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Info Corner / Internet-via-Sat, Datendienste / IPTV / Videoportale / Internet TV & Radio => # WWW, Telefon, Provider & Co => Thema gestartet von: SiLæncer am 08 Dezember, 2003, 12:56

Titel: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: SiLæncer am 08 Dezember, 2003, 12:56
Beschlüsse des Innenausschusses im Bundesrat können der Rundumüberwachung der Telekommunikations- und Internet-Nutzer Vorschub leisten.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/data/jk-08.12.03-002/)


Quelle : www.heise.de
Titel: IT-Verband wettert erneut gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 17 Dezember, 2003, 09:43
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco Forum findet die Empfehlungen zur Einführung von Mindestspeicherungspflichten von bis zu zwölf Monaten verfassungswidrig.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/data/anw-16.12.03-014/)

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat: 6 Monate Datenspeicherung zur TK-Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 20 Dezember, 2003, 12:09
Die Bundesländer wollen das Verhalten der Telekommunikationsnutzer künftig vollständig überwachen. Wie der Bundesrat am heutigen Freitag in seiner Plenarabstimmung beschlossen hat, sollen alle beim Telefonieren, beim Versand von SMS, beim E-Mailen oder beim Surfen anfallenden und verarbeiteten "Verkehrsdaten" sechs Monate lang von den Anbietern gespeichert werden. Zugang zu dem umfangreichen Material, mit dem sich beispielsweise angerufene Nummern und verwendete IP-Adressen verfolgen und konkrete Nutzerprofile erstellen lassen, will die Länderkammer Strafverfolgern, Geheimdiensten und Verfassungsschützern verschaffen und damit die präventive Gefahrenabwehr nach den Terroranschlägen des 11. September verbessern. In ersten Reaktionen auf das Votum sprachen Bürgerrechtler von einem weiteren "Paradigmenwechsel" hin zum Überwachungsstaat. Auch die Wirtschaft lehnt die Forderungen der Länderkammer geschlossen ab.  

Eingebaut ist die neue Schnüffelklausel in die Stellungnahme des Bundesrats zur umstrittenen Novelle es Telekommunikationsgesetzes (TKG). Die Ländervertreter folgten dabei einer Vorlage des Rechtsausschusses. Nicht durchsetzen konnten sich die Innenpolitiker des Bundesrats, die sogar auf eine zwölfmonatige Vorratsdatenspeicherung gepocht hatten. Aber auch das Votum des Wirtschaftsausschusses, der sich gegen eine Festlegung von Speicherfristen ausgesprochen hatte, fand im Plenum keine Mehrheit. Dies scheiterte vor allem an Niedersachsen, da die mit in der Regierung befindliche FDP im Gegensatz zu anderen liberal geführten Koalitionsländern für den Vorschlag des Rechtsausschusses war. Die Abstimmung ging mitten im Sitzungsmarathon der Länderkammer und des Bundestags über die Reform des Sozialstaats anhand der Ergebnisse des Vermittlungsausschusses der beiden Gremien über die Bühne. Sie stand daher nicht im Zentrum der Aufmerksamkeit der Politiker, die sich eh schon über den verspäteten Start in die Weihnachtspause ärgerten.

Über das Ausmaß der geforderten Datenmengen sind sich die Länder vermutlich nicht im Klaren. Bei dem zu speichernden Material handle es sich um "unvorstellbare" Informationsberge, erklärte Hannah Seiffert vom eco Forum gegenüber heise online. Die Mitglieder des Providerverbands seien gerade dabei, die bei einzelnen Unternehmen anfallenden "Giga- und Terabytes" genau zusammenzustellen. Für Seiffert ist bereits klar, dass die Mengen weder von der Wirtschaft noch vom Staat verarbeitbar sein werden. Das von den Ländern vorgebrachte Argument, dass Speicherplatz inzwischen doch billig sei, ziehe zudem nicht. Die Datenbanken müssten redundant ausgelegt, mit einer automatischen Löschroutine nach der vorgegebenen Frist versehen und gegen externe Zugriffe abgesichert werden. Damit würden vehemente Kosten verursacht, die Provider vermutlich in Bereichen wie Netzsicherheit einsparen müssten. Der eco hatte genauso wie der IT-Verband Bitkom die Länder ferner gewarnt, dass ihr Ansinnen gegen jegliche datenschutzrechtlichen Prinzipien der Datenvermeidung und -sparsamkeit verstoße und nur neue Angriffspunkte auch für Cybergangster biete.

Dass die Vorratsdatenspeicherung letztlich verfassungswidrig ist, vermuten auch die Datenschützer von Bund und Ländern sowie Bürgerrechtsvereinigungen. "Die Schaffung von Datenfriedhöfen ohne konkreten Verdacht steht im Widerspruch zur Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts", erklärte der Sprecher der Humanistischen Union, Nils Leopold, gegenüber heise online. Wolle man tatsächlich jeden User pauschal beschatten, müsste man zunächst das Volkszählungsurteil und das Recht auf die informationelle Selbstbestimmung "für obsolet erklären". Denn die Verhältnismäßigkeit einer Strafverfolgungsmaßname würde bei einem solchen Vorhaben vollkommen außer Acht gelassen. Infrage komme höchstens ein zeitweises Einfrieren der Verkehrsdaten auf Zuruf der Staatsanwaltschaft bei konkreten Verdachtsmomenten.

Die Bundesregierung wird nun zunächst auf die Stellungnahme des Bundesrats, die auch eine Stärkung der Wettbewerber der Deutschen Telekom sowie eine Ausdehnung von Abhörverpflichtungen auch auf Telekommunikationsanbieter für Hotels oder Firmennetze vorsieht, antworten. Danach wird sich der Bundestag Anfang nächsten Jahres mit der TKG-Reform und der Vorratsdatenspeicherung auseinander setzen müssen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re:Bundesrat: 6 Monate Datenspeicherung zur TK-Überwachung
Beitrag von: Jürgen am 20 Dezember, 2003, 13:52
Das klingt ja letztendlich als hätten SED und Stasi doch gewonnen  :o
Sollte es wirklich soweit kommen, kann das der finanzielle Tod vieler kleiner Provider werden, oder die Preise für's Surfen steigen sehr erheblich. dann wäre schon deshalb ein noch größerer Teil der Bevölkerung davon ausgeschlossen, und mich beschleicht der Verdacht, genau das sei die Absicht.  :'(  
Nebenbei, wie will man eigentlich bei der Schnellebigkeit des Internets aus einer URL verlässlich auf den transportierten (evtl. strafrechtlich relevanten) Inhalt schließen, das Dilemma kennen ja auch alle Nutzer von Suchmaschinen. Und schätzungsweise 99% der URL-Aufrufe werden gar nicht von den Usern getätigt, sondern aufgrund der Seitenstruktur vom Browser. Oder sollen etwa die Inhalte auch gecached werden ? Dann werden die zu erfassenden Datenmengen wirklich absurd hoch.
Glücklicherweise gibt es ein Grundrecht auf Informationsfreiheit, wenn das BVG auch nur irgend etwas wert ist, MUSS das alles dort verhindert werden !!!
Wenn in der heutigen Politik solche Entscheidungen mit ~90% Mehrheiten gefällt werden, ist tatsächlich hierzulande die verfassungsdefinierte Demokratie in wesentlichen Aspekten infrage gestellt.
Titel: Re:Bundesrat: 6 Monate Datenspeicherung zur TK-Überwachung
Beitrag von: fama am 20 Dezember, 2003, 15:22
Ich denke es kommt noch viel Härter !

Denkt mal an die Überlegungen zuckünftig Personalausweis und Reisepass mit Daten auzustatten ( es gibt ein Fachbegriff dazu der mir jetzt nicht einfällt ) Fingerabdruck oder Augenscann !
Ihr wißt sicher was ich meine.
Dann ist es sowieso mit Datenschutz vorbei.
Titel: Re:Bundesrat: 6 Monate Datenspeicherung zur TK-Überwachung
Beitrag von: Jürgen am 20 Dezember, 2003, 15:28
Yepp, Datenschutz schützt auch in der heutigen Praxis schon eher die Datenerfassung vor den erfassten Menschen,als umgekehrt, und irgendwann kriegen wir dann alle ein Implantat zur Gedankenkontrolle, sozusagen bionisches TCPA, mit sofortiger Selbstzerstörung der brainware bei unerwünschten und dann natürlich illegalen Inhalten ...

Noch klingt's absurd, aber in einigen Jahren ?
Titel: Re:Bundesrat: 6 Monate Datenspeicherung zur TK-Überwachung
Beitrag von: Schranzbert am 23 Dezember, 2003, 00:51
Ihr muß euch (leider) absolut recht geben......
Irgendwie passt das wohl auch gut zur Datensammelwut der Einzelhandelskonzerne. Sie locken mit rabatten und Geschenken und sammeln dabei perfekt Daten über das Kaufverhalten der Kunden. Es gibt zwar viele verschiedene Kartensysteme wie Payback & co aber wehe wenn die Daten mit anderen wie Schufa oder ähnlichen persönlichen Sachen zusammenkommen....... ~schauder~

Gruß

Schranzbert
Titel: Re:Bundesrat: 6 Monate Datenspeicherung zur TK-Überwachung
Beitrag von: van_suck am 23 Dezember, 2003, 12:13
Welche Ängste müssen die sog. Mächtigen eines Staates ausstehen, wenn sie zu solchen Mitteln greifen müssen ? Im Grunde zeigt es ihre ganze Nichtigkeit und sollte zum Nachdenken anregen, ob wir solche Flachzangen als Anführer unserer Nation brauchen.
... Scheiße, dieser Beitrag wird jetzt 6 Monate gespeichert ...

in diesem Sinne: Frohes Fest allerseits
Titel: Bürgerrechtsgruppen warnen vor europaweiter Pauschalschnüffelei
Beitrag von: SiLæncer am 10 September, 2004, 12:12
Privacy International und die Initiative "European Digital Rights" (EDRi) lehnen die auf EU-Ebene ins Spiel gebrachte Vorratsspeicherung sämtlicher bei der Telekommunikation anfallender Verbindungsdaten strikt ab. Die von einigen EU-Mitgliedsstaaten geforderte pauschale, bis zu dreijährige Datenlagerung sei "illusorisch", "unzulässig", "rechtswidrig" und greife zu stark in die Privatsphäre der Nutzer ein, schreiben die beiden Bürgerrechtsorganisationen in einer ausführlichen Stellungnahme an die EU-Kommission im Rahmen einer noch bis Mitte September laufenden Konsultation. Ihnen erscheint schleierhaft, wieso die Einführung einer derart "gefährlichen" und die Bürgerrechte mit Füßen tretenden Maßnahme in Europa überhaupt ernsthaft überlegt werde. In Zeiten, in denen Technologien von sich aus bereits den Datenschutz häufig durchlöchern und Gesetze die Rechte der Individuen immer weniger achten würden, sollte die EU keinesfalls diese Entwicklung noch weiter unterstützen.  

Im Einzelnen führen die Aktivisten der Kommission zunächst vor Augen, in welchem Maße die im Raum stehende Datenjagd in das Leben der Bürger eingreifen würde. "Es geht hier nicht mehr nur um das Aufzeichnen der geführten Telefongespräche", warnen sie, "sondern um die Registrierung aller Dinge, die jemand liest, empfängt oder für die er Interesse zeigt" -- und dies über einen langen Zeitraum hinweg und im Zusammenhang mit den unterschiedlichsten Personen, mit denen man Kontakt hat. "Diese Informationen können zur Interpretation und zum Abstecken menschlicher Beziehungen, zum Verstehen und Vorhersagen menschlicher Handlungen sowie zum Verfolgen aller Bewegungen eines Individuums während seines gesamten Alltags verwendet werden", sorgen sich die Verfechter der Bürgerrechte. Als Beleg führen sie an, welche umfassenden Daten allein bei Internetprovidern beim reinen Login mit der gleichzeitigen Erteilung einer IP-Adresse anfallen. Dazu kommen beispielsweise die vielen personengebundenen Identifikationsmerkmale, die etwa beim Benutzen eines Handys vergeben werden -- und damit theoretisch auch aufgezeichnet und ausgewertet werden können.

Das Argument, dass Strafverfolger die Vorratsdaten im Kampf gegen den Terrorismus brauchen, zieht nach den Ausführungen von Privacy International und EDRi zudem nicht wirklich. Die "wahrgenommenen Sicherheitszugewinne" könnten jedenfalls zumindest wieder durch zusätzliche Risiken wettgemacht werden, fürchten die Organisationen. So würden vermutlich viele unschuldige Bürger überwacht und intime Details aus ihrem Leben plötzlich sämtlichen Regierungsstellen offen stehen. Die tatsächliche Nadel im Heuhaufen zu finden und die richtigen Verkehrsdaten auf einen potenziellen Attentäter oder Verbrecher zu beziehen, sei dagegen ein häufig mit Irrtümern beladener Prozess. Zudem entstünden für die Telcos und Internetprovider immense Kosten, um die Daten überhaupt vorzuhalten. Im Hinterkopf zu behalten sei zudem, dass selbst die US-Regierung eine pauschale Vorratsdatenspeicherung ablehnt -- diese aber den Europäern indirekt ans Herz legt. Fazit der Bürgerrechtler in diesem Punkt: "Insgesamt werden diese Faktoren unweigerlich Nebenwirkungen auf das Vertrauen der Verbraucher haben". Gerade der E-Commerce könne darunter leiden.

Letztlich sehen die Lobbyvereinigungen in der geplanten Verpflichtung zur Datenjagd auch einen klaren Verstoß gegen die Europäische Menschenrechtskonvention, die jedem Einzelnen den Respekt vor seinem Privatleben garantiert. Der Vorstoß der Länder Frankreich, Irland, Großbritannien und Schweden sei daher rechtswidrig und verstoße auch gegen die Gesetze zahlreicher Mitgliedsstaaten. Eine demokratische Gesellschaft benötige keine pauschale Überwachung ihrer Bürger, enden die Organisationen ihren noch mit zu unterzeichnenden Aufruf. Es wäre daher ein falsches Signal, wenn die bisherigen Normen und Werte der EU in die eines Überwachungsregime umgeändert würden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Tag des Murmeltiers: Vorratsspeicherung der Telekommunikationsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 22 September, 2004, 11:10
Bundesdatenschützer Peter Schaar trat bei einer öffentlichen Anhörung der Europäischen Kommission in Brüssel entschieden gegen eine Ausweitung der Vorratsspeicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten in Europa ein. Schaar, der derzeit den Vorsitz der Artikel-29-Gruppe der europäischen Datenschutzbeauftragten innehat, reagierte damit auf die Vorschläge von England, Irland, Frankreich und Schweden, die eine neue Initiative zur Regelung obligatorischer Speicherfristen für Telekommunikationsdaten gestartet haben. Die Artikel-29-Gruppe wird Ende des Monats zur Ratsinititive Stellung nehmen.  

Die Argumente beim Dauerbrennerthema Voratsdatenspeicherung sind bekannt und erprobt. "Man trifft sich von Zeit zu Zeit, und dieselben Dinge werden von denselben Leuten wiederholt", beschrieb Joe McNamee vom Brüsseler Beratungsunternehmen Political Intelligence die Debatte. Das erinnere doch stark an den "Tag des Murmeltiers". Wie auch in früheren Runden seien die Strafverfolgungsbehörden einmal mehr den Nachweis schuldig geblieben, dass die Aufbewahrung sämtlicher bei der Telekommunikation anfallender Verbindungsdaten für die Strafverfolgung notwendig sei, meinte McNamee. Das beklagte auch der Verband der Europäischen Telekommunikationsanbieter (ECTA). Ein Vertreter der ECTA zeigte sich auf Anfrage von heise online verwundert, dass nur wenige Vertreter der Strafverfolgungsbehörden zum Schlagabtaussch angetreten waren. "Jedes Mal , wenn man jemanden von deren Seite fragt, wie viele Urteile durch das Abhören der Kommunikationsdaten ermöglicht wurden, nehmen sie Reißaus …"

Ein französischer Vertreter dagegen sagte, man wisse genau, was man brauche und warum. Mindestens 12 Monate sollten die Daten gespeichert werden, längere Fristen, sogar über 36 Monate hinaus, sollen aber möglich sein. Durchaus positiv steht auch der Filmindustrie-Lobby-Verband Motion Picture Association der Sammelei gegenüber. Die gespeicherten Daten würden bei der Bekämpfung der Piraterie helfen, die häufig mit dem organisierten Verbrechen verbunden sei. Eine pauschale Speicherung aller Daten sehen aber selbst die Piratenjäger als problematisch an, denn die neue Ratsinitiative will mehr als klassische Verkehrsdaten gespeichert sehen: Sie sieht die Speicherung aller Daten zur Nutzung von öffentlichen elektronischen Kommunikationsdiensten und -netzen vor; nach Einschätzung von Experten ist die EU auf sämtliche beim Telefonieren, Messaging, E-Mailen oder Surfen anfallende Daten aus.

Neben der Artikel-29-Gruppe und der ECTA warnten eine Reihe weiterer Verbände vor der undifferenzierten Datenspeicherung, darunter die GSM Association, die International Chamber of Commerce, die International Telecoms Users und EDRI. Kritische Nachfragen kassierte die Kommission auch von T-Online, KPN, Yahoo und weiteren Unternehmen. Fragen dazu, ob nur Daten innerhalb der Union gespeichert werden sollten -- und damit die größten E-Mail-Provider wie Yahoo, Hotmail und AOL außen vor sind -- konnten Vertreter der niederländischen EU-Präsidentschaft vorerst nicht beantworten.

McNamee warnte, dass bei undifferenzierten Anforderungen zur Datenspeicherung als Folge der Netzkonvergenz viele Kommunikationsvorgänge doppelt und dreifach gespeichert würden. Kaum noch dem Grundsatz der "Angemessenheit" entsprechend sei es außerdem, dass die Daten ohne Rücksicht auf ihre Verwertbarkeit gespeichert würden. Die Angemessenheit ist der Grundsatz, der in der Europäischen Datenschutzrichtlinie als Kriterium für mögliche nationale Vorratsdatenspeicherfristen verankert ist. Zahlreiche neue Mitgliedsstaaten haben auf Grundlage dieser Regel bereits solche Fristen eingefügt, zuletzt etwa Polen, das Providern eine Frist von einem Jahr auferlegt. Ähnliche Fristen gibt es auch in der Tschechischen Republik, Ungarn und anderen neuen Mitgliedsländern. Einer der juristischen Väter der Cybercrime-Konvention, der Amsterdamer Professor Henrik Kaspersen, bezeichnete dagegen die unterschiedslose Speicherung aller Kommunikationsdaten kürzlich als Big-Brother-Aktion.

Quelle : www.heise.de
Titel: Regelungen zur Telefonüberwachung
Beitrag von: lucky am 22 Oktober, 2004, 15:25
"Die Polizei darf auch in den kommenden Jahren auf die Telefonverbindungsdaten verdächtiger Personen zugreifen. Eine entsprechende Regelung, die Ende dieses Jahres ausgelaufen wäre, wurde am Donnerstagabend vom Bundestag bis Ende 2007 verlängert. Bis auf die PDS stimmten alle Fraktionen zu. Danach müssen die Telefonanbieter den Ermittlungsbehörden über Telefonnummern von Anrufern und Angerufenen sowie über den Standort des Telefonierenden Auskunft geben."

Quelle: http://www.heise.de/newsticker/meldung/52427

Frage sind die DVB-Interessierten, also wir alle, nicht schon verdächtig genug?
Was heisst hier verdächtig in diesem Staat?
Ist man nicht schon verdächtig qua Geburt?

Ich bin zwar für nackig oder zumindest mit Strapse, aber eher gegen gläsern... ;)
Titel: Re:Regelungen zur Telefonüberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 22 Oktober, 2004, 16:09
Die spinnen ...die Römer.... ;D wie üblich.....

Nett ist auch der hier :

Bundesregierung liebäugelt mit EU-weiter Vorratsspeicherung der TK-Verbindungsdaten

Die Bundesregierung hat ihre prinzipiellen Bedenken gegen eine Vorratsspeicherung von Telekommunikations-Verbindungsdaten aufgegeben. Dies geht aus der Antwort von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries auf eine Kleine Anfrage der FDP-Bundestagsfraktion hervor, die heise online vorliegt. Demnach erinnert sich die Regierung zwar noch daran, dass sie während der Debatte um eine Vorratsdatenspeicherung im Rahmen der Novelle des Telekommunikationsgesetz im Frühjahr aufgrund der Unverhältnismäßigkeit der pauschalen Verdächtigung der Nutzer und damit einhergehenden datenschutzrechtlichen Problemen sowie der wirtschaftlichen Auswirkungen klar gegen die kostspielige Maßnahme votiert hat. Doch angesichts der Erwägungen zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus, die der Europäische Rat nach den Anschlägen von Madrid vorgebracht hat, müsste die Einführung einer Mindestspeicherungsfrist von Telekommunikationsverkehrsdaten auf europäischer Ebene neu diskutiert werden. Dabei seien die bislang verbliebenen Fragen "vorrangig und fundiert" zu klären.

Für sich selbst hat das Justizministerium aber schon Antworten gefunden. Um die Vorratsdatenspeicherung für die Strafverfolger zweckmäßig zu gestalten und die Ermittler nicht in den Fluten der Verbindungsdaten ersticken zu lassen, hängt seiner Ansicht nach "maßgeblich von den zu speichernden Datenarten, der Speicherungsdauer, der effizienten Nutzbarkeit des Datenmaterials und der näheren Ausgestaltung späterer Zugriffsmöglichkeiten der Ermittlungsbehörden auf diese Daten ab". Laut Zypries ist die Datenvorratshaltung, die an sich eine sehr weit greifende und unspezifische Maßnahme darstellt, also durchaus machbar, solange sie anhand der aufgeführten Kriterien gezähmt wird. Einen größeren Vertrauensverlust der Bürger in die Nutzung der Telekommunikations- und Netzmedien, wie ihn Organisationen der Zivilgesellschaft, Datenschützer sowie auch die FDP befürchtet, erwartet die Regierung daher nicht.

Auch einen Dämpfer für die wirtschaftliche Dynamik des Telekommunikationssektors befürchtet das Justizministerium nicht mehr. Die Speicherungsdauer dürfe eben nicht "übermäßig lang" sein und müsse für alle Anbieter und Betreiber gleich gelten. Zudem prüft die Regierung, inwieweit der Staat eine "angemessene Entschädigung" für das Vorhalten der Datenberge durch die Wirtschaft zahlen könne. Mit einer Wiedergutmachung hofft man in Berlin, den geschlossenen Widerstand der Branche aufbrechen zu können. Noch ist sich das Justizministerium in der Beurteilung der ökonomischen Auswirkungen aber noch nicht einig. So erwähnt es in der Antwort auch, dass die Verpflichtung zur Datenjagd auch "in einem Spannungsverhältnis zu dem vom EU-Gipfel in Lissabon beschlossenen Ziel stehen" könne, "Europa bis zum Jahr 2010 zur wettbewerbsstärksten Wirtschaftsregion der Welt zu machen". Die USA wollen ihrer TK-Industrie nämlich Vergleichbares nicht zumuten.

Eine mögliche Teilübernahme der Kosten hält Zypries wiederum für gerechtfertigt, weil "die Auskunft über bestimmte Telekommunikationsverkehrsdaten für eine erfolgreiche Arbeit" der Strafverfolger "von wesentlicher Bedeutung" sein könne. Dabei hat ihr Ministerium vor allem IP-Adressen im Visier, ohne die "bestimmte Ermittlungen im Bereich der Internetkriminalität" nicht Erfolg versprechend durchgeführt werden könnten. Bedenken der FDP, dass die Vorratsspeicherung gegen den datenschutzrechtlichen Grundsatz der Sparsamkeit bei der Verwertung personenbezogener Informationen verstoße, wendet die SPD-Politikerin ein, dass diese Bestimmung doch nur als Bestandteil des Konzepts "Datenschutz durch Technik" formuliert worden und dem verfassungsrechtlichen Verhältnisgrundsatz untergeordnet sei. Eine Erfolgsgarantie für eine effektivere Strafverfolgung qua Vorratsdatenspeicherung kann sie gleichzeitig aber nicht geben: Statistiken, denen zufolge eine solche Maßnahme zur Verbesserung der Verbrechensbekämpfung führen, sind ihr nicht bekannt.

Interessanterweise erfolgt der Richtungswechsel der Bundesregierung just in dem Moment, wo der Bundesrat als bisheriger starker Befürworter der Pauschalbeschnüffelung der Nutzer den Druck abschwächt und zumindest die Wirtschaftspolitiker im Bundestag auch an ihrer Ablehnung festhalten. Hans-Joachim Otto, der als medienpolitischer Sprecher der FDP-Fraktion neben der Innenpolitikerin Gisela Piltz die Anfrage hauptsächlich mit unterstützte, zeigte sich nach einer ersten Durchsicht von den skizzierten Vorschlägen denn auch nicht angetan. Er fordert die Bundesregierung weiter auf, sich eindeutig von den Plänen zur Einführung einer EU-weiten Vorratsdatenspeicherung zu distanzieren.

Quelle : www.heise.de


Da kann man eigentlich nur noch   (http://www.cheesebuerger.de/images/midi/ekelig/g015.gif)

Titel: Re:Regelungen zur Telefonüberwachung
Beitrag von: Jürgen am 23 Oktober, 2004, 03:28
Böse Anrufe machen böse Buben (und Mädels) nur über die übernächste Telefonzelle, gaaanz selten über freigeschaltete Prepaid-Karten und Handys zweifelhafter Herkunft und nicht nachvollziehbarer Besitzer :o
Sprach- / Inhalte-Aufzeichnung wird bisher nicht allgemein betrieben, mit einer zufälligen maschinellen Analyse und dadurch ausgelöster Kontrolle muss aber gerechnet werden.

Aber ganz grundsätzlich gilt, dass jede Gewohnheit auch als Indiz gelten kann, in seeeehr seltenen Einzelfällen kann man auch als Unschuldiger in allerlei Verdacht geraten, habe ich irgendwo gehört...
Früher, in echt perversen Zeiten, gab's von offizieller Seite die Warnung: "Achtung, Feind hört mit !", damit sollte man gerade heute immer rechnen.

Sicher bewegen wir uns auch hier gelegentlich auf recht dünnem Eis, daher gibt's eben manchmal komische Antworten, leider ist gelegentlich sogar eine gewisse Zensur notig.

In der BRD existiert gegenwärtig keine wahrnehmbare Bürgerrechts-Bewegung, it's time for a change (Angie und der Bayer sind damit nicht gemeint  :P ).
Titel: EU-Justizminister legen sich bei Telekommunikationsüberwachung nicht fest
Beitrag von: SiLæncer am 02 Dezember, 2004, 20:23
Der EU-Rat will vor einem Votum zur Einführung einer Pflicht zur Speicherung der Telekommunikationsverkehrsdaten auf Vorrat klären, für welche konkreten Zwecke die heftig kritisierte pauschale Überwachung tatsächlich nötig ist. Zudem soll im Rahmen einer Arbeitsgruppe noch enger festgelegt werden, welche Ermittlungsbehörden in welchem Fall auf die Datenberge zugreifen dürfen. Auf dieses Vorgehen einigten sich die Justizminister der EU-Mitgliedsstaaten bei ihrem Treffen in Brüssel am heutigen Donnerstag. Dort berieten sie nach einer Aufschiebung des Termins im November erstmals über einen künftigen Rahmenbeschluss, dessen unterschiedliche Entwürfe eine Speicherung sämtlicher bei der Abwicklung von Telekommunikationsdiensten anfallender Daten zwischen einem und drei Jahren vorsehen.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries berichtete am Rand des Treffens, dass eine "überwiegende Mehrheit" der Ratsmitglieder noch Bedenken gegenüber der Maßnahme in der ursprünglich insbesondere von Frankreich, Großbritannien, Irland und Schweden forcierten Form habe. Es müsse definiert sein, bei welcher Straftat die Daten abgefragt werden dürften. Zudem sollte die Regel einheitlich für alle Unternehmen gelten. Sie dürfe nicht etwa so angelegt sein, dass ein Zugriff sich nur auf Daten beziehe, die TK-Anbieter bereits etwa für die Abrechnung speichern. Schließlich müsse geklärt werden, so Zypries weiter, wie lange die Datenberge vorgehalten werden sollen. Wie vor der Beratung bereits angedeutet, hält Zypries überdies noch Fragen der Einhaltung der Grundrechte der Bürger und der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme für offen.

Laut einer Erklärung des niederländischen Justizministers Jan Piet Hein Donner ist eine große Mehrheit der EU-Mitgliedsstaaten prinzipiell für die Einführung entsprechender Verpflichtungen. Die meisten EU-Länder würden auf der Sammlung weiter Datenbereiche bestehen, statt die Anforderungen auf Daten zu beschränken, die von den Firmen bereits für Geschäftszwecke gespeichert werden. Besonders sollen es die Justiz- und Innenminister auf die bei Internetprovidern anfallenden Informationen abgesehen haben, berichtet die "European Digital Rights"-Initiative (EDRi). Die "Verkehrsdaten" könnten die Zugangsanbieter in diesem Fall aber nur bereitstellen, wenn sie ihren gesamten Netzwerkverkehr überwachen und filtern.

Auch Zypries zeigte sich erneut nicht gänzlich abgeneigt gegenüber der pauschalen Datenvorhaltung. Die SPD-Politikerin verwies darauf, dass die Attentäter der Bombenanschläge von Madrid mit Hilfe von Daten über Gespräche mit ihren Mobiltelefonen gefasst worden seien, und betonte: "Ich sage nicht, dass das nicht sinnvoll ist, wir müssen das aber genau definieren." Vorratsdaten kamen bei der Fahndung nach den Attentätern vom 11. März dieses Jahres allerdings nicht zum Einsatz: die genutzten Informationen waren von den Mobilfunkanbietern und Strafverfolgern "frisch" erfasst worden.

In der Wirtschaft überwiegt trotz der schwammigen Ansagen Zuversicht. So werten die Verbände BDI, Bitkom, eco und VATM zumindest die von der Bundesregierung geäußerte Ablehnung, Telefon- und Internetdaten über einen längeren Zeitraum und in größerem Umfang zu speichern, als "positives Signal für den Standort Deutschland und den Datenschutz". Parlamentarier sehen die Situation kritischer. So äußerte die FDP-Bundestagsabgeordnete Gisela Piltz im Nachklang an den gestrigen Antrag aller Fraktionen gegen eine Vorratsdatenspeicherung Bedenken, dass der "deutsche Datenschutz durch europäische Innen- und Justizminister untergraben wird". Das wahllose und verdachtsunabhängige Sammeln aller Gesprächsdaten von Anrufer und Angerufenem sowie aller Seitenabrufe im Internet sei nicht mit einem freiheitlichen Rechtsstaatsverständnis zu vereinbaren. Auch die liberale britische EU-Abgeordnete Sarah Ludford befürchtet, dass die Maßnahme letztlich ähnlich wie die Einführung biometrischer Merkmale in die Pässe "ohne ausreichende Prüfung der Kosten oder ihres tatsächlichen Beitrags zur Sicherheit" durchgedrückt wird.

Quelle : www.heise.de
Titel: BKA-Chef: Terror in Madrid rechtfertigt Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 14 Dezember, 2004, 18:17
Sicherheitsbehörden, Datenschützer und die Wirtschaft scheinen auch nach einer mehrjährigen Fachdebatte über eine Verpflichtung zur Speicherung von Telekommunikationsdaten größtenteils aneinander vorbeizureden. Das zeigte sich während einer Diskussionsrunde auf dem kommunikations- und medienpolitischen Forum des Branchenverbands Bitkom am heutigen Dienstag in Berlin. Dort rechtfertigte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, das momentan über Brüssel vorangetriebene Vorhaben als unersetzlichen Baustein in der Terrorismusbekämpfung: "Ein Anschlag wie Madrid rechtfertigt die Verkehrsdatenspeicherung", erklärte der oberste Bundespolizist. Ihm sei es schleierhaft, dass die geplante Maßnahme "überhaupt zu Diskussionen in Deutschland führen kann". Man sei schließlich Teil des "weltweiten Gefahrenraums des Terrorismus", in dem bereits vier große Anschläge auch mit Hilfe der Telefonüberwachung verhindert worden seien.

Der BKA-Chef nannte neben der allgemeinen Bekämpfung von Kinderpornographie eine Reihe konkreter Fälle, in denen auf Vorrat gespeicherte Telekommunikationsdaten den Strafverfolgern sehr bei ihrer Aufklärungsarbeit entgegengekommen wären. So hätte beispielsweise das abgewendete Attentat auf dem Straßburger Weihnachtsmarkt in seinen geplanten Ausmaßen noch besser erfasst werden können. Auch im Fall des Amoklaufs an einer Schule in Erfurt, bei einer Gewaltandrohung gegen ein Unternehmen sowie bei Erpressungsfällen im Internet hätte der Zugriff auf die vorhandenen Daten nicht gereicht. Zierke beanstandete in diesem Zusammenhang vor allem, dass die Provider bei Flatrates nicht ausreichend Informationen über das Verhalten ihrer Kunden im Netz vorhalten.

Gleichzeitig erklärte der BKA-Mann mehrfach, dass es den Strafverfolgern nur um die Abrechnungsdaten der Anbieter ginge. Laut Zierke zielen die Wünsche der Strafverfolger damit auf Informationen ab, welche die Anbieter von sich aus speichern. Gerade die bei einer Flatrate-Nutzung erzeugten immensen Datenmassen brauchen die Provider allerdings nicht für die Geschäftsabwicklung. Die Liste der Begehrlichkeiten, über die in Brüssel verhandelt wird, ist zudem deutlich länger: Sie umfasst sämtliche Daten, die bei der Abwicklung von Diensten im Festnetz, Mobilfunk und Internet anfallen und laut aktuellen Entwürfen mindestens für ein Jahr gespeichert werden sollen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar musste angesichts der forcierten Forderungen etwas ausholen und eine Einführung in den Datenschutz und das informationelle Selbstbestimmungsrecht geben: "Ein Grundrechtseingriff findet schon dort statt, wo Daten gesammelt werden", erläuterte er. Mit den begehrten Daten würden immer auch nähere Umstände der Telekommunikation beschrieben; im Internet bei einer Suchmaschinenabfrage etwa auch die Dinge, für die sich ein Mensch interessiere. "Es ergeben sich viele Puzzlesteine für ein Persönlichkeitsprofil", erklärte Schaar. Ein Staat, der unter Zuhilfenahme Privater fordert, dass diese Profile vorgehalten werden, sei klar in einer Begründungspflicht. Letztlich gehe es um die Frage: "Wie gläsern soll der Bürger sein?" Den Ministern im EU-Rat legte der Bundesdatenschutzbeauftragte ans Herz: "Im Zeitalter der umfassenden Datenverarbeitung sollten pauschale Forderungen nach einer Vorratsdatenspeicherung zurückstehen."

Der BKA-Chef zeigte sich von den Ausführungen unbeeinflusst: "Das Argument, dass auch die Daten Unschuldiger gespeichert werden, interessiert mich nicht", stellte er angesichts der Größe der geschilderten Bedrohung klar. Auch für die Forderung der Wirtschaft nach einer Entschädigung für ihre teure Hilfssheriff-Tätigkeit hatte er kein Verständnis: "Ich kann nicht nachvollziehen, dass dadurch Kosten für den Staat entstehen sollen", betonte Zierke. Die Provider "haben die Daten doch eh", begründete er seine Haltung. Auch der Einwand, dass Terroristen die Pauschalbeschnüffelung etwa durch den Gang an die Telefonzelle ins Leere laufen lassen könnten, überzeugte ihn nicht: Eine lückenlose Strafverfolgung gebe es nicht, aber die Täter würden ja doch zum Mobiltelefon greifen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re:BKA-Chef: Terror in Madrid rechtfertigt Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Jürgen am 15 Dezember, 2004, 01:26
Warum erklären die nicht gleich das ganze Land zum Hochsicherheitsknast mit Kontaktsperre und Isolationshaft ???

Selbst die Nazis konnten Kriminalität nicht verhindern, nur die Informationen darüber unterdrücken.
Kriminelle und Terroristen sind flexibel genug, aber die ehrlichen Bürger werden ihrer Intimsphäre beraubt. Wr hat eigentlich wen auch immer ermächtigt, nach und nach alle Bürgerrechte abzuschaffen oder bis zum Totalverlust zu verstümmeln? Das nicht-öffentliche Wort, egal, ob schriftlich, elektronisch oder direkt übertragen, hat gefälligst vertraulich zu bleiben. Alles Andere ist meines Erachtens ein Umsturzversuch, der unser verfassungsmässiges Widerstandsrecht auslösen könnte.
Artikel 10 und 13 sind wohl nur noch Makulatur  :'(
Art. 20. Verfassungsgrundsätze - Widerstandsrecht
 (4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.  >:(
Titel: Re:BKA-Chef: Terror in Madrid rechtfertigt Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Atilla am 15 Dezember, 2004, 09:19
@ Jürgen

Wir sind doch schon viel weiter. In Dresden wurde vor kürzlich ein Theaterstück abgesetzt, (Die Weber). Es war auf die Gegenwart angepasst, und so viel Kritik will dieser Staat eben dann doch nicht.
Also: immer schön Christiansen schauen; labern,labern,labern und bloß nichs ändern.

Stasi läßt grüßen!
Titel: DIGITALER LAUSCHANGRIFF : Ab Januar gehen verdächtige E-Mails CC an die Polizei
Beitrag von: SiLæncer am 22 Dezember, 2004, 16:52
Die TKÜV schaltet auf scharf. Ab dem 1. Januar 2005 haben Kommunikationsanbieter die für staatliches Lauschen erforderliche Technik einzurichten - auf eigene Kosten. Datenschützer und die betroffene Provider sind empört.

"Es rechnet sich nicht mehr", klagt Frank Simon, Geschäftsführer des Providers ECCE TERRAM im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE. Der Diensteanbieter stellt zum Ende des Jahres seine E-Mail-Angebote ein. Simon kapituliert vor den neuen Verpflichtungen nach der TKÜV - der Telekommunikations-Überwachungsverordnung.

Seit dem Ende des Bundespost-Monopols läuft die Telekommunikation der Bürger nicht mehr über den Staat selbst. Wollen Ermittler nun mitlauschen, müssen die Behörden erst einmal die ausgetauschten Inhalte in die Hände bekommen. Das geht nicht, ohne die Provider in die Pflicht zu nehmen.

Grundsätzlich regelt das schon seit 1996 das Telekommunikationsgesetz (TKG), und seit Anfang 2002 beschreibt die TKÜV im Detail, wie Anbieter den staatlichen Lauschern zur Seiten stehen müssen. Eine Übergangsfrist gewährte einen Aufschub, doch damit ist zum 1. Januar 2005 Schluss. E-Mail-Provider müssen aufwendige Hardware-Schnittstellen anschaffen, welche dann E-Mails der Kunden in die Ermittler-Hände legen.

Doch neue rechtliche Lausch-Möglichkeiten gibt die TKÜV den Sicherheitsbehörden damit nicht an die Seite. Statt Pauschalüberwachung und Vorratsspeicherung dürfen weiterhin nur einzelne Bürger belauscht werden, wenn sie verdächtig sind, bestimmte Straftaten begangen zu haben. Auch muss die Überwachung richterlich abgenickt werden. Erst dann treten die Provider auf den Plan. Mit den nun anzuschaffenden Gerätschaften.

"Unverhältnismäßig"

Vordergründig sind Big-Brother-Sorgen damit unbegründet. Der Leiter der Zentralstelle zur Bekämpfung von Kinderpornografie in Sachsen-Anhalt, Oberstaatsanwalt Peter Vogt, wies gegenüber SPIEGEL ONLINE auf die derzeit geringe Bedeutung des staatlichen Lauschens im Internet hin: "Die Kommunikationsüberwachung in diesem Bereich wird überschätzt."

In der Tat nennt die Statistik für das Jahr 2002 gerade einmal fünf Anordnungen zum Abfangen von E-Mails. Für das Jahr 2003 fehlen noch offizielle Daten; auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE nannte das Wirtschaftsministerium 144 Lauschvorgänge. Damit entfallen nur gut 0,5 Prozent der Überwachungen auf den E-Mail-Bereich - Telefone werden wesentlich häufiger angezapft.

Genau das löst aber Entrüstung seitens der Provider aus.

Unverhältnismäßig sei die Verpflichtung der Provider, teure Schnittstellen anzuschaffen. "Viele Unternehmen müssen in Überwachungstechnik investieren, ohne jemals eine Anordnung zu bekommen", gibt Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender vom Verband der deutschen Internetwirtschaft, im Gespräch mit SPIEGEL ONLINE zu bedenken. Mit Einstiegskosten von "20.000 Euro aufwärts" rechnet der Verband; hinzu kommen laufende Kosten für den Betrieb der Überwachungsvorrichtungen. Schätzungsweise 2000 bis 2500 Unternehmen sind betroffen, meist aus dem Mittelstand. Ernste "finanzielle Schwierigkeiten" fürchtet dort der Brachenverband.

Das Wirtschaftsministerium verweist auf Ausnahmen. Für Anbieter mit weniger als 10.000 Teilnehmer regelt die TKÜV Erleichterungen, und bei weniger als 1000 Teilnehmern muss die teure Hardware gar nicht mehr angeschafft werden, auch wenn die Provider weiterhin verpflichtet bleiben, mitzuhelfen.

Die Reichweite dieser Ausnahmen ist derzeit aber gar nicht abschließend geklärt. Das TKG versteht "Teilnehmer" als bloße Vertragspartner, doch etwa bei Resellern kann ein Vertrag Tausende Nutzer umfassen. Hätte in einer Kette von Zwischenhändlern kein Beteiligter mehr als 1.000 Kunden, wäre nirgendwo eine Abhörbox erforderlich. Auf Nachfrage von SPIEGEL ONLINE erteilt das Wirtschaftsministerium dieser Interpretation eine Abfuhr. Entscheidend sei ausschließlich die Zahl der "Endkunden". Und bei Bußgeldern von bis zu 500.000 Euro dürften die Provider ohnehin wenig Lust auf Tricksereien haben.

Im Gegenteil betont der Branchenverband eco, dass sich kein Provider aus der Pflicht stehlen wolle. "Denn das Internet ist schließlich unsere Geschäftsgrundlage" kommentiert Michael Rotert gegenüber SPIEGEL ONLINE.

Kostenloser Selbstbedienungsladen

Zum 1.1.2005 droht damit eine Zwickmühle. Einerseits wirken umfangreiche Verpflichtungen der Provider bei nur wenigen Überwachungen unangemessen. Andererseits sorgen sich Datenschützer schon heute über die jährlich deutlich steigende Anzahl von Überwachungen. Bisher trug vor allem der Bereich der (Mobil-) Telefonie dazu bei. Sollen nun auch im Bereich E-Mail-Kommunikation die staatlichen Lauscher bequemer versorgt werden, dürfte auch dieser Bereich anziehen und die Zunahme der Überwachungseingriffe insgesamt noch steiler ansteigen.

Provider stöhnen wegen der Kosten, Datenschützer befürchten mehr Überwachungen, und der Bürger sieht sich einer vereinfachten Überwachung ausgesetzt. Nur die staatlichen Lauscher freuen sich einmal mehr. Zum 1. Januar öffnet für sie der kostenlose Selbstbedienungsladen.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Re:DIGITALER LAUSCHANGRIFF : Ab Januar gehen verdächtige E-Mails CC an die Poliz
Beitrag von: Jürgen am 22 Dezember, 2004, 20:40
Sicher nicht CC, sondern BCC, sonst erfährt's ja jeder Empfänger 8)

Obwohl, Leute, die offenen E-Mails kritische inhalte anvertrauen, würden wohl noch nicht einmal den zweiten To: Eintrag für die Grossohren bemerken    :o

Nebenbei, soweit ich weiss, ist die Polizei sicher nicht die richtige Adresse, die arbeitet vielerorts immer noch mit dem Ein-Finger-Such-System auf der alten Adler. Man erkennt sie oft noch an den zwei gefärbten Fingern vom Kohlepapier.
Oder kricht jetz' jede Wache A0L ??? Ähhh...
Titel: Bürgerrechte und Technik: Die Zukunft der Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 27 Dezember, 2004, 15:27
Kommt "Big Brother", der kalt und grausam alles kontrollierende Staat? Die Realität ist profaner und pragmatischer als die düstere Utopie: "Big Brother" kommt nicht, er schleicht sich ein. Seine Überwachungsinstrumente sind längst hier - von der Rasterfahndung bis zur LKW-Maut.

Die Justizbehörde von Washington DC hat ein perfektes System der Verbrechensbekämpfung gefunden. Medial veranlagte Menschen werden unter Drogen gesetzt und an ein Computernetzwerk angeschlossen, damit sie Verbrechen vor der Tat vorhersehen können. Die so genannten pre-cogs sind eine Zukunftsvision des amerikanischen Autors Philip K. Dick aus dem Jahr 1956, die Steven Spielberg in seinem Film "Minority Report" umgesetzt hat.

So etwas wäre auch für reale Strafverfolger reizvoll. Schon BKA-Chef Horst Herold träumte in den siebziger Jahren davon, vor dem Täter am Tatort zu sein. "Kommissar Computer" setzte auf präventive Verbrechensbekämpfung, Kriminalgeografie und elektronische Rasterfahndung. Als Herold 1981 in den vorzeitigen Ruhestand ging, waren seine Ideen politisch umstritten, aber heute gehören sie zum polizeilichen Alltag.

Im Raster der Ordnungsmacht

Die Öffentlichkeit nimmt das kaum wahr. Entscheidend für den Erfolg einer Rasterfahndung ist die Erstellung eines Profils des mutmaßlichen Täters. Bei der Fahndung nach der terroristischen RAF ging die Polizei davon aus, dass die Mitglieder der Organisation in großen Wohnanlagen leben, polizeilich nicht gemeldet sind und ihre Miete bar bezahlen. Durch den Abgleich der Datenbestände von Einwohnermeldeämtern und Energieversorgern sollte der Kreis der Verdächtigen eingegrenzt werden. Je unauffälliger ein Täter lebt, desto genauer muss sein Profil erstellt werden.

Nach den Anschlägen des 11. September 2001 wurde die Rasterfahndung in Deutschland eingesetzt, um unter den etwa 50.0000 Studenten aus islamischen Ländern so genannte Schläfer und potenzielle Terroristen herauszufiltern. Das Ergebnis war allerdings mehr als dürftig und hat kaum verwertbare Ergebnisse gebracht - auch das ist typisch für die bei Kritikern als heillos überschätzt geltende Rasterfahndung, die auch zu RAF-Zeiten erfolglos verpuffte. Die Fahndungserfolge, die deutsche Polizeibehörden bei der Verfolgung von Mitgliedern der Roten Armee Fraktion vorweisen können, wurden durch klassische Polizeimethoden erreicht. Einzig das Kölner Versteck des entführten Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer wäre beinahe entdeckt worden, doch die heiße Spur ging verloren.

Der technische Fortschritt könnte der Rasterfahndung jedoch mehr Biss verleihen. Die Möglichkeiten der Polizei in den siebziger Jahren waren noch sehr beschränkt, da sich den neugierigen Blicken nur Daten zu Stromrechnungen, Autobesitzern und Melderegistern öffneten. Heute ist dagegen so gut wie jeder Lebensbereich elektronisch erfasst. Fast alle Aktivitäten der Bürger lassen sich verfolgen. Die juristische Basis für die Rasterung sind der Paragraf 98 der Strafprozessordnung und entsprechende Regelungen in den Polizeigesetzen der Länder. Mit der Verabschiedung des "Terrorismusbekämpfungsgesetzes" darf jetzt auch der Verfassungsschutz ohne richterliche Anordnung die Daten von Banken, Telekommunikationsunternehmen und Fluggesellschaften durchforsten.

Polizeigesetze als Überraschungspaket

In der aktuellen Terroristenhysterie wird das Polizeigesetz immer mehr zur Wundertüte polizeilicher Maßnahmen. "Wir haben jetzt eine Rasterfahndungsbestimmung in unserem Polizeigesetz, die selbst die Polizei seinerzeit bei der Verabschiedung des Polizeigesetzes gar nicht für notwendig gehalten hatte", sagt Dr. Helmut Bäumler, ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein.

Manche "Restriktionen" laufen regelrecht auf eine Veralberung des Publikums hinaus. Man lese einmal Artikel 31 des Bayrischen Polizeiaufgabengesetzes. Da ist erst akribisch beschrieben, über welche Personenkreise die Polizei Daten erheben und verarbeiten darf. Und am Ende heißt es dann: "... und über sonstige Personen". Eine Begrenzungsfunktion polizeilicher Maßnahmen hat eine solche Vorschrift nicht.

Die Polizeigesetze der Länder bieten auch die Möglichkeit zur Videoüberwachung öffentlicher Räume. Es gibt in Deutschland kaum noch eine größere Stadt ohne videoüberwachte Plätze oder zumindest ohne eine Diskussion zur Einführung solcher Systeme.

Die Vorreiterrolle in Sachen Videoüberwachung übernahm die Stadt Leipzig, die seit 1995 öffentliche Plätze im Zentrum mit Kameras beobachten lässt. Große Widerstände dagegen gab es keine, obwohl an selber Stelle nur sechs Jahre zuvor Demonstranten von Stasi-Kameras ins Visier genommen worden waren. Mittlerweile sind viele Kommunen bundesweit dem Leipziger Modell gefolgt.

Einige deutsche Städte nähern sich immer mehr dem englischen Vorbild. Das Inselreich gehört zu den Ländern, die ihren Bürgern mit einem umfangreichen Überwachungssystem auf die Finger schauen. Die Londoner Innenstadt hat mit 800 Kameras auf 21 Quadratkilometern die höchste Kameradichte Europas und die britische Polizei testet derzeit ein System, mit dem die Autofahrer im Lande kontrolliert werden sollen. "Automatic Number Plate Recognition" verbindet die automatische Erkennung von Nummernschildern mit Fahndungs-, Zulassungs- und Versicherungscomputern. Es wird auf der britischen Insel immer schwieriger unbeobachtet seiner Wege zu gehen, egal ob zu Fuß, per Auto oder mit öffentlichen Verkehrsmitteln.

In Deutschland haben Datenschützer vor der Einführung des Mauterfassungssystem Toll Collect gewarnt, da sie eine totale elektronische Verkehrsüberwachung befürchten.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Bürgerrechte und Technik: Die Zukunft der Überwachung - Teil 2
Beitrag von: SiLæncer am 28 Dezember, 2004, 14:23
Wachsende Missbrauchsgefahr

Gesetzliche Regelungen zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität treffen immer öfter auch den normalen Bürger. Die zunehmende Verbreitung von Digitaltechnik bei Polizei, aber auch in Logistik und Verkehr schafft Missbrauchspotenziale: Ein Staat, der sie nutzt, könnte schnell zum "Big Brother" werden.

Vom 1. April nächsten Jahres dürfen Finanzämter und alle anderen Behörden, die sich mit dem Einkommen der Bürger beschäftigen, bundesweit Bankdaten aller Kontoinhaber abfragen. So können zum Beispiel die 660 Niederlassungen der Bundesagentur für Arbeit alle Angaben der Antragsteller zum Arbeitslosengeld II überprüfen. Diese umfassenden Überwachungsmöglichkeiten wurden politisch damit begründet, Geldflüsse von Terroristen zu rekonstruieren und die Geldwäsche der organisierten Kriminalität zu unterbinden.

Der Umgang mit der Überwachung von Telefongesprächen stimmt auch nicht besonders optimistisch, denn hier belegt Deutschland im internationalen Vergleich einen der vorderen Plätze. Lag die Zahl der Überwachungsmaßnahmen 1995 bei bescheidenen 4674 Anordnungen, so sind sie von 21.874 im Jahr 2002 im vergangenen Jahr weiter auf insgesamt 24.441 Anordnungen gestiegen. Eine Zunahme von mehr als 400 Prozent in weniger als einem Jahrzehnt.

Biometrie

Die Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland soll nicht nur guten Fußball zeigen, sondern die Verantwortlichen wollen auch mit technischen Innovationen glänzen. Neben der Einführung von personalisierten Eintrittskarten mit Funktranspondern will der Branchenverband Bitkom das Turnier zum Experimentierfeld für biometrische Überwachungsverfahren machen.

Die Personalisierung von Zutrittsmöglichkeiten greift auch im öffentlichen Raum weiter um sich. Bei der Weltmeisterschaft dürfen nur Fans mit einer Eintrittskarte ins Stadion, die mit einem Funkchip versehen ist und persönliche Angaben enthält. Was im Stadion beginnt, kann auch an anderen Orten eingesetzt werden, wie zum Beispiel in einem Kaufhaus oder einem Einkaufszentrum. Die Technologie kann im Extremfall als Zutrittsschranke funktionieren, die per sozialem Ausschluss nur kaufkräftige und konsumwillige Kundschaft zulässt.

Smart Tags

Die Zukunft gehört intelligenten Produkten, die mit kleinen Computerchips ausgerüstet sind. Unter dem Stichwort "pervasive computing" werden die Chips zu einem Netzwerk verbunden, das die Menschen in allen alltäglichen Situationen begleiten soll. Der Nutzen intelligenter Möbel soll unter anderem darin liegen, dass der Kühlschrank die Haltbarkeit der Lebensmittel kontrolliert. Eine harmlose Spielerei, die trotzdem ihr Quäntchen zu einem durchaus bedrohlichen Szenario beitragen kann.

Großkonzerne wie IBM, Hewlett Packard und Rank Xerox arbeiten an der Realisierung von miniaturisierten und miteinander kommunizierenden Mikrochips in Kleidung, Brillen, Haushaltsgeräten, anderen Einrichtungsgegenständen und dem menschlichen Körper. Das Unternehmen Applied Digital Solutions aus Delray Beach in Florida hat gerade die Zulassung der US-Arzneimittelbehörde (FDA) für die Vermarktung ihres "VeriChips" erhalten.

Der Chip in der Größe eines Reiskorns wird unter der Haut eingpflanzt und nutzt die RFID-Technik, um medizinische Daten seines Trägers per Funk zu übertragen. Die Einführung dieser Technik wird die Datenschutzprobleme verschärfen und die Unübersichtlichkeit verstärken, denn das Anlegen personenbezogener Datensammlungen droht durch "pervasive computing" zum Regelfall zu werden.

Was tun?

Seit vielen Jahren versuchen Politiker aller Parteien den Datenschutz einzuschränken und die staatliche Kontrolle zu steigern. Leistungsfähige Technik, riesige Datenbestände und die allgemeine Terrorismusangst machen möglich, wovon die staatliche Neugier bisher nicht zu träumen wagte.

Die Datenschützer geraten dabei immer weiter ins Hintertreffen und werden in der öffentlichen Diskussion als Blockierer wahrgenommen. Politiker und Sicherheitsbehörden nutzen die Angst vor Terroranschlägen zur Durchsetzung neuer Kontrollmöglichkeiten.

Die Bürger akzeptieren nach aktuellen Umfragen fast jede Überwachungsmaßnahme. Die Pläne zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten, das Ausspionieren der Flugreisenden und die Fingerabdruckpflicht für Ausweisdokumente führt zu keinerlei öffentlichen Proteststürmen.

"Wir können von Glück reden, dass die Polizei dieses Füllhorn an Befugnissen nach meiner Beobachtung - von Einzelfällen abgesehen - bislang nicht missbraucht hat", erklärt Helmut Bäumler, ehemaliger Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holstein. "Es ist ungewiss, wie lange und wie sicher wir uns darauf verlassen können, dass die Polizei keinen Unfug mit ihren vielen Befugnissen und Instrumenten macht".

Die polizeistaatlichen Möglichkeiten sind größer als je zuvor und hätten dem einstigen BKA-Chef Horst Herold sicher gefallen. In Steven Spielbergs Zukunftsvision "Minority Report" wird das System der präventiven Verbrechensbekämpfung am Ende abgeschafft. Damit entfernt sich der Regisseur von der literarischen Vorlage von Philip K. Dick, der dem Individuum keine großen Chance gegen ein unmenschliches System einräumte.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Bundestag bleibt bei Nein zur Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 26 Januar, 2005, 16:53
Der Rechtsausschuss des Bundestags hat sich am heutigen Mittwoch mit großer Mehrheit gegen Pläne des EU-Rates gestellt, Telcos und Internetprovider zur mindestens ein- bis dreijährigen Vorhaltung sämtlicher bei der Telekommunikation anfallender Verkehrsdaten zu verpflichten. Bei der im EU-Rat vorgeschlagenen Vorratsdatenspeicherung geht es um sämtliche Verbindungsdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen.

Die Rechtspolitiker nahmen nun einen gemeinsamen Antrag der Fraktionen von SPD, CDU/CSU und den Grünen an. Mit dem darauf basierenden Beschluss erinnert der Bundestag erneut an seine bei der Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) zum Ausdruck gekommene Ablehnung einer Mindestspeicherungsfrist für Verkehrsdaten. Gleichzeitig fordert er die Bundesregierung auf, "dies zur Grundlage ihrer Verhandlungen auf EU-Ebene zu machen".

Sollten in den anstehenden Beratungen in Brüssel "Rechtstatsachen dargelegt werden", die aus Sicht der Bundesregierung eine Überprüfung der im Rahmen der Beratungen zum TKG eingenommenen Position in dieser Frage notwendig erscheinen lässt, erwarten die Abgeordneten "eine unverzügliche Information" ihrer zuständigen Gremien. Damit wollen sie sich die Möglichkeit offen halten, eine erneute Stellungnahme abzugeben, welche "die Bundesregierung dann ihren weiteren Verhandlungen zu Grunde legen wird"- Anfang Dezember hatte sich auch der Innenausschuss einstimmig gegen die von der Wirtschaft und Datenschützern abgelehnte Datenjagd angesichts des momentanen Stands der Debatte ausgesprochen.

Die FDP-Fraktion hatte einen weitergehenden Antrag gestellt, mit dem der Rechtsausschuss den ursprünglich von Großbritannien, Frankreich, Irland und Schweden vorgelegten Entwurf für einen Rahmenbeschluss zur EU-weiten Vorratsdatenspeicherung (PDF) grundsätzlich ablehnen sollte. Die Bundesregierung sollte damit eindeutig aufgefordert werden, die Einführung der umstrittenen Maßnahme zur pauschalen Überwachung des Nutzerverhaltens über die EU-Gremien zu verhindern. Eine derartig umfassende Speicherung von Datentypen wie unter anderem "Internet-Protokolle einschließlich E-Mail, Datenübertragungs- und Netzübertragungsprotokolle, Sprachübermittlung über Breitband, Daten zur Umsetzung der Netzadresse" greife "unverhältnismäßig stark in die Privatsphäre der Nutzer ein", schrieb die FDP zur Begründung. Ein adäquater Nutzen für die Strafverfolgung sei dagegen nicht belegt. Der Antrag wurde angesichts der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse jedoch abgelehnt.

Bürgerrechtlicher appellieren derweil in einem offenen Brief auch an das Europaparlament, auf einen vergleichbaren Beschluss hinzuwirken. Die EU-Abgeordneten sollen den Ministerrat "klar und vorbehaltlos" auffordern, "von der Einführung einer Verkehrsdaten-Speicherungspflicht abzusehen." Im Einklang mit einem früheren Aufruf von rund 90 europäischen Bürgerrechtsorganisationen weisen der Frankfurter Jurist Patrick Breyer, der Chaos Computer Club (CCC), dergrossebruder.org, das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), das Institut für Bürgerrechte & öffentliche Sicherheit sowie STOP1984 darauf hin, dass eine Vorratsdatenspeicherung angesichts kaum zu erwartender Erfolge bei der Terrorismus- und Kriminalitätsbekämpfung unverhältnismäßig in die Menschen- und Bürgerrechte einschneide.

Es dürfe nicht sein, heißt es in dem Aufruf, "dass der auf demokratischem Weg in Deutschland gefundene Konsens, keine Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten einzuführen, durch einen hinter verschlossenen Türen gefassten Exekutivbeschluss des EU-Rates umgangen wird." Breyer hat zudem grundsätzliche Zweifel, ob das Ministergremium die Einführung von Mindestspeicherfristen überhaupt im Rahmen der so genannten Dritten Säule ohne tatsächliche Mitbestimmung des EU-Parlamentes fassen kann. Es handle sich nämlich "nicht um eine Maßnahme der Mitgliedsstaaten, sondern um eine Inanspruchnahme Privater."

Auf Zustimmung stieß der Brief bereits beim liberalen EU-Abgeordneten Alexander Alvaro. Ihm fehlen "insbesondere Angaben darüber, ob und in welchem Umfang die Zusammenarbeit der Mitgliedstaaten im Rahmen der Kriminalitätsbekämpfung tatsächlich beeinträchtigt wurde." Gangster und potenzielle Attentäter dürften seiner Ansicht nach "auf Grund neuerer technischer Mittel die Verfolgbarkeit ihrer Daten leicht zu verhindern wissen". Demgegenüber würden viele Unschuldige pauschal überwacht.

Daneben befürchtet Alvaro "enorme Belastungen für die europäische Telekommunikationsindustrie". Alleine bei größeren Festnetz- und Mobilfunkunternehmen im Bereich der klassischen leitungsvermittelnden Telefonie sei zu erwarten, dass pro Jahr um die fünfhundert Milliarden zusätzlich zu speichernde Datensätze mit einem Datenvolumen von rund 8 Terabyte entstehen. Die Justiz- und Innenminister der EU halten bislang trotzdem an der Einführung der umstrittenen Maßnahme möglichst noch vor dem Sommer fest. Sie haben sich allein dahingehend verständigt, die bisherigen Vorschläge aus den Reihen des EU-Rats zu konkretisieren.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/55575
Titel: BamS: Minister streben weiter nach Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 13 März, 2005, 11:24
Bundesinnenminister Otto Schily und Justizministerin Brigitte Zypries verhandeln nach Informationen der Bild am Sonntag mit Telefonunternehmen über eine längere Speicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten. Es gehe darum, einen Rahmenbeschluss für die Europäische Union vorzubereiten, der den Behörden im Kampf gegen Terror und Kriminalität helfen soll. Geprüft werde, ob die Verbindungsdaten für Telefongespräche, SMS-Botschaften und Internetverkehr künftig bis zu 12 Monate zentral gespeichert werden sollen. Ähnliche Bestrebungen wurden 2004 vom Parlament im Zuge der Änderungen des Telekommunikationsgesetz abgelehnt.

Laut BamS trafen sich Schily und Zypries im Februar mit Industrievertretern, unter ihnen Telekom-Chef Kai-Uwe Ricke. Nach Angaben des Blattes zeigte sich Ricke bereit, Telefonverbindungsdaten unter bestimmten Bedingungen künftig bis zu 6 Monate zu speichern. Bisher gilt eine Frist von höchstens 90 Tagen. Bayerns Innenminister Günter Beckstein (CSU) unterstützte - wie schon im Vorjahr - die Pläne: "Der Zugriff auf diese Daten ist ein besonders wichtiges Instrument zur Bekämpfung von Straftaten, insbesondere von organisierter Kriminalität und Terrorismus. Es ist gut, dass auf EU-Ebene eine Mindestspeicherfrist von 12 Monaten in Angriff genommen wird", sagte er dem Blatt. Gespeichert werden sollten aber nur die Nummern und Internetadressen, nicht die Inhalte von Gesprächen oder E-Mails.

Wirtschaftspolitiker und Datenschützer sprechen sich gegen solche Überlegungen aus. Der SPD-Telekommunikationsexperte Hubertus Heil sagte der Zeitung: "Die Innenminister wollen ein teures Spielzeug, das die Unternehmen belastet und den gläsernen Menschen schafft." Der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag, erklärte: "Wir würden in einem Datenmeer ersaufen, weil kein Computer solche Mengen verarbeiten kann." Auch der Wirtschaftsausschuss des Bundestages hatte gegen die Vorratsdatenspeicherung gestimmt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Absprachen über Vorratsdatenspeicherung lösen Empörung aus
Beitrag von: SiLæncer am 14 März, 2005, 17:57
Die Vereinbarungen zwischen Bundesministern und der Deutschen Telekom über bis zu zwölfmonatige Speicherfristen von Telekommunikationsverkehrsdaten stoßen bei Datenschützern, Parlamentariern und im Rest der Branche auf teils heftige Kritik. "Es kann nicht sein, dass wir zig Millionen Deutsche ein Jahr unter einen Generalverdacht stellen und unbescholtene Bürger wie Kriminelle behandeln", empört sich der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin. "Die geplante Ausweitung der Überwachungsverpflichtungen stellen für die Wirtschaft untragbare Mehrbelastungen dar", sagt Jan Mönikes, Geschäftsführer der Initiative Europäischer Netzbetreiber. Mit großen TK-Firmen wie der British Telecom, Colt oder Versatel sei nicht gesprochen worden. Mönikes warnt: "Angesichts des Jobgipfels der Bundesregierung mit der Opposition am Donnerstag ist das ein absolut falsches Signal."

Bundesjustizminister Brigitte Zypries, ihr Kollege aus dem Bundesinnenministerium, Otto Schily, sowie Vertreter von Sicherheitsbehörden hatten im vergangenen Monat das heftig umstrittene Thema der Vorratsdatenspeicherung mit dem Altmonopolisten besprochen. Hintergrund sind die aktuellen Gesetzgebungspläne auf EU-Ebene. Dabei geht es um die Verpflichtung von Telcos und Providern, sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung aller Internet- und Telefon-Dienste anfallen, über bis zu drei Jahre hinweg vorzuhalten für Zwecke der Strafverfolgung. Momentan erarbeitet die EU-Kommission einen neuen Vorschlag, in dem sie dem Brüsseler Flurfunk zufolge Speicherfristen von einem Jahr vorsieht. Die Anforderungen der deutschen Strafverfolgungsbehörden gehen nicht so weit.

Laut eines Ergebnispapiers der Hinterzimmergespräche mit der Telekom, das heise online vorliegt, drängen die Ermittler und Geheimdienste auf eine Speicherdauer von 180 Tagen für IP-Adressen und Login-Daten, die Verbindungsdaten bei einem Festnetzgespräch sowie im Mobilfunkbereich überdies die Standortkennung sowie "gegebenenfalls Kartennummer (IMSI) oder Kennung der Endeinrichtung (IMEI)". Die Telekom soll sich bereit erklärt haben, die entsprechenden persönlichen Daten für diese Zeitlänge zu archivieren. Momentan speichert sie der Konzern 90 Tage. Entgegen der Vorgaben der Sicherheitsbehörden liebäugeln Schily und Zypries mit der einjährigen Lagerhaltung.

Der Innenminister hatte am gestrigen Sonntag am Rande der CeBIT erklärt, die Ermittler müssten "alle Möglichkeiten nutzen, um an die Planung von Verbrechen mit terroristischen Aktionen heranzukommen. Die Verhandlungen mit der Wirtschaft seien aber "noch nicht am Ende". Laut Branchenverbänden haben sie jedoch noch gar nicht wirklich begonnen. "Wir sind überrascht, dass die Linie der Bundesregierung anscheinend schon steht", erklärte Hannah Seiffert, Justiziarin beim Verband der deutschen Internetwirtschaft eco. Auch für den Bitkom, der kürzlich vor den hohen Kosten und den datenschutzrechtlichen Folgen der Vorratsdatenspeicherung gewarnt hatte, bleiben die auf EU-Ebene diskutierten Pläne "in dieser allumfassenden Form völlig inakzeptabel". Im Dialog mit der Politik würden momentan die gegenseitigen Argumente ausgetauscht, erläutert der Bitkom-TK-Experte Volker Kitz. "Geheimverhandlungen" gebe es aber nicht.

Die Weichen scheinen trotzdem bereits weitgehend gestellt zu sein. Der nordrhein-westfälische Innenminister Fritz Behrens (SPD) begrüßte zumindest bereits die Pläne zur längeren Datenspeicherung, die seiner Ansicht nach keinen tieferen Eingriff in die Grundrechte darstellen. "Herrn Schily geht es um einen weiteren Schritt zum totalen Überwachungsstaat", hält der FDP-Politiker Mertin dagegen. Deutschland werde zum "unrühmlichen Vorreiter" auf dem Weg in die Big-Brother-Gesellschaft. Einer effektiven Kriminalitätsbekämpfung diene das Vorhaben aber nicht, da die Behörden nur irgendwann im Datenmüll ersticken würden. Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar lehnt eine "flächendeckende Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten" weiterhin entschieden ab und empfiehlt der Politik, endlich über Alternativen wie eine fallabhängige "Quick Freeze"-Speicherung nachzudenken.

Die Woge der Empörung schwappt besonders hoch, weil sich im Bundestag noch Mitte Februar alle Fraktionen erneut entschieden gegen die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen haben. Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz wirft den Bundesministern daher "Verrat an den Interessen" des Parlaments vor. Die im Raum stehende einjährige Speicherung würde vor allen Dingen die Bürger über die erhöhten Kosten der Telefongesellschaften treffen. Der innenpolitische Sprecher der Liberalen im EU-Parlament, Alexander Alvaro, kritisiert zudem, "dass dieser Plan einer totalen Überwachung aus juristischer, technischer und ökonomischer Sicht auf absolut wackeligen Beinen steht". Auch der TK-Verband der Telekom-Wettbewerber, der VATM, fordert die Bundesregierung auf, beim Bundestagsbeschluss zu bleiben. Es wäre den Bürgern und Unternehmen nicht zu vermitteln, wenn über die EU eine gegenteilige Regelung eingeführt würde.

Quelle : www.heise.de
Titel: Polizei fürchtet Anonymität und Kryptographie im Netz
Beitrag von: SiLæncer am 06 April, 2005, 16:28
Als große "Grauzone der digitalen Welt" bezeichnet Harald Lemke, Staatssekretär im hessischen Innenministerium, die Möglichkeit zur Anonymisierung von Kommunikationsspuren im Cyberspace. "Das Internet 2010 ist anonym, alles ist verschlüsselt", warnte der Politiker am heutigen Mittwoch die rund 1000 Teilnehmer des 8. Europäischen Polizeikongresses in Berlin. Er warf die Frage auf, wie da die "öffentliche Sicherheit und Ordnung in dieser Nebenwelt sicher zu stellen sind" und sprach von einer enormen "strategische Herausforderung". Ein großer Dorn im Auge ist Lemke daher insbesondere, dass vom Bundeswirtschaftsministerium finanzierte Forschungsprojekte wie AN.ON nur "das einzige Ziel haben, anonymes Surfen zu erlauben".

"Glücksspiel und virtueller Sex wird von einer global agierenden Industrie angeboten, die von ständig wechselten Lokationen aus agiert", malte Lemke sein Szenario aus. Dabei unternahm er auch einen "Abstecher in widerwärtigste Form der Internet-Kriminalität: die Kinderpornographie". Heute würde man in diesem Feld die Täter zwar "alle kriegen", wie der Spiegel jüngst titelte. Aber nur, schränkte Lemke ein, "solange sie dumm und bequem sind". Müssten sie doch nur zum Datenschutzzentrum in Schleswig-Holstein gehen, empörte sich der Staatssekretär über den AN.ON-Projektpartner, um dort "praktische Hilfestellungen" zum Kaschieren ihrer Kommunikation zu bekommen. Dass man bei den Datenschützern sogar "gerichtliche Erfolge gegen das BKA feiert", könne selbst ihn als Norddeutschen "emotional machen". Denn was könne man der Bevölkerung noch bei einem Terroranschlag sagen oder einem Kleinkind, "das missbraucht wird", wenn die Taten über "steuerlich geförderte Internet-Kaskaden verschleiert werden"? Aber auch ohne Mittel vom Staat werde die Telekommunikationswelt auf Voice-over-IP (VoIP) umgestellt, wo sich jegliche Unterhaltung "mit einfachsten Mitteln" verschlüsseln lasse.

Mehr als um Kinderschänder sorgt sich Lemke angesichts dieses sich abzeichnenden abgeschirmten Netzes um die effektive Bekämpfung von Organisierter Kriminalität und Terrorismus. "Hier können wir uns nicht mehr auf die Dummheit und Bequemlichkeit der Täter verlassen", erklärte der Staatssekretär. Diese würden vielmehr die technischen Möglichkeiten sehr schnell adaptieren. "Terroristische Strukturen werden an den Kommunikationsstrukturen ansetzen", ist sich Lemke sicher. Weitere Einschnitte in die Bürgerrechte scheinen ihm daher unerlässlich: "Wer den globalen Cyberspace 2010 nur unter den Blickwinkel Privacy betrachtet, verabschiedet sich von jeder ernsthaften Debatte", sagte der E-Government-Beauftragte Hessens. Eine verantwortungsvolle Sicherheitspolitik müsse den Schutz der Privatsphäre gegen Risiken unkontrollierbarer Infrastruktur abwägen.

Die von der Politik in Brüssel und Berlin geforderte Einführung einer Vorratsdatenspeicherung im TK-Bereich sieht Lemke allerdings nicht als Allheilmittel im Kampf gegen Kriminalität und Terrorismus. Allein über die Proxy-Server der Deutschen Telekom seien 2004 pro Sekunde eine Million der angeforderten reinen Verkehrsdaten ohne die eigentlichen Kommunikationsdaten gelaufen, stellte er klar. Bei dem prognostizierten Wachstumsfaktor 100 wären dies im deutschen Internet 2010 rund 24 Millionen Terabyte jährlich. Eine Speicherung dieser Daten würde trotz eines einberechneten rasanten Preisverfalls bei Festplatten gut 220 Milliarden Euro im Jahr verschlingen. Und damit seien die Datenmengen noch nicht einmal für die Auswertung indexiert. Lemke betonte daher, dass er "das aktuelle Thema Vorratsdatenspeicherung nicht diskreditieren" wolle. "Aber sie allein löst unser Problem nicht."

Die Polizei müsse insgesamt informationstechnisch weiter aufrüsten, da die Informationsverarbeitung der Kernprozess ihrer Arbeit sei. Gefragt sind laut Lemke nicht nur "leistungsfähige Werkzeuge zur Auswertung größter Datenmengen", sondern auch "effiziente Formen internationaler Zusammenarbeit" und direkt vernetzte, Hierarchien hintanstellende Online-Polizeistreifen. Der Staatssekretär warnte in diesem Zusammenhang davor, sich momentan nur auf den Ausbau des digitalen Behördenfunks zu konzentrieren. Vielmehr müssten alle täglichen Arbeitsabläufe der Polizei etwa durch ein standardisiertes Dokumentenmanagement oder die Integration unterschiedlicher Melderegister in Polizeisysteme weiter verbessert werden. Die knappen zur Verfügung stehenden Gelder würden dabei aber nur "suboptimal" ausgegeben. "Wir leisten uns in Deutschland den Luxus von neun Vorgangsbearbeitungssystemen", monierte Lemke. Drei würden reichen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re:Polizei fürchtet Anonymität und Kryptographie im Netz
Beitrag von: Jürgen am 07 April, 2005, 01:04
Ich glaube, das ganze Gerede um Terrorismus ist nur vorgeschoben.
Für solche Übeltäter gibt es immer noch genug unkontrollierte Kommunikationswege, z.B. über Handys von Strohmännern ("freigeschaltete" Prepaid-Karten und Geräte "vom Flohmarkt"), Telefonzellen diverser Provider, Internet-Cafes und öffentliche -Terminals, Kassiber aller Art, Mehrfach-Verschlüsselung, Camouflage, Nutzung vorher verabredeter Stichworte etc. pp.

Die Massnahmen richten sich gegen die Masse der  unbescholtenen Bürger, Terroristen  und Wirtschaftskriminelle werden sich weiterhin zu tarnen wissen.
Man wird niemals erreichen, alle schwer-kriminellen Verabredungen aufzudecken, aber elememtare Bürgerrechte gehen mit der zunehmenden Überwachung zum Teufel.
Dagegen waren Stasi und die Überwachungsorgane der 1000 Jahre Waisenknaben, George Orwells 1984 ein alter Hut...
Titel: Re:Polizei fürchtet Anonymität und Kryptographie im Netz
Beitrag von: Schneemann am 07 April, 2005, 16:53
Ich kann Jürgen nur vollinhaltlich zustimmen. Für manche ist eben unerträglich, wenn um sie herum etwas passiert, was sie nicht kontrollieren können.
Bekanntlich agieren die Bösewichter und die Polizei reagiert nur. Angesichts der komatös leeren Staatskassen erst recht.
Titel: EU-Verhandlungen zur Vorratsdatenspeicherung verzögern sich
Beitrag von: SiLæncer am 08 April, 2005, 06:41
Nach Informationen der "European Digital Rights"-Initiative (EDRi) werden die Justiz- und Innenminister nicht wie zunächst geplant am 14. April auf ihrer Ratssitzung in Brüssel weiter am heißen Eisen der Vorratsspeicherung sämtlicher bei der Telekommunikation anfallender Verbindungs- und Standortdaten schmieden. Die Ursache für die Verzögerung liegt demnach in der noch ausstehenden Klärung zahlreicher offener Fragen zu der pauschalen Überwachungsmaßnahme in der vorbereitenden Ratsarbeitsgruppe zur Kooperation in Kriminalfragen. Auf ihrer letzten entscheidenden Sitzung Anfang März konnten die Abgesandten der Mitgliedstaaten keine einheitliche Linie finden. Die Arbeitsgruppe soll nun am 19. April das Thema erneut behandeln. Die Luxemburger Ratspräsidentschaft sowie das Bundesjustizministerium wollten zu den sich abzeichnenden Verzögerungen am heutigen Donnerstag keine Stellung beziehen.

Ein Protokoll der zweitägigen Besprechungen auf der Arbeitsebene im März, das der EDRi in die Hände gespielt wurde, gibt Aufschluss über die Unstimmigkeiten. Wie eine Regelung einer Kostenübernahme für die Anlage der gewaltigen Datenberge durch die TK-Wirtschaft aussehen könnte und ob diese überhaupt in dem angestrebten Rahmenbeschluss erwähnt werden soll, ist demnach noch unklar. Die Luxemburger haben sich bisher nur dazu durchgerungen, dass der Kostenaspekt nicht gänzlich ignoriert werden kann. Den Rest wollen sie den Mitgliedsstaaten überlassen. Tschechien ist derweil das erste EU-Land, das Providern vom 1. Mai an sämtliche Ausgaben für eine Datenvorhaltung für Sicherheitsbehörden sowie fürs Abhören der Telekommunikation erstatten will.

Die Tschechen haben daher darauf gedrängt, Speichervorschriften unterhalb von sechs Monaten zuzulassen. Deutschland bestand aber auf diesem Minimum. Bei der Obergrenze scheint sich Italien dagegen mit einer Dauer von bis zu 48 Monaten durchgesetzt zu haben. Vertreter der Bundesregierung präsentierten zudem das "Kompromisspapier", welches das Bundesjustiz- und Bundesinnenministerium jüngst mit einer Handvoll größerer Anbieter ausgearbeitet hatte. Eine zu konkrete und technische Liste der zu speichernden Verkehrsdaten erschien manchen Ländern aber bedenklich. Auch mit dem Vorschlag, Ermittlern nur bei "schweren" Vergehen Zugang zu den Datenlagern zu gewähren, stießen die Deutschen auf wenig Gegenliebe. Ob Anbieter die Daten für eigene Marketingzwecke nutzen dürfen sollen, wie dies Schweden und Luxemburg fordern, ist ebenfalls noch nicht ausgemacht. Generell scheinen sich die Minister von den Bedenken aus der Kommission und dem EU-Parlament, dass ihr Rahmenbeschluss größtenteils keine rechtliche Basis haben würde, nicht irritieren zu lassen. Bis Gerichte entscheiden würden, heißt es bei der EDRi, wären die Vorgaben auch schon in nationales Recht umgesetzt und würden dann kaum noch revidiert.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesregierung rüstet weiter für die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 13 April, 2005, 16:28
Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) hat unter Telekomunikationsanbietern im Bereich Fest- und Mobilnetz sowie unter Internetprovidern eine Umfrage zum heftig umstrittenen Thema der Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten, die bei allen Formen der Telekommunikation anfallen, gestartet. "Die Bundesregierung benötigt vor weiteren Beratungen auf EU-Ebene eine Abschätzung über die den Telekommunikationsunternehmen für die Umsetzung dieser Anforderungen entstehenden Aufwände", heißt es im Anschreiben der Sondierung. Eine Vorentscheidung über die Einführung derartiger Pflichten sei damit nicht verbunden, stellt die vom Bundeswirtschaftsministerium beauftragte Behörde klar. Eine Teilnahme ist bis zum 1. Mai möglich.

In dem Fragebogen, den der Chaos Computer Club auf seiner Website veröffentlich hat (PDF), will die RegTP unter anderem wissen, ob die Firmen bereits ein System zur Speicherung von Verkehrsdaten in Betrieb haben. Insbesondere geht es dabei auch um die Abschätzung der Kosten, die eine Aufrüstung vorhandener oder der Aufbau neuer Speicherinfrastrukturen verschlingen würde. Ferner möchte die Regierung wissen, ob die Ablage und Übermittlung der Daten in bestimmten Formaten und Diensten -- via E-Mail, Fax oder Postversand -- die Kosten drücken könnte.

Dabei geht man in Berlin davon aus, dass Auskunftsersuchen nur zu den üblichen Geschäftszeiten, die Antworten aber "grundsätzlich unverzüglich erfolgen" sollen. Genauere technische Anforderungen oder Vorgaben für die Antwortzeiten werde es aber nicht geben. Auskünfte sollen dabei auch über die von den Anbietern besonders gefürchtete "Zielwahlsuche" erteilt werden, bei denen jegliche Anrufe, die eine bestimmte Nummer erreichen, aus der vollständigen Datenbank der gespeicherten Verbindungen herausgefischt werden müssen. Bei dieser Form der "Rasterfahndung" geraten zwangsweise auch viele Adressen unverdächtiger Personen ins Visier der Ermittler. Ob die Maßnahme der Vorratsdatenspeicherung und ihrer Nutzungsmöglichkeiten überhaupt verhältnismäßig oder verfassungsgemäß ist, thematisiert der Fragebogen nicht.

Als allgemeine Grundlage legt die Regulierungsbehörde die Liste der Daten zu Grunde, auf die sich deutsche Telekomgrößen mit den Strafverfolgern bei Gesprächen mit dem Bundesministerien für Justiz und Inneres Ende Februar zur Empörung von Konkurrenten, Datenschützern und Bundestagspolitikern hinter verschlossenen Türen verständigt hatten. Für ein halbes Jahr sollen die Unternehmen demnach IP-Adressen und Login-Daten, Verbindungsdaten bei einem Festnetzgespräch sowie im Mobilfunkbereich überdies die Standortkennung sowie "gegebenenfalls Kartennummer (IMSI) oder Kennung der Endeinrichtung (IMEI)" vorhalten.

Die in Brüssel momentan diskutierten Papiere gehen aber deutlich darüber hinaus, insbesondere was die angeforderten Daten betrifft. Es geht um sämtliche Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Zudem soll die "normale" Speicherfrist mindestens ein Jahr betragen. Die Verhandlungen in Brüssel verzögern sich momentan aber, weil sich die Mitgliedsstaaten über zahlreiche prinzipielle Fragen der Maßnahme noch nicht einig sind.

