. Noch während der Rede bekam Snowden Solidaritätsgrüße von Tim Berners-Lee, der mit einer Geburtstagsfeier beschäftigt war. Und auf der CeBIT sprach sich Jimmy Wales dafür aus, dass der sich um das Land sorgende Whistleblower zurück in die USA geholt werden sollte. Derweil überlegte selbst der deutsche IT-Planungsrat, wie "leicht zu benutzende Verschlüsselungsinstrumente entwickelt werden" können. Der Blick der Fachleute ist natürlich nichts gegen das schöne Schaudern des Boulevards, wenn reißerische Stücke verkauft werden können und es heißt: "Und es gibt quasi keine Möglichkeit, sich dagegen zu wehren." Ja was denn, möchten man da schreien, gibt es eine oder gibt es gar keine Möglichkeit? Nicht nur die Computer sind offenbar psychotische Maschinen ...

*** Statt zockende Steuerhinterzieher zu "respektieren", die eine sehr niedrige Gefängnisstrafe antreten, sollte man sich besser an den echten englischen Politiker Tony Benn erinnern, der in dieser Woche gestorben ist. Der streibare Brite wurde im zunehmenden Alter immer radikaler. Im Jahre 1963 notierte Benn in seinem Tagebuch, nachdem Harold Wilson die über die Profumo-Affäre gestürzte Regierung von Harold Macmillian ablöste: "Ich fürchte, es sieht so aus, als ob wir einen Polizeistaat errichten wollen. Dick [Crossmann], der im Krieg bei der Spionageabwehr arbeitete, ist ein knallharter Sicherheitsmann, der als Minister gar nichts dabei finden wird, das alle Telefone abgezapft und alle Briefe geöffnet werden." So kam es. Ausgerechnet Labour baute die Geheimdienste aus. Das GCHQ wurde von 8000 auf 11.500 Mitarbeiter ausgebaut. 1969 schoss Großbritannien seinen ersten Skynet-Satelliten in den Äther, der angeblich die Kommunikation verbessern sollte, aber wohl eher ein SIGINT-System war, wie Tony Benn notierte. Als die NSA-Affäre begann, erklärte Benn:

"GCHQ und die NSA sind Beispiele von Diensten, die ihre Lektionen in Sachen Technologie gelernt haben. Sie haben Angst vor der Verbreitung von Informationen, weil sie wissen, dass freie Informationen eine der stärksten revolutionären Kräfte der Welt sind. Wenn also mutige Menschen im Interesse der menschlichen Freiheit Informationen veröffentlichen, werden sie über die Medien als 'potenzielle Terroristen' gebrandmarkt. Das ist das üble Geschäft der Dienste.

*** In dieser Woche bediente sich die Wikileaks-Mitarbeiterin Sarah Harrison in einem Artikel im Guardian genau dieser Argumentation, als sie beklagte, als Terroristin verfolgt zu werden. Deshalb könne sie nicht nach Großbritannien einreisen, sondern müsse im deutschen Exil in Berlin leben. Ob dies wirklich stimmt, ist schwer zu sagen. Auf einen europäischen Haftbefehl aus Großbritannien müsste Deutschland reagieren, doch dieser scheint nicht ausgestellt zu sein. Nach der Ablehnung eines Asylverfahren für Edward Snowden durch die ängstliche Bundesregierung dürfte Sarah Harrison kaum bessere Karten haben.

Was wird.

Im letzten WWWW ging es um die Frage, ob es einen geheimen Zusatzvertrag zum G10-Gesetz gibt, mit dem der gesamte Datenverkehr in Deutschland zur Auslandskommunikation erklärt wurde, auf dass der BND ausleiten kann, was er für andere Dienste wie die NSA ausleiten will. In der Nacht zu Freitag haben sich zu später Stunde Regierung und Opposition auf einen gemeinsamen Untersuchungsausschuss zur NSA-Affäre geeinigt. Unsere amerikanischen Freunde sind nicht eingeladen, einmal zu extemporieren, wie die Zusammenarbeit mit "Third Parties" aussieht. Dennoch lässt der Arbeitsauftrag des Ausschusses hoffen, schließlich soll auch der "Ringtausch" unter den Schnüffeldiensten untersucht werden. Bleibt die Frage, was die Regierung davon wusste, was sie dafür oder dagegen getan hat. Das könnte selbst ein von den Grünen und der Linkspartei eingeflogener Edward Snowden nicht beantworten. Lassen wir also lieber nochmal Zarathustra ... äh ... singen.

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« Antwort #505 am: 23 März, 2014, 07:46 »
Ha! Ein deutscher Generalbundesanwalt, der die Expertise des Chaos Computer Club anerkennt? Ja zwickts mi doch einer, denkt Hal Faber. Das ist doch mal was Positives, trotz TTIP, Terrapower und der türkischen Twittersperre.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wo bleibt das Positive? Diese Frage kommt üblicherweise zum Schluss der kleinen Wochenschau vom Rande der norddeutschen Tiefebene. Eben dann, wenn auf den berühmten Lichtstreif am Horizont hingewiesen wird, der irgendwo im Osten zu sehen ist. Doch, wie Erich Kästner 1930 dichtete, zimmern sie dort im Osten den Sarg. Das geht natürlich nicht ohne ordentliches Spielenlassen derMuskeln – und Aufstockung der Wehretats. Was positiv ist für die deutsche Rüstungswirtschaft, immerhin die Nummer drei in der Welt, nach den USA und Russland. Ja, das ist wirklich positiv, dass man nun nicht mehr Jammern muss, dass Deutschland dringend eine Drohne braucht, für was auch immer. Vielleicht für Päckchen nach drüben, auf die Krim. Darum schnell her mit dem TTIP-Freihandelsabkommen, zumal die Dinger immer billiger werden und jetzt nur noch 23.800 Dollar die Flugstunde kosten. Sigonella, here we come.

Ich will nicht schwindeln. Ich werde nicht schwindeln.
Die Zeit ist schwarz, ich mach euch nichts weis.
Es gibt genug Lieferanten von Windeln.
Und manche liefern zum Selbstkostenpreis.

*** Ja Twitter zum Teufel, aber da war doch diese Woche was Positives! Ein äußerst irritierendes Knacken in der Matrix, irgenwo zwischen Kugelblitz und tödlicher Wünschelspießrute: Ein deutscher Generalbundesanwalt, der im Interview erklärt, dass er die Vorratsdatenspeicherung nur für schwere Straftaten haben will, der momentan keine Online-Durchsuchung braucht und keine Quellen-TKÜ auf der Basis von § 100a durchführen will. Ein Generalbundesanwalt, der gefragt wird, wo eigentlich das Problem mit dieser Trojanersoftware ist und darauf antwortet: "Der Chaos Computer Club hat 2011 auf Schwachstellen hingewiesen, die jetzt beseitigt werden." Ein deutscher Generalbundesanwalt, der die Expertise des Chaos Computer Clubs anerkennt. Ja zum Teufel, kann mich mal jemand zwicken?

