Autor Thema: WM in Südafrika ...  (Gelesen 4371 mal)

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Re: WM in Südafrika ...
« Antwort #15 am: 02 Juli, 2010, 18:44 »
der Autor hat wohl ne argentinische Oma?
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Fast 26 Millionen sahen DFB-Sensationsspiel
« Antwort #16 am: 04 Juli, 2010, 17:26 »
Rund 25,95 Millionen Fußball-Fans ab drei Jahren strömten am Samstagnachmittag zum WM-Viertelfinalspiel zwischen Argentinien und Deutschland vor den Fernsehern zusammen.

Die Live-Übertragung ab 16 Uhr holte einen Marktanteil von 89,2 Prozent – der beste Marktanteil für ein Spiel im laufenden Turnier, meldet Media Control.

Wie die Auswertung weiter ergab, war die Begegnung am Samstag besonders bei den jungen Jogi-Anhängern zwischen 14 und 49 Jahren das Maß der Dinge. Insgesamt 10,78 Millionen Jüngere schalteten ein, der Marktanteil stieg auf 90,4 Prozent an.

Am Abend stand mit Spanien auch Deutschlands Gegner für das Halbfinale fest. Die Iberer gewannen 1:0 gegen Paraguay und qualifizierten sich als letzte Mannschaft für die Runde der besten Vier. Rund 11,84 Millionen Gesamtzuschauer (Marktanteil: 46,0 Prozent) begeisterten sich für die Partie, die RTL live ab 20.30 Uhr übertrug.

Bei den Werberelevanten lief es noch besser: 5,32 Millionen 14- bis 49-Jährige zappten rein, der Marktanteil lag bei 54,0 Prozent.

Quelle : www.digitalfernsehen.de

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Mal verliert man, mal gewinnen die anderen...
« Antwort #17 am: 08 Juli, 2010, 20:19 »
Da wir grad im Thema sind ;)



Wie konnte es passieren? Über die Ursachen des deutschen Scheiterns im Halbfinale

Am Mittwoch war Schluss. Der Geist Franz Beckenbauers schwebte über Löw, aber dann musste sich der Mann, der Jogi heißt, doch dem Dämon Berti Vogts geschlagen geben. Männer weinten. Massen schwiegen. Das Land erschrak: Deutschland war wirklich ausgeschieden.

Mit der ehrenvollen Niederlage gegen Spanien vollendet sich der unsterbliche Ruhm des diesjährigen deutschen WM-Teams. Die Three Lions fehlen zwar auf dem deutschen Trikot, aber den britischen Song "Three Lions on the shirt", die beste Fußball-Hymne aller Zeiten, können die Deutschen jetzt auch voller Stolz und Liebe mitsingen: "Football's coming home".

Alle ganz großen Teams scheitern bei der Weltmeisterschaft. Sie verlieren den Jules-Rimet-Pokal und gewinnen unsterblichen Ruhm: Die Ungarn 1954, die Deutschen 1970, die Holländer 1974 und 1978, die Brasilianer 1982, die Spanier 1986, die Engländer 1990, die Portugiesen 2006. Nur Brasilien 1962 und den Franzosen 1998 glückte die Ausnahme. Der erwähnte Song erzählt im Prinzip nichts anderes, als eine Liebesgeschichte. Die von der Liebe zu deiner Mannschaft trotz dem immer wieder scheiternden Versuch, zu gewinnen. Das ist die Lektion, um die es im Fußball geht: Nicht siegen, sondern Niederlagen hinnehmen, zivilisiert und mit Anstand scheitern. So ist es vielleicht höhere Gerechtigkeit, dass am kommenden Sonntag die beiden Länder unter den großen Fußball-Nationen im WM-Finale stehen, die bislang die unangefochtenen Weltmeister des Scheiterns waren.

