Autor Thema: Strom aus dem Meer: Das Wettrennen um die Wellenkraft  (Gelesen 556 mal)

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Schlange, Drache oder Schnecke?

Wie Ingenieure mit verschiedensten Techniken versuchen, die Kraft von Meereswellen in Strom zu verwandeln.

Es treten gegeneinander an: die Seeschlange, der Wellendrache und die Napfschnecke. Niemand weiß, wer von den drei mechanischen Meerestieren siegen wird. Aber der Gewinn ist ein Jackpot der Energiebranche - die Kraft der Ozeanwellen.

Bis zu 15 Prozent des weltweiten Strombedarfs könnten allein durch Wellenkraft gedeckt werden, hat der Weltenergierat in London errechnet. Das ist doppelt so viel, wie derzeit von sämtlichen Atomkraftwerken erzeugt wird.

Bereits seit hundert Jahren tüfteln Ingenieure an der Erschließung der Meeresenergie. Doch bisher werden mit Wellenkraft gerade mal die Lampen von nautischen Tonnen versorgt.

Die einzige Ausnahme ist auf der kleinen Schafzüchter- und Whisky-Insel Islay vor der Westküste Schottlands zu besichtigen. Limpet, "Napfschnecke", heißt das erste Wellenkraftwerk der Welt, das seine Ausbeute in ein öffentliches Netz einspeist. Es besteht aus einem zum Meer hin offenen 20 Meter breiten Betongehäuse plus Turbine. Wie ihre Namensgeberin, die am liebsten in Höhe der Gischt am Felsen klebt, steht die 250-Kilowatt-Anlage am Küstensaum in der Brandung.

Das Wellen-Limpet schnauft. Es ist die Luft, die ein- und ausströmt. Die vor knapp sieben Jahren von der schottischen Tüftlerfirma Wavegen installierte Anlage übersetzt die Wellenkraft in Luftdruck.

Die ankommenden Wellen rollen in die riesige Betonkammer. Die darin befindliche Luft komprimiert und entspannt sich mit der Wellenbewegung nach dem Prinzip der "oszillierenden Wassersäule". Der so entstehende Luftstrom treibt eine sogenannte Wells-Turbine an. Diese von Alan Wells, dem verstorbenen Gründer von Wavegen, erfundene Turbine behält ihre Drehrichtung bei, obwohl die anströmende Luft periodisch die Richtung wechselt.

Islays Limpet ist ein Pilotprojekt. Es ist trotz seiner Kinderkrankheiten so erfolgreich, dass der deutsche Turbinenhersteller Voith Siemens Hydro Power Wavegen vor zwei Jahren gekauft hat.

Die Voith-Manager versuchen nun, die Technik der Schotten zu verfeinern. Neben dem Original-Limpet mit seiner Großturbine - Länge zehn Meter - wird derzeit eine Drei-Meter-Turbine getestet. Mit einer Nennleistung von nur 18,5 Kilowatt erzeugt sie fast genauso viel Strom wie die große Schwester. In diesen Mini-Limpets sieht Voith-Manager Jochen Weilepp die Zukunft: Nebeneinander aufgereiht sollen die Kleinen den Riesen schlagen.

Das Konzept scheint aufzugehen: Im spanischen Baskenland beabsichtigt ein Stromversorger 16 sogenannte Breakwater-Turbinen in die neuen Kaimauern des Hafens von Mutriku einzubauen. Das Projekt, das Strom für 200 Haushalte liefern soll, wird allerdings nur realisiert, wenn es von der EU gefördert wird.

Ebenfalls in der Pipeline ist eine Breakwater-Serie für eine britische RWE-Tochter auf der Hebriden-Insel Lewis, Gesamtleistung: 3,6 Megawatt. Und der süddeutsche Stromversorger EnBW sucht gemeinsam mit Voith nach einer geeigneten Küstenanlage in Niedersachsen, um erstmalig auch hierzulande die Kraft der Wellen zu testen.


Die Voith-Leute sind überzeugt, dass die Wellezu-Luft-Technik aussichtsreich ist. "Wenn man keine teuren Wellenkollektoren bauen muss, sondern diese gleich in neue Küstenanlagen integriert", so Voith-Mann Weilepp, "sind wir bei den Kosten nicht zu schlagen."

Außerdem stören Anlagen an Land weder Robben noch Schiffe. Und ihre Wartung ist viel billiger als bei Kraftwerken auf See.

"Eine landbasierte Technik hat keine Chance, je mit der Windkraft zu konkurrieren", behauptet hingegen der dänische Kraftwerksentwickler Erik Friis-Madsen. "Auf hoher See entwickelt die Welle fünfmal so viel Energie wie an der Küste." Draußen hat sie in der Nordsee ein Potential von bis zu 75 Kilowatt pro Meter. Davon kommen im Schnitt gerade mal 5 bis 15 Kilowatt an Land an.

