Autor Thema: Eintritt ins Anthropozän  (Gelesen 557 mal)

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Eintritt ins Anthropozän
« am: 26 Januar, 2008, 10:29 »
Geologen fordern die Einführung eines neuen Erdzeitalters, nachdem der Mensch die Erde im planetaren Maßstab verändert und zur "Naturkraft" wurde

Die Einteilung der Erdgeschichte ist seit langem auch mit dem Leben verwoben. Festgelegt wird sie durch die Internationale Kommission für Stratigrafie (ICS). Gegenwärtig leben wir im Holozän, dem ganz neuen Zeitalter, was ähnlich wie die Bezeichnung Moderne schon eine gewisse Verlegenheit markiert, wie es dann weitergehen könnte. Das Holozän markiert nicht nur den Aufstieg der Menschen und seiner Kultur, sondern auch einen Abschnitt der Klimageschichte, nämlich den Beginn einer Warmzeit. Wissenschaftler fordern nun, dass die die Internationale Kommission für Stratigrafie dem sowieso schon äußerst kurzem Holozän das etwa 1850 einsetzende Anthropozän folgen lassen sollte. Damit soll angesichts der gegenwärtig stattfindenden Klimaerwärmung deutlich werden, dass nun die Menschheit die natürlichen Prozesse beeinflusst.

Geologen unterteilen die Geschichte der Erde in Äonen, die wiederum in Ära, Zeitalter, Perioden und Alter. Wir leben nach dieser Einteilung im Holozän (Q2), das vor 10.000 Jahren mit dem Beginn der Klimaerwärmung bzw. dem Ende der Eiszeit im Pleistozän begann. Beide Epochen gehören der Periode des Neogen an, das der jüngste Abschnitt des Erdzeitalters Känozoikum ist, das wiederum dem seit 500 Millionen Jahren herrschenden Äon Phanerozoikum zugehört. Spätestens ab dem Proterozoikum, das vor 2,5 Milliarden einsetzte, begann das Leben den Planeten zu beeinflussen. Schon seit dem Archaikum hatte sich die Erdatmosphäre verändert, weil Algen Sauerstoff in sie pumpten und damit die Bühne für das Auftreten vielzelliger Lebewesen schafften.

Seit Jahren plädiert der Meteorologe Paul Crutzen vom Max-Planck-Institut für Chemie in Mainz, der 1995 den Chemie-Nobelpreis für seine Entdeckung des Ozonlochs erhielt, für die Einführung des Erdzeitalters des Anthropozäns. Seit dem Industriezeitalter haben die Menschen sichtbar begonnen, die Erde nicht nur lokal, sondern global zu beeinflussen. Haben die Algen etwa mit der Anreicherung von Sauerstoff auch die das Leben schützenden Ozonschicht geschaffen, so verursachen nun die Menschen neben der Umgestaltung der Erdoberfläche, den Eingriff in die biologische Vielfalt und den Zerstörungen und Umweltbelastungen auch den Abbau der Ozonschicht und den Anstieg der globalen Temperaturen, was sich alles niederschlägt in der chemischen und physikalischen Beschaffenheit der Erde, der Meere und der Atmosphäre.


In dem Artikel  Are we now living in the Anthropocene, der in der Zeitschrift GSA Today veröffentlicht wurde, fordern nun vor allem britische Geologen, das Anthropozän einzuführen. Das frühe Pleistozän sei gekennzeichnet gewesen durch einen Anstieg der globalen Temperaturen und des Meeresspiegels. Beides habe sich vor etwa 10.000 Jahren auf einer bis vor kurzem konstanten Höhe mit geringen Schwankungen stabilisiert. Das sei die mindestens seit 400.000 Jahren stabilste Phase gewesen und habe eine entscheidende Rolle für die Entwicklung der menschlichen Kultur gespielt. Im Pleistozän haben die Menschen, auch wenn sich Ablagerungen beispielsweise aus Waldrodungen seit der griechisch-römischen Kultur in arktischen Eiskernen feststellen lassen, noch keine neuen, globalen Veränderungen verursacht.

Nach Ansicht der Wissenschaftler lässt sich seit Beginn des Industriezeitalters der Einfluss der Menschheit immer deutlicher sehen, was auch mit der Bevölkerungsexplosion zu tun hat. Die Menschen haben seit 1800 eine massive Zunahme der Erosion und der Entwässerung der Kontinente durch Landwirtschaft, Verbauung und Flussbegradigungen verursacht, was sich lithostratigrafisch niederschlage. Dazu kommt, dass der CO2-Gehalt in der Atmosphäre um ein Drittel höher als in vorindustriellen Zeiten liegt, der Methan-Gehalt hat sich verdoppelt. Längere Zeit seien die globalen Temperaturen nicht entsprechend schnell angestiegen, möglicherweise, weil die Sulphat-Aerosole die Sonneneinstrahlung gedimmt hatten. Doch seit dem letzten Jahrhundert, besonders seit den letzten 20 Jahren beschleunigt sich die Erwärmung, die nach den Voraussagen eine Höhe wie im Tertiär erreichen könnten.