Wie Statewatch betont, haben inzwischen auch die Rechtsdienste sowohl des EU-Rates als auch der EU-Kommission die juristische Basis des geplanten Rahmenbeschlusses des Ministergremiums angezweifelt. Wie der Koordinator der Vorratsdatenfrage im EU-Parlament, Alexander Alvaro, sind sie zu der Auffassung gekommen, dass statt dem Rat hauptsächlich die Binnenmarktkommission über die Datenspeicherung entscheiden sollte. Diese hat den Mitgliedsstaaten allerdings bereits im Rahmen der 2002 verabschiedeten Richtlinie zur Verarbeitung personenbezogener Daten die Möglichkeit eingeräumt, ihre TK-Anbieter zu einer Vorratsdatenspeicherung zu verpflichten. Tony Bunyan von Statewatch fordert daher, dass der neue Vorstoß aus Brüssel gänzlich zurückgezogen werden sollte. Seiner Ansicht nach haben die Strafverfolgungsbehörden bereits alle Befugnisse, die sie brauchen. Andererseits müssten die Nutzer bald ihre eigene Überwachung durch die Privatwirtschaft im Staatsauftrag bezahlen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Ministerium prüft Protokollierung von Verbindungsdaten bei Anonymisierungsdienst
Beitrag von: SiLæncer am 13 April, 2005, 16:54
Das Bundesinnenministerium denkt daran, Anonymisierungsdienste zur Protokollierung von Verbindungsdaten zu verpflichten. Dies geht aus einer Fußnote im Anhang der Umfrage der Regulierungsbehörde zur Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten hervor. Darin heißt es: "In Fällen, in denen die vom Internet-Access-Provider ursprünglich vergebene IP-Adresse durch Proxyserver oder Anonymisierungsdienste verändert wurde und die ursprünglich vergebene IP-Adresse nicht im Header mitgeliefert wird, sollten diese Proxyserver oder Anonymisierungsdienste aus fachlicher Sicht ebenfalls zu einer Protokollierung verpflichtet werden. Diese Frage bedarf noch näherer Prüfung."

Andreas Pfitzmann, technischer Projektverantwortliche für Deutschlands einzigen Anonymisierungsdienst AN.ON, wies gegenüber heise online darauf hin, dass "eine Speicherpflicht den Betrieb eines Anonymisierungsdienstes erheblich teurer" mache: "Wir haben fünf Mixbetreiber hintereinander, jeder ist verpflichtet zur Vorhaltung. Damit ist es etwas anderes, wenn man bei fünf Leuten nachfragen muss und nicht bei einem." Auch der schleswig-holsteinische Landesdatenschützer Thilo Weichert gab zu bedenken, dass der Datenzugriff nur dann erfolgreich sein kann, wenn sämtliche hintereinanderliegenden Zwischenstationen (Mix-Kaskaden) in Deutschland stünden. AN.ON bietet verschiedene Mix-Kaskaden an, die teilweise nur über inländische Server, teilweise aber auch über Server im Ausland gehen. Derzeit gibt es einen Server in New York, weitere Server sind in der Schweiz und in Südkorea geplant.

Pfitzmann prophezeit denn auch, dass "der Gewinn für die Strafverfolgung gering sein dürfte, da bei unserem Dienst der Datenverkehr binnen kürzester Zeit komplett über das Ausland geroutet werden würde." Er präzisierte, dass dies aber nicht die Entscheidung der Betreiber, sondern die der Nutzer sein würde: "Wenn wir nur eine Mix-Kaskade anbieten, die über das Ausland geht, werden die Nutzer natürlich diese wählen. Anderenfalls müssten wir die Auslandskaskaden dicht machten, wozu wir uns aber nicht verpflichtet fühlen." Pfitzmann hält den Betrieb eines Anonymisierungsdienstes aber auch dann für sinnvoll, wenn es weltweit die gleiche Rechtssituation gäbe. Denn auch dann würde er immer noch die Nutzerdaten gegenüber Unbefugten wie Geheimdienste und andere Lauscher schützen.

Laut eines Sprechers der Regulierungsbehörde wurde der fragliche Anhang vom Bundesinnenministerium verfasst, deshalb wolle man dazu keine Stellung nehmen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums verneinte gegenüber heise online, dass die Einführung einer generellen Protokollierungspflicht der Anonymisierungsdienste geplant oder geprüft werde: "Nur wenn konkrete Hinweise etwa auf die gewerbsmäßige Verbreitung von Kinderpornographie oder auf andere Delikte des einschlägigen Straftatenkatalogs vorliegen, kann das Bundeskriminalamt oder die Staatsanwaltschaft eine Protokollierung beantragen", erläuterte der Ministeriumssprecher den rechtlichen Status quo. In der Folge werde nur für die verdächtige Person eine Protokollierung der Verbindungsdaten vorgenommen.

Das Bundesinnenministerium prüfe derzeit, ob diese gezielte Protokollierung von Verbindungsdaten verdächtiger Nutzer derzeit überhaupt noch möglich ist. Dabei gehe es darum, ob neue Anonymisierungsdienste ein solches Vorgehen zuließen beziehungsweise neue Anonymisierungstechniken dies verhinderten. "Die Entwicklung in diesem Bereich schreitet rasch voran", erklärte der Sprecher. Eine Änderung der geltenden Rechtslage sei aber nicht geplant.

Die Anfang April von AN.ON eingeführte neue Version der Anonymisierungssoftware macht im Übrigen Sperrungen durch einzelne Länder nach Angaben von Entwickler Stefan Köpsell "extrem aufwendig und damit praktisch unmöglich". Nach Angaben von Köpsell nutzen zurzeit etwa 2000 bis 3000 Menschen den Anonymisierungsdienst gleichzeitig. Monatlich rufen sie über 200 Millionen Internet-Adressen anonym ab. Die Software wurde bereits über eine Million Mal heruntergeladen. Damit die neue zensurresistente Version funktioniert, müssen die Nutzer dem neuen Feature explizit zustimmen. "Denn ihr Rechner soll in einer Art Peer-to-Peer-Netz als alternativer Zugangspunkt zu unserem Anonymisierungsdienst dienen", erläutert Köpsell.

Der Sprecher der Regulierungsbehörde bezeichnete die Umfrage zur Vorratsdatenspeicherung als sinnvoll. Mit ihrer Hilfe würden endlich die Fakten über das tatsächliche Ausmaß einer Vorratsspeicherung der Verbindungs- und Standortdaten über den Zeitraum von sechs Monaten bekannt. Er bezweifelte jedoch, dass die Ergebnisse veröffentlicht werden würden. Auch eine Studie zu den Kosten der Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV) war nicht veröffentlicht worden -- angeblich hatten beteiligte TK-Firmen dagegen protestiert. Nennenswerte Kosten waren damals in der Studie vom Marktführer Deutsche Telekom genannt worden. Der Bonner Konzern hätte, wie Insider damals vermuteten, wohl im Falle einer Veröffentlichung eine Gewinnwarnung herausgeben müssen. Eine Studie zu den Verbindungsdaten würde wohl ebenfalls Betriebsgeheimnisse offenbaren, da sie Auskunft über die seitens eines Unternehmens abgewickelten Datenvolumen geben würde.

Quelle : www.heise.de
Titel: "Albtraum Vorratsdatenspeicherung"
Beitrag von: SiLæncer am 03 Mai, 2005, 16:09
Die Pläne des EU-Rates, Telekommunikationsanbieter zur pauschalen Überwachung sämtlicher Datenspuren ihrer Nutzer über Monate und Jahre hinweg zu verpflichten, stießen am heutigen Dienstag im EU-Parlament in Brüssel auf heftigen Widerstand. Bei einer Anhörung der liberalen Fraktion sprachen sich Vertreter der Wirtschaft und der Zivilgesellschaft entschlossen gegen das heftig umstrittene Vorhaben aus, bei dem es um die Speicherung sämtlicher Verbindungsdaten geht, die bei der Abwicklung von Diensten im Bereich Sprachtelephonie und Internet anfallen. Das "wirtschaftspolitische Thema allererster Güte" betreffe nicht nur die Unternehmen, "sondern auch und insbesondere die Nutzer von Telekommunikationsdienstleistungen", stellte etwa Christiane Eichele im Namen des Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI) und der Union of Industrial and Employers' Confederations of Europe (UNICE) klar. Der mit der Überwachung einhergehende Vertrauensverlust berge die Gefahr, "dass die Weiterentwicklung der Informationsgesellschaft nachhaltig gehemmt wird".

Die Frage des "Ob" einer Vorratsdatenspeicherung ist für Eichele noch lange nicht entschieden. Der Ministerrat und das Parlament haben ihrer Ansicht nach "das Recht und die Pflicht, erst nach einem demokratisch legitimierten Diskussionsprozess" über die Einführung der kostspieligen Maßnahme zu entscheiden. Auch der EU-Kommission, die momentan an einem eigenen Gesetzgebungsvorschlag arbeitet und mit einer einjährigen Speicherpflicht liebäugelt, warf die Industriegesandte vor, noch keine solide "Rechtsfolgenabschätzung" durchgeführt zu haben. Ein "ausführlicher und konkreter Dialog mit allen Beteiligten" habe noch gar nicht stattgefunden. Generell würde eine Vorratsdatenspeicherung laut Eichele "neue, die Wirtschaft belastende, Maßnahmen" mit sich bringen. Von einer "Harmonisierung" in der EU könne dagegen keine Rede sein, da noch kein Mitgliedsland eine entsprechende umfassende Verpflichtung fest implementiert habe.

Fabian Fahr vom Branchenverband Bitkom ging auf die "mysteriöse deutsche Liste" ein, die als "Kompromisspapier" aus Verhandlungen einer Handvoll größerer Telcos mit der Bundesregierung hervorgegangen sein soll. "Die Industrie hat zu gar nichts zugestimmt", betonte er. Allein die Strafverfolger hätten sich in einem Dokument mit der halbjährlichen Speicherung eines begrenzten Umfangs von Verbindungs- und Standortdaten zufrieden gegeben, gegenüber dem sich die Wirtschaft aber ebenfalls noch reserviert gezeigt habe. Sollte eine Vorratsdatenspeicherung trotzdem weiter politisch gewünscht werden, dürfte sie 180 Tage nicht überschreiten und müsste mit einer "vollen Entschädigung" der betroffenen Firmen einhergehen. Die Lagerung von Informationen über fehlgeschlagene Anrufversuche, der IP-Datenkommunikation im Internet sowie von Standortdaten dürfte zudem auf keinen Fall verlangt werden.

Scharfe Kritik übte auch Klaus Landefeld, Vorstandmitglied im europäischen Providerverband EuroISPA. Er wies auf zahlreiche Unklarheiten im aktuellen Entwurf für einen Rahmenbeschluss hin. So sei im Zusammenhang mit der geforderten Datenspeicherung einmal von allen "öffentlich verfügbaren elektronischen Kommunikationsdiensten" unter der Aufführung sämtlicher Internetdienste von E-Mail über ftp bis hin zu VoIP die Rede. An anderer Stelle würden "Dienste der Informationsgesellschaft" aber ausgenommen. Zudem wies er auf technische Probleme für die Provider hin: Angesichts der Wunschliste bräuchte schon ein mittlerer Netzanbieter unter Berücksichtigung der Zunahme des Datenverkehrs "300 oder 600 mal" mehr Speicherkapazität als heute, um den Auflagen Folge zu leisten. Angesichts der Datenmengen würden die Kosten dafür disproportional in die Höhe wachsen und den Providern bis zu "1200 mal" höhere Rechnungen bescheren. Es handle sich zudem um Rohdaten, die zunächst allein maschinenlesbar seien.

Gus Hossein von Privacy International malte zudem auf Basis einer Stellungnahme zahlreicher Bürgerrechtsorganisation ein dunkles Bild des Überwachungskomplexes, in den sich die EU mit der Beschattung sämtlicher Bewegungen der Nutzer elektronischer Medien verwandeln würde. Ähnlich bezeichnete auch Andreas Gebhard vom Newthinking Network in Berlin die Vorratsdatenspeicherung als "Albtraum der Zivilgesellschaft". Als "Horrorvorstellung" empfindet er es insbesondere, dass trotz der breit aufgestellten Front gegen die Maßnahme Rat und Kommission weitgehend unbekümmert die Gesetzgebung weiter vorantreiben. Dies werfe kein gutes Licht auf die demokratische Entwicklung der EU. Alexander Alvaro, Berichterstatter für den Rahmenbeschluss im EU-Parlament und Mitglied der Liberalen, hat den Ministerrat bereits offiziell aufgefordert (PDF-Datei), seinen Vorstoß zurückzuziehen. Doch davon wollen die Regierungsvertreter der Mitgliedsstaaten bislang nichts wissen.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/59255
Titel: Re:"Albtraum Vorratsdatenspeicherung"
Beitrag von: Jürgen am 04 Mai, 2005, 01:32
Sollte all' dieser Bockmist wahr werden, wird kein einziger Terrorist mehr gefasst.
Es gibt nämlich genug Handys mit Anmeldung auf Strohmänner, sowie öffentliche Terminals und nicht zuletzt Telefonzellen und Briefkästen.
Dafür wären die Zeiten kostenloser E-Mail und billiger CbC-Provider vorbei, für Alle würde zudem der alte Spruch aktueller denn je:
Der Feind hört mit!

Wollen die Betroffenen solcher Wahn-Ideen wirklich in die Zeit zurück?
Nichts aus der Geschichte gelernt?
Gar nichts ? ? ?

Wer dem ganzen Volk misstraut, soll sich, verdammt nochmal, ein anderes suchen !!!
Geht mit Schill, aber geht!
Titel: Re:"Albtraum Vorratsdatenspeicherung"
Beitrag von: lucky am 04 Mai, 2005, 14:52
Bravo Jürgen,

am schlimmsten finde ich nach wie vor, das unsere Gesellschaft für 2% vorgegaugelter Rabatte mit Kundenkarten sämtliche Daten Preis geben. Da wundert nicht, das die Gesetzgeber das weiter auskosten und den gläsernen Bürger wollen.

Aber das ist ja so in der Welt. In manchen Ländern gibt es eine ID Karte, die die Identität bezeugt. Viele Länder kennen das nicht, da gibt es nur auf Verlangen einen Reisepass, falls man ihn brauchén sollte.
In der BRD gibt es einen Personalausweis, der weist nach, das auch sie zum Personal der BRD gehören.
Alles klar?
Und schönen Feiertag
lucky ;D
Titel: Heftige Kritik am Telemediengesetz-Entwurf
Beitrag von: SiLæncer am 11 Mai, 2005, 19:07
Der Entwurf für ein Telemediengesetz (TMG) des Bundeswirtschaftsministeriums zur Neufassung der Datenschutz- und Haftungsregeln im Internet stößt bei Experten auf zahlreiche Einwände. Das Papier "scheitert vor den wirklichen Herausforderungen", konstatiert Johann Bizer, stellvertretender Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein. Es werde "kein konsistentes Modell vorgelegt, welches den Datenschutz bei der Telekommunikation und bei Telemedien leistungsfähig integriert". Auf die Konvergenz der Technik sollte der Gesetzgeber auch mit einem konvergenten Datenschutzrecht reagieren -- und zwar "auf inhaltlich hohem Niveau".

Im Einzelnen kritisiert Bizer, dass die Anbieter von Tele- und Mediendiensten im Rahmen der Rechtsverfolgung mehr Daten über ihre Kunden sammeln und Auskünfte darüber an "berechtigte Stellen und Personen erteilen" dürfen beziehungsweise etwa bei Urheberrechtsverletzungen voraussichtlich müssen. Bizer sieht in den entsprechenden Passagen eine "unbestimmte Ermächtigung, für private und öffentliche Zwecke personenbezogene Daten zu sammeln." Es werde ein "Einfallstor" für einen Auskunftsanspruch gegen Provider geschlagen. Bizer spricht von einer "Kapitulation des Gesetzgebers vor dem Auftrag der Verfassung, normenklare und bestimmte Regelungen zu treffen". Letztlich solle "eine Art Vorratsdatenspeicherung" eingeführt werden, "die Auskünfte gegenüber Privaten provoziert".

Auch Patrick Breyer, Rechtswissenschaftler an der Uni Frankfurt, ist die "eBay-Klausel" ein Dorn im Auge, der zufolge Diensteanbieter bei Verdacht auf Rechtsbrüche Kunden bespitzeln könnten. Es sei mit der Verfassung nicht zu vereinbaren, Firmen "im Wege der Selbstjustiz eine eigenmächtige Kontrolle und Überwachung des Nutzerverhaltens zu gestatten". Abzulehnen sei auch, dass Anbieter von Internet-Zugang, Internet-Telefonie und E-Mail ihre Kunden ohne Einwilligung mit Spam überziehen dürften. Irritiert hat Breyer auch die Streichung einer Bestimmung, wonach Verstöße gegen Datenschutzbestimmungen mit bis zu 50.000 Euro geahndet werden können. Im Teledienstegesetz oder im Teledienstedatenschutzgesetz, die vom TMG genauso wie der Mediendienstestaatsvertrag der Länder ersetzt werden sollen, sind derlei Obergrenzen noch vorgesehen. Mit der neuen Regelung könnten nur noch Bußen bis zu 1000 Euro verhängt werden.

Verhängnisvoll wäre es laut Breyer zudem, falls die Anbieter einschränkungslos zur Herausgabe von Bestandsdaten wie Name und Anschrift von Kunden an Sicherheitsbehörden in einem manuellen Auskunftsverfahren verdonnert würden. Derlei Informationen über die Nutzung von Telemediendiensten könnten "weit reichende Rückschlüsse auf politische, finanzielle, sexuelle oder sonstige persönliche Interessen zulassen". Verbraucher würden dagegen erwarten, "dass sie im virtuellen Leben ebenso anonym und überwachungsfrei handeln können wie im wirklichen Leben". Gemeinsam mit einer Reihe Bürgerrechtsorganisationen hatte Breyer zudem in einem alternativen Gesetzesvorschlag angemahnt, Sperrungsverfügungen gegen Provider nur noch bei der Übermittlung eigener Inhalte zuzulassen.

Bedenken gegen den TMG-Entwurf hat auch Volker Kitz, Rechtsexperte beim Branchenverband Bitkom. Ihm zufolge droht eine Doppelregulierung etwa von Zugangs- oder E-Mail-Providern, da diese sowohl dem Telekommunikations- als auch dem TMG unterstehen würden. Kitz bemängelt zudem, dass der Gesetzgeber aus dem Zusammenwachsen von Fernsehen und Internet-Angeboten die falschen Schlüsse ziehe. Immer mehr Inhalte der neuen Dienste würden einer ebenso intensiven Inhaltsregulierung unterzogen, wie dies früher beim Rundfunk der Fall war.

Quelle : www.heise.de
Titel: Kein Auskunftsrecht für Plattenlabel auf Herausgabe von Provider-Kundendaten
Beitrag von: SiLæncer am 16 Mai, 2005, 16:31
Trotz des Verdachts illegaler Kopien von Musikstücken und deren möglicher Verbreitung über einen FTP-Server müssen Zugangsprovider nicht die Daten ihres Kunden, wie Name und Anschrift, mitteilen. Dies hat das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg entschieden und damit eine gegenteilige Entscheidung des Landgerichts (LG) Hamburg kassiert.

Laut OLG fehle es für das Informationsverlangen unter anderem an einer rechtlichen Grundlage. Dies könnte sich allerdings demnächst ändern, da der Gesetzgeber neue Auskunftsregelungen plant. Voraus gegangen war der Entscheidung des Oberlandesgerichts eine Offensive der Musikindustrie. Im Kampf gegen Raubkopien hatte sie gleich mehrere gleichlautende Verfahren angestrengt, um an Kundendaten zu gelangen, denen zu konkreten Zeitpunkten bestimmte dynamische IP-Nummern zugewiesen waren, da der Verdacht der rechtswidrigen Verbreitung geschützter Songs bestand. Im Hamburger Fall ging es um einen FTP-Server, über den nach Auffassung des Musiklabels die Titel "Zwitter" und "Rein Raus" vom Album "Mutter" der Band Rammstein kostenlos herunter geladen werden konnten. Das Landgericht gab dem Auskunftsbegehren statt und stützte sich dabei auf eine entsprechende Anwendung von Paragraf 101 a Urheberrechtsgesetz (UrhG). Auch wenn genannte Norm den Inhabern von Urheberrechten, wie beispielsweise Musikunternehmen, nicht unmittelbar einen Auskunftsanspruch gebe, so seien dennoch Access-Provider zur Herausgabe von Kundendaten verpflichtet. Begründung: Paragraf 101 a UrhG diene der "effektiven Bekämpfung von Verletzungen immaterieller Schutzgüter".

Anders nunmehr das Oberlandesgericht: In seiner sehr detaillierten Begründung kommt es zu dem Ergebnis, dass der im Urheberrechtsgesetz geregelte Auskunftsanspruch nur denjenigen zur Auskunft über Herstellung und Verbreitung von Raubkopien verpflichte, der selbst an der Handlung beteiligt ist. Daran fehle es aber beim Access-Provider, da dieser lediglich den Zugang zum Web bereit stelle. Entgegen der Auffassung des Landgerichts könne ein Provider auch deshalb nicht zur Rechenschaft gezogen werden, weil er aufgrund der Bereitstellung des Internetzugangs als so genannter Mitstörer an der Rechtsverletzung mitwirke. Daran ändere auch die gesetzliche Regelung in Paragraf 8 Absatz 2 Teledienstegesetz (TDG) nichts, wonach Access-Provider nach den allgemeinen Gesetzen trotz einer gewissen Haftungsprivilegierung zur "Entfernung und Sperrung" rechtswidriger Inhalte verpflichtet sind. Schließlich heiße "entfernen" und "sperren" eben gerade nicht, auch Auskunft erteilen zu müssen, so das OLG. Mit seiner Entscheidung liegt das OLG Hamburg auf der gleichen Linie wie das Oberlandesgericht in Frankfurt am Main. Auch die hessischen Richter verneinen einen Auskunftsanspruch gegenüber Access-Providern, da der Anspruch der Aufdeckung und Trockenlegung von Quellen und Vertriebswegen von Plagiaten diene und zur Auskunft nur derjenige verpflichtet sei, der als Täter oder Teilnehmer an Urheberrechtsverletzungen beteiligt ist.

Ob die beiden Urteile auch in Zukunft Bestand haben werden, ist fraglich. Schließlich plant der Gesetzgeber im Rahmen des neuen Telemediengesetz (TMG) in Paragraf 12 Absatz 3 eine Auskunftsregelung, wonach Diensteanbieter "Auskunft über personenbezogene Daten an berechtigte Stellen und Personen" erteilen dürfen.

Juristen befürchten, dass es nicht bei einem "Dürfen" bleibt, sondern ein ausdrücklicher Auskunftsanspruch zu Gunsten von Urheberrechtsinhabern statuiert wird. Auch aus Sicht des Datenschutzes wird die schwammige Formulierung der Auskunftsregelung scharf kritisiert. So spricht beispielsweise der stellvertretende Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Johann Bizer, von einer "Kapitulation des Gesetzgebers vor dem Auftrag der Verfassung, normenklare und bestimmte Regelungen zu treffen".

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/59573
Titel: EU-Rat gibt Gas bei Vorratsspeicherung von TK-Daten
Beitrag von: SiLæncer am 26 Mai, 2005, 16:35
Der Rat der Europäischen Union hat sein Vorhaben, Telekommunikationsanbieter zur pauschalen Überwachung sämtlicher Datenspuren ihrer Nutzer zu verpflichten, erneut überarbeitet. Der jüngste Gesetzesentwurf vom 24. Mai, der heise online vorliegt, wartet erstmals mit einer mehrseitigen Begründung der heftig umstrittenen Initiative auf. Zudem hat die luxemburgische Präsidentschaft die "Wunschliste" der deutschen Strafverfolger als Basis der anzufordernden Daten das Papier eingebaut, über die das Bundesinnen- und Bundesjustizministerium im ersten Quartal mit einer Handvoll Branchengrößen in Geheimrunden diskutierte. Obwohl sowohl in der federführenden Ratsarbeitsgruppe zur Kooperation in Kriminalangelegenheiten als auch im Ausschuss der Ständigen Vertretungen der EU-Mitgliedstaaten (Coreper) essenzielle Fragen der tief in die Bürgerrechte einschneidenden Maßnahme weiter offen blieben, sollen jetzt die Justiz- und Innenminister letzte Hand an das Gesetz legen.

Der aktuelle Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung, bei der es allgemein um die Speicherung sämtlicher bei der Abwicklung von Diensten im Bereich Sprachtelephonie und Internet anfallender Daten geht, ist nach wie vor von vielen Widersprüchen gezeichnet. So behaupten die Ratsvertreter, dass sich ihr Vorschlag für einen Rahmenbeschluss "nicht auf Inhaltsdaten beziehe". Doch sowohl bei den verlangten Verkehrsdaten bei SMS als auch bei den "Internetdiensten" käme es schon auf Protokollebene zwangsweise zur Verknüpfung mit Kommunikationsinhalten, eingebunden etwa in eine spezifische IP-Adresse und die dahinter liegende URL. Nötig sei "nur" eine Speicherung "gewisser Datentypen, die bereits für Abrechungs-, Werbungs- oder sonstige legitime Zwecke verarbeitet und gespeichert werden", heißt es in den Erwägungsgründen auch. Die gewünschten dynamischen und statischen IP-Adressen inklusive Nutzernamen sowie Informationen zur Identifizierung "des Routing und des Ziels einer Kommunikation" etwa werden von Providern jedoch momentan in der Regel nur wenige Stunden oder Tage aufbewahrt.

Ebenfalls auf wackeligem Boden stehen die Regierungsvertreter, wenn sie eine Harmonisierung nationaler Datenspeichervorschriften vorantreiben wollen, "um eine effektive Kooperation von Polizei und Justiz in kriminellen Angelegenheiten sicherzustellen". Denn in Artikel 4 wird zwar eine zwölfmonatige Speicherfrist allgemein empfohlen, abweichend davon sollen Mitgliedsstaaten in begründeten Fällen aber auch eine Archivierung von bis zu 48 Monaten oder von mindestens sechs Monaten beschließen dürfen. Nur Großbritannien und Tschechien sind an dieser Stelle der Ansicht, dass für manche Datentypen selbst eine halbjährige Speicherpflicht zu lang sei. Deutschland und Österreich setzen sich zudem noch dafür ein, dass sich die Datenaufhäufung im Telefonbereich nur auf erfolgreiche Anrufe beziehen soll. Neu ist, dass die nationalen Regierungen bei der Implementierung des Rahmenbeschlusses angehalten werden, "die Industrie angemessen zu konsultieren."

Nicht gelöst ist vor allem der Streit um die rechtliche Grundlage des Rahmenbeschlusses. Die EU-Kommission, das EU-Parlament sowie selbst der rechtliche Dienst des Rates gehen allesamt davon aus, dass die Festlegung der Datentypen sowie die Speicherdauer gemäß der EU-Verträge nicht ins Aufgabenfeld der Regierungsvertreter fällt. Allein in der Frage, wer Zugang zu den Datenlagern haben soll und mit wem Informationen daraus ausgetauscht werden dürfen, gilt der Ministerrat als zuständig. Die Verfasser des überarbeiteten Entwurfs kommen aber nur zu der Schlussfolgerung, dass Coreper und die Minister hier möglichst rasch entscheiden sollen. Im Hinterkopf sei dabei zu behalten, dass der Rat in seiner Erklärung zur Bekämpfung des Terrorismus nach den Anschlägen von Madrid gefordert habe, dass die Vorratsdatenspeicherung bis zum Juni zu verabschieden sei.

Gegenwind kommt weiter nicht nur aus Zivilgesellschaft und Wirtschaft, sondern auch aus dem EU-Parlament. Dort hat der Innnen- und Bürgerrechtsauschuss am heutigen Donnerstag mit großer Mehrheit einen Bericht des Liberalen Alexander Alvaro angenommen. Darin erhebt der FDP-Politiker erhebliche Zweifel sowohl an der Wahl der Rechtsgrundlage als auch an der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Darüber hinaus weist er auf die Möglichkeit einer Verletzung des Artikels 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention hin, wonach Eingriffe in die Privatsphäre "in einer demokratischen Gesellschaft notwendig" sein und zentralen legitimen Zielen dienen müssen.

Alvaro betont in diesem Zusammenhang, dass die Mitgliedsstaaten etwa zur Bekämpfung des Terrorismus "nicht jede Maßnahme beschließen dürfen, die sie für angemessen halten". Allein das Datenvolumen, das ein großer Internetprovider bereits bei heutigen Verkehrsaufkommen aufbewahren müsste, würde "ungefähr 4 Millionen Kilometer gefüllter Aktenordner" entsprechen. Der Berichterstatter verlangt daher von den Mitgliedsstaaten, dass sie den Vorschlag zurückziehen. Sie sollten stattdessen eine Studie vorlegen, welche "die Notwendigkeit der geplanten Vorratsdatenspeicherung unzweifelhaft belegt."

Unterstützung erhält Alvaro auch aus dem Industrieausschuss, in dem die CDU-Abgeordnete Angelika Niebler als Berichterstatterin fungiert. Ihr zufolge "stellt sich grundsätzlich die Frage, ob der vorgeschlagene Rahmenbeschluß wirklich geeignet ist, das angestrebte Ziel zu erreichen." Im Vorschlag werde "an keiner Stelle plausibel nachgewiesen, dass es durch die vorgeschlagenen Maßnahmen tatsächlich zu einer Verbesserung der Verbrechens- und Terrorbekämpfung kommt." Diese Begründung sei jedoch Grundvoraussetzung, "um die erheblichen Auswirkungen und Belastungen für Bürger und Unternehmen zu rechtfertigen." Die Kritik der Abgeordneten muss nun noch im Parlamentsplenum Anfang Juli abgesegnet werden. Der Rat braucht diese allerdings nur zur Kenntnis nehmen. Alvaro will in diesem Fall den Gang vor den Europäischen Gerichtshof prüfen.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/59958
Titel: Re:EU-Rat gibt Gas bei Vorratsspeicherung von TK-Daten
Beitrag von: Jürgen am 27 Mai, 2005, 02:05
Da muss man sich langsam fragen, ob's nicht sinnvoll wäre, wieder über andere Arten der Vernetzung nachzudenken, notfalls auf Privatinitiative, wie früher mit Akustik-Koppler & Co. ...
Zumindest für gewisse Distanzen käme da z.B. WLAN in Betracht, notfalls mit Kaffeedosen-Antennen.
Mir scheint nämlich, bestimmte Kreise wollen das Internet mit extremen Kontroll-Auflagen nicht nur total überwachen, sondern auch erheblich verteuern. Das Ergebnis könnte letzlich sein Internet nur für Wohlhabende, ich sehe schon einige elitäre und machtgeile Promi-Fratzen und Heuschrecken hässlich grinsen...
Titel: Verfassungsschutz: Telefon-Verbindungsdaten zwölf Monate speichern
Beitrag von: SiLæncer am 05 Juni, 2005, 11:52
Verfassungsschutzpräsident Heinz Fromm hat sich dafür ausgesprochen, Telefon-Verbindungsdaten künftig zwölf Monate lang zu speichern. Zurzeit sind etwa drei Monate zulässig. "Wenn wir terroristische Netzwerke aufklären wollen, brauchen wir Informationen, wann ein Verdächtiger mit welchen Personen in Kontakt getreten ist", sagte der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz der Bild am Sonntag. "Wir können bereits auf Telefonverbindungsdaten zurückgreifen, die bei den Telekommunikationsunternehmen gespeichert sind. Für die Arbeit des Verfassungsschutzes wäre es wichtig, die Speicherdauer auf zwölf Monate zu erhöhen." Zugleich lobte Fromm die Kooperation von Nachrichtendiensten und Polizei in dem neuen Gemeinsamen Terrorismusabwehrzentrum in Berlin. Sie habe sich "schon jetzt sehr bewährt".

Bei einem Treffen der EU-Justizminister in Luxemburg war am Donnerstag deutlich geworden, dass Probleme mit den Kosten und der Technik den umstrittenen EU-Plan zur jahrelangen Speicherung aller Verbindungsdaten im Internet bremsen. Greifbarer erschien dagegen ein Beschluss zur Speicherung von Telefondaten noch in diesem Jahr. Auch dafür müssen aber noch offene Fragen zur Rechtsgrundlage und zum Datenschutz geklärt werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re:Verfassungsschutz: Telefon-Verbindungsdaten zwölf Monate speichern
Beitrag von: van_suck am 05 Juni, 2005, 19:09
Ich werde den Verdacht nicht los, dass der Anti-Terror-Kampf nur der Vorwand ist, um uns alle jederzeit ausspionieren zu können.
Wieviel Angst müssen die "Machthaber" leiden, wenn sie zu solchen Mitteln greifen müssen ?

... und ...

Wovor haben sie solche Angst ?

... oder...

Was haben sie zu verbergen ?

... und ...

lebt Erich Mielke eigentlich noch ? Der wäre doch ein erstklassiger Organisator für eine "Rund-um-Überwachung" ...


... in diesem Sinne ...
Titel: Re:Verfassungsschutz: Telefon-Verbindungsdaten zwölf Monate speichern
Beitrag von: Jürgen am 05 Juni, 2005, 19:33
Ich frage mich zudem, wie man unsere Verfassung schützen will, wenn man alle enthaltenen oder abzuleitenden Freiheitsrechte abschafft oder unterläuft...
Mir schwant, die wahren Feinde unserer Grundrechte sitzen in Amt und Würden.
Kriminelle und Terroristen werden sich solcher Überwachung, wie immer, zu entziehen wissen, aber der gesetzestreue Bürger wird immer weiter kontrolliert und unterdrückt   >:(
Kann man den Parteien nicht irgendwie den Missbrauch von Begriffen wie "Sozial", "Frei", "Christlich", "Demokratisch" usw. verbieten?
Titel: EU-Parlament stimmt gegen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten
Beitrag von: Jürgen am 07 Juni, 2005, 16:44
Das EU-Parlament hat in seiner Plenarsitzung am heutigen Dienstag den vom EU-Rat vorangetriebenen Plänen zu einer Vorratsspeicherung der Telekommunikationsverbindungsdaten eine klare Absage erteilt. Bei der pauschalen Überwachungsmaßnahme geht es um die Verpflichtung der Anbieter zur Aufbewahrung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten über Monate und Jahre hinweg, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Einstimmig haben die Abgeordneten den entscheidenden und auch hierzulande kontrovers diskutierten Vorstoß zu dem Vorhaben aus Frankreich, Großbritannien, Irland und Schweden für einen EU-Rahmenbeschluss abgelehnt.

Die Parlamentarier folgten einer Vorlage (DOC-Datei) des Liberalen Alexander Alvaro, der in weiten Teilen den EU-Rat rechtlich nicht für das Verabschieden eine entsprechenden europaweiten Gesetzes zuständig sieht und die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme anzweifelt.
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Der FDP-Politiker sieht die Vorratsdatenspeicherung auch nicht vereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention. Er geht davon aus, dass die angeführten Ziele bereits mit der Umsetzung der umstrittenen Cybercrime-Konvention erfüllt werden könnten. Alvaro kritisierte auch, dass die Bundesregierung trotz eines gegenteiligen Bundestagsbeschlusses die Ratspläne in Brüssel unterstütze. Der Rat muss bei der gewählten Rechtsgrundlage das Parlament nur anhören.
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 (Stefan Krempl) / (jk/c't)
Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/60363) mit Links

Quelle: www.heise.de
Titel: Innenminister wollen einjährige Speicherung von Verbindungsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 25 Juni, 2005, 12:06
Die Innenministerkonferenz hat sich auf ihrer unter dem Motto "Mit Sicherheit was los" stehenden Tagung am gestrigen Freitag in Stuttgart für eine mindestens zwölfmonatige Aufbewahrung von Telefon- und Internetdaten durch die Telekommunikationsanbieter ausgesprochen. Die tief in die Grundrechte einschneidende Maßnahme halten die Sicherheitsexperten insbesondere im Cyberspace für nötig. Wirklich erfolgreich könne die Bekämpfung von Kriminalität im Internet nur sein, wenn Ermittler die aufgenommene Spur bis zu dem Anschluss verfolgen könnten, von dem aus der Zugriff aufs Internet erfolgt sei, unterstrich der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech. "Ohne Speicherung von Verbindungsdaten führt die digitale Spur ins Leere", fürchtet der CDU-Politiker. Den an Bundesinnenminister Otto Schily herangetragenen Wunsch der Ressortchefs sieht er daher als "berechtigt" an.

Bedenken von Bürgerrechtlern, dass mit der Vorratsdatenspeicherung die komplette elektronische Kommunikation der Menschen überwacht und die Nutzer unter einen unverhältnismäßigen Generalverdacht gestellt würden, wies Rech zurück. Der Begriff des "gläsernen Bürgers" ist seiner Meinung nach "überstrapaziert". Es gehe auch nicht darum, jede Verbindung permanent zu überwachen. Vielmehr sollten die Strafverfolger im Einzelfall bei konkretem Verdacht einer schweren Straftat auf die gespeicherten Daten zugreifen zu können. Dazu komme, dass die Polizei nur mit richterlicher Genehmigung die Daten erhalten solle. Dass die bei den Providern anfallenden gigantischen Bithalden mitsamt den darin enthaltenen sensiblen persönlichen Informationen wiederum bevorzugte Angriffspunkte für Cybergauner darstellen könnten, thematisierten die Innenminister nicht.

Besorgt stimmte Rech und seine Kollegen dagegen, "dass das Internet neben seinem sehr positiven Nutzen auch immer mehr zur Plattform für Kriminelle wird". Es enthalte jugendgefährdende Inhalte, Pornographie, Drogenangebote, Gewaltverherrlichung, Darstellungen von Kindesmissbrauch und Tötungsdelikten sowie extremistische und rassistische Beiträge, listeten die Ressortchefs eine Palette an Verbrechensherden auf. Von "weiteren präventiven und repressiven Maßnahmen" wie der Vorratsdatenspeicherung erhoffen sich die Innenminister einen Beitrag dazu, das Internet sicherer zu machen. Das Netz dürfe "nicht zu einem rechtsfreien Raum verkommen", erklärte Rech unter Bezugnahme auf die oft geäußerte Angst der Sicherheitspolitiker vor angeblich unregulierten Online-Gefilden.

Schily selbst sind in der Frage der Vorratsdatenspeicherung hierzulande die Hände gebunden, weil sich der Bundestag wiederholt einstimmig gegen die auch von der Wirtschaft bekämpfte Maßnahme ausgesprochen hat. Der SPD-Politiker verwies in Stuttgart aber auf die Pläne zur pauschalen Überwachung der Nutzer, welche die nationalen Regierungsvertreter in Brüssel über den EU-Rat unter Missachtung des EU-Parlamentes gerade vorantreiben. Dabei geht es um die Verpflichtung der Anbieter zur Aufbewahrung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten über Monate und Jahre hinweg, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen.

Da Großbritannien an der Vorratsdatenspeicherung großes Interesse habe, hofft Schily trotz der Widerstände auf eine schnelle Verabschiedung des entsprechenden Rahmenbeschlusses unter der britischen Ratspräsidentschaft im zweiten Halbjahr 2005. In Brüssel wird momentan -- wie von den Innenministern der Länder -- eine einjährige Frist zur Datenspeicherung als Norm bevorzugt. Nationale Abweichler sollen ihre Provider aber auch zur Archivierungszeiträumen zwischen sechs und 48 Monaten anhalten dürfen. Weiter forderte die Innenministerkonferenz eine Verstärkung "anlassunabhängig" agierender Internetstreifen, die auch ohne Verdacht auf konkrete Straftaten bereits präventiv tätig werden. Provider riefen sie auf, den "Porno-Scanner" Perkeo häufiger einzusetzen.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe auch: Hier (http://www.heise.de/newsticker/meldung/61036)

Quelle : www.heise.de
Titel: Verhindert mehr Überwachung Terror?
Beitrag von: SiLæncer am 11 Juli, 2005, 17:16
Dass die Sprengstoff-Anschläge von London in der vergangenen Woche von zahlreichen Politikern umgehend als Rechtfertigung für neue Antiterror-Maßnahmen -- in Deutschland oder Großbritannien etwa die Einführung von Ausweisen mit biometrischen Merkmalen -- genutzt werden, ist inzwischen klar. Nach Einschätzung des Netz-Magazins Telepolis lehren die Bomben in London aber gerade, dass die meisten Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen (einschließlich der Biometrie) entschlossene und einigermaßen intelligente Terroristen, auch wenn sie mit wenig ausgeklügelten Strategien und relativ primitiven Mitteln vorgehen, nicht daran hindern können, Anschläge im öffentlichen Raum von Städten auszuführen.

Würden sich beispielsweise Hinweise bestätigen, al-Qaida könne "weiße Söldnerterroristen" für den Anschlag beauftragt haben, schreibt Telepolis, würde nicht einmal mehr das übliche Profil für die Täter zutreffen, nämlich dass die Täter jüngere männliche Muslime aus den arabischen Ländern oder Nachkommen von Einwanderern aus diesen Ländern sind. Möglicherweise habe man Muslime aus dem Balkan dafür ins Land gebracht, die bislang noch nie im terroristischen Kontext aufgefallen sind. Damit würde die Angst vor den muslimischen "Schläfern", die sich unauffällig in eine Gesellschaft eingenistet haben, übergehen in eine Angst, die sich gegen jeden richten kann, der gegen Geld bereit sein könnte, Anschläge auszuführen.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/61574
Titel: Politiker fordern mehr Überwachung zur Verhinderung von Terror
Beitrag von: SiLæncer am 11 Juli, 2005, 20:50
Größerer Schutz durch biometrische Ausweise, Überwachungskameras, Sensoren zur Sprengstofferkennung, Gen-Datei oder Speicherung der Verbindungsdaten?

Der Anschlag in London hat zu den üblichen Verurteilungen und Gesten der Einheit im Kampf gegen den Terrorismus sowie zu den erwartbaren Forderungen nach erhöhten Sicherheitsmaßnahmen und neuen Gesetzen geführt. Gerechtfertigt werden schon beschlossene Antiterror-Maßnahmen, beispielsweise in Deutschland oder Großbritannien die Einführung der Ausweise mit biometrischen Merkmalen. Aber die Bomben in London lehren vermutlich gerade, dass die meisten Sicherheits- und Überwachungsmaßnahmen entschlossene und einigermaßen intelligente Terroristen, auch wenn sie mit wenig ausgeklügelten Strategien und relativ primitiven Mitteln vorgehen, nicht daran hindern können, Anschläge im öffentlichen Raum von Städten auszuführen. Um das Risiko wirklich zu minimieren, wäre schon ein Überwachungsapparat Orwellscher Dimension oder ein Repressionsregime notwendig, wie man es etwa in Nordkorea findet.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/20/20490/1.html)

Quelle : www.heise.de
Titel: Datenschutzbeauftragter warnt vor übereilten Gesetzen
Beitrag von: SiLæncer am 11 Juli, 2005, 21:43
Nach den Terroranschlägen von London hat Sachsen-Anhalts Datenschutzbeauftragter Harald von Bose eindringlich vor übereilten Forderungen nach schärferen Gesetzen in Deutschland gewarnt. "Die Anschläge eignen sich nicht, um hektisch und aktionistisch zusätzliche Sicherheitsmaßnahmen zu beschließen", sagte von Bose heute in Magdeburg. Sicherheitslücken seien nicht erkennbar. Teile der CDU/CSU, aber auch Kriminalisten hatten nach den Anschlägen schärfere Gesetze und mehr Ermittlungsrechte gefordert.

Von Bose rief die Politik dazu auf, sich stärker mit den Ursachen des Terrorismus zu beschäftigen. "Sicherheit, die allein auf Polizei, Verfassungsschutz und weitere Sicherheitsdienste abstellt, wird nicht zum Ziel führen." Im Kampf gegen Terror dürften nicht die Wurzeln des Rechtsstaats beschädigt werden. Der Kern des Privatlebens müsse vor staatlichen Eingriffen verschont bleiben. Daher müsse auch bei der geplanten Änderung des Verfassungsschutzgesetzes in Sachsen-Anhalt behutsam vorgegangen werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re:Verhindert mehr Überwachung Terror?
Beitrag von: Jürgen am 12 Juli, 2005, 03:40
Mich beschleicht der Verdacht, manchen der Mächtigen ist der Terror nur ein willkommenes Argument, den eigenen Bürgern alle Rechte, die Würde und ihre Privatsphäre zu nehmen und ein letztlich totalitäres Regime zu errichten, das nur nioch mehr schlecht als recht auf demokratisch und freiheitlich geschminkt ist.
Ein Gesellschaftssystem muss sicher wehrhaft sein, um auf Dauer bestehen zu können. Aber unangemessene ständige Kontrolle aller Bürger wird sich als kontraproduktiv erweisen, denn den Terror kann keine Überwachung dieser Welt verhindern, aber das Vertrauen der Bürger in "ihren" Staat ist schnell zerstört. Das hat selbst die StaSi schliesslich erleben müssen. Deren Fehler dürfen wir nicht sinnlos wiederholen!
Übrigens frage ich mich, warum die Entstehung von Parallelwelten a la Kalifats-Staat oder der Harburger Zelle und das Treiben von Hasspredigern, religiösen Fanatikern und Kriegshetzern hierzulande offensichtlich eher geduldet wird, als die Kandidatur eines sicher harmlosen deutschen Krimi-Darstellers für eine halblinks, sozial und demokratisch orientierte Liste...
Dieses Land scheint sich selbst zerstören zu wollen  :'(
Titel: Terrorabwehr stellt EU-Balance von Sicherheit und Freiheit in Frage
Beitrag von: SiLæncer am 12 Juli, 2005, 17:54
Engländer haben den Satz "My home is my castle" geprägt. Ausgerechnet die britische EU-Ratspräsidentschaft schickt sich nun an, die geschützte Privatsphäre der Bürger in ganz Europa für Terrorfahnder zu öffnen. Beim Sondertreffen der europäischen Innen- und Justizminister an diesem Mittwoch in Brüssel will der britische Ressortchef Charles Clarke massiv für seinen Plan werben, Verbindungsdaten von Telefongesprächen und E-Mails monate- oder gar jahrelang zu speichern. Datenschützer sehen das mühsam austarierte Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit gefährdet.

Im öffentlichen Raum ist die Überwachung schon weiter fortgeschritten, als dies vor einigen Jahren denkbar erschien: Nach den tödlichen Anschlägen auf Bus und U-Bahn in London werten die Fahnder von Scotland Yard die Bilder zahlreicher Überwachungskameras auf nützliche Hinweise aus. Doch die Speicherung von Telefon- und Internetdaten, die seit gut einem Jahr auf EU-Ebene diskutiert wird, ginge noch einen Schritt weiter: Auf Vorrat, also ohne konkreten Verdacht, sollen Angaben zu Abermillionen Verbindungen auch aus dem Privatleben der Bürger festgehalten werden.

Wie häufig hat Minister Clarkes Vorgänger David Blunkett, der sein Amt wegen einer Liebesaffäre aufgeben musste, mit seiner verheirateten Gespielin telefoniert? Die Antwort auf solche Fragen wäre in den gespeicherten Datenmassen ebenso zu finden wie die Absender jener Hass-Mails, die nach den Londoner Attentaten muslimischen Einrichtungen Vergeltungsakte schworen. Allerdings: Schon die Benutzung einer Telefonzelle oder eines Internet-Cafés könnte reichen, um die Spur zu verwischen. "Wir fangen dann nur die dummen Terroristen", spottet ein Fachmann aus der Telekommunikationsbranche.

"Starke Zweifel" am Sinn der Datensammlung auf Vorrat hegt auch der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx. "Wenn die Überwachung bestimmter Personen oder genau definierter Gruppen schon jetzt möglich ist, brauchen wir dann eine Routinespeicherung für alle von uns?", fragt Hustinx. Der Datenschützer warnt: "Wir müssen sehr vorsichtig sein, die Grenze des Notwendigen nicht zu überschreiten." Die Industrie will zudem wissen, wer für die Millionenkosten der Datenspeicherung aufkommen soll: Die Anbieter und damit letztlich die Kunden, oder der Staat und damit der Steuerzahler?

Innenminister Clarke muss sich auch auf kritische Fragen gefasst machen, wenn er -- wenige Stunden vor dem Sondertreffen des Rats -- im Europa-Parlament die Ziele der britischen Präsidentschaft in der Innenpolitik darlegt. "Für mich ist entscheidend, ob Charles Clarke uns neben den Kosten der Maßnahme auch plausibel deren Notwendigkeit darlegen kann", sagt der FDP-Abgeordnete Alexander Alvaro. Wie Datenschützer Hustinx warten auch die Parlamentarier ungeduldig auf einen Gesetzesvorschlag von EU-Justizkommissar Franco Frattini, um endlich eine schriftliche Grundlage für die Debatte zu haben.

Deutsche, Finnen und Österreicher betrachten die Daten-Pläne im Ministerrat eher mit Skepsis. Und es waren Engländer, die die mögliche Bandbreite eines Beschlusses abgesteckt haben: Irgendwo zwischen dem Heim als geschützter Burg und dem Schreckensbild von "Big Brother" im totalen Überwachungsstaat, das der britische Autor George Orwell in seinem Roman "1984" zeichnete. Londons Außenminister Jack Straw versuchte am Dienstag in Brüssel zu beschwichtigen: "Wir werden nicht tun, was die Terroristen wollen: Nämlich einen Polizeistaat zu schaffen", sagte Straw im EU-Parlament.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/61624
Titel: Re:Verhindert mehr Überwachung Terror?
Beitrag von: Jürgen am 12 Juli, 2005, 18:55
Überwachung und Speicherung auf Schritt und Tritt, einschliesslich der privatesten Bereiche, und die darauf fussende Erstellung von Bewegungsprofilen Aller sowie die Konfrontation damit, u.U.  Jahre später a la McCarthy-Kommisssion, ist meiner Ansicht nach STAATSTERR0R. Das schreit nach zivilem Ungehorsam und notfalls Widerstand gem. Art. 20 (4) GG.
Titel: Baden-Württemberg verstärkt Überwachungsmaßnahmen
Beitrag von: SiLæncer am 13 Juli, 2005, 09:56
Das baden-württembergische Innenministerium will auf Grund der allgemeinen Gefährdungslage nach den Terroranschlägen von London die Sicherheitsmaßnahmen im Land verstärken. Bereits intensiviert worden seien etwa Telefonüberwachungsmaßnahmen, sagte Innenminister Heribert Rech (CDU) am Dienstag in Stuttgart. Außerdem soll ein dritter Oberservierungstrupp beim Landesamt für Verfassungsschutz mittelfristig aufgebaut werden. "Wegen der latenten terroristischen Bedrohung sind langfristige personalintensive Überwachungsmaßnahmen erforderlich", sagte Rech weiter.

Eine mögliche Motivation für Anschläge in Deutschland könne sich zum Beispiel aus dem deutschen Engagement in Afghanistan ergeben, sagte Rech. Konkrete Anhaltspunkte, die auf unmittelbar bevorstehende Anschläge in Deutschland oder Baden-Württemberg hindeuteten, gebe es jedoch nicht. In Deutschland sei weiterhin von einer hohen und besonderen Gefährdung für Einrichtungen der USA, Großbritanniens, Israels und für jüdische Gebäude auszugehen.

Landesweit seien derzeit rund 160 Polizeibeamte ausschließlich mit Aufgaben des Objektschutzes beschäftigt. Dies seien 60 Beamte mehr als vor den Terroranschlägen in der britischen Hauptstadt. Insgesamt seien für Personen- und Objektschutzmaßnahmen aktuell inzwischen 220 und 270 Polizeibeamte im Einsatz.

Bei den Anschlägen auf mehrere U-Bahnen und einen Bus waren am vergangenen Donnerstag in London mindestens 52 Menschen ums Leben gekommen und etwa 700 verletzt worden. Die britische Regierung rechnete damit, dass sich die Zahl der Todesopfer noch erhöhen werde. Unter den Verletzten befänden sich auch zwei deutsche Staatsangehörige, teilte das Innenministerium weiter mit. Erkenntnisse über getötete deutsche Staatsangehörige liegen bislang nicht vor. Nach den Anschlägen tauchte im Internet ein Bekennerschreiben auf, welches die dänische und die italienische Regierung vor weiteren Terroranschlägen warnte. Diese Erklärung wurde als authentisch eingestuft.

Quelle : www.heise.de
Titel: Britischer Innenminister: Alle Bürgerrechte müssen auf den Prüfstand
Beitrag von: SiLæncer am 13 Juli, 2005, 16:28
In einer hitzigen Debatte mit dem Bürgerrechts- und Innenausschuss des EU-Parlamentes machte der britische Innenminister Charles Clarke am heutigen Mittwoch deutlich, dass zur Bekämpfung des Terrorismus weitere tiefe Einschnitte in die Freiheitsrechte nötig seien. "Die Botschaft von Madrid und London lautet: Wir müssen die Menschen überzeugen, dass wir unser Bestes getan haben", erklärte der Labour-Politiker. Als "wichtigste Aufgabe" des EU-Parlamentes bezeichnete er es, dass die Abgeordneten nun "jedes Instrument zum Sammeln von Aufklärungsinformationen" gesondert betrachten und die davon betroffenen Bürgerrechte mit möglichen Sicherheitsgewinnen abwägen müssten. Im Einzelnen nannte er den Ausbau der Videoüberwachung, die Speicherung von Telefon- und Internetdaten auf Vorrat, die Einführung biometrischer Merkmale in Ausweise und Pässe sowie die Zusammenführung von Informationen von Geheimdiensten und Polizeien.

Als allgemeine Begründung gab Clarke an, dass "Aufklärungsinformationen die beste Waffe" im Kampf gegen den Terrorismus seien. London werde nach der Übernahme der Präsidentschaft beim EU-Rat mit dem Parlament zusammenarbeiten, gelobte er. Gleichzeitig stellte er aber gegenüber den Abgeordneten klar: "Das erfordert es, dass Sie akzeptieren, dass wir bestimmte Dinge tun müssen." Andererseits würde die Bevölkerung auf die Regierungen blicken und sie fragen, was sie getan hätten, um weitere Terroranschläge zu vermeiden. Nach Ansicht von Experten könnte höchstens ein Big-Brother-Staat Orwellschen Ausmaßes Anschläge auf öffentliche Verkehrsmittel verhindern, wie sie sich am Donnerstag in London ereigneten. Zumal wenn diese, wie sich momentan im Fall der Terroranschläge in der britischen Hauptstadt abzeichnet, von Selbstmordattentäter verübt werden. Clarke wies Beschuldigungen der Parlamentarier, die perfekte Überwachungsgesellschaft in Europa begründen zu wollen, jedoch von sich. Er beharrte darauf, dass die in London schon fast flächendeckende Videoüberwachung hilfreich sei: "Die Polizei hat bereits 2500 Bänder analysiert", betonte er. Es sei mehr als wahrscheinlich, dass auch die Terroristen darauf gefilmt worden seien. Bei Selbstmordanschlägen hilft aber auch die spätere Identifizierung der Attentäter mithilfe der Aufzeichnungen nicht mehr viel.

Keinen Zweifel ließ Clarke zudem daran, dass der Ministerrat in seiner heutigen Sondersitzung insbesondere das umstrittene Instrument der Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten weiter vorantreiben will. Bei den Gesetzgebungsplänen, die Großbritannien gemeinsam mit Irland, Schweden und Frankreich nach den Madrider Anschlägen vor mehr als einem Jahr angestoßen hat und die seitdem mehrfach überarbeitet wurden, geht es um die Aufbewahrung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten für einen Zeitraum zwischen sechs und 48 Monaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Das EU-Parlament hatte sich im Juni strikt gegen die Maßnahme ausgesprochen und auf einen Richtlinienvorschlag der EU-Kommission gedrängt, bei dem die Abgeordneten im Gegensatz zu dem vom Rat angestrebten Rahmenbeschluss Mitentscheidungsrechte hätten. Die Kommission selbst ist noch gespalten und sieht teilweise wenig Sinn in dem Vorhaben.

"Wir wollen hier einen Beschluss erzielen und diese Sache bekämpfen", erklärte Clarke dagegen mit Verweis auf die Anschlagserie. "Es gab Angriffe, die nicht passiert wären, wenn wir bessere Aufklärungsinformationen gehabt hätten", lehnte sich der Innenminister für die pauschale Überwachungsmaßnahme weit aus dem Fenster. Pikanterweise hat die britische Ratspräsidentschaft im letzten Vorschlag für den Rahmenbeschluss von Ende Juni allerdings den Passus "Verhinderung" terroristischer Anschläge aus dem Katalog der anvisierten Ziele gestrichen. Die "Kommunikationsdaten" seien auch bei den Londoner Untersuchungen momentan "ein handfester Faktor", berichtete Clarke weiter. Sie würden etwa genutzt, um die Beziehungen zwischen den möglichen Attentätern und ihres "weiteren Netzwerks" herauszufinden. Generell ist sich der Brite sicher, dass "Bürger Einschnitte in ihre Freiheitsrechte respektieren, wenn diese in einem transparenten Verfahren erfolgen". Schließlich würden die Terroristen die Demokratie als solche und die freie Marktwirtschaft zerstören wollen, wogegen "wir geschlossen vorgehen müssen".

Zahlreiche Abgeordnete äußerten trotz der Beschwörungen Skepsis gegenüber dem vorgeschlagenen Maßnahmenkatalog. "Blinden Gehorsam von unserer Seite wird es nicht geben", sagte Alexander Alvaro, Berichterstatter zum Thema Vorratsdatenspeicherung. Letztlich stünden die Bürgerrechte zum Führen eines privaten Lebens auf dem Spiel, "für das die Franzosen in ihrer Revolution gekämpft haben". Gemeinsam mit Kathalijne Buitenweg von den Grünen betonte der FDP-Politiker, dass nicht die Parlamentarier die Freiheitsrechte der Bürger, sondern die Vertreter der Regierungen und der Sicherheitsbehörden die Einschnitte rechtfertigen müssten. "Statt Millionen von Websites zu speichern, könnte das Geld für besser zugeschnittene Ermittlungen ausgegeben werden", betonte Buitenweg. Auch die Londoner Liberale Sarah Ludford konnte der geplanten "allgemeinen Massenüberwachung" nicht abgewinnen bei der sinnvollen, spezifischen Bekämpfung des Terrorismus. Absolut unverständlich sei, warum die Regierungsvertreter den Rat der Abgeordneten ignorieren und statt auf eine "offene Debatte und Partnerschaft weiter auf geheime Absprachen im Rat" setzen würden.

Scharfe Kritik an der nun gezeigten Eile bei der Vorratsdatenspeicherung üben auch Bürgerrechtsorganisationen. Die "European Digital Rights"-Initiative und Privacy International etwa haben einen offenen Brief an die Minister geschickt, in dem sie auf die besondere Bedeutung der Menschenrechte gerade in Krisenzeiten aufmerksam machen. Der Vorschlag zur Rundumüberwachung der elektronischen Kommunikation sei dagegen eine "ernsthafte Verletzung des Rechts auf ein privates Leben". Tony Bunyan von Statewatch moniert ferner, dass mit dem Beschluss "jeder in der EU unter Überwachung gestellt würde". Dies könnte auch für die "gesellschaftliche und politische Kontrolle" missbraucht werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Speicherung von Telefon- und Internetdaten soll im Herbst beschlossen werden
Beitrag von: SiLæncer am 13 Juli, 2005, 20:55
Trotz heftiger Bedenken im EU-Parlament, in der Wirtschaft und bei Datenschützern bestehen die Innenminister der EU auf der raschen Verabschiedung des geplanten Rahmenbeschlusses zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten sowie auf einem Bündel anderer Antiterrormaßnahmen. Entsprechende Einigkeit herrschte am heutigen Mittwoch rasch bei einem von der britischen Ratspräsidentschaft eilig anberaumten Sondertreffen in Brüssel nach den Londoner Anschlägen vom Donnerstag. Die umstrittene pauschale Überwachung der elektronischen Kommunikation soll demnach im Oktober verabschiedet werden. Bei dem nun greifbaren Vorhaben geht es um die Verpflichtung von Telekommunikationsanbietern zur Aufbewahrung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Die vorgeschlagenen Zeiträume liegen zwischen sechs und 48 Monaten.

Laut Bundesinnenminister Otto Schily sprechen inzwischen alle Argumente für die gigantische Datensammlung. Die für die Wirtschaft besonders wichtige Kostenfrage werde momentan in "vernünftigen Gesprächen" geklärt. Die britische Ratsführung hat in ihren jüngsten Vorschlag erstmals einen Erwägungsgrund eingebaut, wonach die Mitgliedsstaaten die "finanziellen Bürden" der Industrie im Auge behalten sollten. Schwere Vorbehalte hatten auf den vergangenen Ratssitzungen vor allem noch Niederländer, Finnen und Tschechen erhoben. Die Kritiker in den eigenen Reihen sollen ihre Bedenken unter dem Eindruck der jüngsten Terrorattentate allerdings größtenteils fallen gelassen haben. Hierzulande drängt die CDU/CSU-Fraktion im Bundestag momentan unisono mit den Innenministern der Bundesländer vehement auf die Durchführung der EU-weiten Pläne zur Vorratsdatenspeicherung.

Für Alexander Alvaro, den zuständigen Berichterstatter im EU-Parlament, macht der Großangriff auf die Privatsphäre nach wie vor keinen Sinn. "Wir haben mit Strafverfolgern gesprochen", erläuterte der FDP-Politiker die Bedenken der Abgeordneten gegenüber heise online. "Dort hören wir immer wieder, dass die Vorratsdatenspeicherung nicht essenziell ist für die Ermittlungsarbeit." Der Großteil der Fälle würde auch ohne das Eintauchen in unbeherrschbare Datenarchive gelöst. Alvaro sieht keine Kompromissmöglichkeit gegenüber dem Rat: Wie von den Parlamentariern einstimmig beschlossen, müssten sie bei einem derart weit reichenden Beschluss im Gegensatz zu der von den Ministern gewählten Rechtsgrundlage im Rahmen eines Richtlinienvorschlags der EU-Kommission in die Entscheidung einbezogen werden. Zudem sei zunächst eine Notwendigkeitsanalyse vorzulegen. Andernfalls sei die Drohung der Abgeordneten, im Streit um die Überwachungsmaßnahme den Europäischen Gerichtshof anzurufen, ernst zu nehmen.

Die Kommission hat die Vorlage einer Gesetzesinitiative wiederholt verzögert. Sollte der Vorschlag zunächst vor der Sommerpause erfolgen, kündigte Justizkommissar Franco Frattini diesen nun für September an. Er erklärte, man habe eine "Einigung in der Substanz" bei der Datenspeicherung erzielt. Gleichzeitig kündigte er parallel eine weitere Datenschutzrichtlinie an, um eine Balance bei den Grundrechten zu wahren. Der Generaldirektor für das Kommissariat Informationsgesellschaft, Fabio Colasanti, hält das Vorhaben jedoch angesichts der anfallenden enormen Datenmengen für unrealistisch. Seiner Ansicht nach würden Terroristen schnell neue Wege finden, um miteinander zu kommunizieren. Die meisten Anfragen von Strafverfolgungsbehörden nach den begehrten "Verkehrsdaten" würden zudem binnen der ersten zwei bis drei Monate gestellt werden, in denen zumindest die Telefongesellschaften diese für Abrechnungszwecke in der Regel eh vorhalten.

Kritik an den EU-Plänen kommt auch aus dem Bundestag, der sich wiederholt geschlossen gegen die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen hatte."Der Ruf nach immer weiteren Anti-Terror-Gesetzen sowie die unangemessene Ausdehnung öffentlicher Kameraüberwachung und die Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten ist nicht sinnvoll", hält etwa Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger dem britischen Innenminister Charles Clarke entgegen. Die Innenminister müssten "die Notwendigkeit und die Verhältnismäßigkeit ihrer geplanten Maßnahmen für ein Mehr an öffentlicher Sicherheit nachweisen". Die ersten Fahndungsergebnisse nach den Anschlägen in London würden auf britische Bürger pakistanischer Herkunft als Täter verweisen, ergänzte die Bürgerrechtssprecherin der Liberalen. Der Terror sei so offenbar "strukturell" in der britischen Gesellschaft angekommen. "Ursachen dafür sind auch der Irak-Krieg, Koran-Schändungen und Abu Ghraib", vermutet sie. "Solange diese in der Form weiter bestehen, wird staatliche Überwachung terroristische Handlungen nicht verhindern."

Die EU-Innenminister verständigten sich ferner auf einen verbesserten Informationsaustausch zwischen Europol, der Staatsanwaltschaftsbehörde Eurojust sowie Geheimdiensten, einen beschleunigte Einführung des Schengen- und Visa-Informationssystems, auf einen verbesserten Schutz kritischer Infrastrukturen, die vereinfachte Weitergabe von Flugpassagierdaten und die Ausarbeitung eines Beschlusses zur EU-weiten Einführung biometrischer Ausweise. In Berlin zerbröckelte derweil der Widerstand in der rot-grünen Fraktion gegen einen Gesetzesvorschlag Schilys zur Einrichtung einer bundesweiten Anti-Terrordatei. In der von der Regierungskoalition geplanten Index-Datenbank sollen der Name und wichtige persönliche Daten des Verdächtigen gespeichert und mit weiteren Erkenntnissen verknüpft werden. Die Union fordert eine umfassendere Volltextdatei.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe auch: http://www.heise.de/newsticker/meldung/61677
Titel: Juristen fordern Anpassung der Grundrechte an die digitale Welt
Beitrag von: SiLæncer am 19 Juli, 2005, 21:17
Die Entwicklung einer europäischen Informationspolitik stellt die europäischen Gesetzgeber vor eine besondere Herausforderung, besonders auch in den neuen EU-Mitgliedsstaaten. Auf Initiative der Deutschen Gesellschaft für Recht und Informatik (DGRI) haben sich Juristen aus Deutschland und Osteuropa über Schwierigkeiten mit der Implementierung europäischer Gesetze in den neuen EU-Mitgliedsstaaten verständigt. Jetzt legten sie eine Reihe von Empfehlungen vor.

Kernpunkte dabei sind eine Beteiligung nicht allein des nationalen Gesetzgebers, sondern auch der Wirtschaft und anderer Interessenvertreter der Informationsgesellschaft und die richtige Ausbalancierung unterschiedlicher Rechtsansprüche. Priorität sollten dabei gerade auch die Gewährleistung und Verbesserung der Ausübung von Grundrechten haben, wie etwa das Recht auf Privatsphäre und auf Meinungsäußerung. Die Grundrechte müssten für die digitale Welt neu überdacht und erweitert werden, vor allem das Recht auf Privatsphäre und Informationsfreiheit.

Die unterschiedlichen Regelungen zum Datenschutz einerseits und zur Herausgabe von Daten an Rechteinhaber oder zur möglichen Vorratsdatenspeicherung andererseits, "sind allerdings ganz schön widersprüchlich", sagt der litauische Anwalt und Juraprofessor Mindaugus Kiskis. "Was wir bräuchten, wäre eine kristallklare Grenze, ab wann Kundendaten herausgegeben werden müssen und wie Rechteinhaber ihre Ansprüche nachweisen müssen. Das erscheint fast unmöglich. Kiskis kritisierte, wenn der Schutz von Urheberrechten sogar über das Schutzniveau materieller Güter hinausgehe, sei das überzogen. Mehr Flexibilität bei der Umsetzung in den Mitgliedsstaaten sei angebracht.

Bei der Umsetzung von Richtlinien litten Länder wie das seine auch daran, dass unklare Rechtsbegriffe eingeführt würden. "Die litauischen Gerichte haben drei Jahre gebraucht, um festzustellen, was 'kommerzieller Nutzen' bei Urheberrechtsverletzungen eigentlich ist." Das oberste litauische Gericht entschied kürzlich in einem Fall, dass ein Restaurant, das Musik aus dem Radio spielte, einen kommerziellen Nutzen habe und Verwertungsgebühren an das litauische GEMA-Pendant, die LATGA-A zu zahlen habe, für die es laut GEMA-Informationen sogar eine eigene Polizeieinheit gibt.

Vor der Verabschiedung von neuen EU-Gesetzen sollten viel mehr Daten zum jeweils konstatierten Problem erhoben werden, um die Notwendigkeit für eine EU-weite Regulierung nachzuweisen, findet Kiskis. "Die Existenz von Unterschieden in der sozio-ökonomischen Entwicklung allein sollte kein Grund für eine Regelung sein", heißt es in den Empfehlungen. Nur in Bereichen, in denen unterschiedliche Regelungen eben gerade die "Grundprinzipien der Europäischen Union gefährdet, sollte Harmonisierung zwingend vorgesehen sein". Neben dem Datenschutz listen die Empfehlungen dabei klarere Regelungen zur Verantwortlichkeit von Providern auf.

In dem Punkt, so sagte DGRI-Vorstandsmitglied Mitglied Irini Vassilaki, gibt es auch im alten Mitgliedsland Deutschland derzeit vermehrt Fälle, in denen bestehende Regelungen erodieren oder im Zeichen von mehr Überwachung in Frage gestellt werden. Die Empfehlungen gehen dennoch erst einmal an die neuen Mitgliedsstaaten und die EU-Kommission. Kiskis meint, sie hätten durchaus noch härter ausfallen können.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re:Juristen fordern Anpassung der Grundrechte an die digitale Welt
Beitrag von: Jürgen am 20 Juli, 2005, 03:09
Wie es scheint, wollen hierzulande Gesetzgebung und Exekutive diese Anpassung auch, und zwar auf dem absoluten Nullpunkt.
Laut MoPo vom Montag wurden bislang 19 Deutsche auf Grundlage des EU-Haftbefehls ohne Rechtsschutz und Verfahren an andere Länder ausgeliefert, was - wie wir jetzt wissen - verfassungswidrig war und auf Grundlage eines nichtigen Gesetzes vollzogen wurde. De facto wurde da ein Grundrecht abgeschafft.

Wer ist denn nun der Verfassungsfeind???
Sicher dieselben, die Brief-, Fernmelde-, Beicht- und Steuergeheimnis, das Geheimnis des vertraulich gesprochenen Worts an sich und die Privatsphäre insgesamt der vollkommenen Willkkür sämtlicher Staatsbediensteter unterwerfen wollen.

Es wird höchste Zeit, um unsere Grundrechte zu kämpfen, wenn wir wieder nicht in einem totalitären Polizei- und Unrechts-Staat leben wollen.

Die ausufernde Überwachung aller Bürger wird Terrorismus niemals verhindern, aber uns das Leben zunehmend zur Hölle machen.
Nicht einmal Hassprediger, Wirtschaftskriminelle, Menschen- oder Drogenhändler oder andere wirklich verabscheuungswürdige Monstren wird das schrecken, die wissen sich im Allgemeinen stets optimalen "Rechtsschutz" zu verschaffen, bis zur Verfassungsklage.
Aber dem normalbürger stehen solche Wege oft nicht mehr offen.
Denn wenn man z.B. widerrrechtlich abgeschoben wurde und irgendwo (wegen dann automatisch angenommener Fluchtgefahr) in der Haft verschimmelt, oder dank Hartz4-Pannen nicht nur ohne jedes Bargeld, sondern auch ohne Miete und Krankenversicherung und - da das Null-Einkommen ohne ablehnenden Bescheid noch nicht einmal nachweisbar ist -  sogar ohne Armenrecht dasteht, sind all' die schönen Bürgerrechte praktisch wertlos.

Auf das Verfassungsgericht ist nur bedingt Verlass, auch dessen Entscheidungen sind von den Irrungen des Zeitgeists nicht völlig unbeeinflusst.

Denk' ich an Deutschland in der Nacht, bin ich um den Schlaf gebracht...

Die Grundrechte dürfen nicht weiter eingeschränkt, sondern müssen auf die neuen Technologien erweitert werden! E-Mail muss ebenso vertraulich sein, wie der unverschlüsselte aber verschlossene Brief es lt. GG immer war, Datenabfrage im Rahmen von Amtshilfe und Datenspeicherung müssen im Einzelfall begründet und belegt werden.
Freizügigkeit und freie Berufswahl müssen gewährleistet bleiben, Zwangsarbeit und Arbeit ohne Bezahlung oder zu Dumping-Tarifen gehören verboten und unter Strafe gestellt!
Dieser Staat muss endlich wieder lernen, die Rechte seiner Bürger zu schützen, statt diese und alle folgenden Generationen den globalen Heuschrecken, Sklavenhaltern und anderen Schindern zum Frass vorzuwerfen. Heutzutage wird ja gleich nach dem Minister-Schwur der Inhalt dessen sofort vergessen...

Die Väter unserer Verfassung waren nicht dumm und Erfahrung mit Terror und Massenelend hatten die wahrlich genug!
Das haben unsere heutigen Polit-Laien, Bimbes-Anbeter und Selbstdarsteller offensichtlich in ihrem Wahn vollkommen verdrängt...
Titel: EU plant verschärfte Überwachung im Schengen-Raum
Beitrag von: SiLæncer am 20 Juli, 2005, 21:32
Die EU-Kommission hat einen Vorschlag (PDF-Datei) für eine gemeinsame Entscheidung mit dem EU-Rat ausgearbeitet, mit der die Befugnisse der Strafverfolger zur Überwachung des grenzüberschreitenden Verkehrs innerhalb des Schengen-Raums deutlich ausgeweitet werden sollen. Das Kommunique sieht eine umfassende Ergänzung des Schengener Übereinkommens zur Sicherung der Außengrenzen der angeschlossenen EU-Länder vor. Ziel der verschärften Überwachungsmaßnahmen ist laut Kommission die Verbesserung "des Sicherheitsniveaus der Bürger in der Europäischen Union". Dazu sollen sich nationale Polizei-, Zoll- und Geheimdienstbehörden mit Hilfe des umstrittenen Schengen-II-Informationssystems verstärkt austauschen. Auch sollen gemeinsame Teams zur Verfolgung Verdächtiger gebildet werden.

Gemäß der lancierten Vereinbarung der Mitgliedsstaaten sollen Polizeien künftig auf Nachfrage eine ganze Reihe von Informationen austauschen dürfen: Die Liste wird angeführt von Angaben zu Fahrzeugpapieren, Führerscheinen oder sonstigen Identifikationsunterlagen von Fahrern oder den Führern von Booten und Flugzeugen, geht weiter über Wohnorts- und Reiseinformationen sowie die "Kennungen von Telekommunikationsabonnenten (Telefon, Fax und Internet)" bis hin zu freiwilligen Angaben der Reisenden. Übertragen werden sollen ferner Hinweise aus Strafregistern. Weiter vorgesehen ist die Planung und Koordinierung von Durchsuchungsmaßnahmen und die Rückverfolgung auffälliger Güter wie Waffen oder ramponierter Autos. Gemeinschaftliche Hilfe erfolgen soll zudem bei "operationellen Aktionen, die grenzüberschreitende Überwachung und Verfolgung" einschließen, bei der "kontrollierten Lieferung" von Dossiers sowie bei "verdeckten Operationen".

Um grenzüberschreitende Aktionen unabhängig von den "Kompetenzen gerichtlicher Behörden" durchführen zu können, soll die "Vorbereitung, Harmonisierung und Implementierung operationeller Planungen und Aktivitäten" vorangetrieben werden. Als Beispiele nennt der Kommissionsvorschlag Beschattungen, Durchsuchungen und "Kriminalitätspräventionsmaßnahmen einschließlich der Handhabung öffentlicher Demonstrationen und der entsprechenden Ressourcenbereitstellung". Dazu soll auch die "Interoperabilität" der benötigten Ausrüstung insbesondere bei der Überwachungstechnologie gewährleistet werden. Alle ausgetauschten Daten müssen dem Papier zufolge nach den allgemeinen Bestimmungen des Schengener Übereinkommens zum Schutz der Privatsphäre verarbeitet werden. Ein gesondertes Komitee soll die Einhaltung der Verfahrensregeln prüfen.

Großbritannien und Irland, die bislang nicht komplett an das Schengen-System angeschlossen sind, werden gemäß der Planungen den Beschluss mit umsetzen. Da die Briten momentan die Ratspräsidentschaft innehaben und unter den Eindrücken der Anschläge auf den Nahverkehr in London momentan fast täglich neue Ideen zur Terrorismusbekämpfung EU- und weltweit voranzubringen versuchen, dürfte das Kommunique zügig von den EU-Ministern behandelt und verabschiedet werden. Scharfe Kritik an dem unter der Führung Großbritanniens, der EU und der G8-Staaten geplanten "Antiterror-Regime" kommt aber von zivilgesellschaftlichen Organisationen wie Statewatch. In einem aktuellen Report (PDF) warnen die britischen Bürgerrechtler davor, dass bislang als "drakonische Ausnahmen" gehandelte Überwachungsmaßnahmen zur Norm werden sollen.

Ein Dorn im Auge sind Statewatch vor allem die verstärkten Versuche der Regierungen, Ermittler bei ihrer Arbeit der richterlichen Kontrolle zu entledigen. Dazu käme der erweiterte Einsatz "spezieller investigativer Methoden" wie dem Großen Lauschangriff, Bestechungen und verdeckt arbeitender Agenten. Zudem werde daran gearbeitet, Geheimdienstinformationen von undurchsichtigen und "geschützten" Quellen als Belastungsmaterial vor Gerichten anerkennen zu lassen. Die Tendenz gehe ferner dahin, Bürger schon vor dem Begehen von Straftaten zu kriminalisieren.

Keinerlei Rechtsgrundlage sieht Statewatch für den von den EU-Innenministern bereits gutgeheißenen britischen Vorschlag, nicht nur Pässe, sondern auch Personalausweise mit biometrischen Merkmalen wie Fingerabdrücken technisch hochzurüsten. Die EU befindet sich laut Tony Bunyan von Statewatch gegenwärtig in einem "entscheidenden Moment in ihrer Antwort auf den Terrorismus". Er gibt zu bedenken, dass in einer Demokratie, in der die Rechte und Freiheiten einer Minderheit beschnitten werden, dies gleichzeitig für alle Bürger genauso gelte.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/61910
Titel: Datenschutz: "Meinungsfreiheit ist massiv gefährdet"
Beitrag von: SiLæncer am 22 Juli, 2005, 14:34
Industrie und Datenschützer wehren sich gegen die geplante Vorratsdatenspeicherung. Sie haben rechtliche Einwände, fürchten aber auch finanzielle Risiken. Allerdings lassen sich einige Große der Telekommunikations-Branche ihre Zusammenarbeit mit der Polizei schon heute bezahlen.

"Die Vorratsdatenspeicherung würde enorme Kosten verursachen", so Volker Kitz vom Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom). Eine Erhebung unter Mitgliedern des Verbandes habe ergeben, dass die Kosten für die Bereitstellung von Technik und Personal im Bereich der Sprach-Telefonie allein im ersten Jahr bei "rund 200 Millionen Euro" lägen, "und dies nur bei den großen Firmen und auf der Basis einer Verpflichtung zu sechs Monaten Speicherung", so Kitz.

Bundesinnenminister Otto Schily und Justizministerin Brigitte Zypries unterstützen den Vorschlag ihres britischen Innenministerkollegen Charles Clarke, Telekommunikationsdaten künftig für mindestens ein Jahr, möglicherweise auch länger, speichern zu lassen. Schon im vergangenen Jahr, nach dem Terroranschlag in Madrid, starteten die Briten eine EU-Gesetzesinitiative - unterstützt von Frankreich, Schweden und Irland. Der EU-Ministerrat unter dem Vorsitz der Briten verspricht sich von der geplanten Neuerung Verbesserungen bei der Fahndung nach Terrorverdächtigen und bei der Bekämpfung der Internetkriminalität wie Kreditkartenbetrug, Hehlerei in Tauschbörsen oder auch Kinderpornografie. Beratungen mit den Kollegen hätten ergeben, dass die Mitgliedsstaaten "die Datenspeicherung generell wollen", so Justizministerin Zypries.

Bisher dürfen in Deutschland Telekommunikationsunternehmen und Internetprovider die Daten ihrer Kunden höchstens sechs Monate lang speichern. Diese Regelung des deutschen Telekommunikationsgesetzes wurde erst im Februar dieses Jahres vom Bundestag ausdrücklich bestätigt. In der Praxis speichern die Unternehmen die Daten sogar nur für 80 bis 90 Tage. Die Herausgabe von Kundeninformationen ist an einen Gerichtsbeschluss gebunden, zudem dürfen generell nur solche Daten gespeichert werden, die für die Abrechnung relevant sind, alles andere muss gelöscht werden.

Eine wichtige Einschränkung, wie sich an einem aktuellen Urteil des Darmstädter Amtsgerichtes zeigt. Ein T-Online-Kunde war wegen einer satirischen Äußerung in einem Internet-Forum verklagt worden und konnte von den Ermittlungsbehörden identifiziert werden - weil der Provider die IP-Adresse des Users gespeichert hatte. Allerdings war der 32-jährige ein Flatrate-Kunde, der eine monatliche Pauschale für die Internet-Nutzung zahlt, dessen Rechnung somit nicht von der Dauer seines Aufenthaltes im Netz abhängt. Der Darmstädter Richter erklärte die Speicherung der Kundendaten für unzulässig.

Datenschützer: "Europäische Hintertür"

Da es bisher in vielen Ländern der Europäischen Union kein Gesetz gibt, das vorsieht, Kundendaten auf Verdacht zu speichern, werfen Kritiker dem Ministerrat vor, etwas "durch die europäische Hintertür" durchsetzen zu wollen, wofür es national offenbar keine Mehrheiten gebe, wie Peter Schaar, der Bundesdatenschutzbeauftragte, betont.

Außerdem sei "weitgehend ungeklärt", so Schaar, "welche Daten zu welchem Zweck und wie lange" gespeichert werden sollen. Wären nicht nur Verbindungs-, sondern auch Nutzungsdaten betroffen, also beispielsweise Informationen darüber, auf welchen Websites sich ein Nutzer zu einem bestimmten Zeitpunkt aufgehalten hat, wären "nicht nur der Datenschutz, sondern auch die Meinungsfreiheit massiv gefährdet." Dies ginge in Richtung "Vollerfassung des Verhaltens unschuldiger Bürger" und wäre "ohne Beispiel", so Schaar.

Ralf Sauerzapf, Pressesprecher von Branchenprimus T-Online, sieht zudem finanzielle Risiken auf die Wirtschaft zukommen: "Der Kostenfaktor wäre hoch, der Aufwand riesig." Wenn es nur um die reinen Verbindungsdaten gehe, also die Informationen, wann sich jemand von welchem Rechner aus im Netz aufgehalten hat, halte er die verlängerte Speicherung für "gerade noch machbar." Müssten aber auch Nutzungsdaten gespeichert werden, wäre die "Datenflut nicht beherrschbar, von Datenschutzproblemen mal ganz abgesehen."

Die Zusammenarbeit mit den Ermittlungsbehörden sei "schon jetzt gut", so Oliver Schwartz, Pressesprecher von web.de, "außerdem wird vermutlich die anfallende Datenmenge von Polizei und Politik unterschätzt." Martin Seeger von der Kieler NetUse AG teilt diese Einschätzung: "Ich führe durchschnittlich etwa 70 Telefongespräche am Tag, im gleichen Zeitraum haben meine Rechner etwa 50.000 Kontakte zu anderen Systemen im Internet." Jedes einzelne dieser Ereignisse benötige etwa den gleichen Speicherplatz.

Datenspeicherung: Ein Jobrisiko?

Und während die Branchenführer den finanziellen Aufwand einer wesentlich längeren Speicherdauer womöglich noch bewältigen können, stoßen die kleinen und mittleren Unternehmen vermutlich schnell an ihre Grenzen. "Wir haben 50 Mitarbeiter und machen 6,5 Millionen Euro Umsatz im Jahr", so Seeger, "bei einer vorgeschlagenen Speicherung von 36 Monaten würden die Speicherkosten und das dann notwendige Investitionsvolumen unseren derzeitigen Jahresgewinn um ein Vielfaches überschreiten und nicht nur bei uns die Arbeitsplätze gefährden."

Harald Summa, Geschäftsführer des Verbandes der deutschen Internetwirtschaft (Eco) sieht die "Schmerzgrenze" für eine bindende Speicherung von Verbindungsdaten "bei sechs Monaten". Allerdings seien die beiden wichtigsten Fragen überhaupt noch nicht geklärt: "Was muss gespeichert werden und wie lange?" Klar ist für Summa allerdings, dass die Telekommunikations- und Internetfirmen für ihre höheren Kosten eine Aufwandspauschale erhalten müssten.

