"Dinner for One" gehört zu Silvester wie Freddie zum Tigerfell und schlägt in der Beliebtheit längst die Neujahrsansprache der Kanzler. Auch in China hängen die Fans gebannt am Fernsehschirm - dank einer kleinen Gemeinde von deutschen Auswanderern.Der TV-Klassiker "Dinner for One" hat die ehemalige deutsche Kolonie Qingdao am Gelben Meer erreicht. In einer deutschen Kneipe wird der Sketch aus dem Hamburger NDR-Studio sehr zu Freude der Chinesen in Originalfassung gezeigt.
Das "Mannheimer Eck" in der chinesischen Hafenstadt Qingdao an der Straße Jaingxi Lu 173 ist eine beliebte Anlaufstelle für alle Deutschen und Europäer in der ostchinesischen Hafenstadt. Die Ausstattung ist zwar karg mit gemasertem Kiefernholz-Verschalung und tiefer Decke. Aber das Programm stimmt, seitdem im Jahre 2001 der Mannheimer Willi Werle den bereits 60 Jahre alten Laden übernommen hatte.
Der Techniker und gelernte Metzger Werle hatte zuvor für eine badische Firma eine Chemieanlage in Qingdao aufgebaut und sich in eine Chinesin verliebt. Seitdem wird über einen modernen Großbildschirm unter der Decke am Silvesterabend "Dinner for One" in der englischen Originalfassung ausgestrahlt. Wiederum der deutsche Manager einer Straßenbahnbau-Firma hatte die DVD auf "mehrfache Nachfrage" der deutschen Ex-Patrioten mitgebracht.
Glühwein verboten, NDR-Dinner noch erlaubtZu den Biermarken Weihenstephan, Bitburger, Köstritzer oder dem "Tsingtao-Beer" sowie anderer Alkoholika schauen jedes Jahr rund 60 "Dinner for One"-Fans aus Deutschland, Korea, Schweden, der Schweiz und eben auch China den Sketch um die Geburtstagsrunde von Miss Sophie und Butler James. Während der NDR und eine beauftragte Firma nach Informationen von SPIEGEL ONLINE immer noch über die Lizenzvergabe der TV-Rechte in das Reich der Mitte verhandeln, wird in Qingdao schon regelmäßig über den Theater-Tiger gestolpert.
Auch wenn das Feiern mit abwesenden, weil schon verstorbenen Freunden Miss Sophies, 90, in der chinesischen Tradition der Hausgeister als heikel gilt, amüsieren sich, so Augenzeugen, auch die chinesischen Gäste im Mannheimer Eck zu Quingdao. "Dinnel fol One" hat am gelben Meer seine Fangemeinde gefunden.
Andere deutsche Bräuche haben es in der ehemaligen Kolonialstadt des Deutschen Reichs (1898 bis 1914) etwas schwerer. So konnte in der katholischen St. Michaels-Kirche Ende 2006 zwar ein deutschsprachiger Gottesdienst abgehalten werden. Ein Weihnachtsmarkt mit Glühwein und Bratwürsten wurde von den Behörden aber ohne Begründung abgesagt.
Repressionen gegen die "Dinner for One"-Ausstrahlung im Mannheimer Eck wurden bis heute nicht bekannt. Deshalb: "Same procedure as last year."
Quelle :
www.spiegel.de