*** Nach Angaben der Bundesregierung in der Beantwortung (PDF-Datei) einer Anfrage der Linksfraktion des deutschen Bundestages gibt es 36 Abkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und den Vereinigten Staaten in Amerika, die in den Bereich der inneren Sicherheit fallen. In der umfangreichen Liste dieser Abkommen findet sich kein Hinweis auf eine spezielle Zusammenarbeit zwischen dem BND und deutschen Nachrichtendiensten. Gäbe es das in dieser kleinen Wochenschauen vor kurzem diskutierte Geheimabkommen aus dem Jahre 2009 über eine weitreichende Ausleitung der Datenkommunikation, hätte darüber eine Notiz erfolgen müssen, dass Auflistungen über weitere Verträge im Geheimdienstkämmerlein des Bundestages einsehbar sind. Ein entsprechender Passus fehlt. Bis auf Weiteres mag man vermuten und verschwörungstheoretisieren, was es sonst noch gibt, doch die einzige belegbare Passage bildet diese Antwort des BND, in der es heißt: "Der BND arbeitet seit über 50 Jahren mit der NSA zusammen, insbesondere bei der Aufklärung der Lage in Krisengebieten, zum Schutz der dort stationierten deutschen Soldatinnen und Soldaten und zum Schutz und zur Rettung entführter deutscher Staatsangehöriger." Da bleibt das Positive! Und es wird noch besser!

*** Bekanntlich wurde vom Deutschen Bundestag "in seltener Einigkeit" ein NSA-Untersuchungsausschuss eingerichtet, diese unpositiven Fragen abzuklopfen, wie es um Deutschland und seine fünf Freunde bestellt ist, China diesmal inklusive. Der Untersuchungsauftrag des Ausschusses ist einigermaßen diffus, die Außenwirkung darum umso schönrednerischer, wenn die Ausschüssler "ein Zeichen setzen" sollen, dass eine solche anlasslose Überwachung "mit unserem Verständnis des Rechtsstaates" nicht vereinbar sind. Man darf gespannt sein. Zur Auswahl stehen ein Ausrufungs-, ein Frage- und das $-Zeichen.

*** Ausschussvorsitzender Clemens Binniger (CDU) will nicht nur die Amerikaner informieren, dass es ab jetzt ganz anders läuft, sondern auch die bundeseigenen Dienste Schnüffel, Späh und Schirm: "Wir müssen bei der Überwachung zu dem personenbezogenen Ansatz zurückkommen." Nicht anlasslos das ganze Netz mit dem Wissen vieler Unternehmen über Utah ausleiten, sondern mit der guten alten Personendatendauersammlung zum Ziel kommen, das ist das Gebot der Stunde auch für deutsche Dienste. Das Ganze nach dem Motto "Schuster, bleib beim guten alten Gössnern. Dann wären bei einem Sprengstoffanschlag auf einen Briefkasten von Edathy gleich kinderpornografische Hinweise aufgefallen.

Was wird.

Hach, ist das Positive auf der Strecke geblieben? Aber nicht doch. "Wenn du denkst, es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein Lichtlein her", ist je nach Migrationshintergrund ein sorgfältig abgeschriebener Spruch aus dem Poesiealbum oder ein Song des Rappers Bushido. Er passt aber auch zum Lebensmantra des bekennenden Katholiken Bill Gates, der sich im Interview mit Rolling Stone als unerschütterlicher Optimist präsentiert. Gates, der in Zukunft den neuen Microsoft-Chef Satya Nadella beraten soll, präsentiert sich dabei als echter Nerd: Ingenieursmäßig können wir die Welt zum Besseren drehen, auch wenn es hier und da etwa bei der Bekämpfung der Kinderlähmung in Pakistan Rückschläge gibt. Das Interview mit Gates hat für Aufsehen gesorgt, weil er Edward Snowden nicht als Held einordnen will, doch sein Mantra vom "alle Probleme sind lösbar" geht viel weiter, bis hin zur Unterstützung der sauberen Atomkraft mit der von ihm finanzierten Terrapower. Nur an einer Stelle blitzt Verzweiflung auf: das US-amerikanische Schul- und Gesundheitssystem, das selbst von der besten Regierung der Welt in einem Land ohne Korruption und mit einem funktionierenden Rechtssystem nicht geordnet werden kann. Hier spricht der Nerd Gates von einem Deadlock. Die Diskussion zum Interview zeigt, was Amerika in diesen Tagen bewegt: Es sind gläubige Christen, die den vermuteten "Glauben" der Atheisten angreifen und Gates samt seiner Stiftung auffordern, mit seinem Geld den Kreationismus zu unterstützten.

In der Türkei stehen Wahlen an. Aus Angst, diese Wahlen zu verlieren, versucht der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdoğan die beiden Medien unter Kontrolle zu bringen, die das Ausmaß der Korruption dokumentieren: Twitter und Youtube. Letzteres, weil dort die kompromittierenden Videos zu sehen sind, die bisher nur ein Bruchteil der Türken sehen konnte, weil der Pinguin die Sicht verstellte. Eine bemerkenswerte deutsche Reaktion findet sich im Interview mit Innenminister Thomas de Maizière. Er weicht vor der Frage aus, wie eine Million wahlberechtigte Mitbürger ihr Wahlrecht wahrnehmen können. Die türkische Regierung soll am Zug sein. Da bietet sich doch glatt dieses Internet an, das man so formidabel kontrollieren kann.

Apropos Wahlen, apropos Twitter. Über dieses schwer demokratische Medium der internationalen Meinungsbildung nicht nur in der deutschen Piratenpartei hat Wikileaks seine Anhänger gefragt, ob Julian Assange nicht bei der Europawahl antreten sollte. Der Assange zugeschriebene Twitter-Account Hazelpress unterstützte den Vorschlag und sprach sich für Sarah Harrison als Wahlkampf-Manager aus. Die wiederum lebt als selbstdeklarierte Terroristin in Berlin und schreibt an einem Buch über Wikileaks. Ähnlich geht es Laura Poitras, die in Berlin einen Dokumentarfilm über den Berliner Jacob Appelbaum und Julian Assange schneidet. Es lebt sich also gut in dieser Stadt Germaniens, die sich langsam aber stetig auf die ultimative Schlacht der Netizen vorbereitet, wenn das NewNormal gegen Into the Wild antritt. Die einen wollen Alltag, die anderen Drei-Wetter-Taft. Da bleibt das Positive glatt auf der Strecke.