Es gibt allerdings schon heute Unternehmen, die sich die Unterstützung der Ermittlungsbehörden bezahlen lassen und Rechnungen für die Preisgabe von Kundeninformationen ausstellen. Die Aufwandsentschädigung liege bei 10 bis 15 Euro pro Auskunft und sei bei einigen großen Unternehmen inzwischen die Regel, so ein Beamter eines Landeskriminalamtes. Zwar sei die Zusammenarbeit mit den Unternehmen "generell gut", so der Ermittler, allerdings werden manchmal auch erfahrene Fahnder von der Kreativität der Internet-Branche überrascht.

Als ein LKA-Beamter bei einem "großen Provider" mit einem Gerichtsbeschluss um Informationen über einen Beschuldigten bat, wurde er von einem freundlichen Mitarbeiter an eine andere Telefonnummer verwiesen. Der Ermittler stutzte, als er sich die Ziffern notierte.

Es war eine kostenpflichtige 0190er-Hotline.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: EU-Kommission will Speicherung von TK-Verbindungsdaten massiv ausweiten
Beitrag von: SiLæncer am 25 Juli, 2005, 09:26
Die EU-Kommission will im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus stärker als bisher bekannt Daten auf Vorrat speichern lassen, berichtet die Tageszeitung Die Welt in ihrer Montagausgabe. Bei dem Vorhaben ging es bislang bereits um die Verpflichtung von Telekommunikationsanbietern zur Aufbewahrung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Die vorgeschlagenen Zeiträume lagen bislang zwischen sechs und 48 Monaten; bis zum Oktober sollen entsprechende Verordnungen nach dem Willen der EU-Innenminister, die nach den Terroranschlägen in London das Vorgehen forcierten, verabschiedet werden,

In einem 17-seitigen, bislang unveröffentlichten Papier der Kommission, das der Zeitung vorliegt, wird nun gefordert, dass Benutzer von Telefon, Handy und Internet von der ersten Sekunde bis zum Ende der Nutzung beobachtet werden sollen, um bis ins Detail festzuhalten, wie sich die Person in den Kommunikationsnetzen bewegt. Laut der vorgeschlagenen von EU-Parlament und EU-Rat sollen nicht nur Nummer, Name und Adresse des Nutzers gespeichert werden, sondern auch Ziel, Datum, Zeit und Zeitdauer der Gespräche beziehungsweise der Internetnutzung sowie die Art und Mittel der Kommunikation -- also ob es sich beispielsweise um ein Gespräch, eine SMS oder eine Konferenzschaltung gehandelt hat. Schließlich strebe die EU-Kommission das Anfertigen von Bewegungsprofilen an, schreibt die Zeitung weiter. Der Ortswechsel des Handy-Benutzers werde nach den Plänen beispielsweise ebenso miterfasst werden, wie die Frage, ob der Zugang zum Internet von einem festinstallierten PC oder einem transportablen Laptop erfolgt.

Bei der umstrittenen Kostenfrage, die bereits zur weitgehenden Ablehnung der bisherigen Pläne durch die betroffenen Firmen unter den Providern und Carriern geführt hat, sieht das Kommissionspapier eine "angemessene" Entschädigung vor. Dies stößt nicht gerade auf Begeisterung beim eco, dem Verband der deutschen Internetwirtschaft -- und das nicht nur weil unklar sei , was "angemessen" bedeute: "Wir haben Zweifel, ob der zusätzliche technische, personelle und finanzielle Aufwand im richtigen Verhältnis zum tatsächlichen Sicherheitsgewinn steht und den Sicherheitsbehörden mehr Erfolg bringt", sagte Oliver Süme, Vorstand für Recht und Regulierung beim eco gegenüber der Zeitung. In der Vergangenheit seien die bereits vorhandenen Möglichkeiten kaum genutzt worden.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/62020
Titel: Datenschützer: Hände weg von den Verbindungsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 25 Juli, 2005, 14:33
Umfassende Verbindungsdatenerfassung nach deutschem Recht verfassungswidrig

Alarmiert reagiert der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, auf Meldungen, wonach nicht nur der Europäische Rat, sondern auch die EU-Kommission eine umfassende Überwachung der Telekommunikations-Verbindungsdaten fordert.

Die Tageszeitung "Die Welt" hatte über ein internes Papier der EU-Kommission berichtet, nach dem Daten zu Benutzern von Telefon, Handy und Internet über die gesamte Zeit der Kommunikation erfasst werden sollen, einschließlich Nummer, Name und Adresse sowie aller zur Lokalisierung des Nutzers dienenden Daten (Standort und Ortsnetz) samt Ziel, Datum, Art und Mittel des Dienstes. Nach parallel verfolgten Initiativen sollen diese Daten bis zu drei Jahre lang gespeichert bleiben. Damit öffne die Kommission die Tür für die TK-Vorratsdatenspeicherung, die von Sicherheitspolitikern seit Jahren gefordert und nach den Terroranschlägen in London wieder verstärkt diskutiert wird, so Weichert.

"Die umfassende Verbindungsdatenerfassung ist ebenso wie die längerfristige Speicherung dieser Daten nach deutschem Recht verfassungswidrig. Es würde sich um eine Rundumüberwachung ins Blaue hinein handeln. Diese kann nicht damit gerechtfertigt werden, dass im Glücksfall hierdurch vielleicht einmal ein Terroranschlag aufgeklärt werden kann. Selbst das Ziel der Bekämpfung schrecklicher Verbrechen kann es nicht rechtfertigen, das Kommunikationsverhalten der europäischen Bevölkerung zu 100 Prozent elektronisch zu erfassen und zur Rasterung bereit zu halten", kritisiert Weichert die Pläne.

Der jüngste Vorstoß der EU-Kommission sei ein erneuter Versuch des "Policy Laundering" (der "Politikwäsche"): "Über europäische Regelungen soll das an Überwachung durchgesetzt werden, was auf nationaler Ebene nicht akzeptiert würde. Diese Strategie setzt Europa als freiheitliche und demokratische Wertegemeinschaft aufs Spiel", so Weichert weiter.

Quelle : www.golem.de
Titel: Proteste gegen EU-Überwachungspläne
Beitrag von: SiLæncer am 25 Juli, 2005, 16:09
Das Vorhaben der EU-Kommission, Provider zur monatelangen Speicherung von Verbindungs- und Standortdaten bei der elektronischen Kommunikation zu verpflichten, um bis ins Detail festzuhalten, wie sich die Person in den Kommunikationsnetzen bewegt, stößt bei Wirtschaft und Datenschützern auf heftige Ablehnung. Die jüngsten Brüsseler Pläne schießen nach Ansicht von Juristen, Datenschützern und Providervertretern über das Ziel hinaus.

Die kühnsten Träume der Ermittler würden festgeschrieben, empört sich Volker Kitz, Rechtsexperte beim Branchenverband Bitkom. Datenschützer wie Thilo Weichert vom ULD kritisieren die "Rundumüberwachung ins Blaue hinein". Prinzipielle Einwände hat etwa der Frankfurter Jurist Patrick Breyer: "Man setzt hier sehr sensible Daten staatlichen, aber auch missbräuchlichen Zugriffen Privater aus", fürchtet er. "Wenn wir den Strafverfolgern alles geben, was sie für ihre Arbeit für nützlich halten, haben wir am Ende den totalen Überwachungs- und Polizeistaat und doch keine Sicherheit."

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/62049
Titel: Präventive Telefonüberwachung verstößt gegen Grundgesetz
Beitrag von: SiLæncer am 27 Juli, 2005, 11:35
Das Bundesverfassungsgericht entschied heute, dass Niedersachsens Sicherheitsgesetz gegen das Grundgesetz verstößt. Laut dem Sicherheitsgesetz sollte die Polizei die Möglichkeit erhalten, ohne konkreten Tatverdacht Telefone abzuhören. Die vorbeugende Telefonüberwachung ist nach der Entscheidung des Gerichts (Az.: 1 BvR 668/04) nur noch unter strengen Auflagen möglich.

Zur Begründung führten die Richter an, dass die in Niedersachsen vorgesehenen Bestimmungen unverhältnismäßig in das Fernmeldgeheimnis eingegriffen hätten. Zudem sei die polizeiliche Ermächtigung unbestimmt und es fehlten Vorkehrungen, dass Gespräche im Kernbereich privater Lebensgestaltung nicht abgehört beziehungsweise unmittelbar gelöscht werden. Außerdem habe Niedersachsen in die Gesetzgebungsbefugnis des Bundes eingegriffen, da mit der Telefonüberwachung auch Strafverfolgung bezweckt werde. Nach dem Karlsruher Urteil ist ein präventive Telefonüberwachung nur dann legal, wenn ein konkreter Hinweis auf die Vorbereitung oder Planung einer Straftat vorliegt.

Ein Oldenburger Richter hatte Verfassungsbeschwerde gegen die Ende 2003 in Kraft getretene Abhörmöglichkeit eingelegt. Er sieht darin eine Verletzung des Fernmeldegeheimnisses, weil auch unbescholtene Bürger überwacht werden dürften. Nach der Vorschrift hätte Niedersachsens Polizei auch ohne konkreten Tatverdacht Telefongespräche abhören sowie Verbindungsdaten, Standortkennungen von Handys, E-Mail- und SMS-Verkehr auswerten dürfen. Nach der Karlsruher Entscheidung ist eine präventive Telefonüberwachung allerdings nicht ganz unmöglich -- es muss allerdings unter anderem ein konkreter Verdacht auf Planung einer Straftat vorliegen.

[Update]:
Die Entscheidung bewege sich "im Spannungsfeld von Freiheit und Sicherheit", erklärte Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, bei Verkündung des Urteils. Es gebe keine Freiheit, wenn nicht auch Sicherheit herrsche. "Aber Sicherheitsgesetze, die staatliche Eingriffe erlauben, beschränken zugleich die Freiheit und können die Bürger im Extremfall eher verunsichern."

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/62150
Titel: Re:Präventive Telefonüberwachung verstößt gegen Grundgesetz
Beitrag von: Jürgen am 27 Juli, 2005, 12:00
Wieder einmal zeigt sich, dass die wahren Verfassungsfeinde in den Regierungen sitzen, versteckt hinter ihrer selbstgewährten Abgeordneten-Immunität...

Immerhin geht's hier um elementares Grundrecht, das eben nicht zum Gegenstand der "Tagespolitik" nach Massgabe der Blöd-Zeitung werden darf.

Die besondere Bedeutung der Grundrechte lernt man sogar auf der "Baumschule", Schulpflicht gilt auch in Niedersachsen, sogar für Dorftrottel, deren fehlender Intellekt ihnen wohl keine Wahl lässt, als Berufs-Politiker zu werden...
Unkenntnis ist also keine geeignete Ausrede.
Die wahren Gründe für solche Politik sind offenschtlich Menschenhass, elitärer Herrenmenschen-Dünkel, Machtgeilheit mit dem perversen Trieb zum Erniedrigen des "einfachen Volks" und völlige Skrupellosigkeit.

Es steht jedem der Beteiligten frei, dass Gegenteil zu beweisen...

Die Abgeordneten, die für dieses schändliche Gesetz gestimmt haben, sollen sich gefälligst ein neues Volk wählen!

Möge der Zorn des Wählers die Verantwortlichen in den Ausguss der Geschichte spülen!


Jürgen
Titel: Re:Verhindert mehr Überwachung Terror?
Beitrag von: Warpi am 27 Juli, 2005, 14:23
Gut da man wenigstens in Karlsruhe noch denken kann. :)
Bei gewissen Politikern scheint mir das nicht mehr der Fall zu sein. ;D
Titel: Karlsruher Überwachungsurteil: Sieg für die Persönlichkeitsrechte
Beitrag von: SiLæncer am 27 Juli, 2005, 14:29
Das Urteil, mit dem das Bundesverfassungsgericht das niedersächische Polizeigesetz gekippt hat, wird von vielen Boebachtern ähnlich wie die Entscheidung gegen den Großen Lauschangriff als richtungsweisend angesehen. Karlsruhe habe "deutliche Grenzen für eine heimliche Telefonüberwachung durch die Polizei gesetzt", freut sich der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar über die Bekräftigung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung der Bürger.

Erleichtert reagiert auch der niedersächsische Datenschutzbeauftragte, Burckhard Nedden, auf den Spruch der höchsten deutschen Richter: "Der in letzter Zeit allzu oft beschrittene Weg, Grundrechte zur Disposition zu stellen, um die staatliche Strafverfolgung oder -vorbeugung zu perfektionieren, wird so nicht mehr Bestand haben können". Dass das Urteil weit über Niedersachsen hinaus Wirkungen haben wird, glaubt auch der Erfurter Öffentlichkeitsrechtler Manfred Baldus. Er forderte im Gespräch mit heise online: "Auch vergleichbare Polizei- und Verfassungsschutzgesetze der Länder müssen jetzt überprüft werden".

Auch Bernhard Witthaut, stellvertretender Vorsitzender der Gewerkschaft der Polizei, begrüßt die "Schaffung von Rechtssicherheit". Der Begriff der "vorsorgenden Strafverfolgung" sei völlig unbestimmt gewesen und hätte die Polizei bei der Bevölkerung als "Oberverdachtsschöpfer" in ein schlechtes Licht rücken können. Der Bundesvorsitzende der Deutschen Polizeigewerkschaft beklagt dagegen, dass "uns die Strafverfolgung im Bereich des Terrorismus deutlich schwerer fallen wird."

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/62164
Titel: Unterschriftenkampagne gegen verdachtsunabhängiges Datensammeln
Beitrag von: SiLæncer am 28 Juli, 2005, 10:47
"Daten speichern ist keine Lösung gegen Terrorismus und Verbrechen!" Unter diesem Motto werben die europäische Bürgerrechtsrorganisation European Digital Rights Initiative (EDRI) und der niederländische Provider XS4All für eine Unterschriftenkampagne gegen Brüsseler Pläne zur verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten auf Vorrat. Die Vorratsdatenspeicherung sei ein Eingriff in die Privatsphäre der 450 Millionen Bürger Europas, warnt EDRI. Sie erweitere das Potenzial, die Bürger in nie da gewesener Weise zu überwachen. Der Vorschlag der EU-Kommission, der bereits heftige Proteste ausgelöst hat, ist laut EDRI ein klarer Verstoß gegen Datenschutzregelungen in Europa und insbesondere den Paragraph 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention.


Bei dem Vorhaben ging es bislang bereits um die Verpflichtung von Telekommunikationsanbietern zur Aufbewahrung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Die vorgeschlagenen Zeiträume lagen bislang zwischen sechs und 48 Monaten; bis zum Oktober sollen entsprechende Verordnungen nach dem Willen der EU-Innenminister, die nach den Terroranschlägen in London das Vorgehen forcierten, verabschiedet werden. Nach den jüngsten Plänen sollen nun Benutzer von Telefon, Handy und Internet von der ersten Sekunde bis zum Ende der Nutzung beobachtet werden sollen, um bis ins Detail festzuhalten, wie sich die Person in den Kommunikationsnetzen bewegt. Auch wird das Anfertigen von Bewegungsprofilen angestrebt.

Die EDRI hatte Anfang der Woche diesen jüngsten Vorschlag der Europäischen Kommission veröffentlicht. In vielen Punkten, schreibt die EDRI, gleiche der Kommissionsvorschlag dem hoch umstrittenen Vorschlag im Rat aus dem vergangenen Jahr. Mit der Einbeziehung von Kommunikationsdiensten wie Voice-over-IP gehe die Vorlage sogar noch weiter, warnte Oliver Süme vom Provider-Verband eco. Mobilfunkbetreiber dürften zudem wenig erfreut darüber sein, dass sie SMS- und Lokationsdaten für mindestens ein Jahr zu speichern haben. Allerdings hat die Kommission klar gemacht, dass die Direktive nur unter Beteiligung des Parlaments in einem so genannten Mitentscheidungsverfahren verabschiedet werden kann.

"Die Ratsvorlage ist allerdings noch nicht vom Tisch", sagte Maurice Wessling vom niederländischen Bits for Freedom im Gespräch mit heise online. Laut aktueller Informationen von EDRI will der Rat der Justiz- und Innenminister das Thema am 12. Oktober erneut auf die Tagesordnung setzen. Problem für die Justizminister: Eine Entscheidung muss einstimmig gefällt werden; dem steht ein klares Mandat des niederländischen Parlaments entgegen, das seinen Regierungsvertreter angewiesen hat, nicht zuzustimmen. "Das niederländische Parlament blockiert damit eine Ratsentscheidung", erklärte Wessling, "wie es sich zu einem Mitentscheidungsverfahren stellt, wissen wir allerdings nicht."

Der Berichterstatter des Parlaments Alexander Alvaro hatte angekündigt, das Parlament werde in einem Mitentscheidungsverfahren darauf bestehen, dass Notwendigkeit und Wirksamkeit der vorgeschlagenen Maßnahmen nachgewiesen werden müssen. Genau dazu aber, meint Wessling, sagt auch der Kommissionsvorschlag nichts Neues. Im Gegenteil, die Kommission räumt vielmehr ein, dass es derzeit praktisch keine wirklich aussagekräftigen Statistiken gebe. Diese sollen vielmehr nach der europaweiten Einführung der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung erst bei den Unternehmen erhoben und zur Evaluation herangezogen werden. "Der Nachweis soll also erst erbracht werden, wenn man die Speicherung schon eingeführt hat", kritisiert Wessling.

In den kommenden beiden Monaten wollen die Bürgerrechtler daher Unterschriften in ganz Europa sammeln, die Kommission und Parlament auffordern, Datenschutz und Grundrechte bei ihren Überlegungen ausreichend zu würdigen. Schon vor dem offiziellen Start der Aktion, der heute beim Auftakt zur Konferenz "What the Hack" erfolgen soll, haben über 1500 Personen die Petition unterschrieben.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/62198
Titel: EU-Kommission besteht auf eigenem Vorschlag zur Telefondatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 29 Juli, 2005, 16:18
Zwischen der Europäischen Kommission und den 25 EU-Staaten verschärft sich ein Streit um vorgeschlagene Maßnahmen im Kampf gegen den Terrorismus. Ein Sprecher von EU-Justizkommissar Franco Frattini bekräftigte heute die Absicht der Brüsseler Behörde, einen eigenen Gesetzesvorschlag zur Speicherung von Telefon- und Handydaten vorzulegen. Die Kommission wolle dem Vorstoß einiger Mitgliedstaaten im September ihr Vorhaben entgegensetzen.

Frattinis Sprecher Friso Roscam Abbing betonte, es gebe "eine Reihe guter Argumente", weshalb der Kommissionsvorschlag für eine Richtlinie besser sei als ein Rahmenbeschluss, wie die Mitgliedstaaten ihn bisher anstreben. Eine Richtlinie sei wegen der Mitentscheidung des Europa-Parlaments demokratischer, die Umsetzung eines solchen EU-Gesetzes sei juristisch leichter durchzusetzen und es enthalte strengere Auflagen in Sachen Datenschutz. Ein Rahmenbeschluss, wie die EU-Staaten ihn bisher anstreben, würde ohne Zutun von Kommission und Parlament im Ministerrat beschlossen.

Unklar ist bisher, ob die Kommission ihren Vorschlag rechtzeitig zum informellen Treffen der Innen- und Justizminister Anfang September im englischen Newcastle vorlegen kann. Auf jeden Fall solle der Entwurf zum regulären Ratstreffen Anfang Oktober fertig sein, sagte der Frattini-Sprecher. Die Kommission hat ihre Arbeit an Maßnahmen zum Kampf gegen den Terrorismus seit den Anschlägen von London verstärkt. Die Zahl der Beamten, die sich mit diesen Fragen beschäftigen, wurde auf 25 aufgestockt.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/62274
Titel: Niedersachsens Justizministerin fordert "neues Sicherheitskonzept"
Beitrag von: SiLæncer am 30 Juli, 2005, 11:47
Angesichts der zunehmenden Bedrohung durch den internationalen Terrorismus hat Niedersachsens Justizministerin Elisabeth Heister-Neumann (CDU) eine "neue Sicherheitsarchitektur" gefordert. "Wir brauchen dringend eine engere Zusammenarbeit zwischen Verfassungsschutz, Polizei und Justiz", sagte Heister-Neumann in einem dpa-Gespräch in Hannover. Nachdem das Bundesverfassungsgericht das Anfang 2004 in Kraft getretene niedersächsische Gesetz zur vorbeugenden Telefonüberwachung gekippt hat, werde das Land noch in diesem Jahr eine überarbeitete Regelung auf den Weg bringen.

"Wir werden das neue Gesetz so wasserdicht machen, wie es irgend möglich ist", sagte die Ministerin. Aber selbst mit den Vorgaben der Karlsruher Richter werde es Niedersachsen möglich sein, eine auch im Kampf gegen den Terrorismus wirksame Regelung zu erarbeiten. Fälle wie der eines Göttinger Castor-Gegners, dessen Telefongespräche abgehört worden waren, weil er im Verdacht stand, bei einem Castor- Transport die Gleise blockieren zu wollen, werde es künftig nicht mehr geben: "So etwas sollte nicht ausgeweitet worden. Das muss wirklich nicht sein", meinte Heister-Neumann.

Konflikte mit dem kleineren Koalitionspartner FDP bei der Überarbeitung des niedersächsischen Polizeigesetzes befürchte sie nicht, sagte Heister-Neumann. In der Diskussion um die Auswirkungen des Karslruher Grundsatzurteils hatte sich FDP-Fraktionschef Philipp Rösler erleichtert gezeigt und den Kurs der CDU kritisiert. "Ich bin dennoch davon überzeugt, dass wir mit der FDP eine gemeinsame Grundlage erarbeiten können", betonte die Ministerin. "Verantwortliche Politik muss vorher nachdenken und nicht erst, wenn etwas passiert ist."

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/62284
Titel: Polizeigewerkschaft fordert wirksamere Anti-Terrormaßnahmen
Beitrag von: SiLæncer am 03 August, 2005, 12:46
Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) hat die bisher ergriffenen Anti-Terrormaßnahmen als unzureichend kritisiert. "Konkrete Maßnahmen zur wirksamen Bekämpfung des islamistischen Terrorismus müssen endlich umgesetzt werden", verlangte der GdP-Bundesvorstand in einem am Mittwoch verabschiedeten "Berliner Appell". Der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg warf den politisch Verantwortlichen eklatante Handlungsdefizite vor. Führende Innenpolitiker wiesen seit langem auf die bedrohliche Gefahrenlage hin. Doch es reiche nicht aus, nur darüber geredet zu haben. Anstelle des Wahlkampfgetöses bedürfe es vielmehr einer parteiübergreifenden Anstrengung.

Als Sofortmaßnahmen forderte die GdP die Wiedereinführung der Kronzeugenregelung, die Einrichtung einer praxisgerechten Anti-Terror-Datei, die Einführung des genetischen Fingerabdrucks als Standardmaßnahme bei der erkennungsdienstlichen Behandlung und die längere Aufbewahrung von Telekommunikationsverbindungsdaten. Die nötigen Änderungen beim EU-Haftbefehl, den das Bundesverfassungsgericht vorläufig gestoppt hat, müssten schnell umgesetzt werden. Ferner verlangt die GdP, die technische Wohnraumüberwachung praxisgerecht zu gestalten. Nach dem vom Verfassungsgericht erzwungenen neuen Gesetz muss eine Lauschaktion sofort abgebrochen werden, wenn die Gespräche den privaten Bereich betreffen.

Die Forderung nach einem Einsatz der Bundeswehr im Inneren wies die GdP als gezielte Irreführung der Öffentlichkeit zurück. Freiberg nannte es abenteuerlich, "wie manche Ministerpräsidenten von ihrer knallharten Sparpolitik bei der Polizei ablenken wollen".

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/62407
Titel: Versetzt die mobile Welt dem Datenschutz den Todesstoß?
Beitrag von: SiLæncer am 05 September, 2005, 18:04
Am Rande der IFA in Berlin forderten Experten auf dem Symposium "Mobile Kommunikation und Datenschutz" (PDF-Datei) angesichts der absehbaren ubiquitären Informationsverarbeitung mit Handhelds, RFID und Sensoren neue Konzepte für den Schutz der Privatsphäre. "Die geltenden Datenschutzrechte sind auf die neuen Anforderungen nicht vorbereitet", betonte Alexander Rossnagel, Professor für öffentliches Recht an der Universität Kassel. Statt dass der Gesetzgeber wie bisher spezifische Schutzbereiche für die Verwendung von Daten im öffentlichen und privaten Bereich festlege, "müssen wir zu ganz anderen Vorstellungen kommen, wie informationelle Selbstbestimmung technisch unterstützt werden kann." Software-Agenten, welche die Datenschutz-Präferenzen ihrer Nutzer gespeichert haben, könnten etwa in die Verarbeitung der persönlichen Informationen "technisch einwilligen" oder eine Warnung bei einer unerwünschten Datenabgabe ausstoßen.

Die Herausforderungen für den Datenschutz, welche die mobile Welt mit allgegenwärtigen Internetzugängen, Foto-Handys, Sensoren und RFID-Chips mit sich bringt, sind gewaltig. Die Frage, wie beim so genannten Ubiquitous Computing das informationelle Selbstbestimmungsrecht aufrecht erhalten werden soll, "kommt in den Hochglanzprospekten der Aussteller auf der Funkausstellung noch erheblich zu kurz", konstatierte der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix. Immer mehr elektronische Gadgets sollten möglichst unbemerkt miteinander kommunizieren, wobei bestehende Grundsätze wie eine vorab erfolgende Einwilligung in einen Datentransfer nicht mehr aufrecht zu erhalten seien. Mit den gängigen Ge- und Verboten komme man nicht mehr weiter, zumal mit der Erhebung von immer mehr personenbezogenen Daten das Interesse daran sowohl auf staatlicher als auch auf privater Seite zunehme.

Als Beispiel für die Bedrohungen führte Elliot Maxwell von der Johns Hopkins University in Washington die "Explosion" im Bereich RFID an. Schon heute würden immer mehr mobile IT-Geräte eine eindeutige Kennung erhalten. Ein Trend, der über den Einzug von Funkchips in bisher nicht mit Rechenkraft ausgestatteten Alltagsgegenstände deutlich ausgeweitet werde. Texas Instruments etwa plane, RFID-Tags nicht mehr nur in Medizinbehälter zu implantieren, sondern "in jede einzelne Pille". Generell sei absehbar, dass die Technik immer öfter direkt zur Kontrolle von Kranken, Älteren oder Gefangenen zum Zuge komme. Es sei daher unabdinglich, den Schutz der Privatsphäre bei der kommenden RFID-Chip-Generation schon im Design zu implementieren. Besonders wichtig ist für Maxwell der Einbau einer Option, mit der sich die Tags an- und abschalten lassen. Dies lasse dem Einzelnen die Freiheit, etwa beim Kauf einer teuren Uhr spätere Garantieansprüche zu nutzen, ohne jedoch ständig verfolgbar zu sein. Auch der Passwortschutz und die Verschlüsselung der Kommunikation mit Lesegeräten müsse verbessert und durch eine Funktion ergänzt werden, die unerwünschte Ausleseprozesse der Chips sofort bekannt gebe.

Als weiteres wichtiges Element der Neuausrichtung beim Datenschutz betrachten die Experten eine bessere Möglichkeit für Unternehmen, mit Vorkehrungen zur Aufrechterhaltung der Privatsphäre werben zu können. "Ich kann nur appellieren an die Politik, Datenschutz auch als positiven Wettbewerbsfaktor zu sehen", erklärte Dix. Ihm zufolge steht der Gesetzgeber nach der Wahl "in der Pflicht", ein bundesweites Datenschutz-Auditgesetz zu erlassen und darin die entsprechenden Rahmenbedingungen vorzunehmen. Schon seit längerem räche es sich, dass Rot-Grün eine zweistufige Reform des Datenschutzrechts vorgehabt, aber nur einen Teil umgesetzt habe.

Hansjürgen Garstka, Vorstandsvorsitzender der Europäischen Akademie für Datenschutz und Informationsfreiheit, bezeichnete auch den von Brüssel gelegten Rahmen als "ernüchternd". Für die gesellschaftliche Bedeutung der Mobilkommunikation gebe es in EU-Papieren bislang "wenig Raum". Besonders enttäuscht zeigte er sich über den internen Entwurf für eine Direktive der EU-Kommission zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internet-Daten. "Was die Hardliner im Rat noch nicht durchgesetzt hatten, steht jetzt in der Richtlinie drin", empörte sich Garstka über die Ausdehnung des Anforderungskatalogs an Daten, welche Vertreter der nationalen Regierungen bei den Diskussionen über einen eigenen Rahmenbeschluss zunächst festgezurrt hatten. So poche die Kommission auf der Speicherung aller Zelleninformationen zur Standortbestimmung im Mobilfunk auch während laufender Gespräche zusätzlich zu den generell generierten Verkehrs- und Standortdaten inklusive SMS, MMS, Rufnummern, Nutzeranschriften sowie den Teilnehmer- und Gerätekennungen. Im Ministerrat seien bisher "nur" Angaben über die Anfangs- und Endzellen bei der Mobilkommunikation verlangt worden.

Dix warnte vor einem "Dammbruch zu Lasten des Datenschutzes", falls die Linie der Kommission akzeptiert würde. Provider müssten "das gesamte Bewegungsprofil eines Mobilfunkteilnehmers flächendeckend bei jedem Gespräch ohne Verdacht speichern", gab er zu bedenken. Damit würde sich "das gesamte Überwachungspotenzial der Netze realisieren, vor dem wir immer gewarnt haben". Die Datenschutzbeauftragten hätten schon vor Jahren gesagt, dass die Infrastruktur datenschutzfreundlicher aufzubauen sei. Die Anbieter hätten damals abgewunken, weil sie selbst kein Interesse an den genauen Standortdaten hatten.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/63610
Titel: EU-Parlament debattiert über Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten
Beitrag von: SiLæncer am 07 September, 2005, 16:35
Der britische Innenminister Charles Clarke will im Namen des EU-Rates an seinem umstrittenen Anti-Terrorkurs und einer Verstärkung von Überwachungsmaßnahmen in der EU festhalten. So forderte er in einer dreieinhalbstündigen Plenardebatte im EU-Parlament in Straßburg am heutigen Mittwoch erneut einen verbesserten internationalen Austausch von Flugpassagierdaten, die Aufrüstung aller europäischer Ausweisdokumente und Visa mit biometrischen Merkmalen, den raschen Ausbau des Schengen-Informationssystems sowie die pauschale Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Um Terroristen vor geplanten Anschlägen stoppen zu können, müssten Polizei und Geheimdienste ein klares Bild über die Kommunikationsstränge der Kriminellen haben und die Menschen- sowie Bürgerrechte im Zweifelsfall zurückstehen, begründete der Labour-Politiker den EU-Anti-Terroraktionsplan des Ministerrates.

Viele Abgeordnete quer durch alle Parteien stellten aber insbesondere die geplante Vorratsdatenspeicherung in Frage, bei der es um die Aufbewahrung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten für einen Zeitraum zwischen sechs und 48 Monaten geht, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Diese Maßnahme sei keineswegs unabdingbar, betonte der griechische Sozialist Stavros Lambrinidis, da die Terroristen sich rasch auf sie einstellen und ihren Informationsaustausch verstecken oder über öffentliche Telekommunikationseinrichtungen abwickeln würden. Der Vorsitzende der Liberalen, Graham Watson, bezeichnete den bisherigen EU-Ansatz als "unangemessen und kurzsichtig". Als Folge der Handlungen einiger Fanatiker dürfe nicht die gesamte Bevölkerung unter Beobachtung gestellt werden.

Die niederländische Sozialdemokratin Edith Mastenbroek war sich mit Herbert Reul von der CDU einig, dass die Vertreter des EU-Rates und der -Kommission zunächst genauer nachweisen müssen, dass die umstrittenen Maßnahmen erforderlich sind. Clarke habe zwar einzelne Beispiele gegeben, in denen eine Vorratsdatenspeicherung Früchte getragen habe. Damit sei die Pauschalüberwachung aber nicht zu rechtfertigen. Auch sein Parteikollege Elmar Brok setzte sich dafür ein, "nicht immer nur an der Schraube der Inneren Sicherheit zu drehen". Es seien bereits zahlreiche Anti-Terrormaßnahmen in den vergangenen Jahren beschlossen, von den Mitgliedsstaaten aber nur mangelhaft umgesetzt worden. Mehrere grüne Parlamentarier sprachen sich ebenfalls gegen einen Ausbau des "Polizeistaates" aus, während einzelne Vertreter von Liberalen, Sozialisten und der christdemokratischen Volkspartei auch für Clarke und die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung plädierten.

EU-Justizkommissar Franco Frattini, der für den 21. September eine fertige Version für einen Vorschlag der Kommission zur Massenspeicherung der Telekommunikationsdaten plant, will gewährleisten, dass nur gezielte Daten in Zusammenhang mit Terrorismus oder anderen Kapitalverbrechen gespeichert werden. Sein Arbeitsentwurf hat bei Datenschützern allerdings schon herbe Enttäuschung ausgelöst. Alexander Alvaro, der EU-Berichterstatter zur Vorratsdatenspeicherung, sieht schon in der Vorlage eines Richtlinienentwurfs der Kommission dagegen einen "Etappensieg", da im Rahmen eines solchen Gesetzgebungsverfahrens das Parlament im Unterschied zu einem Ratsbeschluss ein Mitspracherecht hat.

Sollten die Innnenminister trotzdem auf ihrer morgen beginnenden Tagung in Newcastle weiter an einer eigenen Vorlage für die umstrittene Überwachungsmaßnahme festhalten, würden sie eine "inter-institutionelle Krise" riskieren. Kompromissbereitschaft zeichnet sich zumindest bei Clarke aber nicht ab: Seinen Kritikern im Parlament warf er unter anderem "Desinformation" vor.

Quelle : www.heise.de
Titel: Ratsbeschluss zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten steht auf der Kippe
Beitrag von: SiLæncer am 08 September, 2005, 19:44
Die Innen- und Justizminister der EU mussten sich bei einem Treffen am heutigen Donnerstag in Newcastle scharfe Kritik an ihren Plänen anhören, Telekommunikationsanbieter zur Speicherung der elektronischen Spuren ihrer Kunden über Jahre hinweg zu verpflichten. Erstmals waren zu der Zusammenkunft auch Vertreter der Wirtschaft geladen, die seit langem gegen die Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten Sturm laufen. In Deutschland bekämpfen die pauschale Überwachungsmaßnahme unter anderem die Branchenverbände Bitkom und eco sowie der Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), weil sie diese für ineffektiv, unverhältnismäßig und zu kostspielig halten. Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder forderte die Politik nun auf, die Bedenken der Industrie ernst zu nehmen.

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar nahm die Tagung zum Anlass, erneut vor dem Vorhaben zur Ausweitung der Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten zu warnen, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen. Dies hätte zur Folge, dass Millionen von Datensätzen völlig unschuldiger Nutzer quasi "auf Vorrat" überwacht würden. Höchst sensible und vom Grundgesetz geschützte Daten müssten ohne konkreten Anlass für mögliche künftige Strafverfolgungsmaßnahmen aufbewahrt werden. Der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP) erinnerte daran, dass statt der "uferlosen Speicherung" ein verdachtsbezogenes Dateneinfrieren ("Quick Freeze") über die bisher zulässige dreimonatige Speicherfrist hinaus zu bevorzugen wäre.

Proteste hagelt es auch von den letztlich Betroffenen: Fast jeder zweite Bundesbürger (47 Prozent) ist nach einer repräsentativen Befragung der Forschungsgruppe Wahlen im Auftrag von Colt Telecom nicht damit einverstanden, dass seine Telekommunikationsdaten über einen längeren Zeitraum detailliert gespeichert werden. Gleichzeitig lehnen es 78 Prozent der Befragten ab, die aus der Vorratsdatenspeicherung resultierenden Kosten zu tragen.

Vor allem der britische Innenminister Charles Clarke warb -- wie bereits am gestrigen Mittwoch im EU-Parlament -- für die Rundumüberwachung der Nutzer. Die Vorratsdatenspeicherung sei essenziell, weil sie Strafverfolgern das Sammeln von Beweismaterial gegen Verdächtige etwa bei der Terrorbekämpfung erleichtere. Einwände tat der Labour-Politiker ab: Bei der Kostenfrage seien Entschädigungsregelungen denkbar, wie sie in Großbritannien bereits in Kraft sind. Zudem würden die Betreiber generell schon Verbindungsdaten für Rechnungszwecke vorhalten und jetzt nur gebeten, "dies für etwas länger zu tun".

"Es hält sich hartnäckig das Missverständnis, die Unternehmen müssten ohnehin vorliegende Daten einfach nur länger aufbewahren. Das ist falsch", hält Rohleder im Namen des Bitkom dagegen. Sollten die EU-Pläne Wirklichkeit werden, müssten die TK-Unternehmen auch bislang nicht verarbeitete Daten erheben. Dazu würden Informationen über erfolglose Anrufversuche, Daten über den Standort eines Mobiltelefons während und am Ende eines Gesprächs sowie die Protokollierung aufgerufener Webseiten im Internet gehören. "Diese Informationen sind für die Abrechnung ohne Bedeutung und dürfen daher nach geltendem Datenschutzrecht nicht gespeichert werden", betonte Rohleder. Die Unternehmen müssten die technischen Voraussetzungen für die Erhebung dieser Daten erst schaffen. Die Kosten für die deutsche Telekommunikationsbranche schätzt sein Verband auf weit mehr als 200 Millionen Euro allein im ersten Jahr.

Gegenwind aus dem Rat bläst Clarke etwa aus Deutschland entgegen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries und Bundesinnenminister Otto Schily sind sich einig, dass das Vorhaben, auch Daten zu erfolglosen Anrufe zu speichern, die zusätzlichen Kosten nicht rechtfertigen würde. Generell setzen sich aber beide SPD-Politiker entgegen eines klaren Votums des Bundestags weiter für die Vorratsdatenspeicherung ein. Zypries will die Pauschalüberwachung auf sechs Monate begrenzen. Dass es ein Interesse der Fahnder daran gebe, wüsste ja jeder, "der regelmäßig Tatort guckt". Der von ihr gewünschte Zeitrum entspreche dem Willen des Parlamentes. Der Bundestag hat sich aber gegen jegliche Mindestspeicherfrist ausgesprochen. Schily beharrt gar auf einer zwölfmonatigen Datenlagerung. Die aktuellen Papiere des EU-Rates sehen Speicherfristen zwischen sechs Monaten und drei Jahren vor.

Angesichts der offenen Fragen geht Zypries nicht mehr davon aus, dass die Minister ihren Zeitplan bei der Verabschiedung des Rahmenbeschlusses halten. Sie hatten nach den Londoner Anschlägen im Juli vor, auf ihrem Treffen im Oktober eine Einigung zu erzielen. Clarke ist dagegen optimistisch, die Gesetzesvorlage in vier Wochen beschlussreif zu haben. Damit wären heftige Auseinandersetzungen mit der EU-Kommission und dem EU-Parlament programmiert, die auf einem eigenen Gesetzgebungsverfahren pochen und dem Rat die Befugniss absprechen. Zypries hält eine Mitentscheidung der Abgeordneten aber nicht für erforderlich, weil die justizielle Zusammenarbeit Sache der Mitgliedsstaaten sei.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/63735
Titel: "Datenschutz ist Menschenrecht"
Beitrag von: SiLæncer am 15 September, 2005, 16:27
Datenschutzbeauftragte aus 32 Ländern wollen einen Prinzipienkatalog verabschieden, der unabhängig von existierenden nationalen Gesetzen ein Mindestmaß an Datenschutz weltweit standardisiert. Auf der 27. Internationalen Konferenz der Datenschutzbeauftragten in Montreux wollen die Datenschützer am morgigen Freitag eine Erklärung verabschieden, die laut dem bisher vorliegenden Entwurf die Vereinten Nationen anruft, den Schutz der Privatsphäre rechtsverbindlich festzulegen.

"Wir brauchen eine Stärkung des Verständnisses, dass Datenschutz Menschenrecht ist," sagte der Bundesbeauftragte für den Datenschutz Peter Schaar beim Auftakt der Konferenz am Mittwoch. Details zu der Frage, wie die geplanten Standards tatsächlich kodifiziert werden sollen -- neben einem UN-Dokument ist auch ein ISO-Standard im Gespräch -- müssen laut Schaar erst noch diskutiert werden.

"Datenparadiese, in denen keinerlei Schutz besteht, schaden letztlich allen", sagte Fernando Argüello Tellez, Anwalt bei der Regulierungsbehörde für den Telekommunikations- und Energiemarkt in El Salvador, Siget. Noch gebe es aber zahlreiche Länder, die keinerlei Datenschutzvorschriften haben. Schaar verwies in diesem Zusammenhang auf "das bevölkerungsreichste Land der Welt". Dort hatte die Weitergabe von Daten durch Yahoo kürzlich zur Inhaftierung eines kritischen Journalisten geführt. Aber auch mit Blick auf die USA wünschte sich Schaar, dass die USA sich "noch weiter in Richtung Fair Information Practices bewegen".

Der US-Anwalt Alan Charles Paul, der als Vizechef des von Präsident Bush neu geschaffenen Privacy Board im Gespräch ist, sagte gegenüber heise online: "Was die Prinzipien angeht, sind wir nicht weit auseinander. Die Unterschiede liegen eher in der Durchsetzung und da sind die USA mit zivilrechtlichen Möglichkeiten nicht schlecht. Ich sehe uns da als die kleinere Schwester." Die USA und China sind beide keine offiziellen Mitglieder der Konferenz der Datenschutzbeauftragten.

Mit der Montreux-Erklärung wollen die Datenschützer auch dem Trend entgegenwirken, die Anti-Terrorbekämpfung über die Sicherung von Grund- und Bürgerrechten zu stellen. "Wir erleben Überwachung in einem Maß und einer Tragweite, die es nie zuvor gegeben hat," warnte Ann Cavoukian, Datenschutzbeauftragte der kanadischen Provinz Ontario. "Der Schutz der Privatsphäre ist in Gefahr." Äußerungen des britischen Innenministers Clark zu möglichen Einschränkungen der Europäischen Menschenrechtskonvention belegen das ihrer Meinung nach.

Neben der Einführung von Mindeststandards setzen die Datenschützer auch auf eine Stärkung des Datenschutzes im Alltag. Der Rechtswissenschaftler Yves Poullet empfahl in seiner Analyse der vor zehn Jahren verabschiedeten Europäischen Datenschutzrichtlinie -- der er heute die Geburtstagsrede hielt -- insbesondere die Einführung einer Sammelklage im Datenschutzrecht. Solche Sammelklagen, auch von Verbänden wie den bislang seiner Meinung nach zu zurückhaltenden Verbraucherschützern vorgebracht, könnten die Durchsetzung auch in Europa deutlich verbessern.

Ob Europas Datenschutzrichtlinie novelliert werden sollte, dazu gehen die Meinungen auseinander -- auch wenn allseits anerkannt wird, dass die Richtlinie gescheitert ist, was die Harmonisierung der Gesetzgebung in Europa angeht. Bereits die Frage, was überhaupt "persönliche Daten" sind, wird in den Mitgliedsländern nach wie vor sehr unterschiedlich beantwortet. "Vielleicht wäre eine Verordnung mit mehr Eingriffsmöglichkeiten für die Kommission geeigneter", sagte Alfred Büllesbach, Konzerndatenschutzbeauftragter bei DaimlerChrysler. Büllesbach ist allerdings gegen eine rasche Novellierung bevor mehr Erfahrungen mit der Richtlinie gesammelt wurden, die das letzte Mitgliedsland erst im vergangenen Jahr umgesetzt hat. Ohnehin ist ein Novellierungsvorschlag angesichts des derzeitigen Brüsseler Streits um die Vorratsdatenspeicherung mindestens bis Ende des Jahres nicht zu erwarten. Parlament, Kommission und Rat steuern in dieser Frage auf einen institutionellen Konflikt zu, der morgen auch noch einmal die Datenschützer beschäftigen wird.

Quelle : www.heise.de
Titel: EU-Kommission legt Entwurf zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten vor
Beitrag von: SiLæncer am 21 September, 2005, 13:23
Die EU-Kommission hat sich am heutigen Mittwoch auf einen offiziellen Entwurf für eine Richtlinie zur Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung geeinigt. Gemäß dem Papier, das Justizkommissar Franco Frattini in Brüssel vorgestellt hat, müssen Anbieter im Telefonbereich Verbindungs- und Standortdaten ihrer Nutzer künftig pauschal ein Jahr und im Internetsektor sechs Monate aufbewahren. Ähnliche Pläne für eine Vorratsdatenspeicherung verfolgt der EU-Rat bereits seit langem. Die Kommission geht gemeinsam mit dem EU-Parlament sowie dem Juristischen Dienst des Ministergremiums aber davon aus, dass den Mitgliedsstaaten dafür weitgehend die Berechtigung fehlt. Mit dem Vorschlag der Kommission liegt nun erstmals eine gesetzgeberische Alternative vor, bei der im Gegensatz zu einem Beschluss des Ministerrates die Volksvertreter ein Mitentscheidungsrecht bis hin zur Ablehnung der Initiative haben.

Prinzipiell geht es bei den Vorhaben um die Vorratsspeicherung aller so genannter Verkehrsdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Chatten oder Filesharing anfallen. Die Kommission erhofft sich dadurch bessere Möglichkeiten zur Prävention, Aufklärung und Verfolgung schwerer Straftaten, vor allem im Bereich Terrorismus und organisierter Kriminalität. Ein Harmonisierungsbedarf innerhalb der EU sei gegeben, da einzelne Mitgliedsstaaten nationale Maßnahmen zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet hätten oder dies planen würden.

Datenschützer halten dagegen jegliche pauschale Speicherung von Nutzerinformationen ohne konkreten Zweck für unverhältnismäßig und nicht mit den Grundrechten vereinbar. Sie zeigten sich enttäuscht über einen ersten Arbeitsentwurf der Kommission, den auch die Wirtschaft scharf kritisierte. Auch das EU-Parlament sah die vorgeschlagene Maßnahme an sich bislang äußerst skeptisch und lehnte den Rahmenbeschluss des Rates ab. Die Kommission hat daher noch etwas nachgebessert an ihrem Entwurf, zu dem die Minister und Abgeordneten nun Stellung nehmen müssen. Leicht entschlackt hat sie etwa die in einem separaten Anhang aufgeführte Liste der Daten, welche Telcos vorhalten sollen. So verzichtet sie nun darauf, dass Mobilfunkanbieter zellgenaue Standortinformationen selbst während eines Gesprächs festhalten und archivieren müssen. Beim Start und beim Ende des Gesprächs sollen entsprechende Datenaufzeichnungen weiter erfolgen.

Ansonsten umfassen die zwei Seiten langen Anforderungswünsche nach wie vor sämtliche Daten, welche die Quelle, das Ziel, die Art und im Mobilfunk den Ort einer Kommunikation bestimmen. Dies können etwa dynamische oder feste IP-Adressen sein, aber auch nähere Angaben zu verschickten SMS. Dabei würden auch die Kommunikationsinhalte erfasst, die laut des Papiers eigentlich nicht gespeichert werden sollen. Bei den zu identifizierenden Kommunikationsgeräten liegen die Interessen nicht nur bei IMSI- und IMEI-Nummern von Handys, sondern auch bei den MAC-Adressen von Netzwerkkarten in Computern. Insgesamt könnten die Daten bei entsprechender Auswertung ein komplettes Profil der elektronischen Kommunikationsnetzwerke eines Nutzers ergeben und somit auch einen begehrten Angriffspunkt für Cybergangster bilden.

Um die Wirtschaft zu besänftigen, enthält das Papier der Kommission eine Klausel zur Kostenübernahme. "Nachgewiesene Zusatzkosten", die mit Befolgen der Richtlinie entstehen, sollen erstattet werden. Die Interessen von Datenschützern, Strafverfolgern und den betroffenen Anbietern seien abgewogen worden, betonte ein Sprecher der Generaldirektion Informationsgesellschaft. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warf dagegen bereits die Frage auf, ob eine solche "präventive Strafverfolgungsmaßnahme" in Deutschland im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes bei einer Verabschiedung der entsprechenden Gesetzgebung überhaupt umgesetzt werden dürfte.

Mit Spannung erwartet wird in Brüssel die Reaktion des Rates, der bislang im Oktober seinen eigenen Rahmenbeschluss verabschieden wollte. Dies wäre angesichts der ungeklärten Rechtsgrundlage jedoch "auch für die Strafverfolger nicht hilfreich", warnte der Kommissionssprecher. Der Europäische Gerichtshof habe erst vor einer Woche den Rahmenbeschluss des Rates über den Schutz der Umwelt durch das Strafrecht für nichtig erklärt, weil er außerhalb des gemeinschaftsrechtlichen Rahmens erlassen wurde. Die Kommission hatte gegen das eigenständige Vorgehen der Mitgliedsstaaten geklagt und nach drei Jahren Recht bekommen. Ganz ähnlich ist die Lage im Streit um die Vorratsdatenspeicherung. Sollte auch hier der Gerichtshof den im Raum stehenden Ratsbeschluss kassieren, müssten Strafverfahren, die anhand der damit verknüpften Befugnisse geführt wurden, im Nachhinein neu aufgerollt werden.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/64132
Titel: Re:EU-Kommission legt Entwurf zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten vor
Beitrag von: SiLæncer am 22 September, 2005, 20:02
Wirtschaft und Datenschützer lehnen Pläne der EU-Kommission zur Vorratsdatenspeicherung ab

Der als Kompromisspapier ausgegebene Brüsseler Richtlinienentwurf (DOC-Datei) zur pauschalen Überwachung von Telekommunikationsnutzern stößt weithin auf Ablehnung. Die jetzt vorgesehene Kostenentschädigung betrachtet Christiane Eichele, Telekommunikationsexpertin beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), zwar als "kleinen Etappensieg". Für die betroffenen Unternehmen sei "das Drops damit aber nicht gelutscht". Zu befürchten sei ein allgemeiner Vertrauensverlust der gleichsam rundum überwachten Bürger mit einer entsprechend geringeren Nutzung von Telekommunikationsdiensten, gibt Eichele zu bedenken. Ihr Kollege vom Branchenverband Bitkom, Volker Kitz, ergänzt, dass die Kostenübernahme für die Gewährleistung der Inneren Sicherheit in Deutschland generell von der Verfassung her vorgeschrieben sei.

Laut Kitz "würden wir uns mit einer solch umfassenden Überwachung tatsächlich den gläsernen Nutzer nach Europa holen, der bisher immer nur als Schreckgespenst galt." Er appelliert an das EU-Parlament, dem beim Richtlinienverfahren im Gegensatz zu dem nach wie vor im Raume stehenden Rahmenbeschluss des EU-Rates zur Vorratsdatenspeicherung ein Mitentscheidungsrecht zukommt, diesen Albtraum "im Reich der Fantasie zu lassen". Der Brüsseler Bitkom-Repräsentant Fabian Bahr warnte angesichts der Pläne der EU-Kommission, den Gesetzesvorschlag bereits bis zum Ende des Jahres durch alle Instanzen schleifen zu wollen, vor einem Schnellschuss: "An erster Stelle sollte die Ausarbeitung eines ausgewogenen Entwurfs stehen".

Bei dem von Kommission und Rat mit unterschiedlichen Gewichtungen vorangetriebenen Projekt geht es um die Speicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten im Bereich Sprachtelefonie und Internet anfallen. Unzufrieden ist die Wirtschaft vor allem mit der langen Liste vorzuhaltender Datentypen, die auch das Kommissionspapier vorsieht. So bemängelt Eichele im Bereich Internet "unscharfe Definitionen", weil darunter im Richtlinientext zunächst Daten gefasst werden, die in Beziehung zur elektronischen Kommunikation stehen, die ganz oder hauptsächlich über das Internet-Protokoll abgewickelt werden. Laut dem Anhang sollen jedoch "nur" die Zugangsdaten sowie die Verbindungsdaten bei E-Mails und Internet-Telefonie gespeichert werden. Kritisch sieht der BDI ferner etwa, dass im Mobilfunk die Standortdaten auch am Ende eines Gesprächs aufbewahrt werden müssten. Für die zwölfmonatige Speicherfrist bei Telefondaten sieht Eichele "keine Rechtfertigung", da Sicherheitsbehörden in Gesprächen mit der Bundesregierung und der Wirtschaft eine sechsmonatige Frist für ausreichend ansahen.

Auch für Oliver Süme, Regulierungsexperte beim Verband der deutschen Internetwirtschaft eco, lässt die Anforderungsliste noch "zu viel Interpretationsspielraum". Tragbar wäre allenfalls die Speicherung der Abrechnungsdaten bei entsprechend echtem Kostenausgleich, der bisher noch "zu vage" geregelt sei. Proteste muss sich die Kommission zudem über die noch nicht ausreichend berücksichtigen Gegenargumente zur Vorratsdatenspeicherung in ihrer "Folgenabschätzung" anhören. So bemängelt die "European Digital Rights"-Initiative (EDRi), dass die Kommission in ihrem "Impact Assessment" (DOC-Datei) die Eingaben von über 100 Bürgerrechtsorganisationen falsch darstelle: angeblich sollen Datenschützer insbesondere die Verhältnismäßigkeit und die Zwecke der Pauschalüberwachung in Frage gestellt haben, während die von EDRi mit initiierte Petition jegliche Form der systematischen Vorratsdatenspeicherung ablehne. Für den Frankfurter Juristen Patrick Breyer ist die Folgenabschätzung "ein Witz". Da bislang nur eine Hand voll Mitgliedsstaaten Vorratsspeicherungspflichten vorsähen, bestünde die beste Harmonisierung darin, stattdessen grenzüberschreitende Zugriffsmöglichkeiten im Einzelfall einzuführen. Ein solches "Quick Freeze"-Verfahren fordert weiterhin auch der rheinland-pfälzische Justizminister Herbert Mertin (FDP).

Ein großer Dorn im Auge ist Kritikern zudem, dass der Kommissionsentwurf es den Mitgliedsstaaten im so genannten Komitologie-Verfahren überlassen will, die Liste der zu speichernden Daten nach Gutdünken zu verändern. Die europapolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, hält eine derartige Ermächtigungsgrundlage für "inakzeptabel", da sie dem staatlichen Eingriff in die Persönlichkeitsrechte der Bürger Tor und Tür öffne.

Quelle : www.heise.de
Titel: Datenschutz in der EU: Datenschützer fordert Nachbesserungen
Beitrag von: SiLæncer am 26 September, 2005, 19:28
Dass alle Telefonverbindungs- und Internetdaten der EU-Bürger künftig erfasst und gespeichert werden sollen, ist eine ausgemachte Sache. Jetzt aber, meint EU-Datenschützer Peter Hunstinx, müsste zumindest die Höchstdauer der Speicherung vorgeschrieben und klar gemacht werden, wer alles Zugang zu den Daten erhält.

Für die geplante massenhafte Speicherung von Telefon- und Internetdaten hat der EU-Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx strengere Regeln zum Schutz der persönlichen Daten gefordert. Solche EU-Vorschriften berührten ein "unglaublich sensibles Thema", begründete Hustinx am Montag in Brüssel seine Forderung.

Ein gesetzgeberischer Eingriff, der den Datenschutz schwäche, sei nicht nur inakzeptabel, sondern auch illegal, warnt Hustinx. Er sei bislang nicht von der Notwendigkeit der geplanten Vorschriften überzeugt. Dies sei aber eine politische Entscheidung, die EU-Parlament und Ministerrat fällen müssten.

Für die Dauer der Speicherung von so genannten Verkehrsdaten über Festnetz- und Mobilnetztelefonate sowie die Nutzung des Internets müssten EU-weit einheitliche Höchstzeiträume festgelegt werden, forderte Hustinx. Längere Aufbewahrzeiten als zwölf Monate für Telefongespräche und sechs Monate für die Daten zur Internetnutzung seien nicht hinnehmbar.

Der Umfang der zu speichernden Daten müsse dabei klar begrenzt werden. Nach Ablauf der Speicherfristen müssten diese Daten gelöscht werden. Dabei müsse auch für die Zukunft sichergestellt werden, dass es keinerlei Zugriff auf den Inhalt von Gesprächen oder E-Mails geben dürfe.

Hustinx hegte Zweifel daran, dass die geplanten Beschränkungen des Datenzugriffs für den Fall von Ermittlungen terroristischer Straftaten und organisierter Kriminalität ausreichend präzise seien. Dies könne zu unterschiedlichen Praktiken in den Mitgliedstaaten führen. Daher seien genauere Vorschriften notwendig. Der Zugang zu den Daten und deren Verwendung müsse streng kontrolliert und möglichst unter die Aufsicht der nationalen Gerichte gestellt werden. Die bei den Telekommunikationsanbietern zu speichernden Daten müssten bestmöglich vor unbefugtem Zugriff geschützt werden, forderte Hustinx. Angesichts notwendiger Investitionen in neue Technik solle den Netzanbietern ein finanzieller Anreiz geboten werden, unterstützte Hustinx den Vorschlag der EU-Kommission, Netzbetreiber für Mehrkosten zu entschädigen. Der Datenschutzbeauftragte verwies dabei auf Schätzungen der EU-Kommission. Demnach müsste ein einzelnes großes Telekomunternehmen für die Infrastruktur zur einjährigen Speicherung der Daten mehr als 150 Millionen Euro ausgeben und zusätzlich noch einmal mit Betriebskosten von jährlich etwa 50 Millionen Euro rechnen.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Datenschützer: "Wir geben unsere Privatheit ständig auf"
Beitrag von: SiLæncer am 27 September, 2005, 16:01
"Datenschutz kann nicht existieren, wenn nicht gleichzeitig das Bewusstsein für Privatheit besteht", sagt Spiros Simitis in einem Interview mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. Der frühere hessische Datenschutzbeauftragte und ehemalige Vorsitzende der Datenschutzkommission des Europarats meint, dass es in der Bevölkerung heute ein anderes Verständnis von Datenschutz gebe als 1983. Der Streit um die seinerzeit angesetzte Volkszählung sei eine Reaktion auf den radikalen Wandel der Technologie gewesen. "Diese Technologie hat aber heute dazu geführt, dass wir uns tagein, tagaus daran gewöhnt haben, dass wir permanent Daten preisgeben", so Simitis.

Das geschehe durchaus bewusst, ist der Jurist und ehemalige Vorsitzender des Nationalen Ethikrats überzeugt. "Angefangen bei den Kundenkarten in den Geschäften, fortgesetzt über das Handy, mit dem Sie alles hinausposaunen, was Sie über sich selbst und andere zu sagen haben." So verschwinde das Verständnis von Privatheit. Simitis glaubt aber nicht, dass der Bürger freiwillig etwas preisgibt. Das Beispiel Gesundheitskarte zeige, "dass Sie keine Leistungen bekommen, wenn Sie nicht ein Mindestmaß an Informationen weitergeben."

Wenn der Zweck der Datenweitergabe durch abstrakte Begriffe wie "Terrorismus" und "Sicherheit" modifiziert werden könne, dann sei es mit dem Datenschutz vorbei. Solche Begriffe widersetzten sich der von Simitis geforderten "Informationsaskese", die auch vom Bundesverfassungsgericht stets angemahnt worden sei. Abstrakte Begriffe, zu denen auch "öffentliche Sicherheit" gehört, sollen es Behörden ermöglichen, den Spielraum so breit wie möglich anzulegen. Als Beispiel für den Umgang mit dem Wort "Terrorismus" führt Simitis den von der US-Regierung kurz nach den Anschlägen vom 11. September 2001 in die Welt gesetzten Patriot Act heran. Ein Anknüpfungspunkt für die Suche nach Terroristen seien die Lesegewohnheiten. "Die Chips in den Büchern erlauben es nachzuvollziehen, wer was wann gelesen hat. Der nächste Schritt ist ganz klar: Man erstellt eine 'schwarze Liste' mit Literatur." Auch wendet Simitis ein, dass der heute geachtete ehemalige südafrikanische Präsident Nelson Mandela einstmals als "berühmtester Terrorist der Welt" galt.

Für eine Datenerhebung gebe es immer gute Gründe, aber der Zugang sei entscheidend, meint Simitis. Bei der LKW-Maut sei durch zwei legislative Engriffe die Zweckbindung der Daten gesichert worden. "Kaum war das geschehen, wurde versucht, diese Begrenzung hinwegzuinterpretieren", betont Simitis. Auch zum Vorstoß der EU-Kommission zur Vorratsdatenspeicherung legt Simitis wert auf den Aspekt der Datennutzung. Der jüngste Vorstoß sei datenschutzfreundlicher als die bisherigen Vorschläge der Innenminister, er reiche aber nicht aus. Es gehe nicht allein um die Dauer der Speicherung, sondern um die Anwendung aller Datenschutzgrundsätze.

Als Grundvoraussetzung für den Datenschutz sieht er nicht nur Transparenz, sondern auch öffentliches Bewusstsein und öffentliche Diskussion. Das sei die wichtigste Aufgabe der Datenschutzbeauftragten, die so also nie überflüssig würden.

Quelle : www.heise.de
Titel: EU-Parlament lehnt Plan des EU-Rates zur Vorratsdatenspeicherung endgültig ab
Beitrag von: SiLæncer am 27 September, 2005, 16:05
Das EU-Parlament hat am heutigen Dienstag in seiner Plenarsitzung in Straßburg den Vorschlag des EU-Rates zur pauschalen Überwachung der elektronischen Spuren der Telekommunikationsnutzer erneut und endgültig zurückgewiesen. Im Juni hatten die Abgeordneten dem Vorhaben des EU-Rates zur europaweiten Vorratsdatenspeicherung erstmals geschlossen eine deutliche Absage erteilt, woraufhin das Papier noch einmal beraten werden musste. Aber auch bei weiteren Debatten mit der britischen Ratspräsidentschaft und der Kommission hielten die Parlamentarier an ihren prinzipiellen Bedenken gegenüber der Rundum-Beschattung der Nutzer fest. Sie sehen insbesondere keine Berechtigung für das Credo des Rates, eine derart tief in die Wirtschaftsangelegenheiten und Grundrechte einschneidende Maßnahme allein als Strafverfolgungssache zu betrachten.

Im Sicherheitsbereich haben die Abgeordneten bislang noch kein Mitentscheidungsrecht, weshalb ihre wiederholte Ablehnung des Rahmenbeschlusses für die Mitgliedsstaaten nicht bindend ist. Allerdings gehen auch der Juristische Dienst des Rates sowie die EU-Kommission davon aus, dass die Minister keine Befugnis haben, eine Rechtsgrundlage zur Verpflichtung der Anbieter zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten bis zu drei Jahren zu erlassen. Die Kommission hat daher parallel ein eigenes Gesetzgebungsverfahren gestartet, das von Datenschützern und der Wirtschaft jedoch ebenfalls in weiten Teilen abgelehnt wird. Prinzipiell geht es bei den Vorhaben von Rat und Kommission um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen.

Für den zuständigen Berichterstatter Alexander Alvaro hat das EU-Parlament mit seiner Entscheidung "nochmals deutlich gemacht, dass es bei der Frage der Vorratsdatenspeicherung ein Wort mitzureden hat". Er hofft nun, dass der Rat sich "konstruktiv an einer Lösung im Wege des Mitentscheidungsverfahrens beteiligen wird." Der FDP-Abgeordnete sieht allerdings im Vorschlag der Kommission ebenfalls noch nicht das "Gelbe vom Ei". Der Entwurf gehe zwar in die richtige Richtung, "die wesentlichen Fragen sind jedoch noch nicht geklärt. Dies betrifft unter anderem die Speicherfrist der Datensätze und welche Datentypen vorgehalten werden müssen." Die von der Kommission ins Spiel gebrachte einjährige Aufbewahrungspflicht von Telefondaten sei zu lang. Zu der sechsmonatigen Speicherfrist für Internetdaten äußerte sich Alvaro nicht.

Der Berichterstatter will jetzt "in enger Abstimmung mit Datenschützern prüfen, wie der vorliegende Entwurf verbessert werden kann." Darüber hinaus sollte die Richtlinie mit einem Verfallsdatum versehen werden, um sicherzustellen, dass eine zwingende parlamentarische Überprüfung der Maßnahme erfolgt. Prinzipielle Rückendeckung erhielt Alvaro vom Schattenberichterstatter der konservativen Europäischen Volkspartei, Herbert Reul (CDU): "Gravierende Tatbestände, die die Persönlichkeitsrechte der Bürger einschränken könnten, dürfen nicht ohne die Volksvertretung beschlossen werden."

Der europapolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Günter Gloser, rief die Bundesregierung derweil auf, "von der für Oktober 2005 vorgesehenen Verabschiedung des Rahmenbeschlusses Abstand zu nehmen". Einerseits sei dieser mit zu vielen verfahrensrechtlichen Risiken behaftet, andererseits habe der Bundestag einen umfassenden Parlamentsvorbehalt gegen eine gesetzliche Pflicht zur Vorratsspeicherung eingelegt und diese Anfang des Jahres zunächst abgelehnt. Der von der Kommission vorgeschlagene Weg im Rahmen des Binnenmarktes erscheint Gloser angesichts jüngster Entscheidungen des Bundesgerichtshofs zum Europäischen Haftbefehl und des Europäischen Gerichtshof zum Umweltstrafrecht auf jeden Fall als "vorzugswürdig". Berlin sollte daher auch in Brüssel darauf dringen, dass die Beratungen zum Rahmenbeschluss komplett aufgegeben werden. Andernfalls könnten die Parlamentarier neben den "möglicherweise berechtigten Interessen der Strafverfolgungsbehörden" nicht die "ebenso berechtigten Interessen der Bürger sowie der Telekommunikationswirtschaft" in das Verfahren einbringen.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe auch:

    * EU-Datenschutzbeauftragter kritisiert Kommissionsplan zu Vorratsdatenspeicherung
    * Wirtschaft und Datenschützer lehnen Pläne der EU-Kommission zur Vorratsdatenspeicherung ab
    * EU-Kommission legt Entwurf zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten vor

    * Ratsbeschluss zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten steht auf der Kippe
    * Terrorabwehr vs. Grundgesetz, Wie viel Überwachung verträgt der freiheitliche Rechtsstaat?, c't 17/05, S. 62
    * Schily: Terrorabwehr funktioniert in Deutschland gut
    * EU-Kommission besteht auf eigenem Vorschlag zur Telefondatenspeicherung
    * Unterschriftenkampagne gegen verdachtsunabhängiges Datensammeln

    * Heftige Proteste gegen Brüsseler Pläne zur pauschalen Überwachung der TK-Nutzer in c't aktuell
    * EU-Kommission will Speicherung von TK-Verbindungsdaten massiv ausweiten
    * Speicherung von Telefon- und Internetdaten soll im Herbst beschlossen werden
    * Britischer Innenminister: Alle Bürgerrechte müssen auf den Prüfstand
    * Terrorabwehr stellt EU-Balance von Sicherheit und Freiheit in Frage

    * LKA-Chef Kolmey: Internet-Verbindungsdaten mindestens ein Jahr speichern
    * Innenminister wollen einjährige Speicherung von Verbindungsdaten
    * Internet-Verband kritisiert Pläne zur Vorratsspeicherung von TK-Daten
    * US-Provider gegen EU-weite Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten
    * EU-Parlament stimmt gegen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten

    * EU-Rat will Vorratsspeicherung von Telefonverbindungsdaten vorziehen
    * FDP: "Keine Vorratsdatenspeicherung durch die europäische Hintertür"
    * EU-Rat gibt Gas bei Vorratsspeicherung von TK-Daten
    * "Albtraum Vorratsdatenspeicherung"
    * Ministerium prüft Protokollierung von Verbindungsdaten bei Anonymisierungsdiensten

    * Bundesregierung rüstet weiter für die Vorratsdatenspeicherung
    * Brüssel steuert auf Eklat bei der Vorratsdatenspeicherung zu
    * Speicherung der TK-Verbindungsdaten: Wer bietet weniger?
    * Absprachen über Vorratsdatenspeicherung lösen Empörung aus
    * Neuer Überwachungsanlauf -- Berliner Hinterzimmergespräche zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten, c't 8/05, S. 54

    * Vorratsdatensspeicherung in Irland, noch nicht in Europa
    * EU-Justizminister legen sich bei Telekommunikationsüberwachung nicht fest
    * Proteste gegen geplante europaweite Vorratsdatenspeicherung
    * Neue Vorschläge zur Vorratsdatenspeicherung
    * Berlin und Brüssel auf Datenjagd -- Der Streit um die pauschale Nutzerüberwachung bei der Telekommunikation spitzt sich zu, c't 23/04, S. 58

    * Neuer Anlauf zur Verbindungsdatenspeicherung auf EU-Ebene


Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/64333
Titel: Druck auf EU-Parlament wegen Speicherung von Telefon- und Internetdaten
Beitrag von: SiLæncer am 12 Oktober, 2005, 18:44
Die Justiz- und Innenminister der EU-Mitgliedsstaaten konnten bei ihrem Treffen am heutigen Mittwoch in Luxemburg erneut keine Einigung über die Verabschiedung eines Rahmenbeschlusses des EU-Rates zur Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten erzielen. Sie erwärmten sich stattdessen größtenteils für einen Vorschlag der britischen Ratspräsidentschaft, die heftig umstrittene Vorratsdatenspeicherung mithilfe einer Richtlinie möglichst bald in der EU zu verankern. Einen entsprechenden Entwurf hat die dabei federführende EU-Kommission im September präsentiert. Den Rahmenbeschluss wollen die Minister aber parallel weiter vorantreiben, falls sich das bei der Richtlinie beteiligte EU-Parlament quer legen sollte. Die Briten fassen notfalls eine Sonder-Ratssitzung im Dezember ins Auge. Prinzipiell geht es bei den Plänen von Rat und Kommission um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mithilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden.

Obwohl die Briten Druck gemacht und im Juni das Herbsttreffen als letzten Termin für den Erlass der pauschalen Überwachungsmaßnahme fest ins Auge gefasst hatten, blieben bei einer Sitzung des Ausschusses der Ständigen Vertretungen der EU-Mitgliedstaaten (Coreper) vergangene Woche viele grundsätzliche Fragen offen. Bedenken gab es vor allem, ob mit dem schon vor anderthalb Jahren lancierten Vorstoß der Länder Frankreich, Großbritannien, Irland, Spanien und Schweden im Rat eine akzeptable Harmonisierungsebene erreicht werde, ob der Beschluss Auswirkungen auf Staatszuschüsse habe und ob er den Mitgliedsstaaten nicht zu enge Fesseln im Bereich der Strafverfolgung angesichts neuer EU-weiter Aufsichtsmethoden anlege.

Liest man das Protokoll (PDF-Datei) der jüngsten COREPER-Treffen, zeigt sich das Ausmaß der Auseinandersetzungen. Sie fangen bei der Frage an, ob die Telekommunikationsfirmen entschädigt werden sollen oder ihren nationalen Beitrag zur Terror- und Kriminalitätsbekämpfung aus der eigenen Tasche zahlen müssen, und hört bei Einzelheiten zum Datenaustausch oder zur Aufbewahrung auch von Chat-Daten nicht auf. Insbesondere Deutschland und Österreich setzten hinter viele schon abgehandelt scheinende Punkte Fragezeichen. Der deutsche Justiz-Staatssekretär Hansjörg Geiger erklärte zudem in Luxemburg, die "Höflichkeit" gebiete es, zunächst mit dem frisch gewählten Bundestag zumindest über die Dauer der Datenspeicherung zu sprechen. In der vergangenen Legislaturperiode hatten die Abgeordneten Pläne zur pauschalen Bespitzelung strikt abgelehnt. Politiker der Union forderten jedoch im Juli vehement eine sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung. Auch die Gewerkschaft der Polizei macht Dampf in dieser Angelegenheit.

Zu denken gegeben haben dem britischen Innenminister Charles Clarke, der als größter Befürworter der raschen Einführung einer Vorratsdatenspeicherung gilt, die erneuten Verweise des Juristischen Dienstes des Rates, denen zufolge die Kommission und das Parlament die tief in wirtschaftliche Angelegenheiten eingreifende Maßnahme behandeln müssen. Die Rechtsexperten warnen nämlich auch davor, dass der Europäische Gerichtshof diese für nichtig erklären und jeder Betreiber Schadensansprüche geltend machen könnte.

Clarke pocht nun darauf, dass das Parlament den Vorschlag der Kommission bereits in 1. Lesung Mitte Dezember ohne lange Debatten absegnen soll. Dabei ist das Papier von Justizkommissar Franco Frattini nicht weniger umkämpft als der Rahmenbeschluss. Tony Bunyan von der Bürgerrechtsorganisation Statewatch legt den Abgeordneten daher ans Herz, sich nicht zur Eile treiben zu lassen. Man könne nicht so tun, als ob die von Rat und Kommission beabsichtigte Rundum-Überwachung der 450 Millionen EU-Bürger eine "unkontroverse Maßnahme" sei. Grundsätzliche Bedenken hat auch der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx angemeldet.

Die Briten haben einen Katalog (PDF-Datei) mit vier Anforderungspunkten als Basis für Verhandlungen mit dem Parlament aufgestellt. Demnach soll sich das Ausmaß der Datensammlung unbedingt auch auf Internetzugangsdaten sowie Informationen über nicht erfolgreiche Anrufe beziehen. Gegen die letzte Bestimmung läuft die Wirtschaft Sturm, weil diese Daten zumindest hierzulande bislang nicht vermerkt werden. Das Papier sieht daher eine Übergangsfrist von zwei Jahren in diesem Bereich vor. Bei der Speicherdauer schwenkt die Ratsführung auf den Vorschlag der Kommission ein mit einer sechsmonatigen Frist für Internet- und 12 Monaten für Telefondaten. Mitgliedsstaaten soll es aber zusätzlich erlaubt sein, maximal zwei Jahre Datenhaltung anzuordnen. Eine Entschädigungspflicht für die betroffenen Betreiber wollen die Briten nicht, diese heikle Frage soll "auf nationaler Ebene" entschieden werden. Bei der Überarbeitung der Liste der zu speichernden Daten geben sie sich gesprächsbereit: diese soll nach heftigen Protesten von Bürgerrechtlern nicht mehr vom Rat eigenständig erfolgen dürfen, sondern soll nach fünf Jahren im Rahmen einer allgemeinen Evaluationsklausel überdacht werden.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/64844
Titel: Kritik an E-Mail-Überwachung: Hohe Kosten, wenig Nutzen
Beitrag von: SiLæncer am 13 Oktober, 2005, 17:57
Die Zahl der Anfragen zur E-Mail-Überwachung in Deutschland ist nach Aussagen verschiedener Internet-Provider gering. Bei einigen Unternehmen ging seit Ende der in der Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV) vorgesehenen Übergangsfrist am 1. Januar 2005 gerade mal eine Anfrage ein, bei den meisten aber unter drei, teilte auf Anfrage von heise online der Anbieter einer der verschiedenen kommerziellen Lösungen mit. Seit dem 1. Januar müssen E-Mail-Provider allerdings trotz des geringen Bedarfs die laut technischer Richtlinie (TR TKÜV) festgelegte Standardschnittstelle zur Ausleitung von E-Mail an die Strafverfolgung bereithalten. In den Unternehmen wird daher die Frage nach dem Verhältnis von Kosten und Nutzen wieder laut.

"Aus unserer Sicht besteht schon ein Missverhältnis", sagte Rene Wienholtz, Technik-Vorstand bei Strato. Dort hat man sich für die vom Provider Netuse angebotene Lösung entschieden und insgesamt rund 200.000 Euro plus sechs Mann-Monate für die Implementierung investiert. Doch seit der Einführung des Systems wurde nicht mehr als eine einzelne Testanfrage darüber abgewickelt und das auch noch mit Empfangsschwierigkeiten bei der Gegenstelle.

Die Handvoll der Anfragen, bei denen Strafverfolger auf richterliche Aufforderung E-Mail-Daten erhielten, wurden dagegen, meint Wienholtz, "klassisch abgewickelt". Es wurden also schlicht CDs mit den geforderten Daten gebrannt und per Kurier verschickt. Nicht zuletzt mit Blick auf kleinere Provider müsse man die Frage stellen, ob der Aufwand für die Bereithaltung der Abhörschnittstelle zu rechtfertigen sei.

Auf Kosten der Provider wurde etwa bei der Wahl der für die Verschlüsselung und die sichere Übertragung über VPN gewählte SINA-Box nicht eben gespart. Als "teuersten Linuxrechner, den man sich je hingestellt habe", bezeichnen Provider diese Box, zu der es nach wie vor kein offizielles Alternativ-Produkt gibt. Integriert ist die Sina-Box in der Mietlösung der United Internet-Tochter InternetX, die mit einer Monatsmiete von 99 Euro derzeit wohl eine der billigsten Lösungen anbietet.

Ingesamt haben laut der zuständigen Bundesnetzagentur inzwischen neun Hersteller ein Typmuster für ihre Lösungen erhalten, acht Anbieter bieten die Überwachungsmaßnahmen als Dienstleistung an. Zur Auslastung der Systeme werde es frühestens im kommenden Jahr Zahlen geben. Bis zum 15. Februar müssen die Unternehmen die Zahl der E-Mail-Überwachung zurückmelden, teilte ein Sprecher mit. Ob dabei spezifiziert wird, nach welchem System die Daten übergeben wurden, ist unklar.

Die Kosten-Nutzen-Frage im Fall TR TKÜV lasse sich auch auf die Brüsseler Debatten zur Vorratsdatenspeicherung übertragen, meint Wienholtz. Dort genüge es auch nicht, dass Daten in großen Mengen angehäuft würden. Es müssten vielmehr auch Analysetools vorhanden sein. Dass diese tatsächlich zur Verfügung stünden, sei zu bezweifeln. "Wozu sollen die Provider aber dann sammeln?"

Diese Frage haben sich kleinere Provider laut Auskunft von Insidern offenbar auch schon bei der TR TKÜV gestellt und erst einmal abgewartet, ob überhaupt eine Anfrage zur E-Mail-Überwachung eintrudelt. Noch verstoßen die Unternehmen damit gegen das Gesetz. Aber das kann morgen anders werden, denn dann könnte die Bagatellgrenze mit der TKÜV-Novelle noch einmal angehoben werden: von 1000 auf 20.000 Teilnehmer.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/64897
Titel: Vorratsspeicherung von TK-Verbindungsdaten: Drei Monate sollen reichen
Beitrag von: SiLæncer am 18 Oktober, 2005, 16:22
Erste Stimmen aus dem EU-Parlament machen sich für umfassende Änderungen am heftig umstrittenen Entwurf der EU-Kommission für eine Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten stark. So sieht der Entwurf für eine Stellungnahme der Abgeordneten aus dem mitberatenden Industrieausschuss, der heise online vorliegt, insbesondere eine generelle Verkürzung der Fristen zur Vorhaltung der begehrten Verbindungs- und Standortdaten auf drei Monate vor.

Prinzipiell geht es bei den Plänen von Rat und Kommission um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Die Kommission hatte eine einjährige Speicherfrist im Telefon- sowie eine sechsmonatige Frist im Internetbereich ins Spiel gebracht. Zudem soll die Liste der zu archivierenden Daten verkürzt werden. Für eine nachträgliche Änderung des Katalogs hält das Papier im Gegensatz zur Kommissionsvorlage eine erneute Befassung des Parlaments unbedingt für erforderlich.

Generell begrüßt die Verfasserin der Änderungsanträge, die Ausschussberichterstatterin Angelika Niebler, zwar den Vorstoß zu einer Richtlinie, da hierbei die Abgeordneten im Gegensatz zum ebenfalls noch im Raum stehenden entsprechenden Rahmenbeschluss des EU-Rates ein Mitspracherecht haben. Aus Sicht der CSU-Politikerin gibt es jedoch "eine Reihe von gewichtigen Kritikpunkten". Diese seien insbesondere vom Industrieausschuss aufzugreifen, "um den besonderen Aspekten der Kommunikations- und Informationsgesellschaft" im Gesetzgebungsverfahren gerecht zu werden.

Mit Argusaugen beobachtet Niebler vor allem, dass die Kommission ähnlich wie die Mitgliedsstaaten "nur sehr pauschal" einen Nachweis führt, dass durch die vorgeschlagenen Maßnahmen tatsächlich zu einer Verbesserung der Verbrechens- und Terrorbekämpfung kommen würde. Die einem schweren Eingriff in die Grundrechte gleichkommende Vorratsspeicherung aller Informationen über Ort, Zeitpunkt, Dauer und Gesprächspartner von Telefongesprächen, Fax, E-Mail, SMS sowie anderen übers Internet-Protokoll abgewickelten Diensten und die davon verursachten "erheblichen Auswirkungen und Belastungen für Bürger und Unternehmen" seien so nur schwer zu rechtfertigen.

Für die betroffenen Unternehmen bedeutet der Vorschlag laut Niebler, "dass sie verpflichtet werden, eine unvorstellbare Menge an Daten abzuspeichern." Um das Volumen zu archivieren und nutzbar zu machen, seien teure Systemanpassungen notwendig. In der Praxis der Strafverfolgung zeige sich aber, dass die durch die Sicherheitsbehörden abgefragten Daten in der Regel nicht älter als drei Monate sind. "Daher sollten die gesetzlichen Speicherungsfristen den tatsächlichen Bedürfnissen entsprechend angepasst werden", begründet Niebler ihren Kernvorschlag. Längere Aufbewahrungsperioden seien unverhältnismäßig und praxisfremd.

Vor dem gleichen Hintergrund sei auch der Umfang der zu speichernden Daten zu reduzieren. Hier stemmt sich die Berichterstatterin hauptsächlich gegen die Aufzeichnung erfolgloser Verbindungsversuche, da diese zu erheblichen Mehraufwendungen führen würde, ohne die Verbrechensbekämpfung zu verbessern. Ähnliches gelte für die Speicherung der Handy-Gerätekennung IMEI, der MAC-Adresse von Netzwerk-Karten von PCs oder die Standortdaten während beziehungsweise bei Beendigung eines Mobilfunktelefonats. Diese Informationen sollen nach dem Willen Nieblers aus dem Katalog der vorzuhaltenden Daten gestrichen werden. Zudem drängt sie darauf, dass den Unternehmen die anfallenden Kosten "vollständig" ersetzt werden, während der Kommissionsentwurf allgemeiner gefasst ist.

Generell sind die Vorschläge weit von den Forderungen der britischen Ratspräsidentschaft entfernt, die diese kürzlich als Vorbedingung für Verhandlungen mit dem Parlament ausgegeben hat. Über dem ganzen von der Kommission eingeleiteten Verfahren schwebt so weiter das Damoklesschwert, dass der Rat doch an der Verabschiedung seines -- allerdings auch in den eigenen Reihen umstrittenen -- Rahmenbeschlusses festhalten könnte. Auf einem Lobby-Abend der European Internet Foundation in Brüssel fiel in diesem Zusammenhang vergangene Woche von EU-Abgeordneten bereits das Wort "Erpressung". Niebler hält nun fest, "dass sich das Parlament in dieser für den Bürger sehr sensiblen Frage nicht drängen lassen darf". Auch wenn der Wunsch, das Gesetzgebungsverfahren möglichst schnell abzuschließen, verständlich sei, müsse Wert auf sorgfältige Beratungen gelegt werden. Im "Interesse der Glaubwürdigkeit der Europäischen Union" gelte es eine Situation zu vermeiden, in der "gleichzeitig an zwei fast inhaltsgleichen Rechtsakten mit gleicher Intention gearbeitet wird", liest die Vertreterin der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) dem Rat die Leviten.