Friis-Madsen experimentiert offshore. "Wellendrache" heißt seine Erfindung, an der auch die Technische Universität München mitforscht. In Planung ist ein wahres Monster: Die Regierung von Wales ist bereit, 7,5 Millionen Euro in einen 33.000 Tonnen schweren, 300 Metern breiten "Wave Dragon" zu investieren. Insgesamt kostet der Drache, der so schwer ist wie ein Containerschiff, 17 Millionen Euro.

In Miniaturform hat er bereits drei Jahre lang in einem dänischen Fjord seine Tauglichkeit unter Beweis gestellt. Der Drache funktioniert nach dem Prinzip der "welleninduzierten Fallhöhe": Die Wellen überspülen dabei eine höher gelegte Rampe, werden in einem Reservoir gesammelt und strömen durch eine Anzahl von Niederdruck-Wasserturbinen zurück ins Meer.

In der Keltischen See soll später aus dem Sieben-Megawatt-Kraftwerk ein ganzer Drachen-Park entstehen. Auch in Portugal sind Planungen für ein 50-Megawatt-Wellenpark mit der dänischen Technik im Gange. Erste Geldgeber sind gefunden; die nötigen Großinvestoren werden indes noch gesucht.

Die hat die Edinburgher Firma Ocean Power Delivery (OPD) bereits gefunden. Die Konzerne Norsk Hydro und General Electric sind bei OPD mit im Boot. Schon deshalb könnte das von den Edinburghern entwickelte Offshore-Kraftwerk "Pelamis" - eine Gattung der Seeschlangen - die größten Chancen haben.

Die Pelamis-Technologie ist elegant: Die knallrote Stahlschlange aus Schottland gewinnt Strom aus sogenannter Hydrodynamik. Vier verbundene Auftriebskörper mit einer Gesamtlänge von 150 Metern schwimmen quer zum Wellenkamm, so dass die einzelnen Glieder dem Auf und Ab der Wellen folgen. Hydraulische Zylinder in den Gliedergelenken nehmen die Bewegung auf und geben diese über eine Spezialflüssigkeit an sechs Generatoren weiter. Pelamis-Gesamtleistung: 750 Kilowatt.

"Bei Wellenkraft kommt es darauf an, wie viel Material pro Ertrag investiert werden muss", sagt der Entwicklungschef von OPD, Max Carcas. Eine Seeschlange wiegt 750 Tonnen. Für rund zehn Mal weniger Leistung braucht Pelamis also gut 40 Mal weniger Gewicht als die dänische Konkurrenz.

"Die größte Herausforderung für ein Wellenkraftwerk ist Sturm", sagt Carcas. "Entweder man stellt ihm Masse entgegen, oder man duckt sich weg." Und genau das kann die Seeschlange: Sie setzt sich nicht den Brechern aus, sondern taucht im Orkan durch die Welle hindurch.

Einen ersten Praxistest hat Pelamis bestanden: Sie hat im rauen Klima des nördlichen Atlantiks vor den Orkney-Inseln Strom produziert. Allerdings nur insgesamt rund tausend Stunden lang - wesentlich kürzer als die Anlagen der Konkurrenz.

Wie effizient Pelamis ist, darüber reden die Techniker genauso ungern wie die der anderen Wellenkraftwerke. Noch gibt es nämlich keine einheitliche Berechnungsgrundlage. Darüber hinaus sind die Wirkungsgrade naturgemäß kleiner als die von Windrädern: Die Anlagen fangen nur einen Teil der Welle ein, und ihre Turbinen oder Generatoren wiederum nur einen Teil der einwirkenden Kraft.

Doch die Pelamis-Entwickler haben Grund zum Optimismus: Sie sind die ersten, die ihre Anlagen verkauft haben. Ein portugiesisches Konsortium unter Führung des Energieunternehmens Enersis hat drei Schlangen für rund acht Millionen Euro gekauft. Sie sollen in diesem Sommer in 50 Meter Tiefe im Norden, vor Póvoa de Varzim, verankert werden.

Wenn alles gutgeht, will Enersis noch einen Vertrag über einen Wellenkraftpark mit 28 Maschinen nachschieben. Der könnte mit mehr als 20 Megawatt installierter Leistung 15.000 Haushalte versorgen, heißt es bei OPD.

Auch die britische Tochter von E.on plant einen Pelamis-Kraftwerkpark vor der Südwestküste Englands. Am Faschingsdienstag zog der Konkurrent Scottish Power nach und verkündete den Plan, einen Schlangenpark westlich der Orkneys zu errichten.

Schon in drei bis vier Jahren, gibt sich Ingenieur Carcas optimistisch, könnte die Wellenkraft made by OPD mit der Offshore-Windkraft konkurrieren.

Und das nicht nur wirtschaftlich: Für die gleiche installierte Leistung brauchen Wellenkraftanlagen wie die Seeschlangen rund halb so viel Platz wie Windräder. Künftig könnte dies der entscheidende Vorteil sein: Denn auch auf See ist der Platz nicht unbegrenzt.

Quelle : www.spiegel.de

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