Noch immer räumt ihr dem Guten und Schönen
den leeren Platz überm Sofa ein.
Ihr wollt euch noch immer nicht dran gewöhnen,
gescheit und trotzdem tapfer zu sein.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #506 am: 30 März, 2014, 06:42 »
Das Abendland ist untergegangen. Hal Faber fragt derweil, welcher Hoodie-Typ Du bist. Und sieht in Heinrich Heine einen Propheten der technologischen Souveränität.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Oha, das Abendland ist untergegangen. Und das kam so: In Hamburg sollte ein Spiegel-Journalist treu nach der Spiegel-Devise "Sagen, was ist" sagen, was ist mit dem Journalismus. Da entdeckte er bei der Empfangsdame eine Obst-Schale und wollte sich einen Apfel nehmen. Das aber war ihm verboten: Solche Spiegel-Erkenntnis-Äpfel dürften nur die Print-Journalisten essen, hieß es. So ging also das Abendland unter, ganz unspenglerisch, aber mit einem schönen Liveticker. Die hehren Werte des christlichen Abendland wurden von einem Aufklärungs-Apfel in einer Obstschale zerdeppert. Wobei der livetickernde Journalist schlecht performte: "Sagen, was ist", dass hätte harte Recherche erfordert, woher denn dieser Apfel stammte. Vielleicht aus dem Altland, jenem leckeren Streifen vor Hamburg zwischen dem untergangenen Abendland und dem islamischen Morgenland?

*** Der Untergang des Abendlandes begann übrigens etwas früher, in Frankfurt. Dort schrieb ein FAZ-Journalist etwas über einen SZ-Journalisten, dass andere Journalisten so aufregte, dass sie sich Kampfkapuzenpullis anzogen und Drohfies machten. Nun erscheint diese nach Zeilen bezahlte Wochenschau bei einem reizenden kleinen Verlag am Rande der norddeutschen Tiefebene, in dem Kapuzenpullis absolut normale Kleidungsstücke sind und Printredakteure immer mal wieder den Newsticker befüllen helfen, mithin das Schmuckstück dieser Branche. Was in Hamburg und München und Frankfurt aufregte, verstand in Hannover niemand. Aber so ist das, wenn so ein Abendland untergeht. Auch dies ist eine Nachricht die ordentlich präsentiert werden muss, selbst wenn man es besser weiß, nämlich, dass die Welt am 1. Januar 1970 begann und am 19. Januar 2038 um 03:14:08 untergehen wird – dies als kleiner Kollateral-Trost für alle, die sich gerade über die Sommerzeit ärgern.

*** Jetzt, da das Abendland doch untergegangen ist, sollte man mal nachschauen, um was es eigentlich ging. Jedenfalls nicht um Online-Journalismus versus Print-Journalismus oder um jung gegen alt. Das gute alte Abendland wird an seinen krimmigen Grenzen zum Beispiel durch einen ständig erregten Journalismus beschädigt, dem das Orwellsche "Auftauchen, um Luft zu holen" fremd ist. Oder durch eine atemberaubende Ignoranz der Journalisten, die sich als Speerspitze des Internet-Journalismus feiern lassen im Hoodie und dann so antworten:

Nachdem inzwischen alle Sicherungssysteme geknackt werden können, wie der einschlägigen Presse zu entnehmen ist, wollen wir unseren Nutzern nicht falsche Sicherheitsgefühle durch Kommunikation einer vermeintlich sicheren Methode geben. Deshalb auch haben wir keinen anonymen Briefkasten etc. Nur analoge Kommunikation kann halbwegs gesichert werden.

So sieht er aus, der Untergang des Abendlandes. Nur analoge Kommunikation ist halbwegs sicher, beim heiligen Foschepotherus. Vor nunmehr einem Jahr kontaktierte der Whistleblower Edward Snowden den Journalisten Glenn Greenwald. Seit Sommer 2013 reißen die Veröffentlichungen über die Machenschaften der Geheimdienste wie NSA und GCHQ nicht ab. Seit dieser Woche ist bekannt, dass einem großen Blatt wie dem Guardian mit der Schließung gedroht wurde im ach so demokratischen Großbritannien. Aber bitte weitermachen mit der Ablenkung. Welcher Hoodie-Typ bis du, das ist genau die Frage der Stunde.

*** Keine falschen Sicherheitsgefühle mehr! Während Journalisten auf Nabelschau sind, diskutieren IT-Leute, wie das eigentlich gehen soll mit der technologischen Souveränität Deutschlands, die unter dem Eindruck des NSA-Skandals in den Koalitionsvertrag gewandert ist. Kommt es wirklich auf Dezentralisierung, freie Software und Verschlüsselung an oder ist die Erfolgsbilanz dieser Regierung etwas von der Art alter Handbücher? Wo sind eigentlich die beschlossenen leicht zu benutzenden Verschlüsselungsinstrumente für alle Bürger abgeblieben? Oder ist damit die Jubelarie Deutschland setzt auf verschlüsselte E-Mails gemeint, die uns aus allen deutschen Ecken des Netzes entgegendröhnt? Nicht einmal im Kleingedruckten findet sich dabei der Hinweis, dass E-Mail Made in Germany an allen Übergabepunkten im Klartext vorliegt und eine Ausleitung ein Leichtes ist.

*** Am Ende wird sich die die technologische Souveränität des Koalitionsvertrages als technologische Schimäre herausstellen. Bestimmte Sachen können von der deutschen Industrie einfach nicht mehr hergestellt werden. Auf einer Diskussionsveranstaltung bekannte Klaus Landefeld vom weltgrößten Internet-Knoten De-Cix freimütig, dass er keine deutschen Alternativen zu der in Frankfurt eingesetzten Hardware kennt. Wenn es unbedingt deutsche Technik sein muss, müsste diese als teurer Eigenbau selbst entwickelt werden. Selbst der deutsche Hersteller Lancom bekennt unter der Hand freimütig, dass solche Systeme in wirtschaftlich vertretbaren Mannjahren nicht entwickelt werden können. So heißt es noch in der mehrfach mit Preisen ausgezeichneten Diplomarbeit von Agata Królikowski über Deep Packet inspection unter Berufung auf Procera Networks: "PI-Systeme sind leistungsfähig genug, um an zentralen Internetknoten wie dem De-Cix Echtzeitanalysen des gesamten Internetverkehrs in Deutschland durchzuführen."

*** Seltsamerweise hat bereits Heinrich Heine etwas Passendes zur technologischen Souveränität des großkoalitionären Vertrages gedichtet, die schöne neue Klaut-Technologie eingeschlossen. Zwar schrieb Heinse niemals bräsig im Politikersprech davon, dass man "Deutschlands Zukunft gestalten" müsse, nein, er brachte es viel feiner auf den Punkt:

Franzosen und Russen gehört das Land,

Das Meer gehört den Briten,

Wir Deutsche aber besitzen im Luftreich des Traums

Die Herrschaft unbestritten.