Über das weitere Vorgehen und die tatsächlich einzubringenden Änderungsanträge entscheidet nun der federführende Ausschuss für Bürgerrechte, Justiz und Inneres unter seinem Berichterstatter Alexander Alvaro. Der FDP-Politiker hatte den Entwurf für einen Rahmenbeschluss bislang scharf kritisiert und dürfte die Vorschläge aus dem Industrieausschuss größtenteils befürworten. Noch ist jedoch unklar, ob sich die Abgeordneten überhaupt auf den engen, vom Rat diktierten Zeitplan mit einer Verabschiedung der Richtlinie noch in diesem Jahr einlassen.

Auf einer Behandlung der Überwachungsmaßnahme mit ruhiger Hand pocht auch die Gesellschaft für Informatik (GI): "Wir erwarten bei einem solch sensiblen Thema eine sorgfältige Abwägung zwischen den Strafverfolgungsinteressen der Staaten und dem Grundrechtsschutz der Bürger", betont GI-Präsident Matthias Jarke. Seiner Ansicht nach ist eine über drei Monate hinaus gehende Speicherfrist abzulehnen. Aufenthalts- und Inhaltsdaten dürften generell nicht erfasst werden. Darüber hinaus warnt Jarke vor einer Verteuerung der Telekommunikation durch eine ausufernde Vorratsdatenspeicherung: "Auch wenn das Papier der Kommission eine Kostenerstattungsklausel enthält, werden diese doch auf den Nutzer oder den Steuerzahler abgewälzt."

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe auch:

    * Druck auf EU-Parlament wegen Speicherung von Telefon- und Internetdaten
    * EU-Parlament lehnt Plan des EU-Rates zur Vorratsdatenspeicherung endgültig ab
    * EU-Datenschutzbeauftragter kritisiert Kommissionsplan zu Vorratsdatenspeicherung
    * Wirtschaft und Datenschützer lehnen Pläne der EU-Kommission zur Vorratsdatenspeicherung ab
    * EU-Kommission legt Entwurf zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten vor

    * Ratsbeschluss zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten steht auf der Kippe
    * Terrorabwehr vs. Grundgesetz, Wie viel Überwachung verträgt der freiheitliche Rechtsstaat?, c't 17/05, S. 62
    * Schily: Terrorabwehr funktioniert in Deutschland gut
    * EU-Kommission besteht auf eigenem Vorschlag zur Telefondatenspeicherung
    * Unterschriftenkampagne gegen verdachtsunabhängiges Datensammeln

    * Heftige Proteste gegen Brüsseler Pläne zur pauschalen Überwachung der TK-Nutzer in c't aktuell
    * EU-Kommission will Speicherung von TK-Verbindungsdaten massiv ausweiten
    * Speicherung von Telefon- und Internetdaten soll im Herbst beschlossen werden
    * Britischer Innenminister: Alle Bürgerrechte müssen auf den Prüfstand
    * Terrorabwehr stellt EU-Balance von Sicherheit und Freiheit in Frage

    * LKA-Chef Kolmey: Internet-Verbindungsdaten mindestens ein Jahr speichern
    * Innenminister wollen einjährige Speicherung von Verbindungsdaten
    * Internet-Verband kritisiert Pläne zur Vorratsspeicherung von TK-Daten
    * US-Provider gegen EU-weite Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten
    * EU-Parlament stimmt gegen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten

    * EU-Rat will Vorratsspeicherung von Telefonverbindungsdaten vorziehen
    * FDP: "Keine Vorratsdatenspeicherung durch die europäische Hintertür"
    * EU-Rat gibt Gas bei Vorratsspeicherung von TK-Daten
    * "Albtraum Vorratsdatenspeicherung"
    * Ministerium prüft Protokollierung von Verbindungsdaten bei Anonymisierungsdiensten

    * Bundesregierung rüstet weiter für die Vorratsdatenspeicherung
    * Brüssel steuert auf Eklat bei der Vorratsdatenspeicherung zu
    * Speicherung der TK-Verbindungsdaten: Wer bietet weniger?
    * Absprachen über Vorratsdatenspeicherung lösen Empörung aus
    * Neuer Überwachungsanlauf -- Berliner Hinterzimmergespräche zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten, c't 8/05, S. 54

    * Vorratsdatensspeicherung in Irland, noch nicht in Europa
    * EU-Justizminister legen sich bei Telekommunikationsüberwachung nicht fest
    * Proteste gegen geplante europaweite Vorratsdatenspeicherung
    * Neue Vorschläge zur Vorratsdatenspeicherung
    * Berlin und Brüssel auf Datenjagd -- Der Streit um die pauschale Nutzerüberwachung bei der Telekommunikation spitzt sich zu, c't 23/04, S. 58

    * Neuer Anlauf zur Verbindungsdatenspeicherung auf EU-Ebene


Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/65051
Titel: EU-Datenschützer: Tiefer Eingriff in Privatsphäre durch Vorratspeicherung von TK
Beitrag von: SiLæncer am 21 Oktober, 2005, 15:24
Die Datenschutzbeauftragten der EU-Mitgliedsstaaten haben sich auf einer Sondersitzung am heutigen Freitag in Brüssel entschieden gegen das Vorhaben der EU-Kommission und des EU-Rates gestellt, über eine Richtlinie die elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger pauschal aufzuzeichnen und auf Vorrat zu speichern. Die Hüter der Privatsphäre, die in der EU in der so genannten Artikel-29-Gruppe organisiert sind, weisen in ihrer Stellungnahme zu dem Gesetzesentwurf der Kommission auf die "historischen Dimension" der Einführung der heftig umstrittenen pauschalen Überwachungsmaßnahme. "Die Anbieter von Telekommunikations- und Internetdiensten würden zum ersten Mal gezwungen, Milliarden von Telefon- und Internetdaten aller Bürger für Ermittlungszwecke zu speichern", gab der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar als Vorsitzender der Datenschützergruppe zu bedenken.

Bei den Plänen von Rat und Kommission geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Telefondaten sollen laut der Kommission zwölf, Internetdaten sechs Monate gespeichert werden. Die Datenschützer weisen nun darauf hin, dass die vorgesehene obligatorische generelle Vorratsdatenspeicherung tief in das an sich unverletzliche Grundrecht auf vertrauliche Kommunikation eingreife. "Jede Einschränkung dieses Rechts darf nur auf Grund einer dringenden Notwendigkeit erfolgen, sie sollte nur in Ausnahmefällen gestattet sein und sie muss angemessenen Sicherheitsmaßnahmen unterliegen", stellt Schaar klar. Im Interview mit heise online hatte er zuvor bereits darauf hingewiesen, dass die Einführung einer Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung hierzulande gegebenenfalls im Lichte der jüngsten Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zu überprüfen sei.

Die Datenschutzgruppe hat in ihrer Empfehlung auch das Risiko berücksichtigt, das terroristische Bedrohungen für eine demokratische Gesellschaft bedeuten. Sie bezweifelt aber, dass die bislang vorgebrachten Begründungen für eine generelle obligatorische Vorratsdatenspeicherung überzeugend sind. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die vorgeschlagenen Fristen. Die Gesetzgeber müssten auch berücksichtigen, dass es Methoden wie das auch in den USA praktizierte "Quick Freeze"-Verfahren gebe, die weniger stark in die Privatsphäre eingreifen.

Sollten sich gleichwohl grundsätzlich Mehrheiten für die Einführung der Überwachungsmaßnahme finden, müssten spezielle Schutzmaßnahmen getroffen werden, fordern die Datenschützer. Sie verweisen vor allem auf enge Voraussetzungen für den Zugang und zur Nutzung der Daten, die Notwendigkeit von Genehmigungen und Kontrollen sowie Maßnahmen zur Datensicherheit. Die betroffenen Datenkategorien und deren Aktualisierung sollten ihrer Ansicht nach exakt festgelegt werden. Es sei auch zu gewährleisten, dass Inhaltsdaten nicht erfasst werden. Die Speicherfristen sollten "so kurz wie möglich" und für alle Mitgliedsstaaten bei der Höchstgrenze verbindlich sein. Die Geltungsdauer einer Richtlinie will die Gruppe auf drei Jahre begrenzt wissen.

Im EU-Parlament sollen die Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung in den kommenden Monaten nun als Schlüsselthema mit Symbolcharakter behandelt werden. Der für die Richtlinie zuständige Berichterstatter, der Liberale Alexander Alvaro, sieht zumindest hier die Möglichkeit "einen Präzedenzfall zu schaffen, der für die Zukunft sicherstellt, dass das Europäische Parlament an den wichtigsten innenpolitischen Entscheidungen beteiligt wird". Bislang haben die Mitgliedsstaaten bei Beschlüssen im Bereich Innere Sicherheit die Abgeordneten nur angehört, mussten sich nach deren Ansichten aber nicht richten.

Am gestrigen Donnerstag hat die Runde der Fraktionsvorsitzenden im EU-Parlament entschieden, dem Gesetzgebungsverfahren rund um die pauschale Überwachungsmaßnahme hohe Priorität einzuräumen. Gleichzeitig haben sie den Ausschuss für Bürgerrechte, Justiz und Inneres als federführend in den Verhandlungen mit der Kommission und dem Rat bestätigt. Alvaro selbst legte ebenfalls gestern seine Änderungsanträge für die Kommissionsvorlage vor, welche die im Raum stehende Rundumüberwachung der Bürger deutlich entschärfen würden. Der FDP-Politiker bekräftigte jetzt, dass "der am Ende erzielte Kompromiss kein politischer Kuhhandel sein darf". Bisher seien die Verhandlungen mit den anderen Brüsseler Institutionen aber "produktiv" verlaufen. Gleichzeitig will er erreichen, dass der Rat "wesentliche Bestandteile der Innen- und Rechtspolitik" in die Mitentscheidung des Parlaments überführt.

Quelle , Links und mehr : http://www.heise.de/newsticker/meldung/65216
Titel: Bundesjustizministerin für sechsmonatige Speicherung von TK-Verbindungsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 26 Oktober, 2005, 22:39
In einem Schreiben an alle deutschen EU-Abgeordneten hat jetzt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries in den heftigen Streit um den Plan der EU-Kommission und des EU-Rates eingegriffen, über eine Richtlinie die elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger pauschal aufzuzeichnen. Bei der kritischen Speicherfrist der Telekommunikationsdaten macht sich die SPD-Politikerin in dem Brief, der heise online vorliegt, für eine sechsmonatige Verpflichtung der Anbieter sowohl im Internet- als auch im Telefonsektor stark. Damit würden "schätzungsweise deutlich über 90 Prozent der Bedarfsfälle abgedeckt", begründet sie ihr Anliegen. Die bisherigen Änderungsanträge aus dem EU-Parlament sehen maximal eine dreimonatige Archivierungsdauer vor. Die von der Kommission und vom Rat fast gleich lautend geforderte Liste der konkret zu speichernden Daten ist Zypries noch zu umfassend.

Bei dem Vorhaben von Rat und Kommission geht es um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Telefondaten will die Kommission zwölf, Internetdaten sechs Monate gespeichert wissen. Der Parlamentsberichterstatter für die Richtlinie, Alexander Alvaro, plädiert dagegen für eine dreimonatige Vorhaltungspflicht allein im Telefonbereich. Die Möglichkeit zur Datenabfrage durch die Sicherheitsbehörden will der FDP-Politiker an einen engen Katalog schwerer Straftaten knüpfen.

Derlei Überlegungen zur Aufnahme klarer Vorgaben für die "Bedarfsträger" hält Zypries jedoch "für problematisch und im Ergebnis nicht zielführend". Die Daten müssten nicht nur für Strafverfolgungszwecke zur Verfügung stehen, sondern würden auch zur "polizeilichen Gefahrenabwehr sowie für Zwecke der Dienste (Verfassungsschutz etc.)" benötigt. Zudem gelte es im Rahmen der Strafverfolgung "eine erhebliche Anzahl von — nicht besonders schweren — Straftaten, die mittels Telekommunikation begangen werden und die deshalb ohne Rückgriff auf Verkehrsdaten von vornherein nicht aufgeklärt werden könnten". Die SPD-Politikerin denkt dabei etwa an Computer- und Internetkriminalität, Drohanrufe oder "Stalking". Auch heute ist die Aufklärungsrate solcher Verbrechen ohne eine Zwangsverpflichtung zur Datenspeicherung aber schon recht hoch.

Der von Parlamentariern und der Kommission geforderten Kostenerstattungsklausel für die betroffenen Unternehmen steht Zypries skeptisch gegenüber. Eine verbindliche Entschädigungspflicht bringt ihrer Ansicht nach "Folgeprobleme" etwa bei der Abgrenzung zu ohnehin betriebsbedingt entstehenden Kosten mit sich. Die Mitgliedsstaaten sollten besser selbst über entsprechende Erstattungsregeln entscheiden. Weiter stellt sich die Justizministerin auf Grund des hohen zusätzlichen Investitionsaufwand für die Wirtschaft gegen die von Rat und Kommission bisher als nötig erachtete Erfassung von Standortdaten am Ende einer Mobilfunkverbindung sowie gegen die Aufzeichnung erfolgloser Verbindungen. Nicht belegt sei derzeit ferner die Notwendigkeit, die MAC-Adressen von PC-Netzwerkkarten zu erfassen. Sollten ihre Bedenken nicht aufgegriffen werden, betont Zypries, könne sie einem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auch im Ministerrat nicht zustimmen.

Im EU-Parlament selbst zeichnete sich bei einer ersten Besprechung der bereits vorliegenden Änderungsanträge auf einer Sondersitzung des federführenden Ausschusses für Bürgerrechte, Justiz und Inneres am gestrigen Montag in Straßburg noch keine Einigkeit über die weitere Linie ab. "Vor allem bei der Speicherdauer tendieren einige Abgeordnete zu sechs, einzelne gar zu zwölf Monaten", berichtet Alvaro. Auch seine Empfehlung, Internetverbindungsdaten nicht zu erfassen, sei umstritten. "95 Prozent der Kollegen fehlt leider das technische Verständnis um zu begreifen, was in diesem Bereich alles gespeichert werden müsste", schätzt der Berichterstatter. Viele könnten sich keine Vorstellung davon machen, was etwa beim Archivieren von Verbindungen über das Web-Protokoll http alles anfalle.

Auch bei Standortdaten hat Alvaro mit seinem Antrag, diese nicht für vorbeugende Zwecke der Verbrechensprävention aufzubewahren, noch einen schweren Stand. Viele Abgeordnete seien zwar gegen eine Profilerstellung schon im Vorfeld möglicher Straftaten, der Rat sowie Parlamentarier aus Spanien und Großbritannien sähen die Sache aber anders. Allgemein mitgetragen im Ausschuss würden Forderungen nach einer vollen Mitbestimmung des Parlaments bei einer Änderung der Liste zu speichernder Daten sowie nach Schutzvorschriften für den Zugriff auf die Bytehalden.

Generell sieht Alvaro die Gefahr, dass angesichts der vom Rat verordneten Eile "Fehler im Gesetzgebungsverfahren nicht auszuschließen sind". Das Parlament bemühe sich zwar redlich, bei dem vorgegebenen Tempo mitzuhalten, doch schon die Übersetzungsdienste kämen bei den Änderungsanträgen nicht nach. Für die fachliche Debatte vor der noch im Dezember gewünschten 1. und einzigen Lesung der Richtlinie würde kaum Zeit bleiben. Für nicht ausgeschlossen hält es der Liberale unter diesen Umständen, dass die großen Koalitionen im Plenum letztlich ohne Sensibilität für das heikle Thema einen Kompromiss auf Teufel komm raus mit dem Rat und der Kommission suchen, wobei inhaltliche Fragen dann nur sekundär eine Rolle spielen würden.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/65335
Titel: Datenschützer fordern Taten
Beitrag von: SiLæncer am 28 Oktober, 2005, 20:20
An kritischen Datenschutzthemen war bei der am heutigen Freitag zu Ende gegangenen Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder kein Mangel. Angesichts einer immer stärkeren Überwachung erklärte die Konferenz: "Der Weg in eine freiheitliche und demokratische Informationsgesellschaft unter Einsatz modernster Technologie zwingt alle Beteiligten, ein verstärktes Augenmerk auf den Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung zu legen. Ohne wirksameren Datenschutz werden die Fortschritte vor allem in der Informations- und der Biotechnik nicht die für Wirtschaft und Verwaltung notwendige gesellschaftliche Akzeptanz finden." Die Konferenz bekräftigte damit insbesondere ihre Forderung, in der kommenden Legislaturperiode die seit Jahren angekündigte grundlegende Modernisierung des Datenschutzrechts voranzutreiben. Notwendig sei neben einer Überarbeitung des Bundesdatenschutzgesetzes die Schaffung von Rechtsgrundlagen zum Datenschutzaudit, zur Gendiagnostik und zum Arbeitnehmerdatenschutz.

Ausdrücklich wiederholte die Konferenz in ihrer Presseerklärung ihre "harsche Kritik" an den europäischen Plänen zur Vorratsdatenspeicherung, die angeblich im Vertrag für die schwarz-rote Koalition festgelegt werden soll und die die Datenschützer bereits 2002 grundsätzlich ablehnten. Dies würde "zur Totalkontrolle der Telekommunikation der gesamten Bevölkerung führen, was gegen Grundregeln unserer demokratischen Gesellschaft verstößt". Die Sicherheitsüberprüfung der Tausende von Beschäftigten, Helfern und sämtlichen akkreditierten Journalisten bei der Fußballweltmeisterschaft 2006 in Deutschland durch Polizei und Verfassungsschutz sei ebenfalls unverhältnismäßig. Und während die Politik derzeit offen eine Lockerung des Datenschutzes fordert, um vermuteten Betrug bei Arbeitslosengeld-II-Beziehern aufzudecken, beklagten die Datenschützer im Umgang mit diesen erhebliche Mängel in der Datenverarbeitung.

In insgesamt sieben Entschließungen bezogen die öffentlich bestellten Datenschützer diesmal Stellung:

    * Eine moderne Informationsgesellschaft braucht mehr Datenschutz
    * Keine Vorratsdatenspeicherung in der Telekommunikation
    * Gravierende Datenschutzmängel beim Arbeitslosengeld II endlich beseitigen
    * Telefonbefragungen von Leistungsbeziehern von Arbeitslosengeld II datenschutzgerecht gestalten
    * Telefonieren mit Internettechnologie (Voice over IP VoIP)
    * Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung bei verdeckten Datenerhebungen der Sicherheitsbehörden
    * Unabhängige Datenschutzkontrolle in Deutschland gewährleisten


Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/65531
Titel: Zahlreiche Änderungsanträge zur Richtlinie über TK-Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 03 November, 2005, 17:03
Hinter den Kulissen des EU-Parlaments wird heftig um eine einheitliche Position im Streit um die pauschale Telekommunikationsüberwachung der 450 Millionen EU-Bürger gerungen. Hintergrund ist das Vorhaben von EU-Kommission und EU-Rat gestellt, über eine Richtlinie die elektronischen Spuren Nutzer auf Vorrat zu speichern. Im federführenden Ausschuss für Bürgerrechte, Justiz und Inneres sind insgesamt 237 Änderungsvorschläge auf über 150 Seiten zum Kommissionsentwurf eingegangen. Sie werden momentan vom Büro des zuständigen Berichterstatters, Alexander Alvaro, auf Doppelungen sowie in sich widersprüchliche Vorschläge überprüft. Eine Reihe der Korrekturanträge trägt das Vorhaben des FDP-Politikers mit, nur Telefondaten drei Monate lang zu speichern. Standortdaten im Mobilfunk und Verbindungsdaten aus dem Internetbereich wollen Alvaro und seine Unterstützer außen vor halten.

Bei den Plänen von Rat und Kommission geht es um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Telefondaten will die Kommission zwölf, Internetdaten sechs Monate aufbewahrt wissen. Für so lange Fristen machen sich im Ausschuss aber allein dessen französischer Vorsitzender, der Liberale Jean-Marie Cavada, sowie sein britischer Kollege Bill Newton Dunn stark. Während Alvaro in der eigenen Fraktion so noch der Rückhalt fehlt, weiß er die schwedische Christdemokratin Charlotte Cederschiöld, die Parlaments-Vizepräsidentin und PDS-Abgeordnete Sylvia-Yvonne Kaufmann sowie die niederländische Grüne Kathalijne Buitenweg bei der Dreimonatsfrist hinter sich. Der CDU-Abgeordnete Herbert Reul, mehrere Sozialdemokraten und die britische Liberale Sarah Ludford halten eine sechsmonatige Speicherung für angemessen.

Einig sind sich die Parlamentarier in ihrer Ablehnung des Vorhabens der Kommission, die konkrete Liste der aufzubewahrenden Datentypen mit dem Rat ohne Absprache mit den Abgeordneten verändern zu dürfen. Den Anforderungskatalog wollen sie zudem nicht in einem Anhang, sondern im Hauptteil der Richtlinie verankert sehen. Inwieweit Standort- sowie Internetdaten herausfallen oder gesondert behandelt werden sollen, beurteilen die Änderungsvorschläge noch äußerst unterschiedlich. Viele wollen die Zugriffsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden auf die Datenberge an gesonderte Straftatenkataloge gebunden sehen. Auch hier macht der Brite Newton Dunn mit seiner Forderung nach einer Blankovollmacht zur Dateneinsicht auch bei leichten Verbrechen eine Ausnahme. Auf eine einheitlichere Linie wollen sich die Ausschussmitglieder am 14. November verständigen, bevor sie dem Plenum spätestens Anfang Dezember ihre konkrete Empfehlung für die 1. Lesung der Richtlinie noch vor Weihnachten mitgeben sollen.

Vertreter der Kommission versuchen gleichzeitig, mit Erläuterungen zu technischen Einzelheiten ihres Vorschlags die Abgeordneten in ihr Fahrwasser zu bringen. Die verlangten Datentypen seien "die essenziellen Elemente für die Effektivität des Vorschlags", werben sie in einem aktuellen Papier (PDF-Datei) für die pauschale Überwachungsmaßnahme. Die Auswahl sei nach "langen Diskussionen" mit Arbeitsgruppen des Rates sowie in Rücksprache mit Sicherheitsbehörden und der Wirtschaft getroffen worden. Die Industrie hält den Datenkatalog aber nach wie vor für deutlich zu weit gestrickt. Die Kommissionsexperten weisen zudem darauf hin, dass die Daten auch zwischen unterschiedlichen Strafverfolgungsstellen ausgetauscht werden dürften, ein solches Verfahren aber nicht mit der Abfrage von Flugpassagierdaten durch die US-Behörden zu vergleichen sei. Zur Nutzerkennung führen sie aus, dass sich diese allein auf den Internetzugang beziehen soll, nicht etwa auf E-Mail-Kennungen.

Das Kommissionspapier geht zudem davon aus, dass die Anbieter zur Identifikation des Ziels einer Kommunikation "nur" die geschäftsmäßig erfassten Informationen über Abonnenten oder Nutzer heranzuziehen haben. Auf Nachfrage seien die Telcos aber verpflichtet, zu einer angerufenen Nummer auch die dahinter stehenden Kundendaten herauszurücken. Der ganze Komplex der mit berührten "Zielwahlsuche" schlägt den Anbietern schon seit langem auf den Magen, weil sie Rasterfahndungsmethoden anwenden müssen. Die Erläuterung gesteht ferner ein, dass auch mit der Vorratsdatenspeicherung etwa bei öffentlichen WLAN-Hotspots nicht in jedem Fall eine genaue Nutzeridentifikation möglich sei.

Hierzulande geht der Forderungsreigen rund um die Vorratsdatenspeicherung munter weiter. Nachdem sich die Innenpolitiker der geplanten schwarz-roten Koalition bereits auf eine mindestens sechsmonatige Vorhaltungsfrist verständigt haben, plädierte der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, nun auf der Herbst-Tagung seiner Behörde in Wiesbaden "aus polizeilicher Sicht" für eine mindestens einjährige Speicherdauer. Zur Begründung gab er an, dass Terroristen und kriminelle Organisationen ihre Straftaten länger als drei oder sechs Monate planen würden. Der Frankfurter Rechtswissenschaftler Patrick Breyer wies in einem Schreiben an EU-Abgeordnete dagegen darauf hin, dass auch eine dreimonatige Aufbewahrung der Telekommunikationsdaten einem zu tiefen Einschnitt in die Privatsphäre gleichkomme, Geheimnisträger wie Ärzte, Anwälte oder Journalisten in ihrer Berufsausübung gefährde und Terrorakte nicht verhindern könne.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe auch:

    * Schwarz-Rot nimmt Kurs auf Vorratsspeicherung von TK-Verbindungsdaten
    * Bundesjustizministerin für sechsmonatige Speicherung von TK-Verbindungsdaten
    * EU-Datenschützer: Tiefer Eingriff in Privatsphäre durch Vorratspeicherung von TK-Daten
    * Parlamentskoordinator gegen Vorratspeicherung von Internetverbindungsdaten
    * Drei Monate sollen reichen

    * Druck auf EU-Parlament wegen Speicherung von Telefon- und Internetdaten
    * EU-Parlament lehnt Plan des EU-Rates zur Vorratsdatenspeicherung endgültig ab
    * EU-Datenschutzbeauftragter kritisiert Kommissionsplan zu Vorratsdatenspeicherung
    * Wirtschaft und Datenschützer lehnen Pläne der EU-Kommission zur Vorratsdatenspeicherung ab
    * EU-Kommission legt Entwurf zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten vor

    * Ratsbeschluss zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten steht auf der Kippe
    * Terrorabwehr vs. Grundgesetz, Wie viel Überwachung verträgt der freiheitliche Rechtsstaat?, c't 17/05, S. 62
    * Schily: Terrorabwehr funktioniert in Deutschland gut
    * EU-Kommission besteht auf eigenem Vorschlag zur Telefondatenspeicherung
    * Unterschriftenkampagne gegen verdachtsunabhängiges Datensammeln

    * Heftige Proteste gegen Brüsseler Pläne zur pauschalen Überwachung der TK-Nutzer in c't aktuell
    * EU-Kommission will Speicherung von TK-Verbindungsdaten massiv ausweiten
    * Speicherung von Telefon- und Internetdaten soll im Herbst beschlossen werden
    * Britischer Innenminister: Alle Bürgerrechte müssen auf den Prüfstand
    * Terrorabwehr stellt EU-Balance von Sicherheit und Freiheit in Frage

    * LKA-Chef Kolmey: Internet-Verbindungsdaten mindestens ein Jahr speichern
    * Innenminister wollen einjährige Speicherung von Verbindungsdaten
    * Internet-Verband kritisiert Pläne zur Vorratsspeicherung von TK-Daten
    * US-Provider gegen EU-weite Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten
    * EU-Parlament stimmt gegen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten

    * EU-Rat will Vorratsspeicherung von Telefonverbindungsdaten vorziehen
    * FDP: "Keine Vorratsdatenspeicherung durch die europäische Hintertür"
    * EU-Rat gibt Gas bei Vorratsspeicherung von TK-Daten
    * "Albtraum Vorratsdatenspeicherung"
    * Ministerium prüft Protokollierung von Verbindungsdaten bei Anonymisierungsdiensten

    * Bundesregierung rüstet weiter für die Vorratsdatenspeicherung
    * Brüssel steuert auf Eklat bei der Vorratsdatenspeicherung zu
    * Speicherung der TK-Verbindungsdaten: Wer bietet weniger?
    * Absprachen über Vorratsdatenspeicherung lösen Empörung aus
    * Neuer Überwachungsanlauf -- Berliner Hinterzimmergespräche zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten, c't 8/05, S. 54

    * Vorratsdatensspeicherung in Irland, noch nicht in Europa
    * EU-Justizminister legen sich bei Telekommunikationsüberwachung nicht fest
    * Proteste gegen geplante europaweite Vorratsdatenspeicherung
    * Neue Vorschläge zur Vorratsdatenspeicherung
    * Berlin und Brüssel auf Datenjagd -- Der Streit um die pauschale Nutzerüberwachung bei der Telekommunikation spitzt sich zu, c't 23/04, S. 58

    * Neuer Anlauf zur Verbindungsdatenspeicherung auf EU-Ebene


Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/65721
Titel: Länder mit Polizeigesetzen weiter auf verfassungswidrigem Kurs
Beitrag von: SiLæncer am 04 November, 2005, 09:32
Datenschützer und Wirtschaftsverbände warnen vor der Verabschiedung neuer "präventiver" Überwachungsklauseln in Bayern und Schleswig-Holstein. In beiden Ländern sollen momentan die Polizeigesetze überarbeitet werden. Dabei planen die jeweiligen federführenden Unionspolitiker deutliche Verschärfungen der bestehenden Rechtslage. Im hohen Norden soll etwa eine automatische Kfz-Kennzeichenerfassung eingeführt sowie die Videoüberwachung öffentlicher Plätze ausgeweitet werden. Im Süden der Republik steht darüber hinaus der Ausbau der "präventiven Überwachung" der Telekommunikation und von Wohnräumen auf der Agenda. Hier hat das Bundesverfassungsgericht in den vergangenen Jahren mit richtungsweisenden Urteilen zum Großen Lauschangriff sowie zur vorbeugenden Telefonüberwachung im niedersächsischen Polizeigesetz der Legislative eigentlich deutliche Grenzen gesetzt. Dies scheint die Landespolitiker von CSU und CDU jedoch nicht von ihren Plänen abzuhalten.

Der Branchenverband Bitkom macht denn auch "gravierende verfassungsrechtliche Bedenken hinsichtlich der geplanten Änderungen" im Polizeiaufgabengesetz Bayerns geltend. Die könnten auch nicht dadurch beseitigt werden, führt der Verband in einer aktuellen Stellungnahme aus, dass die CSU-Fraktion im bayerischen Landtag nach dem jüngsten Karlsruher Grundsatzurteil zum Telefonabhören geringfügige Korrekturen am ursprünglichen Entwurf der Staatsregierung in München eingebracht habe. Ein Dorn im Auge ist dem Bitkom insbesondere, dass der über den Einsatz präventiver TK-Überwachungsmaßnahmen bestimmende Straftatenkatalog künftig sogar bloße Vergehen umfassen soll. Dass die CSU den Einsatz der Abhörkeule zumindest an "konkrete Vorbereitungshandlungen" knüpfen will, erscheint dem Verband nicht ausreichend. Der Zusatz lasse die vom Bundesverfassungsgericht monierte "hohe Ambivalenz" eines "unterschiedlich deutbaren Geschehens" unberührt. Bayern steuere damit "gewarnt und sehenden Auges" auf eine "eigene verfassungsrechtliche Niederlage" zu.

Bedenken hat der Bitkom überdies angesichts einer vorgesehenen Klausel, der zufolge die Sicherheitsbehörden Kommunikationsverbindungen unterbrechen oder verhindern dürfen. Eine solche Störung der Telekommunikation könne "ihrerseits nicht vorhersehbare und unkalkulierbare Gefahren für Leben oder Gesundheit einer Person hervorrufen", etwa bei der Verhinderung eines Notrufs. Was eine ferngesteuerte Zündung von Sprengstoffen mit einem Mobiltelefon beträfe, so könne diese nicht nur durch dessen Anwählen ausgelöst werden, sondern auch umgekehrt durch die plötzliche Beendigung einer Funkversorgung. Die "gegebenenfalls großflächige, grundsätzlich zeitlich unbefristete Möglichkeit zur Unterdrückung der Telekommunikation" dürfte nach Einschätzung des Bitkom ferner "zu Umsatzeinbußen, Kundenunzufriedenheit und einem erhöhten Beschwerdeaufkommen führen" und einen "schweren Eingriff in die Erwerbstätigkeit der Anbieter" darstellen.

Ein Dorn im Auge ist den Wirtschaftsvertretern ferner, dass Mobilfunkunternehmen den Polizeibehörden Auskunft über Geräte- und Kartennummern (IMEI und IMSI) erteilen sollen. Diese Informationen würden nicht durchgehend in den Netzen erhoben und insoweit nicht immer vorliegen. Sollten mit der vorgesehenen Verpflichtung zur Herausgabe von "Berechtigungskennungen" zudem PIN und PUK gemeint sein, stoße dies auf Schwierigkeiten, da diese Bestandsdaten getrennt etwa von den gewünschten Verbindungsdaten aufbewahrt würden. Generell sei der bayerische Anforderungskatalog zu bestimmten Daten nicht kompatibel mit dem Telekommunikationsgesetz. Der Bitkom fürchtet allgemein eine deutliche Kostensteigerung für die betroffenen Unternehmen, eine weitere Aushöhlung des Fernmeldegeheimnisses sowie einen Vertrauensverlust der Kunden.

Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, meint derweil, der jüngst präsentierten Entwurf zur Novelle des Polizeirechts in seinem Bundesland müsse noch genau erörtert werden. Er beklagt eine besonders drastische "Wende" im Bereich der präventiven Befugnisse der Sicherheitsbehörden bei der geplanten "undifferenzierten Kfz-Kennzeichenerfassung". Damit würden alle Menschen "im Vorfeld" erfasst, die eine überwachte Straße benutzen. Die Datenaufzeichnung bleibe zudem in der Regel unbemerkt. Gelöscht werde nur, prognostiziert Weichert, "was die Polizei nicht interessiert". Angesichts der Möglichkeit zur Aufnahme der Daten in elektronische Fahndungsbestände dürfte dieses Desinteresse sich in Grenzen halten. Technische Unzulänglichkeiten würden ferner "zwangsläufig zu Belastungen Unbeteiligter führen".

Der Landesdatenschutzbeauftragte hat somit Zweifel, ob die geplanten Vorschriften den hohen Anforderungen aus Karlsruhe für derartige "informationelle Eingriffe" entsprechen. Die Voraussetzungen für eine "Schleierfahndung" müssten vom Gesetzgeber eindeutig definiert werden. Der Regelungsvorschlag stelle aber pauschal auf "polizeiliche Lageerkenntnisse" ab. Weichert erinnert in diesem Zusammenhang an eine Entschließung der Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern aus der vergangenen Woche. Sie hält fest, dass der durch die Menschenwürde garantierte unantastbare Kernbereich privater Lebensgestaltung im Rahmen aller verdeckten Datenerhebungen der Sicherheitsbehörden uneingeschränkt zu gewährleisten ist. Der Kurs der neuen schleswig-holsteinischen Landesregierung hatte bei Weichert schon Anfang der Woche Erstaunen ausgelöst, nachdem diese beschloss, die bis zum Ende des Jahres gesetzlich befristete Rasterfahndung zur Ermittlung "terroristischer Schläfer" ohne eine dringend erforderliche Evaluation fristlos zu verlängern.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat ringt um Kurs zur Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 18 November, 2005, 16:12
Auch die Bundesländer wollen in der hitzigen Debatte um die in Brüssel geplante pauschale Aufzeichnung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger ein Wörtchen mitreden. Unter der Federführung des EU-Ausschusses haben eine Reihe von Fachgremien des Bundesrates daher Empfehlungen für eine Stellungnahme der Länderkammer entwickelt (PDF-Datei). Über sie soll am kommenden Freitag in der Plenarsitzung abgestimmt werden. Einig sind sich die Fachpolitiker bislang aber nur, dass sie eine Pflicht zur Übernahme der bei den betroffenen Unternehmen anfallenden Zusatzkosten verhindern wollen. Über den grundsätzlichen Sinn einer gesetzlichen Regelung der massiven Überwachungsmaßnahme auf EU-Ebene sowie eventuelle Fristen für die Vorhaltung der begehrten Telekommunikationsdaten laufen die Meinungen dagegen noch weit auseinander.

Bei dem Vorhaben von EU-Rat und EU-Kommission geht es um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Telefondaten will die Kommission laut ihrem Richtlinienentwurf zwölf, Internetdaten sechs Monate aufbewahrt wissen. Der EU-, der Innen- und der Rechtsausschuss des Bundesrates begrüßen nun zunächst die Intention der Direktive, da damit die erfassten Daten "zum Zweck der Verhütung, Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten wie Terrorismus und Organisierter Kriminalität zur Verfügung" stünden.

Demgegenüber plädiert der Wirtschaftsausschuss dafür, dass die Bundesregierung in den Verhandlungen auf europäischer Ebene "auch weiterhin nachdrücklich für eine restriktive Handhabung der Vorratsdatenspeicherung" eintreten sollte. Im Verlauf der Beratungen zum neuen Telekommunikationsgesetz (TKG) seien die mit der Vorratsdatenspeicherung verbundenen Probleme eingehend diskutiert und die Maßnahme abgelehnt worden. An dieser Haltung sei festzuhalten.

Die EU- und Wirtschaftsexperten der Länder pochen zudem angesichts des tiefen Grundrechtseingriffs bei der pauschalen Nutzerbeschnüffelung auf eine Begrenzung der Speicherfrist von maximal drei Monaten, falls sich die Maßnahme nicht komplett verhindern lasse. Zudem sollen nur Daten vorrätig gehalten werden, die von den Anbietern schon heute für Geschäftszwecke vorübergehend gespeichert werden dürfen. Abzulehnen sei vor allem eine Überwachung der Standorte von Handy-Nutzern. Insbesondere der Rechtsausschuss hat dagegen Bedenken, ob die Vorratsdatenspeicherung überhaupt per Richtlinie eingeführt werden kann. Ihm scheint die Verabschiedung eins Rahmenbeschlusses des Rates plausibler, was aber in Brüssel heftig umstritten ist. Ferner äußern die Rechtspolitiker verfassungsmäßige und datenschutzrechtliche Einwände. Betroffen würden durch die Maßnahme nämlich nicht nur potenzielle Straftäter, "sondern alle, mit denen diese in dem betreffenden Zeitraum Telekommunikationsverbindungen nutzen." Dazu könnten Personen gehören, die in keiner Beziehung zu einer möglicherweise zu verhütenden oder später zu verfolgenden Straftat stehen.

Ganz andere Forderungen soll der Bundesrat gemäß dem Innenausschuss aufstellen: Ihm zufolge ist eine "Speicherfrist von mindestens zwölf Monaten für alle ermittlungsrelevanten Verkehrsdaten unerlässlich", vor allem auch eine Aufbewahrung von Informationen über die Internet-Nutzung. Dazu wollen die Innenpolitiker fehlgeschlagene Verbindungen sowie Daten aus dem "Stand by"-Betrieb von Telekommunikationsgeräten erfasst wissen. Nur so sei eine Verflechtung in kriminellen oder terroristischen Netzwerken lückenlos feststellbar. Mehrere Ausschüsse wollen ferner verhindern, dass die Sicherheitsbehörden Statistiken über die Zugriffe auf die potenziell anfallenden Datenberge führen müssten. Dies sei "mit erheblichem Aufwand verbunden" und könne von den Verwaltungen nicht geleistet werden.

Von Seiten der Industrie kommt zwar Lob für einige Empfehlungen insbesondere des Wirtschaftsausschusses. Den vorgeschlagenen Wegfall der Kostenerstattungsklausel bezeichnete Michael Rotert, Präsident des Vereins der deutschen Internetwirtschaft eco, jedoch gegenüber heise online als "Schlag ins Gesicht" der Telekommunikationsanbieter. Er sei "schwer enttäuscht" über derlei Überlegungen, zumal Mitglieder der Bundesregierung immer wieder versichert hätten, auch den Bedürfnissen der Unternehmen Rechnung tragen zu wollen.

Gemeinsam mit grundsätzlichen Vorbehalten gegen ein EU-weites Gesetz zur Einführung der Vorratsdatenspeicherung wollte Rotert seinen Einspruch am heutigen Freitag auch in einem Gespräch mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries geltend machen. Die SPD-Politikerin hatte sich jüngst ebenfalls skeptisch gezeigt, ob die immensen Kosten für die Einführung der pauschalen Telekommunikationsüberwachung vom Staat getragen werden könnte. Laut Rotert kommen auf die Provider pro Unternehmen Anfangsinvestitionen in Höhe von bis zu 25 Millionen Euro zu, während sich die Folgekosten auf jährlich rund zehn Millionen Euro belaufen dürften.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat macht Druck bei der TK-Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 25 November, 2005, 14:15
Der Bundesrat hat sich in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag mehrheitlich dafür ausgesprochen, die elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger mindestens zwölf Monate lang zu konservieren. Insbesondere liegt der Länderkammer dabei an der Speicherung von Informationen über die Internet-Nutzung. Die weltweite Struktur des Datennetzes von Kriminellen werde gezielt missbraucht, "um Straftaten unter Einbeziehung von Rechnern im Ausland zu begehen", sorgt sich der Bundesrat. Daher stoße selbst eine zwölfmonatige Speicherfrist an Grenzen, "weil Tatverdächtige beispielsweise erst zu einem späteren Zeitpunkt des Verfahrens festgestellt werden können". Zudem drängen die Länder darauf, dass auch Daten über fehlgeschlagene Verbindungen oder aus dem "Stand by"-Betrieb vernetzter Geräte in die in Brüssel geplante pauschale Überwachungsmaßnahme einbezogen werden. Nur so sei "eine Verflechtung in kriminellen oder terroristischen Netzwerken lückenlos feststellbar".

Die Empfehlungen der Länderkammer sind zunächst an die Bundesregierung gerichtet, die sie in die weiteren Verhandlungen um die Einführung einer Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung auf EU-Ebene einbringen soll. Bei dem Vorhaben von EU-Rat und EU-Kommission geht es um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Telefondaten will die Kommission laut ihrem Richtlinienentwurf zwölf, Internetdaten sechs Monate aufbewahrt wissen. Die Bundesregierung selbst hat sich bereits – entgegen dem bislang letzten offiziellen Votum des Bundestags -- für eine sechsmonatige Speicherfrist der Daten aus beiden Bereichen ausgesprochen.

Im Bundesrat konnten sich mit dem Votum vor allem die Innenpolitiker durchsetzen. Die Länderkammer begrüßt nun den Richtlinienvorschlag der Kommission prinzipiell, fordert aber Verschärfungen und Korrekturen. Eine umfangreiche Pflicht für die Sicherheitsbehörden zur Erstellung von Statistiken mit einer Vielzahl von Einzelinformationen über die Nutzung der gewünschten Datenhalden lehnt sie etwa genauso ab, wie die von der Kommission vorgesehene "weit gehende Kostenerstattungspflicht". Providervertreter hatten angesichts dieser sich bereits abzeichnenden Haltung des Bundesrates von einem "Schlag ins Gesicht" der betroffenen Unternehmen gesprochen.

Am liebsten wäre es den Ländern zudem, wenn die Überwachungsmaßnahme über einen Rahmenbeschluss des Rates eingeführt würde. Damit hätte das EU-Parlament kein Mitspracherecht mehr. Der federführende Ausschuss dort hat gerade eine Reihe von Änderungen an der Gesetzesvorlage angemahnt, laut denen etwa Verbindungsdaten bei E-Mail oder bei der Internet-Telefonie nicht zu erfassen wären. Dies ist dem Bundesrat ein Dorn im Auge. So ließen die Landespolitiker mehrere Empfehlungen ihres Wirtschaftsausschusses fallen, die unter anderem für eine Begrenzung der Speicherfristen auf drei Monate plädiert hatten. Mit der entscheidenden Plenarabstimmung der EU-Abgeordneten wird Mitte Dezember gerechnet.

Auch anderweitig hielten sich die Länderfürsten auf Überwachungskurs. So haben sie in allgemeinem Konsens einen eilbedürftigen Gesetzesentwurf der alten Bundesregierung für gut geheißen, mit dem die umstrittenen Befugnisse des Zollkriminalamts zur präventiven Überwachung von Post und Telekommunikation um weitere zwei Jahre verlängert werden sollen. Bürgerrechtler sehen in der unkorrigierten Beibehaltung des Gesetzes einen klaren Verstoß gegen die Verfassung. Das Bundesverfassungsgericht hatte in seinem Urteil zum Großen Lauschangriff den Kernbereich der Intimsphäre für sakrosankt erklärt und wenig später eine – bislang nur provisorisch erfolgte – Reform der Überwachungsregeln für den Zoll für unabdinglich erklärt. Die Meinung des Bundesrates in dieser Angelegenheit wird nun zurück an die Bundesregierung geleitet, bevor sich dann auch der Bundestag mit der geplanten Gesetzesverlängerung befassen muss.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/66648
Titel: RLKW-Maut: Minister will offenbar Fahndung mit Mautdaten erlauben
Beitrag von: Jürgen am 26 November, 2005, 14:45
Die Bundesregierung erwägt anscheinend, der Polizei bei der Fahndung nach Terroristen und Kapitalverbrechern künftig auch die Daten der Maut-Erfassung von Toll Collect zur Verfügung zu stellen. Nach Informationen der "Bild" prüfe der neue Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) derzeit eine entsprechende Gesetzesänderung. Unmittelbarer Anlass der Überlegungen ist offenbar ein Fall aus Baden-Württemberg, in dem ein LKW-Fahrer anscheinend absichtlich einen Parkwächter überfahren hatte und unerkannt über die Autobahn entkommen konnte.
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Die Forderung nach Zugriff auf die Maut-Daten hatte gestern einmal mehr der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) aufgestellt; die Bundesregierung solle das Autobahnmautgesetz ändern, um Fälle wie den des getöteten Parkplatzwächters besser aufklären zu können.

Ins derzeit gültige Mautgesetz sind seinerzeit explizit Sicherungen zur Zweckbindung der Daten eingebaut worden, die die polizeiliche Nutzung der Mautdaten ausdrücklich untersagen: "Diese Daten dürfen ausschließlich zum Zweck der Überwachung der Einhaltung der Vorschriften dieses Gesetzes verarbeitet und genutzt werden." (Detlef Borchers) (uh/c't)
Quelle und Links:
 http://www.heise.de/newsticker/meldung/66676

..soviel zu Zweckbindung von Daten  >:(

Einmal erhoben, werden alle Daten früher oder später Dritten zugänglich gemacht. Hierzulade früher...

Der Terrorist wird, wie andere Schwer-Kriminelle, sicher wissen, wie Maut-Erfassung zu vermeiden ist. Oder es wird ihm egal sein, ob man nach einem Gross-Schadens-Ereignis a la 9/11 seine Spuren finden wird...

Aber eine irgendwann sicher aufkommende PKW-Maut wird die entsprechende Schnüffel-Infrastruktur bereits vorfinden, vermutlich, wenn über dieses Thema schon genug Gras gewachsen ist :o

Jürgen  
Titel: Re:RLKW-Maut: Minister will offenbar Fahndung mit Mautdaten erlauben
Beitrag von: lucky am 26 November, 2005, 15:29
..soviel zu Zweckbindung von Daten  >:(

Hierzulade früher...

Erhebt nur Daten und noch mehr Daten und speichert diese lang und länger, ihr müsst noch mehr zusammen raffen - nur darin besteht die Chance für die Bürger, dass ihr an deren Auswertung selbst erstickt.
Ist nicht das "DDR" MfS geanu daran kaputt gegangen?

lucky
Titel: Datenschützer warnen vor Aufhebung der Mautdaten-Zweckbindung
Beitrag von: Jürgen am 28 November, 2005, 17:34
Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) hat davor gewarnt, die strikte Zweckbindung von LKW-Mautdaten per Gesetz aufzuheben. Entsprechende Pläne des neuen Bundesinnenministers Wolfgang Schäuble (CDU) waren am Wochenende publik geworden. Demnach will Schäuble über eine Gesetzesänderung erreichen, dass die bislang ausschließlich für Abrechnungszwecke erhobenen Maut-Daten künftig auch für Fahndungszwecke genutzt werden können.
-/-
Von staatlichen Auskunftsrechten auf Mautdaten wären alle im System erfassten Verkehrsteilnehmer betroffen, insbesondere auch unbeteiligte Dritte und solche Personen, die über ein Zeugnisverweigerungsrecht verfügen.

"Zu befürchten ist, dass die nun beabsichtigte Durchbrechung der Zweckbindung erst der Beginn ihrer völligen Auflösung sein wird", führte Bizer weiter aus. "Heute sollen die Mautdaten nur zur Bekämpfung des Terrorismus sowie der Organisierten Kriminalität verwendet werden, morgen werden sie dann wohl auch zur Verfolgung von Fällen einer 'mittleren Kriminalität' verwendet. Und warum nicht auch zur Verhinderung von 'Sozialmissbrauch', 'Schwarzarbeit' oder zur Verfolgung von Unterhaltspflichtigen sowie – natürlich nur aus Sicherheitsgründen – auch zur Verkehrslenkung bei Großveranstaltungen?" (pmz/c't)
Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/66722) mit Links

Quelle: www.heise.de
Mir scheint, Lausch-Otto hat einen nicht minder entsetzlichen Nachfolger gefunden...
Wann kommt die drahtlose Überwachung von Rad- und Rollstuhl-Fahrern und Fussgängern ? ? ?
Wann kriegen wir alle zwangsweise einen Transponder injiziert?
Wäre ja weniger unschön und besser auslesbar als die bekannte tätowierte Nummer auf dem Unterarm...  :o
Jedenfalls sehe ich keinen grundsätzlichen Unterschied in der Motivation der Mächtigen.

Jürgen
Titel: Vorratsspeicherung von TK-Daten: Die großen Fraktionen knicken ein
Beitrag von: Jürgen am 01 Dezember, 2005, 16:07
Der Streit um die Überwachung der elektronischen Spuren der Telekommunikationsnutzer in Brüssel hat Mitte der Woche eine überraschende Wende genommen: Bei einem Gespräch zwischen den Fraktionsspitzen der christdemokratischen Europäischen Volkspartei (EVP), der Sozialdemokraten und der Liberalen mit dem britischen Innenminister Charles Clarke kamen die Vertreter der beiden großen Parteiblöcke den Wünschen des Londoner Verhandlungsführers am Dienstag deutlich entgegen. So stimmten sie etwa einer geplanten Verpflichtung der TK-Anbieter zu einer bis zu zweijährigen Speicherung von Telefondaten zu. Der zunächst auch von Abgeordneten der schwarzen und roten Parlamentsblöcke sowie den Fraktionsvorsitzenden selbst mitgetragene Kompromiss zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten ist damit schon nach kurzer Zeit zerbrochen.

Alexander Alvaro, der sich als parlamentarischer Berichterstatter für die Überwachungsmaßnahme seit über einem Jahr für einen sachgemäßen Interessensausgleich bemüht, sprach gegenüber heise online von einem "Skandal" angesichts der jüngsten Entwicklungen. Er hätte nicht erwartet, dass die großen Fraktionen dermaßen einknicken würden. "Der Kompromiss ist komplett aufgeweicht worden", betonte der FDP-Politiker, der an den von Hans-Gert Poettering (CDU) und Martine Rour (Sozialisten) geleiteten Hinterzimmergesprächen nicht beteiligt war. Sollten Sozial- und Christdemokraten bei ihrem nach eigenen Angaben "letzten Angebot" an die britische Präsidentschaft des EU-Rates bleiben, "werde ich dies nicht mittragen können", machte Alvaro klar. Er kündigte für diesen Fall an, seinen Namen von einer entsprechenden Gesetzesvorlage zurückzuziehen und eine abweichende Stellungnahme bei der für Mitte Dezember angesetzten entscheidenden Lesung abgeben zu wollen.
-/-
Eine noch verbleibende gravierende Differenz zum aktuellen Ratspapier bestünde damit in den Zugriffsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden auf die Datenhalden. Die Minister drängen hier auf eine Blanko-Befugnis bei der Verfolgung sämtlicher krimineller Vergehen, wofür sich auch die Musik- und Filmindustrie stark macht. Den Parlamentariern zufolge sollen die Ermittler dagegen nur bei schweren Verbrechen wie Terrorismus, organisierte Kriminalität, Kreditkartenbetrug oder Kinderpornographie in den Datenbergen schürfen dürfen. Der vorgeschlagene Straftatenkatalog orientiert sich an den Regelungen zum Europäischen Haftbefehl.

Sollten die Justiz- und Innenminister der EU auf ihrer Sitzung am heutigen Donnerstag in Brüssel an dem neuen Angebot aus dem Parlament Gefallen finden, dürfte der Gesetzesvorschlag mit den von EVP und Sozialisten gut geheißenen Änderungen angesichts der Mehrheitsverhältnisse Mitte Dezember in 1. Lesung abgesegnet werden.
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Auch wenn der Brüsseler Kuhhandel rasch abgeschlossen würde, hat Alvaro Zweifel daran, ob die Einführung der pauschalen Überwachungsmaßnahme nach der Umsetzung ins nationale Recht in Deutschland Bestand hätte. "Wir müssen hier auch Karlsruhe in Betracht ziehen", verwies er auf eine mögliche Klage vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die seiner Ansicht nach unverhältnismäßige Bespitzelung der Bürger. Aktuelle Gespräche mit Vertretern des Obersten Gerichtshofs in Israel hätten ihm erneut gezeigt, dass außerhalb Europas selbst in stark terrorgefährdeten Ländern nicht einmal annähernd über die Einführung einer Vorratsdatenspeicherung nachgedacht werde.
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(Stefan Krempl) / (jk/c't)
Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/66854)

Quelle: www.heise.de
Titel: Kontroverse: Zypries wirbt für Datenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 02 Dezember, 2005, 15:52
Brigitte Zypries weiß, wie man die heftig umstrittene Vorratsdatenspeicherung von Telefondaten schmackhaft macht: Indem man sie gegen Dinge anwendet, die den Bürger mächtig nerven. Damit wird aus dem Schreckgespenst Vollüberwachung eine Maßnahme, die man einfach wollen muss.

Eigentlich hat es niemand gern, wenn Telekommunikationsunternehmen das Telefon- und Internetverhalten protokollieren und speichern, Polizei- und andere Behörden auf diese Informationen Zugriff bekommen. Genau das wünschen sich aber die Justiz- und Innenminister in der EU und begründen dies seit einigen Jahren damit, dass die sogenannte Vorratsdatenspeicherung ein notwendiges Instrument gegen den Terror sei.

Für viele Kritiker ist das ein Totschlagsargument, das seit dem 11. September 2001 immer dann gezückt wird, wenn man unpopuläre sicherheitspolitische Entscheidungen durchboxen will, ohne dass sich der Bürger zu sehr darüber aufregt. Vehemente Kritik an den Vorstößen von EU-Kommission und Ministerrat hatten die EU- und zahlreiche Landes-Datenschützer geübt.

Bisher brauchte es einen begründeten Anfangsverdacht, bevor das Kommunikationsverhalten eines Bürgers beobachtet und protokolliert werden darf. Künftig wünschen sich EU-Kommission und Ministerrat eine generelle präventive Rundumarchivierung der Kommunikationsdaten aller Bürger. Dass der Entschluss noch nicht durch ist, hat bisher nur das EU-Parlament verhindert.

Jetzt trommelt Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) für die Datenspeicherung und wirbt um Unterstützung. Sie wolle die in der EU geplante Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten nicht nur zur Überführung von Terroristen nutzen, sagte sie der Presse in Brüssel vor den Beratungen zum Thema mit ihren EU-Minister-Kollegen. Der Zugriff auf diese Daten solle auch dann möglich sein, wenn es sich um Straftaten handelt, die über Telefon oder Internet begangen worden seien. Solche Straftaten seien beispielsweise das sogenannte Tele-Stalking - die Belästigung und Verfolgung von Menschen per Telefon - und die Verbreitung von Kinderpornografie. Voilà: Eine gute Sache, diese generelle Speicherung aller Kommunikationsdaten aller Bürger.

"Vorschläge kommen deutschen Vorstellungen entgegen"

Die hat tatsächlich wieder verbesserte Aussichten, nachdem die britische EU-Ratspräsidentschaft am Donnerstag einen neuen Kompromissvorschlag vorlegte, der einige der Schärfen aus dem ursprünglichen Plan herausnahm. Das sieht auch Zypries so und darum gute Chancen: So gibt es dem neuen Vorschlag zufolge nicht mehr die Pflicht, Daten auch über nicht zustande gekommene Anrufe zu speichern. Flexibler geregelt ist auch die Dauer der Speicherung: Zwischen 6 und 24 Monaten erlaubt der Kompromissvorschlag, Deutschland wolle sich laut Zypries an 6 Monaten orientieren.

Überhaupt ersetzt der britische Kompromissvorschlag einige Soll- durch Kann-Bestimmungen. So muss demnach "nicht zwingend" festgehalten werden, wo sich ein Anrufer aufhält. Zudem sei in dem Vorschlag nicht geregelt, wer die Kosten tragen muss. An dieser Frage hatte sich auch erheblicher Widerstand der Wirtschaft entzündet, der der erste Richtlinienvorschlag einfach die Kosten für die Speicherung aufdrückte. Die Klärung dieser wichtigen Frage vertagt der Kompromissvorschlag auf ein nicht näher definiertes "später".

Zypries zeigte sich in Brüssel zufrieden mit den meisten Kompromissvorschlägen. Gegen die Forderung, den bloßen, misslungenen Versuch, jemanden zu erreichen, zu protokollieren, hatte sie sich lange gewehrt - und zwar gegen ihren eigenen Kollegen, Ex-Innenminister Otto Schily, der zu den vehementesten Befürwortern dieser Forderung zählte. Der war damit allerdings nicht nur in Brüssel und im Bundestag, sondern sogar innerhalb der eigenen Partei gescheitert.

Zypries: Vorlage wird an uns nicht scheitern

Die Forderungen des Bundestags nach Abmilderungen des ursprünglichen Vorschlags würden mit dem britischen Vorschlag jedenfalls erfüllt, sagte Zypries. Im Falle einer Einigung würden die Abgeordneten in Berlin aber noch einmal mit den Vorschriften befasst.

Zypries signalisierte Zustimmung zur Forderung des Europaparlament, bei den Vorschriften mitentscheiden zu dürfen, was von den EU-Regierungen zunächst abgelehnt worden war. Das sei zwar eine "schwierige" Frage, allerdings lege eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nahe, das EU-Parlament daran zu beteiligen. Zudem sei die niederländische Regierung an die Vorgabe des heimischen Parlaments gebunden, den EU-Abgeordneten die Mitentscheidung zuzugestehen. "Wenn wir da blockieren, passiert gar nichts, das kann auch in niemandes Interesse sein", sagte Zypries.

Die dänische Justizministerin Lene Espersen zeigte sich unzufrieden mit den britischen Vorschlägen. Gegenüber dem, was in den vergangenen sechs Monaten im Ministerrat diskutiert wurde, seien die Vorschläge aus London "sehr verwässert", sagte Espersen vor dem Treffen. So sollten demnach viele Vorschriften nicht mehr verpflichtend sein.

Zugleich rief sie die anderen Minister und das Europaparlament auf, schnell zu einer wirksamen Einigung zu kommen. Sollte ein Beschluss auf EU-Ebene nicht mehr in diesem Jahr gelingen, werde sie in Dänemark Vorschriften nach nationalem Recht vorlegen, "weil ich dann keine Geduld mehr mit meinen europäischen Kollegen habe", sagte Espersen.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: EU-Rat und Parlament über massive TK-Überwachung weitgehend einig
Beitrag von: SiLæncer am 02 Dezember, 2005, 20:24
Nach den Beratungen der EU-Justizminister am heutigen Freitag in Brüssel wird es immer wahrscheinlicher, dass Telekommunikationsanbieter in der EU die elektronischen Spuren der Nutzer bald sechs bis 24 Monate lang aufbewahren müssen. Laut Bundesjustizministerin Brigitte Zypries haben die Mitglieder des EU-Rates einen "Minimalkompromiss" erzielt. Erfasst würden demnach neben den Verbindungsdaten beim Telefonieren und den Standortdaten am Anfang eines Gesprächs im Mobilfunk auch die IP-Adressen beim Online-Zugang, beim E-Mailen sowie bei der Internet-Telefonie. Eine Regelung zur Kostenerstattung ist soll den Mitgliedsstaaten überlassen bleiben. Erfolglose Anrufe sollen nicht aufgezeichnet werden, falls besetzt ist. Daten über Gesprächsversuche, bei denen niemand an den Apparat geht, wollte die britische Ratspräsidentschaft laut ihrem jüngsten Papier aber gespeichert sehen.

Zuvor waren die beiden größten Fraktionen im EU-Parlament, die Europäische Volkspartei (EVP) und die Sozialdemokraten, den Mitgliedsstaaten in fast allen entscheidenden Streitpunkten entgegen gekommen. Als größter Zankapfel verblieb die Frage, für die Aufklärung welcher Straftaten die gewünschten Datenberge genutzt werden dürfen. Die Abgeordneten pochen auf eine Koppelung mit den 32 schweren Straftaten, für die ein EU-Haftbefehl ausgestellt werden kann. Zypries hatte sich in einem Brief an Parlamentarier gegen derlei Zugangsbegrenzungen und für eine sechsmonatige Datenspeicherung ausgesprochen. Nun ist es der SPD-Politikerin und ihren Ministerkollegen vor allem noch wichtig, dass die Sicherheitsbehörden mit Hilfe der Datenhalden auch gegen Internet- und Telefon-Kriminalität wie das so genannte Stalking vorgehen können.

Die Aufklärungsquoten liegen in diesem Bereich gemäß der polizeilichen Kriminalstatistik 2004 hierzulande schon bei 92,5 Prozent. Und selbst wenn sich die Abgeordneten in diesem einen Punkt durchsetzen könnten, wäre dies nur ein symbolischer Sieg: Sind die Daten erst vorhanden, dürften die Zugangshürden angesichts des zu erwartenden Drucks der Sicherheitsbehörden und der Entertainment-Industrie bald abgerissen werden. Der CDU-Abgeordnete Herbert Reul beharrte im Namen der EVP ferner darauf, dass der Rat sich "bei der Kostenerstattung noch bewegen muss".

Bei den Überwachungsplänen in Brüssel, die vom EU-Rat und der EU-Kommission mit Nachdruck vorangetrieben werden, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS oder E-Mailen anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden.

Im Vorfeld der heutigen Gespräche hatte Zypries angedeutet, dass der aktuelle Vorschlag der britischen Ratspräsidentschaft "den deutschen Vorstellungen sehr entgegen kommt ". Ihr Kabinettskollege, Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, schloss eine Kostenentschädigung von Telekom-Unternehmen kategorisch aus. Das "Allerwichtigste" bei dem EU-Plan sei für ihn, "dass der Staat nicht anfängt, die Gesellschaften zu bezahlen", sagte der CDU-Politiker. Die geplante Datensammlung zur Terrorbekämpfung sei eine staatsbürgerliche Pflicht der betroffenen Firmen. Nach Branchenangaben würden allein die Anfangsinvestitionen für die Speicherung der Telefon- und Internetverbindungen die größeren Anbieter einen dreistelligen Millionenbetrag kosten. In einem Interview mit dem Deutschlandradio vom heutigen Freitag hielt Schäuble derlei Einwänden entgegen, "dass wir alle bedroht sind" durch den "internationalen Terrorismus". Deswegen "müssen wir die notwendigen Informationen vernünftig miteinander austauschen." Er verwies insbesondere auf den aktuellen Entführungsfall einer Deutschen im Irak.

Die rechts- und innenpolitischen Sprecherinnen der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und Gisela Piltz, erinnerten die Bundesregierung dagegen an das klare Nein des Bundestags zur Einführung von Mindestspeicherfristen von TK-Verbindungsdaten. Es könne nicht angehen, dass die pauschale Überwachungsmaßnahme nun über die europäische Hintertür eingeführt werde. Leutheusser-Schnarrenberger erhob zudem prinzipielle Bedenken gegen das Vorhaben und kritisierte die Ratspräsidentschaft scharf, welche wiederholt enormen Druck auf die EU-Abgeordneten ausgeübt hatte. Die "hohlen Phrasen und falschen Maßnahmen" der Briten würden nicht mehr Sicherheit schaffen, betonte die Ex-Justizministerin. Die Ratsführung "desavouiert allenfalls die ernsthaften rechtsstaatlichen Anstrengungen, die notwendig sind".

Einwände kommen auch von der grünen EU-Abgeordneten Eva Lichtenberger: Das jüngste Papier des EU-Rates droht ihrer Ansicht nach "eine Generalvollmacht für den Überwachungsstaat zu werden". Maßnahmen, die mit den Menschenrechten in Konflikt stehen, könnten mit der Berufung auf das Gesetz gerechtfertigt erscheinen. "Die Angst vor Terror darf nicht dazu missbraucht werden, Grund- und Freiheitsrechte auf nur jede erdenkbare Art auszuhöhlen und dem Überwachungsstaates Vorschub zu leisten", hält die Österreicherin dagegen. Die Grünen wollen am 7. Dezember noch eine Anhörung im Parlament durchführen, um die Grenze zwischen Terrorbekämpfung und Aushöhlung der Bürgerrechte auszuloten.

Datenschützer und Branchenvertreter haben im Lauf der langjährigen Debatte über die Vorratsdatenspeicherung immer wieder vor unverhältnismäßigen Einschnitten in die Privatsphäre der Nutzer gewarnt. Sie verweisen auch darauf, dass Terroristen und andere Kriminelle nach wie vor weitgehend anonyme Kommunikationsmittel nutzen könnten wie öffentliche Internet-Cafés, drahtlose WLAN-Zugangspunkte oder Telefonzellen. Andere Länder wie die USA erwägen bislang einen vergleichbaren Ausbau des Überwachungsstaates nicht ernsthaft. Die EU-Pläne lassen zudem nach wie vor heikle Fragen offen: So betonen die Brüsseler Instanzen und Politiker wie Zypries immer wieder, dass keine Inhaltsdaten bei der Zwangsspeicherung erfasst würden. Zumindest bei SMS und E-Mail sind die Verbindungsinformationen jedoch mit den gesendeten Inhalten direkt verwoben.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

    * Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/66927
Titel: Datenschützer befürchten digitalen Überwachungsstaat
Beitrag von: SiLæncer am 05 Dezember, 2005, 11:01
Harsche Kritik am Kompromiss zur Vorratsdatenspeicherung

Nachdem sich die Justizminister der Europäischen Union (EU) am Freitag, dem 2. Dezember 2005, auf einen "Kompromissvorschlag" bei der Speicherung von Telekommunikationsverbindungsdaten geeinigt haben, kommt nun harte Kritik von Seiten der Datenschützer. Nach dem Kompromiss müssten in allen EU-Staaten bei sämtlichen Formen der Telekommunikation die so genannten Verkehrsdaten mindestens sechs Monate lang gespeichert werden, kritisiert das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein.
   
Der Kompromiss sehe diesbezüglich keinen gesetzlichen Spielraum für die nationalen Parlamente vor. Und genau dies wird von der Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder als unverhältnismäßiger und damit verfassungswidriger Eingriff in das Telekommunikationsgeheimnis und in den Datenschutz abgelehnt.

Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), das derzeit den Vorsitz der Konferenz der Datenschutzbeauftragten hält, Dr. Thilo Weichert, kritisiert: "Es ist erschreckend, welche grundrechtliche Verrohung bei den europäischen Justizministern festzustellen ist: Es wird als Sieg der Bürgerrechte verkauft, dass bei der auf Vorrat vorgenommenen Telekommunikationsüberwachung keine Inhalte und keine Bewegungsprofile erstellt werden sollen. Unseren Verfassungsministern ist wohl nicht klar, dass unsere freiheitlichen Verfassungen verbieten, die Menschen anlasslos staatlich bei ihren alltäglichen Verrichtungen zu überwachen und zu kontrollieren."

Der Beschluss der EU-Justizminister verstoße genau gegen dieses Verbot, da über Monate hinweg minutiös nachvollzogen werden könne, "wer wo im Internet gesurft hat, wer wann mit wem per Telefon, Handy oder E-Mail kommuniziert hat, wer wann welche Online-Dienste in Anspruch genommen hat", so Weichert weiter. Er sieht damit die "Schwelle von der freiheitlichen Informationsgesellschaft zum digitalen Überwachungsstaat überschritten".

Der Kompromiss sei vielmehr ein Nachgeben gegenüber "maßlosen Überwachungsforderungen von Sicherheitsbehörden", so der Datenschützer weiter. Vorschläge von Datenschützern, die übermäßig teure grundrechtszerstörende Vorratsdatenspeicherung zu vermeiden und dennoch den Strafverfolgungsbedürfnissen zu entsprechen, seien nicht ernsthaft erörtert worden. Die Datenschützer plädieren für ein kurzfristiges Einfrieren von TK-Verbindungsdaten, dem so gannnten "Quick freeze".

"Die Justizminister sind dabei, die 'Büchse der Pandorra' zu öffnen. Diese würde die Menschen, die überwachungsfrei leben wollen, dazu zwingen, Telefon und Internet nicht mehr zu nutzen", warnt Weichert und hofft auf Europaparlament, Bundestag und die Verfassungsgerichte in Europa. Diese sollen "dafür sorgen, dass diese Büchse verschlossen bleibt."

Quelle : www.golem.de
Titel: Re:Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Jürgen am 05 Dezember, 2005, 16:09
Der Mann hat einfach recht.
Mehr fällt mir dazu jetzt nicht ein.

Sind wir denn alle Terror-verdächtig?

Wenn das so wäre, könnte man jegliche Demokratie auch gleich abschaffen  :o

Und mir scheint, schleichend aber unaufhaltsam läuft's in die Richtung  >:(
Titel: Re:Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: SiLæncer am 05 Dezember, 2005, 16:20
Zitat
Und mir scheint, schleichend aber unaufhaltsam läuft's in die Richtung

Da wären wir dann schon zwei ...
Titel: Re:Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: NewMan am 05 Dezember, 2005, 17:07
Zitat
Und mir scheint, schleichend aber unaufhaltsam läuft's in die Richtung

Da wären wir dann schon zwei ...

drei ...
Titel: Stuttgarter Innenminister: Datenspeicherung geht nicht weit genug
Beitrag von: SiLæncer am 06 Dezember, 2005, 06:05
Für den baden-württembergischen Innenminister Heribert Rech steckt zu viel Kompromiss im neuen Richtlinienentwurf zur Speicherung von Telefon- und Internetdaten in der EU. Er sähe gern längere Speicherfristen - und die Möglichkeit, Handys für die Erstellung von Bewegungsprofilen zu nutzen.

Stuttgart - Der baden-württembergische Innenminister Heribert Rech hat den Beschluss, Daten über E-Mail- und Telefonverbindungen innerhalb der EU künftig mindestens sechs Monate zu speichern, als unzureichend kritisiert. Der CDU-Politiker verwies am Montag in Stuttgart darauf, dass sich der Bundesrat erst vor kurzem mehrheitlich für eine Speicherfrist von mindestens zwölf Monaten ausgesprochen habe. Dies gelte gerade auch für den Bereich der Internetnutzung.

Die weltweite Struktur des Internets werde von Kriminellen gezielt genutzt, um Straftaten unter Einbeziehung von Rechnern im Ausland zu begehen. Die Sicherheitsbehörden könnten oftmals nicht mit gleicher Geschwindigkeit ermitteln, wie Daten im Internet verschoben würden, sagte der Landesinnenminister. "Den Sicherheitsbehörden muss die Möglichkeit eröffnet werden, die ihnen zur Verfügung stehenden Instrumente der Telekommunikationsüberwachung auch anzuwenden", erklärte Rech weiter. Eine effektive Strafverfolgung und wirksame Gefahrenabwehr setze voraus, dass ermittlungsrelevante Daten überhaupt gespeichert werden.

Der Minister bemängelte, jetzt werde die umfassende Aufzeichnung der Standortdaten von Mobiltelefonen ebenso abgelehnt wie die Speicherpflicht für erfolglose Anrufversuche. Auch beim E-Mail-Verkehr oder anderen Kommunikationsformen im Internet solle die Speicherverpflichtung deutlich eingeschränkt werden.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Vorratsspeicherung von TK-Daten: Frontalangriff auf die Demokratie befürchtet
Beitrag von: SiLæncer am 09 Dezember, 2005, 16:08
Nach Verbänden der direkt betroffenen Branchen und von Datenschützern üben jetzt auch Verbraucherschützer, Verleger und der Chaos Computer Club (CCC) scharfe Kritik an der geplanten Aufzeichnung der elektronischen Spuren der rund 450 Millionen EU-Bürger. Die Argumente, mit denen die aus sehr unterschiedlichen politischen Ecken stammenden Gruppierungen gegen die Verabschiedung einer EU-Richtlinie zur Vorratspeicherung von Telefon- und Internetdaten Sturm laufen, reichen von der Gefährdung der Pressefreiheit bis zur Bedrohung des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung. Führende Politiker aus SPD und CDU halten dagegen an der mit dem EU-Rat gefundenen Abstimmungslinie fest.

Bei den Überwachungsplänen in Brüssel, die vom Rat und der EU-Kommission mit Nachdruck vorangetrieben werden, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Gemäß einer Einigung im EU-Rat am vergangenen Freitag sollen die Mitgliedsstaaten Telcos verpflichten, die Informationen inklusive IP-Adressen sechs bis 24 Monate vorzuhalten.

Im Vorfeld der entscheidenden Abstimmung am Mittwoch in Straßburg wird der Widerstand gegen das Abnicken der Direktive immer größer. "Die flächendeckende Vorratsdatenspeicherung träfe die Pressefreiheit in einem ihrer sensibelsten Punkte mit bislang ungeahnter Intensität," warnt Wolfgang Fürstner, Geschäftsführer des Verbands Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Sie untergrabe den Informantenschutz, was zu einem Versiegen von Quellen führe. Sollte die Richtlinie wie geplant das Parlament passieren, erhalte der Staat "Zugriff auf alle elektronischen Kontakte von und mit Journalisten jeweils für die vergangenen sechs Monate", führt Fürstner aus. Informanten müssten befürchten, enttarnt zu werden, wenn beispielsweise der Autor eines Insider-Beitrages – wie im Fall Cicero – ins Visier der Staatsanwälte gerät. Die angeblich der Bekämpfung des Terrorismus dienenden Maßnahme gefährdet seiner Ansicht nach die Demokratie, da diese gerade in schwierigen Zeiten auf eine effektive und robuste Pressefreiheit angewiesen sei.

Die Grundrechtsgefährdung durch die Vorratsdatenspeicherung treibt auch Edda Müller, Vorstand des Bundesverbands der Verbraucherzentralen, Sorgenfalten ins Gesicht. "Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass nicht der Staat die Bürger, sondern die Bürger den Staat kontrollieren", stellt sie klar. "Aus der informationellen Selbstbestimmung wird langsam aber sicher eine informationelle Fremdbestimmung", bewertet Müller die zunehmende Daten-Sammelwut. Datenschutz würde zur reinen Datenverarbeitungspolitik. Sie fordert die Parlamentarier auf, den Richtlinienvorschlag vollständig abzulehnen.

Der CCC hat die Internetgemeinde aufgerufen, sich in "Last Minute"-Lobbyingaktionen gegen das seiner Ansicht nach drohende Ungemach einzusetzen. Die Surfer sollen ihre Abgeordneten anrufen, ihnen "Faxe schicken und Mails schreiben und auf die Risiken der Richtlinie hinweisen". Vielen Parlamentariern dürfte noch nicht bewusst sein, dass mit dem im Rat ausgehandelten und von den Spitzen einer "Großen Koalition" von Christ- und Sozialdemokraten eingebrachten angeblichen Kompromiss "eine flächendeckende Überwachungsinfrastruktur in Europa" aufgebaut werde.

Über 20 internationale Organisationen von Bürgern, Freiberuflern und Unternehmen wie die Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD) oder das Epic Privacy Information Center (EPIC) haben den Abgeordneten zudem eine "Gemeinsame Erklärung" übergeben. Die systematische Erfassung oder Speicherung personenbezogener Daten über unsere Kommunikation, Bewegungen und Mediennutzung erklären sie darin für inakzeptabel und diskriminierend. Sie verlangen, dass "sämtliche Vorhaben zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung sofort aufgegeben werden." Ihre Kritik erneut bekräftigt haben zudem Branchenverbände wie der Bitkom oder der VATM: "Wir sind auf dem besten Weg in den Überwachungsstaat", klagt Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder. Sollten die Kosten der Überwachung nicht europaweit den Staatskassen auferlegt werden, sei eine Verfassungsklage zu erwägen.

Bei der "Großen Koalition" im EU-Parlament prallen die Argumente bislang ab. "Ich erwarte eine klare Mehrheit für unseren Kompromiss", erklärt der Schattenberichterstatter der Sozialdemokraten, der Münchner SPD-Abgeordnete Wolfgang Kreissl-Dörfler. Er wertet es als wichtige Errungenschaften der Abgeordneten, dass der Zugriff auf die Datenberge für Ermittlungen zu "schweren Verbrechen" eingeschränkt und die Erstellung von Bewegungsprofilen verhindert worden sei. Die deutsche Position sieht er so größtenteils berücksichtigt, obwohl sich die entsprechende Haltung von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries mit dem Votum des Bundestags im Widerspruch befindet. Hätten die beiden großen Fraktionen nicht den Schritt auf den Rat zu gemacht, wäre seiner Meinung nach von den Mitgliedsstaaten ein noch schärferes Papier verabschiedet worden.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

    * Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/67200
Titel: Bundesjustizministerium will Auskunftsanspruch gegen Provider schaffen
Beitrag von: SiLæncer am 12 Dezember, 2005, 12:47
Im Rahmen der Umsetzung der heftig umstrittenen EU-Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte sollen hierzulande auch indirekt an Rechtsverletzungen beteiligte Dritte verpflichtet werden, die Identität von Verdächtigen preiszugeben. Dies erklärte Bundesjustizministerin Brigitte Zypries am heutigen Montag bei der Vorstellung von Eckpunkten für eine entsprechende Gesetzesnovelle in Berlin. Die Schaffung eines solchen Auskunftsanspruchs etwa gegen Internetprovider gehört seit langem zu einem der am heftigsten umkämpften Punkte bei der Anpassung des Urheberrechts an die digitale Gesellschaft. Die vorgestellte Novelle soll es Konzernen etwa aus der Musik- und Filmindustrie nun einfacher möglich machen, in zivilrechtlichen Verfahren gegen illegales Filesharing vorzugehen.

"Wir haben in Deutschland schon einen Auskunftsanspruch, der sich im Moment aber noch auf Auskunft vom Verletzer beschränkt", erläuterte Zypries den Änderungsbedarf. "Künftig wird er auch gegen Dritte bestehen, die selbst nicht Verletzer sind." Die Post etwa müsse im Zweifel Informationen über die Einlieferer von Paketen mit Produktfälschungen herausrücken. Dies gelte aber auch "für die Durchleitung von Daten im Internet". Da Klagen gegen unbekannt im Zivilrecht nicht möglich seien, müssten die Rechteinhaber wissen, wer hinter eine IP-Adresse stecke. Nach dem Gesetzesentwurf sind Auskunftsansprüche gegen Dritte daher "bei Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung" beziehungsweise in einem bereits anhängigen Verfahren vorgesehen, wenn der Dienstleister "in gewerblichem Ausmaß" handelt.

Vor allem im Internet müsse aber die Verhältnismäßigkeit der Maßnahme gewahrt bleiben, betonte Zypries. "Nicht jeder kann einen Auskunftsanspruch gegen jede IP-Adresse erhalten", befand die SPD-Politikerin. Vielmehr bedürfe es dazu "eines gewichtigen Eingriffs" in die Urheberrechte. Eine konkrete Beschreibung dieser Messlatte etwa mit Datenmengen konnte Zypries nicht geben. Der Auskunftsanspruch greife aber etwa, wenn Rechtehalter sähen, "dass Leute in großen Mengen Musik runterladen". Angesichts des schweren Eingriffes auch in das Fernmeldegeheimnis der Nutzer bedürfe es dazu eines richterlichen Beschlusses. Eine entsprechende Anordnung können die sich um ihre Rechte geprellt Fühlenden zunächst auf eigene Kosten erwirken. Auch den Aufwand von Providern fürs Ausfindigmachen verdächtiger Rechtsverletzer muss der Antragsteller dem Entwurf nach erstatten.

Mit der geplanten Novelle sollen zahlreiche Gesetze rund um das geistige Eigentum wie etwa zum Patent-, Urheberrechts-, Gebrauchsmuster-, Marken- oder Halbleiterschutz weitgehend wortgleich geändert werden. Ziel ist es, Erfinder, Markeninhaber und Urheber besser in die Lage zu versetzen, "einen rechtmäßigen Gewinn" aus ihren Schöpfungen zu ziehen. Im Vordergrund steht die Bekämpfung der Produktpiraterie, die der Wirtschaft hierzulande laut Zypries "beträchtlichen Schaden" zufügt. Allein der Zoll habe an den Grenzen nach Deutschland 2004 gefälschte Waren im Wert von über 140 Millionen Euro beschlagnahmt. Laut Statistik kommen die meisten entsprechenden Lieferungen aus China, aber auch die USA sind in der Liste weit vorne vertreten. Schätzungen über den Gesamtschaden liegen laut Zypries bei einem Verlust von 25 Milliarden Euro pro Jahr. Es sei daher wichtig, den rechtlichen Schutz so zu erhöhen, "dass er auch den erweiterten technischen Möglichkeiten gerecht wird".

Eine wesentliche Änderung neben der Ausweitung des Auskunftsanspruches sieht vor, dass die Beschaffung von Beweismitteln bei der allein betroffenen zivilrechtlichen Rechtsdurchsetzung erleichtert werden soll. Bei "hinreichender Wahrscheinlichkeit" einer Rechtsverletzung müssten künftig auch "die Geplagten" bei der Aufklärung mithelfen, erläuterte Zypries. Auf Grund eines richterlichen Beschlusses müssten Verdächtige also etwa Urkunden vorlegen oder sogar Sachen in Augenschein nehmen lassen, mit denen Rechtsverletzungen vorgenommen wurden. Raimund Lutz, der für die Novelle zuständige Unterabteilungsleiter im Justizministerium, schloss gegenüber heise online aus, dass es sich dabei etwa um PCs handeln dürfe. Gemeint seien Maschinen, die zu einer Patentverletzung oder für die Produktpiraterie eingesetzt würden. Bei der Vermutung auf Rechtsverletzungen in gewerblichem Ausmaß erstrecken sich die Ansprüche der Kläger ferner auf die Vorlage von Bank-, Finanz- und Handelsunterlagen.

Neu bemessen werden können soll zudem die Höhe des Schadensersatzes, die Rechtsinhaber geltend machen dürfen: Gemäß der Planungen wird sie sich künftig auf die Höhe der mit dem Verkauf von Fälschungen gemachten Einnahmen oder auf den potenziell mit dem Vertrieb von Lizenzen zu erwirtschaftenden Gewinn beziehen. Einen "kompensatorischen Schadensersatz", wie ihn die Richtlinie auch ermögliche, werde es aber nicht geben, sagte die Ministerin. Anders als in den USA könnten also keine Summen geltend gemacht werden, die um ein Vielfaches höher als der wirkliche Schaden liegen. Keine Änderung im deutschen Recht gibt es bei den Strafen für Schutzrechtsverletzungen: Sie bleiben bei maximal drei bei "einfachen" und fünf Jahren bei gewerblichen Vergehen. Eine Ergänzung ist im Markenrecht vorgesehen: Landestypische und geographische Ursprungsbezeichnungen wie "Spreewälder Gurken" sollen zivil- und strafrechtlich geschützt werden.

Der Referentenentwurf wird nun zunächst mit den beteiligten Ressorts der Bundesregierung und mit Verbänden besprochen. Eine Absegnung im Kabinett hält Zypries bereits "Anfang nächsten Jahres" für möglich -- gemeinsam mit einem Beschluss über den im Frühjahr liegen gebliebenen 2. Korb der umfassenderen Urheberrechtsnovelle. Dazu erklärte die Ministerin, dass "wir an der Bagatellklausel festhalten werden". Diese soll klarstellen, dass rechtswidrige Vervielfältigungen straffrei bleiben, wenn sie "nur in geringer Zahl und ausschließlich zum eigenen privaten Gebrauch" hergestellt werden. Die Entertainment-Industrie läuft seit langem Sturm gegen die Bestimmung. Bei der geplanten weiteren EU-Richtlinie auch zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte sieht die Bundesregierung ferner insbesondere die geplante Einrichtung gemeinsamer Ermittlungsgruppen zwischen Industrie und Strafverfolgern "sehr kritisch", erläuterte Lutz. Ansonsten stünden dadurch aber kaum weitere Änderungen im deutschen Recht bevor.