Gelauer und Feinmechanik

"Spain I think is a more difficult opponent" - Franz Beckenbauer hatte kaum überraschend wieder mal recht gehabt. Man hat es gleich gespürt, schon in den ersten fünf Minuten war alles klar, war die große Überlegenheit Spaniens in das Spiel eingeschrieben und blieb nahezu unangefochten. Die Deutschen waren von Anfang an paralysiert, spielten wie das Kaninchen vor der Schlange. Spanien dagegen: hochkonzentriert, selbstbewusst, dabei gelassen.

Deutschland sei eine Turniermannschaft heißt es gern. Gestern konnte man sehen, was wirklich eine Turniermannschaft ist. Nichts mehr zu spüren - aber das war von vorn herein erwartbar gewesen - von dem statischen Spiel gegen Paraguay, wo sie selbst nervös waren. Stattdessen Fußball im Kung Fu Stil - Nutze die Kraft des Gegners. Moderner Fußball ist feinkonstruiert wie ein Uhrwerk, und das spanische lief nahezu perfekt.

Nach dem Wahnsinnsgelauer der ersten Minuten, schon in Minute 6 die erste große Chance der Spanier. Dann weiter Rasenschach, in dem sich Spanien zentimeterweise nach vorn arbeitete, die Deutschen zu spät verteidigten, tief standen, aber den Raum vorne kaum bespielten. Spanien entwickelte ständige Überlegenheit. Und die war nicht nur deutsche Schwäche, die Spanier bewiesen, dass man einen Gegner auch zu Fehlern zwingen kann.

Und es gelang: Die Deutschen spielten nicht nur zunehmend mutlos, sie spielten vergleichsweise viele Fehlpässe, sie hinterließen insgesamt ein Vakuum im Mittelfeld. Podolski war in einem seiner besten WM-Spiele so oft hinten, wie noch nie. Er musste aushelfen gegen Ramos, den offensiven rechten Außenverteidiger, der wieder so glänzte wie gewohnt und Lahm zeigte, was auf diesem Posten wirkliche Weltklasse bedeutete, ihn völlig in den Schatten stellte. Lahm war nicht gut, Schweinsteiger schon, aber auch er stand im Schatten: Gegen Iniesta und Xavi fast nur Verteidigungsarbeit, keine Gelegenheit zur Offensive. Der große Puyol machte, unabhängig vom Tor, eines der Spiele seines Lebens: Klose bekam in seinem vorletzten WM-Spiel keine einzige Torchance. Puyol ist ein Verteidiger, wie sie früher im halben Dutzend im deutschen Team spielten. Weckt Erinnerungen an die Mannheimer Schule - "Isch mach Disch platt" - aber mit Technik.

Haben die Deutschen alles getan?

Kann man sagen: Die Deutschen haben nicht alles getan? Löw sprach in ersten Statements von "manchen Hemmungen..." Und "letztendlich hat Spanien auch toll gespielt." Alles richtig. Aber, wenn man das nicht als Schicksalsschlag akzeptieren möchte: Was was hätte man tun sollen? Kroos zeigte sich als klare Bereicherung. Fast ein Müller-Ersatz. Im Nachhinein kann man sagen: Er hätte spielen sollen. Man hätte etwas kampfstärker auftreten müssen, schlicht gesagt: Etwas mehr foulen, Karten riskieren. Mehr Pressing, Forechecking. Die Deutschen wollten stattdessen kontrolliert spielen, Druck aufbauen, und als das nicht geklappt hat, sind sie zu früh eingeknickt, haben nicht mutig genug nach vorne gespielt. Erst im letzten Spieldrittel dann der Mut der Verzweiflung. Löw wechselte, als spürte er: eine Verlängerung würde sein Team sowieso nicht überstehen. Dann eine kurze, knapp 5-minütige Drangphase der Deutschen. Es war klar: It's now or never! Dann Puyol: Never!