Was wird.

Jetzt, da das Abendland untergegangen ist, kann man in Neuland in großer Ruhe weitermachen wie bisher. Am Montag ziehen die ersten 170 Schlapphüte in die neue BND-Zentrale ein. Der undemokratische Sektor Berlins wird vom Kanzleramtsminister eröffnet, auf dass der Umzug der 7000 Experten für Staubsaugertechnik beginnen kann. Viele freuen sich schon über die neue Aufgabe, in Gedenken an Richard Gehlen wieder eine Sonderkartei der Politiker anlegen zu können, so als nettes Gegenstück für die besondere Datenbank "Nymrod" der Staats- und Regierungschefs, die die NSA angelegt hat.

Stören könnte dabei vielleicht der 1. April. An diesem Datum wetteifern der Print- wie der Online-Journalismus ungewöhnlich engagiert darum, möglichst wahre Nachrichten zu veröffentlichen. Unglaubliche Entdeckungen stehen an, auch wenn die Wahrheit sich erst nachträglich einfindet. Man denke nur an den in einem Alu-Hoodie geschriebenen c't-Artikel über RFID-Chips in Autokennzeichen, etwas, was 2006 mit der Einführung einer PKW-Maut wieder angedacht wurde. Bekanntlich will die große Koalition schnellstens die PKW-Maut einführen, womit das Thema seine zeitlose Aktualität beweist.

In diesem Jahr ist der beste Aprilscherz auf den 8. April vertagt worden. Das ist der Tag, an dem viele Menschen der norddeutschen Tiefebene befreit auflachen und ihre Liebe zu Windows XP bekennen werden wie in dem Film Her. Über diese Liebe zu einem von Scarlett Johannson gesprochenen Betriebssystem schreiben alle, Print wie Online recht abstruse Sachen. Jajaja, aus dem gehörten Wort ward Fleisch, aber das hatte G^tt auch schon mal geschafft. Später, wenn die Liebe abgeklungen ist, kommen die verstörenden Szenen einer Ehe, auf 46.500 Zeilen. Na, will sich noch jemand ins Teufelszeug neu verlieben? Wie sprach G^tt übrigens zum Detail-Teufel frei nach Heine? Liebe kleine Katzen kommen vor den Menschen, das gildet nicht nur im Internet:

Ich der Herr kopier mich selber,

Nach der Sonne mach ich Sterne,

Nach den Ochsen mach ich Kälber,

Nach den Löwen mit den Tatzen

Mach ich liebe kleine Katzen,

Nach den Menschen mach ich Affen;

Aber du kannst gar nichts schaffen.

(Heinrich Heine, Schöpfungslieder)

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #507 am: 06 April, 2014, 06:24 »
Die versteinerten Verhältnisse zum Tanzen bringen, indem man ihnen ihre eigene Melodie vorsingt - daran ist schon so mancher gescheitert, befürchtet Hal Faber. Was nicht heißt, es nicht doch immer wieder zu versuchen.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es war nicht mehr der erste April, jener Tag, an dem man keine Witze macht, weil das Leben selbst ein urheberrechtlicher Witz ist. Doch schon am Tag darauf war der unbestechliche Newsticker von heise online Bestandteil einer hübschen Diskussion im Bundestag, als der Artikel Friedrich erhebt Sicherheit zum "Supergrundrecht" im Hohen Haus diskutiert wurde. Nein, es ging nicht um den sommerlich vorgezogenen Aprilscherz eines Supergrundrechtes oder um den edathyierten CSU-Minister. Im Bundestag debattierte man wieder einmal, was denn die Bundesregierung beim liebsten Bündnispartner macht, der seine NSA offenbar nicht mehr unter Kontrolle hat. Wie hört sich das eigentlich an, wenn "die kritische Haltung zu Umfang und Ausmaß der öffentlich bekannt gewordenen Spionageaktivitäten der NSA deutlich zum Ausdruck gebracht" wird, wie es im Protokoll heißt? Mit einem schlichten, einfachen "Ja" antwortete da der Staatssekretär Ole Schröder auf die Frage, ob es nicht zutreffe, dass die USA die Fragen der Bundesregierung nicht ausreichend beantwortet. Der dann folgende Wortwechsel hat das Zeug, zum Aprilscherz des Jahres:

Andrej Hunko, die Linke: "Wenn Sie selbst jetzt schon sagen, dass das unzureichend ist, frage ich Sie: Gehen Sie davon aus, dass Sie jemals Antworten auf die gestellten Fragen bekommen werden, oder glauben Sie, dass Sie die Antworten nicht bekommen werden?

Dr. Ole Schröder, Parl. Staatssekretär beim Bundesminister des Innern: Ich bin eher skeptisch, dass wir unmittelbar von den USA sämtliche Antworten bekommen und dass wir sie dann auch dem Parlament öffentlich bekannt geben können. Nichtsdestotrotz müssen wir dafür sorgen und alles dafür tun, unsere Informations- und Kommunikationssysteme so auszustatten, dass sie vor Spionage geschützt sind.

*** Wir bekommen keine Antwort und wenn wir sie doch bekommen, sind die Auskünfte so schwer geheim, dass nicht einmal die Einstufungsklasse streng geheim ausreicht. Also darf niemand darüber reden, nicht einmal im NSA-Untersuchungsausschuss. Dieser tagte 13 Minuten lang öffentlich, ehe er sich schwer geheimen Fragen zuwandte, die nicht für öffentliche Ohren bestimmt sind. Die Frage, ob der Whistleblower Edward Snowden als Zeuge in irgendeiner Form vor dem Ausschuss aussagen kan, ist geeignet, die öffentliche Ordnung der Bundesrepublik oder einer ihrer Bundesländer zu stören. Das Staatswohl überwiegt nicht nur das öffentliche Interesse an einer Aufklärung des Schnüffelskandals, es überwiegt den parlamentarischen Informationsanspruch, es ist halt ein "Suchergrundrecht" ganz eigener Art. Wie wäre es mit NSA-NSA? Zur "National Security Agency" tagt dann der "Nichts Sagende Ausschuss", der die bundesdeutsche Skotomisation trefflich illustriert.

*** Ist dies auch Wahnsinn, so hat es doch Methode. Bekanntlich haben der Premierminister Erdogan und seine AKP die Regionalwahlen in der Türkei gewonnen und sind drauf und dran Erdoganistan zu errichten, auch wenn es Rückschläge gibt wie den freien Zugang zu einem Medium, in dem die Türkei uns längst überholt hat. Bleibt noch abzuwarten, ob die Entscheidung gegen die Youtube-Sperre auch umgesetzt wird. Bekanntlich führte ein über Youtube verbreiteter Audio-Leak über eine mögliche False-Flag-Operation gegen Syrien zur Sperre. Was sagt unsere Bundesregierung dazu, in Gestalt des "Europa-Staatsministers" Michael Roth? "Wir nehmen grundsätzlich zu offensichtlich illegal beschafften Aufnahmen nicht Stellung." Im Fall der nicht minder "illegal beschafften Aufnahmen" von Julia Timoschenko sah das übrigens ganz anders aus, da sprach man umunwunden kritisch von Gewalt-Phantasien jenseits der Grenzen in Sprache und Denken. Wir lernen: Es gibt gute und schlechte Leaks.