Quelle : www.heise.de
Titel: EU-Kommission begrüßt Einigung bei der Vorratsspeicherung von TK-Daten
Beitrag von: SiLæncer am 13 Dezember, 2005, 06:13
Bei der EU-Kommission ist Aufatmen angesagt, dass der jahrelange Streit um die Aufzeichnung der elektronischen Spuren der Telekommunikationsnutzer am Mittwoch ein Ende finden soll. Justizkommissar Franco Frattini zeigt sich in einem internen Schreiben an seine Kommissionskollegen, das heise online vorliegt, zumindest erleichtert über das in greifbare Nähe gerückte Ziel der Vorratsdatenspeicherung. Im Gegensatz zum eigenen Richtlinienentwurf für die Vorratspeicherung von Telefon- und Internetdaten bringe der Text der Justiz- und Innenminister aber nur eine "teilweise Harmonisierung" der Rechtsvorschriften mit sich, hält der Vizepräsident der Kommission fest.

Prinzipiell geht es in Brüssel um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Gemäß der Anträge der Christ- und Sozialdemokraten müssten die Daten inklusive IP-Adressen künftig in der Regel eigentlich zwischen sechs und 24 Monaten vorgehalten werden. Anträge etwa von den Grünen sehen eine komplette Abweisung der Richtlinie oder zumindest die Wiederaufnahme der Klausel zur Kostenerstattung vor.

Frattini weist in seinem Papier zur Kompromisslinie bei der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auf einige Widersprüche hin. Das Papier der Minister, das sich Christ- und Sozialdemokraten mit entsprechenden Änderungsanträgen zu eigen gemacht haben, sieht offiziell eine Beschränkung des Zugriffs der Sicherheitsbehörden auf die gewünschten Datenhalden zur Verfolgung "schwerer Straftaten" vor. Dies war eines der Hauptanliegen der Politiker im Innenausschuss, die am liebsten eine konkrete Bindung an den Straftatenkatalog zum Europäischen Haftbefehl durchgesetzt hätten. Die Mitgliedsstaaten haben sich aber laut der Analyse Frattinis eine Hintertür zur Erweiterung der Klausel offen gelassen. Über die Anwendung des freizügig geratenen und wiederum selbst auf andere Gesetze verweisenden Artikels 15.2 in der Richtlinie "über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation" von 2002 sei das Schürfen in den Datenbergen auch bei "anderen Verbrechensformen nicht ausgeschlossen", kommentiert der Justizkommissar die Symbolik der "Einschränkung".

Mit der Ausklammerung einer umstrittenen Passage durch die Minister, wonach die betroffenen Unternehmen sogar Verbindungsdaten über erfolglose Anrufe aufzeichnen sollten, ist es ebenfalls nicht weit her. Zwar enthält die Richtlinie zunächst einmal eine lange Liste mit Datentypen, die bis ins Detail festlegen soll, welche Informationen die Provider zu speichern haben. Frattini nimmt aber kein Blatt vor den Mund: "Die Ansicht des Rates ist es, dass die Mitgliedsstaaten auch andere Datenkategorien unter der Richtlinie von 2002 vorhalten dürfen". Dies beziehe sich insbesondere auf Informationen über erfolglose Anrufe, fügt der Vize-Kommissionspräsident hinzu. Eines der Hauptanliegen von Branchenverbänden war es aber, just die Speicherung solcher Verbindungen zu verhindern, da sie von den Telcos bislang nicht erfasst werden.

In vielen EU-Ländern werden sich die Anbieter folglich auf deutlich über die Richtlinie hinausgehende Verpflichtungen zum Datensammeln einstellen müssen. Der Harmonisierungsaspekt wird ferner dadurch unterwandert, dass die Mitgliedsstaaten bei der Angabe von guten Gründen beliebig lange Speicherfristen festsetzen und über eine Kostenerstattung für die Wirtschaft selbst entscheiden dürfen. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble hat eine Entschädigung kategorisch ausgeschlossen.

Andererseits schreibt die Bundesregierung in einer Antwort (PDF-Datei) auf eine Kleine Anfrage der Linksfraktion (PDF-Datei), dass es ihr Anliegen bei den Verhandlungen in Brüssel gewesen sei, "unverhältnismäßig hohe Kosten" zu vermeiden. Sie habe deshalb von Anfang an den Standpunkt eingenommen, dass eine Verpflichtung zur Speicherung nur diejenigen Datenarten und nur solche Zeiträume erfassen dürfe, die "unbedingt erforderlich" seien, um die mit den Auflagen verfolgten Ziele zu erreichen. Das Papier der Kommission lässt Zweifel an diesen Aussagen aufkommen.

Nichtsdestoweniger freut sich Frattini, dass mit dem vor der Verabschiedung stehenden Papier alle 25 Mitgliedsstaaten die Vorratsdatenspeicherung auch tatsächlich einführen müssen. Dies hält der Kommissar für "einen wichtigen Schritt vorwärts im Blick auf die Bekämpfung schwerer Verbrechen und des Terrorismus". Zudem sei es "ein kleines Wunder an sich", dass die Vertreter der Mitgliedsstaaten innerhalb des von der britischen Präsidentschaft gesetzten engen Zeitplans eine Übereinkunft erzielen konnten.

Am morgigen Mittwoch hat das EU-Parlament über die Richtlinie "zur Vorratsspeicherung von Daten" zu entscheiden, "die im Zusammenhang mit dem Anbieten öffentlicher elektronischer Kommunikationsdienste verarbeitet werden". Im Licht der Brüsseler Bemühungen im Kampf gegen den Terrorismus erscheint den Gesetzgebern dabei jeder der 450 Millionen EU-Bürger verdächtig. Monate- und jahrelang sollen ihre elektronischen Spuren künftig bis ins Detail in gigantischen Datenbanken aufbewahrt und Sicherheitsbehörden zugänglich gemacht werden.

Eine breite Front von Daten- und Verbraucherschützern, Verlegern und Branchenverbänden läuft zwar noch Sturm gegen die Einführung der pauschalen Überwachungsmaßnahme. Nach dem Einlenken der Spitzen der großen Fraktionen sowie der damit möglich gewordenen Einigung im EU-Rat auf ein Papier mit "Mindestanforderungen" dürfte den Protesten aber kaum mehr Erfolg beschieden sein.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

    * Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/67272
Titel: "Last Minute"-Lobbying gegen Verschärfung der Telekommunikationsüberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 13 Dezember, 2005, 11:10
Mehrere Verbände, Organisationen der Zivilgesellschaft und Datenschützer haben den EU-Abgeordneten noch einmal nachdrücklich ans Herz gelegt, bei der am Mittwoch anstehenden Abstimmung über eine Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten doch noch der pauschalen Aufzeichnung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger eine Absage zu erteilen. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco etwa schreibt in einem offenen Brief an die Parlamentarier, dass Einführung einer Verpflichtung zur anlass- und verdachtsunabhängigen Speicherung sämtlicher elektronischer Kommunikationsdaten aller Telekommunikationsnutzer in der EU gravierend in die Privatsphäre und die Vertraulichkeit der Kommunikation eingreife und insbesondere Rechtstreue und Unbescholtene treffe. Der Entwurf sehe keinerlei Ausnahmen zum Schutz der Pressefreiheit oder sonstiger Berufsgeheimnisträger vor. "Ihr Zeungnisverweigerungsrecht wird quasi abgeschafft", hält die Providervereinigung den Abgeordneten vor Augen.

Der eco fürchtet, dass die Vorratsdatenspeicherung zur "Standardmaßnahme der Ermittlungsbehörden wird". Das vor der Verabschiedung stehende Papier enthalte letztlich keine verbindlichen Vorgaben, unter welchen Voraussetzungen die Sicherheitsbehörden Zugriff auf die gespeicherten Daten nehmen dürfen. Dies hat Justizkommissar Franco Frattini in einem internen Papier auch offiziell so bestätigt. Bei den Internetanbietern bestehen zudem erhebliche Zweifel, "ob eine vollständige Speicherung der geforderten Datentypen und Datenarten technisch überhaupt zu realisieren ist." Die anfallenden Datenmengen können schon deshalb nicht zu einer erhöhten Erfolgsquote bei der Verbrechensbekämpfung beitragen, weil das Volumen von den berechtigten Stellen nicht ansatzweise bewältigt werden könnte. Der Großteil der gespeicherten Daten werde für die Sicherheitsbehörden ohne Belang sein.

Bei den Überwachungsplänen in Brüssel, die der EU-Rat und die EU-Kommission massiv vorangetrieben haben, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Gemäß einer Einigung im EU-Rat müssen die Mitgliedsstaaten Telcos verpflichten, die Informationen inklusive IP-Adressen sechs bis 24 Monate vorzuhalten. Längere Speicherfristen schließt das Papier, das von Christ- und Sozialdemokraten gemäß einer vorab erzielten Verständigung in eigene Anträge gegossen wurde, nicht aus. Die Annahme der Richtlinie durch das Parlament hat Frattini als eine Angelegenheit von "Friss oder Stirb" deklariert, weiterer Verhandlungsspielraum sei nicht vorhanden.

Dem eco macht aber nicht nur wie anderen Branchenverbänden zu schaffen, dass die "erheblichen Investitions- und Betriebskosten", die nicht mehr von der Sozialpflichtigkeit der betroffenen Unternehmen erfasst und für viele kleine und mittelständische Anbieter existenzvernichtend seien, nicht zwingend von den Mitgliedsstaaten erstattet werden sollen. Mit dem Einschluss von E-Mail und VoIP in die Liste der vorzuhaltenden Daten sieht er weiteres Ungemach auf seine Mitglieder zukommen: Damit einher gehe eine Ausdehnung der Speicherungsverpflichtung auf Inhalte des Datenstroms, was mit einem zusätzlichen, "ganz erheblich finanziellen und technischen Mehraufwand" verbunden sei. Weit entfernt sei der Entwurf zudem von seinem Ziel, tatsächlich einheitliche Binnenmarktregeln für alle Mitgliedsstaaten festzuzurren.

Angesichts des drohenden Generalverdachts gegen alle EU-Bürger sieht auch Oliver Moldenhauer von der Attac-AG Wissensallmende die Parlamentarier gefordert, "die EU nicht unter dem Vorwand der Terrorabwehr weiter in Richtung Überwachungsstaat driften zu lassen". Beteuerungen, die Daten nur in sehr eingeschränkten Fällen nutzen zu wollen, hält Axel Rüweler vom FoeBuD für wenig überzeugend: "Das Beispiel der LKW-Maut, wo die Daten der Autobahnkameras nun plötzlich auch für die Fahndung genutzt werden sollen, zeigt deutlich, dass stets Begehrlichkeiten entstehen, sobald eine Datensammlung existiert." Die Internetdaten dürften seiner Ansicht nach bald auch "zur Verfolgung von Menschen eingesetzt werden, die einfach nur Musik aus dem Internet herunterladen." Jan Krissler vom Chaos Computer Club (CCC) stimmt besonders bedenklich, "dass mittels der gespeicherten Standort-Daten von Handys auch Bewegungsprofile" einzelner Personen erstellt werden könnten.

Der Frankfurter Rechtswissenschaftler Patrick Breyer hat den Abgeordneten in einem Schreiben noch vor Augen gehalten, dass selbst der Europäischer Verband der Polizei EuroCOP auf die weitgehende Ineffizienz des enormen Aufwands verwiesen habe. Kriminelle könnten laut der Vereinigung "mit relativ simplen technischen Mitteln eine Entdeckung zu verhindern", etwa durch den Einsatz und häufigen Wechsel im Ausland gekaufter, vorausbezahlter Mobiltelefonkarten. "Lassen Sie sich bei der Abstimmung nicht von der Drohung der britischen Ratspräsidentschaft leiten, der Rat könne einen noch schärferen Rahmenbeschluss fassen", ermuntert Breyer die Parlamentarier zur Einhaltung eines "ordentlichen Gesetzgebungsverfahrens". Eingestimmt in den Kanon der Gegner der Richtlinie ist zudem der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII): Der ausgehandelte Kompromiss führe direkt in den "Big Brother"-Staat. Sollte er angenommen werden, "würden wir in eine neue Ära der Gesetzgebung durch eine nicht-gewählte, nicht zur Rechenschaft ziehbare und autokratische Bürokratie eintreten".

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

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Titel: Lebhafte Debatte im EU-Parlament über Ausdehnung der TK Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 13 Dezember, 2005, 20:15
Einen heftigen Schlagabtausch lieferten sich Befürworter und Gegner der umstrittenen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten am heutigen Dienstagnachmittag noch einmal bei einer knapp zweistündigen Debatte im EU-Parlament in Straßburg. Die Lagergrenzen verliefen dabei quer über alle Fraktionen hinweg, obwohl sich die Spitzen der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und der Sozialdemokraten vorab auf ein Papier mit dem EU-Rat geeinigt hatten. Generell verwiesen die Advokaten der Richtlinie mit den vorgesehenen Änderungen aus dem Gremium der Mitgliedsstaaten immer wieder darauf, dass der Zugriff der Sicherheitsbehörden und die Menge der vorzuhaltenden Datentypen eingeschränkt worden sei. Ihre Widersacher fühlten sich dagegen angesichts der Verfahrenspraktiken, welche die "Großen Koalition" und die britische Ratspräsidentschaft an den Tag gelegten hatten, an Diktaturen wie unter Hitler und Stalin erinnert. Sie warnten vor der Einführung einer unverhältnismäßigen Überwachung, die das deklarierte Hauptziel der Terrorbekämpfung nicht erreiche.

Prinzipiell geht es in Brüssel um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Gemäß der Anträge der Christ- und Sozialdemokraten müssten die Daten inklusive IP-Adressen künftig in der Regel eigentlich zwischen sechs und 24 Monaten vorgehalten werden.

Die schärfste Kritik an der geplanten Aufzeichnung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger kam von den Grünen. "Der Kompromiss ist nicht nur faul, er stinkt", wetterte deren Schattenberichterstatterin für die geplante Richtlinie, Sylvia-Yvonne Kaufmann, vor der morgigen Abstimmung über die Verständigung mit den Ministern, bei der es eng werden dürfte. Die pauschale Überwachung stelle "einen Dammbruch zu Lasten des Datenschutzes unverdächtiger Bürger" dar. Sie beklagte "eklatante Eingriffe in die Grundrechte" und dass selbst die Pressefreiheit aufs Spiel gesetzt werde. "Ich komme aus dem Osten", erinnerte Kaufmann an die Geschichte. Die anscheinend von einer Parlamentsmehrheit nun akzeptierte Datensammelwut sei einst "von den Menschen zurecht wegdemonstriert" worden. Andere Grüne empörten sich über den "Schlag gegen das Herzstück unserer Freiheiten", einen "unaufhörlichen Abrutschprozess vom Rechts- zum Überwachungsstaat" und einen ungerechtfertigten "Deal" mit den Briten. "Wir kriegen einen solchen Quatsch", versuchte Kathalijne Buitenweg ihre Kollegen aufzurütteln, "noch nicht einmal die Kosten für die Wirtschaft sind berechnet worden".

Auch bei unabhängigen kleinen Fraktionen und bei den Liberalen gab es wenig Zuspruch für die Richtlinie. "Die kritische Haltung des Parlaments ist zerschmolzen wie die Butter in der Sonne", konstatierte die Niederländerin Sophie in't Veld unter Anspielung auf die langen Warnungen der Abgeordneten vor der Einführung einer Vorratsdatenspeicherung. Die Britin Sarah Ludford fürchtete, dass die Richtlinie in großem Umfang und "mit dem Gütesiegel aus Brüssel" zweckentfremdet werden könnte für beliebige Ziele der Sicherheitsbehörden. Der Hauptberichterstatter Alexander Alvaro warf den großen Fraktionen noch einmal vor, sie wären "stillos" verfahren. Der FDP-Politiker erinnerte daran, dass der eigentliche Kompromiss bereits im Innenausschuss erzielt worden sei und dieser eine deutlich weiter gehende Harmonisierung mit sich gebracht hätte als das jetzt aussichtsreichste Papier. Unbehagen bereitete ihm insbesondere, dass ein Artikel des Ratsdokumentes eine "beliebige Erweiterung" der Speicherfristen ermögliche. Die Mitgliedsstaaten müssten dafür nur die Kommission benachrichtigen und nachweisen, dass eine Störung des Binnenmarktes ausgeschlossen werde.

Diese Klausel stieß auch prinzipiellen Befürwortern des "Kompromisses" auf: Herbert Reul von der CDU wollte von der Kommission wissen, ob die von der polnischen Regierung geplante 15-jährige Speicherfrist tatsächlich unter die Ausnahmeregelung fallen würde, wie dies der britische Innenminister Charles Clarke zuvor angekündigt hatte. "Ich sage 'Ja' zu diesem Instrument, 'Nein' zu einer willkürlichen Sammlung von Daten", gab er als Richtschnur aus. Mehrere andere Christdemokraten zeigten grundsätzliche Bedenken. "Mit Menschenrechten sollte man nicht herumscherzen", betonte die Schwedin Charlotte Cederschiöld. Sorgen machte sich ferner ihr finnischer Kollege Alexander Stubb, dass "wir das Gleichgewicht zwischen Freiheit und Sicherheit auf die leichte Schulter" nehmen und es zu einer überstürzten Verabschiedung einer unausgegorenen Richtlinie komme. Christdemokraten aus Griechenland und Ungarn kündigten ebenfalls an, dass sie dem Kompromiss nicht zustimmen könnten. Zu leicht seien die Vorkehrungen etwa durch den Kauf vorbezahlter Handykarten zu umgehen. Gefangen würden nur die "dummen Verbrecher".

Für die Sozialistin Martine Roure wäre eine Einigung in 1. Lesung dagegen ein "Sieg für das Parlament". Es hätte damit "seine ausreichende Reife belegt", um auch künftig mehr Fragen der Inneren Sicherheit in Mitentscheidung zu behandeln. Der britische Labour-Abgeordnete Michael Cashman verwies darauf, dass "die Kosten des Nichtstuns zu hoch sind". Die CDU-Parlamentarierin Ewa Klamt geht ebenfalls davon aus, dass die Volksvertreter "ein ausgewogenes Verhältnis beim Schutz vor Terror und der Eingriffen in die Privatsphäre" erzielt hätten.

Sowohl Justizkommissar Franco Frattini als auch Clarke warben noch einmal vehement für die Annahme des ausgehandelten Konstrukts. Der Kommissar verwies darauf, dass die Mitgliedsstaaten bei allen von ihm selbst ausgemachten Möglichkeiten zur Ausweitung der Befugnisse der Sicherheitsbehörden "die Prinzipien der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit eingehalten werden müssen". Mit den polnischen Plänen sei "ein Grenzfall angesprochen" worden. Seiner Ansicht nach würde dieses Vorhaben nicht den EU-Erfordernissen entsprechen. Clarke ergänzte, dass die Richtlinie "das Gegenteil eines Polizeistaates" darstelle. Vielmehr lege die Rechtsstaatlichkeit fest, "wie diese Technik verwendet wird". Dass viele Anbieter die Telekommunikationsdaten bislang löschen würden, habe "unseren Feinden, den Terroristen, einen Fuß in die Tür gegeben, die wir nun schließen können". Die mögliche Übereinkunft zwischen den Gesetzgebungsinstitutionen der EU wertet er als "klares Signal im Hinblick auf unsere Entschlossenheit, Terrorismus und schwere Verbrechen zu bekämpfen".

Quelle : www.heise.de
Titel: EU-Parlament beschließt massive Überwachung der Telekommunikation
Beitrag von: SiLæncer am 14 Dezember, 2005, 13:04
Wer in einem EU-Land Anrufe tätigt, E-Mails verschickt, im Web surft oder andere Dienste im Internet nutzt, muss in Zukunft davon ausgehen, dass seine elektronischen Spuren zwischen sechs und 24 Monate lang gespeichert werden. Die bei den 450 Millionen EU-Bürgern anfallenden gigantischen Informationshalden dürfen Polizeien und Geheimdienste mit Data-Mining-Techniken auf Verknüpfungen zwischen Kommunikationspartnern hin untersuchen. Damit wird potenziell vollständig rekonstruierbar, wer wann mit wem und wie lange kommuniziert und zum Beispiel auch, wer sich wann im Internet aufgehalten hat. Jeder ist damit künftig verdächtig und potenziell im Fadenkreuz der Sicherheitsbehörden.

Die Abgeordneten haben am heutigen Mittwoch bei ihrer Plenarsitzung in Straßburg eine entsprechende EU-Richtlinie mit einem Block von Änderungsanträgen der christ- und sozialdemokratischen Fraktionen mit relativ breiter Mehrheit angenommen. Insgesamt stimmten 387 Parlamentarier für das Überwachungspaket, 204 waren dagegen. Ein Änderungsantrag der Grünen, der die Abweisung des Gesetzesvorhabens erreichen wollte, wurde mit 428 Gegenstimmen abgelehnt. Korrekturvorschläge von Christdemokraten, die eine Kostenübernahme durch den Staat vorsahen, fielen ebenfalls glatt durch. Eine 2. Lesung der Richtlinie ist damit nicht erforderlich. Der parlamentarische Berichterstatter Alexander Alvaro machte seine Drohung war und zog seinen Namen von dem abgeänderten Entwurf zurück. Der FDP-Politiker hatte sich für einen anders gelagerten Kompromiss stark gemacht, der die pauschale Bespitzelung der Bürger deutlich entschärft hätte.

Bei den Überwachungsplänen in Brüssel, die der EU-Rat und die EU-Kommission mit Nachdruck im Namen der Terrorismusbekämpfung vorangetrieben haben, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Gemäß einer Einigung im EU-Rat können die Mitgliedsstaaten Telcos verpflichten, die Informationen inklusive IP-Adressen im Normalfall bis zu zwei Jahre lang vorzuhalten. Die Spitzen der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP) und der Sozialdemokraten hatten die Ministervorlage gemäß einer vorab bei einem Hinterzimmergespräch erzielten Absprache in eigene Änderungsanträge gegossen. Ein zunächst auch von den beiden großen Fraktionen befürworteter Kompromiss aus dem Innenausschuss, der maximale Speicherfristen bis zu einem Jahr vorsah, war damit aus dem Rennen.

Die heutige Entscheidung schien wegen zahlreicher Proteste von Daten- und Verbraucherschützern, Wirtschaftsverbänden, Zeitschriftenverlegern und Journalistenverbänden gestern noch auf Messers Schneide zu stehen. Die Bürgerrechtsorganisationen "European Digital Rights"-Initiative, der Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII) und Privacy International hatten noch in der Nacht zum Mittwoch eine Liste mit Abstimmempfehlungen zu den wichtigsten Änderungsanträgen an die Abgeordnetenbüros verteilt. Sie verwiesen darauf, dass der Europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx maximal eine einjährige Frist noch für verhältnismäßig angesehen habe. Alle von der britischen Ratspräsidentschaft angeführten Fälle für eine erfolgreiche Verbrechensbekämpfung mit Hilfe der Datenlager hätten zudem höchstens wenige Monate alte Informationen benötigt.

Im Lauf der gestrigen Debatte hatten sich Abgeordnete quer auch durch die großen Fraktionen geteilter Meinung gezeigt. Laut der finnischen EVP-Abgeordneten Piia-Nora Kauppi dürfte es nicht sein, "dass alle in der Gesellschaft überwacht werden". Sie bezeichnete den Kompromiss als "nicht ausgewogen". Was mit "schweren Straftaten" gemeint sei, werde in dem Papier nicht definiert. Die Konservative warf die Frage auf, ob der Zugriff auf die Datenhalden etwa "auch bei Verstößen gegen das geistige Eigentumsrecht" möglich werde, wie dies die Unterhaltungsindustrie fordert. "Wir wollen Terroristen bekämpfen, aber dann werden plötzlich andere Ziele verfolgt", argwöhnte Kauppi. Ihrer Ansicht nach sind die in das Gesetz eingezogenen Grenzen "künstlich".

In einem internen Memo hatte EU-Justizkommissar Franco Frattini Ende vergangener Woche dargelegt, dass die Mitgliedsstaaten mit dem Papier aus dem Rat in Eigenregie die offiziell eingefügten Begrenzungen bei den aufzubewahrenden Datentypen und den Bedingungen für die Zugangsmöglichkeiten der Sicherheitsbehörden aufbrechen können. Ein Artikel der Richtlinie erlaubt offen die Festsetzung längerer Speicherfristen. Gewahrt werden müssen laut Frattini bei all diesen Abweichungen allein unklare "Prinzipien der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit". Das Ziel der Harmonisierung der Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung im Binnenmarkt ist den Brüsseler Gesetzgebern so aus dem Blick geraten.

Die Auseinandersetzung über die Einführung von Mindestspeicherpflichten von Telekommunikationsdaten zog sich über viele Jahre hinweg. Entscheidende Vorstöße machten die europäischen Strafverfolger unterstützt von ihren Kollegen vom US-amerikanischen FBI und Geheimdiensten bereits seit Ende der 1990er in den so genannten Enfopol-Arbeitsgruppen. Zahlreiche nationale Parlamente wie der Bundestag lehnten die Vorratsdatenspeicherung immer wieder kategorisch ab. Zum Schluss ging alles rasch: Das Gesetzgebungsverfahren könnte als das schnellste aller Zeiten in die EU-Geschichte eingehen, as zwischen der Vorstellung des Richtlinienentwurfs und der entscheidenden Lesung nur drei Monate lagen. Eine ernsthafte Debatte über die pauschale Überwachung fand nicht statt.

Nun müssen voraussichtlich Gerichte klären, inwieweit die Richtlinie Bestand hat. Der irische Justizminister Michael McDowell kündigte an, vor dem Europäischen Gerichtshof gegen die Richtlinie zu klagen. Seiner Auffassung nach muss die Entscheidung über die Maßnahme im Bereich der Inneren Sicherheit vom EU-Rat allein getroffen werden. Hierzulande ist mit Klagen vor dem Bundesverfassungsgericht zu rechnen: "Es wird grob verfassungswidrig eine flächendeckende Überwachungsinfrastruktur geschaffen", erklärte Nils Leopold aus dem Bundesvorstand der Humanistischen Union. "Die Richtlinie verstößt gegen tragende Strukturprinzipien rechtsstaatlich verfasster Staaten. Sie führt die Zweckbindung und das Übermaßverbot bei der Ausübung staatlicher Gewalt ad absurdum."

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

    * Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/67358
Titel: Re:Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Jürgen am 14 Dezember, 2005, 14:01
Wer hat die Popanze eigentlich ermächtigt, Bürgerrechte und Demokratie abzuschaffen?
Das riecht verdammt nach Umsturz!
Die Verantwortlichen gehören eingesperrt und die Bürger sollten sich an ihr verfassungsmässiges Widerstandsrecht erinnern.

Überhaupt, wer könnte sich nach bis zu zwei Jahren überhaupt noch gegen irgendwelche Vorwürfe wehren, er hätte Unbotmässiges am Telefon oder im Web getan, wenn er meist längst keinerlei Aufzeichnungen mehr hat?
Immerhin existiert der Rechner dann oft nicht mehr, oder die damalige Windows-Installation, oder der Telefon-Anschluss bzw. Wohnort usw., ebensowenig der Kontakt am anderen Ende...
Eine Überprüfung einer eigenen oder fremden IP-Nummer oder fremden Telefonnummer nach zwei Jahren ist dem Angeschuldigten i.d.R. nicht mehr möglich, insofern ist keine Verteidigung per Unschuldsbeweis machbar.

Das wird wohl nicht weniger absurd und willkürlich wie zu Zeiten der Inquisition  :o
Und bezahlen soll man diese peinliche Verfolgung wohl letztlich auch noch selbst...

Ich hoffe sehr, dass die Verfassungsgerichte diesem Irrsinn möglichst bald ein Ende setzen!
Titel: Vorratsspeicherung von TK-Daten: "Privatsphäre wird zum Luxusgut"
Beitrag von: SiLæncer am 14 Dezember, 2005, 18:57
Branchenverbände, Datenschützer, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie linksliberale Politiker haben voller Empörung und Sorge auf den heutigen Beschluss des EU-Parlaments zur massiven Ausdehnung der Telekommunikationsüberwachung reagiert. "Was als präventive Terrorismusbekämpfung beschlossen wurde, ist nichts anderes als die Bekämpfung der freien Kommunikation", beklagt Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein. Mit dem Entscheid "wird aus unserer freiheitlichen eine überwachte Informationsgesellschaft". Die neue europäische Bespitzelung ziele direkt auf die Köpfe der Menschen: "Jeder soll und muss wissen, dass jeder Kontakt per Telefon, Fax, Mobilfunk, SMS oder E-Mail, jede Nutzung des Internet langfristig gespeichert wird" und die Sicherheitsbehörden darauf zugreifen könnten. Das Telekommunikationsgeheimnis werde zur "disponiblen Masse". Die Parlamentarier hätten ein Papier abgenickt, das eine "Kapitulation der Freiheitsrechte vor vermeintlichen Sicherheitsbelangen darstellt".

Die Abgeordneten haben mit der Mehrheit von Christ- und Sozialdemokraten eine EU-Richtlinie mit einer Reihe von Änderungen abgesegnet, auf die sich die Spitzen der "großen Koalition" in Brüssel mit dem EU-Rat geeinigt hatten. Da die Minister den Plan bereits gebilligt haben, dürften sie das vom Parlament bestätigte Papier auf einer ihrer letzten Ratssitzungen im Dezember ohne Diskussion durchwinken. Die Mitgliedsstaaten müssen die Vorgaben, die eine Aufzeichnung der elektronischen Spuren der Bürger für einen Zeitraum zwischen sechs und 24 Monaten vorsehen, dann innerhalb von 18 Monaten in nationales Recht umsetzen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries will sich dabei für die Mindestspeicherfrist stark machen, während Innenminister von Bund und Ländern zwölf Monate bevorzugen. Prinzipiell geht es bei der beschlossenen Überwachung um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die beim Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden.

Scharfe Töne schlägt Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco, angesichts des Votums an. "Mit der Begründung, Terroristen zu jagen, speichert man jetzt nutzlose Daten auf Kosten der Industrie, wo doch die bestehenden Regelungen nach Aussagen der Polizei bereits für 90 Prozent der Fälle ausgereicht haben", wettert der Providervertreter. Er stellt sich bereits vor, wie der erste Zugangsanbieter seine Daten "auf Anforderung ausgedruckt per Möbelwagen anliefert". Die Behörden hätten schließlich weder Rechner noch Leitungen, um auch nur einen Bruchteil des geforderten Bitverkehrs abwickeln zu können. George Orwells Visionen eines "1984" hält Rotert für einen "Stummfilm" im Vergleich zu den jetzt abgesegneten Überwachungsplänen, durch welche ganz Europa durch eine "Sammelwut ähnlich der Stasi vereint" werde.

Die europäischen Dachverbände EuroISPA, GSM Europe, ECCA, ECTA und ETNO konstatieren enttäuscht, dass die beschlossene Linie der europäischen Kommunikationsindustrie "eine signifikante Bürde" auferlege. Die größten E-Mail-Provider säßen aber in den USA, sodass Kriminelle die Regeln leicht umgehen könnten. Die Vereinigungen sehen die Wettbewerbskraft der europäischen Anbieter geschwächt, zumal die Richtlinie den Mitgliedstaaten zahlreiche Adaptionsmöglichkeiten biete und die Binnenmarktharmonisierung unterlaufen werde. Da die Entscheidung über eine Kostenerstattung den Regierungen vorbehalten bleibe, müssten diese letztlich nicht einmal die Proportionalität bei ihren Anforderungen wahren.

Laute Kritik übt auch Bitkom-Geschäftsführer Bernhard Rohleder: "Das Parlament hat die Chance vertan, seine eigenständige Bedeutung neben dem Ministerrat bei der Gesetzgebung mit Leben zu füllen", wittert er "Erpressung" in Brüssel. Der Lobbyist appelliert an die Bundesregierung, "die Unternehmen in Deutschland für die Speicherung in vollem Umfang zu entschädigen". Proteste hagelt es ferner vom Förderverein für eine freie informationelle Infrastruktur (FFII): "Von heute an werden alle EU-Bürger wie gemeine Kriminelle behandelt", erklärte dessen Präsident Pieter Hintjens. Vorstandsmitglied Harmut Pilch fügte an, dass der Gesetzgebungsprozess in Brüssel künftig noch frühzeitiger ernsthaft begleitet werden müsse. Dies gelte insbesondere für die zweite Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte, "die jeden Patentverletzer in einen Kriminellen zu verwandeln droht".

Auch im EU-Parlament selbst zeigt sich weiter Unmut: Die grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger bemängelt eine "Scheinlösung". Diese werde "weder helfen, den Terrorismus zu bekämpfen, noch die Bürgerrechte angemessen schützen". Außerdem werde es wegen der fehlenden Kostenerstattung zu einer Marktbereinigung unter den Providern kommen. Hierzulande gab die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, zu bedenken, dass die Privatsphäre mit dem Beschluss "auch in Deutschland immer mehr zum Luxusgut wird". Ihre Partei lehne die Vorratsdatenspeicherung entschieden ab und werde dies im nationalen Gesetzgebungsverfahren deutlich machen.

"Die von der Richtlinie vorgegebenen Spielräume müssen im Sinne eines effektiven Grundrechtsschutzes ausgeschöpft werden, damit die Eingriffe so gering wie möglich bleiben", setzt sich auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar für eine möglichst verträgliche Umsetzung der EU-Vorgaben ein. Die freie und unbeobachtete Telekommunikation sei weiter als wesentliches Element der demokratischen Wissens- und Informationsgesellschaft zu betrachten. Die Speicherfrist ist laut Schaar daher auf sechs Monate und der Zugriff der Sicherheitsbehörden auf die Bereiche "Terrorismus und Organisierte Kriminalität" zu beschränken. Dies müsse in der Strafprozessordnung festgeschrieben werden. Zudem sei bei E-Mail oder SMS zu beachten, dass eine Speicherung von Inhalten – wie ausdrücklich vorgesehen – unterbleibe. Nach Angaben von Providern erfordert dies zusätzliche Filterleistungen, da bei beiden Diensten Verbindungs- und Inhaltsdaten auf Protokollebene vermischt werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Koalition verteidigt Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten
Beitrag von: SiLæncer am 16 Dezember, 2005, 09:26
Die große Koalition hat die vom EU-Ministerrat beschlossene und vom EU-Parlament gebilligte Speicherung von Telefon- und Internetdaten verteidigt. Die drei Oppositionsparteien dagegen kritisierten am Donnerstagabend in einer von der FDP beantragten Debatte des Bundestages einen Abbau von Bürgerrechten. Der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Alfred Hartenbach (SPD), wies die Vorwürfe zurück, berichtet dpa. Die Regierung habe in Brüssel einen Kompromiss erreicht, mit dem man zufrieden sein könne. Es werde nur gespeichert, was für die Bekämpfung von Terrorismus und der Kriminalität erforderlich sei. Bei einer Blockadehaltung wäre Deutschland überstimmt worden.

Bei den Überwachungsplänen in Brüssel, die der EU-Rat und die EU-Kommission mit Nachdruck im Namen der Terrorismusbekämpfung vorangetrieben haben, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Gemäß einer Einigung im EU-Rat können die Mitgliedsstaaten Telcos verpflichten, die Informationen inklusive IP-Adressen zwischen 6 und 24 Monate lang speichern. Deutschland will sich für die kürzeste Frist von sechs Monaten entscheiden, hieß es nun bei der Bundesregierung – dies hatte Justizministerin Brigitte Zypries bereits im Vorfeld gegenüber den EU-Parlamentariern betont.

Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Fraktion, Gisela Piltz, befürchtete bei Umsetzung des EU-Beschlusses schwerwiegende Eingriffe in Grundrechte. Die Regierung widerspreche mit ihrer Zustimmung eindeutig anders lautenden Beschlüssen des Bundestages. Der Abgeordnete der Linkspartei, Frank Korte, sprach von einem Angriff auf das Fernmeldegeheimnis und die Privatsphäre. Die Innenexpertin der Grünen, Silke Stokar, nannte die Entscheidung bürger- und wirtschaftsfeindlich. Die CDU-Abgeordnete Martina Krogmann sagte hingegen laut dpa, es komme auf die Verhältnismäßigkeit an. "Niemand will jeden Mausklick aufzeichnen."

Quelle : www.heise.de
Titel: Re:Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: _Immer_Intl_ am 17 Dezember, 2005, 12:12
Im Namen der "Terrorbekämpfung" ist heutzutage jedes Mittel erlaubt, so scheint es.

Wozu gibt es überhaupt noch ein Datenschutzgesetz in D, wenn es eh wieder und wieder ausgehebelt wird???
Titel: Re:Koalition verteidigt Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten
Beitrag von: NewMan am 17 Dezember, 2005, 12:23
"Niemand will jeden Mausklick aufzeichnen."

Quelle : www.heise.de

Niemand will eine Mauer bauen.
Titel: Re:Koalition verteidigt Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten
Beitrag von: _Immer_Intl_ am 17 Dezember, 2005, 16:12
"Niemand will jeden Mausklick aufzeichnen."

Quelle : www.heise.de

Niemand will eine Mauer bauen.

Aufzeichnen nicht, aber "dokumentieren".     ::)
Titel: EU-Parlamentarier rechtfertigen massive Telekommunikationsüberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 13 Januar, 2006, 19:45
Führende Politiker des EU-Parlaments haben ihren heftig umstrittenen Beschluss zur massiven Ausdehnung der Telekommunikationsüberwachung vom Dezember verteidigt. Sowohl der Mehrheitsführer der konservativen Europäischen Volkspartei (EVP), Herbert Reul, als auch seine Kollegin bei den Sozialdemokratin, Evelyne Gebhardt, widersprechen demnach Kritikern, die vor dem Abdriften in eine mit totalitären Mitteln überwachte Informationsgesellschaft gewarnt haben. Die von den Abgeordneten mit der Mehrheit der "Großen Koalition" auf EU-Ebene verabschiedete Verpflichtung zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten für sechs bis 24 Monate sei kein "übertriebenes Überwachungsinstrument", betonte Gebhardt. Laut Reul haben die Parlamentarier sichergestellt, dass die gigantischen Datenmengen über das elektronische Kommunikationsverhalten der 450 Millionen EU-Bürger "geschützt werden".

Bei dem Brüsseler Überwachungsvorhaben, das der EU-Rat und die EU-Kommission mit Nachdruck im Namen der Terrorismusbekämpfung vorangetrieben hatten, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen hatten in einer gemeinsamen Erklärung vor der Lesung der entsprechenden EU-Richtlinie verlangt, "dass sämtliche Vorhaben zur Einführung einer Vorratsdatenspeicherung sofort aufgegeben" werden müssten. Sie begründeten dies mit "exzessiven" Eingriffen in die Privatsphäre durch die Maßnahme, die gleichzeitig von Kriminellen leicht umgangen werden könne und die Wirtschaft schwer belaste. Auf diese Eingabe reagierten Gebhardt und Reul nun in Schreiben, die heise online vorliegen.

Verkehrsdaten würden von den Telcos schon seit langem für Abrechnungszwecke erfasst, hält die sozialdemokratische Wegbereiterin der EU-weiten Vorratsdatenspeicherung in ihrer Antwort fest. Es habe sich herausgestellt, dass diese Informationen "einen wichtigen Beitrag zur Aufklärung von Straftaten leisten, übrigens auch, wenn es um Alibis, also um Entlastungen geht." Um zu verhindern, dass auf nationaler Ebene weit über die jetzige Richtlinie hinausgegangen werde, hätten die beiden größten Fraktionen im Parlament "eine Mindestharmonisierung und damit die Einführung von Mindestgarantien durchgesetzt." Hier sei es vor allem um die Frage gegangen, "wer in welcher Form die Pläne beeinflussen kann."

Laut Gebhardt hat sich das Parlament in dem Machtkampf gut geschlagen. Wäre es nach dem Ministerrat gegangen, "hätten wir jetzt ein Instrument, das die Speicherungspflicht für Daten auf drei Jahre vorschreibt, die unbeantworteten und erfolglosen Anrufe einbezieht, ebenso die aufgerufenen Internetseiten sowie die Bestimmung von Standortdaten zu Beginn und zum Ende einer Kommunikation, durch die ein Bewegungsprofil erstellt werden könnte." Hier hätten die Abgeordneten vorgebaut. Allerdings konnte im Rat vor dem Einlenken der großen Fraktionen über Jahre hinweg die erforderliche Einigung über die Grundsätze der Vorratsdatenspeicherung nicht erzielt werden. Zudem haben sich die Mitgliedsstaaten an allen entscheidenden Stellschrauben Türen offen gelassen, die Bestimmungen der Richtlinie in begründeten Fällen aufzubohren.

Gebhardt begründet die Zustimmung zur pauschalen Überwachung zudem mit zwei Vergleichen: So gebe jeder, der heute einen Brief verschicke, damit auch die dazu gehörenden "Verkehrsdaten" in Form von Absender und Empfänger etwa an den Postboten preis. Jeder Autofahrer müsse sich ferner bewusst sein, dass seine Fahrzeughalterdaten immer schon gespeichert und etwa beim Blitzen an einer roten Ampel ermittelt und für eine Untersuchung herangezogen werden dürften. Dies seien "ausschließlich rechtsstaatliche Praktiken", derer sich die Behörden auch bei der Vorratsdatenspeicherung bedienen würden.

Reul betrachtet derweil mit dem abgenickten Gesetzesentwurf alle Bedenken der Bürger vor einer langen und untransparenten Vorhaltung ihrer persönlichen Daten für "ausgeräumt". Es werde sichergestellt, dass nur Sicherheitsbehörden bei der Verfolgung "schwerer Straftaten" Zugriff auf die Daten hätten und eine eigenständige Datenschutzkontrolle erfolge. Zu möglichen Angriffen durch Cyberkriminelle auf die zentralen Datenberge äußert sich Reul nicht. Gegen Missbrauch der personenbezogenen Informationen könnten Strafen verhängt werden, betont der CDU-Politiker. "Unnötige" Daten würden nicht gespeichert. Dies sorge dafür, dass "riesige Kosten für die Industrie und hiermit für den Verbraucher nicht entstehen". Ein weiterer wichtiger Punkt sei, dass die Inhalte der Telefongespräche sowie der E-Mails nicht gespeichert werden dürften.

Den Elmshorner Juristen Patrick Breyer, einen der Köpfe der Bürgerrechtsbewegung gegen die Vorratsdatenspeicherung, stellen die Rechtfertigungen nicht zufrieden. Er bezeichnet die vom Parlament erreichten Einschränkungen für "wertlos". Über den Rückgriff auf eine andere Datenschutzrichtlinie dürften die gespeicherten Informationen sehr wohl für andere Zwecke wie Spionage durch Geheimdienste, ungezielte Suche nach Straftaten oder Marketing freigegeben werden, begründet er seine Ansicht. Nachweise dafür, dass durch den Rückgriff auf teilweise schon gespeicherte Verkehrsdaten die Kriminalitätsrate gesunken sei, gebe es nicht. Insgesamt stelle die Richtlinie eine "gravierende Verschlechterung gegenüber der jetzigen Rechtslage" dar. Das Parlament habe in seiner Aufgabe versagt, die Rechte der Bürger zu wahren, weshalb nun die Verfassungsgerichte anzurufen seien. Noch steht aber auch die Bestätigung der Richtlinie durch den Rat aus, was als rein formaler Akt gilt. Möglich wäre die Absegnung ohne weitere Aussprache etwa im Agrar- und Fischereirat Ende Januar.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

    * Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation


Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/68333
Titel: Große Koalition sieht Vorratsdatenspeicherung im Einklang mit der Verfassung
Beitrag von: SiLæncer am 27 Januar, 2006, 18:33
CDU/CSU und SPD im Bundestag wollen laut einem Antragsentwurf die Vorgaben der EU zur massiven Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung in den "Mindestanforderungen" umsetzen. Mit dem heise online vorliegenden Papier soll die Bundesregierung aufgefordert werden, es insbesondere im Rahmen der vom EU-Parlament beschlossenen Vorratspeicherung von Telefon- und Internetdaten bei einer Aufbewahrungsfrist von sechs Monaten zu belassen. Auch eine Beschränkung der Datenabfrage "zu Zwecken der Strafverfolgung auf die Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung erheblicher oder mittels Telekommunikation begangener Straftaten" möge erfolgen. Die entsprechende EU-Richtlinie selbst spricht davon, dass Sicherheitsbehörden nur bei "schweren" Verbrechen Einsicht in die geforderten Datenberge nehmen dürfen.

Mit dem erforderlichen Änderungsgesetz sei zugleich sicherzustellen, heißt es in dem Antrag weiter, "dass Daten, die über den Inhalt einer Kommunikation Aufschluss geben, wie bisher nicht gespeichert werden dürfen". Diese in ähnlicher Form auch in der Direktive enthaltene Klausel dürfte den verpflichteten Telekommunikationsdienstleistern in der Praxis Schwierigkeiten bereiten. Bei der Aufzeichnung von Verbindungsdaten zu E-Mails oder SMS etwa erfolgt schon auf Protokollebene eine Vermischung der beiden Datenkategorien. Der Antrag bestätigt, dass die Abgrenzung zwischen den geforderten "Verkehrsdaten" und Inhaltsdaten "immer schwieriger wird". Schwarz-Rot will sich daher dafür einsetzen, im Rahmen der vorgesehenen Evaluation der Richtlinie prüfen zu lassen, "ob es nicht Alternativen" zur Speicherung von Telekommunikationsdaten auf Vorrat. Kritiker der Maßnahme hatten im Rahmen der Debatte über die EU-Vorgaben immer wieder ein erst im Verdachtsfall einsetzendes "Einfrieren" der Informationen gefordert.

Bei dem heftig umstrittenen Brüsseler Überwachungsvorhaben, das der EU-Rat und die EU-Kommission mit Nachdruck im Namen der Terrorismusbekämpfung vorangetrieben hatten, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Datenschützer und zahlreiche Bürgerrechtsorganisationen hatten vor und nach den entscheidenden Beratungen im EU-Parlament wiederholt mit Verfassungsklagen gegen die von ihnen kritisierte Rundum-Überwachung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger gedroht.

Die Abgeordneten der Großen Koalition haben keine verfassungsrechtlichen Bedenken gegenüber einer restriktiven Umsetzung der Richtlinie. Sie wollen damit die bisherige strikte Ablehnung einer verdachtsunabhängigen pauschalen Vorratsdatenspeicherung des Bundestags aufgeben. Zur Begründung führen sie aus: "Der Bundesregierung ist es – gestärkt durch die bisherige restriktive Beschlusslage des Deutschen Bundestages – in intensiven Verhandlungen auf europäischer Ebene gegen teils erhebliche Widerstände seitens einer Vielzahl anderer Mitgliedstaaten gelungen, sowohl im Europäischen Parlament als auch im Rat die nötigen Mehrheiten für eine Regelung mit Augenmaß zu gewinnen". Dass mit dem Wegfall der bisherigen Löschpflicht von Verbindungsdaten jenseits enger Grenzen und der Einführung eine Speicherpflicht ein "Paradigmenwechsel" erfolge, sind sich die Koalitionspolitiker aber bewusst.

Zugleich halten sie fest, dass das Bundesverfassungsgericht wiederholt "die unabweisbaren Bedürfnisse einer wirksamen Strafverfolgung hervorgehoben, das öffentliche Interesse an einer möglichst vollständigen Wahrheitsermittlung im Strafverfahren betont und die wirksame Aufklärung gerade schwerer Straftaten als einen wesentlichen Auftrag eines rechtsstaatlichen Gemeinwesens bezeichnet" habe. Die begehrten "Verkehrsdaten" seien als Ermittlungsinstrument "unverzichtbar". Zumindest hätte sich die nach dem 11. September 2001 im Rahmen der rot-grünen Anti-Terrorpakete eingeführte Befugnis in der Strafprozessordnung, Auskunft von Diensteanbietern über für Abrechnungszwecke gespeicherte Telekommunikationsverkehrsdaten zu verlangen, "in vielen Kriminalitätsbereichen als hilfreich für eine effektive Strafverfolgung erwiesen". Generell möchte Schwarz-Rot der Regierung grünes Licht geben, dem voraussichtlich im Februar auf der Agenda des EU-Rates stehenden formalen Beschluss der Richtlinie nicht im Wege zu stehen.

Bei der von Brüssel offen gelassenen Frage der Kostenerstattung drängt Schwarz-Rot allgemein auf die "zeitnahe" Vorlage eines "Gesetzentwurf für eine angemessene Entschädigung der Telekommunikationsunternehmen für die Inanspruchnahme im Rahmen der Erfüllung hoheitlicher Ermittlungsmaßnahmen im Bereich der Telekommunikation". In einer ersten Stellungnahme auf den noch nicht verabschiedeten Koalitionsantrag lobt der Branchenverband Bitkom diese Passage. Der Geschäftsführer der Lobbyvereinigung, Bernhard Rohleder, betont: "Es ist verfassungsrechtlich geboten, dass der Staat die vollständigen Kosten für die Speicherung trägt." Rohleder begrüßt zudem, dass sich Deutschland "an den Minimalanforderungen der Richtlinie orientiere".

Sollte der Antrag der Großen Koalition intern abgesegnet werden, dürfte es für einen schärfere Beschlussvorlage der Grünen schlecht aussehen. Die Oppositionsfraktion will erreichen, dass der Bundestag an seinem kategorischen Nein zur Vorratsdatenspeicherung festhält und die Bundesregierung die Richtlinie im Ministerrat nicht freigibt.

Siehe dazu auch:

    * Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/68951
Titel: EU-Kommission will keine Studie zur Vorratsdatenspeicherung durchführen
Beitrag von: SiLæncer am 02 Februar, 2006, 18:19
Die EU-Kommission hält die Durchführung einer Verträglichkeitsstudie über die Auswirkungen der im Dezember vom EU-Parlament beschlossenen Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung derzeit nicht für erforderlich. Dies geht aus einer Antwort von Justizkommissar Franco Frattini auf eine Anfrage der konservativen Abgeordneten Charlotte Cederschiöld hervor. Eine kurzfristige Folgenabschätzung würde "keinen Mehrwert" bringen, argumentiert der Italiener. Einfluss auf den Inhalt des Rechtsinstruments könne eine solche Studie gegenwärtig generell nicht mehr nehmen, da zwischen dem Parlament und dem EU-Rat jüngst erst Einigkeit über die Direktive erzielt worden und das Gesetzgebungsverfahren abgeschlossen sei. Die Bestätigung des Parlamentsbeschlusses durch die Mitgliedsstaaten steht aber noch aus.

Die Haltung Frattinis überrascht, da die Abgeordneten gleichzeitig mit der mehrheitlichen Zustimmung zu der Richtlinie eine Entschließung verabschiedet hatten. Darin wird die Kommission um eine Studie zur Folgenabschätzung ersucht, "in der alle Fragen im Zusammenhang mit dem Binnenmarkt und dem Verbraucherschutz behandelt werden". Frattini begründet seine Weigerung auch damit, dass die Kommission bereits im Vorfeld der Vorlage ihres eigenen Richtlinienentwurfs zur Aufzeichnung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger eine Verträglichkeitsstudie durchgeführt und in dem Vorschlag dokumentiert habe. Die wenigen Punkte, welche die Kommission dabei in aller Knappheit abhandelte, kritisierten Wirtschaftsvertreter aber als unzureichend für eine echte Folgenabschätzung. Insbesondere Providervertreter zeigen sich nach wie vor besorgt, dass die EU-Gesetzgeber und die Ermittler noch gar nicht verstanden haben, um welche gigantische Datenspeicherung es bei der beschlossenen Maßnahme geht.

Frattini verweist derweil darauf, dass es den Mitgliedsstaaten unbenommen sei, selbst Verträglichkeitsstudien zur nationalen Umsetzung der Richtlinie in Auftrag zu geben. Dies könnte sinnvoll sein, da der Spielraum bei der Implementierung der weitgehenden Überwachungsauflagen recht groß sei. Man werde zudem dem Richtlinientext folgend eine Arbeitsgruppe mit Vertretern von Strafverfolgern, Verbänden, der betroffenen Industrie, Abgeordneten und Datenschützern einrichten. Generell stehe dann innerhalb von drei Jahren nach der 18-monatigen Umsetzungsperiode eine umfassende Evaluierung der Richtlinie auf dem Programm. Gleichzeitig gab Frattini noch einmal seinem Glauben Ausdruck, dass die heftig umstrittene Überwachungsinitiative im Einklang mit der Europäischen Menschenrechtskonvention stehe und eine "gute Balance" zwischen allen Interessen gefunden worden sei.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Weiter Proteste gegen Speicherung von Telefondaten
Beitrag von: SiLæncer am 07 Februar, 2006, 20:34
Wenn es nach dem EU-Parlament geht, ist alles längst beschlossene Sache: Künftig sollen alle Telefonverbindungs- und Internetdaten archiviert werden. Gesetzesgegner wollen sich noch nicht damit abfinden. Sie hoffen auf die EU-Justizminister.

In einer gemeinsamen Erklärung sprechen sich Datenschützer, Verbraucherschützer und Journalisten gegen die von der Bundesregierung befürwortete Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten aus. Die geplante vorsorgliche Speicherung von Verbindungsdaten bewirke keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität, koste Millionen von Euro und gefährde die Privatsphäre Unschuldiger, heißt es in der gemeinsamen Erklärung von zehn Verbänden.

Unterzeichnet wurde die Erklärung vom Chaos Computer Club, von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz e.V. (DVD), vom Deutschen Journalisten-Verband (DJV), vom Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), vom Grüne Jugend Bundesverband, vom Netzwerk Neue Medien (NNM), der Initiative no abuse in internet e.V. (naiin), von STOP1984, vom Verein zur Förderung des öffentlichen bewegten und unbewegten Datenverkehrs (FoeBuD) sowie dem Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv).

Eine EU-Richtlinie sieht vor, dass künftig jede Benutzung von Telefon, Handy und Internet protokolliert werde, damit Strafverfolgungsbehörden auf diese Informationen zugreifen können. Nachdem das Europäische Parlament nach langer Diskussion den vom Minsterrat vorgelegten Kompromissvorschlag im Dezember billigte, steht nun die endgültige Entscheidung der EU-Justizminister noch aus.

Der vzbv sieht in den Plänen zur Vorratsdatenspeicherung eine Bedrohung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung. "Eine demokratische Gesellschaft zeichnet sich dadurch aus, dass nicht der Staat die Bürger, sondern die Bürger den Staat kontrollieren", sagte vzbv-Vorstand Edda Müller. Eine verdachtsunabhängige Datenspeicherung bedeute den Einstieg in eine flächendeckende Überwachung der Nutzer digitaler Kommunikation.

Die Verbände fordern die Mitglieder des Bundestages deshalb auf, an ihrer 2005 erklärten Ablehnung der Datenspeicherung festzuhalten. Falls die EU-Richtlinie nicht zu verhindern sei, müssten wenigstens die verbleibenden Spielräume zugunsten der Bürger und der Wirtschaft voll ausgeschöpft werden. So sollte die Datenspeicherung und der Datenabruf auf ein Minimum beschränkt werden.

Forderungen: Verzögern, Freiräume ausschöpfen

Wie das nach ihrer Vorstellung genau aussehen könnte, machen die Unterzeichner der gemeinsamen Erklärung mit einem Katalog von Forderungen klar:

1. Die maximale Umsetzungsfrist bis Mitte 2007 - für Internetdaten bis Anfang 2009 - ist auszuschöpfen.

2. Bürger dürfen nicht verpflichtet werden, sich vor der Nutzung von Telefon, Handy oder Internet zu identifizieren. Bestehende Identifizierungspflichten sind aufzuheben.

3. Eine Vorratsspeicherung wird nur für die in der Richtlinie genannten Datentypen und nur für die Dauer von sechs Monaten eingeführt; danach sind die Daten unverzüglich zu löschen. Zu speichern sind nur Daten, die bei dem jeweiligen Anbieter zur Bereitstellung von Kommunikationsdiensten ohnehin erzeugt oder verarbeitet werden.

4. Der Staat hat die zur Datenspeicherung und -vorhaltung verpflichteten Anbieter für die daraus resultierenden Zusatzkosten (Investitionskosten, Vorhaltekosten, Personalkosten) voll zu entschädigen.

5. Der staatliche Zugriff auf Informationen über die Kommunikation und die Kommunizierenden ("Verkehrsdaten", "Bestandsdaten") hat den gleichen Voraussetzungen zu unterliegen wie der Zugriff auf die Inhalte der Kommunikation.

6. Der Zugriff auf Kommunikationsdaten ist nur zur Verhinderung oder Verfolgung schwerer Straftaten zuzulassen, wenn im Einzelfall der konkrete Verdacht einer solchen Tat besteht. Der Zugriff zwecks Strafverfolgung sollte beschränkt sein auf Fälle organisierter Kriminalität, in denen eine höhere Strafe als vier Jahre Freiheitsstrafe zu erwarten ist.

7. Eine Nutzung von Kommunikationsdaten zu anderen Zwecken, beispielsweise durch Nachrichtendienste, durch sonstige Behörden oder durch private Dritte, ist auszuschließen. Den speichernden Diensteanbietern selbst ist die Nutzung der Daten nur insoweit zu gestatten, wie es zur Entgeltermittlung und Entgeltabrechnung erforderlich ist.

8. Der Zugriff auf und die Verwertung von Informationen über die Kommunikation von Ärzten, Rechtsanwälten, Steuerberatern, anderen Berufsgeheimnisträgern sowie Journalisten sind nur in besonderen Ausnahmefällen zuzulassen.

9. Zur Datenspeicherung und -vorhaltung sind nur Anbieter öffentlich zugänglicher Kommunikationsdienste und Betreiber öffentlicher Kommunikationsnetze zu verpflichten. Kleine Anbieter, insbesondere im Internetbereich, sind auszunehmen.

10. Die positiven und negativen Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung auf die Gesellschaft sind von einer unabhängigen Stelle zu untersuchen. Die Ergebnisse sind zu veröffentlichen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte hat dem Deutschen Bundestag alle zwei Jahre Bericht über die Erfahrungen mit der praktischen Anwendung der Vorratsdatenspeicherung zu erstatten. Die Berichte sind zu veröffentlichen."


Der Entwurf eines neuen Telekommunikationsgesetzes des Bundeswirtschaftsministeriums sieht bereits vor, dass Speicherungsdauer und der Art der erfassten Daten nicht über die Mindestanforderungen der EU-Regelung hinaus gehen sollen. Außerdem sollen die Unternehmen eine "angemessene Entschädigung" für die Erfassung der Daten erhalten: Die Verbände der IT- und Telekommunikationsindustrie hatten sich vor allem mit der Begründung gegen die EU-Richtlinie gestellt, dass ihnen die erheblichen wirtschaftlichen Lasten für die Schaffung der Überwachungs-Infrastruktur aufgebürdet werden sollten.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Bürgerrechtler gegen "präventive Totalüberwachung" bei Internetdelikten
Beitrag von: SiLæncer am 10 Februar, 2006, 17:26
Verbände aus Wirtschaft und Zivilgesellschaft üben scharfe Kritik am nun auch offiziell eingereichten Antrag der Großen Koalition (Bundestagsdrucksache 16/545) zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Der Datenschutzinitiative Stop1984 etwa ist ein Dorn im Auge, dass Union und SPD den Zugriff von Sicherheitsbehörden auf die Datenberge auch bei Verdacht auf Bagatelldelikte im Internet gestatten wollen. Eine derartige "präventive Totalüberwachung" bei minderschweren Straftaten sei "nicht tragbar". Letztlich wäre es so zur Verwendung der Informationen über die sensiblen elektronischen Nutzerspuren auch für die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nur noch ein kleiner Schritt. Das Vorhaben der Regierungsfraktionen stehe zudem in einem "eklatanten Widerspruch" zum ursprünglichen Anspruch der Richtlinie, der Terrorismusbekämpfung zu dienen.

Für Stop1984 liegt der Verdacht nahe, dass die Möglichkeit geschaffen werden soll, zukünftig auch für zivilrechtliche Prozesse wie zum Erstreiten von Schadensersatz Zugriff auf die Verbindungs- und Personendaten von Telekommunikationsteilnehmern zu gestatten. Insbesondere Musik- und Filmindustrie hätten hier bereits Interesse angekündigt. Aber auch Abmahnungen zur Unterbindung unliebsamer Meinungsäußerungen könnten so schneller zum Erfolg führen. Der "Kompromiss" von Schwarz-Rot sei daher unverhältnismäßig und hebe die Zweckbindung bei der Verwertung der angehäuften Daten auf. Es sei anzunehmen, dass die gespeicherten Daten dann auch schnell nur bei Verdacht auf Leistungsmissbrauch Institutionen wie Krankenkassen, Versicherungen oder Sozialämtern zur Verfügung gestellt werden.

Scharfe Kritik an dem Antrag, den die Große Koalition Mitte der Woche beschlossen hat und dessen baldige Verabschiedung im Plenum des Bundestags damit als sicher gilt, kommt auch von der Internet Society Deutschland (ISOC). Vorstandmitglied Hans-Peter Dittler betonte gegenüber heise online, dass mit der Formulierung im Koalitionsantrag "alles, womit ich mich im Internet verdächtig mache", eine Datenabfrage durch die Sicherheitsbehörden erlaube. Die schwammigen Vorgaben der Richtlinie müssten bei der deutschen Umsetzung noch deutlich präziser und enger gefasst werden. Die Vertreter von CDU/CSU und SPD machen sich in der vor allem umstrittenen Passage ihres Papiers wörtlich dafür stark, die Datenabfrage auf die "Ermittlung, Aufdeckung und Verfolgung erheblicher oder mittels Telekommunikation begangener Straftaten" zu beschränken.

Weiteren Klärungsbedarf sieht Dittler bei den Vorgaben, was genau überhaupt von den Providern für die von der Großen Koalition befürworteten sechsmonatige Frist aufbewahrt werden soll. "In der Richtlinie ist von Angaben zum Beginn und Ende einer Telekommunikation sowie zu den Kommunikationspartnern die Rede", führt der IT-Berater aus. Die Aufzeichnung der Daten zum Aufbau und zur Einwahl bei einer Netzverbindung würde dem nicht genügen. "Jeder Web- und Datenbankzugriff, jede VoIP-Verbindung müsste gespeichert werden", hält Dittler fest. Damit würden die Ausmaße der pauschalen Überwachungsmaßnahme gigantisch anwachsen. Dazu käme, dass die kostspieligen Auflagen etwa bei verschlüsselten Webseite-Abrufen oder bei der VoIP-Signalisierung via TLS (Transport Layer Security) ins Leere laufen würden.

Auch gegenüber den Sicherheitsvorkehrungen bei manchem Provider zeigt Dittler sich skeptisch. Er fürchtet, dass es den ein oder anderen Anbieter in den Finger jucken könnte, selbst "blitzschnell" Suchanfragen in den Datenbergen durchzuführen. Offen sei zudem der Umgang mit der Tatsache, dass eine IP-Adresse bei ADSL-Verbindungen auch nach der Trennung vom Provider im Datenverkehr bei der Neuvergabe der Kennung noch einige Minuten dem Vorbesitzer zugerechnet werde.

Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco, hält die geplante Kostenentschädigung der Wirtschaft für einen "Tropfen auf den heißen Stein". Die Verantwortlichen in der Politik wissen seiner Ansicht nach immer noch nicht, was für eine Datenflut auf die Behörden zukomme. Das Augenmerk müsse sich daher mittelfristig auf die Statistik zur Nutzung der Überwachungsmaßnahme richten, die laut der Direktive erstellt werden soll. Zudem hält es Rotert für unabdinglich, dass Berlin die maximale Implementierungszeit von 36 Monaten ausschöpft.

Günter Krings, Rechtsexperte der Unionsfraktion im Bundestag, hält die Bedenken für überzogen. Schon jetzt würden viele der gewünschten Daten aus Abrechnungsgründen gespeichert, auch von Flatrate-Anbietern, sagte er auf der Konferenz der deutschsprachigen Domain-Registries Domain Pulse am heutigen Freitag in Berlin. Derartige Vorhaltepraktiken sind rechtlich allerdings umstritten. Krings rechnet auf jeden Fall bei der Vorratsdatenspeicherung mit "besseren" Erfahrungen der Zugangsanbieter als bei der Pflicht zur E-Mail-Überwachung. Das Hauptproblem wäre, "wenn Strafverfolgungsbehörden alle paar Tage vor der Tür" der Provider stünden. Die geplante Kostenerstattung könnte hier mäßigend wirken.

Vertreter der Oppositionsparteien hatten dem Implementierungsantrag der Großen Koalition auf der Tagung wenig entgegenzusetzen. Laut Hans-Joachim Otto, Vorsitzender des Medienausschusses des Bundestags, kommt bei der Vorratsdatenspeicherung zwar "ein bisschen George Orwell" vor. Man dürfe sich aber nicht in die Tasche lügen und so tun, als ob nicht das Internet und E-Mail für neue Verbrechen immer größere Bedeutung erlangt hätten. Grietje Bettin, medienpolitische Sprecherin der Grünen, schob den Schwarzen Peter auf die über Brüssel gegebenen Möglichkeiten zur Umgehung nationaler demokratischer Verfahren.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundestag soll massive Überwachung der Telekommunikation absegnen
Beitrag von: SiLæncer am 15 Februar, 2006, 15:50
Der Rechtsausschuss des Bundestags hat sich am heutigen Mittwoch für den Antrag der Großen Koalition zur sechsmonatigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten ausgesprochen. Mit dem Antrag (PDF-Datei) wollen CDU/CSU und SPD die Bundesregierung auffordern, die Vorgaben aus Brüssel zur Aufzeichnung der elektronischen Nutzerspuren "mit Augenmaß" und in den "Mindestanforderungen" umzusetzen. Nichtsdestoweniger droht mit der Vorratsdatenspeicherung die Unschuldvermutung im Strafrecht ausgehebelt zu werden, da die Verbindungs- und Standortdaten aller Bürger pauschal gespeichert werden sollen. Sicherheitsbehörden zugänglich machen will die Große Koalition die Datenberge zudem im Einklang mit den Wünschen von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries nicht nur für "erheblicher Straftaten", wie es die entsprechende EU-Richtlinie vorsieht. Einblicke nehmen sollen die Ermittler gemäß dem Antrag auch bei Delikten, die "mittels Telekommunikation" begangen wurden.

Vertreter der Großen Koalition begründeten ihre Haltung damit, dass der zwischen EU-Parlament und EU-Rat gefundene Kompromiss von Anfang Dezember alle wichtigen Forderungen Deutschlands beinhalte. Sie bescheinigten dem Justizministerium, in Brüssel "klug" verhandelt zu haben. Der Aufklärung und Verfolgung von Straftaten komme gerade in Zeiten großer terroristischer Bedrohungen prinzipiell eine hohe Bedeutung zu, sodass den Sicherheitsbehörden das neue Ermittlungsinstrument nicht versagt werden dürfe. Die SPD wies die Regierung ergänzend darauf hin, dass das nun sichere Plazet des Parlaments nach der Plenardebatte am morgigen Donnerstag nicht als "Einfallstor" für eine Ausweitung der pauschalen Überwachungsmaßnahme fungieren dürfe.

Die Oppositionsparteien stimmten geschlossen gegen den Antrag. Sie kritisierten den Brüsseler Richtlinienentwurf, der Anfang kommender Woche von den Justiz- und Innenministern der EU-Mitgliedsstaaten beschlossen werden soll, als viel zu weitgehend. Ex-Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach von einer "grundlegend falschen Weichenstellung". Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag, warnte vor einem umfassenden Paradigmenwechsel. Gleichzeitig erinnerte er daran, dass sich der Bundestag in der vergangenen Legislaturperiode mehrfach und einstimmig gegen eine ausufernde Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen habe. Genau eine solche sei nun von der Direktive vorgesehen. Es sei daher nicht nachvollziehbar, dass das Brüsseler Machwerk auch noch von der Koalition gelobt werde.

Montag kritisierte, dass Privatfirmen verpflichtet würden, Daten, die sie gar nicht oder zumindest nicht so lange benötigten, für mindestens sechs Monate zu speichern, nur um einen staatlichen Zugriff darauf sicherzustellen. Das sei mit dem Datenschutz völlig unvereinbar und offenbar auch verfassungswidrig. Einen Antrag der Grünen zur "Freiheit des Telefonverkehrs vor Zwangsspeicherungen" ließen die Mitglieder der Großen Koalition dennoch im Ausschuss genauso durchfallen wie ein vergleichbares Papier der Liberalen "gegen eine europaweit verpflichtende Vorratsdatenspeicherung". Kritik übt auch Montags für Medienpolitik zuständigen Kollegin Grietje Bettin an der "Umfallerei" der Koalitionsfraktionen: Durch die neue Verpflichtung verkommen ihrer Ansicht nach "alle Bürger zum ständigen Beobachtungsobjekt". Weil sich vor allem im Internet die Inhalte nicht völlig von den Verbindungsdaten trennen lassen, könnten etwa auch Informationen über angesurfte Webseiten erfasst werden. Die Folge sei, dass "nicht nur Bewegungsprofile in den Fokus geraten, sondern auch Lebensgewohnheiten".

Verschiedene Organisationen der Zivilgesellschaft hatten vergangene Woche noch einmal Druck auf die Abgeordneten ausgeübt, eine Umsetzung der Richtlinie komplett zurückzuweisen oder den Koalitionsantrag zumindest noch bürgerrechtsfreundlicher zu gestalten. Die Datenschutzinitiative Stop1984 etwa beklagte insbesondere, dass mit dem Einschluss aller via Telekommunikation verübten Straftaten Ermittler künftig selbst bei Bagatelldelikten im Internet in den Datenhalden schnüffeln dürften. Ein knappes Dutzend anderer Bürgerrechtsvertreter hatte sich dafür stark gemacht, Geheimdiensten Einblicke in die Nutzerdaten zu verwehren und kleine Provider von den Speicherverpflichtungen auszunehmen. Wirtschaftsverbände wie der Bitkom oder der BDI, die im Vorfeld der Brüsseler Entscheidung immer wieder grundlegende Bedenken gegen eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung vorgebracht hatten, unterstützen dagegen mittlerweile die Umsetzungspläne der Koalition. Sie begrüßen vor allem, dass darin eine Entschädigung der betroffenen Unternehmen für die Mithilfe bei der Überwachung vorgesehen ist.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/69655
Titel: Bundestag befürwortet verdachtsunabhängige Überwachung der Telekommunikation
Beitrag von: SiLæncer am 16 Februar, 2006, 23:26
Mit fast allen Stimmen der Großen Koalition hat der Bundestag am heutigen Donnerstag nach einer intensiven Debatte einen Antrag (PDF-Datei) zur sechsmonatigen Speicherung von Telefon- und Internetdaten beschlossen. Die Bundesregierung ist damit aufgefordert, die vom EU-Parlament abgesegnete Richtlinie zur Aufzeichnung der Nutzerspuren "mit Augenmaß" und in den "Mindestanforderungen" umzusetzen. Zuvor muss die Direktive noch vom EU-Rat bestätigt werden, was sich Justiz- und Innenminister für Anfang nächster Woche vorgenommen haben.

Der CDU-Abgeordnete Siegfried Kauder votierte als einziger Koalitionsvertreter gegen den Antrag. Der Bruder des CDU-Fraktionsvorsitzenden Volker Kauder hatte vor der Abstimmung erklärt, dass er bei der heftig umstrittenen Vorratsdatenspeicherung die Regelungskompetenz auf EU-Ebene nicht gegeben sehe. Seine Zweifel bezogen sich insbesondere auf das letztlich von der EU-Kommission gewählte Gesetzgebungsverfahren per Richtlinie. "Wir werden zu Lakaien Brüssels", proklamierte Kauder. "Wir sind aber kein Abnickverein und müssen unsere Rechte wahren".

Formalrechtliche Fragen warf auch Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der Grünen, auf. Er erinnerte daran, dass die pauschale Überwachungsmaßnahme zunächst über einen Rahmenbeschluss des Rates erfolgen sollte und man in Brüssel erst "die Pferde gewechselt" habe, nachdem die Mitgliedsstaaten nicht die geforderte Einstimmigkeit erzielen konnten. Sollte die Richtlinie vom Ministerrat bestätigt werden, rief Montag angesichts des "völligen Missbrauchs der entsprechenden europäischen Vorgaben" den Bundestag zur Einreichung einer Nichtigkeitsklage vor dem Europäischen Gerichtshof auf.

Auch in der Sache selbst sparte die Opposition nicht mit scharfer Kritik. Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sprach von einer "maßlosen" Maßnahme, deren Beitrag zur Verbrechensbekämpfung äußerst fraglich sei. Es werde künftig möglich sein, über Monate hinweg minutiös nachzuvollziehen, wer im Internet gesurft und wer mit wem telefoniert hat. Dies stelle einen "Bruch mit den Grundsätzen der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung" dar, zumal die Aufzeichnung unabhängig von Verdachtsmomenten erfolgen solle. Die von der Koalition gewünschte Entschädigungsregelung für die betroffenen Telekommunikationsanbieter kommentierte die FDP-Politikerin mit dem Hinweis, "dass letztlich die Bürger für ihre eigene Überwachung zahlen".

Jan Korte von der Linkspartei beklagte, dass erneut unter dem Vorwand der Terror- und Verbrechensbekämpfung Grundrechte beschnitten würden. Schwarz-Rot sorge dafür, dass die Bürger "nicht mehr vorbehaltsfrei kommunizieren können". Er fühlte sich an den "aufgeblähten Überwachungsapparat" erinnert, "den viele von uns schon erlebt haben". Montag monierte, dass man aus den erfassten Verbindungs- und Standortdaten "Rückschlüsse auf soziales Verhalten, Interessen und auch Inhalte" der Kommunikation ziehen könne. Eine solche "lückenlose Erfassung stößt tief in unser Selbstbestimmungs- und Persönlichkeitsrecht", obwohl dieses von der Verfassung geschützt sei. Dieser Geist "des deutschen Datenschutzrechtes" sei bislang auch von "diesem Haus" mitgetragen worden, rief der Grüne seinen Kollegen die bisherige klare Beschlusslage des Bundestags gegen eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung ins Gedächtnis zurück.

Redner der Koalition verwiesen auf die Erfordernisse einer effektiven Strafverfolgung und zeichneten ein Bild vom Internet als neuem Verbrechensherd. "Was sich bei der Kriminalität entwickelt hat, ist Lichtjahre von Zeiten des Volkszählungsurteils entfernt", versuchte Peter Danckert von der SPD das von Karlsruhe deklarierte informationelle Selbstbestimmungsrecht zu relativieren. "Wir leben vor Strukturen von weit verzweigten Verbrechen", stieß Daniela Raab (CSU) ins gleiche Horn. Beide versicherten, dass die Strafverfolger nicht bei "Bagatelldelikten" an die Daten herankämen. Der Koalitionsantrag sieht aber vor, dass Sicherheitsbehörden auch bei allen "mittels Telekommunikation begangener" Straftaten in den Datenbergen schürfen dürfen.

Laut dem CDU-Abgeordneten Günter Krings darf der Staat nicht mehr länger zusehen, "wie seine Bürger zu Opfern werden". Wer dies ignoriere, "betreibt Täterschutz". Der Rechtsexperte begrüßt vor allem, dass "Täter" mit der Vorratsdatenspeicherung auch bei der Nutzung einer Flatrate nicht mehr "optimal geschützt" sind. Bisher seien Ermittler bei Surfern mit Pauschalnutzung immer "von den Gepflogenheiten der Provider" beim Aufbewahren der Verbindungsdaten abhängig. Krings ist sich sicher, dass andernfalls "zahlreiche Verbrechen wie rechtsradikale Straftaten bis hin zu internationalem Terrorismus in Deutschland hätten aufgeklärt werden können". Der parlamentarische Justizstaatssekretär Alfred Hartenbach verwies zudem auf eine angeblich "einhellig positive Reaktion" der Verbände auf den Koalitionsantrag, obwohl sich die Providervereinigung eco vor einer Woche noch davon distanziert hatte.

Immer wieder kamen die Befürworter der Maßnahme auf einen noch nicht veröffentlichten Bericht des Bundeskriminalamts (BKA) zu sprechen. Er listet laut Danckert 361 reale Fälle auf, in denen die Vorratsdatenspeicherung bei der Strafverfolgung hätte helfen können. Wie Montag betonte, bezögen sich davon aber nur 0,5 Prozent auf Straftaten des internationalen Terrorismus. Sonst verspreche sich das BKA vor allem bei der Aufklärung von Sexualdelikten viel von der Datenjagd. Als einziger SPD-Abgeordneter kritisierte der Medienpolitiker Jörg Tauss die Vorlage aus Brüssel als "inakzeptablen Anschlag auf die Bürgerrechte in Europa". Gleichwohl stimmte er für den Antrag, da die Richtlinie nun einmal zumindest im Minimum umgesetzt werden müsse.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re:Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: _Immer_Intl_ am 17 Februar, 2006, 10:35
Wer soll diesen Schwachsinn von max. 2 Jahren Verbindungsdatenspeicherung eigentlich bezahlen? Wohl doch nicht die Abgeordneten, die hier so lauthals Propaganda dafür herumschreien???

Wären die mal nicht so weit von der Realität entfernt, bekämen wir auch ein angemessenes dt. Recht und nicht eine verballhornte Umsetzung der EU-Richtlinie.

Es gibt schon mehr als genug rechtliche Möglichkeiten, gegen Missbrauch vorzugehen, aber wenn natürlich vom Staat solche "Verbrecher" wie die GVU geschützt werden, kann es ja nicht anders laufen.
Titel: Proteste gegen Bundestagsbeschluss zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 17 Februar, 2006, 17:21
Datenschützer und Internetprovider kritisieren das Plazet des Bundestags zur massiven Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung scharf. "Der gestrige Beschluss hat mich ängstlich gemacht, weil er vollkommen davon abweicht, was die Volksvertreter vorher gesagt haben", erklärte Thilo Weichert, Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein, gegenüber heise online. Er verwies auf das bisherige deutliche Nein des Bundestags zu der nun befürworteten verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Die "Bastion", welche das Parlament bislang immer gegen die pauschale Überwachungsmaßnahme gebildet haben, sei geschleift worden. Dass die Abgeordneten versuchen würden, die Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie so niedrig wie möglich zu halten, sei zwar schön. Daraus spräche aber wohl kaum eine Achtung vor den Grundrechten, sondern Bedenken gegenüber zusätzlichen Protesten aus der Wirtschaft bei sonst noch höheren Kosten für den Aufbau der Datenlager.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bedauert den Meinungswandel ebenfalls. "Der Staat bedient sich hier der Hilfsdienste der Wirtschaft, indem er sie verpflichtet, von ihr nicht beziehungsweise nicht mehr benötigte Daten zu speichern. Gegen diesen erheblichen Eingriff in die Privatsphäre und die Vertraulichkeit der Kommunikation unverdächtiger Bürger habe ich grundsätzliche Bedenken", erklärte er. Zugleich befürchtet Schaar, dass die angehäuften Informationen nicht nur für die Aufklärung schwerer Verbrechen genutzt werden. So fordere die Musikindustrie bereits seit längerem den Zugang zu den Verbindungsdaten von Filesharern. Ihre Hoffnung könnte sich mit dem am gestrigen Donnerstag beschlossenen Antrag der Großen Koalition zur Implementierung der Brüsseler Vorgaben bald erfüllen. Demnach sollen Ermittler auch bei Straftaten, die "mittels Telekommunikation begangen" wurden, Zugriff auf die Datenberge erhalten.

Schaar will mit Nachdruck dafür eintreten, dass "die freie und unbeobachtete Telekommunikation als ein wesentliches Element unserer demokratischen Wissens- und Informationsgesellschaft gewährleistet bleibt". Es dürfe nicht so weit kommen, "dass jeder Mausklick oder jeder Abruf von Inhalten aus dem Internet protokolliert wird". Der Bundesdatenschutzbeauftragte warnt daher davor, dass die Zwecke, die dem Staat die Einsicht in die Nutzungsgewohnheiten erlauben, wie bei der umstrittenen Kontenabfrage Schritt für Schritt ausgeweitet werden.

Auch eine erste an die Parlamentarier gerichtete Petition fordert eine "übermäßige Vorratsdatenspeicherung" gemäß der Direktive "zu bekämpfen". Die hierfür erforderlichen Mittel "können sinnvoller eingesetzt werden", heißt es in dem bis Mitte März von Surfern zu unterzeichnenden Ersuchen. Zur Begründung führt Initiator Björn Fay aus, dass etwa mit Anonymisierungsdiensten vielfältige Formen zur geschützten oder auch unbemerkten Kommunikation über das Internet existieren würden. Eine Vorratsdatenspeicherung könnte daher nur Kommunikation erfassen, die bewusst oder mangels besserer Kenntnis "ungeschützt" erfolge.

Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco, protestiert derweil heftig gegen die Ansage des parlamentarischen Staatssekretärs im Bundesjustizministerium, Alfred Hartenbach, wonach der Koalitionsantrag bei der Wirtschaft eine "einhellig positive Reaktion" hervorgerufen habe. "Wir sind nach wie vor prinzipiell gegen die Maßnahme", betonte der Providervertreter und erinnerte an seine kritischen Äußerungen aus der vergangenen Woche. Sein Verband werde der Umsetzung der Richtlinie "Steine in den Weg legen", ohne sich natürlich gegen eine effektive Verbrechensbekämpfung an sich zu sträuben. Rotert sieht nach wie vor nicht, wie die Polizei die vielen Daten verarbeiten will. Insbesondere dürfte es schwer fallen, bei der E-Post zwischen echten Mails und Spam zu unterscheiden, wenn nur die zugehörigen Adressen abgerufen würden.

Der europäische Provider-Dachverband EuroISPA warnt derweil die EU-Mitgliedsstaaten in einem Brief davor, die Richtlinie bereits innerhalb der normalerweise vorgesehenen Frist von 18 Monate umzusetzen. Der Aufbau der neuen Überwachungsinfrastrukturen sei überaus komplex, begründen die Internetzugangsanbieter ihren Einwand. Zudem könnten Provider und Regierungsstellen innerhalb der nächsten anderthalb Jahre überhaupt mit den erforderlichen Speichermedien wie Festplatten ausgerüstet werden – zumindest nicht, ohne einen inflationären Preisanstieg für derlei Produkte auszulösen. Die deutschen Anbieter gehen davon aus, dass die zu speichernden Datenmengen sich allein am Frankfurter Netzknoten DeCIX auf 639.000 CDs verteilen würden – pro Tag.

Weniger Anlass zur Sorge haben anscheinend die Mitglieder des Branchenverbands Bitkom. "Erfreulich ist, dass nach dem Bundesrat nun auch der Bundestag die Regierung auffordert, die Unternehmen endlich zu entschädigen", sieht dessen Telekommunikationsexperte, Volker Kitz, die für die Industrie positiven Seiten des Antrags. Bei soviel Einigkeit im Lande sollte ein entsprechender Gesetzentwurf nicht mehr lange auf sich warten lassen. In der Sache hält Kitz fest, dass "die Privatsphäre der Nutzer und die wirtschaftliche Autonomie der Unternehmen eine Orientierung an Minimalverpflichtungen" nötig machen würden. Die Bundesregierung dürfe nicht "mit einem ordentlichen Schuss Übererfüllung nach vorne preschen".