Die Spanier waren dagegen sie selbst, wie sie es noch nie gewesen waren in diesem Turnier: Direkte Pässe, die butterweich durch die Tiefe des Raums schnitten. Der Erfolg war nur eine Frage der Zeit, und voller Gelassenheit warteten die Spanier auf ihren Moment. Sie boten auch einen Beleg für die Beobachtung, dass gute Mannschaften die Prinzipien des Handballs übernommen haben: Kreisläufe, Power Play, schnelle Vorstöße.

Demut statt Hybris: Wer mag schon Siegfried?

So verlor der Musterschüler gegen seinen Lehrer. Die Niederlage hat auch ihr Gutes: Demut. Sie zerstört nach Deutschlands zweiwöchigem Drunter- und Drübergang die Illusion, dass Willenskraft allein schon alles Mögliche möglich macht (siehe Alles ist doch nicht möglich. Und die Hybris kam vor dem Fall: Das viel zu frühe Capitano-Gelaber des Ersatzkapitäns Lahm ist zwar in der Sache richtig, aber nicht der Zeitpunkt.

Trotzdem hat das deutsche Team belegt, dass sich mit dem Prinzip Gleichheit statt Führertum, mit flachen Hierarchien schöner spielen und nicht weniger erreichen lässt als mit altem deutschen Fußball-Autoritarismus. Niederlagen, auch unverdiente, auch Eingriffe der Hand Gottes, gehören zum Fußball. Sie sind es, die aus ihm ein Drama machen. Wer mag schon Siegfried? Darum war Uruguays Sieg gegen Ghana auch eine Form höherer, übermenschlicher Gerechtigkeit. Sie setzte den Zufall und die Freiheit wieder in ihr Recht.

Im Spiel Spanien-Deutschland war ein Eingriff Gottes gar nicht erst nötig. Jetzt können die Deutschen wählen, ob sie mit dem Favoriten Spanien ziehen, oder mit dem Underdog Holland jubeln, der sich schon in seiner Nationalhymne "von deutschem Blut" ableitet, und so deutsch spielt, wie die Deutschen holländisch. Deutsche halten zu Holländern. Wow! Die Dinge normalisieren sich. Wie schön.

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Re: Mal verliert man, mal gewinnen die anderen...
« Antwort #18 am: 08 Juli, 2010, 21:47 »
In der Analyse bin ich bei dem Heise-Menschen zu 90% (Klose hatte eine Chance: Halbseitfallrückzieher[???] anfangs der 1. Halbzeit, ging klar über's Tor), aber die Sprache - tztztz...

Zitat
Direkte Pässe, die butterweich durch die Tiefe des Raums schnitten

das könnte von Wondratschek stammen. Zur Klarstellung: Pässe schneiden nicht, schon gar nicht butterweich (was immer das bedeuten soll!), sie verdrängen höchstens Luft....  ;D
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Die Hooliganisierung der Gesellschaft
« Antwort #19 am: 11 Juli, 2010, 15:40 »
Schwarz-Rot-Blöd - Was die WM mit den Köpfen macht, von den Herzen nicht zu reden

Es ist nicht alles SchwarzRotGold was glänzt - manchmal ist es auch nur der Schweiß auf der geschminkten Stirn. Und in uns allen steckt natürlich irgendwo ein Materazzi. Aber müssen wir ihn rauslassen? Das "Volk" (Karl-Theodor zu Guttenberg) inszeniert sich während der WM selbst, das TV dient dazu als Verstärker. Was ist es aber, was hinter dem "neuen" Patriotismus der schwarzrotblond geschminkten Alkopop-Mädels und der grölenden BWLer-Jungs steckt? Nur Medien-Quatsch? Oder doch das kollektives Unbewusste? Man kann nur etwas wecken, was schlummert. Ist der Fußball ein Wecker?