*** Leaks, Leaks, Leaks, da war doch was? Bei all den Debatten um Edward Snowden und die Möglichkeiten der NSA läuft Julian Assange mit seinen Wikileaks in Gefahr, vergessen zu werden. Der Ruhmesgipfel, den Wikileaks vor vier Jahren mit einem Aprilernst erreichte, ist ziemlich verblasst. Wenn Snowden-Dokumente weiter in diesem Stil veröffentlicht werden, wird Assange nach einer Berechnung von John Young 68 Jahre alt sein. Eine Serie von ausgewählten Interviews mit dem Mann in der ecuadorianischen Botschaft zu London soll das Vergessen verhindern. So erfahren wir im deutschen Wall Street Journal, dass Geheimdienste ganze Arbeit leisten und in die Fußstapfen von Wikileaks treten. Wir lernen in diesem sportiven Wettbewerb, dass Assange nicht "all die verschiedenen Sicherheitstechniken und Produkte, die wir nutzen", nennen kann. Dies im hübschen Kontrast zu den Leaks-Gefährten von Edward Snowden, die eine Werbekampagne für Tails gestartet haben. Wir lernen aber auch dank Focus, dass laut Assange Bundeskanzlerin Merkel sich um die digitale Unabhängigkeit kümmert: "Zum Glück hat Angela Merkel hier die Führung in Europa übernommen." Eine starke Frau mit starken Worten, starken StartUps und ein starkes BSI: Herz, was willst du mehr? Bei Hochdruck keine Dienstpausen des BSI am Wochenende? Wir. Leben. In. Deutschland.

*** Anja Niedringhaus war eine große Fotografin, die sich niemals wie Marie Colvin als Kriegsreporterin bezeichnet hat. Sie wurde in Afghanistan erschossen. Vor ihr starben Sardar Ahmad und Nils Horner. Alle drei wollten über die friedlichen Wahlen in Afghanistan berichten. It's a long lonely journey from death to birth, heißt es in den Last Days über einen anderen Tod, dessen eine Konsequenz ist, dass ein guter Teil von Cobains Verwertungsrechten nun sinnigerweise bei der sauberen Hausfrau Martha Stewart liegt.

*** Symptomatisch, dieser Ausverkauf? Wie man es nimmt. Nun ist es auch schon 20 Jahre her, dass der letzte Rebell des weißen Popkultur-Bürgertums in den westlichen Industrieländern aufgab, ein letztes Aufbäumen gegen das apokalyptische "Nach-mir-die-Sintflut"-Strebertum der gruseligen 80er. Here we are now, entertain us. Mit Grunge, der Apotheose des Punk, verliert sich der Aufstand im Nihilismus, macht aber nochmal gute Musik. Müßig daher die unsägliche Diskussion, ob Kurt Cobain überhaupt etwas zu sagen hatte. Nihilismus ist immer noch ein überzeugender Grundakkord, um die versteinerten Verhältnisse dadurch zum Tanzen zu bringen, dass man ihnen ihre eigene Melodie vorsingt.

Was wird.

Zur deutschen Führung in Europa gehört im Sinne dieser Logik auch die überraschende Entscheidung für die Netzneutralität des Europäischen Parlamentes, die der Wirtschaft gar nicht gefällt. Noch kann der Rat der Europäischen Union den Beschluss ändern, aber da ist ja Merkel vor, die wie eine Löwin um die "Rückgewinnung der technologischen Souveränität" und um ein "Völkerrecht im Netz" kämpfen wird, wie es in ihrem Regierungsauftrag heißt. In Stuttgart tagt der IT-Planungsrat mit Referaten wie "E-Government im Dschungelcamp" und den Nutzen von Klaut-Diensten. Die Lösung, wie Bürger leicht zu benutzende Verschlüsselungsinstrumente bekommen können, wurde vom Programmplan genommen. Einerseits ist Deutschland das Land der Dichter und Denker, andererseits föderal. Wie lästerte dereinst Madame de Staël noch über Deutschland? Das Wort unmöglich hört man hundertmal in Deutschland aussprechen, gegen einmal in Frankreich.

In Leipzig berät der Verband für Sicherheitstechnik über die Kriminalistik 2.0 und die "Underground Economy". Nein, der "tiefe Staat" ist damit nicht gemeint, der im Zuge der Edathy-Affäre Stück für Stück erkennbar wird, mit einem außer Kontrolle geratenen Bundeskriminalamt. Dort gibt es Kriminalkommissare mit einer Sonder-Berechtigung, alle elektronischen Datensätze abzurufen. Was im Fall von Edathy angeblich nicht genutzt wurde. Gut möglich, dass der bekannte Vortrag "Kriminalistik 2.0" von BKA-Chef Jörg Ziercke der letzte seiner überlangen Karriere ist. Aber es gibt immer auch Anfänge mit einem besonderen Zauber innen drinne: Lust auf Gutachten zur Dekryptierung?

Öch, ächz, immer dieser Verschlüsselungkrams? Aber genau dieses kleine bisschen IT ist der kritische Punkt, an dem nach dem ollen Hegel alles schön koalitionsvertraglich festgelegte Gerede von der technologischen Souveränität umschlägt ins Greifbare, wenn auch nur in Bits'n'Bytes. Aber es rockt. In der abgelaufenen Woche hat der kleine Bielefelder Verein Digitalcourage für seinen an Tails erinnernden PrivacyDongle in der Veste Oberhaus zu Passau den For...net Award gewonnen. In dieser Woche vergibt er selbst die Preise, die nicht unbedingt stolz machen. Die Big Brother Awards 2014 werden in der Hechelei verliehen. Wer im Nirvana nicht Bescheid weiß, darf jetzt die Bielepedia konsultieren.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #508 am: 13 April, 2014, 06:19 »
Das Vergangene ist nicht vergangen, es ist nur auf Vorrat gespeichert. Oder doch nicht, fragt sich Hal Faber? Ach, irgendwas wird hängenbleiben, wenn ein blutendes Herz auch nur zu schlechten Verschwörungstheorien taugt.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Da treffen wir uns schon wieder in diesem Internet, das immer dann zum rechtsfreien Raum deklariert wird, wenn einem das Netz nicht passt. Ein Edathy-Gesetz muss her, das Nacktaufaufnahmen von Kindern unter Strafe stellt, "die ohne sinnstiftenden Zusammenhang allein auf die sexuelle Errgung des Betrachters abzielen". Gespannt darf man sein, wo der sinnstiftende Zusammenhang und damit das Reich der Kunst beginnt, was Posing ist und wie eine heimliche Aufnahme erkennbar wird. Sitte und Anstand werden im Zeitalter der Selfies und Google-Gläser neu verhandelt. Viel Arbeit für einen Justizminister, der sich nach dem Urteil von Luxemburg auch noch um eine angemessene Mindestspeicherung kümmern muss. Geschichte wird gemacht, es geht zurück, könnte man mit den Fehlfarben trällern. Auch der Jugendschutzfilter ist wieder da. Wir bewegen uns zurück in die prüden Jahre, als der Bundesnachrichtendienst mit Mister Dynamit – morgen küsst euch der Tod den deutschen James-Bond-Kracher produzieren wollte. Der Flop soll jetzt als DVD ein Renner werden.