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/69780
Titel: EU-Rat nickt Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ab
Beitrag von: SiLæncer am 21 Februar, 2006, 13:07
Die Justiz- und Innenminister der EU haben auf ihrem Treffen am heutigen Dienstag in Brüssel den Weg für die verdachtsunabhängige Vorratspeicherung von Telefon- und Internetdaten frei gemacht. Ohne weitere Aussprache segneten sie dazu eine vom EU-Parlament mit den Stimmen der großen Volksparteien bereits Anfang Dezember beschlossene Richtlinie ab. Diese verpflichtet Telekommunikationsanbieter zur sechs- bis 24-monatigen Aufzeichnung der elektronischen Spuren der rund 450 Millionen EU-Bürger. Irland und die Slowakei stimmten gegen die Richtlinie, weil sie das Richtlinienverfahren formal anzweifeln und die Rechtsgrundlage für falsch halten. Für das Abnicken des Gesetzes reichte aber eine qualifizierte Mehrheit der Stimmen der Ratsmitglieder aus.

Bei den Überwachungsplänen in Brüssel, die der EU-Rat und die EU-Kommission mit Nachdruck im Namen der Terrorismusbekämpfung vorangetrieben haben, geht es prinzipiell um die Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, SMS, E-Mailen, Surfen oder Filesharing anfallen. Mit Hilfe der Datenberge sollen Profile vom Kommunikationsverhalten und von den Bewegungen Verdächtiger erstellt werden. Der EU-Rat hatte zunächst jahrelang vergeblich versucht, mittels eines Rahmensbeschlusses Einigkeit über die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zu erzielen. Aber erst nachdem die EU-Kommission den alternativen Gesetzgebungsweg via Direktive eingeschlagen und die Spitzen von Christ- und Sozialdemokraten entgegen vorheriger Absprachen im zuständigen Fachausschusseinem "Kompromiss" zugestimmt hatten, konnten sich auch die Vertreter der Mitgliedsstaaten auf Druck der damaligen britischen Ratspräsidentschaft auf das Konstrukt zur Einführung der pauschalen Überwachungsmaßnahme einigen.

Branchenverbände, Datenschützer, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie linksliberale Politiker kritisieren den mit der Vorratsdatenspeicherung einhergehenden Paradigmenwechsel im Strafrecht in Form eines Generalverdachts auch gegenüber Unschuldigen seit langem scharf. Mit der Richtlinie und der von ihr vorgeschriebenen umfangreichen Datenjagd werden ihrer Ansicht nach die Bürger gläserner, während die angeblich mit der Maßnahme besser zu verfolgenden Terroristen und Schwerverbrecher leicht etwa mittels Anonymisierungsdiensten, vorausbezahlten Mobilfunkkarten oder mit dem Gang zur Telefonzelle dem Fahndungsnetz entkommen können. Der Bundestag hat mit den Stimmen der Großen Koalition vergangene Woche trotzdem einem schwarz-roten Antrag zugestimmt, der die Vorratsdatenspeicherung als prinzipiell mit der Verfassung im Einklang sieht. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, die Direktive "mit Augenmaß" umzusetzen und es bei einer sechsmonatigen Speicherdauer zu belassen. Allerdings sollen Sicherheitsbehörden über die Vorgaben aus Brüssel hinaus nicht nur bei "schweren Straftaten", sondern auch bei allen "mittels Telekommunikation begangener" Delikte in den Datenbergen schürfen dürfen.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries begrüßte nach dem Treffen den Beschluss. Für sie ist die Richtlinie "ein gutes Beispiel für einen sachgerechten Interessenausgleich zwischen den Freiheitsrechten der Bürger und dem Interesse an einer effektiven Strafverfolgung". Bei der Aufklärung "erheblicher Straftaten" sei es für die Sicherheitsbehörden außerordentlich wichtig auf Daten zugreifen zu können. Deutschland habe in intensiven Verhandlungen durchgesetzt, dass die Speicherpflicht im Interesse der Bürgerechte auf ein Mindestmaß beschränkt werde. Über die beständige Kritik von Datenschützern an der Überwachungsmaßnahme zeigte sich die SPD-Politikerin verwundert. Im direkten Gespräch habe etwa der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar seine vergangene Woche noch einmal geäußerten Bedenken zuletzt nicht mehr geäußert.

Kleines Trostpflaster für die Internetprovider: Zypries kündigte an, dass Deutschland von einer Option in Artikel 15 Absatz 3 der Direktive Gebrauch machen will. Danach können die Mitgliedsstaaten die Umsetzung der Richtlinie in den Bereichen Internet-Telefonie und E-Mail um zusätzliche 18 Monate über die normalen anderthalb Jahre der Implementierungsfrist hinaus aufschieben, mussten dies aber vor der Annahme des Gesetzes ausdrücklich erklären. Deutschland hatte bislang im Gegensatz zu Länder wie Großbritannien und Schweden zunächst noch keine entsprechende Verlautbarung abgegeben.

Für die Provider ist die Bewältigung der neuen Auflagen eine besondere Herausforderung, da die im Internet transportieren Datenmengen deutlich größer sind als im Telefonbereich. Während viele der gewünschten Telefon- und Mobilfunkdaten schon jetzt auch für Abrechnungszwecke gespeichert werden, löschen Zugangsanbieter die Informationen über einzelne Internetverbindungen gerade bei Flatrate-Nutzern bisher oft rasch wieder. Dazu kommt, dass die Richtlinie laut Providervertretungen speziell im Bereich E-Mail und Voice-over-IP überaus unklar formuliert ist und in ihrer jetzigen Form nicht als umsetzbar gilt. Viele technische und organisatorische Fragen seien noch ungeklärt, heißt es bei den Anbietern, sodass die nationale Gesetzgebung vor großen Problemen stehen und sicherlich mehr Zeit als die vorgesehenen 18 Monate dafür benötigen werde.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: "Schwerer Eingriff ins Privatleben der Europäer"
Beitrag von: SiLæncer am 22 Februar, 2006, 13:30
Die formale Bestätigung der heftig umstrittenen Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten (PDF-Datei) durch den EU-Ministerrat hat inhaltlich weit auseinanderliegende Reaktionen hervorgerufen. So sprach EU-Justizkommissar Franco Frattini angesichts der nun möglichen sechs bis 24 Monate langen Aufzeichnung der elektronischen Nutzerspuren von "einem Sieg für die Demokratie, für unsere EU-Bürger und für die Grundrechte, auf der die Europäische Union sowie ihre 25 Mitgliedsstaaten basieren". Im aktuellen Jahresbericht zur Tätigkeit der "Artikel 29"-Gruppe der obersten Datenschützer aus den EU-Ländern, den der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar als amtierender Vorsitzender gleichzeitig dem EU-Parlament übergab, wird die pauschale Überwachungsmaßnahme dagegen als "starker Eingriff in das Leben praktisch jedes europäischen Bürgers" scharf kritisiert.

"Eine riesige Fülle an Informationen über fast alle Kontakte, Interessen, Lebenswandel, Aufenthaltsorte, Tun, Denken und Fühlen – mit anderen Worten über die Persönlichkeit des Einzelnen – werden verfügbar gemacht", warnt die Datenschutzgruppe. Sie hatte daher wiederholt mit Hinweis auf die Europäische Menschenrechtskonvention ihre Vorbehalte zum Ausdruck gebracht und Vorschläge für datenschutzrechtliche Schutzmaßnahmen formuliert, die bei der Speicherung der begehrten Verbindungs- und Standortdaten zu beachten sind. Nach Ansicht der Datenschützer hätte eine Protokollierung der Nutzerspuren im konkreten Verdachtsfall über das etwa von den USA praktizierte "Quick Freeze"-Verfahren zur Verbrechensbekämpfung ausgereicht. Befürworter der Richtlinie betrachten die Pauschalspeicherung und den damit erhobenen Generalverdacht gegen die rund 450 Millionen EU-Bürger dagegen als unerlässlich für eine effektive Strafverfolgung und rücken dabei offiziell die Terrorismusbekämpfung in den Vordergrund.

Die Blicke der Beobachter und der betroffenen Unternehmen richten sich jetzt auf mögliche Klagen gegen die Maßnahme vor dem Europäischen Gerichtshof. Entsprechende Pläne hatte die irische Regierung wiederholt geäußert, da sie die für das Gesetz gewählte Rechtsgrundlage mit der Beteiligung des EU-Parlaments nicht akzeptiert. Aber auch Bürgerrechtler wie der Leiter des Unabhängigen Datenschutzzentrums Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, sprechen angesichts des Paradigmenwechsels in der Strafverfolgung und dem Wegfall der Unschuldsvermutung von der Notwendigkeit, "nun das europäisches Verfassungsrecht zu mobilisieren".

Andererseits geht es besonders Wirtschaftsverbänden um eine möglichst minimal-invasive Umsetzung der Brüsseler Vorgaben. "Um Grundrechtsbeeinträchtigungen so gering wie möglich zu halten, unüberschaubare Datenfluten und unangemessene Zusatzkosten zu vermeiden, sollten sich die nationalen Vorgaben an den EU-rechtlich vorgesehenen Untergrenzen orientieren", fordert Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Branchenverbands VATM. "Dies muss insbesondere mit Blick auf die Mindestspeicherfrist von sechs Monaten und die zu speichernden Datenarten gelten." Wichtig sei ferner, die Abfrage gespeicherter Daten auf Fälle zu beschränken, die der Prävention oder Verfolgung erheblicher Straftaten dienen. Grützner befürchtet, dass "eine hierüber hinausgehende Ausweitung der Abfragemöglichkeiten zu einer nicht mehr zu bewältigenden Flut von Anfragen führen würde."

Hierzulande sind die Umsetzungspläne mit einem Beschluss des Bundestags über einen Antrag der Großen Koalition schon weit gediehen. Die Bundesregierung wird darin aufgefordert, es bei einer sechs Monate langen Speicherfrist zu belassen. Allerdings soll der Zugriff der Sicherheitsbehörden nicht nur bei "schweren Straftaten", sondern auch bei allen "mittels Telekommunikation begangener" Delikte gestattet werden. Darunter könnten etwa auch Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen fallen. Wirtschaftsverbände haben den Antrag trotzdem begrüßt, da er auf eine Kostenentschädigung für die Hilfssheriffstätigkeiten der Unternehmen pocht.

"Es ist nun wichtig, dass der Bundestag bei seinem Votum bleibt – nur Umsetzung der Minimalpflichten bei gleichzeitiger Entschädigung der Branche", betont Volker Kitz, Rechtsexperte beim Branchenverband Bitkom. Gleichzeitig befürwortet er die Ankündigung Deutschlands, die Umsetzung der Richtlinie in den Bereichen Internet-Telefonie und E-Mail um zusätzliche 18 Monate hinaus aufzuschieben. Gerade diese Sektoren seien mit am stärksten von den neuen Verpflichtungen betroffen. Generell bezweifelt der Bitkom aber nach wie vor, "dass der Nutzen einer flächendeckenden Speicherung im rechten Verhältnis steht zu den erheblichen Eingriffen in die Privatsphäre der Nutzer und die Wirtschaftsgrundrechte der Unternehmen". Verheerend sei auch, dass die Staatenvertreter sich nicht auf eine einheitliche Entschädigung der Unternehmen einigen konnten. Ein europäischer Flickenteppich werde hier zu Wettbewerbsverzerrungen führen.

Proteste von Parlamentariern kommen verstärkt aus Österreich, wo die Planungen zur Implementierung der Direktive noch am Anfang stehen. Das Gesetz sei "insgesamt nicht verhältnismäßig, datenschutzrechtlich höchst bedenklich, in alle möglichen Richtungen interpretierbar und kann in jedem Land anders umgesetzt werden", beklagt der Verbraucherschutzsprecher der Sozialdemokraten, Johann Maier. Er spricht von einem "schweren Eingriff in das Privatleben der Europäer". Völlig unklar sei zudem etwa, "wer die Datenfriedhöfe bezahlen wird". Der österreichische Sicherheitssprecher der Grünen, Peter Pilz, wettert derweil gegen einen "Milliarden-teuren, sinnlosen Hochsicherheits-Populismus".

Quelle : www.heise.de
Titel: Journalisten-Verband sieht Pressefreiheit durch Datenspeicherung gefährdet
Beitrag von: SiLæncer am 22 Februar, 2006, 18:19
Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) bedauert die Verabschiedung der EU-Richtlinie zur systematischen Speicherung von Telefon- und Internetdaten. Damit hätten die EU-Justizminister einer Massenüberwachung auch von Journalisten und deren Kontakten den Weg geebnet, kritisierte der DJV-Vorsitzende Michael Konken heute in Berlin.

"Pressefreiheit und Informantenschutz geraten mit dieser Richtlinie in Gefahr", heißt es in einer Mitteilung des DJV. "Wenn Informanten nicht mehr sicher sein können, dass Telefon- oder E-Mail-Kontakte zu Journalisten geheim bleiben, werden sie sich doppelt überlegen, die Presse zu kontaktieren." Konken fordert deshalb vom Deutschen Bundestag, bei der Umsetzung der EU-Richtlinie in deutsches Recht die Journalisten als Berufsgruppe von der Überwachung auszuklammern.

Die Justizminister der 25 EU-Staaten hatten die umstrittene Richtlinie am gestrigen Dienstag endgültig beschlossen. Trotz Bedenken von Datenschützern werden damit künftig EU-weit Angaben zu allen Telefon- und Internet-Verbindungen zwischen 6 und 24 Monate lang gespeichert. Die Datensammlung soll bei der Fahndung nach Terroristen und anderen Verbrechern helfen.

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die bei der Abwicklung von Diensten wie Telefonieren, E-Mailen, SMS-Versand, Surfen, Chatten oder Filesharing anfallen, siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

    * Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/69972
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Lange Liste, manche Lücke
Beitrag von: SiLæncer am 23 Februar, 2006, 13:42
Nach der Absegnung der heftig umstrittenen EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten durch den Ministerrat herrscht noch viel Unsicherheit, welche Informationen über die Nutzung von Telekommunikationsdiensten konkret zu speichern sind. Der Gesetzgeber in Brüssel hat in der Direktive (PDF-Datei) selbst eine Kategorisierung der Daten vorgenommen, die von den Telekommunikationsfirmen künftig ohne konkrete Verdachtsmomente auf tatsächlich begangene Straftaten erfasst werden müssen. Diese bietet allerdings manchen Interpretationsspielraum und lässt technische Detailfragen gerade im Internetsektor offen. Dort werden bislang die begehrten Verbindungsdaten zu Abrechnungszwecken nur sehr unregelmäßig erfasst.

c't aktuell hat die Anforderungen und den Klärungsbedarf zusammengestellt. Daraus ergeben sich auch Hinweise, welche Lücken das künftige Fahndungsnetz bieten wird und welche Datenschutzmöglichkeiten etwa durch den Einsatz von Verschlüsselungs- und Anonymisierungstechniken erhalten bleiben. Seit langem bekannt ist zudem, dass Nutzer, die den Gang zur Telefonzelle, ins Internet-Café oder zu ausländischen Anbietern von E-Mail oder Prepaid-Mobilfunkkarten nicht scheuen, mit dem Instrument der Vorratsdatenspeicherung nicht zu überwachen sind.

Der Hintergrundreport zur Vorratsdatenspeicherung ist online nachzulesen bei c't aktuell:

    * Fragen und Fakten zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten

Zur Auseinandersetzung um die Vorratsspeicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten, die etwa beim Telefonieren im Fest- oder Mobilfunknetz und der Internet-Nutzung anfallen, siehe den Artikel auf c't aktuell (mit Linkliste zu den wichtigsten Artikeln aus der Berichterstattung auf heise online):

    * Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten in der Telekommunikation

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/69996
Titel: Vorratsdatenspeicherung vs. parlamentarische Aufgaben
Beitrag von: SiLæncer am 02 März, 2006, 12:33
Ein Gutachten für das Kieler Parlament warnt vor Gefahren für die Vertraulichkeit der Kommunikation zwischen Abgeordneten und Bürgern durch die in Brüssel jüngst abgesegnete automatische Vorhaltung von Telefon- und Internetdaten. "Angesichts der zwingenden Vorratsdatenspeicherung erscheint eine Beeinträchtigung der Abgeordnetenschutzrechte des Schleswig-Holsteinischen Landtags in den Bereichen Zeugnisverweigerungsrecht und Recht auf informationelle Selbstbestimmung denkbar", heißt es in dem 25-seitigen Papier, das heise online vorliegt. Die vom Wissenschaftlichen Dienst des Landtags auf Antrag der FDP-Fraktion erstellte Analyse geht davon aus, dass die Brüsseler Richtlinie zur Aufzeichnung der elektronischen Nutzerspuren mit der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts kaum in Einklang zu bringen sei. Den Stab über die Überwachungsmaßnahme habe aber primär der Europäische Gerichtshofs (EuGH) zu brechen.

Die Gutachter verweisen darauf, dass die Richtlinie Einschränkungen der Datenspeicherung für bestimmte Personen- oder Berufsgruppen nicht vorsieht. Erfasst würden so auch die Daten von Personen, deren Kommunikation mit Dritten durch eine besondere Vertraulichkeit gekennzeichnet ist und daher durch das deutsche Recht in spezifischer Weise geschützt wird. Zu diesen so genannten Berufsgeheimnisträgern zählen neben Abgeordneten etwa Rechtsanwälte, Ärzte oder Geistliche. Vor allem betroffen sieht der Wissenschaftliche Dienst das Zeugnisverweigerungsrecht der Abgeordneten einschließlich des Beschlagnahmeverbots, das nach neuerer Auffassung auch E-Mail einschließe. Bei der verdachtsunabhängigen Überwachung handle es sich dagegen gewissermaßen schon um eine "Beschlagnahme auf Vorrat".

"Inhaltlich bezieht sich das Zeugnisverweigerungsrecht auf die Abgeordneten anvertrauten Tatsachen sowie die Identität der Personen, die mit Abgeordneten kommunizieren und Informationen austauschen", schreiben die Gutachter. Die näheren Umstände der Mitteilung wie etwa Ort oder Zeit seien ebenfalls dann mitgeschützt, wenn diese Rückschlüsse auf die Person beziehungsweise den Inhalt der betreffenden Mitteilung zulassen würden. Durch die Vorratsdatenspeicherung werde aber eine Identitätsfeststellung der an der vertraulichen Nachrichtenübermittlung beteiligten Personen jederzeit möglich. Die Vertraulichkeit der Information scheine daher betroffen. Letztlich stehe auch die Funktionsfähigkeit des Parlaments und die demokratische Willensbildung auf dem Spiel, da die Schutzrechte einer "Stärkung des freien Mandas sowie insbesondere der Unabhängigkeit und Entscheidungsfreiheit der Abgeordneten" dienen würden.

Die Tatsache, dass die Daten durch private Anbieter gespeichert werden sollen, füge dieser Bedrohung noch den Aspekt eines möglichen Missbrauchs der Informationen hinzu. Das im Auftrag des Staates bei den Telekommunikations- und Internetanbietern geschaffene "fremde Geheimwissen" könne möglicherweise einen abschreckenden Effekt auf die vertrauliche Kommunikation zwischen Abgeordneten und Bürgern entfalten. Dem könnte der nationale Gesetzgeber höchstens begegnen, indem er ein Verwertungsverbot der gespeicherten Daten festsetze. Der vom Bundestag beschlossene schwarz-rote Antrag zur Umsetzung der Richtlinie geht bislang aber nur pauschal davon aus, "dass die Verfassungsgrundsätze und insbesondere das Berufsgeheimnis" gewahrt bleiben.

Die Gutachter halten dagegen, dass im Hinblick auf die beschriebenen Einschüchterungseffekte "eine umfangreiche Speicherung personenbezogener Daten zu unbestimmten Zwecken" auch "angesichts der besonderen verfassungsrechtlichen Bedeutung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung nur schwer zu rechtfertigen" sei. Das Bundesverfassungsgericht habe ausdrücklich klargestellt, dass eine gesetzliche Grundlage nur dann diesem Recht genügt, wenn der Gesetzgeber den Verwendungszweck der erhobenen Daten bereichsspezifisch und präzise bestimmt hat. Auch die Wahrung der Verhältnismäßigkeit erachten die Autoren der Studie vor der Entscheidung zur präventiven Telekommunikationsüberwachung durch das niedersächsische Polizeigesetz als äußerst fraglich. Bei Grundrechtseingriffen in Situationen der "Vorfeldermittlung", wie sie die Vorratsdatenspeicherung darstellt, müsse der Gesetzgeber nämlich die Anforderungen an Tatsachen, die auf die künftige Begehung hindeuten, so bestimmt umschreiben, dass das Risiko einer Fehlprognose verfassungsrechtlich noch hinnehmbar sei.

Andererseits halten die Autoren der Studie den Spielraum für die Karlsruher Richter angesichts der Brüsseler Vorgaben zunächst für begrenzt. Normal bleibe für die Prüfung des Bundesverfassungsgerichts nur Raum bei Vorkehrungen, die im Umsetzungsermessen der Mitgliedsstaaten liegen. Insgesamt entscheidend sei die Rechtsprechung des EuGH. Die dürfte den Gutachtern zufolge anders ausfallen als in Karlsruhe. Ein ausdrückliches Zeugnisverweigerungsrecht für Abgeordnete, wie es in Deutschland gelte, lasse sich in Europa nämlich nur selten feststellen. Die Europäische Menschenrechtskommission (EMRK) enthalte genauso wenig ein entsprechendes Schutzrecht wie die europäische Charta der Grundrechte. Maßgeblich werde damit, ob etwa durch das in Artikel 8 der Charta gewährleistete "Recht auf Schutz personenbezogener Daten" oder durch die von Artikel 8 der EMRK geforderte "Achtung des Privatlebens" Rechte im Sinne der informationellen Selbstbestimmung abgeleitet werden könnten.

Anders als das Bundesverfassungsgericht erkenne der EuGH aber in der bloßen Speicherung personenbezogener Daten noch keinen Grundrechtseingriff, sondern erst in ihrer Weitergabe an nationale Behörden. Als eine Folge solcher Differenzen skizziert das Gutachten, "dass künftige Einschränkungen der Abgeordnetenrechte durchaus denkbar seien". Es sei aber auch möglich, dass sich Karlsruhe nach erfolgter Rechtsprechung des EuGH der Sache annehme. Dazu müsste "die europäische Rechtsentwicklung einschließlich der Rechtsprechung des EuGH unter den erforderlichen Grundrechtsstandard abgesunken" sein.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/70256
Titel: FDP: Kein Vorratsdatenzugriff bei Urheberrechtsverletzung
Beitrag von: SiLæncer am 29 März, 2006, 08:55
Bürgerrechte sollen beim Schutz des geistigen Eigentums geachtet werden

Die rechtspolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, betonte anlässlich der Diskussion um die Urheberrechtsnovelle, dass die künftig im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung von den Telekommunikationsunternehmen zu speichernden Informationen nicht bei zivilrechtlichen Ansprüchen aus Urheberrechtsverletzungen eingesetzt werden dürften.

Bereits heute sieht das Urheberrecht einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch des Rechtsinhabers gegen denjenigen vor, der geistiges Eigentum verletzt. Geplant sei, dass der Rechtsinhaber unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich auch einen Auskunftsanspruch gegen Dritte erhält, die selbst nicht gegen das Urheberrecht verstoßen, beispielsweise Internet Provider. Frau Leutheusser-Schnarrenberger hob hervor, dass die FDP es aber grundsätzlich unterstützt, die Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte weiter zu verbessern.

Der Auskunftsanspruch müsse aber unter Beachtung der verfassungsrechtlichen Vorgaben zum Schutz personenbezogener Daten erfolgen. Die Pflicht zur Auskunftserteilung könne nur so weit gehen, wie die Auskunftserteilung überhaupt rechtlich möglich ist, so die rechtspolitische Sprecherin der FDP.

"In dem Maße, wie die Speicherung von Verkehrsdaten durch Provider unzulässig ist, werden dem Auskunftsbegehren deshalb Grenzen gesetzt sein. Ebenso können diejenigen Daten nicht zur Verfügung stehen, die künftig ausschließlich zum Zwecke der Verbrechensbekämpfung aufbewahrt werden müssen. Der Auskunftsanspruch gegen Dritte darf kein Einfallstor für eine Vorratsdatenspeicherung zur Durchsetzung zivilrechtlicher Ansprüche sein", so Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Die EU-Richtlinie sieht vor, dass alle Daten zu Telekommunikationsverbindungen für sechs Monate gespeichert werden müssen. Die Inhalte werden nicht gespeichert, wohl aber, wer wann mit wem telefoniert hat und welche Webseiten besucht wurden. Datenschützer und Bürgerrechtler kritisieren die Richtlinie als verfassungsfeindlich. Die Speicherung geschieht, ohne dass ein konkreter Verdacht oder Hinweise auf eine bevorstehende Gefahr vorliegen.

Quelle : www.golem.de
Titel: Noch viele Fragen offen bei der TK-Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 04 April, 2006, 14:27
Die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetverkehrsdaten führt weiter zu heftigen Diskussionen – und das auch nach der grundsätzlichen Positionierung des Bundestags zur Übernahme der Vorgaben aus Brüssel "mit Augenmaß". Unklar erscheint vielen Beteiligten etwa, welche Datentypen die Telekommunikationsanbieter überhaupt vorhalten sollen und wer auf die Informationshalden Zugriff erhält. Dies machte eine Diskussionsrunde auf dem Forum zur Kommunikations- und Medienpolitik des Branchenverbands Bitkom am heutigen Dienstag in Berlin deutlich. Weiter gediehen scheint die Meinungsbildung auch in der Bundesregierung dagegen schon in der für die Wirtschaft wichtigen Frage der Einführung einer Entschädigung für die Hilfssheriffstätigkeiten der Telcos. Der Bundestag habe die Regierung aufgefordert, zeitnahe eine Regelung für eine "angemessene" Kostenerstattung sicherzustellen, erklärte Georg Bröhl, Unterabteilungsleiter im Bundeswirtschaftsministerium. "Wir wollen dies tun." Dabei werde sich sein Haus auch dafür einsetzen, eine Gleichzeitigkeit zum Inkrafttreten der Entschädigungsregelung mit dem Gesetz zur Richtlinienimplementierung herzustellen.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/71659)

Quelle : www.heise.de
Titel: USA wollen Zugriff auf Telekommunikations-Verbindungssdaten der EU
Beitrag von: Jürgen am 09 April, 2006, 23:56
Die heftig umstrittene EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten hat noch vor ihrer Umsetzung in den Mitgliedsstaaten Begehrlichkeiten auf der anderen Seite des Atlantiks geweckt. Laut einem Protokoll über ein informelles Treffen zur inneren Sicherheit zwischen hochrangigen EU-Vertretern und Mitgliedern der US-Regierung Anfang März in Wien zeigte die amerikanische Seite dabei Interesse daran, in den bald von Telekommunikationsanbietern in der EU vorzuhaltenden Datenbergen schürfen zu dürfen. Die US-Teilnehmer hätten zu erkennen gegeben, heißt es in dem von der britischen Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlichten Papier (PDF-Datei), dass man erwäge, "die einzelnen Mitgliedsstaaten zu ersuchen, die auf der Basis der vor kurzem angenommen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung gesammelten Daten auch für sie zugänglich zu machen".
-/-
Die anwesenden Vertreter der EU-Kommission sowie der derzeitigen österreichischen und der kommenden finnischen Ratspräsidentschaft hatten dem Plan der US-Seite jedoch wenig entgegen zu setzen. Laut dem Protokoll antworteten sie, dass die auf Vorrat gehaltenen Telekommunikationsverbindungsdaten den USA im gleichen Rahmen zur Verfügung stehen würden wie alle von bestehenden multilateralen Strafverfolgungsabkommen erfassten Daten. Die Kommission wolle zu diesem Thema, das am Rande von Gesprächen über gemeinsame Strategien zur Bekämpfung der Nutzung des Internet durch Terroristen und andere Extremisten zur Sprache kam, aber noch ein Expertentreffen durchführen. In den USA selbst gibt es bislang keine Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung. Dortige Provider praktizieren stattdessen in Absprache mit Ermittlern das "Quick Freeze"-Verfahren, bei dem Verbindungsdaten nur in konkreten Verdachtfällen für einen bestimmten Zeitraum aufbewahrt werden.
-/-
(Stefan Krempl) / (jk/c't)
Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/71831) mit Links

Quelle: www.heise.de

Wundert sich noch irgendjemand?
Sind demnächst alle Nicht-Cowboys terrorverdächtig, weltweit :o

Jürgen
Titel: EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung in Kraft getreten
Beitrag von: Jürgen am 15 April, 2006, 06:16
Die EU hat die heftig umstrittene Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten veröffentlicht. Am Donnerstag erschien der Text zur verdachtsunabhängigen Überwachung der elektronischen Nutzerspuren im Amtsblatt der EU (PDF-Datei). Damit beginnen die Fristen für Nichtigkeitsklagen beziehungsweise zur Umsetzung der Vorschriften.
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Zwei Wochen lang besteht die Möglichkeit, beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die Direktive Einspruch zu erheben. Irland etwa hatte bereits bei der Verabschiedung der Richtlinie angekündigt, auf diesem Weg gegen das Gesetz vorzugehen. Der Regierung in Dublin behagt die von Brüssel gewählte Rechtsgrundlage nicht, da dabei das EU-Parlament ein Mitspracherecht hatte. Findet sich kein Kläger, müssen die Vorschriften für den Telefonbereich von den Mitgliedsstaaten bis zum 15. September 2007 in das nationale Recht aufgenommen werden. Für die Aufbewahrung der verlangten Internet-Daten besteht eine ausgeweitete Frist bis zum 15. März 2009. Diese gilt aber nur für Länder wie Deutschland, die bei der formalen Bestätigung der Richtlinie im EU-Rat eine entsprechende Absichtserklärung abgaben.
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Datenschützer haben die Bestimmungen wiederholt als schweren und größtenteils ungerechtfertigten Eingriff in die Grundrechte der 450 Millionen EU-Bürger kritisiert. Für sie zeichnet sich ein Paradigmenwechsel in der Strafverfolgung ab, da künftig prinzipiell jeder Nutzer verdächtig sei. Angesichts zahlreicher Umgehungsmöglichkeiten für ernsthafte Schwerverbrecher herrschen auch Zweifel an der Effektivität der Überwachungsmaßnahme.
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Der Elmshorner Jurist Patrick Breyer hält die gegenwärtigen deutschen Zugriffsregelungen von der Richtlinie für "nicht gedeckt". Für sämtliche der darin genannten Verbindungs- und Standortdaten sei "eine Vorratsspeicherung zu den in Artikel 1 Absatz 1 der genannten Richtlinie aufgeführten Zwecken ausdrücklich vorgeschrieben". Bereits aus den deutschen Grundrechten, aber auch aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot sei herzuleiten, dass nur ausnahmsweise zur Verhinderung und Verfolgung schwerer Straftaten in die vertrauliche Telekommunikation der Bürger eingegriffen werden darf. Dies gelte gleichermaßen für Inhalte, Umstände von und Beteiligte an einer Kommunikation, denn die "technische Differenzierung von Inhalts-, Verkehrs- und Bestandsdaten" sei "ohne Bedeutung für ihre Nutzungs- und Verwendungsmöglichkeiten". Generell sei die Richtlinie als "Dammbruch" in Richtung eines Orwellschen "Sicherheitsstaates" abzulehnen. (Stefan Krempl) / (ghi/c't)
Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/72031) mit Links

Quelle: www.heise.de

Ich bin entsetzt.
Die halten uns alle offensichtlich für potentielle Terroristen und wollen uns auch so behandeln.
Wer so schlecht vom gemeinen Volk denkt, soll sich gefälligst ein neues suchen.
Wer hat die eigentlich ermächtigt ? ? ?
Es gibt genug andere Bananenrepubliken, Willkür-Regime und Polizeistaaten auf der Welt, hier brauchen wir sowas ganz sicher nicht!

Der Lauscher an der Wand hört seine eigene Schand'

Jürgen
Titel: Proteste gegen ungebremste Zunahme der Telekommunikationsüberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 29 April, 2006, 19:44
Oppositionspolitiker und Datenschützer fordern angesichts der ungebremsten Zunahme der Telekommunikationsüberwachung eine grundlegende Überarbeitung der Abhörgrundlagen. "Egal ob Internetzugang, Festnetzanschluss oder E-Mail, trotz fallender Kriminalitätsentwicklung steigt die Anzahl der Fälle, in denen die Ermittlungsbehörden 'zum Hörer' greifen und Beschuldigte wie unbeteiligte Dritte abhören", empört sich Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der grünen Bundestagsfraktion. Deutschland sei Weltmeister im Belauschen seiner Bürger. Gegen die immer weiter steigende "Überwachungsflut" müssten endlich "Dämme" errichtet werden, fordert Montag. Eine grundlegende Reform der Telekommunikationsüberwachung sei von Nöten.

Auch die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, zeigt sich "erschrocken" über den "massiven Anstieg" der Zahlen beim Kleinen Lauschangriff. Dieser Anstieg müsse "sofort gestoppt werden". Die Liberalen schlagen dazu vor, die Voraussetzungen für gerichtliche Anordnungen zum Abhören stärker einzugrenzen. Insbesondere das Verfahren der richterlichen Anordnung sei zu verbessern. Zudem müsse sichergestellt werden, dass die Betroffenen auch tatsächlich von der Überwachung nach deren Abschluss informiert werden und dadurch die Rechtmäßigkeit der Maßnahme rechtzeitig überprüfen lassen können.

Laut Bundesnetzagentur kletterte die Zahl der Anordnungen für strafprozessuale Überwachungsmaßnahmen im Telekommunikationsbereich 2005 im Vergleich zum Vorjahr um rund 24 Prozent auf 42.508. Die Anzahl der tatsächlich betroffenen Bürger liegt bei einer Vielzahl der ausgestellten Abhörberechtigungen, über ihre genaue Höhe lässt sich nur spekulieren. Laut einem Gutachten des Freiburger Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht gerieten bereits durch die 21.974 Anordnungen im Jahr 2002 mehr als 1,5 Millionen Bürger in die Netze der Lauscher.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/72541)

Quelle : www.heise.de
Titel: Saarländischer Datenschützer gegen neues Polizeigesetz
Beitrag von: SiLæncer am 06 Mai, 2006, 11:35
Ähnlich wie Schleswig-Holstein soll auch das Saarland ein neues Polizeigesetz bekommen. Ein Referentenentwurf für dieses Gesetz ist unter heftigen Beschuss durch den saarländischen Landesdatenschützers Roland Lorenz geraten. Wie in Schleswig-Holstein enthält der Gesetzentwurf die "anlassfreie elektronische Erfassung von KFZ-Kennzeichen", mit der ein KFZ-Scanning im Gefahrenfall erlaubt werden soll. Dabei werden die Daten aller KFZ mit Fahndungsdaten abgeglichen.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/72772)

Quelle : www.heise.de
Titel: Bund hält an Neufassung des Telekomgesetzes fest
Beitrag von: SiLæncer am 18 Mai, 2006, 10:38
Die Bundesregierung hält trotz massiver Kritik der EU-Kommission an der Neufassung des Telekomgesetzes fest, das auch den Aufbau des schnellen Glasfasernetzes der Deutschen Telekom regelt.

Das Kabinett billigte am Mittwoch in Berlin eine entsprechende Vorlage des Wirtschaftsministeriums. Darin ist geregelt, dass das VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz der Telekom für eine befristete Zeit nicht der Regulierung durch die Bundesnetzagentur unterliegt. Wettbewerber könnten das neue Netz dann mehrere Jahre nicht mitnutzen. Verbraucherschützer und Telekom-Konkurrenten warnen vor dem Aufbau eines neuen Monopols bei Zukunftstechnologien. Die EU- Kommission kündigte rechtliche Schritte gegen die Bundesregierung an.

Deutschland begebe sich auf "einen gefährlichen, wettbewerbsfeindlichen Sonderweg", warnte die Kommission. Dieser schaffe Rechtsunsicherheit und gefährde langfristig Investitionen in der Branche. "Sollte der deutsche Gesetzgeber dem Vorschlag der Bundesregierung folgen, bin ich fest entschlossen, ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland einzuleiten", sagte EU-Medienkommissarin Viviane Reding in Brüssel.

Europa könne es sich nicht leisten, aus kurzfristiger politischer Opportunität neue Monopole zu fördern. Ein Brüsseler Verfahren wegen Verletzung des EU-Vertrags kann in letzter Konsequenz zu einer Klage der EU-Kommission gegen die Bundesregierung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) führen.

Brüssel kritisiert, dass die vorgeschlagene Neufassung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) der Deutschen Telekom und ihrem VDSL-Netz im nationalen Alleingang eine vorteilhafte Sonderstellung einräume. Die Bedenken der Kommission seien nicht berücksichtigt worden. Ein Sprecher von Wirtschaftsminister Michael Glos (CSU) wies die Kritik zurück: "Wir sind nach wie vor fest davon überzeugt, dass die TKG-Neufassung europarechtlichen Regelungen entspricht."

Die Deutsche Telekom will drei Milliarden Euro in das Hochgeschwindigkeitsnetz mit Übertragungsraten von bis zu 50 Megabit pro Sekunde stecken. Europas größter Telekomkonzern argumentiert, ohne Investitionssicherheit könne diese enorme Summe nicht aufgebracht werden. Insgesamt sollen 50 Großstädte angeschlossen werden. Mit VDSL will der Bonner Konzern seine Netze für Triple-Play- Angebote aufrüsten, die Internet, Telefonie und Medieninhalte bündeln.

Quelle : www.pcwelt.de
Titel: Bürgerrechtler fordern Bundestag zur Abstimmung gegen Vorratsdatenspeicherung au
Beitrag von: SiLæncer am 29 Mai, 2006, 15:53
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft die Bundestagsabgeordneten auf, einem Antrag zur Klage gegen die umstrittene EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten im Telekommunikationsbereich zum Durchbruch zu verhelfen. Die Bürgerrechtler fordern alle Parlamentarier auf, die Nacht zum Freitag zur "Nacht der Kommunikationsfreiheit" zu machen. Sie sollen "zahlreich ihre Stimme abgeben" und parteiübergreifend für eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) votieren. Die Bürger ermuntert der Arbeitskreis, die Volksvertreter ihres Wahlkreises zur Stimmabgabe gegen die Vorratsdatenspeicherung aufzufordern. Ein Musterbrief findet sich auf der Website der Bürgerrechtler.

Die Grünen hatten Mitte Mai einen Gruppenantrag initiiert, der inzwischen von 118 Abgeordneten auch aus anderen Oppositionsfraktionen unterstützt wird. Ihnen zufolge kam die Annahme der weit gehenden Maßnahme zur pauschalen Überwachung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger auf Basis einer falschen Rechtsgrundlage zustande. Da es sich um eine reine Angelegenheit der Strafverfolgung handle, hätte der EU-Rat einen entsprechenden Rahmenbeschluss treffen müssen. Der Weg über eine Richtlinie hätte nicht eingeschlagen werden dürfen. Die oppositionellen Parlamentarier wollen daher die Bundesregierung auffordern, Klage gegen die Direktive beim EuGH zu erheben. Ihre Auffassung hatten jüngst mehrere Abgeordnete der Großen Koalition sowie im vergangenen Jahr auch Bundesjustizministerin Brigitte Zypries geteilt.

Noch ist es den Initiatoren des Antrags aber nicht gelungen, die 1. Lesung ihrer Forderung auf die Tagesordnung für die einzige Plenarsitzung des Bundestags in dieser Woche zu hieven. Im Gespräch war eine Abstimmung am frühen Freitagmorgen, die momentan aber in den Sternen steht. Die besorgten Abgeordneten müssten daher wohl vor Sitzungsbeginn eine entsprechende Änderung der Agenda und eine Abstimmung über den Antrag beantragen. Eine Behandlung ihres Begehrs in einer späteren Sitzungswoche könnte zu spät kommen, da die Frist für die Klageerhebung beim EuGH bereits am 10. Juli abläuft, befürchtet der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

Mit dem Papier wollen die Abgeordneten auch die künftige Gestaltungsbefugnis des Bundestags auf dem Gebiet des Strafrechts wahren. Laut dem Bremer Politikwissenschaftler Ralf Bendrath war das von der EU-Kommission letztlich eingeschlagene Verfahren mit zahlreichen Ungereimtheiten und Widersprüchen behaftet. Voll dahinter hätten nur sechs Mitgliedsstaaten gestanden. Die ursprünglichen Gründe für eine Richtlinie – die Harmonisierung der Speicherfristen und der Kostenerstattung für die Provider zum Vermeiden von Marktverzerrungen – seien weitgehend ausgeklammert worden. Nur diese hätten aber eine Regelung über die Binnenmarkt-Kompetenzen der EU erlaubt.

Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hält die in der Richtlinie vorgesehene "Totalprotokollierung der Telekommunikation" unabhängig von den formalen Fragen für verfassungswidrig. In der Rasterfahndungsentscheidung habe das Bundesverfassungsgericht vergangene Woche ausdrücklich "das außerhalb statistischer Zwecke bestehende strikte Verbot der Sammlung personenbezogener Daten auf Vorrat" bekräftigt. Eine allgemeine, verdachtslose Überwachung der Telekommunikation der Bevölkerung aus dem Bestreben nach möglichst großer Effektivität der Polizei und zur Erleichterung der polizeilichen Überwachung der Bevölkerung widerspreche den Prinzipien des freiheitlichen Rechtsstaates. Der Jurist erinnert in diesem Zusammenhang daran, dass Bürgerrechtler wie der ehemalige Bundesinnenminister Gerhart Baum (FDP) bereits eine Verfassungsbeschwerde gegen die Umsetzung der Richtlinie angekündigt hätten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundestag hält Klage gegen Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten für unnötig
Beitrag von: SiLæncer am 20 Juni, 2006, 20:31
Der Bundestag hat sich am heutigen Dienstag gegen einen Gruppenantrag ausgesprochen, mit dem die Bundesregierung zur Klageerhebung vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die heftig umstrittene EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten aufgefordert werden sollte. Den Anstoß für die Initiative gab der rechtspolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag. 133 Oppositionsabgeordnete hatten die Einbringung des Antrags ins Parlament unterstützt. Das Parlamentsplenum lehnte ihn allerdings bei einer Enthaltung aus der Unionsfraktion mit den Stimmen der SPD und der CDU/CSU ab.

Nach dem Begehr der Opposition erfolgte die Annahme der weitgehenden Maßnahme zur pauschalen Überwachung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger auf Basis einer falschen Rechtsgrundlage. Da es sich um eine reine Angelegenheit der Strafverfolgung handle, hätte der EU-Rat einen entsprechenden Rahmenbeschluss treffen müssen. Das von der EU-Kommission letztlich gewählte Richtlinienverfahren sei der falsche juristische Weg gewesen.

Montag erklärte bei der kurzen Beratung im Plenum, zu der er mit einer schwarz-rot-goldenen Krawatte erschienen war, dass es keine originäre EU-Kompetenz für die Vorratsdatenspeicherung gebe. Im Rahmen der langwierigen Auseinandersetzung über die Richtlinie sei deutlich geworden, "dass Kommission und Rat im laufenden Verfahren die Pferde gewechselt haben, der Wagen jedoch der gleiche geblieben ist". Trotz Beteiligung des EU-Parlaments an der Richtlinie müssten die Zuständigkeitsregeln der EU eingehalten werden. Sonst würde "jeder Willkür Tür und Tor geöffnet". Der Schutz der Bürger- und Grundrechte in den nationalen Verordnungen stehe auf dem Spiel.

Der Bundestag hat wiederholt die Auffassung vertreten, dass die pauschale Überwachungsmaßnahme im Bereich der so genannten dritten Säule der EU zu verabschieden sei. Darin werden die Bestimmungen über die polizeiliche und justizielle Zusammenarbeit in Strafsachen vom Rat festgelegt. Die Parlamentarier brachten auch in ihrem Beschluss zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung "mit Augenmaß" auf Antrag der Großen Koalition ihre Zweifel an der gewählten Rechtsgrundlage zum Ausdruck.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries erklärte nun, dass es immer einen Konsens gegeben habe, dass sich die Bundesregierung an den Diskussionen zur Vorratsdatenspeicherung in Brüssel beteiligen sollte. Sie bezeichnete es erneut als große Errungenschaft, dass im Rahmen der Gespräche etwa die Speicherdauer der persönlichen Daten begrenzt werden konnte. Den Wechsel der Rechtsgrundlage habe die Bundesregierung "notgedrungen mitgemacht", um die gefundene "materielle Position" nicht zu gefährden. Es wäre aber "unsinnig, den lange erkämpften Verhandlungserfolg" zu beklagen. Nach Ansicht der SPD-Politikerin werden "die Bürgerrechte" trotz des Wegfalls der Unschuldsvermutung in der Strafverfolgung mit der neuen Form der Telekommunikationsüberwachung "nicht beschnitten".

Erst am Samstag hatten in Berlin etwa 250 Bürger gegen die Vorratsdatenspeicherung und den um sich greifenden "Sicherheitswahn" demonstriert. Damit wollten sie auch die Abgeordneten insbesondere von CDU und SPD dazu bewegen, "Rückgrat zu beweisen" und für die Nichtigkeitsklage gegen die Vorratsdatenspeicherung zu stimmen.

Unbeeindruckt zeigten sich die schwarz-roten Parlamentarier auch von einem Positionspapier (PDF-Datei), welches das Forum Menschenrechte jüngst an Bundesregierung und Bundestag übergeben hatte. Das Netzwerk von über 45 deutschen Nichtregierungsorganisationen kritisiert die geplante Speicherung sämtlicher Verbindungs- und Standortdaten bei der Telekommunikation "als völlig unverhältnismäßig und als Angriff auf das Fundament einer freien, demokratischen Gesellschaft". Aus Sicht des Forums verstößt die geplante Vorratsdatenspeicherung gegen das Recht auf Achtung des Privatlebens und des Fernmeldegeheimnisses aus Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention. Sollte der Bundestag die Richtlinie umsetzen, schaffe er ein Gesetz, welches das Fernmeldegeheimnis sowie das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung verletzen würde.

Irland und die Slowakei haben bereits Klage gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in Luxemburg eingereicht. Ihre Argumentation ist mit der aus dem Gruppenantrag vergleichbar. Der Vorstoß gilt als aussichtsreich, da der EuGH gerade das umstrittene Abkommen zur Übergabe von Flugpassagierdaten zwischen der EU-Kommission und den USA aufgrund fehlender Rechtsgrundlage für nichtig erklärte. Auch in diesem Fall berief sich die Kommission auf ihre Kompetenz zur Binnenmarktregulierung – nun will sie den Beschluss zur Weitergabe der Flugpassagierdaten unverändert auf Basis einer anderen Rechtsgrundlage durchpauken.

Bürgerrechtler und Datenschützer unterstützten trotz der Klage Irlands und der Slowakei gegen die Vorratsdatenspeicherung den Vorstoß aus der Opposition für eine eigene Klage Deutschlands. Denn die Bestimmungen einer einmal erfolgten Richtlinienumsetzung hierzulande würden ohne ein Veto des Bundesverfassungsgerichts wohl kaum nachträglich wieder rückgängig gemacht.

Quelle : www.heise.de
Titel: Widerstand gegen "Regulierungsferien" für die Telekom wächst weiter
Beitrag von: SiLæncer am 29 Juni, 2006, 09:26
Brüssel und Branchenvertreter beklagen immer stärker die Pläne der Bundesregierung, im Rahmen der Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) der Deutschen Telekom eine Regulierungspause für sein neues Hochgeschwindigkeitsnetz einzuräumen. "Deutschland stand jahrelang für Ordnungspolitik", bemerkte Rudolf Strohmeier,  Kabinettschef der Generaldirektion Informationsgesellschaft bei der EU-Kommission, am heutigen Mittwoch auf dem Deutschen Multimedia-Kongress (dmmk) zu den vorgesehen "Regulierungsferien". Der geplante Schutz des Altmonopolisten vor einer Zugangsverpflichtung auch für Konkurrenten zum schnellen Glasfasernetz für die VDSL-Anschlüsse laufe der bisherigen Linie der Bundesregierung aber nun völlig zuwider und stoße in Brüssel "sehr stark auf Widerstand".

"Gerade im Telekommunikationsbereich haben wir entgegengesetzte Erfahrungen gemacht", konterte Strohmeier die Argumentation der Bundesregierung, mit der Schutzklausel innovative Netzbetreiber belohnen zu wollen. "Investitionen im Breitbandbereich sind gerade dort verstärkt getätigt worden, wo reger Wettbewerb herrschte." Gleichzeitig betonte er, dass in Deutschland bei der Einhaltung des europäischen Rechtsrahmens zur Telekommunikation insgesamt nicht "alles zum Besten steht". So habe die Bundesregierung etwa den so genannten Bitstromzugang für die Telekom-Wettbewerber verzögert. Mit der von der Bundesnetzagentur derzeit vorbereiteten Maßnahme soll die T-Com verpflichtet werden, Konkurrenten diskriminierungsfrei breitbandige Zugänge zum Endkunden bereitzustellen.

Nach dem Entwurf der Bundesregierung soll die Telekom mit dem neuen Glasfasernetz, das VDSL-Anschlüsse bei Endkunden mit bis zu 50 MBit/s ermöglicht, unbeschadet von Preisauflagen und Öffnungsklauseln für Konkurrenten an den Start gehen können. Die entsprechende Klausel in Paragraph 9a TKG sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Konkurrenten zunächst abzuschotten. Wettbewerber sollen die ausgebaute Datenautobahn im Gegensatz zu den normalen Festnetzleitungen für einen gewissen Zeitraum nicht befahren und ihren eigenen Kunden zur Verfügung stellen dürfen. Der Bundesrat will sich mit Kritik an der umkämpften Passage zurückhalten.

Die möglicherweise Ausgeschlossenen laufen gegen die Klausel weiter Sturm. "Der 9a muss fallen", forderte Charles Fränkl, Chef von AOL Deutschland, auf dem dmmk. Die Branche lebe vom Wettbewerb, weswegen niemand mehr die Signale aus Berlin verstünde und keiner mehr wüsste, wohin die Regierung wolle. Der Branchenverband VATM begrüßte derweil die Pläne von der für die Informationsgesellschaft zuständigen Kommissarin Viviane Reding, eine eigene EU-Regulierungsbehörde aufzubauen und Altmonopolisten notfalls aufzuteilen. "Wenn die Deutsche Telekom es tatsächlich schafft, die ohnehin anstehende Modernisierung ihres Netzes und die lange geplante strategische Ausweitung der Wertschöpfungskette um Medieninhalte und Triple Play als politisch schützenswerte Internet-Innovation zu verkaufen, kann man die Sorgen der Kommission verstehen", kommentiert VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner die Äußerungen Redings. Viele Politiker hätten die damit verbundenen "dramatischen Auswirkungen auf den Wettbewerb und den Wirtschaftsstandort Deutschland" bereits im Blick.

Auch für die Initiative Europäischer Netzbetreiber (IEN) zeigen die Ankündigungen Redings, dass die Kommission "das Ausmaß der Probleme auf den europäischen Telekommunikationsmärkten erkannt hat, wie auch die Gefahren, die von nationalen Sonderwegen und wirtschaftspolitischem Protektionismus ausgehen". Die Industrievereinigung wertet die erneute Kritik aus Brüssel als "eine schallende Ohrfeige" für die deutsche Regulierungspolitik, da sie der Bundesnetzagentur insbesondere beim Thema Bitstrom und Breitband Untätigkeit und Konzeptionslosigkeit vorwerfe.

Quelle : www.heise.de
Titel: Verfassungsbeschwerde gegen das TKG in Teilen abgelehnt
Beitrag von: spoke1 am 24 Juli, 2006, 09:58

Bundesverfassungsgericht prüft Identifizierungspflicht für Telefonanschlüsse

Im Juni 2006 haben zwei Privatpersonen und vier E-Mail-Anbieter Verfassungsbeschwerde gegen das Telekommunikationsgesetz (TKG) beim Bundesverfassungsgericht eingelegt. Sie drängten auf mehr Datenschutz und eine Kostenerstattung für Unternehmen, doch das Bundesverfassungsgericht wird sich mit dem Thema zunächst nicht befassen.
   golem.de
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde gegen das Telekommunikationsgesetz (TKG) mit Beschluss vom 21. Juni 2006 in weiten Teilen nicht zur Entscheidung angenommen. Die Kläger müssten sich mit konkreten Anliegen an die zuständigen Fachgerichte wenden.

Mit der Verpflichtung zur Angabe persönlicher Daten bei der Anmeldung eines Telefon- oder Handyanschlusses will sich das Gericht aber befassen. Die Ablehnung durch das Bundesverfassungsgericht nimmt die Beschwerde gegen die §§ 95 Abs. 3 ("Endet das Vertragsverhältnis, sind die Bestandsdaten vom Diensteanbieter mit Ablauf des auf die Beendigung folgenden Kalenderjahres zu löschen. § 35 Abs. 3 des Bundesdatenschutzgesetzes gilt entsprechend"), 111 (Daten für Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden), 112 (Automatisiertes Auskunftsverfahren) und 113 aus.

Die Vorschriften sehen eine Pflicht zur Angabe persönlicher Daten (Name, Anschrift, Geburtsdatum) bei der Anmeldung eines Telefon- oder Handyanschlusses vor, auch etwa beim Kauf von Prepaidkarten. Die Telekommunikationsunternehmen müssen die Daten ihrer Kunden zusammen mit der zugeteilten Rufnummer in eine Datenbank einstellen, auf die eine Vielzahl staatlicher Stellen Zugriff hat, darunter Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste.


mehr: http://www.golem.de/0607/46681.html
Titel: Re: Verfassungsbeschwerde gegen das TKG in Teilen abgelehnt
Beitrag von: spoke1 am 24 Juli, 2006, 17:59
Update:

Verfassungsgericht lehnt Beschwerde gegen TK-Überwachung teilweise ab

Das Bundesverfassungsgericht hat eine Verfassungsbeschwerde gegen Datenspeicherungs- und Abhörvorschriften im Telekommunikationsgesetz (TKG) sowie der sich daraus ableitenden Telekommunikationsüberwachungsverordnung (TKÜV) zum Teil zurückgewiesen. Die Karlsruher Richter begründen die Ablehnung der Überprüfung einiger der angegriffenen Normen in ihrem jetzt veröffentlichten Beschluss (PDF-Datei) mit dem Hinweis, dass die Kläger zunächst die untergeordneten Gerichtsinstanzen mit ihrem Anliegen anrufen müssten. Dies ist ein Rückschlag für E-Mail-Provider und Datenschützer, die mit der Anrufung des Bundesverfassungsgerichts einen raschen Stopp der ihrer Ansicht nach zu weitgehenden Pflichten zur Beschnüffelung der Nutzer von Telekommunikationsdiensten zu erreichen suchten.

Drei Internet-Unternehmen wollten sich mit der Klage vor allem gegen die heftig umstrittene Auflage in der TKÜV wehren, Abhörboxen für E-Mail ohne Entschädigung auf eigene Kosten vorhalten zu müssen. Dabei monierten sie vor allem den Aufbau einer teuren Überwachungsinfrastruktur, die Sicherheitsbehörden anfangs nur ein bis zwei Mal im Jahr nutzten. Den Richtern an der 1. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts war es hier in keiner Weise ersichtlich, wieso die Beschwerdeführer nicht zunächst "wenigstens indirekt fachgerichtlichen Rechtsschutz" vor der Inanspruchnahme als Hilfssheriffs zu erlangen versuchten. In Österreich hatte eine vergleichbare Beschwerde vor dem dortigen Verfassungsgericht dagegen bereits 2003 Erfolg.

Die Kläger hierzulande hatten weiter auf eine Überprüfung einschlägiger Artikel im TKG gebeten, die eine Pflicht zur Angabe persönlicher Daten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum bei der Anmeldung eines Telefon- oder Handyanschlusses vorsehen, auch etwa beim Kauf von Prepaid-Karten im Mobilfunkbereich. Die Telekommunikationsunternehmen müssen die Daten ihrer Kunden zusammen mit der zugeteilten Rufnummer in eine Datenbank einstellen, auf die staatliche Stellen wie Strafverfolgungsbehörden und Geheimdienste Zugriff haben. Nach Angaben der Bundesnetzagentur wurde die Datenbank im vergangenen Jahr 3,4 Millionen Mal abgefragt. Dies entspricht rund 9.000 Auskunftsersuchen pro Tag. Die Zahl der Abfragen hat sich bislang alle drei Jahre verdoppelt. Die Verfassungsrichter wollen gemäß ihrer Teilentscheidung die entsprechenden Abschnitte des Paragraphen 95 Absatz 3, 111, 112 und 113 des TKG einer weiteren Prüfung unterziehen.

Die Verfassungsbeschwerde moniert an diesem Punkt, dass eine Identifizierungspflicht für alle Telekommunikationsnutzer unverhältnismäßig sei. Wenn Personen wie Journalisten, Organisatoren staatskritischer Demonstrationen oder Vertreter von Wirtschaftsunternehmen nicht mehr anonym telefonieren können, müsste auf den Austausch sensibler Informationen mittels Telekommunikation zunehmend verzichtet werden. Die Kläger rügen zudem, dass die staatlichen Rechte zur Einsicht in Kundendaten zu weit gehen, da keinerlei einschränkende Voraussetzungen vorgesehen seien.

Darüber hinaus gehende Einwände etwa gegen eine entgeltfreie Auskunftspflicht in Paragraph 92 TKG, eine Möglichkeit zur bis zu sechsmonatigen Speicherung von Abrechnungsdaten in Paragraph 97 oder zur Datenerhebung zur "Missbrauchsbekämpfung" und Störungsbeseitigung in Paragraph 100 hielten die Richter in der Beschwerde für zu ungenau gefasst. Im Prinzip sei es den Klägern auch hier zumutbar, im Fall der Betroffenheit von den Überwachungsmaßnahmen die Fachgerichte anzurufen. Die Beschwerdeführer hätten zwar teilweise vorgebracht, dass sie von solchen Bespitzelungsaktionen überhaupt nicht benachrichtigt würden. Ihrer Beschwerde lasse sich aber nicht entnehmen, dass sie eine solche Benachrichtigung "auch nicht im Wege eines Auskunftsanspruchs" erreichen und anhand der mitgeteilten Informationen dann gegebenenfalls Rechtsschutz vor den Fachgerichten suchen könnten.


mehr: http://www.heise.de/newsticker/meldung/75828
Titel: Bundesdatenschützer hält Moratorium bei der TK-Vorratsdatenspeicherung für nötig
Beitrag von: SiLæncer am 02 August, 2006, 14:28
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat generell verfassungsrechtliche Zweifel an der Zulässigkeit der von Brüssel beschlossenen verdachtsunabhängigen Überwachung von Telekommunikationsnutzern. Er will daher die vom Bundestag prinzipiell bereits befürwortete Umsetzung der EU-Richtlinie zur mindestens sechsmonatigen Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten aus dem Telefon- und Internetverkehr verzögern. "Ich halte ein Moratorium für nötig, bis der Europäische Gerichtshof über die Vorratsdatenspeicherung entschieden hat", erklärte Schaar im Gespräch mit der Berliner Zeitung. Ansonsten halte er es für wahrscheinlich, dass eine nationale Regelung zu der pauschalen Protokollierung der so genannten Verkehrsdaten sämtlicher Telekommunikationskunden und Internetnutzer vom Bundesverfassungsgericht kassiert werde.

Der oberste Hüter der Privatsphäre der Bundesbürger schließt sich damit Appellen des Berliner Datenschutzbeauftragten Alexander Dix sowie von Bürgerrechtsorganisationen wie dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung an. Sie sind der Ansicht, dass Deutschland vor einer Entscheidung über die tief in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung einschneidende Maßnahme der Ausgang einer Klage Irlands vor dem Europäischen Gerichtshofes (EuGH) gegen die Richtlinie abzuwarten sei.

Die Bundesregierung forderte Schaar konkret auf, sich nach der Entscheidung des EuGH zu den Passagierdaten für einen Verzicht auf die Vorratsdatenspeicherung einsetzen. Die Luxemburger Richter hatten ein Abkommen zur Weitergabe von Flugpassagierinformationen an die USA für nichtig erklärt, da sie dafür keine geeignete Rechtsgrundlage gegeben sahen. Ähnlich verhält es sich laut Kritikern auch bei dem Brüsseler Beschluss zur Vorratsdatenspeicherung. Sollte die entsprechende Richtlinie vom EuGH wider Erwarten nicht beanstandet werden, muss laut Schaar zumindest gewährleistet sein, dass die europäischen Vorgaben möglichst datenschutzfreundlich umgesetzt werden.

Angesichts verstärkter Eingriffe in die Privatsphäre der Bürger durch Strafverfolger und Geheimdienste nach den Ereignissen des 11. September 2001 sowie einer wachsenden Datensammelwut in der Privatwirtschaft will der Bundesdatenschutzbeauftragte zwar nicht von einer "bewussten Planung zur Einführung eines Überwachungsstaates" sprechen; das wäre ein autoritäres Konzept, um den Bürger zu kontrollieren. "Wir sind aber auf dem Weg in eine Überwachungsgesellschaft", warnte Schaar. In vielen Fällen würden Daten des Einzelnen erhoben und genutzt, ohne dass er dies erfährt oder bemerkt. Möglich mache es eine "sich rasant entwickelnde Technologie mit immer ausgefeilteren Methoden, um große Datenmengen zu erschließen." Die unkontrollierte Anhäufung von Daten Unverdächtiger dürfe aber nicht zum Prinzip werden. Dem müsse mit der lange geplanten, aber schon unter Rot-Grün ins Stocken gekommenen Modernisierung des Datenschutzrechts entgegengewirkt werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Neue Zweifel an der Rechtmäßigkeit der TK-Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 16 August, 2006, 19:51
Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat in einem Gutachten starke Zweifel an der Umsetzbarkeit der umstrittenen EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internet-Daten ins nationale Recht angemeldet. "Es bestehen erhebliche Bedenken, ob die Richtlinie in der beschlossenen Form mit dem Europarecht vereinbar ist", heißt es in der heise online vorliegenden Studie. Dies betreffe zum einen die Wahl der Rechtsgrundlage, zum anderen die Vereinbarkeit mit den im EU-Gemeinschaftsrecht anerkannten Grundrechten. Sollte der Bundestag dennoch ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung erlassen, sehen die Parlamentsforscher zudem hierzulande Unvereinbarkeiten mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung und dem Telekommunikationsgeheimnis vorprogrammiert.

Die Pläne zu einer europaweit einheitlichen Speicherung von Verbindungs- und Verkehrsdaten waren stets als Frage der justiziellen Zusammenarbeit in der so genannten "dritten Säule" der Union beraten worden und deshalb auch ursprünglich als Entwurf zu einem Rahmenbeschluss vorgelegt worden, hält der Wissenschaftliche Dienst fest. Als deutlich wurde, dass für die Pläne nicht die erforderliche Einstimmigkeit erreicht werden konnte, sei man auf einen Richtlinienentwurf ausgewichen. Für dessen Annahme habe die qualifizierte Mehrheit im gemeinsamen Entscheidungsverfahren mit dem EU-Parlament ausgereicht. Allerdings dienen solche Regelungen der Angleichung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften zur Verbesserung des Funktionierens des europäischen Binnenmarktes, weshalb sich die Verfasser der Studie anderen Bedenkenträgern zur Rechtmäßigkeit des gewählten Verfahrens anschließen.

Auch bei der nun erforderlichen Implementierung der Brüsseler Vorgaben ins nationale Recht erscheint es den Forschern zweifelhaft, "dass dem Gesetzgeber eine verfassungsgemäße Umsetzung gelingen wird." Entscheidende Stellschrauben für den Bundestag sehen sie bei der Frage der mindestens sechs Monate langen Speicherdauer und der zu erfassenden Daten. Dabei sei für jeden Einzelteil der Umsetzung gesondert zu prüfen, wie sehr die Datenspeicherung in den privaten Bereich der Betroffenen eindringt. Die in der Richtlinie vorgesehene verdachtsunabhängige Aufzeichnung von Namen und Anschrift jedes Kommunikationspartners werde in diesem Hinblick größere Probleme auf als eine "schlichte Speicherung der Telefonnummer ohne direkte Rückführungsmöglichkeit zum Betroffenen".

Die Studie verweist weiter darauf, dass das Bundesverfassungsgericht in seiner Rasterfahndung-Entscheidung jüngst erst Maßstäbe aufgestellt hat, welche die verfassungsmäßige Umsetzung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung erschweren. Karlsruhe habe sich ausdrücklich gegen die "globale und pauschale Überwachung" nicht näher konkretisierbarer Fernmeldebeziehungen gewandt. Bei der geforderten Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten nach der Richtlinie würden zudem nicht einmal fahndungsrelevante Gruppen abgesondert, sondern alle Telekommunikationsteilnehmer gleichermaßen einbezogen. Dieser Problematik müsse sich der Gesetzgeber bei der Umsetzung der Direktive "mit besonderer Sorgfalt zuwenden".

Gegen das Umsetzungsgesetz kann vor dem Bundesverfassungsgericht laut der Studie mittels Verfassungsbeschwerde, abstrakter Normenkontrolle und konkreter Normenkontrolle vorgegangen werden. Diese Möglichkeiten will die Linkspartei, die das Gutachten in Auftrag gab, beizeiten prüfen. "Wenn schon nicht aus Gründen der Wahrung der Bürgerrechte, so doch mindestens aus juristischen Gründen sollte die Bundesregierung jetzt einlenken und von der Vorratsdatenspeicherung Abstand nehmen", erklärt Jan Korte, Mitglied des Innenausschusses für die Fraktion "Die Linke". Angesichts der Faktenlage wäre es vollkommen absurd, weiterhin an einer Umsetzung festzuhalten.

Die Linkspartei will daher unmittelbar nach der Sommerpause die Bundesregierung mit einem Antrag auffordern, keinen gesetzgeberischen Vorstoß in Richtung Vorratsdatenspeicherung zu machen, bis der Europäische Gerichtshof über die anhängigen Nichtigkeitsklagen Irlands und der Slowakei entschieden hat. Andernfalls sei der Gang nach Karlsruhe vorgezeichnet. Ähnliche Forderungen haben auch bereits Datenschützer und zivilgesellschaftliche Organisationen gestellt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesjustizministerium hält an TK-Vorratsdatenspeicherung fest
Beitrag von: SiLæncer am 24 August, 2006, 10:38
Trotz starker Zweifel an der Umsetzbarkeit der umstrittenen EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internet-Daten ins nationale Recht arbeitet das  Bundesjustizministerium weiter an einem entsprechenden Gesetzesentwurf. Dies erklärte eine Sprecherin des Hauses gegenüber dem Berliner Tagesspiegel. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags hatte zuvor schwere Bedenken geäußert, ob die Brüsseler Vorgaben mit dem deutschen Grundgesetz und der darin verankerten informationellen Selbstbestimmung der Bürger vereinbar sind. Zugleich monierten die Experten die von den EU-Politikern gewählte gesetzgeberische Grundlage in Form einer Richtlinie, für die keine Einstimmigkeit unter den zuständigen Ministern der Mitgliedsstaaten erzielt werden muss.

Das Justizministerium sieht dennoch sowohl bei der Wahl der europäischen Rechtsgrundlage als auch bei der verfassungsgemäßen deutschen Umsetzung keine Schwierigkeiten. Auch der ehemalige Generalsekretär der SPD, der Berliner Bundestagsabgeordnete Klaus-Uwe Benneter, zeigte sich zuversichtlich, ein verfassungskonformes Gesetz zustande zu bringen. Schließlich müsse der Rechtsstaat "den Datenschutz und den Schutz vor Terroristen" in Einklang bringen. Die EU-Kommission und der EU-Rat hatten die mindestens sechsmonatige Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten vor allem mit dem Argument einer besseren Terrorbekämpfung vorangetrieben. Die vom EU-Parlament mit abgesegnete Richtlinie lässt den Mitgliedsstaaten aber zahlreiche Hintertüren, um auch bei minder schweren Straftaten in den anzulegenden Datenbergen schürfen zu können.

Der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, hatte im Juli erklärt, dass der von Schwarz-Rot im Parlament bereits prinzipiell befürwortete Kompromiss bei der Vorratsdatenspeicherung eine "Niederlage des Datenschutzes" darstelle. Falls erkennbar würde, dass ein entsprechender Gesetzesentwurf verfassungswidrige Züge trage, will er sich an einer Beschwerde gegen die verdachtsunabhängige Überwachungsmaßnahme in Karlsruhe beteiligen. Auch die Frage eines Moratoriums bei der pauschalen Vorhaltung der Nutzerspuren, das Datenschützer von Landes- und Bundesebene sowie zivilgesellschaftliche Organisationen gefordert haben, will Tauss noch prüfen.

In den USA hat sich derweil die Debatte um die Vorratsdatenspeicherung ebenfalls verschärft. Dort hat sich mit dem Breitbandanbieter Qwest Communications erstmals ein Internetprovider offen für eine gesetzliche Regelung zur Aufzeichnung von Verbindungsdaten ausgesprochen. "Wir unterstützen eine Gesetzgebung zur Vorratsdatenspeicherung", erklärte die Datenschutzbeauftragte des Konzern, Jennifer Mardosz, auf einem Treffen der republikanischen Denkfabrik Progress and Freedom Foundation (PFF). Dabei sprach sie sich insbesondere für ein Vorhaben (PDF-Datei) der demokratischen Abgeordneten Diana DeGette aus. Es sieht vor, dass die Provider nicht näher beschriebene Verbindungsdaten "für mindestens ein Jahr" aufbewahren und Ermittlern zugänglich machen müssen. US-Justizminister Alberto Gonzales hatte im Juni eine Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung für zwei Jahre gefordert. Der Republikaner begründete seine Forderungen zunächst mit besseren Möglichkeiten im Kampf gegen Kinderpornografie und baute seine Argumentation später auf das Feld der Terrorismusbekämpfung aus.

Internetanbieter liefen in den USA zunächst geschlossen gegen die Vorratsdatenspeicherung Sturm. Ihre Kritik bezog sich nicht nur auf die hohen Kosten für die Maßnahme. Es hieß auch, dass Straftäter die Kontrolle etwa mit Hilfe von Anonymisierungswerkzeugen umgehen könnten. Zudem seien die Eingriffe in die Privatsphäre mit der Aufhebung der Unschuldsvermutung zu gewaltig. Ende Juni zeigten sich US-Provider aber uneins im Streit um die geforderte Aufbewahrung von Verbindungsdaten. Qwest argumentiert nun, dass man für eigene Zwecke bereits 99 Prozent der Logeinträge bis zu ein Jahr lang speichere. Nun müsse eine ernsthafte Debatte geführt werden, wie die Interessen zum Schutz der Privatsphäre und die der Strafverfolger ausbalanciert werden könnten.

Die US-amerikanische Internet Service Provider Association bleibt bei ihrer grundsätzlichen Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung. Die auf dem Tisch liegenden Vorschläge würden "schwere technische und rechtliche Bedenken" hervorrufen und könnten die Internetsicherheit gefährden, betont die Lobbyvereinigung, der Firmen wie AOL, AT&T, BellSouth, EarthLink and Verizon Communications angehören. Welche Datentypen in den USA vorgehalten werden sollen, lassen Politiker offen. Seit AOL jüngst das Malheur mit der Veröffentlichung von Suchabfragen von über 650.000 Kunden passierte, scheinen sich die Ermittler auch verstärkt für solche Datenbankeinträge zu interessieren. In der EU gehören derlei Informationen nicht zu der langen Liste der aufzubewahrenden Kommunikationsdaten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Gutachten: Staat muss für Telekommunikationsüberwachung zahlen
Beitrag von: SiLæncer am 08 September, 2006, 20:28
Der VATM (Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten) fordert auf Basis einer wissenschaftlichen Studie (PDF-Datei) den Erlass einer Verordnung zur Entschädigung der Telcos und Provider für ihre Tätigkeiten als Hilfssheriffs. Laut dem 61 Seiten starken Gutachten des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg erscheint eine mögliche Regelung der Kostenerstattung für das Beschnüffeln der Kunden im Rahmen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetzes (JVEG) "nicht sachgerecht". Die Telekommunikationsüberwachung sei nicht mit der Entschädigung für einzelfallbezogene Belastungen bei Zeugenaussagen während der Ausübung normaler staatsbürgerlicher Pflichten vergleichbar.

Die Gutachter empfehlen daher eine Entschädigungsregelung, die entweder direkt ins Telekommunikationsgesetz (TKG) eingebaut werden oder in eine eigene Verordnung fließen sollte, wie zum Beispiel in Österreich. Die österreichische Überwachungskostenverordnung vom August 2004 sieht nach unterschiedlichen Überwachungsmaßnahmen gestaffelte pauschalierte Sätze für Personal- und Sachaufwendungen vor. Auch die deutsche Bundesregierung hat vor zwei Jahren eine prinzipielle Entschädigungsklausel ins TKG aufgenommen. Eine von der damaligen rot-grünen Bundesregierung 2005 vorbereitete Verordnung fiel nach der vorgezogenen Bundestagswahl unter den Tisch, ein neuer Entwurf ist nicht in Aussicht. Vielmehr setzt sich der Bundesrat inzwischen in einer Kehrtwende seiner bisherigen Forderungen dafür ein, die Entschädigungsgrundlage wieder komplett zu streichen.

Die Max-Planck-Forscher raten dem VATM dazu, notfalls eine Klage zweier Mitgliederunternehmen vor dem Bundesverfassungsgericht gegen neue Spitzelauflagen im Umfeld der Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV) zu unterstützen. Konkret beziehen sie sich dabei auf die Ausdehnung der "Auslandskopf-Überwachung" auf alle Betreiber mit internationalen Netzknotenpunkten nach der jüngsten Novelle der TKÜV im Herbst 2005. An diesen Vermittlungsstellen muss seitdem die Kommunikation von Nutzern überwacht werden, von denen lediglich ein bestimmter ausländischer Anschluss bekannt ist.

Das jetzt veröffentlichte Gutachten sieht in der Verpflichtung der TK-Unternehmen zur Auslandskopfüberwachung als unverhältnismäßigen Eingriff in die grundgesetzlich geschützte Berufsfreiheit der TK-Unternehmen. Eine Verfassungsbeschwerde halten die Autoren der Studie daher für besonders aussichtsreich. Dabei sollten die Kläger auch darauf hinweisen, dass das erforderliche Notifizierungsverfahren der Bundesregierung für die TKÜV-Änderung bei der EU-Kommission fehlerhaft verlaufen sei, meinen die Gutachter. Auf diese Tatsache allein könne eine Verfassungsbeschwerde aber kaum erfolgreich gestützt werden.

"Ohne eine angemessene Entschädigung der TK-Unternehmen befürchten wir eine weitere erhebliche Zunahme der Überwachungsmaßnahmen", plädiert VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner nun für den baldigen Erlass einer entsprechenden Regelung. Er verweist darauf, dass sich nach den Statistiken der Bundesnetzagentur die Zahl strafprozessualer Überwachungsmaßnahmen im Zeitraum 2000 bis 2005 auf inzwischen rund 40.000 pro Jahr mehr als verdoppelt hat. Der VATM hofft, dass in der noch ausstehenden Gegenäußerung der Bundesregierung zur Stellungnahme des Bundesrates zur laufenden TKG-Novelle endlich Klarheit geschaffen wird und die Bundesregierung einer "verfassungswidrigen einseitigen Belastung der Wirtschaft eine deutliche Absage erteilt". Für eine zügige Lösung der Frage hat sich jüngst auch der IT-Branchenverband Bitkom eingesetzt und sogar bereits konkrete Entschädigungssummen vorgeschlagen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Neue Demo gegen den Überwachungsstaat im Herbst
Beitrag von: SiLæncer am 09 September, 2006, 10:42
Bürgerrechtsgruppen rufen für den 20. Oktober zu einer weiteren Kundgebung gegen den "Sicherheits- und Überwachungswahn" in Bielefeld auf. Sie wollen mit der Demonstration vor der Verleihung der Big Brother Awards 2006 ein Zeichen für den Erhalt der Grundrechte auch in Zeiten der verstärkten Terrorismusbekämpfung setzen. "Nach den fehlgeschlagenen "Kofferbombenanschlägen" in Deutschland stehen weiter verschärfte Sicherheits- und Überwachungsbefugnisse auf der politischen Agenda", warnen die Organisatoren. Dabei bewirkt die zunehmende elektronische Erfassung und Überwachung der gesamten Bevölkerung ihrer Ansicht nach keinen verbesserten Schutz vor Kriminalität. Sie koste aber Millionen von Euro und gefährde die Privatsphäre Unschuldiger.

"Staat und Unternehmen registrieren, überwachen und kontrollieren uns immer vollständiger", heißt es in dem Aufruf für die Protestaktion weiter. "Egal, was wir tun, mit wem wir sprechen oder telefonieren, wohin wir uns bewegen oder fahren, mit wem wir befreundet sind, wofür wir uns interessieren, in welchen Gruppen wir engagiert sind ­ der 'große Bruder' Staat und die 'kleinen Brüder' aus der Wirtschaft wissen es immer genauer." Doch wo Angst und Aktionismus regiertn, blieben gezielte und nachhaltige Maßnahmen zur Stärkung der Sicherheit auf der Strecke. Vernachlässigt würde auch ein Angehen der wirklichen, alltäglichen Probleme der Menschen wie Arbeitslosigkeit oder Armut. Wer sich ständig überwacht und beobachtet fühle, könne sich ferner nicht mehr unbefangen und mutig für seine Rechte und eine gerechte Gesellschaft einsetzen. Es entstehe allmählich eine unkritische Konsumgesellschaft von Menschen, die "nichts zu verbergen" haben und dem Staat gegenüber ­ zur vermeintlichen Gewährleistung totaler Sicherheit ­ ihre Freiheitsrechte aufgeben.

Mitte Juni waren zum ersten Mal rund 250 besorgte Bürger in Berlin auf die Straße gegangen, um gegen die zunehmende Rundum-Überwachung zu protestieren. Anstoßgeber in beiden Fällen: die Initiative gegen die Vorratsdatenspeicherung. Sie setzt sich vor allem gegen die verdachtsunabhängige sechs- bis 24-monatige Überwachung der elektronischen Spuren der 450 Millionen EU-Bürger ein. Dazu hat Brüssel die Telekommunikationsanbieter in der EU im Rahmen einer umstrittenen Richtlinie verpflichtet. Unterstützer der Demonstration sind außerdem der Chaos Computer Club (CCC), das Forum InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), die Datenschutzvereine FoeBuD und STOP1984, das Netzwerk Neue Medien, die Humanistische Union sowie der Förderverein Informationstechnik und Gesellschaft (Fitug).

Die Demo-Veranstalter fordern neben einem Nein der Politik zur "Totalprotokollierung" der Telekommunikation einen Stopp der Videoüberwachung des öffentlichen Raums und einen Verzicht auf eine automatische Gesichtskontrolle in diesem Zusammenhang sowie den Stopp von Biometrie und RFID-Chips in Ausweisen und Pässen. Ferner wenden sie sich gegen eine Aufzeichnung des Flugreiseverkehrs und einen automatischen Kfz-Kennzeichenabgleich auf öffentlichen Straßen. Weiter plädieren sie dafür, aller seit 1968 beschlossenen Überwachungsgesetze auf ihre Effektivität und schädlichen Nebenwirkungen hin unabhängig überprüfen zu lassen. Neue Anläufe für Kontrollgesetze sollen sofort beendet werden. Treffpunkt für die Veranstaltung, die unter dem Motto "Freiheit statt Angst" steht, ist an der Westseite des Bielefelder Bahnhofs um 15 Uhr.

Quelle : www.heise.de
Titel: Innenstaatssekretär verteidigt verdachtsunabhängige TK-Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 12 September, 2006, 10:13
Peter Altmaier, Parlamentarischer Staatssekretär beim Bundesinnenminister, sieht mit der in Brüssel verabschiedeten Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten keinen "gläsernen EU-Bürger" einhergehen. "Wir haben bereits innerstaatlich die Möglichkeit gehabt, auf solche Daten zuzugreifen", sagte der CDU-Politiker auf einer Diskussionsrunde des Berliner Senats und der Europa-Union Berlin am gestrigen Montag im Roten Rathaus. Nun sei eine europäische Regelung geschaffen worden, damit Verbindungs- und Standortdaten für einen Zeitraum zwischen sechs und 24 Monaten gespeichert werden. Angesichts der Tatsache, dass Telcos immer mehr Flatrates anböten und die begehrten Informationen über die Gesprächspartner nicht mehr für Abrechnungszwecke von sich aus einige Zeit vorhalten würden, sei dies "ein sehr legitimes Anliegen".

Gänzlich anderer Meinung war die Berliner Justizsenatorin Karin Schubert. Die SPD-Politikerin warf Altmaier vor, so zu argumentieren, als ob es kein Grundgesetz gäbe. "Wir haben bisher nur bei einem Anfangsverdacht Daten gespeichert", stellte sie klar. Nun sollten künftig "ohne Straftat" und allein aufgrund einer dunklen terroristischen Bedrohung, "die nicht greifbar ist", die elektronischen Spuren der Nutzer in der EU protokolliert werden. Dies verstoße gegen die Auflagen der Verfassung, dass Eingriffe in das Fernmeldegeheimnis oder das Recht auf informationelle Selbstbestimmung "geboten, erforderlich, geeignet und angemessen sein müssen". Zudem fühle sie persönlich sich durch eine solche Form der "totalen Überwachung überall beeinträchtigt". In einem demokratischen Staat müssten die Bürger Freiheiten aber auch leben dürfen.

Generell hat die Berliner Bürgermeisterin Zweifel, "dass wir uns durch die uferlose Datenspeicherung vor Terrorismus schützen". Kein rechter Trost ist es ihr da, dass der Europäische Gerichtshof (EuGH) die Rechtmäßigkeit des Zustandekommens der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auf Betreiben Irlands überprüft. Sie fürchtet, dass sich ein Schiedsspruch gegen die gewählte Rechtsgrundlage ähnlich wie das EuGH-Urteil zur Weitergabe von Flugpassagierdaten aus der EU an US-Behörden als Pyrrhus-Sieg für den Datenschutz erweisen könnte. In diesem Fall dürfte die pauschale Überwachungsmaßnahme ihrer Ansicht nach nämlich doch noch über einen Rahmenbeschluss und eine nationale Verordnung eingeführt werden, bei denen die Parlamente ganz außen vor bleiben würden. Dann komme es noch so weit, dass "wir die Verfassung ändern müssen, weil es von Brüssel geboten wird". Die Sozialdemokraten hatten freilich die Richtlinie an erster Stelle mit vorangetrieben, ohne dass sich in den eigenen Reihen viel Kritik Bahn brach.

Altmaier beeilte sich zu bekunden, dass "das Grundgesetz für uns nicht zur Disposition steht". Alle Urteile aus Karlsruhe, mit denen das Bundesverfassungsgericht etwa den Kernbereich der Persönlichkeit für Strafverfolger für tabu erklärte, seien zu respektieren. "Wir brauchen aber eine öffentliche Debatte darüber, was an Datenschutz nötig ist", befand er. Die Richter in Karlsruhe könnten sich dieser nicht gänzlich entziehen. Generell befand Altmaier, dass "die Menschen sich mehr bedroht durch den Terrorismus und die internationale Kriminalität fühlen als durch den Staat." Die Politik würde kritisiert, "weil wir zuwenig Videokameras im öffentlichen Raum installieren", brachte er ein Beispiel für den Meinungswandel angesichts einer terroristischen Gefährdung, "die sich gegenüber jedermann und an jedem Ort manifestieren" könne. Konkret forderte der Staatssekretär, dass die Geheimdienste im Rahmen des umstrittenen Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetz (TBEG) auch bei Extremismusverdacht auf die Daten Privater sowie auf die Mautdaten zugreifen dürfen sollten.

