Die Drohung mit Standortverlagerungen ist ein wirksames Mittel multinationaler Konzerne, um Lohnforderungen ihrer Mitarbeiter zu begegnen. Doch die Gewerkschaften wollen sich nicht länger gegeneinander ausspielen lassen. Die IG Metall will mit den britischen und amerikanischen Kollegen künftig enger zusammenarbeiten.Berlin - Die Gespräche stehen erst am Anfang, noch suchen die Beteiligten nicht die große Öffentlichkeit. Hinter den Kulissen aber sind die Verhandlungen bereits weit fortgeschritten. In der vergangenen Woche folgte die erste Vereinbarung: Einem Bericht der englischen Tageszeitung "Observer" zufolge wollen die IG Metall, die größte britische Gewerkschaft Amicus und die US-Gewerkschaften United Steelworkers und International Association of Machinists künftig enger zusammenarbeiten. Auf diese Weise wollten sie verhindern, von den multinationalen Konzernen weiterhin gegeneinander ausgespielt zu werden.
"Unser Ziel ist es, eine kraftvolle Bewegung ins Leben zu rufen, die über die Grenzen hinweg den Herausforderungen des weltweit agierenden Kapitals begegnet", sagte Amicus-Generalsekretär Derek Simpson der Zeitung.
Der Kampf richtet sich aber nicht allein gegen die Konzerne und deren Management. Speziell die großen Private Equity Fonds - hier zu Lande als Heuschrecken verschrieen - gelten als Treiber einer Entwicklung, die darauf hinaus läuft, die neidrigsten Sozialstandards zum allgemein gültigen Maßstab zu machen.
Amicus verhandelt zurzeit über den Zusammenschluss mit der Transportgewerkschaft Transport & General Workers' Union, die dann rund zwei Millionen Mitglieder hätte. Würde die Kooperation mit den Deutschen und den US-Kollegen gelingen, so wären rund 6,3 Millionen Arbeiter unter einem Dach vereint.
Der Weg dahin wird aber bestimmt nicht einfach, denn bislang laufen die - national ausgerichteten - Interessen der Arbeiter durchaus nicht immer in die gleiche Richtung. Englische Gewerkschaften etwa beklagten immer wieder, dass die Konzerne nicht selten zuerst in Großbritannien Arbeitsplätze abbauten, weil dort die Schutzbestimmungen am geringsten ausgeprägt seien, berichtet der "Observer". Im April zum Beispiel habe der französische Autohersteller Peugeot sein Werk in Ryton in der Nähe von Coventry geschlossen und in die Slowakei verlegt, wo die Arbeitskosten deutlich niedriger seien. 2300 Arbeitsplätze gingen in Ryton verloren.
Dass die Synchronisation der einzelnen Interessen noch viel Abstimmungsbedarf birgt, darüber ist sich Simpson durchaus im Klaren. "Ich erwarte, dass wir innerhalb der nächsten zehn Jahre eine schlagkräftige, föderal organisierte, Organisation zusammenbekommen werden". Bereits im Jahr 2000 hatten die Vorgänger von Simpson und IG-Metall-Chef Jürgen Peters erste Gespräche geführt - zunächst ohne Ergebnis.
Quelle :
www.spiegel.de