*** Ach, das gehört nicht zusammen? Vielleicht doch. Das Vergangene ist nicht vergangen, es ist nur auf Vorrat gespeichert. Da mag der Kommentator richtig liegen, wenn er die große Koalition als konservierendes Element der deutschen Politik sieht und von den Überwachungsgegnern ein Spiel auf Zeit fordert, das ein Fünkchen Hoffnung in eine neue, bessere Zeit weiterträgt. Aber ob der zur Not vorgeschlagene Kompromiss wirklich hinkommt, nur die IP-Adressen der Black Box Internet zum Speichern zu geben und auf die "deutlich heiklere Vorratsspeicherung der Telefon-, E-Mail- und Mobilfunkdaten" zu verzichten? Da dürften die Koalitionäre aus dem Lachen nicht mehr herauskommen und die schlapp Behüteten um die Kunstpalme tanzen. Wie dokumentierte es Peter Galison mit einem NSA-Zitat in dem Blatt, in dem das Bürgertum gegen die digitale Unterdrückung kämpft? Ein internes Papier aus dem Jahre 1998 bringt es auf den Punkt:

"In der Vergangenheit operierte die NSA in einer überwiegend analogen Welt von Punkt-zu-Punkt-Verbindungen, die über diskrete, feste Sprechkanäle liefen. Der Zugang zu diesen Verbindungen konnte meistens auf konventionellem Weg hergestellt werden. Inzwischen findet Kommunikation überwiegend digital statt, mit Milliarden von Bits, über Sprache, Daten und Multimedia. Sie wird dynamisch weitergeleitet, ist global vernetzt und stützt sich immer weniger auf traditionelle Kommunikationswege wie Mikrowelle oder Satelliten. Um ihren offensiven und defensiven Auftrag erfüllen zu können, muss die NSA ‚im Netz leben‘."

*** Der erwähnte Peter Galison beschäftigt sich in seinem Artikel mit der Bedeutung der Zensur bei den Traumdeutereien von Sigmund Freud, mit der Militärzensur – und mit der alltäglichen Selbstzensur, die alle Netzidentitäten beschäftigt wie beschädigt, wenn man sich nicht traut, nach einem Begriff wie Gentrifizierung zu googeln oder zu yandexen. Es könnte auffallen, es könnte die Schnüffler und Beobachter und Auswerter aufmerksam machen auf einen Bürger, der zwanghaft nichts zu verbergen haben darf. Der sich nichts traut, nichts sucht, und unauffällig geht im Vorfeld der künftigen Smart Cities, in denen alle Straßenlaternen mit Kameras und Sensoren ausgerüstet sind, die Bilder zur automatischen Gesichtserkennung in die Cloud schicken.

*** Was ist nur mit dem Aufstand der Bürger los, die sich selbst zensierend so unter der Digitalisierung ächzen? Die wie ein Enzensberger alle Handys wegwerfen, wie ein Sascha Lobo im Netz nur noch ein Kontrollmedium sehen? Die nicht die geringsten Probleme damit haben, digitale Folter einzusetzen. Diesem verängstigten Bürgertum fehlt das Subjekt, das im Zeitalter der Industrialisierung automatisch mit eben dieser Industrialisierung entstand: die Arbeiterbewegung. An diesem Wochenende findet das tazlab statt, auf dem die Cypherpunks der 90er als Vorläufer moderner Hacker gefeiert werden. Die Hacker selbst werden dabei umstandlos zu den neuen Revolutionären erklärt, die mittels Hacking, Leaking, Sabotage die neue Gesellschaft vorbereiten. Und hach, das Zentrum dieser revolutionären Avantgarde ist das Berlin, wo es das Netzwerk des Chaos Computer Clubs, die cBase und die vielen netzpolitischen Zirkel gibt, immer bereit, sich schützend vor die Hacker-Avantgarde zu stellen. Berlin, wo Jacob Appelbaum, Sarah Harrison und Laura Poitras in einer Art Exil leben – wobei Poitras zusammen mit Glenn Greenwald unbehelligt in die USA einreisen konnte, um den Polk Award entgegenzunehmen. Ob das ein Indiz für ein Umdenken ist, muss sich zeigen. Die Hacker-Avantgarde kann sich jedenfalls feiern lassen. Aber sonst so? In der Wochenend-taz, derzeit noch nicht online, gehen Hacker und Hartzler gemeinsam auf die Barrikaden des Widerstandes.

"DieAusgangsbasis für eine nächste, zivilgesellschaftliche Angriffswelle liegt also – eigentlich – nahe. Doch bislang ist weder die Strategie geklärt noch die Frage, wer sich dieser Avantgarde anschließen kann und darf. Diejenigen, die sich zu wehren wissen, betrifft die digitale Durchleuchtung schließlich am wenigsten. Für die Bezieherin sogenannter Hartz-IV-Leistungen, die sich vor dem Staat existenziell offenbaren muss, ist die informationelle Ausbeutung und Ernierdigung, die sie erfährt, relevanter. Ihr muss die Befreiung gelten."

*** Befreit vom Amt des NSA-Ausschussvorsitzenden hat sich Clemens Binninger. Ihm wurde die Aufgabe zu unsachlich, nicht weil es um Sachen und Dienste, sondern weil es um eine Person geht, die seine Partei behandelt, als habe sie eine besonders ansteckende Krankheit. Die Rede ist natürlich von Edward Snowden, der einen Preis, den Julia-und-Winston-Award erhielt und eine Laudatio bekam, die es in sich hatte, nicht nur wegen der ansteckenden Krankheit:

"Widerstand ist ein Wort, das man mit dem Aufbegehren gegen ein diktatorisches Regime verbindet. Widerstand ist aber auch in der Demokratie, auch im Rechtsstaat notwendig. Widerstand heißt in der Demokratie nur anders: Er heißt Widerspruch, Zivilcourage, aufrechter Gang oder auch einfach – Edward Snowden."