Die Folgen wie ein Massenaussterben von Arten und die Ersetzung natürlicher Arten durch Monokulturen, der Anstieg der Meeresspiegel und der steigende Säuregehalt des Wassers und die globale Erwärmung würden geologisch Veränderungen mit sich bringen, die denen im Niozän oder Pliozän. Da bislang die Kürze des Holozäns auch nicht ernsthaft angefochten wurde, plädieren die Wissenschaftler für die Einführung des Anthropozäns im Quartär. Man sei schließlich konservativ, da die jetzt zu beobachtenden Veränderungen auch das Ende des Quartärs bedeuten könnten. Das ließe sich aber auf der Basis des vorhandenen Wissens noch nicht wirklich sagen.

Die übliche Festlegung einer stratigrafischen Grenze durch einen Global Boundary Stratotype Section and Point (GSSP), der zwei zeitliche Einheiten durch Unterschiede in den Gesteinsschichten markiert, müsse man im Fall des Anthropozäns gar nicht machen, meinen die Wissenschaftler. Man könne zwar den Anstieg der CO2-Emissionen, Sedimente in Eiskernen oder auch die Ausbreitung von radioaktiven Isotopen nach den Atomtests der 60er Jahre nehmen, praktischer aber sie die Entscheidung für einen Zeitpunkt, für den sie 1800 vorschlagen, weil man so einfach Korrelationen zwischen historischen und stratigrafischen Daten herstellen könne. Die Wissenschaftler sagen, dass sich der Begriff des Anthropozäns allmählich bereits als Metapher für den Klimawandel durchsetzt und es genügend Gründe dafür gibt, ihn auch formal für ein neues Zeitalter zu etablieren.

Die geologischen Argumente für oder gegen ein neues Zeitalter dürften in der Frage wohl nicht so entscheidend sein. Vermutlich liegt den Wissenschaftlern auch eher am Herzen, gewissermaßen naturwissenschaftlich eine epochale Veränderung der Erdgeschichte und des irdischen Lebens durch die Machtergreifung des Menschen zu markieren, der den Planeten nicht mehr nur lokal, sondern auch global verändert. Die Rede vom Anthropozän, für die vieles jenseits der Geologie spricht, macht deutlich, dass der Mensch nun die Naturgewalten direkt beeinflusst und ihnen nicht mehr ganz schicksalhaft ausgeliefert ist.

Die Götter und all die Tricks, sie umzustimmen und zu manipulieren, haben ausgespielt, ebenso wie die Unterscheidung zwischen Natur und Kultur. Die Menschen bauen sich ihre Nischen und künstlichen Welten, ihre Gebäude, Städte, Gärten und Felder, nicht mehr in der Natur, sondern sie betreiben Geoengineering im planetaren Maßstab. Das muss erst gelernt und erfahren werden und ist auch eine Erweiterung des Selbstbewussteins. In den geschichtlichen Epochen sind wir mit der Moderne und der Postmoderne sowie der Posthistoire eigentlich schon am Ende der Fortschrittsgeschichte angelangt. Die Einführung des Anthropozäns könnte auch Möglichkeiten eröffnen, uns selbst und die Geschichte der menschlichen Kultur aus neuen Perspektiven zu erschließen.

Quelle : www.heise.de

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Offline Jürgen

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Re: Eintritt ins Anthropozän
« Antwort #1 am: 27 Januar, 2008, 21:37 »
Andere Wissenschaftler vertreten die Ansicht, dass der Beginn des Anthropozän bereits vor etwa 10000 Jahren festzustellen wäre, als eigentlich eine weitere Eiszeit zu erwarten gewesen wäre, die aber bekanntermassen nicht stattfand.
Als eine wichtige Ursache wird die schon damals intensive menschliche Landwirtschaft angesehen, sowohl durch das massenhafte Abbrennen der Wälder als auch durch die stark zunehmende Viehhaltung und insbesondere den Reisanbau.
Zwar war die Bevölkerung global gesehen noch recht gering, aber die Landwirtschaft ausgesprochen ineffizient und daher relativ sogar deutlich schädlicher als heute, wie es heisst.

Eine geologische Tendenz hin zu gelegentlichen Zwischeneiszeiten ist im Verlauf der Menschheitsgeschichte immer wieder erkennbar dokumentiert, mindestens mehrmals im Mittelalter, um den Dreissigjährigen Krieg herum und gegen Ende des WK II bitter erlebt.
Und auch der stark reduzierte Einfluss der Menschheit auf's Klima zeitens der Pest sei angeblich nachweisbar, der schliesslich etwa ein Drittel der europäischen Bevölkerung zum Opfer gefallen war und durch auch die der Rest unfassbar harte Zeiten erlebte, mit weitgehendem Zusammenbruch der Versorgung und Infrastrukturen.
Auffällig viele besonders harte Winter in Folge sollen darauf zurückzuführen gewesen sein.
 
Der geschätzte Harald Lesch hat auch schon 'mal eine Folge Alpha Centauri zu diesem Thema gemacht.

Die Wahrheit ist wahrscheinlich irgendwo in der Mitte, wie eigentlich immer...
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