Zitat
Die deutsche Nationalmannschaft wird immer das liebste Kind der Deutschen sein.
Berti Vogts

Zitat
Noch immer das hölzern pedantische Volk, / noch immer ein rechter Winkel / In jeder Bewegung, und im Gesicht / Der eingefrorene Dünkel.
Heinrich Heine "Deutschland - Ein Wintermärchen"

Der Kopf wurde dick und dicker, bis er so dick war wie ein Fußball, dann plötzlich platzte er. Spontansex wäre möglich gewesen als mich das halbe Dutzend Alkopop-Mädels mitten auf der Fußgängerzone plötzlich umringte, kirchernd "Hurra, hurra, die Deutschen die sind da!" sang und die Tonnen von Farbe im Gesicht abbusseln wollte. In Berlin gibt es mehr Fahnen an den Autos als in München, die meisten in Zehlendorf; Rentner tragen schwarz-rot-gelbe Perücken; der Mob grölt. Alles gut. Fußball ist Fußball.

Aber es ist zuviel. Die Kombination aus romantischer Sehnsucht nach Evidenz im Augenblick sowie Identität durch Selbstverlust (Karl Heinz Bohrer) einerseits und andererseits keineswegs dummen Menschen, die während der WM doch alle Prinzipien über den Haufen werfen, um mal richtig auf Proll machen zu dürfen mit Sangria in Eimern und All-you-can-watch-Fußball-Buffet hat doch etwas überaus Sonderbares. Und wenn sich die Anzugträger aus den Büros auch noch unter die Fußballgucker mischen und Sprüche klopfen, wird es zur Klassenfrage. Zur ästhetischen versteht sich. Sollen sie doch zuhause gucken.

"Drecksspanier!"

Ein paar weitere Momentaufnahmen aus den vergangenen Wochen: Die erste am letzten Samstag. Ein Biergarten in München, im "gutbürgerlichen" Glockenbachviertel, unmittelbar vor dem Anpfiff zum WM-Viertelfinale Argentinen-Deutschland. Es läuft die argentinische Nationalhymne. Ein junger Mann, so Anfang 30 zum ihm fremden Gegenüber im Argentinien-Trikot: "Na, jetzt will ich aber was hören..." Dann läuft die deutsche Nationalhymne: Der ganze Tisch steht auf, wie auch die meisten der Menschen an den übrigen Tischen, und singt im Stehen die Hymne mit. Immerhin die dritte Strophe.

Zweite Momentaufnahme: ebenfalls vergangener Samstag, nach dem Viertelfinale Spanien gegen Portugal, in der Münchner Bar "Schumann's". Das Schumann's ,muss man wissen, ist nicht nur der Ort mit der besten WM-Übertragung in München, sondern auch mit dem Anstand, Fahnenträger und Vuvuzuela-Tröter einfach nicht hineinzulassen. Nutzt aber nix, in diesem Fall. Denn drinnen pöbelte ein bekannter deutscher Dichter und bekennender FC-Bayern-Fan, flankiert von einem halben Dutzend SZ-Redakteuren, offenbar erfüllt von heimlicher Panik vor dem starken Halbfinal-Gegner, laut gegen die "Drecksspanier".

"Klose macht zwei Tore, ich weiß es. Wenn nicht sogar drei"

Dritte Momentaufnahme: Eine junge Deutsche, zu Besuch in der Schweiz, schaut unter lauter weiblichen deutschen Ex-Pats ein Spiel der Deutschen. Alle sind schwarz-rot-gelb geschminkt, haben weiße oder schwarze Trikots an, sie nicht. Sie bekommt zu hören: "Du arbeitest wohl nicht bei 'ner Bank, Du machts bestimmt irgendwas mit Medien."

Vierte Szene: Vor dem Spiel der Deutschen gegen Spanien, schnappe ich einem Berliner public-viewing-Ort folgenden Satz auf: "Klose macht zwei Tore, ich weiß es. Wenn nicht sogar drei." Je weniger Ahnung, um so mehr emotion. Emoción!