Der Preis sind 1 Million Aufkleber, die Asyl für Edward Snowden fordern. Spam-bereinigt sind bereits 100.000 Stück bestellt worden. Dabei ist die Frage strittig, ob ein Asyl in Deutschland für Snowden so viel besser ist als die zur Verlängerung anstehende Asylgewährung im Russland von Vladimir Putin. Auf einer Veranstaltung hielt man das für zu gefährlich und ansonsten wird die deutsche Staatsbürgerschaft als Sicherungsmaßnahme gefordert.

*** Was war da noch? Gestern quälte uns der Qualitätsjournalismus mit dem langweiligsten Tag des Jahrhunderts. Angeblich war der 11.4.1954 eine Wüste der Ereignislosigkeit, aber hey, man wird doch abstauben dürfen bei einer alten Meldung. Bei solch geballtem Unsinn mache ich das, was mein Philosophie-Professor lehrte: In den Spiegel gucken. Am 11.4.1954 sind in Vietnam von einem französischen Fallschirmjägerbatallion (130 Soldaten) ganze sieben Mann übriggeblieben, "aus denen kurz darauf – als sie in ein Minenfeld geraten – drei geworden sind; die laut in die Nacht hinausbrüllen." Im Osten nichts Neues.

Was wird.

Sollte man da nicht lieber das Wochenende bei all dem Ticker-Tamtam und den schlechten Verschwörungstheorien um Hartbleed zünftig nutzen, um das Jubiläum von Rock Around the Clock zu feiern? Oder wenigstens mal rumsuchen, was eine "postapokalyptische Sexfantasie" ist? Atombomben können nämlich segensreich sein:

Last night I was dreaming,
Dreamed about the H-bomb,
Well, the bomb went off,
And I was caught,
I was the only man underground.
There was a thirteen women,
And only one man in town.

Heimlich, still und leise, ganz ohne Knall und Atompilz, zieht in der nächsten Woche der Termin vorüber, an dem die Bundesregierung die letzte Chance hätte, den 10-Jahres-Vertrag mit der Firma Toll Collect zu kündigen. Toll Collect sammelt in Deutschland und bei den ausländischen LKW die Maut ein. Laut den immer noch schwer geheimen Mautverträgen kann der amtierende Mautrechenmeister,  Mister 50 Mbit Alexander Dobrindt noch formlos bis 2018 verlängern. Dann aber ist Schluss. Spätestens dann, wenn nicht schon im Januar 2015, wird die daher die Bundesregierung Toll Collect in Eigenregie übernehmen und dafür den Partnern in diesem Konsortium die 7 Milliarden erlassen, die diese für den Fehlstart der LKW-Maut als Schadensersatzleistung zahlen müssten. Wo schon das Gesetz zur Antiterror-Datei heimlich, still und leise mit erweiterten Datennutzungen nachge"bessert" wird, dürfte auch das bisher recht strikte Mautgesetz den Erfordernissen des neuen Besitzers angepasst werden.

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Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)
« Antwort #509 am: 20 April, 2014, 06:09 »
Geschichte wird gemacht, und Hal Faber fragt sich, wem sie gehört, die da gemacht wird. Aber je nach Interpretation schäumen die einen oder anderen üblichen Verdächtigen. Business as usual, wenn es nicht so traurig (und gefährlich) wäre.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wem die Geschichte gehört? Gute Frage, nicht nur für Krimi-Autoren. Angesichts mancher aktuellen Debatte über Geschichte oder Nicht-Geschichte verrutschen offensichtlich schon mal die Kategorien. Aber vor seltsamen Freunden schrecken die Deuschen ja eher selten zurück. Dass es in Deutschland nicht, wie in Italien, eine "Strategie der Spannung" des Staates erforderte, mag auch mit den Bahnsteigkarten zusammenhängen, die deutsche Revolutionäre unbedingt benötigen.

*** Aber hach, Geschichte, ja. Das waren noch Zeiten, als 1994 die erste weibliche Jungfernschaft im Web verhökert werden sollte und James Exon vor lauter Empörung den Communications Decency Act vorschlug. Als Exon in Ermangelung von Google Translate in den USA den Titel "Oberststurmbahnführer des Digitalen Autobahns" bekam und Hustler erfolglos den Titel seines Porno-Internetmagazins "Hard Drive" zu schüzen versuchte. Heute geht Nackigmachen anders und bringt weniger ein: ein gewisser Shawn Buckles hat – natürlich für einen guten Zweck – seine gesamten Daten in einer Auktion versteigert und dafür schlappe 250 Euro bekommen. Eine enttäuschende Summe, jedenfalls in den Augen von Blackout-Guru Marc Elsberg. Sein nächstes Buch Zero geht nämlich von der Annahme aus, dass so ein menschlicher Datenhaufen ab 2000 Euro aufwärts zu kaufen ist. Gewinner der Auktion war der Kongressveranstalter The Next Web. Der will die Datenseele von Buckles nutzen, um zu zeigen, dass Privatsphäre ein überbewertetes Konzept ist.

*** Hat sich auch Edward Snowden verkauft, als er in einer russischen Fernsehsendung auftrat und Putin eine Frage stellte? Die üblichen Verdächtigen schäumen über und sprechen von Beweisen, dass Snowden eine Marionette des Kremls ist. Snowden sieht das anders und verweist auf die Aussage des DNI-Direktors  James Clapper vom März 2013, dass die NSA keine Daten irgendwelcher Art über Millionen Amerikaner speichern würde. Diese Aussage war bekanntlich die Initialzündung für Snowden, mit der monströsen Sammlung von 1,7 Millionen Dokumenten abzutauchen und sich ins Ausland abzusetzen. Er habe Putin exakt dieselbe Frage stellen wollen, die Clapper gestellt wurde, rechtfertigte sich Snowden. Sein Argument: Ehe jemand der Lüge überführt werden kann, muss er gelogen haben. Die nicht von Snowden ausgesprochene Hoffnung, dass jetzt ein russischer Snowden seine Dokumente zusammensucht und abtaucht, muss man sich dazu denken. Ein Satz in dieser Richtung durfte es nicht geben. Putins Antwort in der Versicherung der Rechtsstaatlichkeit bei Betonung der terroristischen Bedrohung könnte von James Clapper stammen oder von Barack Obama an Merkel übermittelt werden:

"Mr Snowden, you are a former intelligence officer, and I have worked for an intelligence agency, too. So let’s talk like two professionals. To begin with, Russia has laws that strictly regulate the use of special equipment by security services, including for the tapping of private conversations and for the surveillance of online communications. They need to receive a court warrant to be able to use this equipment in each particular case. So there is no, and cannot be any, indiscriminate mass surveillance under Russian law. Since criminals, including terrorists, use these modern communication systems for their criminal activity....."