Hansjürgen Garstka, ehemaliger Datenschutzbeauftragter Berlins, bemühte sich um eine Versachlichung der Diskussion. Er betonte, dass im Mautsystem bei TollCollect viele Daten von vornherein gleich wieder gelöscht und sich mit den übrig bleibenden kaum Straftaten aufklären lassen würden. Ähnlich verhalte es sich bei den Telekommunikationsdaten. Man müsste also fragen, "ob die Datenspeicherung von Anfang an Architekturkriterium" von Computersystemen sein solle. Diese müssten dann schon mit dem Gedanken im Hinterkopf konstruiert werden, dass die Ermittler und Nachrichtendienste möglicherweise einmal auf anfallende Daten zugreifen wollen. "Dann bliebe aber kein Lebensbereich mehr übrig, in dem nicht von vornherein die Sicherheitsbehörden ihre Interessen wahrgenommen haben", warnte Garstka. Bei vielen immer wieder aufkommenden Forderungen der Sicherheitspolitiker steht seiner Ansicht nur "ein Vollzugsdefizit dahinter". So dürfe der Bundesnachrichtendienst (BND) etwa bereits Auslandsgespräche auf Stichworte hin untersuchen, was bei Anrufen in den Libanon der erfolglosen Kofferbomben-Attentäter schon im Vorfeld hätte greifen können.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesregierung prüft Verzicht auf Entschädigungsregel für TK-Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 14 September, 2006, 15:04
Auf Anregung des Bundesrates will die Bundesregierung noch einmal über die geplante Vergütung von Hilfssheriffs-Tätigkeiten der Telekomunikationsanbieter nachdenken. Man werde das Anliegen der Länderkammer an dieser Stelle im weiteren Gesetzgebungsverfahren zur geplanten Änderung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) prüfen, heißt es in der heise online vorliegenden Gegenäußerung der Bundesregierung zu einer Stellungnahme des Bundesrates. Die Länder hatten argumentiert, dass die Überwachungsdienste der Telcos und Provider zu den Leistungen gehören, die jeder Bürger als Zeuge zu erbringen habe. Demnach sollen die Firmen für ihre Überwachungsdienste weiter nur nach den geringfügigen Sätzen des Justizvergütungs- und -entschädigungsgesetz (JVEG) "entlohnt" werden.

Wirtschaftsvereinigungen wehren sich gegen den Wegfall der Entschädigungsregel. So legte der Verband der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) vergangene Woche ein Gutachten vor, wonach der Staat für die Hilfe der privaten Unternehmen beim Beschnüffeln ihrer Kunden zahlen muss. "Es ist unverständlich, dass sich die Bundesregierung bei diesem Punkt bislang nicht zu einer Entscheidung durchringen konnte, die den berechtigten Interessen der Unternehmen Rechnung trägt", zeigt sich VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner pikiert. Für eine zügige Lösung der Kostenfrage hatte sich jüngst noch einmal der IT-Branchenverband Bitkom eingesetzt und konkrete Entschädigungssummen in den Raum gestellt.

Der Anregung der Länder zu einer leichten Überarbeitung des am heftigsten umstrittenen Punkts des Kabinettsentwurfs zur TKG-Überarbeitung, den geplanten "Regulierungsferien" für das VDSL-Hochgeschwindigkeitsnetz der Deutschen Telekom, stimmt die Bundesregierung zu. Der Bundesrat sprach sich dafür aus, im weiteren Gesetzgebungsverfahren den Begriff des "nachhaltig wettbewerbsorientierten Marktes" im Entwurf "konsequent" zu verwenden. Laut der Schlüsselpassage in Paragraf 9a soll die Regulierung eines "neuen Marktes" nur dann erfolgen, wenn der "nachhaltige" Wettbewerb langfristig in Gefahr zu geraten droht. Die entsprechende Klausel sieht vor, "neue Märkte" im Netzbereich und die in sie fließenden Investitionen vor Wettbewerbern erst einmal abzuschotten. Die Bundesregierung will damit erreichen, dass der Altmonopolist mit dem neuen Glasfasernetz, das VDSL-Anschlüsse bei Endkunden mit bis zu 50 MBit/s ermöglicht, unbeschadet von Preisauflagen und Öffnungsklauseln für Konkurrenten in den Markt gehen kann.

Keinen Korrekturbedarf sieht die Bundesregierung im Gegensatz zum Bundesrat bei den Formulierungen zum Einsatz von Mobilfunkblockern in Justizvollzugsanstalten (JVAs) oder bei Großveranstaltungen. Die telekommunikationsrechtlichen Voraussetzungen für den Einsatz von Frequenzstörern seien im Regierungsentwurf hinreichend dargelegt. Einer Frequenzzuteilung bedürfe es genauso wenig wie einer gesonderten "JVA-Regelung". Eine "pauschale Ermächtigung" für den Einsatz entsprechender Geräte im TKG vorzusehen, sei mit der Gesetzgebungskompetenz und der daraus folgenden eingeschränkten Regelungskompetenz im TKG nicht vereinbar. In welchem Umfang derartige "Jammer" eingesetzt werden dürften, sei allein im Rahmen der landes- und bundesrechtlichen Bestimmungen festzulegen.

Der VATM zeigt sich über das bisherige Gesetzgebungsverfahren enttäuscht, denn zentrale Forderungen seien bislang weder vom Bundesrat noch von der Bundesregierung aufgegriffen worden. Insbesondere dürften neue Märkte nicht erst dann reguliert werden, wenn der Wettbewerb langfristig behindert würde. Nur mit Rahmenbedingungen, welche die Belastungen für die Branche reduzieren, und einer effizienten Regulierung werde die Grundlage für die Sicherung bestehender und die Schaffung neuer Arbeitsplätze gelegt, betonte Grützner.

Quelle : www.heise.de
Titel: Länder wollen Kundendaten zur vorbeugenden Straftatenbekämpfung nutzen
Beitrag von: SiLæncer am 22 September, 2006, 17:22
Der Bundesrat fordert eine Verpflichtung von Internetanbietern, den Polizeibehörden der Länder Bestandsdaten ihrer Kunden auch zur reinen Gefahrenabwehr zugänglich zu machen. Zudem plädiert die Länderkammer für strenge Normen im Kampf gegen Spam. Dies geht aus der Stellungnahme des Bundesrats zum Entwurf der Bundesregierung für ein Gesetz zur Vereinheitlichung des elektronischen Geschäftsverkehrs (ElGVG) hervor, dessen Kernstück das neue Telemediengesetz (TMG) bilden soll.

Laut Beschluss sollen die Anbieter von Tele- und Mediendiensten nicht nur verpflichtet werden, "für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum" Auskunft über Daten wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen zu geben. Die gleiche Auflage müsse vielmehr auch für die "vorbeugende Bekämpfung von Straftaten" gelten. Der Bundesrat stört sich ferner an der Formulierung im TMG-Entwurf, wonach der Diensteanbieter im Einzelfall Auskunft über die Daten erteilen "darf". Sie fordern eine Klarstellung, dass die Abgabe der Informationen tatsächlich verpflichtend sei.

Einen entsprechenden Bedarfsfall für die Polizei sieht der Bundesrat etwa gegeben, "wenn auf einer Internetplattform Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen, Blankoformulare für Dienstausweise der Polizei oder Zugangsberechtigungen für einen bestimmten Flughafen angeboten werden". Hier könne es für die Ermittler von Bedeutung sein zu erfahren, welche Person oder Firma sich hinter dem Anbieter verbirgt und ob Informationen über weitere Internetangebote von ihm vorliegen. Ein Eingriff ins Fernmeldegeheimnis wäre mit der Datenabfrage nach Ansicht der Länder nicht verbunden.

Bei der Spamabwehr bittet der Bundesrat die Bundesregierung zu prüfen, ob eine entsprechende Regelung aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) nicht auch in das E-Commerce-Vereinheitlichungsgesetz integriert werden könne. Die UWG-Bestimmung sieht einen "Opt-In"-Zwang vor, wonach ein Anbieter nur elektronische Werbemails versenden darf, wenn der Empfänger vorher explizit zugestimmt hat. Die Länder wollen so erreichen, dass Verstöße gegen die Einwilligungsklausel als Ordnungswidrigkeiten geahndet werden können. Sie begründen den Vorstoß damit, dass der bestehende zivilrechtliche Unterlassungs- oder Beseitigungsanspruch nach UWG für den Verbraucher bislang das einzige durchsetzbare Rechtsmittel gegen Spammer ist. Daraus ergebe sich kein Abschreckungseffekt. Es bedürfe daher einer "hoheitlich schützenden Regelung", die bei Zuwiderhandlungen Sanktionen vorsehe.

Weiter plädiert die Länderkammer ein Verbot der Praxis vieler Online-Anbieter, den Verbrauchern Zugang nur bei Zustimmung zu einer weit reichenden Datenverwendung sowie zum Erhalt verschiedener Werbe-Mails zu gewähren. Eine solche Koppelung entspreche nicht der Willensfreiheit des Nutzers. Darüber hinaus will der Bundesrat dem Versender die Beweislast dafür auferlegen, dass eine Verschleierung oder Verheimlichung der Kopf- oder Betreffzeile nicht absichtlich vorgenommen wurde. Schließlich stamme die Spam-Mail "aus seinem Betrieb und seinem Machtbereich, so dass ein Einflussnahme und Protokollierung der Vorgänge möglich ist." Der Versender könne schließlich auf die Art und Weise der Gestaltung einer elektronischen Nachricht Einfluss nehmen. Nach dem bisherigen TMG-Entwurf müsste der Spam-Empfänger beweisen, dass der Versender die Mail absichtlich in verschleiernder Form verfasst hat.

Quelle : www.heise.de
Titel: Online-Kampagne gegen TK-Vorratsdatenspeicherung gestartet
Beitrag von: SiLæncer am 25 September, 2006, 11:27
Bürgerrechtler rufen die Internetnutzer auf, mit offenen Briefen an Bundestagsabgeordnete der Großen Koalition gegen die verdachtsunabhängige Speicherung von Telefon- und Internetdaten zu protestieren. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat dafür ein gesondertes Internetportal freigeschaltet. Dort finden sich Argumente, mit denen besorgte Netzbürger die Parlamentarier für die von ihnen bereits in einem Bundestagsbeschluss befürwortete "totale Protokollierung von Telefon, Handy und E-Mail" sensibilisieren sollen. Die Beschwerdemail lässt sich an alle 448 Abgeordnete von Union und SPD senden.

"Die Vorratsdatenspeicherung privatester Kommunikationsdaten widerspricht jeglicher Verhältnismäßigkeit und würde sich verheerend auf die Meinungsfreiheit auswirken", warnt Bettina Winsemann von dem Arbeitskreis. "Gespräche mit der Telefonseelsorge, mit Anwälten, mit Presseinformanten – all dies würde für die zugriffsberechtigten Personen und Behörden ein offenes Buch werden." Die Speicherung von Geschäftskontakten würde ihrer Ansicht nach sogar der Wirtschaftsspionage "Tür und Tor öffnen". Die pauschale Überwachung der Nutzerspuren "Terrorismus oder Kriminalität" werde nicht verhindert, da sie von Kriminellen leicht umgangen werde könne. Zudem sei die Vorratsdatenspeicherung "teuer" und belastete die Wirtschaft.

Der EU-Rat hatte im Februar eine Richtlinie mit dem Segen des EU-Parlaments abgenickt, wonach Telcos und Provider künftig Standort- und Verbindungsdaten zwischen sechs und zwölf Monate lang speichern müssen. Für eine Umsetzung der "Mindestanforderungen" der Direktive sprach sich auch der Bundestag bereits aus. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die den in Brüssel erzielten Kompromiss für vereinbar mit dem Grundgesetz hält, arbeitet derzeit gemeinsam mit ihrem Stab mit Hochdruck an einem Gesetzesentwurf zur Umsetzung der Brüsseler Vorgaben. Im Einklang mit dem Wunsch der SPD-Politikerin hat sich der Bundestag dafür ausgesprochen, die Datenberge nicht nur für "erhebliche Straftaten" Sicherheitsbehörden zugänglich zu machen, wie es die Richtlinie vorsieht. Einblicke nehmen dürften die Ermittler demnach vielmehr auch bei Delikten, die "mittels Telekommunikation" begangen wurden.

Der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags hat dagegen erhebliche Bedenken geäußert, ob die Richtlinie mit dem Europarecht und der Verfassung vereinbar ist. Die Opposition arbeitet daher an einem Antrag gegen die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. Zugleich läuft eine Klage Irlands gegen die Richtlinie vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH), bei der auch die Beschwerdeschrift inzwischen vorliegt. Datenschützer fordern bereits ein Moratorium bei der nationalen Gesetzgebung, um das Urteil in Luxemburg abzuwarten. Dafür haben sich mit Siegfried Kauder (CDU) und Jörg Tauss (SPD) auch erste Politiker der Koalition ausgesprochen. Ein Antrag aus den Reihen der Opposition, mit dem die Bundesregierung zur Beteiligung an der Klage vor dem EuGH aufgerufen werden sollte, scheiterte am aber Widerstand der Regierungsfraktionen.

Angesichts zunehmender Forderungen nach mehr Überwachung etwa im Rahmen der vom Bundeskabinett beschlossenen Anti-Terror-Datei hat allerdings auch Zypries vergangene Woche auf dem Deutschen Juristentag in Stuttgart das informationelle Selbstbestimmungsrecht und den Datenschutz verteidigt: "Der Staat darf nicht ins Blaue hinein unbescholtene Bürger überwachen, um herauszufinden, ob jemand verdächtig ist", betonte die Ministerin. In Bezug auf die Terrorismusbekämpfung äußerte sie weiter ihre Bedenken zu Maßnahmen, mit denen "über eine Vielzahl von Bürgern einfach Daten angehäuft" werden, und erteilte einer weiteren Verschärfung von Überwachungsmaßnahmen und Einschränkung der Bürgerrechte eine Absage. Die SPD-Politikerin machte aber nicht explizit deutlich, ob sich ihre Kritik auch auf die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung der TK-Daten bezieht.

http://briefe.gegen.daten.speicherung.eu/

Quelle : www.heise.de
Titel: Grüne legen Gesetzentwurf zur TK-Überwachung vor
Beitrag von: SiLæncer am 18 Oktober, 2006, 15:50
Die Bundestagsfraktion der Grünen hat nach einem Bericht der Süddeutschen Zeitung einen eigenen Gesetzentwurf zur Reform der Telekommunikationsüberwachung vorgelegt. Danach plädiert die Partei für eine Abkehr vom bisher gültigen Katalog der Straftaten, die eine Überwachung rechtfertigen. Stattdessen sprechen sich die Grünen für einen Systemwechsel aus.

In Zukunft solle eine zu erwartende Mindeststrafe von einem Jahr als Maßstab für mögliche Überwachungsmaßnahmen dienen. Berufliche Geheimnisträger sollten im Rahmen ihres Zeugnisverweigerungsrechts gar nicht abgehört werden. Angehörige sollen weiterreichenden Schutz genießen, sofern sie nicht direkt an der Tat beteiligt seien oder gegen sie zum Beispiel wegen Begünstigung ermittelt werde.

Erkenntnisse aus der Privatsphäre sollen nach dem Vorschlag der Grünen vernichtet werden, Abgehörte sollten im Rahmen des Möglichen hinterher informiert werden. Zudem solle allen Betroffenen die Möglichkeit offen stehen, die Abhörmaßnahmen gerichtlich überprüfen zu lassen. Auch für den Richter, der eine Abhörmaßnahme anordnet, sieht der Entwurf der Grünen eine stärkere Rolle vor. Er soll über den Verlauf und gewonnene Erkenntnisse informiert werden.

Insgesamt wollen die Grünen die in den vergangenen Jahren gestiegene Zahl der abgehörten Telefongespräche begrenzen, ohne die Arbeit der Polizei "unnötig zu erschweren", wie der rechtspolitische Sprecher der Fraktion, Jerzey Montag, der SZ sagte. Eine Reform der durch die Strafprozessordnung und die Polizeigesetze der Bundesländer geregelten Überwachung war auch vom Bundesverfassungsgericht angemahnt worden. Mit ihrem Vorschlag wollen die Grünen nun dazu beitragen, dass die Polizeiarbeit dem Rechtsstaat diene, und nicht umgekehrt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Überwachung der Telekommunikation hat erneut zugenommen
Beitrag von: SiLæncer am 19 Oktober, 2006, 16:44
Im Jahr 2005 nahmen die Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation in Deutschland nach Angaben der Bundesregierung erneut massiv zu. Auf eine schriftliche Frage des grünen Bundestagsabgeordneten Hans-Christian Ströbele teilte das Bundesjustizministerium schriftlich mit, dass im Jahr 2005 gegenüber dem Vorjahr 45,5 Prozent mehr Anordnungen zur Überwachung der Telekommunikation erfolgten. Auch die Zahl der betroffenen Anschlusskennungen stieg rasant um 20,1 Prozent. Gerieten im Jahr 2004 noch 40.973 Anschlusskennungen ins Visier der Fahnder, so waren es im Folgejahr bereits 49.226 Anschlüsse.

Aus der Jahresstatistik der Bundesnetzagentur lässt sich ersehen, welche Anschlussarten betroffen waren: In 85 Prozent aller Fälle wurden Mobiltelefon-Anschlüsse überwacht, 9 Prozent entfielen auf analoge Telefon- und 5 Prozent auf ISDN-Anschlüsse. E-Mail-Kennungen und Internetzugänge waren mit weniger als 1 Prozent betroffen. Auch die Zahl der Anordnungen stieg nach Auskunft des Bundesjustizministeriums deutlich: Ergingen 2004 noch 29.017 Anordnungen, so waren es 2005 bereits 42.508. Die Anzahl der Verfahren stieg um 4,5 Prozent auf 4.925. Die Zahl der betroffenen Anschlussinhaber nahm mit 12.606 Personen um 6,3 Prozent zu – die Zahl der ebenfalls betroffenen Kommunikationspartner wurde nicht genannt. Über die Dauer der Anordnungen liegen der Bundesregierung keine Erkenntnisse vor.

In 68 Prozent aller Verfahren handelte es sich um Straftaten nach dem Betäubungsmittelgesetz. An zweiter Stelle stehen mit 6,3 Prozent Verfahren wegen Raub oder räuberischer Erpressung, an dritter Stelle mit 5,5 Prozent aller Verfahren Mord, Totschlag und Völkermord. In Süddeutschland wurden die meisten Anordnungen erlassen: In Baden-Württemberg waren es 777 Verfahren mit 2123 Betroffenen, in Bayern sogar 885 Verfahren mit 1997 Betroffenen. Im bevölkerungsreichsten Bundesland Nordrhein-Westfalen wurden lediglich 485 Verfahren mit 1285 Betroffenen gezählt.

Um diesen erneut erfolgten Anstieg zu stoppen und die Zahl der Telekommunikationsüberwachungen deutlich zu senken, kündigten die Grünen im Bundestag an, "sehr kurzfristig" einen Gesetzentwurf zur Reform der Telekommmunikationsüberwachungsregelungen vorzulegen. Er soll den Straftatenkatalog zu Gunsten einer Orientierung an der zu erwartenden Mindeststrafe abschaffen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesregierung will Kundendaten für vorbeugende Straftatenbekämpfung
Beitrag von: SiLæncer am 27 Oktober, 2006, 13:55
In ihrer Gegenäußerung (PDF-Datei) zur Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf für ein Telemediengesetz (TMG) befürwortet die Bundesregierung die Forderung der Länder, dass Anbieter von Tele- und Mediendiensten auch für Präventionszwecke Bestands- und Nutzungsdaten herausrücken sollen. Der Bundesrat hatte sich dafür eingesetzt, dass die Provider Auskunft über Informationen wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen auch für die "vorbeugende Bekämpfung von Straftaten" zu geben haben. "Die Bundesregierung stimmt dem Vorschlag zu", heißt es lapidar in der Erwiderung aus Berlin zu diesem Plädoyer für einen neuen Einschnitt in die Bürgerrechte. Im weiteren Verlauf des Gesetzgebungsverfahrens muss sich der Bundestag nun mit dem Drängen auf eine weitere Ausdehnung der "vorsorglichen" und verdachtsunabhängigen Überwachung der Internetnutzer beschäftigen.

Die Bundesregierung hatte in ihrem Entwurf zunächst festgeschrieben, dass die Anbieter von Tele- und Mediendiensten "für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum" zur Herausgabe von Bestands- und Nutzungsdaten verpflichtet werden sollen. Dies ging den Ländern nicht weit genug, da auf Internetplattformen auch "Anleitungen zum Bau von Sprengsätzen, Blankoformulare für Dienstausweise der Polizei oder Zugangsberechtigungen für einen bestimmten Flughafen angeboten werden" könnten und dagegen im Vorfeld eingeschritten werden müsse. Die Anregung passt zum Konzept von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, im Kampf gegen den Terrorismus die anlassunabhängige Überwachung der Internetnutzer durch Polizeibehörden und Geheimdienste mit viel Geld auszubauen.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hatte bereits den Kabinettsbeschluss scharf kritisiert und davor gewarnt, dass die darin getroffenen Regelungen der Totalüberwachung der Bevölkerung Tür und Tor öffnen sowie das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung untergraben würden. Inzwischen hat sich angesichts der erweiterten Forderungen der Länder auch die Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung (GDD) zu Wort gemeldet. "Folgte der Gesetzgeber der Begründung des Bundesrates, würde ein folgenschwerer Schritt in die falsche Richtung unternommen", heißt es in einer Stellungnahme des Vereins. Insbesondere würde der von der Bundesregierung angestrebten Neukonzeption "eines harmonischen Gesamtsystems der staatlichen Überwachungsbefugnisse in kontraproduktiver Weise" vorgegriffen.

Konkret verweist die GDD darauf, dass die Bundesregierung in der Begründung ihres TMG-Entwurfs selbst noch darauf hingewiesen habe, dass etwaige Befugnisse zur Auskunftserteilung zum Zwecke der Gefahrenabwehr gegebenenfalls im Rahmen der jeweiligen spezialgesetzlichen Ermächtigungsgrundlagen normenklar zu regeln seien. Insofern weist die Datenschutzvereinigung der Wirtschaft daraufhin hin, dass das Bundesverfassungsgericht in zwei jüngeren Entscheidungen der Vertraulichkeit der Kommunikation beziehungsweise dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung den Vorrang vor präventiven Maßnahmen des Staates zur Gewährleistung der inneren Sicherheit gegeben habe. Dabei seien die Verfassungsrichter auf die besondere Intensität von technikbasierten, verdachtlosen Grundrechtseingriffen mit großer Streubreite eingegangen.

Mit dem Vorschlag werde zudem die unterschiedliche Eingriffsintensität von Zugriffen auf Bestandsdaten einerseits und Nutzungsdaten andererseits verkannt, beklagt die GDD weiter. Ein Zugriff auf Bestandsdaten wie Name oder Anschrift eines Surfers sei – solange er nicht in Verbindung mit einem konkreten Telekommunikationsvorgang stehe – weniger intensiv als der Zugriff auf Daten der Internetnutzung. Diese gäben Aufschluss über das "Surf-Verhalten" und unterlägen deswegen strengeren Eingriffsvoraussetzungen beziehungsweise im Regelfall einer richterlichen Anordnung.

Für unzutreffend hält die GDD auch die Ansicht des Bundesrats, dass mit dem Rückgriff auf die Bestands- und Nutzungsdaten kein Eingriff ins Fernmeldegeheimnis verbunden sei. Das Grundgesetz gewährleiste in Artikel 10 die freie Entfaltung der Persönlichkeit durch einen privaten, vor der Öffentlichkeit verborgenen Austausch von Kommunikation. Um diesen Grundrechtsschutz effektiv zu gewährleisten, müsse sich dieser auch nach Ende der Kommunikation dort fortsetzen, "wo kommunikationsbezogene Informationen in irgendeiner Form gespeichert oder auf sonstige Weise verarbeitet werden." Dies beziehe sich etwa auf Daten, die in einem elektronischen Postfach eines Anbieters gespeichert seien.

Ablehnend steht die Bundesregierung derweil der Forderung der Länder nach einer Klarstellung gegenüber, wonach die Abgabe der Informationen tatsächlich in jedem Fall verpflichtend sein müsse. Bisher heißt es im TMG-Entwurf, dass der Diensteanbieter Auskunft über Bestands- und Nutzungsdaten erteilen "darf". Dies vermittelt laut der Gegenäußerung aber "keineswegs den unzutreffenden Eindruck, dass es im Ermessen des Diensteanbieters liegt, ob er einem Auskunftsersuchen der Sicherheitsbehörden Folge leisten will oder nicht". Die eigentlichen Auskunftsverpflichtungen ergäben sich nicht aus dem Telemediengesetz, sondern aus den jeweiligen in Spezialgesetzen geregelten Befugnissen der Behörden. In großer Breite lässt sich die Bundesregierung zudem zu den Vorschlägen der Länder zu einer Verschärfung der Anti-Spam-Regelungen im TMG aus. Hier hält sie jedoch ihre geplanten Vorschriften für ausreichend: Der Entwurf sieht lediglich Bußgelder von bis zu 50.000 Euro für das Verschicken von E-Mails mit gefälschtem Absender oder irreführender Betreffzeile vor. Die Bundesregierung will die Lage beim Spam aber weiter beobachten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Zypries stellt Entwurf zur Neuregelung der TK-Überwachung vor
Beitrag von: SiLæncer am 08 November, 2006, 15:35
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat am heutigen Mittwoch in Berlin einen Referentenentwurf vorgestellt, mit dem die Vorschriften zur Telekommunikationsüberwachung neu geordnet werden sollen. Mit dem Vorhaben will die SPD-Politikerin etwa den vom Bundesverfassungsgericht geforderten Schutz des Kernbereichs der Intimsphäre bei verdeckten Observationen gewährleisten, die Benachrichtigung der Betroffenen verbessern und die heftig umstrittenen EU-Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten umsetzen. Es gehe insgesamt darum, gemäß der Vereinbarung im Koalitionsvertrag eine "harmonische Gesamtregelung" der Telekommunikationsüberwachung zu schaffen, erläuterte Zypries. Ihrer Ansicht nach wird mit ihrem Entwurf der Rechtsschutz bei Ermittlungsmaßnahmen rund um die Telekommunikation "erheblich verbessert".

Beim Vorschlag zur Implementierung der Brüsseler Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung hat sich das Justizministerium laut Zypries "voll an die Maßgaben der Beschlüsse des Bundestags gehalten". Damit sei der "niedrigste Level" aus der Direktive gewählt worden. So würden "die wenigsten Datenarten" für eine Frist von sechs Monaten erfasst. Diese dürften zudem nur zu "repressiven" Zwecken dienen, also allein zur Strafverfolgung und nicht auch zur präventiven Bekämpfung von Kriminalität. Datenschützer sehen dagegen allein in der Tatsache der verdachtsunabhängigen Aufbewahrung umfangreicher Verbindungs- und Standortdaten und der damit theoretisch ermöglichten Profilbildung eine Umkehr der Unschuldsvermutung und eine Abkehr von rechtsstaatlichen Prinzipien.

Zypries versicherte entgegen dieser Befürchtungen, dass Sicherheitsbehörden nur bei richterlicher Anordnung auf die Daten zugreifen dürften und die elektronischen Spuren der Nutzer beim Provider verbleiben würden. "98 Prozent aller Bürger sind nach wie vor bei der Telekom", führte die SPD-Politikerin aus. "Die speichert ihre Daten schon heute und wir können darauf zugreifen. Wir stellen nur sicher, dass sie dann sechs Monate da sind." Bisher speichern Telefonanbieter die so genannten Verkehrsdaten knapp drei Monate, Internetprovider dagegen gerade bei der Flatratenutzung allerdings teilweise überhaupt nicht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat gerade einen Einspruch gegen Urteile niederer Instanzen abgelehnt, woraufhin T-Online aufgrund der bestehenden Rechtslage Verbindungsdaten entgegen der bisherigen Praxis nicht aufbewahren darf. Nun werde die entsprechende Rechtsgrundlage aber auch bei Flatrates geschaffen, betonte Zypries. Die "Bemängelung" vom BGH werde damit "hinfällig". Generell seien die Daten zur Aufklärung auch terroristischer Delikte erforderlich und ihre Speicherung unter Gesichtspunkten der Verhältnismäßigkeit vertretbar.

Der Entwurf aus dem Justizministerium hält aber gemäß dem Beschluss des Bundestags daran fest, die Sicherheitsbehörden auch bei "mittels Telekommunikation begangener Straftaten" in den Datenbergen schürfen zu lassen. Die EU-Richtlinie sieht einen Zugriff zunächst nur bei "schweren Straftaten" vor. Ein Gutachten des Wissenschaftlichen Dienstes hatte zudem schwere Bedenken erhoben, ob die Brüsseler Vorgaben überhaupt grundrechtskonform umzusetzen sind. "Wir können das", tat Zypries entsprechende Einwände ab. Ein Referent ihres Hauses versicherte zudem, dass man der Auffassung sei, dem Grundgesetz mit dem Vorschlag Genüge zu tun.

Allgemein will Zypries mit dem Entwurf der vielfach kritisierten ungebremsten Zunahme der Telekommunikationsüberwachung Einhalt gebieten. Das Abhören von Telefonaten sei zwar weiter "als eine mögliche Ermittlungsmaßnahme" zu ermöglichen. "Wir müssen gleichzeitig aber die Freiheitsrechte der Bürger bestmöglichst schützen", erklärte die Ministerin. Mit dem Entwurf wird so zum einen der Katalog der Straftaten, bei dem ein "kleiner Lauschangriff" durchgeführt werden kann, neu gefasst. Künftig darf demnach nur noch bei Ermittlungen rund um Delikte abgehört werden, bei denen das Höchststrafmaß bei über fünf Jahren liegt. Neu aufgenommen werden sollen etwa schwere Straftaten der Wirtschaftskriminalität wie Korruptionsdelikte, gewerbs- oder bandenmäßiger Betrug oder Urkundenfälschung oder schwere Steuerdelikte. Zudem wird die Telefonüberwachung den Vorstellungen des Justizministeriums nach bei der Aufklärung aller Verbrechen nach dem Völkerstrafgesetzbuch, bei Menschenhandelsdelikten sowie bei jeder Form der Verbreitung von Kinderpornographie möglich sein.

Mit der Übernahme des Schutzes des Kernbereichs privater Lebensgestaltung aus den Anforderungen zum großen Lauschangriff kommt Zypries zudem trotz zuvor geäußerter Bedenken Forderungen von Datenschützern entgegen. Immer dann, wenn Informationen aus dem intimsten Privatbereich abgehört werden, sollen diese künftig auch beim kleinen Lauschangriff sofort gelöscht werden. Wenn die Ermittler wissen, dass solche sehr privaten Daten anfallen, dürfte eine Abhörmaßnahme ferner gar nicht gestartet werden. Weiter soll generell bei der Telekommunikationsüberwachung ein verschärfter Richtervorbehalt gelten. "Bei allen Maßnahmen muss künftig der Richter am Sitz der Staatsanwaltschaft entscheiden, die das Verfahren leitet", erläuterte Zypries. So solle eine "gewisse Sachkompetenz" anhand von Vergleichsmodi aufgebaut werden.

Das Abhören bestimmter Berufsgruppen will die Ministerin ausschließen, wenn diese als Zeugen oder Nachrichtenübermittler betroffen sein könnten. Dabei sieht ihr Entwurf zwei Kategorien bei den so genannten Berufsgeheimnisträgern vor: Zum einen Seelsorger, Strafverteidiger und Abgeordnete, die mit einem umfassenden Verwertungsverbot ganz besonders geschützt werden sollen. Diese Gruppe sei vom Bundesverfassungsgericht in den engeren Kreis schützenswerter Personen übernommen oder ausdrücklich im Grundgesetz erwähnt worden, so Zypries. Bei Ärzten, Rechtsanwälten, Journalisten sowie weiteren Geheimnisträger sei ferner nur noch "bei ganz sorgfältiger Entscheidung im Einzelfall abzuhören". Der nachträgliche Rechtsschutz soll zudem verbessert werden, indem bei allen verdeckten Ermittlungsmaßnahmen Benachrichtigungspflichten eingeführt und spezifisch konkretisiert werden. Bislang sind diese etwa beim Einsatz des IMSI-Catchers nicht vorhanden gewesen. Gerichte sollen die Einhaltung der Informationspflichten zudem kontrollieren. Betroffene können dem Entwurf nach auch ohne verfahrensrechtliche Hürden gegen Observationen klagen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Scharfe Kritik an Plänen des Justizministeriums zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 09 November, 2006, 13:44
Das von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries am gestrigen Mittwoch vorgestellte umfangreiche Vorhaben zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung wird von Bürgerrechtlern und Grünen abgelehnt. Auch FDP-Politiker zeigen sich skeptisch. Auf Widerstand stößt vor allem die angestrebte Umsetzung der EU-Vorgaben zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten. Mit dem Referentenentwurf wolle die SPD-Ministerin "die langfristige Protokollierung von Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetdaten durchsetzen, obwohl anhängige Gerichtsverfahren voraussichtlich deren Verfassungswidrigkeit ergeben werden", protestiert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Damit nimmt Frau Zypries einen Verfassungsbruch bewusst in Kauf", gibt Patrick Breyer von dem Verbund von Bürgerrechtsorganisationen zu bedenken.

Die Justizministerin hatte nach dem Entscheid des Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Fluggastdatenübermittlung eingeräumt, dass auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auf der Kippe stehe. Sie befürchtete, dass der EuGH erneut eine rechtliche Grundlage für eine solche letztlich von der EU-Kommission vorangetriebenen Maßnahme zur Sicherheitspolitik vermissen würde. Gegen den beschrittenen Weg zur "Harmonisierung des Binnenmarktes" bei der pauschalen Überwachung der Nutzer über eine Richtlinie hat Irland vor dem EuGH geklagt. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits etwa in seinem Beschluss zur Rasterfahndung entschieden, dass ein systematisches Ansammeln sensibler Daten ohne konkreten Verdacht verfassungswidrig ist.

Datenschützer forderten daher zumindest ein Moratorium bei der Implementierung der Brüsseler Vorgaben zur Datenjagd bei den Providern. Breyer kritisierte nun, dass "die heimliche Innenministerin ihr Lieblingsprojekt unbeirrt" vorantreibe, obwohl selbst ein wissenschaftliches Gutachten des Bundestags die Zulässigkeit der pauschalen Nutzerüberwachung bezweifelt. Dabei schrecke die SPD-Politikerin auch vor "falschen Behauptungen" nicht zurück. Von einer Umsetzung der Richtlinie auf "niedrigstem Level" könne keine Rede sein, da im Gegensatz zu den Vorgaben jeder Verdacht einer am Telefon oder im Internet begangenen Straftat eine Datenabfrage rechtfertigen soll. Ferner dürften bislang nur Abrechnungsdaten gespeichert werden. Diese müssten auf Wunsch monatlich gelöscht werden – anstatt erst nach einem halben Jahr, wie von Zypries geplant. Die meisten Daten auf der Wunschliste der Ministerin dürften bislang überhaupt nicht gespeichert werden, etwa Positionsdaten von Handys oder Verbindungsdaten zum Surfen im Internet oder zum E-Mail-Versand.

"Wir werden uns diese obrigkeitsstaatliche Frechheit, alle Bürger unter Generalverdacht zu stellen, nicht gefallen lassen", kündigte Ralf Bendrath vom Netzwerk Neue Medien an. Besorgte Bürger können bereits auf einem speziellen Internet-Portal ihren Protest an alle Abgeordneten der großen Koalition schicken. Zudem bereiten Bendrath zufolge Bürgerrechtsgruppen eine Sammel-Verfassungsbeschwerde vor für den Fall vor, dass das Gesetz in Kraft tritt.

Entschieden verurteilen auch Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, und Hans-Christian Ströbele, stellvertretender Grünen-Fraktionsvorsitzender, die Initiative, "die verfassungswidrige und bürgerrechtsfeindliche Vorratsdatenspeicherung nunmehr in das nationale Recht umzusetzen". Der Vorschlag zur Reform der Telekommunikationsüberwachung sei generell enttäuschend. Er bleibe hinter Reformideen aus rot-grüner Zeit zurück. Dies werde etwa daran deutlich, dass die Koalition nicht den Mut aufbringe, vom Straftatenkatalog Abstand zu nehmen. Damit sei weiterhin Streit über die Begehrlichkeiten der Aufnahme weiterer Tatbestände vorprogrammiert. Auch der Schutz der Berufsgeheimnisträger bleibe "löchrig". Die Grünen haben einen eigenen Gesetzentwurf vorgelegt. Diesen lehnt Zypries jedoch unter anderem mit dem Argument ab, dass sich dadurch die "Möglichkeit zur Telefonüberwachung auf 300 weitere Delikte erstrecken" würde.

Besonders kritisch sieht auch die FDP die geplante Vorratsdatenspeicherung. "Es ist fraglich, ob die Richtlinie eine verfassungskonforme Umsetzung tatsächlich zulässt", konstatiert der parlamentarische Geschäftsführer der Liberalen im Bundestag, Jörg van Essen. Bevor Zypries erneut eine Niederlage vor dem Bundesverfassungsgericht erleide, wäre es ratsamer, wenn sie die deutsche EU-Ratspräsidentschaft im kommenden Halbjahr für eine Neuverhandlung der Direktive nutzten würde. Der FDP-Innenexpertin Gisela Piltz fehlt der Glaube, dass die Ministerin ihre Bestrebungen zur Einschränkung der Telefonüberwachung durchsetzen kann.

Der Branchenverband Bitkom begrüßte derweil, dass der Gesetzentwurf keine strengeren Speicherpflichten vorsieht als die EU-Richtlinie. Der Bundestag habe die Regierung aber aufgefordert, die Unternehmen für ihre Hilfssheriffstätigkeiten zu entschädigen. Eine entsprechende Regelung stehe leider immer noch aus.

Mit aufgenommen hat Zypries in ihr Potpourri das Ansinnen, die verfahrensrechtlichen Vorgaben des umstrittenen Cybercrime-Übereinkommens des Europarats umzusetzen. So will sie bei den bestehenden Regelungen über die Durchsuchung klarstellen, dass diese sich auch auf vorgefundene Computer und mit diesen verbundene "Speichermedien" wie externe Server, zu denen der Besitzer des Computers zugangsberechtigt ist, erstrecken darf. Eine deutlich weiter gehende Änderung des Computerstrafrechts hat die Bundesregierung bereits verabschiedet. Der Bundesrat haute ihr diese Vorlage aber jüngst regelrecht um die Ohren.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesdatenschutzbeauftragter fordert Reform der TK-Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 15 November, 2006, 10:03
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sprach sich heute auf dem siebten Symposium "Datenschutz bei der Telekommunikation und im Internet" in Bad Godesberg für die von der bündnisgrünen Bundestagsfraktion betriebene Reform der Telekommunikationsüberwachung aus. Insbesondere erwähnte Schaar den geforderten Verzicht auf einen Straftatenkatalog, der durch Kriterien wie einer bestimmten gesetzlichen Mindeststrafe ersetzt werden könnte. Er betonte, dass grundrechtsicherende Verfahrenssicherungen gestärkt werden sollten. Schaar: "Es muss sicher gestellt sein, dass grundsätzlich ein Richter über die Anordnung entscheidet. Die gewonnenen Erkenntnisse müssen einer strengen Zweckbindung unterliegen." Vor allem aber sollten die Benachrichtigungspflichten den Betroffenen einen umfassenden nachträglichen Rechtsschutz gewährleisten.

Das Bundesverfassungsgericht hat in seinen Entscheidungen zur akustischen Wohnraumüberwachung im März 2004 und zur Telekommunikationsüberwachung vom Juli 2005 den Schutz eines Kernbereichs privater Lebensgestaltung bestätigt. Schaar stellte in Frage, ob dieser "Kernbereichsschutz mit im Wesentlichen gleicher Intensität nicht nur in der Wohnung, sondern auch außerhalb gelten muss". Bundesjustizministern Brigitte Zypries hat mittlerweile einen Gesetzentwurf vorgelegt, mit dem sie ihrer Ansicht nach den Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts genügt, der aber bereits auf einige Kritik stieß.

Kritisch äußerte sich der Bundesdatenschutzbeauftragte über die Entwicklung seit den Terroranschlägen vom 11. September 2001. Er stellte fest, dass "sich in den letzten Jahren praktisch alle demokratischen Staaten in Richtung Überwachungsgesellschaften verändert haben". Angesichts einer Vielzahl verschärfender Maßnahmen, angefangen von der Vorratsdatenspeicherung über den Zugriff auf Unternehmensdatenbestände bis hin zum Einsatz automatisierter Überwachungsverfahren werde das Vertrauen in den Menschen und in sein verantwortliches Handeln gefährdet.

Schaar meinte: "Es genügt nicht einzelne Maßnahmen zu betrachten, sondern den Blick auf das Gesamtgleichgewicht zwischen Sicherheitsgewähr und Freiheitsrechten zu wahren, das irgendwann nicht mehr gegeben sein kann." Die jeweiligen Regelungen dürften nicht isoliert, sondern müssten in ihrem technischen, gesellschaftlichen und rechtlichen Umfeld bewertet werden. "Wir brauchen gewissermaßen eine Gesamtbilanz paralleler, teils kumulierender und sich möglicherweise potenzierender Beschränkungen des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung." In diesem Sinne begrüßte er die in einigen Gesetzen vorgesehen Befristung und Evaluation neuer Befugnisse.

Quelle : www.heise.de
Titel: E-Mail-Konto nur noch gegen Personalausweis
Beitrag von: SiLæncer am 15 November, 2006, 13:01
Der inzwischen verfügbare Referentenentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung aus dem Bundesjustizministerium fordert eine Identifizierungspflicht von E-Mail-Nutzern und eine Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten bei Anonymisierungsservern. Auch "wer einen Anomymisierungsdienst betreibt und hierbei die Ausgangskennung des Telekommunikationsnutzers durch eine andere ersetzt", betreibe einen Telekommunikationsdienst für die Öffentlichkeit und unterliege damit den gleichzeitig vorgeschlagenen Verpflichtungen zur verdachtsunabhängigen Speicherung von Verbindungsdaten für sechs Monate. Und die Anbieter von E-Mail-Konten müssen nach dem Entwurf Kundendaten erheben und ihre Nutzer so eindeutig identifizieren. Die rasche Eröffnung eines Accounts ohne Vorlage eines Personalausweises bei einem deutschen Webmail-Dienst dürfte damit passé sein.

Darüber hinaus öffnet der Entwuf eine Hintertür zur Protokollierungspflicht von erfolglosen oder unbeantwortet bleibenden Anrufen sowie die Möglichkeit der Abfrage von Verbindungs- und Standortdaten "in Echtzeit". Die "zur Erfüllung der Speicherungspflichten erforderlichen Investitionen" und gegebenenfalls gesteigerten Betriebskosten bei Providern tut das Papier als Peanuts ab und erwartet kaum Auswirkungen auf die Verbraucherpreise. Den Aufwand der betroffenen Unternehmen für das Beantworten von Verkehrsdatenabfragen will das Ministerium mit den niedrigen Sätzen zur Entschädigung von Zeugenaussagen abgegolten wissen.

Insgesamt geht der Entwurf davon aus, dass trotz gravierender Grundrechtseingriffe vor allem durch die geplante verdachtslose sechsmonatige Speicherung von "Verkehrsdaten" nicht ins Blaue hinein überwacht werde und das öffentliche Interesse "der Gewährleistung einer wirksamen Strafverfolgung" überwiege. Für den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und sieben weitere Bürgerrechtsorganisation sind die Pläne dagegen ein weiteres Anzeichen dafür, dass die von Justizministerin Brigitte Zypries vorangetriebene "Totalspeicherung der Telekommunikation der gesamten Bevölkerung vollkommen unverhältnismäßig" sei. Mit einer Videobotschaft an Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert er einen Stopp der Umsetzung der EU-Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Jürgen am 16 November, 2006, 00:47
...dann würden natürlich einfach wieder vermehrt Mail-Dienste im Ausland genutzt.
Ein Mail-Server ist sowieso schnell aufgebaut...

Somit würde derlei Blödsinn nur (wieder 'mal) den einheimischen Betreibern schaden bzw. sie zum Abwandern in's Ausland bewegen.

Wo lassen unsere horrend überbezahlten Staats- und EU-Bonzen eigentlich denken  >:(
Titel: Nutzerlobby gegen Lizenz zur "Dauerüberwachung" im Internet
Beitrag von: SiLæncer am 16 November, 2006, 18:55
Elf zivilgesellschaftliche Organisationen fordern umfassende Änderungen am geplanten Telemediengesetz (TMG), um die Netzbürger vor Werbemüll, Datenklau und übermäßiger Staatskontrolle zu schützen. Laut einer 60-seitigen Stellungnahme (PDF-Datei) mit konkreten Vorschlägen zur Verbesserung des Regierungsentwurfs für das volksnah betitelte "Elektronischer-Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz" (ElGVG), das die Regulierung neuer Mediendienste vereinheitlichen und ein besseres Zusammenspiel mit dem 9. Rundfunkänderungsstaatsvertrag der Länder erreichen will, soll der Gesetzgeber die Sammlung und Aufzeichnung von Daten im Internet auf ein Mindestmaß beschränken. In der konsequenten Datenvermeidung sieht der Zusammenschluss, dem unter anderem der Bundesverband der Verbraucherzentalen, die Deutsche Vereinigung für Datenschutz, die Initiative STOP1984, der FoeBuD oder die Humanistische Union angehören, "den besten Schutz vor Datendiebstahl und Datenmissbrauch".

Verbraucher erwarten laut dem Papier, "dass sie im virtuellen Leben ebenso anonym und überwachungsfrei handeln können wie im wirklichen Leben." Die Gruppierungen machen sich daher erneut insbesondere für die Ausformulierung eines gesonderten "Telemediennutzungsgeheimnisses" analog zum Fernmeldegeheimnis stark. Die sensiblen Bestandsdaten wie Name, Anschrift oder persönliche Nutzerkennungen sollen damit einem besonderen Schutz unterstellt werden. Zur Begründung heißt es, dass schon Informationen, welche Telemediendienste eine Person in Anspruch nimmt, "weitreichende Rückschlüsse auf politische, finanzielle, sexuelle, weltanschauliche, religiöse oder sonstige persönliche Interessen und Neigungen zulassen".

Der momentan vom Bundestag beratene Regierungsentwurf sieht "noch erhebliche Absenkungen des bestehenden Datenschutzniveaus vor", warnt der Jurist Patrick Breyer zur Unterstützung der gemeinsamen Position der Verbraucher- und Datenschutzorganisationen. "Die Parlamentarier müssen hier mutig gegensteuern und die Anhäufung privater Informationen durch Betreiber von Websites unterbinden." In einer Informationsgesellschaft seien die persönlichen Daten, "die wir dem Internet anvertrauen, Schlüssel zu unserem Privatleben." Internetunternehmen sollten diese Informationen nicht "endlos horten und dem Zugriff von Datendieben und Betrügern, aber auch der Schnüffelei von Behörden aussetzen dürfen." Die dringliche Notwendigkeit zum Handeln habe etwa die Veröffentlichung der Sucheingaben von 600.000 Menschen durch AOL ins öffentliche Bewusstsein gerückt.

Konkret wendet sich die Stellungnahme etwa gegen eine Klausel im TMG-Entwurf, wonach die Anbieter von Tele- und Mediendiensten "für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum" zur Herausgabe von Bestands- und Nutzungsdaten verpflichtet werden sollen. Damit würde die "grundrechtliche Erfordernis" einer spezifischen "Ermächtigungsgrundlage" für entsprechende staatliche Auskunftsanspruche ausgehebelt, moniert das Papier. Dessen Änderungsvorschlag sieht daher vor, dass nur anhand des zur Telefonüberwachung berechtigenden Straftatenkatalogs gerichtlich angeordnet werden kann, dass Diensteanbieter Auskunft über die genannten Datentypen zu erteilen haben. Eine Aufnahme der Nachrichtendienste in den Kreis der "berechtigten Stellen" sei abzulehnen, da diese bereits eigene Befugnisse hätten.

"Vollends undurchdacht" sei die beabsichtige Zulassung von Auskünften bei Urheber-, Patent- oder Markenrechtsverletzungen. Die geplante "Blankoermächtigung" würde die besonderen Voraussetzungen der speziellen Vorschrift zu zivilrechtlichen Auskunftsansprüchen, an der das Bundesjustizministerium gerade arbeitet, aushebeln. In der Praxis wende sie sich zudem an Zugangsprovider, nicht an die Anbieter von Telemediendiensten. Die vom Bundesrat geforderte und von der Bundesregierung bereits befürwortete zusätzliche Auskunftsregelung für die "vorbeugende Bekämpfung von Straftaten" und die Gefahrenabwehr kritisiert die Stellungnahme ebenfalls scharf. Auch hier fehle die erforderliche "bereichsspezifische Ermächtigungsgrundlage".

Zu den weiteren der zahlreichen korrekturbedürftigen Punkte, die das Papier detailliert anspricht, gehört etwa eine klare Festschreibung des Rechts auf Anonymität auch im Internet, der bessere Schutz der Meinungsfreiheit im Internet durch entschlackte Haftungsregeln und die Erfordernis einer gerichtlichen Anordnung zur Entfernung oder Sperrung von Informationen im Web, Klarstellungen bei der vorgesehenen Impressumspflicht für private Website-Anbieter oder ein Verbot des Ausspionierens der Nutzer durch "Spyware" oder "Web-Bugs". Eingeschränkt wissen will das Dokument zudem die Möglichkeit zum Erlass von Sperrungsverfügungen; sie sollen sich nur auf inländische Inhalteanbieter beziehen können. Für die Erstellung von Nutzerprofilen soll eine Einwilligung der Betroffenen erforderlich sein.

Quelle : www.heise.de
Titel: Massenklage gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 30 November, 2006, 14:47
Mehr als 6000 Bürger wollen bislang in Karlsruhe Verfassungsbeschwerde gegen die geplante Speicherung ihrer Telekommunikationsdaten auf Vorrat einlegen. Dies teilte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung heute in Berlin mit.

Verstoß gegen Grundrecht

Der bundesweite Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern fordert, das Gesetzesvorhaben zumindest solange auszusetzen, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) über eine Klage gegen die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung entschieden hat. Die Kläger sehen in der verdachtslosen Speicherung ihrer Daten einen Verstoß gegen das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung.

Anonymität soll verboten werden

Nach dem unlängst von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgelegten Gesetzentwurf zur Umsetzung der Richtlinie sollen alle Verbindungsdaten des Telefon-, Handy- und E-Mail-Verkehrs für jeweils sechs Monate gespeichert werden, um diese Daten bei Bedarf für Fahndungszwecke nutzen zu können. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Anonyme E-Mail-Konten und Anonymisierungsdienste sollen verboten werden. Die ersten Datenspeicherungen sind bereits für das kommende Jahr geplant.

Mit Hilfe der gespeicherten Daten können Bewegungsprofile erstellt, geschäftliche Kontakte rekonstruiert und Freundschaftsbeziehungen identifiziert werden. Der Arbeitskreis verwies auf einen Bericht des Bundeskriminalamts (BKA) vom November 2005, wonach im Jahr zuvor nur 381 Straftaten wegen fehlender Telekommunikationsdaten nicht aufgeklärt werden konnten. Dabei handelte es sich vor allem um Internetbetrug, Austausch von Kinderpornografie und Diebstahl.

Quelle : www.onlinekosten.de
Titel: Erhebliche Bedenken gegen geplantes Telemediengesetz
Beitrag von: SiLæncer am 11 Dezember, 2006, 20:19
Experten haben bei einer Anhörung im Wirtschaftsausschuss des Bundestags zum geplanten Telemediengesetz (TMG) erhebliche Nachbesserungen bei den vorgeschlagenen Regelungen zur Spam-Bekämpfung, zur Haftung von Providern und zum Datenschutz gefordert. Sachverständige monierten zudem, dass es in dem Gesetzesentwurf Abgrenzungsprobleme zwischen Rundfunk, Telekommunikation und der neu zu schaffenden Kategorie der Telemedien gebe und Internet-Dienste zu streng reguliert werden könnten. Die große Koalition plant trotz der scharfen Kritik, das Gesetz bereits im Januar zu verabschieden. Die angemahnten Änderungen sollen gegebenenfalls erst im Rahmen einer schon kurz darauf erfolgenden ersten Novelle berücksichtigt werden, ließen Abgeordnete von Schwarz-Rot durchblicken. Der Medienexperte der FDP-Bundestagsfraktion, Hans-Joachim Otto, verlangte dagegen, die erforderlichen Reparaturen "vor dem Start" zu erledigen.

Die Bundesregierung will mit ihrem Vorstoß für ein "Elektronischer- Geschäftsverkehr-Vereinheitlichungsgesetz" (ElGVG), dessen Kernstück das TMG bilden soll, die Vorschriften für Tele- und Mediendienste vereinheitlichen. Außerdem soll die Möglichkeit geschaffen werden, mit einem Bußgeld von bis zu 50.000 Euro gegen Spammer vorzugehen. Die Vertreter vom Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT) und vom Deutschen Kabelverband waren sich aber einig, dass die Definitionen zu den zu erfassenden Diensten unscharf seien und sich Graubereiche etwa zum Rundfunkänderungs-Staatsvertrag ergeben würden. "Wir brauchen einen Anker, um zu sehen, was Rundfunk ist und was nicht", hieß es beim VPRT. Beim Kabelverband sieht man konkret die Gefahr, dass zeitversetzte Programmschaltungen wie "Near Video on Demand" der auflagenreichen Rundfunkregulierung unterliegen könnten. Der Münsteraner Medienrechtler Bernd Holznagel rief dazu auf, schon die Diskussion über die kurz vor der Verabschiedung stehende Novelle der EU-Fernsehrichtlinie einzubeziehen. Damit wird eine neue Kategorie der audiovisuellen Mediendienste eingeführt und diese nach linearen und nicht-linearen Angeboten unterschieden.

Am meisten drücke der Schuh bei den Haftungsregeln für Provider, betonte Volker Kitz vom Branchenverband Bitkom. Durch die Rechtsprechung zu Unterlassungserklärungen sei eine vorauseilende Überwachungspflicht etwa für Betreiber von Webforen oder Online-Auktionen installiert und die gesetzlich eigentlich vorgesehene Haftungsfreistellung für Inhalte Dritter aufgeweicht worden. Kein Anbieter könne " Millionen" Veröffentlichungen seiner Nutzer überwachen. Es müsse im Gesetz klargestellt werden, dass Unterlassungsverpflichtungen nicht auf die Zukunft gerichtet sein dürfen. Zudem sollte ein "Melde- und Beseitigungsverfahren" eingeführt werden. Dabei habe ein Rechteinhaber vor dem Einschreiten des Providers etwa per eidesstattlicher Versicherung bekannt zu geben, dass seine Rechte verletzt worden sind. Auch Oliver Süme vom Verband der deutschen Internet-Wirtschaft eco warb hier für Verdeutlichungen. Es müsse ferner eine Klausel ins Gesetz aufgenommen werden, dass die Privilegien auch für Suchmaschinenanbieter gelten.

Weit auseinander gingen die Meinungen bei der Spam-Regelung. Das hinter dem Werbemüll stehende "Geschäftsmodell" sei mit dem bisherigen Instrument der Unterlassungsklage nicht in den Griff zu bekommen, erklärte Patrick von Braunmühl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv). Dabei seien oft jahrelange Prozesse zu führen, bevor ein Ordnungsgeld erlassen werden könne. Insgesamt sei Deutschland angesichts geringer Strafen und Sanktionen ein "Entwicklungsland" bei der Spammer-Verfolgung in Europa. Von Braunmühl machte sich daher für einen generellen Bußgeldtatbestand beim Versenden unerwünscher Werbemails stark. Das werde zwar nicht alle Probleme lösen, aber den wirtschaftlichen Anreiz zum Spamming reduzieren. Als Aufsichtsbehörde käme die Bundesnetzagentur in Frage.

Von der im TMG vorgeschlagenen "Schaffung einer weiteren rechtlichen Regelung" gegen Spammer hält Süme dagegen wenig. Die "wahnsinnige Beschwerdeflut" könne nicht von einer staatlichen Stelle überprüft werden. Die internationale Kooperation beim Verfolgen der Massen-Mailer sei wichtiger als ein Ordnungswidrigkeitstatbestand. Zudem gebe es "Abgrenzungsschwierigkeiten für seriöse Betreiber". So öffne das im Entwurf aufgeführte Verschleiern einer Betreffzeile einen großen Interpretationsspielraum. Auch bei der Einwilligung eines "Opfers" könnte so eine Aufsichtsbehörde versehentlich tätig werden. Jan Moenikes von der Initiative Europäischer Netzbetreiber gab zu bedenken, dass ein "Straftatbestand im internationalen Raum" fehle und daher gegenwärtig keine Rechtshilfeersuchen etwa gegen Anbieter in der Karibik durch zu bekommen seien.

Nicht vergessen werden dürfe, dass die Nutzer von dem Gesetz "am stärksten betroffen sind", machte der Jurist Patrick Breyer auf Mängel bei den datenschutzrechtlichen Vorgaben aufmerksam. Es müssten Vorkehrungen gegen die Praxis vieler Web-Anbieter getroffen werden, das Surferverhalten mit "jedem Klick, jeder Suchanfrage" umfassend zu protokollieren und über Jahre hinaus zu speichern. Für die Erlaubnis zur Profilerstellung bei der Verwendung von Pseudonymen sollte eine bewusste Einwilligung erforderlich sein; Anmeldungen für Web-Dienste dürften in vielen Fällen nicht mit einem Zwang zur Datenabgabe oder dem Bezug von Newslettern gekoppelt werden.

Die weite Auskunftsregelung im TMG-Entwurf, wonach die Anbieter von Tele- und Mediendiensten "für Zwecke der Strafverfolgung, zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben der Verfassungsschutzbehörden des Bundes und der Länder, des Bundesnachrichtendienstes oder des Militärischen Abschirmdienstes oder zur Durchsetzung der Rechte am geistigen Eigentum" zur Herausgabe von Bestands- und Nutzungsdaten verpflichtet werden sollen, ist laut Breyer "überflüssig", angesichts dafür bereits bestehender anderer Gesetze. Das Konstrukt sei überdies gefährlich, da keine Voraussetzungen für die Datenerhebung formuliert würden.

Auch Johann Bizer vom Unabhängigen Landeszentrum für Datenschutz Schleswig Holstein sprach angesichts der "Öffnungsklausel" von einem "großen Wermutstropfen". Wer so "weite Scheunentore" aufstoße, müsse als Gegengewicht zumindest eine Statistikpflicht über die abgefragten Informationen mit einführen. Verwunderlich sei zudem, dass "ein privater Auskunftsanspruch ohne Verfahrensregelung in einem Atemzug mit dem Verfassungsschutz genannt wird". "Maßlos geärgert" hat Bizer, "mit welcher Nonchalance" die Bundesregierung einem Begehren des Bundesrats zugestimmt hat, wonach die Überwachungsbestimmungen auch für die "vorbeugende Bekämpfung von Straftaten" gelten sollen. Damit würde eine "reine Wünsch-mir-was-Liste" von Sicherheitsbehörden übernommen. Generell ungelöst bleibe die Vereinheitlichung des Datenschutzes für die unterschiedlichen Mediengattungen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Online-Demo gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 11 Dezember, 2006, 21:21
Am 14. Dezember 2005 wurde im Europaparlament mit großer Mehrheit der christ- und sozialdemokratischen Fraktionen der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zugestimmt. Ein Jahr danach ruft nun der "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" zur Online-Demo gegen den umstrittenen Beschluss auf. Auf den "1. Todestag des Telekommunikationsgeheimnisses" wollen die Bürgerrechtler mit einer Verhüllung von Internetseiten aufmerksam machen.

Trauer um Fernmeldegeheimnis

Geht es nach dem Arbeitskreis, sollen Website-Betreiber am kommenden Donnerstag, 14. Dezember, unter dem Motto "1949-2005 † Das Fernmeldegeheimnis ist unverletzlich – Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!" auf den "Trauertag um das Fernmeldegeheimnis" aufmerksam machen. Der Richtlinie zufolge soll ab Herbst kommenden Jahres protokolliert werden, wer mit wem in den vergangenen sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden hat.

Bei Handy-Gesprächen und SMS soll zudem der jeweilige Standort des Benutzers festgehalten werden. Als Folge befürchten die Bürgerrechtler "ein gesellschaftliches Klima der Überwachung und Störungen der Kommunikation in sensiblen Angelegenheiten".

"Medien berichten kaum"

Auch die Medien fordert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf, über die "geplante Totalprotokollierung der Telekommunikation" und ihre Folgen zu informieren. "Obwohl dieses Vorhaben die Grundlagen unserer freien Gesellschaft in Frage stellt, fallen die Massenmedien als Informationsmittel der Bürger bisher weitgehend aus", sagt der Jurist Patrick Breyer. "Die meisten Menschen wissen nicht, dass ein Großteil ihres Privatlebens ab Herbst 2007 nachvollziehbar werden soll." Daher sollen besorgte Bürger bei ihrer Zeitung, Lieblingszeitschrift oder –fernsehsendung eine Berichterstattung zum Thema einfordern. Einen entsprechenden Musterbrief steht ebenso auf der Website des Arbeitskreises bereit, wie eine Anleitung zur Verhüllung der eigenen Website.

Quelle : www.onlinekosten.de
Titel: Bundesdatenschützer fordert Nachbesserungen zu Telefonüberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 02 Januar, 2007, 10:25
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat Nachbesserungen bei der geplanten Neuregelung der Telefonüberwachung gefordert. "Die Abgrenzungen zwischen dem Erhebungs- und Verwertungsverbot von Aufzeichnungen müssen deutlicher getroffen werden", sagte Schaar der Berliner Zeitung. "Das Gesetz sollte festlegen, wann die Polizei das Abhören abbrechen muss, und in welchen Fällen Informationen zwar gewonnen, aber nicht für die Ermittlungen verwertet werden dürfen."

Schaar monierte, dass das geplante Gesetz ein Erhebungsverbot nur dann vorsehe, wenn das Gespräch ausschließlich den Kernbereich der Privatsphäre betrifft. "Praktisch bedeutet dies, dass in keinem Fall auf das Abhören verzichtet wird", sagte er. "Das geht zu weit. Ich halte diese Regelung für unvereinbar mit den Vorgaben des Verfassungsgerichts."

Schaar warnte zudem davor, dass Privatfirmen Zugang zu der geplanten Speicherung von Telefon-, Handy- und Internetdaten erhalten. "Es geht bei der Vorratsdatenspeicherung längst nicht mehr nur um die Terrorismusbekämpfung, sondern auch um Wirtschaftsinteressen." Als Beispiel nannte Schaar die Musik- und die Filmindustrie. Diese wolle Zugriff auf diese Daten, um so an die Personen zu kommen, die etwa über Internet-Tauschbörsen urheberrechtlich geschützte Werke weiter geben. Schaar bekräftigte seine grundsätzliche Kritik an dem geplanten Vorhaben des Bundesjustizministeriums.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte warnte auch vor einer generellen Internet-Überwachung durch die Polizei. "Eine generelle Internet-Überwachung darf es nicht geben." Nur wenn es konkrete Anhaltspunkte auf Straftaten oder Gefährdungen gebe, dürfe die Polizei im Internet fahnden. "Aber ein generelles Einloggen in Chats ohne Hinweis auf eine Straftat halte ich für problematisch."

Quelle : www.heise.de
Titel: Linkspartei sieht "Terrorimusbekämpfung" als Hebel für Telefonüberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 05 Januar, 2007, 16:50
Im Jahr 2005 wurden in Deutschland gegen 50 Beschuldigte Ermittlungsverfahren wegen Verdachts auf terroristische Aktivitäten eröffnet. Zugleich hat es fünf Verurteilungen wegen Verstoßes gegen die Bestimmungen des Paragraphen 129 StGB gegeben. Neu hinzu kamen sieben Anklageerhebungen. Das geht laut Mitteilung von Ulla Jelpke, innenpolitische Sprecherin der Bundestagsfraktion Die Linke, aus der Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage zur Anwendung der Paragrafen 129, 129a und 129b hervor. Im Kontrast zur Zahl der Verurteilungen stehe die Zahl von 33 Telekommunikationsüberwachungen, von denen 148 Personen betroffen waren.

"Man muss davon ausgehen, dass solche Verfahren häufig nur deswegen angestrengt werden, um das Umfeld bestimmter Personen ausleuchten zu können, ohne dass es konkrete Hinweise auf Straftaten gibt", meint Jelpke. Die Terrorismusbekämpfung sei für Bundeskriminalamt und Bundesanwaltschaft in erster Linie ein Hebel zur Telefonüberwachung. Zudem blieben Neonazis von diesen Verfahren praktisch verschont. "Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat 2005 von verschiedenen Waffenfunden und Wehrsportgruppen berichtet. Dem steht ein einziges Ermittlungsverfahren gegen unbekannte rechtsterroristische Täter gegenüber", erläutert Jelpke.

Quelle : www.heise.de
Titel: Protestwelle gegen die Vorratsdatenspeicherung rollt weiter
Beitrag von: SiLæncer am 15 Januar, 2007, 10:46
Bereits über 1000 Bürger haben in persönlichen Schreiben an Abgeordnete der großen Koalition ihre Sorgen über die geplante verdachtsunabhängige Überwachung von Telefon- und Internetdaten zum Ausdruck gebracht. Sie folgten damit einem Aufruf des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung vom September. Die Bürgerrechtsbewegung, in der sich Journalisten, Rechtswissenschaftler, Politologen und Informatiker zusammengeschlossen haben, zieht daher eine positive Zwischenbilanz der Aktion. Von Politikverdrossenheit könne angesichts der regen Beteiligung keine Rede sein, heißt es bei der Organisation. Gleichzeitig hat der Arbeitskreis einige inhaltlichen Bedenken der Bürger zusammengefasst.

Demnach treibt etwa einen angehenden Pfarrer die Frage nach der Zukunft des Beichtgeheimnisses um: "Wie soll ich später das Seelsorgegeheimnis zusagen können, wenn dies durch eine Überwachung – um nichts anderes handelt es sich hier – faktisch aufgehoben wird?" Die Telefonseelsorge werde mit der von dem Bundesjustizministerium vorgeschlagenen und vom Bundestag bereits im Vorfeld gut geheißenen sechsmonatigen Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten "in ihrer Glaubwürdigkeit beraubt, die immer wichtiger werdende Seelsorge über E-Mail und Internet wird unmöglich." Teilweise wird in den Briefen auch ein zunehmendes Misstrauen gegenüber der Politik deutlich: "Warum überprüft und kontrolliert man nicht ausschließlich die Menschen, die Macht haben? Denn gerade die können doch den Bürgern mehr Schaden als alle anderen zufügen", empört sich eine Autorin aus Bayern.

In zahlreichen anderen Schreiben drücken die Verfasser ihren Unmut über die Unverhältnismäßigkeit der Erfassung weiter Teile des Kommunikations-, Bewegungs- und Internetnutzungsverhaltens der Bevölkerung aus. "Warum stellen wir nicht gleich alle Handwerker unter Generalverdacht, weil vor kurzem herausgefunden wurde, dass 10 der 1.000.000 Handwerker in Deutschland Waschmaschinen nicht ordnungsgemäß reparieren können?", zieht ein Nordrhein-Westfale eine Parallele zu den seiner Informationen nach geringen Effizienz der breiten Überwachungsmaßnahme. Vor allem Auszubildende thematisieren zudem gesellschaftspolitische Aspekte. So empfindet es ein Student etwa " beschämend, dass ein Land, welches von sich selbst behauptet, zur sogenannten freien westlichen Welt zu gehören, jedes Jahr aufs weitere seinen eigenen Rechtsstaat untergräbt und immer mehr zu Mitteln greift die bis vor kurzem noch der Stasi vorgehalten wurden".

Auch einem Lehrer ist unklar, wie er ein solches Gesetz den Schülern erklären soll: "Eine Kriminalisierung aller Menschen? Jeder ist verdächtig? Und deine Steuern zahlst du später mal dafür, dass du von deinem Staat ausspioniert wirst mein Kleiner?" Als einzige Erläuterung komme ihm nur in den Sinn, dass der Staat anscheinend Angst vor seinen Bürgern habe. Darüber hinaus tauche immer wieder die Befürchtung auf, dass die Bundesregierung einen "automatisierten Überwachungsstaat" auf Raten einführen wolle.

Die Reaktionen der Abgeordneten auf die Briefe bezeichnet der Arbeitskreis derweil als "verhalten". Die meisten würden Standardantworten zurückschicken, welche die Fraktionen vorformuliert hätten. Darin wird die geplante Vorratsdatenspeicherung verteidigt, obwohl der Bundestag selbst 2005 noch wiederholt gegen ein derart umfangreiches Bespitzelungsvorhaben gestimmt hatte. Auch der wissenschaftliche Dienst des Parlaments äußerte im Herbst erhebliche Bedenken, ob die Vorgaben aus Brüssel mit dem Europarecht und der Verfassung vereinbar seien.

Enttäuscht zeigen sich die Bürgerrechtler zudem von der indirekten Kritik einzelner Abgeordneter an der Vielzahl der Eingaben. Da alle Parlamentarier über die "geplante Totalprotokollierung unserer Telekommunikation" entscheiden würden, hält es der Arbeitskreis aber nur für "allzu gerechtfertigt, wenn sich die vielen betroffenen Menschen an sämtliche Volksvertreter wenden und einen Stopp dieser Pläne fordern." Für den Fall, dass die große Koalition dennoch von ihrem Gesetzesvorhaben keinen Abstand nimmt, organisiert die Vereinigung eine "Sammel-Verfassungsbeschwerde" in Karlsruhe. Ihr entsprechender Aufruf stieß bereits innerhalb kürzester Zeit auf große Resonanz.

Quelle : www.heise.de
Titel: Verfassungsbeschwerde gegen Datenspeicherpflicht
Beitrag von: SiLæncer am 15 Januar, 2007, 21:46
9.000 Bürger wollen Verfassungsbeschwerde gegen das EU-Überwachungsprojekt einreichen.

"Über 9.000 Personen haben sich bereits bei uns als Beschwerdeführer registriert", freut sich Patrick Breyer, Sprecher des deutschen Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, "Davon haben 2.000 bereits die erforderliche Vollmacht unserem Rechtsanwalt übersandt."

Offene Briefe an alle Abgeordneten
Auf der ebenfalls vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung betriebenen Site, auf der besorgte Bürger offene Briefe über ein Web-Formular gleichzeitig an alle 448 Abgeordneten des deutschen Bundestags schicken konnten, sind unterdessen nur 1.007 Statements zu lesen. Das Formular ist seit Ende September 2006 online.

"Trotz der spärlichen Antworten ist die Aktion nicht sinnlos", betont Patrick Breyer gegenüber ORF.at. "Hinter den Kulissen gibt es zunehmend Abgeordnete, die sich gegen die Vorratsdatenspeicherung aussprechen. Die Briefe besorgter Bürger liefern ihnen gute Argumente."

Einfluss auf Gesetzgebung
Laut Breyer hatten die Initiativen des Arbeitskreises auch Einfluss darauf, wie der im November vorgestellte deutsche Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung gestaltet wurde.

"Darin ist eine Verwendung der Daten durch Geheimdienste und private Rechteinhaber ausgeschlossen", sagt Breyer. "Für die Zukunft denke ich, dass wir zumindest eine Abschwächung der Pläne erreichen können, zum Beispiel dort, wo Verbote anonymer E-Mail-Konten und von Anonymisierungsdiensten vorgesehen sind."

Breyer hält es ebenfalls für "sehr wahrscheinlich", dass das deutsche Bundesverfassungsgericht das vorgesehene Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung als nicht verfassungskonform zurückweisen wird.

Hohe Kosten
Auch in Österreich warnen Bürgerrechtler und Internet-Unternehmer seit Verabschiedung der EU-Pläne im Februar 2006 vor den hohen Kosten und den substanziellen Eingriffen in grundlegende Bürgerrechte durch die Vorratsdatenspeicherung.

Die EU schreibt ihren Mitgliedsländern vor, Angaben zu allen technischen Kommunikationsverbindungen zwischen sechs und 24 Monate lang zu speichern. Die Datensammlung soll bei der Fahndung nach Terroristen und anderen Verbrechern helfen.

Quelle:futurezone.orf.at
Titel: Die große Daten-Sammelleidenschaft
Beitrag von: SiLæncer am 20 Januar, 2007, 16:40
Vielleicht erinnert sich ja der eine oder andere noch an die achtziger Jahre, als die Bundesrepublik ihre Bürger mit einer Volkszählung beglücken wollte. Eigentlich für 1981 geplant, verschob sich das Vorhaben damals aufgrund groß angelegter Proteste bis ins Jahr 1987 - inklusive viel zivilem Ungehorsam und der laut hallenden Gefahrenbotschaft vom so genannten "gläsernen Bürger", mit dem unter anderem die Grünen so manche Wählerstimme einfingen.

Über die damalige Angst der Menschen kann man heutzutage nur noch müde lächeln. Damals gab es kein Internet mit Dauerdatenerfassung und kein Handy mit Standortbestimmung, Rasterfahndungen waren mühselige Papierarbeit und in Gesundheits- und Bankabfragedateien steckte auch noch niemand.

Im Gegensatz zur Volkszählung von damals rebelliert heute allerdings nahezu niemand mehr wirklich breit gegen die große Daten-Sammelleidenschaft. Es gibt keine große Bürgerrechtsbewegung, die in der Mitte der Gesellschaft sitzt, um das Recht auf informationelle Selbstbestimmung, das mit der zunehmenden Digitalisierung unserer Gesellschaft immer wichtiger wird, tatsächlich verteidigt.

Während in unserem neuen Pass ein nachverfolgbarer RFID-Chip sitzt, plant Innenminister Schäuble, EU-Fingerabdruck- und Gendatenbanken zu vernetzen.

In Großbritannien verbrämt man unterdessen die Zusammenführung aller vom Staat geführter Datenbanken (inklusive Gesundheit) mit der Möglichkeit, künftig einen "besseren Service" für seine Bürger leisten zu können.

Derweil lässt eine deutsche Staatsanwaltschaft mit dem Totschlagargument Kinderpornografie mal eben rund 22 Millionen unbescholtene Kreditkartennutzer überprüfen - und die Wirtschaft in Form der Banken und Financial Service-Firmen macht willig mit, ohne dass ein richterlicher Beschluss vorliegt. (So schön es ist, dass man dadurch rund 300 perverse A...l... erwischt hat - wo liegt hier die Verhältnismäßigkeit der Mittel?)

Die Liste der Beispiele lässt sich beliebig fortsetzen - und wir werden in Zukunft noch viel mehr davon sehen. Die Exekutive wünscht sich mehr und mehr Daten, weil diese ihre Arbeit erleichtern - und die Legislative gibt scheinbar unendlich willig, während die Judikative kaum mit der Prüfung der Verfassungsmäßigkeit hinterher kommt.

Vielleicht sollte jemand einfach mal das Bild vom "gläsernen Bürger" wieder hervorholen, dem Volk klarmachen, was da auf Dauer blüht, und eine echte Datenschutzpartei gründen? Den Grundrechte-Liberalismus wieder hervorholen, der angeblich nicht mehr zeitgemäß ist? Bei den Grünen hat das ja einst auch gut funktioniert...

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: NewMan am 20 Januar, 2007, 17:51
Ich stelle mir immer wieder die Frage:

Ist das logisch?

Laut unserem Grundgesetz "Geht die Macht vom Volke aus"
Die gewählten Politiker sind unsere "Vertreter"

Passt es nun zusammen, das "Vertreter" die Überwachen, von denen die "Macht" ausgeht?

Ich habe zur Zeit nicht viel Hoffnung, daß sich dies ändert. Unsere Medien sind längst nicht mehr unabhängig. Wie sonst kann es sein, daß in Massen von Artikeln über Vista kaum ein Wort von der Zusammenarbeit NSA <-> Microsoft fällt.

Und an unser Volk glaube ich auch nicht. Die Geschichte wiederholt sich immer wieder. Schon einmal hat das Volk die Augen verschlossen und später die Unschuldsmine aufgesetzt. Die Deutschen bleiben Deutsch. Auch 65 Jahre später!!!
Titel: Geballtes "Nein!" zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 22 Januar, 2007, 16:59
Schulterschluss von Bürgerrechtlern, Medienverbänden und Wirtschaftsvertretern

In einer gemeinsamen Erklärung haben sich Bürgerrechtler, Medienverbände und Wirtschaftsvertreter erneut gegen den kurz vor der Verabschiedung stehenden Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung geäußert und vor dessen Folgen für die Gesellschaft gewarnt. Im Rahmen einer Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung ist vorgesehen, Telekommunikationsunternehmen ab Herbst 2007 zu verpflichten, Daten über die Kommunikation ihrer Kunden zwecks verbesserter Strafverfolgung auf Vorrat zu speichern.

Dadurch soll sich in Zukunft ermitteln lassen, welche Personen in den letzten sechs Monaten per Telefon, Handy oder E-Mail in Kontakt gestanden haben. Bei der Sprach- und Text-Kommunikation über Mobiltelefone sollen zudem die jeweiligen Standorte festgehalten werden. Spätestens ab dem Jahr 2009 soll dem Gesetzesentwurf zufolge zudem die Nutzung des Internet nachvollziehbar werden.

Das vor allem durch Terroranschläge, aber auch durch Urheberrechtsverstöße und angefachte behördliche Datensammlungs- und Überwachungs-Interesse hat 27 verschiedene Verbände veranlasst, sich deutlich gegen die Pläne auszusprechen. "Eine derart weitreichende Registrierung des Verhaltens der Menschen in Deutschland halten wir für inakzeptabel. Ohne jeden Verdacht einer Straftat sollen sensible Informationen über die sozialen Beziehungen (einschließlich Geschäftsbeziehungen), die Bewegungen und die individuelle Lebenssituation (z.B. Kontakte mit Ärzten, Rechtsanwälten, Psychologen, Beratungsstellen) von über 80 Millionen Bundesbürgerinnen und Bundesbürgern gesammelt werden", so die Kritik.

Weiter heißt es, dass die Vorratsdatenspeicherung Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und andere Berufsgeheimnisse aushöhle und Wirtschaftsspionage begünstige. Sie untergrabe zudem den Schutz journalistischer Quellen und beschädige damit die Pressefreiheit im Kern. Weiterhin würden die enormen Kosten einer Vorratsdatenspeicherung auf die Telekommunikationsunternehmen abgewälzt. "Dies wird Preiserhöhungen nach sich ziehen, zur Einstellung von Angeboten führen und mittelbar auch die Verbraucher belasten", befürchten die Verbände.

Ihnen zufolge hätten Untersuchungen gezeigt, dass die gegenwärtig verfügbaren Kommunikationsdaten ganz regelmäßig zur effektiven Aufklärung von Straftaten ausreichen. Es sei hingegen nicht nachgewiesen, dass eine Vorratsdatenspeicherung besser vor Kriminalität schützen würde. Stattdessen würde sie Millionen von Euro kosten, die Privatsphäre Unschuldiger gefährden, vertrauliche Kommunikation beeinträchtigen und den Weg in eine immer weiter reichende Massenansammlung von Informationen über die gesamte Bevölkerung ebnen, so die Kritik.

Während es derzeit so aussieht, als ob der Gesetzesentwurf durchgewunken werden könnte, erwarten die Bürgerrechtler, Medienverbände und Wirtschaftsvertreter, unter Berufung auf Rechtsexperten, dass das Bundesverfassungsgericht eine Pflicht zur verdachtslosen Vorratsspeicherung als verfassungswidrig erklären wird. Auch der EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, welcher der umstrittene deutsche Gesetzesentwurf vorgreift, prophezeien die Verbände keinen Bestand vor dem Europäischen Gerichtshof.

Da sie sich nicht darauf zu verlassen scheinen wollen, dass Bundespräsident Horst Köhler mit Hinweis auf Verfassungswidrigkeit wieder einen Gesetzesentwurf abschmettert, hoffen die Verbände nun, dass ihre Warnungen schon im Vorfeld ernst genommen werden: "Die [EG-] Richtlinie verstößt gegen die im Europarecht verankerten Grundrechte und ist in vertragsverletzender Weise zustande gekommen. Irland hat bereits Klage gegen die [EG-] Richtlinie erhoben. Der Ausgang dieser Klage sollte zumindest abgewartet werden", heißt es in der gemeinsamen Erklärung der Verbände.

"Als Vertreter der Bürgerinnen und Bürger, der Medien, der freien Berufe und der Wirtschaft lehnen wir das Vorhaben einer Vorratsdatenspeicherung geschlossen ab. Wir appellieren an die Politik, sich grundsätzlich von dem Vorhaben der umfassenden und verdachtsunabhängigen Speicherung von Daten zu distanzieren", heißt es abschließend in der gemeinsamen Erklärung.

Zu deren 27 Unterzeichnern zählen:
- Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung
- Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV)
- Chaos Computer Club e.V. (CCC)
- Deutsche Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju)
- Deutsche Liga für Menschenrechte
- Deutsche Vereinigung für Datenschutz (DVD)
- Deutscher Journalisten-Verband (DJV)
- Deutscher Presserat
- eco Verband der deutschen Internetwirtschaft
- Evangelische Konferenz für Telefonseelsorge und Offene Tür
- Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur (FFII Deutschland)
- Forum InformatikerInnen für Frieden u. gesellschaftl. Verantwortung (FIfF)
- Gesellschaft für Datenschutz und Datensicherung (GDD)
- Gustav Heinemann-Initiative (GHI)
- Humanistische Union
- Internationale Liga für Menschenrechte (ILMR)
- Komitee für Grundrechte und Demokratie
- Netzwerk Neue Medien
- netzwerk recherche
- Neue Richtervereinigung e.V. (NRV)
- no abuse in internet (naiin)
- Organisationsbüro der Strafverteidigervereinigungen
- Repubikanischer Anwältinnen- und Anwälteverein (RAV)
- STOP1984
- Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ)
- Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv)
- Vereinigung Demokratischer Juristinnen und Juristen (VDJ)

Quelle : www.golem.de
Titel: Geplante Verschärfung des saarländischen Polizeigesetzes stößt auf Protest
Beitrag von: SiLæncer am 22 Januar, 2007, 17:12
Der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien (Bitkom) hält die weit reichenden Regelungen im Referentenentwurf des saarländischen Innenministeriums für ein "Gesetz zur Erhöhung der öffentlichen Sicherheit im Saarland" und die damit verknüpften Änderungen im Polizeigesetz für teilweise verfassungswidrig. Laut einer aktuellen Stellungnahme des Branchenverbands fällt unter diesen Aspekt etwa das umfangreiche Vorhaben zur präventiven Telekommunikationsüberwachung. So sei es nicht ausreichend, "konkrete Vorbereitungshandlungen für sich oder zusammen mit weiteren bestimmten Tatsachen" für das mögliche Begehen von Straftaten als Maßgabe für umfassende Bespitzelungsmaßnahmen im TK-Bereich heranzuziehen. Insgesamt schießen die vorgesehenen Zugriffsrechte auf Kommunikationsdaten dem Bitkom zufolge weit übers Ziel hinaus.
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Die ins Auge gefasste "vorbeugende Bekämpfung von Straftaten" birgt dem Papier zufolge "ein besonders hohes Risiko für Fehlprognosen". Das Bundesverfassungsgericht habe der Legislative in den vergangenen Jahren mit richtungsweisenden Urteilen wie zum großen Lauschangriff oder zur vorbeugenden Telefonüberwachung im niedersächsischen Polizeigesetz deutliche Grenzen bei der Ausdehnung entsprechender Ermittlungsbefugnisse gesetzt. Mache sich der saarländische Gesetzgeber hier nicht die Mühe, den klaren Hinweisen des Gerichts zu folgen und für jede Katalogstraftat die "Vorbereitungshandlungen" klar zu umschreiben, laufe er Gefahr, "gewarnt und sehenden Auges eine eigene verfassungsrechtliche Niederlage zu erleiden." Die jetzt beschriebenen Kriterien für Präventivüberwachungen würden dagegen "einen kaum zu kontrollierenden Entscheidungsspielraum" eröffnen.