Das Wetter ist auch fast genauso schön wie vor vier Jahren. Vielleicht, dass die Mannschaft jetzt etwas besser spielt. Jeder hat irgendetwas Deutsches in der Hand. Eine Flagge, einen Fanschal, ein Bier. Ballack wirbt für Pepsi: "Jetzt erst recht". Die Milchwerbung vom ZDF-Milchmädchen Frau Müller-Reichsparteitag für die Molkerei Weihenstephan haben wir zwar verpasst, dafür aber nicht ihre groteske Ausrede: "Es war nie meine Absicht zu werben" und dazu den gesalzenen Kommentar von Stefan Niggemeier: "Wie dumm kann man eigentlich sein?"

Wenn ihre Mannschaft zu gut spielt, ticken die Deutschen aus, jeder auf seine Weise. Vielleicht ganz normal so. Vielleicht einfach die übliche Dummheit. Vielleicht aber auch doch was typisch Deutsches?

"Nur ein patriotisches Land ist wirklich bindungsfähig"

Vom "Sommermärchen" war schon vor vier Jahren die Rede, und manche wähnten sich plötzlich "in einem anderen Land", das den Fußball feierte "und sich selbst". Pädagogen mussten uns erklären, dass es alles ganz in Ordnung ist damit, Deutschland ganz in Ordnung zu finden und ganz viele Professoren schrieben und traten im Fernsehen und im Radio auf und redeten dort ganz viel über den neuen "unverklemmtem, weltoffenem Patriotismus" der Deutschen - solange, bis man es irgendwann nicht mehr glaubte. Denn was so oft betont werden muss, ist zumindest keineswegs unverklemmt.

Da liest man dann so Sätze, wie "Nur ein patriotisches Land ist wirklich bindungsfähig" ("Die Welt"), und hat gleich ein ganz schlechtes Gewissen, weil das irgendwie wie ein Vorwurf klingt. Nicht wegen der fehlenden Bindungsfähigkeit, das hatte einem die Ex-Freundin auch schon gesagt, sondern als sei man nicht patriotisch genug. Das eigene Land ist ja schließlich wichtiger als die Freundin, oder? Der Autor mit dem allzu sprechenden Namen Gerd Held (!!) schreibt dann noch den schneidigen Satz "Aber 'Bunt' ist als Flaggenfarbe so viel wert wie ein weißes Laken." Wow! Darauf muss man erstmal kommen. Der Mann ist bestimmt Reseveroffizier. Geht's noch, Herr Major?

Aber bevor wir jetzt über Farbsymbolik nachdenken und uns zu viele Gedanken darüber machen, dass das deutsche Trikot einem weißen Laken ja auch recht ähnlich sieht, gehen wir lieber wieder auf die Fanmeilen und suchen nach der konkreten Gestalt des ach so entspannten deutschen Patriotismus. Die blendet das deutsche öffentlich-rechtliche Fernsehen nach seiner Transmutation vom Berichts-Fernsehen ins Ereignis-Fernsehen schließlich auch immer häufiger ein. Sie sind auch nicht schlechter als die gewohnt nichtigen und sinnlosen Interviews, die Michael Steinbrecher führt. Aber alles wird medial grell bunt freudig angepinselt, die Fanmeilen-Besucher turnen dem Publikum zuhause vor, wie man Patriotismus inszeniert - eine Art Nationalgymnastik.

"In Deutschland wird die Rolle der Nationalmannschaft total überbetont"

Was man davon, ist der Verstand einmal wieder in Betrieb, zu halten hat erläuterte drei Tage vor WM-Beginn der Berliner Sportphilosoph Gunter Gebauer auf einer Veranstaltung der Böll-Stiftung zur "Ästhetik des modernen Fußballs". Gebauer, der unter anderem ein Buch über die "Poetik des Fußballs" verfasst hat, wies darauf hin, dass in keinem Land die Nationalmannschaft ähnlich wichtig ist wie in Deutschland.