*** Zwischen Professionellen gibt es immer offene Worte, doch was ist mit professionellen Politikern? Zwischen dem aufgeregten Gebrabbel über Putins Vasallen ging der Verweis des Berliner Datenschützers Dix zum freien Geleit für Snowden etwas unter. Mit dem freien Geleit haben Deutschland wie Russland ja beste Erfahrungen gemacht: "Auf dem Weg zum finnischen Bahnhof" ratterte Lenin einstmals in einem versiegelten Zug, der kurzerhand zum exterritorialen Gebiet erklärt worden war. Wer nachliest, wie sich unser Bundesinnenminister mit dem freien Geleit schwertut, kann schon nachdenklich werden:

"Es gibt ein Rechtshilfeabkommen mit den Amerikanern. Die Amerikaner sagen, Herr Snowden hat sich strafbar gemacht. Das wäre ein Auslieferungsgrund. Es gibt aber auch andere Erwägungen, die dabei zu berücksichtigen sind, das sogenannte "Sichere Geleit" und vieles andere mehr. Das sind komplizierte Rechtsfragen, die es so auch noch nicht gegeben hat. Und wir haben Zeit und brauchen die Zeit auch, bis zum 2. Mai, um alle diese Fragen aus Sicht der Bundesregierung zu beantworten.

Und aus Sicht der Bundesregierung ist die theoretische Möglichkeit eines politischen Asyls für Herrn Snowden in Deutschland vom Tisch?

Asyl kann man nur beantragen, wenn man in Deutschland ist und Herr Snowden ist nicht in Deutschland.

Er müsste also hier sein, und wenn das der Fall wäre, wäre das zumindest rechtlich denkbar aus Ihrer Sicht?

Ich kann nicht erkennen, dass es in den USA eine politische Verfolgung gibt.

Aber eine rechtliche. Und Deutschland hat ein Interesse an der Aussage von Herrn Snowden.

Strafverfolgung in einem demokratischen Staat ist kein Grund politischer Verfolgung. Wenn wir so anfingen, das wäre eine völlige Verkennung des Asylrechts."

*** Ganz Macondo trauert. Gabriel García Márquez ist gestorben. Der Beweis dafür, dass Journalisten Nobelpreisträger werden können, ist verloschen. Der Mann, dem gleich mit der ersten Reportage "Bericht eines Schiffbrüchigen" ein schonungsloser Bericht über korrupte Eliten gelang, bereiste einst die DDR, wo "das Volk" die Macht übernommen hatte. Seine Reportagen vom traurigsten Volk der Erde, das er je gesehen hatte, waren für etliche Menschen der Kick, sich von dieser Spielart des Sozialismus abzuwenden. Man sollte lesen, wie die Bananenfirma in Macondo hauste – und dann im Gedenken an den Autor sich mit TTIP beschäftigen, dem Abkommen, dass die Macht großer Konzerne im Digitalzeitalter auf Generationen hinaus sichern soll. 587 Euro Mehreinkommen soll jede vierköpfige Familie in Europa pro Jahr nach Rechnung der Milchm, ähem, Macher zur Verfügung haben. Der Preis? Der Preis für eine internationale Kultur von Kafka über Proust und Hemingway, die einem Autor wie Gabriel García Márquez beflügelte, ist die universale Nivellierung. Freihandel und Kultur beißen sich. Statt Kultur will man nach TTIP nur noch der internationalen Kreativwirtschaft den Vorrang geben. Schon jetzt gibt es Spekulationen, welcher Unterhaltungskonzern die strikte Weigerung von García Márquez bricht und "Hundert Jahre Einsamkeit" verfilmt, natürlich mit den besten Mimen. So stellt sich die Systemfrage, nicht nur in der Tageszeitung:

Ist Kultur ein "freier Raum", in dem Menschen wahrnehmen, diskutieren und "machen" können, ohne von Staat und Ökonomie behindert, kontrolliert, missbraucht zu werden? Oder ist Kultur die geschmeidigste und anmaßendste Verbindung der Interessen von Postdemokratie und Finanzkapital: oligarches Privileg einerseits, Unterhaltung für die unnützen Massen andererseits?

*** Aber hey, vielleicht bleibt die Kultur widerständig und die Herren der neuen Welt vertun sich mit all ihren schönen Plänen zur Kreativwirtschaft. Vielleicht sind auch sie nur Papiertiger im Stil eines Springer-Managers, der offenbar nicht weiß, was seine Welt Google alles in die Such- und Analyse-Maschinen kippt. Mit Abstand ist das deutsch geschriebene Leistungsschutzrecht das beliebteste Beispiel US-amerikanischer Eingaben zum Thema TTIP, Handelshemnisse und Kreativwirtschaft.

Was wird.

Hach, das waren noch Zeiten! Am Ostermontag gibt es ein historisches Hasenfest, da wird der Game Boy 25 Jahre alt. Auch wenn er erst Ende 1990 in Deutschland zu haben war, wurde der mobile Tetris-Player zu einem Riesenerfolg mit 119 Millionen Geräten. Nicht nur das Computerspielemuseum dürfte den Tag feiern. Und wo so viel von Kultur und Verkauf der Seelen die Rede war, darf ein weiterer kultureller Höhepunkt unserer Ziuvilisation nicht fehlen. Am kommenden Mittwoch vor 25 Jahren startete die erste Folge von Baywatch (bei uns: Die Rettungsschwimmer von Malibu) mit dem großen Körper-Mimen David Hasselhoff. Die erfolgreichste US-amerikanische TV-Serie des 20. Jahrhunderts, in Deutschland einstmals als Erotikthriller fastjugendgefährdend eingeordnet. Was war das für eine tolle Zeit, in der knackige Jungen und Mädchen mit großen Brüsten noch RettungsschwimmerInnen werden wollen und nicht HochfrequenzhändlerInnen bei Goldmann Sachs. Die Bloßstellung der Körper ist heute drauf und dran, zu einem schlimmen Vergehen stilisiert zu werden, und das auch noch von Sozialdemokraten.

Was bleibt von all dem in der Brandung der Geschichte übrig und was kommen wird, das werden wir ja sehen und hören, wenn der große Mime Hasselhoff auf der re:publica 2014 zusammen mit Mikko Hyppönen vom Sponsor Fsecure ein Manifest der digitalen Freiheit vorstellen wird. Oder sind es viele digitale Freiheiten wie die Ballung von Konferenzen, Subkonferenzen, Droidconferenzen und Linuxtagen, in der man zu ertrinken droht? Egal, Hasselhoff rettet alle, mit dieser lustigen Kulturtorpedoboje unter dem Arm. Dazu spendiert uns Google natürlich den Baywatch-Klassiker Slave to Love mit dem demnächstigens von der Kreativwirtschaft preisgekrönten Brian Ferry.

Quelle : www.heise.de

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