Zitat
Bei uns ist der Nationaltrainer eine ganz wichtige Figur. Das ist einmalig auf der Welt. Ähnlich wie die Ritale der WM-Vorbereitung: Alle erwarten von Löw und seinem Trainerstab, dass er ein Mastermind ist und eine ganz tolle Vorbereitung macht. Das ist auch klar, dass die erstmal Entspannungsübungen machen, dass die Frauen dabei sind, dass sie dann auf eine Mittelmeerinsel fahren, ohne Frauen, im Geheimen weiterarbeiten, in einem Bunker-artigen Hotel untergebracht werden, von Sicherheitsleuten beschützt, und dass die jetzt dort sich etwas ausdenken, und dann vier Wochen ohne Lagerkoller überstehen, nur mit Videospielen und mit Flipperautomaten beschäftigt: Männer unter sich.

Ähnlich äußerte  sich zum WM-Auftakt bereits der Philosoph Detlev Claussen im Deutschlandfunk:

Zitat
Da haben wir wieder mal den deutschen Sonderweg: In Deutschland wird die Rolle der Nationalmannschaft total überbetont. Das ist besonders bei Großereignissen der Fall. ... Fußball soll Spaß machen, das ist ein Fest. Das geht ein bisschen verloren. Was mich stört, ist nicht, dass Leute Flaggen hissen, sondern dass man das überhöht.

"Ich würde niemals eine schwarz-rot-goldene Fahne aus meinem Balkon hängen. Sondern die Werder-Fahne"

Claussen macht vor allem die Medien verantwortlich für das Schüren eines Sport-Nationalismus:

Zitat
Das ist auch etwas Ärgerliches: Bei Großereignissen wie der Weltmeisterschaften oder Europameisterschaften kommt ein großes Publikum; Personen, die sonst nicht zum Fußball gehen, die eigentlich nicht soviel Ahnung vom Fußball zu haben. Da wäre es eigentlich Aufgabe der Medien, zu informieren, was ein schönes Spiel ist, was ein taktisch gutes Spiel ist und die Leute für den Fußball zu interessieren und nicht diese Selbstbestätigung durch Fußball immer wieder durchzuziehen. Sport-Nationalismus ist eigentlich eine Geschichte der 50er Jahre. Das könnte man ein bisschen zurückschrauben. ... Das wird übertrieben mit diesem Schwarz-Rot-Gold. Ich würde niemals eine schwarz-rot-goldene Fahne aus meinem Balkon hängen. Sondern die Werder-Fahne. ... Ich finde, es ist wichtig, dass man es nicht aus dem Auge verliert: Der Fußball hat seine Wurzeln im Lokalen. Das Nationale ist ein sehr spätes Produkt im Fußball.

Claussen wie Gebauer sind sich einig darin, dass unter den Bedingungen der Globalisierung auch Zugehörigkeiten nicht per per Blut oder Genen oder Geburt manifestiert werden können, sondern Wahlverwandtschaften darstellen.

"Das Entscheidende beim Fußball ist ja, dass man in irgendeiner Weise Zugehörigkeit demonstriert. Es kann auch eine emotionale Zugehörigkeit sein: Man liebt eben Spanien, man liebt eben Holland, man kann auch Deutschland lieben, warum auch nicht?", so Gunter Gebauer. Ähnlich Claussen:

Zitat
Es ist doch im Fußball sehr sehr wichtig, dass man weiß, zu wem man hält. Das kann man auch verschieben. Es muss überhaupt nicht so sein, dass man nur zu dem hält, aus welchem Teich man kommt. Das ist ja das Schöne: Man kann sich ja frei wählen, wen ich unterstütze. Deswegen kann ich mir auch die brasilianische Fahne an den Balkon hängen.

Bereits 2006 interpretierte der Soziologe Karl Otto Hondrich die seinerzeitigen emotionalen Wallungen eher als Äußerungen einer "Weltgefühlsgemeinschaft". Das Publikum wolle "dabei sein, mitfühlen können", aber nicht notwendig mit der Mannschaft der jeweiligen nationalen Herkunft.

Verschlumpfter Patriotismus

Spanier sind ja schon deswegen sympathisch, weil ihre Nationalhymne keinen Text hat. Die Holländer haben einen Text, darin ist viel von deutschem Blut und dem spanischen König die Rede. Ziemlich un-PC. Dagegen ist der durch schwarz-rot-geilen Tankstellenmerchandising grundierte Schland-Patriotismus gerade in seiner Niedlichkeit auch wieder beunruhigend. "Schland", das ist verdruckst, klingt fast wie Schlumpf.

Der verschlumpfte Patriotismus aus dem Land der neuen Schlümpfe wird dann grundiert von jenen Leuten, die in der ARD zum Beispiel Sätze sagen wie: "Endlich sind wir wieder 'ne Gemeinschaft hier im Land. Also ich bin stolz auf Deutschland." Vorher waren wir also keine Gemeinschaft. Was dann? Gesellschaft?

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Solange Merkel regiert, gewinnt Deutschland keinen Fußball-Titel
« Antwort #20 am: 12 Juli, 2010, 21:53 »
Spanien wird Weltmeister, Deutschland gewinnt wieder die Goldene Ananas - eine kleine WM-Bilanz

"Machen wir jetzt erstmal Sport. Wer weiß, was dann noch kommt. ... Sie werden immer wichtiger, die Sportreporter und Sportredaktionen." Christian Wulff

Was hat Christian Wulff eigentlich auf der Pressekonferenz des DFB zu suchen? Wann entlässt das ZDF Katrin Müller-Hohenstein? Warum muss Belá Rethy, der Mann mit dem Schlagersängernamen, Länderspiele moderieren? Was hat es mit dem Nike-Fluch auf sich? Und übrigens: Spanien wurde Weltmeister.

Christian Wulff ergriff seine Chance. Denn natürlich hat Politik mit Fußball zu tun, natürlich bietet sich dem neuen Bundespräsidenten keine bessere Chance, als der Fußball, um seine miserablen Popularitätswerte nach oben zu katapultieren. Trotzdem bewies man beim ZDF wieder einmal todsicheren Instinkt für Peinlichkeiten, als am Sonntag Wulff neben Schweinsteiger und Löw das WM-Abschneiden kommentierte, und er ein paar Stunden später als neuer ZDF-Experte neben Oliver Kahn auch das WM-Finale kommentierte. Vielleicht sollte man jetzt Joachim Gauck zum Bundestrainer machen.

Wie sehr ist das Team 2010 ein Produkt der Merkel-Ära?

No, they can't - solange Angela Merkel regiert, wird Deutschland keinen Fußball-Titel gewinnen. Denn der Stil einer Fußball-Nationalmannschaft spiegelt auch die politischen Verhältnisse. Und Deutschland hat immer nur WM-Titel gewonnen, wenn es auch politisch-soziale Umbruchsphasen erlebte: 1954 am Ende der Wiederaufbauära, 1974 am Ende der sozialliberalen Reformen und Ostpolitik. 1990 am Ende der Wiedervereinigung.

Natürlich war Ballacks Verletzung ein Segen für das Team. Sie wirbelte die Hierarchien durcheinander, verflachte sie, zwang alle Spieler in die Verantwortung, dynamisierte das Spiel, ließ zugleich im Mittelfeld Spielraum für das hervorragende Dreieck Schweinsteiger, Khedira, Özil.

Wie sehr ist das Team 2010 ein Produkt der Merkel-Ära? Vielleicht mehr, als man gern wahrhaben möchte: Leise Effizienz, Teamgeist, aber auch das Fehlen einer Vision, ist auch im Nationalteam bemerkbar.

Einmal mehr bewies der spanische Rechts-Außenverteidiger Ramos im Finale, dass Philipp Lahm, "Der Schwiegersohn" (BILD), in dieser Position völlig überschätzt ist. Überhaupt hat sich Lahm, offenbar von einem Napoleonkomplex geplagt, in der vergangenen Woche als taube Nuss erwiesen: Die Debatte um die Balack-Nachfolge kam zur Unzeit. Sie brachte Unruhe in die deutsche Mannschaft. Sie bewies aber vor allem, dass Lahm schon vor dem Spiel starke Zweifel am Sieg hatte. Sonst hätte er ja gut damit warten können, den Streit mit Ballack publik zu machen, ein Halbfinaleinzug hätte ihn nur in eine stärkere Position gebracht. Stattdessen gab es in Durban Tränen von "Zwerg Nase".

Allerdings: Auch wenn Jogi Löw nach dem Bundesverdienstkreuz kurz vor der Heiligsprechung steht, darf man vielleicht an dieser Stelle noch einmal nachkarten: Gegen Spanien hätte man offensiver spielen müssen, Toni Kroos wäre der bessere Müller-Ersatz gewesen, weil er offensiver ist. Gegen Spanien hätte man auch weiter vorn und härter verteidigen müssen. Häufiger foulen. Das bewiesen am Sonntag im Finale die Holländer, die gegen Spanien weitaus besser auftraten als die Deutschen.

Gewonnen hat nun Zapatero. Spanien ist Weltmeister, alles in allem verdient. Gewonnen hat mit Spanien die beste Mannschaft, das ausgeglichendste Team, das zugleich mit herausragenden Einzelspielern aufwarten kann. Mit Iniesta erzielte auch der richtige Mann das entscheidende Tor: nicht Villa, nicht Xavi, nicht der unglückliche Torres, sondern der stillere der beiden Mittelfeldgenies, der aber längst aus Xavis Schatten getreten ist.

Es gewann auch ein Team, das homogen war, und sich systemtreu verhielt - was auch für Holland und Deutschland gilt. Es gewann der Offensivfußball, Ballhalten und -spielen statt zerstören. Es gewann Europa über Lateinamerika und Afrika sowieso.

Das deutsche Fernsehen und der Nike-Fluch

Sie fahren und fahren. Sie fahren, um leibhaftig im Stadion zu sein und dort in einer kleinen Glaskabine mit schlechter Sicht aufs Spielfeld zu blicken - wahrscheinlich eher noch in den Monitor mit dem Echtbild. Und nach dem Spiel fahren sie wieder und können das zweite Spiel nicht mehr sehen, wie wir zuhause. Weswegen wir ihnen immer viel voraus haben. Sie hoffen und hoffen. Sie hoffen auf einen Sieg der deutschen Mannschaft. Was ihnen unbenommen ist, aber noch lange kein journalistischer Beitrag: Sie sind die ZDF-"Experten".

Kahn seufzt und ächzt, ist schlecht gelaunt ob der Unprofessionalität der Jungen, Frau Katrin Müller-Reichsparteitag sieht in ihrer billigen schwarzen Lederjacke aus wie Gabriele Pauli, Dagegen bei der ARD zeigte sich, Mehmet Scholl ist ein Glücksgriff: Seine Erläuterungen waren erhellend, prägnant, substantiell, direkt, er vermied jede Phraseologie.

Mit 89,2 Prozent erzielte das ZDF mit dem Viertelfinalspiel Argentinien gegen Deutschland einen Marktanteilsrekord im deutschen Fernsehen, den höchsten jemals gemessenen Marktanteil einer Sendung im deutschen Fernsehen.

Neben Pulpo-Paul wenig beachtet blieb der Nike-Fluch. Er bedeutet: Wer in einem Nike-Spot mitspielt, bleibt ohne Titel: Ronaldo, Ronaldinho, Rooney, Ribery, Cannavaro.

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da ist er wieder, der Rüdiger. Ein echter Kenner. Ich glaub, der strebt nach Höherem. Den Schnabel bei Bild oder gar bei Spiegel wetzen, das wärs.
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