Generell enthält der Paragraph 28b zur TK-Überwachung laut Bitkom eine "unklare Ermächtigung". Der Verband kritisiert die damit geplante pauschale Befugnis für die "Vollzugspolizei", zur Gefahrenabwehr "durch den Einsatz technischer Mittel zur Überwachung und Aufzeichnung der Telekommunikation personenbezogene Informationen erheben" zu können. Dabei werde schon offen gelassen, ob die Ermittler entsprechende Maßnahmen selbst durchführen oder sich dabei eines Netzbetreibers bedienen. Zudem sollte klargestellt werden, dass es nicht um die Überwachung durch den verdeckten Einsatz von Techniken wie den umstrittenen "IMSI-Catcher mit zusätzlicher Abhörfunktionalität" geht. Schließlich sei in diesem Zusammenhang hierzulande immer wieder betont worden, dass die Geräte "lediglich" zur Handy-Ortung, nicht aber zum Lauschangriff verwendet würden. Zudem könne sich der Gesetzgeber in der entsprechenden Klausel nicht einfach auf den Straftatenkatalog zur akustischen Wohnraumüberwachung beziehen. Unverständlich ist dem Verband zugleich, dass "Fälle der Bestechlichkeit" außen vor bleiben sollen.

Der Bitkom stößt sich weiter an der Vorgabe im Entwurf, dass eine vorsorglich zu überwachende Person einen Anschluss lediglich "mit hoher Wahrscheinlichkeit" nutzen müsse. Dieser Beurteilungsspielraum erlaube ausdrücklich einen Rest an Ungewissheit und lasse einen verbindlichen Personenbezug vermissen. Die Befürchtung liege nahe, dass in der Praxis damit eher großzügig verfahren werde und so auch Anschlüsse unbeteiligter Personen betroffen werden könnten. Der Kreis der besonders geschützten Vertrauensverhältnisse von "Geheimnisträgern" bei dem von Karlsruhe vorgegebenen absoluten Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung werde zudem "ohne erkennbaren Grund" enger gezogen als in vergleichbaren Regelungen anderer Bundesländer.

Dorn im Auge ist der Lobbyvereinigung auch, dass Mobilfunkunternehmen verpflichtet werden sollen, den Polizeibehörden Auskunft etwa über Geräte- und Kartennummer in Form der International Mobile Equipment Identity (IMEI) sowie der International Mobile Subscriber Identity (IMSI) oder sogar von "Berechtigungskennungen" zu erteilen. Diese Daten würden zunächst nicht durchgehend in den Netzen erhoben oder verarbeitet und insoweit gar nicht immer vorliegen. Sollten auch Passwörter wie PIN und PUK gemeint sein, handele es sich generell nicht mehr um "Verbindungsdaten". Gemeinsam mit der IMEI seien diese Informationen für den technischen Vorgang der Telekommunikation nicht erforderlich. Hinsichtlich der Gerätekennung sei eine klare Zuordnung zu einem bestimmten Mobiltelefon ohnehin nach wie vor problematisch. Der Entwurf verlagert dieses Problem auf die tägliche Praxis. Jedoch wäre es Aufgabe des Gesetzgebers, vor der Existenz dieser Schwierigkeiten nicht die Augen zu verschließen und die IMEI-Überwachung gerade nicht als Standard-Ermittlungsmittel anzuerkennen.

Auch die Bestimmungen für formgerechte Überwachungsanordnungen kritisiert der Bitkom scharf. Nicht notwendiger Bestandteil sind demnach Art, Umfang oder Dauer der Maßnahme sowie die tragenden Erkenntnisse oder Begründungen für Gefahr und Verhältnismäßigkeit, was einem Freibrief für das Anfordern umfangreicher Maßnahmen gleichkomme. Zudem bleibe der saarländische Entwurf auch hier hinter den Regelungen und Entwürfen anderer Länder zurück. Mit einer maximalen Dauer von drei Monaten ist die zeitliche Obergrenze für die Anordnungen sehr hoch bemessen. Diese unangemessene Befristung, die sich sogar auf Eilanordnungen beziehe, verstoße gegen denn Verhältnismäßigkeitsgrundsatz.

Die geplante Passage zur Personenortung über die Abfrage des aktuellen Standorteintrages im Mobilfunknetz würde es ferner dem Verband nach "jedem Polizeibeamten ermöglichen, ohne weitere Kontrolle unbegrenzt in das Fernmeldegeheimnis einzugreifen." Der Entwurf sehe dazu alleine eine Anordnung der Behördenleitung vor, die sogar unbegrenzt weiter nach unten delegiert werden könne. Lax verfahre das Innenministerium dagegen mit den Pflichten zur Benachrichtigung von Betroffenen von Überwachungsmaßnahmen. Position gegen die Novelle hatte zuvor schon der saarländische Landesdatenschutzbeauftragte Roland Lorenz bezogen. Bei ihm lösten vor allem die vorgesehenen Befugnisse zur "anlassfreien elektronischen Erfassung von KFZ-Kennzeichen" und zur Ausweitung der Videoüberwachung Protest aus.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesregierung beschließt Auskunftsanspruch gegen Provider
Beitrag von: SiLæncer am 24 Januar, 2007, 16:41
Das Bundeskabinett hat am heutigen Mittwoch den Entwurf (PDF-Datei) eines Gesetzes zur Umsetzung der heftig umstrittenen EU-Richtlinie zur zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte beschlossen. Demnach sollen hierzulande auch indirekt an Rechtsverletzungen beteiligte Dritte verpflichtet werden, die Identität von Verdächtigen preiszugeben. Die Schaffung eines solchen Auskunftsanspruchs etwa gegen Internetprovider gehört seit langem zu einem der stark umkämpften Punkte bei der Anpassung des Urheberrechts an die digitale Gesellschaft. Der Regierungsentwurf will es Konzernen etwa aus der Musik- und Filmindustrie nun einfacher machen, in zivilrechtlichen Verfahren gegen illegales Filesharing vorzugehen und dabei im Vorfeld auffällig gewordene Nutzer zu identifizieren.

Laut der federführend für den Vorschlag verantwortlichen Bundesjustizministerin Brigitte Zypries liegt der Schwerpunkt des geplanten Gesetzes auf der Bekämpfung der Produktpiraterie. Diese richtet gemäß der SPD-Politikerin "beträchtliche wirtschaftliche Schäden an und vernichtet Arbeitsplätze". Der Schutz von kreativem Schaffen sei dagegen gerade für die deutsche Wirtschaft in einem rohstoffarmen Umfeld von herausragender Bedeutung. Der Produktpiraterie müsse zudem "auf vielfältige Weise begegnet werden", da gefälschte Artikel etwa bei Ersatzteilen oder Medikamenten auch ein erhebliches Sicherheitsrisiko darstellen könnten. Ein Mittel im Kampf gegen Raubkopierer und Fälscher sei die nun auf den parlamentarischen Weg gebrachte "Verbesserung des rechtlichen Instrumentariums".

Eine wesentliche Erleichterung bringe das Gesetzesvorhaben für die Verbraucher, erklärte Zypries nach der Verabschiedung des Regierungsentwurfs. "Mit der Begrenzung des Kostenerstattungsanspruchs auf 50 Euro für die erste anwaltliche Abmahnung stellen wir sicher, dass bei der Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen nicht über das Ziel hinausgeschossen wird." Wer keine geschäftlichen Interessen verfolgt, sei künftig vor überzogenen Abmahnkosten bei Urheberrechtsverletzungen besser geschützt. Nicht mehr möglich sei es damit etwa, dass beim Anbieten eines einzelnen Musikstücks zum Download im Rahmen der Forderung nach einer Unterlassungserklärung ein Anwaltshonorar in Höhe von 2500 Euro verlangt werde.

Den umstrittenen Auskunftsanspruch sollen unter anderem Vertreter der Musik- und Filmindustrie bei einem "gewichtigen Eingriff" in Urheberrechte gegenüber einem "in gewerblichem Ausmaß" tätigen Zugangsanbieter geltend machen können. Der Rechtehalter muss dabei im Fall eines Tauschbörsendelikts klar machen, dass seine Rechte "in gewerbsmäßiger Weise unter einer bestimmen IP-Adresse" verletzt worden sind. Rein privates Handeln soll dagegen vom Auskunftsanspruch ausgenommen werden. Zum Leidwesen der Musikindustrie und Teilen der CDU muss ferner zunächst dem Entwurf zufolge eine richterliche Genehmigung eingeholt werden. Die Kosten für eine entsprechende Anordnung soll zunächst der Verletzte tragen, die er später als Schaden gegenüber dem Rechtsverletzer geltend machen kann.

Nach dem Regierungsbeschluss sind die Informationsbefugnisse gegen Dritte "schon im Vorfeld" vorgesehen, wenn eine Rechtsverletzung "offensichtlich ist". Da Klagen gegen unbekannt im Zivilrecht nicht möglich seien, müssten die Rechteinhaber in gewissen Fällen in Erfahrung bringen können, wer hinter einer IP-Adresse stecke, heißt es zur Begründung. Unter engen Voraussetzungen soll daher künftig auch der Zugriff auf die so genannten Verkehrsdaten möglich sein, die Informationen über Umstände der Kommunikation wie etwa die Zuordnung einer Kennung zu einem Anschlussinhaber oder die Zeitdauer einer Verbindung zwischen zwei Anschlüssen liefern. Gemäß dem umstrittenen Referentenentwurf für die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sollen die Rechtehalter mit ihren zivilrechtlichen Ansprüchen nicht auf die verdachtsunabhängig für sechs Monate auf Vorrat zu speichernden Verkehrsdaten zugreifen dürfen.

Generell sollen mit dem Entwurf, der nun dem Bundesrat und dem Bundestag zur weiteren Debatte zugeleitet wird, zahlreiche Gesetze rund um das geistige Eigentum wie etwa zum Patent-, Urheberrechts-, Gebrauchsmuster-, Marken- oder Halbleiterschutz weitgehend wortgleich geändert werden. Darüber hinaus passt der Entwurf das deutsche Recht an die neue Grenzbeschlagnahme-Verordnung der EU an. Sie sieht ein vereinfachtes Verfahren zur Vernichtung von Piraterieware nach Beschlagnahme durch den Zoll vor. Schadensersatzansprüchen sollen sich künftig grundsätzlich auf die Höhe der mit dem Verkauf von Fälschungen gemachten Einnahmen oder auf den potenziell mit dem Vertrieb von Lizenzen zu erwirtschaftenden Gewinn beziehen. Einem "kompensatorischen Anspruch" wie in den USA, wo Summen deutlich jenseits des wirklichen Schadens verlangt werden können, erteilte Zypries bereits im Vorfeld wiederholt eine Absage. In Einzelfällen könne es aber zur Veranschlagung einer doppelten Lizenzgebühr kommen, wie vom Bundesgerichtshof (BGH) entschieden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Widerstand gegen die TK-Vorratsdatenspeicherung wächst in Europa
Beitrag von: SiLæncer am 05 Februar, 2007, 13:22
Auch in anderen europäischen Ländern gibt es verstärkt Kritik an der von Brüssel vorgegebenen verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Die niederländische Datenschutzbehörde etwa lässt in einer aktuellen Stellungnahme zur geplanten Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie durch die Regierung in Den Haag kaum ein gutes Haar an dem Gesetzesentwurf (PDF-Datei). Dieser verstößt demnach gegen Artikel 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention, der das Privatleben der Bürger schützt.

Im Einzelnen liegt der niederländischen Behörde schwer im Magen, dass im Regierungsentwurf eine 18-monatige Speicherfrist für Verbindungs- und Standortdaten vorgesehen ist. Das Umsetzungsvorhaben bleibt damit nur knapp unterhalb des Limits aus der Richtlinie, das bei zwei Jahren liegt. Zum Vergleich: das Bundesjustizministerium stellt in seinem Entwurf zur Implementierung der EU-Vorgaben auf eine halbjährige Aufbewahrungspflicht ab. Die niederländischen Datenschützer beklagen zudem, dass in Holland über die von Brüssel geforderten Datentypen hinaus Standortdaten aus dem Mobilfunkverkehr auch während und bei Beendigung eines Gesprächs erfasst werden sollen. Die Befugnisse für die Sicherheitsbehörden, in den Datenbergen zu schürfen, seien ferner zu breit gefasst. Ungenau bleibe der Entwurf dagegen bei den zu führenden Statistiken über Datenzugriffe.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der hierzulande den zivilgesellschaftlichen Widerstand gegen die pauschale Überwachungsmaßnahme koordiniert, freut sich derweil über bereits mehr als 10.000 erfolgte Anmeldungen für die Beteiligung an einer "Massenverfassungsbeschwerde" gegen die "Totalprotokollierung der Telekommunikation der gesamten Bevölkerung". 2500 Teilnehmer haben dem Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik bereits eine schriftliche Vollmacht für die Klage zugesandt, die für sie keine Kosten nach sich ziehen und im Fall des Inkrafttreten des Umsetzungsgesetzes gestartet werden soll. Jeder zehnte der potenziellen Beschwerdeführer ist nach Angaben der Bürgerrechtsvereinigung in einem "Vertrauensberuf" tätig, davon 19 Prozent als Journalisten, sieben Prozent als Ärzte, Zahnärzte und Apotheker sowie 5 Prozent als Rechtsanwälte. Auch Geistliche, Heilpraktiker, Krankenpfleger, Psychologen, Sozialarbeiter, Sozialpädagogen und Unternehmensberater wehren sich gegen die geplante Abbildung ihrer vertraulichen Kontakte.

Für böses Blut sorgt derweil die Forderung des Vorstandsvorsitzenden des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco, Michael Rotert, wonach die staatliche Jagd nach Verbindungsdaten auch für Universitäten gelten müsse. Man sei "sehr bestürzt" über die entsprechende Information, heißt es in einem heise online vorliegenden Schreiben des Münsteraner Informationsrechtlers Thomas Hoeren an den eco. Damit werde die "langjährig gute Zusammenarbeit" mit dem DFN-Verein, der das deutsche Forschungsnetz betreibt, aufs Spiel gesetzt. Die Verärgerung bei den Hochschuleinrichtungen sei derart hoch, dass aus ihrem Kreis kaum noch jemand mit dem kommerziellen Providerverband zusammenarbeiten wolle.

Rotert hatte zuvor die Ansicht vertreten, das gleiches Recht für alle Zugangsanbieter gelten müsse, falls die an sich abzulehnende Vorratsdatenspeicherung nicht mehr generell zu verhindern sei. Laut dem Referentenentwurf aus dem Justizministerium sollen bei "Nebenstellenanlagen oder E-Mail-Server von Universitäten ausschließlich für dort immatrikulierte Studierende oder Bedienstete" sowie etwa für unternehmensinterne Netze keine Speicherauflagen bestehen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat sägt am Richtervorbehalt bei Auskunftsanspruch gegen Provider
Beitrag von: SiLæncer am 05 März, 2007, 13:01
Der Rechtsausschuss des Bundesrats fordert eine deutliche Verschärfung des heftig umstrittenen Regierungsentwurfs zur einfacheren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte, um Urheberrechtsverletzer im Internet besser zu erfassen. Den Fachpolitikern ist vor allem der geplante Auskunftsanspruch gegen Netzprovider nicht weit genug gefasst, mit dem die Bundesregierung gemäß einer entsprechenden EU-Richtlinie das illegale Treiben in Tauschbörsen eindämmen will. Demnach sollen hierzulande allgemein auch indirekt an Rechtsverletzungen beteiligte Dritte verpflichtet werden, die Identität von Verdächtigen preiszugeben.

Der Rechtsausschuss stößt sich in seinen Empfehlungen (PDF-Datei) für die Plenarsitzung der Länderkammer am kommenden Freitag etwa daran, dass Geschädigte eine von einer IP-Adresse aus erfolgte Verletzung ihrer Rechte "in geschäftsmäßiger Weise" nachweisen sollen. Sonst würde der Hauptanwendungsfall – die Urheberechtsverletzung im Internet –nicht erfasst. Dies widerspreche einer Passage der Brüsseler Vorgabe, wonach die Maßnahmen, Verfahren und Rechtsbehelfe "wirksam, verhältnismäßig und abschreckend" sein müssen.

Entsprechend einer alten Forderung der Musikindustrie hält es der Ausschuss auch für nicht erforderlich, dass Rechtehalter dem Entwurf zufolge zunächst eine richterliche Genehmigung für die Abfrage von Bestandsdaten wie Name und Anschrift eines Nutzers hinter einer IP-Adresse einholen müssen. Insgesamt treibt die Rechtspolitiker die Sorge um, "dass das Ziel der Richtlinie nicht erreicht und der in einer wissensbasierten Volkswirtschaft "auch für die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit" bedeutsame Schutz für die Rechteinhaber "nicht verbessert wird".

Bei dem geplanten Auskunftsanspruch gegenüber Dritten räumen die Fachpolitiker zwar ein, dass die Vorgabe "höchst unklar" sei. Es bleibe etwa offen, "ob ein bereits anhängiges Gerichtsverfahren gegen den Verletzer oder aber die ­ auch außergerichtliche ­ Verfolgung von Ansprüchen gemeint ist." Problematisch erscheine auch, dass der Gesetzentwurf keine Aussage dazu treffe, "inwieweit die vorgesehenen Rechte mit datenschutzrechtlichen Bestimmungen auf nationaler und europäischer Ebene kompatibel sind." Das gelte insbesondere im Hinblick auf die Regelungen des Telekommunikationsgesetzes (TKG), des Telemediengesetzes (TMG) sowie des zu erwartenden Gesetzes zur Umsetzung der Brüsseler Vorgaben über die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten.

Der geplante Richtervorbehalt bei Internetfällen passt dem Rechtsausschuss zufolge aber "nicht zum deutschen Zivilprozessrecht, belastet die Gerichte in hohem Maße und bürdet dem Verletzten erhebliche Kosten auf". Die Begründung der Regierung für die zusätzliche verfahrensrechtliche Hürde, wonach die Provider von Prüfpflichten entlastet werden sollen, erscheint den Fachpolitikern nicht stichhaltig. Ein Auskunftsanspruch bestehe nämlich – mit Ausnahme des Falls der Klageerhebung – nur bei einer "offensichtlichen" Rechtsverletzung. Dieses Kriterium sei gegeben, wenn ein Verstoß gegen das Urheberrecht "eindeutig" sei. "Zweifel in tatsächlicher, aber auch rechtlicher Hinsicht" würden dagegen die Offensichtlichkeit der Rechtsverletzung ausschließen.

Besondere Vorschriften zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses hält der Rechtsausschuss ebenfalls nicht für nötig. Das Grundgesetz schreibe hier zum einen nur einen Gesetzes-, nicht aber einen Richtervorbehalt vor. Zum anderen bedürfe es für den Regelfall des Auskunftsersuchens, in dem es um die Verknüpfung einer bestimmte IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem Nutzer gehe, dieses besonderen Schutzes nicht. Unstreitig falle die dabei erfolgende reine Herausgabe von Bestandsdaten nicht unter das Fernmeldegeheimnis und werde daher als problemlos angesehen. Die Verwendung dynamischer IP-Adressen ändere an dieser Tatsache wenig.

Ergänzend weist das Fachgremium des Bundesrates darauf hin, dass gerade bei Rechtsverletzungen im Internet mit einer besonders hohen Zahl von Auskunftsverfahren zu rechnen sei, welche die zuständigen Gerichte in besonders hohem Maße belasten würden. Bei den Staatsanwaltschaften lägen bereits Anzeigen mit einer fünfstelligen Zahl von IP-Adressen vor. Dennoch könnten die Länderexperten das Bestreben der Bundesregierung nicht gutheißen, mit einer Gebühr in Höhe von 200 Euro pro Antrag die Lahmlegung des Justizapparates zu verhindern. Dies könne nämlich "eine Rechtsverfolgung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnlos erscheinen lassen". Es sei daher eine "andere gesetzliche Vorschrift" im Sinne von Paragraph 88 TKG ins Umsetzungsgesetz einzuführen, welche "die Weitergabe der Bestandsdaten auch unter Verwendung der Verbindungsdaten erlaubt".

Der Rechtsausschuss will zudem die heftig umstrittene Anzeigenmaschinerie der Firma Logistep salonfähig machen. Dem Ausschuss zufolge soll geprüft werden, "ob und gegebenenfalls wie es den Inhabern von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten ermöglicht werden kann, in datenschutzrechtlich unbedenklicher Weise an die Verkehrsdaten (IP-Adressen) potenzieller Urheberrechtsverletzer" zum Geltendmachen von Auskunftansprüchen zu kommen. Ohne Kenntnis oder Mitwirkung des Betroffenen dürften personenbezogene Daten bislang laut Bundesdatenschutzgesetz nur unter bestimmten Voraussetzungen erhoben werden. Diese liegen nach Meinung der Datenschutzaufsichtsbehörden nicht vor, "wenn unter Einsatz der speziellen Software die IP-Adresse bei einem Betroffenen heimlich erhoben wird".

Änderungsbedarf bestehe letztlich bei der vorgeschlagenen Regelung zum Schadenersatz. Dem Rechteinhaber sollte im Rahmen der Neuformulierung der einschlägigen Bestimmungen gestattet werden, unter bestimmten Voraussetzungen die doppelte Lizenzgebühr als vermuteten Verletzergewinn zu verlangen. Bisher erhalte der Rechteinhaber der Praxis häufig lediglich die einfache Lizenzgebühr, sodass für den Verletzer ein Verstoß relativ risikolos ist. Der Rechteinhaber werde – wenn der Verstoß überhaupt auffällt und beweisbar ist – faktisch so gestellt, als wenn er mit dem Verletzer einen Lizenzvertrag abgeschlossen hätte. Dazu wäre aber freiwillig vielleicht gar nicht bereit gewesen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat für leichtere Enttarnung von Urheberrechtsverletzern
Beitrag von: SiLæncer am 09 März, 2007, 14:16
Der Bundesrat hat sich gemäß den Wünschen der Musikindustrie für die Streichung des Richtervorbehaltes bei den geplanten AuskunftsAnprüchen gegen Internetprovider über Nutzerdaten und für eine Erhöhung der Schadensersatzregelung bei Verstößen etwa gegen Urheber-, Marken- oder Patentrechte ausgesprochen. In ihrer Plenarsitzung am heutigen Freitag in Berlin stimmten die Länderchefs für die entsprechenden Empfehlungen des Rechtsausschusses. Die Länderkammer fordert demnach eine deutliche Verschärfung des heftig umstrittenen Regierungsentwurfs zur einfacheren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte. Hauptzielrichtung des Vorstoßes ist es, Urheberrechtsverletzer im Internet leichter zu enttarnen.

Die Bundesregierung hat bei ihrem Entwurf zur Umsetzung einer lange umkämpften EU-Richtlinie vorgesehen, erstmals einen Auskunftsanspruch gegen unbeteiligte Dritte wie Zugangsanbieter zum Internet zu schaffen – danach müssen etwa Internet-Provider Auskunft über die Daten von Nutzern gegenüber Rechteinhabern geben, wenn diese den Nutzern Verletzung ihrer Urheberrechte unter anderem an Musik oder Filmen vorwerfen. Diese Auskunftsrechte sollen unter anderem Vertreter der Musik- und Filmindustrie bei einem "gewichtigen Eingriff" in Urheberrechte gegenüber einem "in gewerblichem Ausmaß" tätigen Provider geltend machen können. Der Rechtehalter soll dabei im Fall eines Tauschbörsendelikts klar machen müssen, dass seine Rechte "in gewerbsmäßiger Weise unter einer bestimmen IP-Adresse" verletzt worden sind. Die Regierung hält überdies bei Internetfällen die Einholung einer richterlichen Genehmigung für nötig. Die Kosten für eine entsprechende Anordnung soll zunächst der Verletzte tragen.

Die Länder haben demgegenüber nun ihre Sorge zum Ausdruck gebracht, dass bei einigen Vorschlägen "das Ziel der Richtlinie nicht erreicht und der Schutz für die Rechteinhaber nicht verbessert wird". Bei dem geplanten Auskunftsanspruch gegenüber Dritten räumt der Bundesrat zwar ein, dass die Vorgabe "höchst unklar" sei. Nichtsdestoweniger passe der vorgesehene Richtervorbehalt aber "nicht zum deutschen Zivilprozessrecht, belastet die Gerichte in hohem Maße und bürdet dem Verletzten erhebliche Kosten auf". Für die Provider gebe es dagegen auch beim Wegfall der verfahrensrechtlichen Hürde keine ungebührlichen Prüfpflichten. Ein Auskunftsanspruch bestehe nämlich – mit Ausnahme des Falls der Klageerhebung – nur bei einer "offensichtlichen" Rechtsverletzung. Dieses Kriterium sei erfüllt, wenn ein Verstoß gegen das Urheberrecht "eindeutig" und somit jeglicher "Zweifel in tatsächlicher, aber auch rechtlicher Hinsicht" ausgeräumt sei.

Für den Regelfall des Auskunftsersuchens, in dem es um die Verknüpfung einer bestimmte IP-Adresse zu einem bestimmten Zeitpunkt mit einem Nutzer gehe, greift der Ländervertretung zufolge das Fernmeldegeheimnis nicht. Die dabei erfolgende Herausgabe von Bestandsdaten bedürfe keines besonderen Schutzes, woran auch die Verwendung dynamischer IP-Adressen wenig ändere. Zugleich wandte sich der Bundesrat auch gegen das Ansinnen der Bundesregierung, mit einer Gebühr in Höhe von 200 Euro pro Antrag auf ein Auskunftsersuchen die Lahmlegung des Justizapparates durch Urheberrechtsfälle zu verhindern. Dies könne "eine Rechtsverfolgung unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten sinnlos erscheinen lassen". Die SPD-geführten Länder, zu denen etwa Berlin oder Rheinland-Pfalz zählen, hatten sich zwar gegen diese Forderungen zur Streichung des Richtervorbehaltes ausgesprochen. Die so genannten B-Länder mit Regierungen unter der Vorherrschaft von CDU/CSU überstimmten sie aber.

Die Länderkammer stört sich weiter an der Vorgabe der notwendigen "geschäftsmäßigen" Verletzung geistiger Eigentumsrechte und plädiert für ihre Streichung. Sonst würde der Hauptanwendungsfall des Auskunftsanspruchs ­ die Urheberrechtsverletzung im Internet ­nicht erfasst. Darüber hinaus will der Bundesrat der umstrittenen Anzeigenmaschinerie der Firma Logistep eine ausdrückliche rechtliche Basis verschaffen. So soll die Bundesregierung prüfen, "ob und gegebenenfalls wie es den Inhabern von Urheberrechten und gewerblichen Schutzrechten ermöglicht werden kann, in datenschutzrechtlich unbedenklicher Weise an die Verkehrsdaten (IP-Adressen) potenzieller Urheberrechtsverletzer" zum Geltendmachen von Auskunftsansprüchen zu kommen.

Beim Schadensersatz schlagen die Länder vor, dass der Rechteinhaber künftig unter bestimmten Voraussetzungen die doppelte Lizenzgebühr als vermuteten Verletzergewinn verlangen können soll. Bisher erhalte dieser in der Praxis häufig lediglich die einfache Lizenzgebühr, sodass für den Verletzer ein Verstoß relativ risikolos sei. Insgesamt hat der Bundesrat so die Forderungen der Phonoverbände schier ohne Abstriche übernommen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Regierung für weite Ausnahmen beim EU-Datenschutz im Sicherheitsbereich
Beitrag von: SiLæncer am 19 März, 2007, 19:59
Die deutsche Ratspräsidentschaft hat einen eigenen Vorschlag für den heftig umstrittenen EU-Rahmenbeschluss zum Datenschutz im Sicherheitsbereich gemacht und ist damit einem neuen Entwurf der EU-Kommission zuvorgekommen. Das von der Bürgerrechtsorganisation Statewatch veröffentlichte Papier (PDF-Dokument) erhöht einerseits einige der zunächst vorgesehenen Anforderungen zum Schutz personenbezogener Daten im Polizeibereich und spricht sich für die Einsetzung einer übergeordneten Aufsichtsbehörde für alle vom EU-Rat koordinierten Datenbanksysteme zur Strafverfolgung aus. Andererseits hat die Bundesregierung gemäß ihrer zunächst an die Kommission gerichteten Forderungen eigenhändig eine neue Klausel eingebaut, wonach der besonders umkämpfte Austausch von Polizeidaten mit Drittstaaten nicht von dem Rahmenwerk berührt werden soll. Eine weitere breite Ausnahme sieht der Entwurf pauschal für alle Behörden vor, "die speziell mit Angelegenheiten der nationalen Sicherheit betraut sind". Welche Einrichtungen konkret damit gemeint sein könnten, lässt die Bundesregierung offen.

Der geplante Rahmenbeschluss soll generell die Rechtmäßigkeit beim Austausch von Daten durch Strafverfolger gewährleisten und die allgemeine Datenschutzrichtlinie von 1995 ergänzen, die insbesondere auf die im Binnenmarkt tätigen Unternehmen abzielt. Den Bürgern verheißt der Vorstoß etwa das Recht, teilweise mit Hilfe von Kontrollinstanzen Einsicht in die über sie bei Sicherheitsbehörden gespeicherten Daten zu erhalten. Der Zugang zu den Informationen ist gemäß dem überarbeiteten Papier aber nicht vorgesehen, wenn die Arbeit der Ermittler behindert sowie die öffentliche Ordnung oder nationale Interessen beeinträchtigt werden könnten oder dem Begehr Geheimhaltungsanforderungen entgegen stehen. Zudem sollen die zuständigen Ämter die bei ihnen erfassten Personen überhaupt zunächst über die Datenverarbeitung und ihre Zwecke aufklären. Vorgesehen sind überdies Verpflichtungen zur Löschung fehlerhafter Daten, zur besseren Dokumentation des Datenflusses sowie zur Markierung von Informationen mit Zeitlimits für die Speicherung.

Der Vorschlag zur Einrichtung einer übergeordneten Kontrollbehörde bezieht sich im Einzelnen auf die Datenschutzbestimmungen im Schengen-Übereinkommen zur Grenzkontrolle und in der Europol-Konvention, bei der EU-Staatsanwaltschaft Europol und die Regelungen für Informationssysteme der Zollbehörden. Diese sollen ersetzt und der Schutz der personenbezogenen Daten in den entsprechenden Einrichtungen zentral von der Super-Aufsichtsbehörde überwacht werden.

Ein Hauptbestreben des ersten Entwurfs der Kommission war es, dass allein berechtigte internationale Stellen und Drittländer für spezielle rechtmäßige Zwecke auf die sensiblen Informationen zugreifen können. Der Transfer der Polizeidaten sollte nur gestattet werden, wenn die Bezieher selbst einen "angemessenen Datenschutz" nach EU-Standards gewährleisten. Der europäische Datenschutzbeauftragte Peter Hustinx pochte mit Unterstützung der europäischen Datenschutzkonferenz gleich in zwei Stellungnahmen auf die Einhaltung dieser Vorschriften. Das EU-Parlament unterstrich diese Forderung.

Dennoch will es die Bundesregierung den Mitgliedsstaaten und Brüssel nun selbst überlassen, inwiefern sie Informationen aus dem Strafverfolgungsbereich mit Drittstaaten auf der Ebene bereits bestehender bi- oder multilateraler Abkommen weiter ohne zusätzliche Regulierung teilen. Sie kommt damit hauptsächlich der US-Regierung entgegen: Vertreter Washingtons hatten bereits frühzeitig ihr Missfallen über die zunächst ins Spiel gebrachte restriktive Drittstaatenregelung deutlich gemacht. Den USA geht es beispielsweise darum, die auf Basis der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung gesammelten Telefon- und Internetdaten auch für ihre Behörden nutzen zu dürfen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Provider: "Fass läuft über" durch sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 21 März, 2007, 13:07
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco sieht die Zugangsanbieter mit der geplanten Pflicht zur sechsmonatigen Protokollierung von Verbindungs- und Standortdaten an der Belastungsgrenze angelangt. "Irgendwann läuft das Fass einmal über", betonte der Rechtsexperte der Providervereinigung, Oliver Süme, am heutigen Mittwoch bei einem Pressegespräch in Berlin. Schon seit Jahren sei die Telekommunikationsüberwachung mit hohen finanziellen Belastungen verbunden, wobei hoheitliche Aufgaben der Strafverfolger an die Wirtschaft übertragen würden. Jetzt werde hierzulande von der Politik nicht einmal über eine Kostenerstattung gesprochen, obwohl diese in den Brüsseler Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung vorgesehen seien und die Anforderungen an die Provider deutlich wachsen würden. "Der Staat muss die Musik bezahlen, die er bei den Hilfssheriffs bestellt hat", forderte Süme.

Die genauen Kosten für die Vorratsdatenspeicherung kann der eco noch nicht nennen. Diese würden erst mit der Ausführung der technischen Umsetzung deutlich, erläuterte eco-Technikvorstand Klaus Landefeld. Viel hänge von den Fragen ab, wie und wann die Daten geliefert werden müssten, also ob etwa innerhalb von ein paar Stunden, auch abends und am Wochenende oder im Lauf einer Woche. Dies sei für den Aufbau der Systeme zur Datenerfassung aber essenziell. Es gebe auch noch keine Aussage, "wie sicher die Speicherung sein muss und wer im laufenden Betrieb Zugriff haben darf". Die eigentliche Speicherung sei "sehr teuer", stelle aber nicht den größten Teil der Kosten dar. Der liege vielmehr "in der Organisation der Daten außenrum", in den Anforderungen an die Systeme, "die aus dem Datenhaufen wieder etwas erarbeiten können".

Es gebe bislang keine Infrastrukturen zur Bewältigung der Vorratsdatenspeicherung, führte eco-Justiziarin Hannah Seiffert weiter aus. Die Systeme müssten "komplett neu" aufgebaut werden. Noch sei streitig, ob die Provider die Daten in ihren bisherigen Speichereinheiten ablegen dürften oder grundsätzlich separate Datenbanken aufbauen müssten. "Es entsteht ein enormer Datenspeicheraufwand, der technisch nicht trivial ist", ergänzte Süme. Die Auflagen seien "mit Rechtsunsicherheiten, erheblichen Aufwänden und Kosten verbunden". Insgesamt stelle sich die Frage der Verhältnismäßigkeit, da mit der Speicherung der Verbindungsdaten die Abfragen der Strafverfolger auch deutlich steigen würde. Zudem wüchsen die Begehrlichkeiten etwa bei der Musikindustrie. Die Kostenerstattung ist Seiffert zufolge so auch als Hürde für die Anfragezahl der Ermittler zu sehen.

Landefeld unterstrich zudem die Paradigmenumkehr: "Die Vorratsdatenspeicherung unterscheidet sich von aller Überwachung bisher." Sie sei nicht mehr auf die Ausleitung von Kommunikation für einen speziellen Anschluss ausgerichtet, sondern jetzt solle mehrere Monate im Nachhinein nachvollzogen werden, wer was mit wem gemacht hat. "Die Unschuldsvermutung gibt es gar nicht mehr", monierte der Techniker. Generell sei die Maßnahme darauf aus, diejenigen Daten zentral zu erfassen, die im Internetverkehr ursprünglich gerade nicht aufgezeichnet werden sollten. Nun seien die Ermittler etwa auch darauf aus zu erfahren, wann etwa E-Mails abgefragt werden. Schwerverbrecher könnten sich der Überwachung aber einfach entziehen: "Terroristen müssten nur ihren eigenen E-Mail-Server betreiben, und schon sind sie außen vor", gab Landefeld zu bedenken. Man geht offensichtlich davon aus, dass die Planer von Anschlägen öffentliche Dienste innerhalb der EU nutzen würden. Betroffen sei vor allem die breite Masse der Bürger, die große öffentliche Server wie GMX, T-Online oder AOL nutze.

Quelle : www.heise.de
Titel: Regierung verteidigt Identifikationszwang für Telefon- und Handynutzer
Beitrag von: SiLæncer am 23 März, 2007, 12:46
Die Bundesregierung hält mit Nachdruck am Identifikationszwang von Telefonkunden im Festnetzbereich und Mobilfunk sowie an der automatisierten Abfragemöglichkeit der damit erfassten Bestandsdaten fest. Dies geht aus einer jetzt veröffentlichten über 100-seitigen Stellungnahme (PDF-Datei) hervor. Ein Öffentlichkeitsrechtler der Universität Bayreuth hat die Stellungnahme im höchstrichterlich ausgetragenen Streit um die 2004 erweiterten Überwachungsverpflichtungen von Telekommunikationsanbietern im heftig umstrittenen Telekommunikationsgesetz (TKG) für die Regierung verfasst. Der Zugriff auf die persönlichen Informationen hat sich demnach zu einem unverzichtbaren Ermittlungsinstrument in der täglichen Praxis der Sicherheitsbehörden entwickelt.

Das Bundesverfassungsgericht hat im vergangenen Jahr eine Verfassungsbeschwerde von drei Internetunternehmen teilweise zur weiteren Behandlung angenommen. Die Verfassungsrichter wollen gemäß ihrer Entscheidung die Paragraphen 95 Absatz 3, 111, 112 und 113 des TKG einer weiteren Prüfung unterziehen. Somit steht eine Überprüfung der Vorschriften an, die eine Pflicht zur Angabe persönlicher Daten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum bei der Anmeldung eines Telefon- oder Handyanschlusses vorsehen. Dieser Zwang bezieht sich auch auf den Kauf vorausbezahlter Karten im Mobilfunkbereich. Die Telekommunikationsunternehmen müssen die Daten ihrer Kunden zusammen mit der zugeteilten Rufnummer in eine Datenbank einstellen, auf die Strafverfolgungsbehörden in einem größtenteils automatisierten Verfahren Zugriff haben. Dies erscheint den Beschwerdeführern als unverhältnismäßiger Grundrechtseingriff.

Die Stellungnahme der Bundesregierung hält dagegen, dass die beklagten Auskunftsverfahren zu Unrecht "in den größeren Kontext einer angeblichen Gesamttendenz zu immer weiter gehenden und vielfach neuartigen Überwachungsbefugnissen der Sicherheitsbehörden im Zuge der Bekämpfung neuartiger Gefahrenlagen gestellt und geradezu als Beispiel für diese Gesamttendenz präsentiert" würden. Die Grundentscheidung, dass Bestandsdaten für die Sicherheitsbehörden zugänglich sein sollen, könne bereits auf eine jahrzehntelange Praxis zurückblicken. Mit der TKG-Novelle in 2004 sei es "nur im Detail sei es zu sachlichen Änderungen gekommen". Neben der teilweisen Begrenzung der am automatisierten Auskunftsverfahren teilnehmenden Unternehmen auf öffentliche Anbieter seien zwar auch "einzelne Ausweitungen" zu verzeichnen. Es handle sich dabei aber um den Versuch, "in der Praxis des Abrufverfahrens zu Tage getretene Lücken zu schließen und insbesondere Prepaid-Produkte zu erfassen sowie die Suche mit Hilfe einer Ähnlichkeitsfunktion zu vereinfachen".

Die "punktuellen Ausweitungen des Kreises der zu Auskunftsersuchen im automatisierten Verfahren berechtigten Behörden" sind dem Papier zufolge überwiegend Konsequenz geänderter oder neuer Zuständigkeiten. Dazu gekommen sei eine "Klarstellung", dass die Abfrage der Daten nicht dem Fernmeldegeheimnis unterlägen. Die Bedeutung des Auskunftsrechts in Bezug auf Bestandsdaten sei in den letzten Jahren stark gewachsen, heißt es weiter: So sei ein Anstieg der automatisierten Auskunftsverfahren von 1,5 Millionen im Jahr 2001 auf 3,4 Millionen im Jahr 2005 zu verzeichnen gewesen – das entspricht über 9000 Abfragen täglich. Dieser sei aber nicht Ausdruck eines sorglosen Umgangs mit der Auskunftsbefugnis und habe auch nichts mit der geänderten Befugnisstruktur zu tun. Vielmehr müsse man das "dramatisch geänderte Telekommunikationsverhalten der Bevölkerung im Allgemeinen" und der für die Sicherheitsbehörden "relevanten Personengruppen im Besonderen" mit verstärkter Handynutzung in Betracht ziehen.

Die "völlige Verdachtslosigkeit der Datenvorhaltung" hat zudem dem umfangreichen Dokument nach zur Folge, dass von der Erfassung und Speicherung "nicht die geringste abstempelnde oder stigmatisierende Wirkung" ausgehe, rüstet die Bundesregierung anscheinend – angesichts einer auch dazu angekündigten Verfassungsbeschwerde – bereits mit für eine mögliche Verteidigung der geplanten sechsmonatigen verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten. In diesem Rahmen der Reform der TK-Überwachung ist auch eine neue Ausweitung der Identifizierungspflichten auf E-Mail-Konten vorgesehen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar beanstandet in seiner Stellungnahme derweil, dass die erweiterte Bestandsdatenregelung "in keinem Verhältnis zu einem völlig ungewissen und unbestimmten möglichen Nutzen der Speicherung" stehe. Straftäter könnten die Maßnahme durch den Einsatz von Strohleuten und den Tausch von Prepaidkarten leicht umgehen. Im Ausland gebe es zudem eine derartige "Datenerhebung auf Vorrat" nicht. Die staatlichen Zugriffsrechte seien ferner "zu weitgehend und zu unbestimmt". 14 Landesdatenschutzbeauftragte schließen sich dieser Auffassung in eigenen Positionspapieren generell an.

Der Berliner Anwalt der Beschwerdeführer, Meinhard Starostik, pocht in seiner aktuellen Erwiderung (PDF-Datei) auf die Eingabe der Bundesregierung zudem auf ein Recht auf Anonymität im Telekommunikationssektor. Wer etwa eine politische Demonstration vorbereite oder gegenüber der Presse vertraulich Missstände aufdecken wolle, habe ein berechtigtes Interesse an der Nutzung einer behördlich unregistrierten Mobiltelefonkarte. Das TKG erlaube die Identifizierung von Anrufern und Internetnutzern schon zur Verfolgung von Parksündern, kritisiert das Papier weiter. Geheimdienste dürften ohne richterliche Genehmigung Passwörter für E-Mail-Postfächer abfragen. Insgesamt habe die Stellungnahme der Regierung "einseitig nur die Effektivität staatlichen Handelns und der möglichst leichten staatlichen Überwachung der Bevölkerung im Blick. Die dem Grundgesetz zugrunde liegenden historischen Erfahrungen würden zeigen, "dass es langfristig dem Interesse unserer Gesellschaft zuwider läuft, den Staat um jeden Preis nach 'Sicherheit und Ordnung' streben zu lassen".

"Immer öfter verabschiedet die Politik verfassungswidrige Gesetze", ergänzt der Jurist Patrick Breyer, der die Verfassungsbeschwerde initiiert hat. Niemand wolle dem Staat zielgerichtete Ermittlungen wegen schwerer Straftaten verbieten. Der Gesetzgeber verliere aber zunehmend jedes Maß und stelle blindwütig alle unter Generalverdacht. Breyer ist dagegen der Ansicht, dass "der permanente Sicherheitsaktionismus der Politik Geld und politische Energie vergeudet, die anderswo fehlen".

Quelle : www.heise.de
Titel: Brüssel hält sich bedeckt im Streit um die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 26 März, 2007, 11:09
Die EU-Kommission hat einen Antrag eines Bürgerrechtlers zur Einsicht in die Akte zur laufenden Klage Irlands gegen die Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten zurückgewiesen (PDF-Datei). Nichts wissen von Informationsfreiheitsrechten will die Brüsseler Behörde zudem bei der bereits entschiedenen Klage des EU-Parlaments gegen die Weitergabe von Flugpassagierdaten (Passenger Name Records, PNR) an die USA. Auch hier ereilte eine Anfrage zum Aktenzugang ein ablehnender Bescheid. (PDF-Datei).

Als Begründung bringt die Kommission im ersten Fall insbesondere vor, dass die Veröffentlichung von Schriftsätzen in dieser Phase des laufenden Verfahrens "die Verteidigungsrechte der Parteien unterminieren". Auch im zweiten, bereits abgeschlossenen Verfahren wollen die Brüsseler Gremien ihre Unabhängigkeit im Umgang mit dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewahrt sehen.

"Angesichts des stetig wachsenden öffentlichen Interesses an Vorratsdatenspeicherung und Flugdatenübermittelung ist die Ablehnungsbegründung absurd", kommentiert die Mülheimer Autorin Bettina Winsemann (alias Twister) vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, aus dessen Reihen die Anträge auf Aktenzugang initiiert wurden. "Die Kommission bewertet hier die kaum nachvollziehbare 'Geheimhaltung' höher als das öffentliche Interesse und schreibt im gleichen Moment, dass die wesentlichen Argumente bereits veröffentlicht wurden." In diesem Fall sei aber nicht nachvollziehbar, warum die Dokumente nunmehr nicht komplett freigegeben würden. Winsemann vermutet, dass die Kommission die Dokumente nur deshalb unter Verschluss hält, weil sie "den Gegnern der geplanten Totalprotokollierung der Telekommunikation" und anderer Überwachungsmaßnahmen nicht noch weitere Argumente liefern wolle. Brüssel reagiere zunehmend nervös in Bezug auf die Rechtmäßigkeit der Datensammel-Richtlinie.

Zwei Monate nach dem Absegnen der Direktive über die sechs- bis 24-monatige Vorratsdatenspeicherung erklärte der EuGH im vergangenen Jahr die Fluggastdatenübermittlung in die USA für unzulässig. Zur Begründung führte er aus, dass die Europäische Gemeinschaft für die innere Sicherheit nicht zuständig sei und das inzwischen neu verhandelte Abkommen zum PNR-Transfer keine Rechtsgrundlage habe. Unter Berufung auf dieses Urteil hat Irland im Juni 2006 Nichtigkeitsklage gegen die Brüsseler Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung eingereicht. Die Iren gehen davon aus, dass es auch für die Direktive keine gültige rechtliche Basis gibt. Eine Entscheidung des Gerichtshofs in diesem Fall wird für nächstes Jahr erwartet.

Unter der Federführung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung haben im Januar 27 zivilgesellschaftliche Organisationen gegen die Umsetzungspläne des Bundesjustizministeriums zu der pauschalen Vorhaltung von "Daten über jede Nutzung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet" mobil gemacht. Auch Branchenverbände und die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern haben schwere Bedenken gegen das neue Überwachungsvorhaben. Für den 14. April ist zudem in Frankfurt am Main eine Demo gegen Vorhaben wie die Vorratsdatenspeicherung oder die Aufzeichnung des Flugreiseverkehrs angesetzt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Provider laufen Sturm gegen Auskunftsansprüche
Beitrag von: SiLæncer am 30 März, 2007, 09:51
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco verschärft seine Kritik an den im Raum stehenden Auskunftsanspruch gegen Provider. Dieser Auskunftsanspruch steht im Rahmen der Umsetzung der heftig umstrittenen EU-Richtlinie zur zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte zur Debatte. "Wenn die Rechteinhaber jetzt fordern, die vorherige richterliche Kontrolle aufzugeben und stattdessen ein automatisiertes Verfahren einzuführen, dann wollen Privatunternehmen dieselben Befugnisse wie der Staatsanwalt", kritisierte Oliver Süme, eco-Vorstand Recht und Regulierung, die zuletzt von den deutschen Phonoverbänden erneut aufgebrachten Forderungen nach der Streichung des Richtervorbehalts im Regierungsentwurf. "Damit würde die Verhältnismäßigkeit des Gesetzes völlig aus den Fugen geraten." Während für jede E-Mail-Werbung die vorherige Einwilligung des Empfängers erforderlich ist, sollten die Provider bereits dann das Fernmeldegeheimnis preisgeben, wenn der Anschlussinhaber nicht widerspricht. Dies sei völlig überzogen.

Das geplante Durchsetzungsgesetz verbessert Süme zufolge den Schutz des geistigen Eigentums generell erheblich. Es gebe den Rechteinhabern "ein weiteres effektives Mittel zur Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen an die Hand". Dabei gewährleiste gerade die von der Regierung vorgesehene Anforderung, dass Rechtehalter nur mit richterlicher Genehmigung Auskunftsansprüche zur Abfrage persönlicher Nutzerinformationen zu IP-Adressen stellen dürfen, "Rechtssicherheit für Provider und eine prozessuale Kontrolle". Sollte diese letzte Hürde für das informationelle Selbstbestimmungsrecht wegfallen, würde die Internetwirtschaft zur Beteiligung an einem "datenschutzrechtlich fragwürdigen, kostenintensiven Verfahren" gezwungen. Unabhängig davon sähen die Systeme der Provider die automatische Zusammenführung von IP-Adressen und Kundennamen nicht vor. Entsprechende technische Anlagen müssten erst geschaffen werden. Das dürfe keinesfalls zu Lasten der Zugangsanbieter gehen, die hier als unbeteiligte Dritte in Anspruch genommen werden sollen.

Die deutschen Phonoverbände hatten bei der Vorstellung ihrer Jahresbilanz am gestrigen Donnerstag erstmals öffentlich einen "Kompromissvorschlag" bei den umkämpften Auskunftsansprüchen ins Spiel gebracht. Demnach sollen die ertappten Nutzer selbst entscheiden, ob ihre persönlichen Daten herausgegeben von den Providern in einem automatisierten Verfahren herausgegeben werden. Wer nicht mitmacht, dürfte dabei nach Einschätzung der Musikindustrie beim Nachweis der ausgemachten Rechtsverletzung mit erheblichen Zusatzkosten zu rechnen haben.

Die umstrittene verfassungsrechtliche Zulässigkeit einer solchen Auskunftsautomatik haben sich Vertreter der Rechtehalter bereits im Herbst durch ein Gutachten des Karlsruher Rechtsprofessors Jürgen Kühling bestätigen lassen. Diesem zufolge würde es sich um einen "verhältnismäßigen Eingriff" in die Grundrechte der Surfer handeln, da anders "internetspezifische Urheberrechtsverletzungen" nicht "adäquat" bekämpft werden könnten. Angesichts der möglichen "Aktivierung der richterlichen Prüfung im Fall des Widerspruchs durch den Betroffenen" sei auch dem Richtervorbehalt Genüge getan.

Der eco hält einen zivilrechtlichen Auskunftsanspruchs zur effektiven Durchsetzung von Urheberrechten dagegen generell nicht für notwendig. Verletzungen würden Straftaten darstellen, wobei die staatlichen Ermittler schon nach bisherigem Recht einen Auskunftsanspruch gegenüber den Providern haben. Sollte dennoch ein zivilrechtlicher Informationsanspruch geschaffen werden, sei ein erheblicher Anstieg der Zahl der Auskunftsersuchen zu erwarten. Deren Bearbeitung stelle eine erhebliche Belastung für die Internetwirtschaft dar. Werde zudem noch der Richtervorbehalt aus dem Gesetz gestrichen oder ein automatisiertes Verfahren eingeführt, müsse "mit einer Flut von zusätzlichen Anfragen nach Nutzerdaten gerechnet werden". Dem könnten massenweise Abmahnungen und Schadensersatzforderungen an eine große Zahl von Surfern folgen.

Da die Provider bislang Kundendaten hinter dynamisch vergebenen IP-Adressen händisch recherchieren müssen, fordert der eco auf jeden Fall eine angemesse Kostenerstattung. Als Option neben dem vollen Ausgleich der Aufwendungen im Einzelfall schlägt der Verband eine Kostenpauschale von mindestens 250 Euro pro abgefragter IP-Adresse vor. Diese Note sei ins Gesetz aufzunehmen, um das Verfahren für alle Beteiligten zu vereinfachen und spätere Streitigkeiten zu verhindern.

Ein Dorn im Auge ist dem Verband ferner der "unklare Anwendungsbereich des im Regierungsentwurf vorgesehenen Auskunftsanspruches", der den Rechtehaltern einen zu weit reichenden Anwendungsspielraum lassen würde. Die Zugangsanbieter befürchten deshalb eine Ausuferung der Auskunftsverlangen auch in Fällen von vagen oder geringfügigen Rechtsverletzungen. Hierdurch entstünden erhebliche Rechtsunsicherheiten für die Provider selbst und ihre Kunden sowie unkalkulierbare Kostenrisiken.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung kommt die TK-Branche teuer zu stehen
Beitrag von: SiLæncer am 05 April, 2007, 15:39
Der Branchenverband Bitkom hat eine erste vorläufige Berechnung für die Summen erstellt, welche die von der geplanten Verpflichtung zur sechsmonatigen Vorhaltung von Verbindungs- und Standortdaten betroffenen Telekommunikationsunternehmen für ihre Hilfssheriffs-Tätigkeiten leisten müssten. "Nach den bislang allenfalls möglichen Grobkalkulationen ist damit zu rechnen, dass die Umsetzung der mit der Vorratsdatenspeicherung verbundenen Verpflichtungen branchenweit zusätzliche Investitionskosten in mittlerer bis hoher zweistelliger Millionenhöhe" verursache, heißt es in einer aktuellen Stellungnahme der Interessenvertretung. Dazu kämen "zusätzliche jährliche Betriebskosten in zweistelliger Millionenhöhe".

Die Lobbyvereinigung bleibt daher bei ihrer Auffassung, dass die von der Bundesregierung bisher nicht vorgesehene Einführung einer umfassenden Entschädigungsregelung, die sowohl Investitions- als auch Betriebskosten erfasst, unbedingt notwendig sei. Sie unterstreicht daneben, "dass sich abseits der branchenweit anfallenden Kosten die Belastung im Einzelfall – gerade bei kleineren und mittelständischen Unternehmen – noch zusätzlich zuspitzen wird". Dies sei etwa der Fall, "wenn hier zur Umsetzung der Verpflichtungen gänzlich neue Systeme installiert oder auch zusätzliches Personal eingestellt werden muss". Entsprechende Auswirkungen könne eine aggregierte Schätzung naturgemäß nicht hinreichend erfassen. Gleichwohl sei der Gesetzgeber "selbstverständlich gehalten, auch diese Auswirkungen zu berücksichtigen".

Generell sind die Telcos und Provider durch die im Raum stehenden Vorgaben laut dem Bitkom gezwungen, ihre Netzinfrastruktur massiv aufzurüsten. "Es bedarf dafür einerseits der Bereitstellung erheblicher zusätzlicher Kapazitäten für die Erhebung und Speicherung der anfallenden Daten, andererseits der Entwicklung von Such- und Datenverwaltungsroutinen, was etwa umfangreiche Programmierleistungen beinhaltet." Darüber hinaus würden der laufende Betrieb und die Wartung der neuen Systeme "einen maßgeblichen Kostenfaktor" bilden. Hierzu zählt der Verband die konkreten Speicherkosten, Datenbank-Wartung, Verwaltung des Datenvolumens sowie das notwendig werdende Auskunftssystem. Personalkosten in auch für große Unternehmen "spürbarem Maße" seien jeweils noch dazuzurechnen.

Die Grobskizzierung beruhe zudem auf einem lediglich moderaten Anstieg des aktuellen Verkehrs- und Datenaufkommens. Als weitere "Dunkelziffer" in die Bewertung mit einzubeziehen sind laut dem Verband die noch nicht geklärte technische und prozessuale Umsetzung der Forderung zur erweiterten Erhebung der Handy-Gerätekennung IMEI. Dazu kämen möglicherweise Kosten für die Aufrüstung im IP-Bereich und für die Ausweitung der Kapazitäten in den Netzelementen; dies wäre zur Bewältigung der zu erwartenden Ausweitung der Telekommunikationsüberwachung im Rahmen der ausschließlichen Ausleitung von Verkehrsdaten nach Paragraph 100 g Strafprozessordnung (StPO) notwendig. Auch der Umfang der anfallenden Auskunftsersuchen auf Basis der neuen Ermächtigungen sei genauso noch unklar wie die Auswirkungen "etwaiger zusätzlicher zivilrechtlicher Auskunftspflichten" zur Verfolgung von Urheberrechtsdelikten oder "Auskunftsersuchen im Zusammenhang mit Gefahrenabwehrmaßnahmen".

Eine Verpflichtung zur Vorhaltung getrennter Systeme zur Speicherung der Vorratsdaten, über die das Bundesjustizministerium momentan nachdenkt, lehnt die Branchenvereinigung ab. Den Unternehmen sollte es selbst überlassen bleiben, in welchem konkreten technischen Rahmen sie die vorgesehenen gesetzlichen Archivierungsverpflichtungen umsetzen und ob sie dazu etwa bisherige Kundensysteme mitnutzen. Insgesamt seien die Unternehmen durch die genannten diversen Unsicherheitsfaktoren bereits "einschneidend in ihrer eigenen betriebswirtschaftlichen Kalkulation belastet". Zuvor hatte bereits der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco beklagt, dass das Fass der Belastungen für die Provider mit der Vorratsdatenspeicherung überlaufe.

Quelle : www.heise.de
Titel: Medienverbände machen Druck gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 17 April, 2007, 17:58
Ein Aktionsbündnis zahlreicher Medienvereinigungen hat das Bundeskabinett aufgefordert, am morgigen Mittwoch den Gesetzesentwurf des Bundesjustizministeriums zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen entgegen der bisherigen Planung nicht zu verabschieden. Das heftig umstrittene Vorhaben, mit dem auch die Brüsseler Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten umgesetzt werden sollen, gefährde die Pressefreiheit und höhle den Informantenschutz aus. Absender des eindringlichen Appells sind der Deutsche Journalisten-Verband (djv), die Dienstleistungsgewerkschaft ver.di, der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV), der Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ), der Verband Privater Rundfunk und Telemedien (VPRT), der Deutsche Presserat sowie ARD und ZDF.

In der Kritik steht insbesondere die vorgesehene sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsbereich, da davon auch alle elektronischen Kommunikationsspuren von Journalisten erfasst würden. Es müsse verhindert werden, dass der Informantenschutz dadurch "unter leicht konstruierbaren Abwägungen der Verhältnismäßigkeit" ausgehebelt werden könne. Die Vorratsdatenspeicherung dürfe zudem nur der Aufklärung wirklich schwerer Verbrechen dienen. Der bisherige, in enger Abstimmung mit dem Bundesinnenministerium erarbeitete Entwurf sieht mit der Unterstützung der Regierungskoalition vor, dass Strafverfolger unter anderem auch bei "mittels Telekommunikation begangenen Straftaten" in den Datenbergen schürfen dürfen.

Der Informantenschutz werde mit der Gesetzesinitiative zudem auch bei allen anderen heimlichen Ermittlungsmaßnahmen durchlöchert und nur noch einer "Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall unterworfen", schließt sich das Bündnis der allgemeinen Kritik etwa der Humanistischen Union an dem Entwurf an. Journalisten können damit ihren Zuträgern nicht mehr garantieren, dass ihre Identitäten geheim bleiben. Zudem müssen die Redaktionen laut dem Appell künftig besser gegen Durchsuchungs- und Beschlagnahmebeschlüsse geschützt werden, wenn gegen Journalisten wegen des Verdachts einer Teilnahme am Verrat von Dienstgeheimnissen ermittelt wird. Solche Maßnahmen dürfen nach Meinung des Bündnisses nur eingeleitet werden, wenn ein dringender Tatverdacht vorliegt. Zudem habe beim Abhören von Telefonen oder E-Mail in jedem Fall eine Benachrichtigung der Betroffenen zu erfolgen. Der Gesetzentwurf sehe hier entgegen der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts vor, dass unter Umständen nach einer Frist von fünf Jahren die Informationspflicht unter den Tisch fallen könne.

Die Verbände und Sender riefen die Bundesregierung allgemein auf, "das Grundrecht der Pressefreiheit nicht vorschnell dem berechtigten staatlichen Interesse der Verbrechensbekämpfung zu opfern". Ein Klima der Angst in Redaktionen vor Ausspähung ihrer elektronischen Kommunikation behindere den kritischen Journalismus, auf den Demokratie und Staat dringend angewiesen seien.

Mit einer Kunstaktion vor dem Reichstag will morgen zudem der Aktionskreis Vorratsdatenspeicherung nach der maßgeblich mit vorbereiteten Demo gegen den "Überwachungswahn" in Frankfurt am Samstag erneut gegen die geplante verdachtsunabhängige "Totalprotokollierung" der elektronischen Nutzerspuren mobil machen. Unter dem Motto "Stasi 2.0: Der Staat weiß jetzt alles" planen die Aktivisten, auf die Folgen einer "Totalüberwachung" hinzuweisen. Dabei soll die plakative Darstellung der kleinen oder großen Geheimnisse, die jeder mit sich herum trägt, sowie sozialer Diskriminierungsmerkmale zum Nachdenken über die "Wir haben doch nichts zu verbergen"-Argumentationslinie anregen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesregierung segnet Vorratsdatenspeicherung ab
Beitrag von: SiLæncer am 18 April, 2007, 14:39
Das Bundeskabinett hat den Gesetzesentwurf aus dem Bundesjustizministerium zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen mit einigen Änderungen am heutigen Mittwoch beschlossen. Mit dem heftig umstrittenen Vorhaben, gegen das sich gestern noch einmal zahlreiche Medienverbände aus Angst um die Aushöhlung von Pressefreiheit und Informantenschutz  stark gemacht hatten, will die Bundesregierung auch die Brüsseler Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten umsetzen. In der vorgeschlagenen Form erscheint Bundesjustizministerin Brigitte Zypries diese Maßnahme "verhältnismäßig und mit der deutschen Verfassung vereinbar."

Generell verteidigte die SPD-Politikerin den mit Begründung 200 Seiten umfassenden Entwurf mit dem Hinweis, dass der Grundrechtsschutz der Betroffenen ausgebaut würde. So soll das Vorhaben etwa den vom Bundesverfassungsgericht geforderten Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung bei verdeckten Observationen stärker gewährleisten und die Benachrichtigung der Betroffenen verbessern. Andererseits läutet der Vorstoß mit der Vorratsdatenspeicherung eine Umkehr bestehender Datenschutzbestimmungen und die Aufgabe der Unschuldsvermutung ein.

In diesem Bereich sollen die präventiven Möglichkeiten für Sicherheitsbehörden zur Abfrage der von den Providern aufzubewahrenden Telekommunikationsdaten mit dem Regierungsentwurf im Vergleich zum Referentenpapier deutlich ausgebaut werden. So ist die Verwendung der so genannten Verkehrsdaten nun nicht mehr nur zur Strafverfolgung, sondern auch "zur Abwehr von erheblichen Gefahren" und "zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben" aller Geheimdienste vorgesehen. Die Vorratsdaten könnten "für die Gefahrenabwehr" genutzt werden, erläuterte Zypries heute vor der Bundespressekonferenz, "wenn die Polizeigesetze der Länder dies ermöglichen". Allgemein müsse ein Richter immer erst die Erlaubnis zum Schürfen in den Datenbergen geben.

Nicht mehr vorgesehen ist, eine Identifikationspflicht für die Beantragung von E-Mail-Konten einzuführen und somit eine anonyme Nutzung der E-Post zu verbieten. Andererseits bleibt es bei der Bestimmung, dass auch Anonymisierungsdienste zur Vorratsspeicherung verpflichtet werden sollen. Generell sind von den Anbietern elektronischer Postdienste künftig aufzubewahren: Die IP-Adresse des Nutzers bei jedem Versenden einer E-Mail und bei jedem Zugriff auf das Postfach sowie die Netzkennung des Absenders bei jedem Empfang einer E-Post. Gleichzeitig hieß es aus dem Justizministerium aber, dass der Grundsatz gelte, dass keine neuen "Datenerhebungspflichten" geschaffen würden. Von den Providern seien nur die Informationen zu speichern, die sie auch jetzt schon "produzieren" würden.

Zypries räumte ein, dass es wegen der gesamten Vorratsdatengeschichte "schon sehr viel Ärger gegeben hat". Vorwürfe, dass sich die Bundesregierung bereits auf EU-Ebene stärker gegen die verdachtsunabhängige Speicherung von Verkehrsdaten hätte wehren sollen, wies die Ministerin aber zurück. "Das macht mich persönlich etwas zornig", betonte Zypries. "Wir haben ein Jahr lang Widerstand gegen eine exzessive Formulierung geleistet." So seien zunächst Archivierungsfristen bis zu 36 Monaten und die Vorhaltung von Anrufversuchen genauso vorgesehen gewesen wie die Erstellung von Bewegungsbildern bei Telefonieren mit dem Handy oder die Erfassung der Gerätekennung von Computern. Angesichts des Schwenks in Brüssels, die Vorratsdatenspeicherung nicht mehr vom EU-Rat als Rahmenbeschluss, sondern als Richtlinie vom Parlament mit verabschieden zu lassen, habe es nur die Möglichkeit zum Mitverhandeln gegeben. Die anhängige Klage Irlands beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) habe zudem keine aufschiebende Wirkung für die anderen Mitgliedsstaaten, wandte sich Zypries auch gegen ein gesetzgeberisches Moratorium.

Generell ist der Ministerin nach künftig von den Anbietern sechs Monate zu speichern, "wer mit wem wann und beim Mobilfunk von wo aus telefoniert hat". Es gehe quasi um die Aufbewahrung des Briefumschlags zur Feststellung, wer Absender und Empfänger einer Telekommunikation sei. Wenn jemand ständig mobil telefoniere, hätten die Ermittler damit auch ein Bewegungsprofil, machte Zypries klar. Mit der Beibehaltung der Zugriffsmöglichkeiten auch bei "mittels Telekommunikation begangener Straftaten" seien zudem auch Urheberrechtsverletzungen "im strafrechtlichen Sinne" prinzipiell eingeschlossen. In diesem Bereich drohen die Regelungen, was etwa beim Filesharing ein Verbrechen darstellt oder nicht, künftig mit der umstrittenen geplanten Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte deutlich ausgeweitet zu werden. Zudem pocht etwa die Musikindustrie auch auf einen Zugriff auf die Vorratsdaten in zivilrechtlichen Verfahren.

Trotz der Kritik von Bürgerrechtlern wie der Humanistischen Union (HU) sind die Regelungen zum verbesserten Grundrechtsschutz im Vergleich zum Referentenentwurf unverändert geblieben. Die HU hatte unter anderem befürchtet, dass dem vielfach kritisierten Wildwuchs bei Überwachungsmaßnahmen wie der Telekommunikationsüberwachung damit nicht Einhalt geboten werden könne. Zypries hielt dagegen, dass von einem kleinen Lauschangriff letztlich nur ein Promille der gesamten Ermittlungsverfahren betroffen sei.

Die HU bemängelte zudem, dass der besondere Kernbereichsschutz bei der Telefonüberwachung durch die gewählten weiten Formulierungen faktisch gleich wieder ausgehebelt werde. Ein tatsächlicher Kernbereichsschutz und damit ein Überwachungsverbot ist nämlich nur für den Fall vorgesehen, wenn durch eine verdeckte Ermittlung "allein" Erkenntnisse aus dem Kernbereich erlangt würden. Laut Zypries wisse man aber beim Telefonieren im Unterschied zum direkten Gespräch etwa im Schlafzimmer, "dass die Wellen den Raum verlassen" und selbst ein unbeabsichtigtes Mithören möglich sei. Ein absolutes Abhörverbot sei daher nur sinnvoll, wenn es etwa um ein Gespräch mit der Telefonseelsorge gehe. Keinen Nachbesserungsbedarf hat die Regierung weiter beim abgestuften Schutz so genannter Berufsgeheimnisträger gesehen. Hier soll es dabei bleiben, dass Ehepartner, Ärzte und Journalisten schlechter vor einer Mitüberwachung geschützt sind als Geistliche, Strafverteidiger und Abgeordnete.

Quelle : www.heise.de
Titel: Scharfe Reaktionen auf Kabinettsbeschluss zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 18 April, 2007, 17:52
Branchenverbände, Datenschützer, Bürgerrechtler und Oppositionspolitiker haben heftige Kritik an den Plänen der Bundesregierung zur Neufassung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen geübt. Im Kernpunkt der Rügen steht die mit dem Gesetzesentwurf verknüpfte Umsetzung der Brüsseler Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Die damit einhergehende Pflicht zur verdachtsunabhängigen Speicherung sämtlicher Verkehrsdaten der Kommunikation aller Bürger per Festnetz, Mobiltelefon, Internet, E-Mail oder SMS "wird von der Wirtschaft abgelehnt", hat sich der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco zu Wort gemeldet. Auch dem Branchenverband Bitkom erscheint die Vorratsdatenspeicherung "noch nicht durchdacht". Der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD), Thilo Weichert, riet, den Kabinettsbeschluss am besten "sofort wieder einzustampfen".

Der Landesdatenschutzbeauftragte greift in seiner Reaktion die federführende Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) persönlich an. Diese tue so, "als wäre die sechsmonatige Vorratsspeicherung von TK-Verkehrsdaten nichts Besonderes und Neues". Tatsächlich würde das Gesetz "uns mit einem Schlag in eine voll überwachte Informationsgesellschaft katapultieren". Für die vage Aussicht, den einen oder anderen Kriminellen zu fangen, würden 100 Prozent der Bevölkerung bei der Nutzung elektronischer Kommunikationsmedien überwacht. Dies sei eindeutig verfassungswidrig. Der Bundestag spare sich daher gesellschaftliche Konflikte, wenn er dem Vorhaben im parlamentarischen Prozess nun die rote Karte zeige und eine rechtlich überaus zweifelhafte EU-Richtlinie nicht umsetze.

"Das Novum der Vorratsdatenspeicherung liegt darin, dass unbescholtene Personen unter Generalverdacht gestellt werden, wenn sie per Internet und Telefon kommunizieren", wendet sich auch eco-Vorstandsmitglied Oliver Süme gegen das Vorhaben. Die betroffenen Unternehmen würden dabei "wider Willen zum Hilfsscherriff" und "Büttel des Staats" gemacht. Sümes Verband fordert daher weiter zumindest ein Moratorium der Umsetzung der EU-Vorgaben. Sollte das Gesetz trotzdem verabschiedet werden, dringt der eco auf eine "vollumfängliche Entschädigung aller durch die Einführung der Vorratsdatenspeicherung und durch die Erteilung von Auskünften an die Strafverfolgungsbehörden entstehenden Kosten".

Auch der Hauptgeschäftsführer des Bitkom, Bernhard Rohleder, erinnerte die Regierung an ein drei Jahre altes Versprechen, den Unternehmen die hohen Kosten für die Telefon-Überwachung zu erstatten: "Die Firmen haben Millionen in teure Spezialtechnik und Personal investiert – und sind bisher auf ihren Ausgaben sitzen geblieben." Die Branche sei immer ein verlässlicher Partner der Behörden. Weil das geplante Gesetz die Mitwirkung der Unternehmen ausweite, müsse die Regierung aber die Mittel dafür bereitstellen. Zudem fordert der Bitkom die Gewährung einer "ausreichenden Übergangsfrist für die betroffenen Telekommunikationsanbieter". So bemängelt die Lobbyvereinigung, dass die Unternehmen offiziell noch dieses Jahr verpflichtet werden sollen, Telefonverbindungen sechs Monate lang zu speichern, und für Internetanschlüsse die neuen Regeln auch schon von 2009 an gelten würden. Generell geht Rohleder davon aus, dass Teile des Gesetzes "vor dem Bundesverfassungsgericht auf wackligen Beinen stehen könnten".

Der Schelte von Medienverbänden hat sich inzwischen auch der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV) angeschlossen. Durch die geplante Datenerfassung könnten seiner Ansicht nach staatliche Behörden im Bedarfsfall sämtliche elektronischen Kommunikationsdaten von Journalisten auswerten. Ein zuverlässigen Schutz von Informationszuträgern sei somit nicht mehr zu gewährleisten. Mühsam aufgebaute Informantennetzwerke der "gläsernen Journalisten" könnten zusammenbrechen.

Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, wirft Schwarz-Rot derweil vor, "einmal mehr die Rechtstaatlichkeit zu konterkarieren" und weiteren "Raubbau" an den Bürgerrechten zu betreiben. Die Bundesregierung vollziehe einen bedrohlichen Paradigmenwechsel. Und laut der FDP-Fraktion im Bundestag sind die Vorschläge der Regierung "unzureichend", "enttäuschend" und in Teilen "hochproblematisch". Die erhoffte Stärkung von Rechten der Betroffenen sei genauso ausgeblieben wie die angemessene Berücksichtigung der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung. Als "tragisch" bezeichnete es die bayerische FDP-Vorsitzende Sabine Leutheusser-Scharrenberger, dass Zypries von einem Ausbau der Bürgerrechte bei deren permanentem Abbau spreche.

Die Linke im Bundestag sagt ebenfalls "Nein" zur Vorratsdatenspeicherung. Die Bundesregierung sei nicht glaubwürdig, wenn sie behauptee, nur schwerste Straftaten mit der Vorratsdatenspeicherung verfolgen zu wollen. Schon jetzt seien Forderungen aus der Union laut geworden, "Teenager, die Musik aus dem Internet downloaden, per Vorratsdatenspeicherung zu jagen". Die Linksfraktion im Thüringer Landtag sprach von einem "überzogenen Sicherheitswahn".

Auch innerhalb der Regierungskoalition, die für die Implementierung der Vorratsdatenspeicherung zunächst prinzipiell grünes Licht gegeben hatte, wächst der Widerstand. So haben sich mehrere Mitglieder, Mandatsträger und Untergliederungen von SPD, CDU und CSU öffentlich gegen die "drohende Zwangsspeicherung des Telekommunikationsverhaltens der gesamten Bevölkerung" in einem Appell ausgesprochen, den der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung lanciert hat. Der Aufruf, den etwa der Virtuelle Ortsverein der SPD (VOV) unterstützt, führt Zweifel an der Angemessenheit einer sechsmonatigen verdachtsunabhängigen Erfassung der elektronischen Nutzerspuren auf und verweist auf das Missverhältnis zwischen Aufwand und möglichem Ergebnis der Datenvorhaltung.

Die Unterzeichner, die noch auf zahlreiche Mitstreiter in den eigenen Fraktionsreihen hoffen, fordern ihre Parteien auf, die Umsetzung der allgemeinen Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten auszusetzen und zunächst in einem offenen Dialog mit ihren Mitgliedern und den Bürgern die Risiken der Vorratsdatenspeicherung zu erörtern. "So sehr wir uns eine wirksamere Bekämpfung des Terrorismus wünschen, so wenig möchten wir durch unüberlegtes Handeln neue Gefahren heraufbeschwören und die freiheitlichen Grundrechte einschränken, deren Verteidigung gerade das Ziel des Kampfes gegen Terrorismus und andere Feinde einer demokratischen und offenen Gesellschaft ist", heißt es in der Erklärung. Zugleich hat der Arbeitskreis Bilder einer Kunstaktion vor dem Reichstag veröffentlicht, mit der er plakativ kleine oder große Geheimnisse der Bürger darstellte.

Quelle : www.heise.de
Titel: Österreichs Regierung legt Gesetz für Verbindungsdatenspeicherung vor
Beitrag von: SiLæncer am 24 April, 2007, 16:46
Zur Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung (2006/24/EG) möchte die österreichische Bundesregierung ähnlich wie die deutsche Bundesregierung das Telekommunikationsgesetz novellieren. Eine entsprechende Regierungsvorlage ist nun in Begutachtung gegangen und wurde auf der Website des Verkehrsministeriums veröffentlicht. Jedermann kann dem Ministerium bis 21. Mai eine Stellungnahme zum Entwurf übermitteln.

Ab 1. September soll die Vorratsspeicherung für Telefoniedaten einschließlich elektronischer Post (E-Mail, Kurznachrichten, Instant Messaging, etc.) sowie von Diensten "mit Zusatznutzen" für sechs Monate vorgeschrieben werden. Elektronische Post ist dabei "jede über ein öffentliches Kommunikationsnetz verschickte Text-, Sprach-, Ton- oder Bildnachricht, die im Netz oder im Endgerät des Empfängers gespeichert werden kann, bis sie von diesem abgerufen wird". Unter "Dienst mit Zusatznutzen" versteht der Gesetzgeber "jeden Dienst, der die Bearbeitung von Verkehrsdaten oder anderen Standortdaten als Verkehrsdaten in einem Maße erfordert, das über das für die Übermittlung einer Nachricht oder die Fakturierung dieses Vorgangs erforderliche Maß hinausgeht". Die in der Richtlinie ebenfalls vorgesehene Speicherung anderer Internet-Daten muss bis Mitte März 2009 umgesetzt werden und soll in einer separaten Novelle geregelt werden.

In der Erläuterung überrascht die Regierung mit der Angabe, dass die "Speicherverpflichtung ausschließlich Daten betrifft, die bereits derzeit für Verrechnungszwecke gespeichert werden". Die Mobilfunk-Netzbetreiber dürften anderer Ansicht sein. Denn viele alsbald speicherpflichtige Daten sind für die Abrechnung in der Regel irrelevant: Standort des Anrufers, Standort des Angerufenen (Cell-ID), Rufweiterleitungen von gerufenen Anschlüssen aus, die IMEI-Nummern der beteiligten Endgeräte oder Daten über nicht zustande gekommene oder kostenlose Gespräche. Teilweise ist die dann vorgeschriebene Speicherung bisher sogar ausdrücklich verboten, etwa von Verbindungsdaten bei Flatrates. Dass die Datenhortung nicht billig wird, weiß aber auch die Regierung: "Die Höhe der Mehrkosten ist nicht vorhersehbar." Alle beabsichtigten Gesetzesänderungen mit der Liste der hinkünftig für sechs Monate zu speichernden Informationen, den Auskunfts- und Reportpflichten sowie den Strafbestimmungen sind online in einer PDF-Datei einzusehen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Regierung verteidigt vorgezogenen Start der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 25 April, 2007, 16:25
Das Bundesjustizministerium will mit dem geplanten Inkrafttreten der heftig umstrittenen Verpflichtung zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten schon zum 1. Januar 2008 sicherstellen, dass den betroffenen Telekommunikationsunternehmen eine angemessene Übergangsphase bis zum Greifen der gesetzlich vorgesehenen Ordnungswidrigkeitsbestände und Bußgeldforderungen bleibt. Dies erklärte eine Sprecherin der Behörde am heutigen Mittwoch gegenüber heise online. Beim Verstoß gegen die Auflagen gelten Bußgelder, die im Höchstfall bis zu 500.000 Euro reichen.

Die Bußgelder sollen laut dem Regierungsentwurf, den das Bundeskabinett vor einer Woche unter anhaltenden Protesten von Medienverbänden, Datenschützern und der Opposition verabschiedete, bei der Missachtung der Gesetzesvorgaben und Speicherpflichten vom 1. Januar 2009 an verhängt werden können. Darauf könnten sich die Provider nun mit einer ausreichenden Vorlauffrist einstellen, hieß es im federführenden Ministerium. Bis dahin müsse sich beim Nichtbeachten der Vorschriften "keiner Sorgen machen, dass er bestraft wird". Man habe mit dieser Regelung auch verhindern wollen, dass die Bußgelder "gleich als Keule verstanden" würden.

Der Branchenverband Bitkom forderte vergangene Woche die Gewährung einer "ausreichenden Übergangsfrist für die betroffenen Telekommunikationsanbieter". Die Regierung hatte sich zunächst gegenüber Brüssel die Möglichkeit vorbehalten, das Inkrafttreten der Speicherpflichten rund ums Internet zeitversetzt bis Mitte März 2009 aufzuschieben. Davon ist im Kabinettsbeschluss nicht mehr die Rede: Die Bestimmungen sollen nun für alle Anbieter schon ab Januar 2008 gelten. Ginge es nach den Vorgaben der EU, müsste zumindest die Pflicht für Anbieter zum Vorhalten von Verbindungs- und Standortdaten aus dem reinen Telefoniebereich eigentlich bereits vom Herbst an gelten.

Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco reagierte heute sehr verschnupft auf den neuen Zeitplan der Bundesregierung. Die Provider seien von der geänderten Pflicht zur kurzfristigen Umsetzung "böse überrascht" worden, beklagt Klaus Landefeld, Vorstand Infrastruktur und Netze beim eco. Es sei völlig unrealistisch, dass die Speicherung der Verbindungsdaten von Internet- und E-Mail-Nutzung zu diesem Zeitpunkt implementiert werden könne. Sie sei mit der herkömmlichen Datenaufzeichnung im Telefonsektor nicht zu vergleichen. "Es geht hier nicht um die Erweiterung bestehender Überwachungstechnik, sondern es müssen neue, anspruchsvolle technische und organisatorische Prozesse aufgesetzt werden, die hohe Kosten verursachen", versucht Landefeld der Politik zu verdeutlichen. Denn es seien auch Daten zu speichern, die bislang kein Provider erfasse.

Die ins Spiel gebrachte "überhastete Umsetzung" stellt laut Landefeld insgesamt "eine enorme Belastung für die Internetwirtschaft dar." Die Provider würden gezwungen, "kurzfristig enorme Kosten für die Umsetzung eines Gesetzes zu tragen, das dann möglicherweise vom Europäischen Gerichtshof oder vom Bundesverfassungsgericht wieder gekippt wird." Irland hat bereits in Luxemburg gegen die entsprechende EU-Richtlinie geklagt, sodass der eco gemeinsam mit Datenschützern ein Moratorium der Implementierung in nationales Recht bis zu der ausstehenden gerichtlichen Entscheidung fordert.

Quelle : www.heise.de
Titel: Französische Provider sollen Nutzerdaten auf Vorrat speichern
Beitrag von: SiLæncer am 30 April, 2007, 17:29
In Frankreich sorgt der Regierungsvorschlag zur technischen Umsetzung der einjährigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten bei Providern und Bürgerrechtlern für Unmut, da er weit über die EU-Vorgaben hinausgeht. Der Entwurf für ein Dekret zur Anwendung des bereits beschlossenen "Gesetzes für das Vertrauen in die digitale Wirtschaft" sieht laut der zivilgesellschaftlichen Organisation Imaginons un Réseau Internet Solidaire (IRIS) unter anderem vor, dass die Netzanbieter über die gängigen Verbindungs- und Standortdaten auch die Identifikationsdaten, Login-Informationen, Pseudonyme und Passwörter für sämtliche Nutzungsvorgänge im Internet aufbewahren müssen. Einträge, Änderungen oder Kommentare in Weblogs oder Foren wären davon genauso erfasst wie etwa die Beantragung und Anwendung eines E-Mail-Kontos. Eine anonyme Internetnutzung wäre damit in Frankreich nicht mehr möglich.

Der Umfang und Gehalt dieser Daten sprengt laut IRIS das Vorstellungsvermögen. Auch die "European Digital Rights"-Initiative (EDRi) kritisiert, dass eine solche Bestimmung vom technischen und ökonomischen Standpunkt her ein Ding der Unmöglichkeit sei. Die französische Tageszeitung Le Monde hat in einem Kommentar bereits die Frage aufgeworfen, ob der Staat dem französischen Internet den Todesstoß versetzen wolle. Die Regierung hänge anscheinend einem Trugbild von "Big Brother" an, wonach sie selbst das Unmögliche wissen wolle.

Die Providervereinigung Association des Fournisseurs d'Accès et de Services Internet (AFA) hat derweil eine Klarstellung über die "Natur der aufzubewahrenden Daten" verlangt. Dies sei besonders wichtig, da die Zugangsanbieter im Fall einer Rechtsentscheidung zur Verletzung der Privatsphäre der Bürger auch strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden könnten.

Zweiter großer Stein des Anstoßes bei der Umsetzungsanordnung: Daten aus der Vorratsspeicherung, welche Sicherheitsbehörden einmal von den Telekommunikationsanbietern abgefragt haben, sollen in Datenbanken beim Innen- und Verteidigungsministerium drei Jahre lang vorgehalten werden. In der entsprechenden EU-Richtlinie ist eine Maximalspeicherfrist bei den Providern von zwei Jahren vorgesehen. Mitgliedsstaaten können die Bestimmungen mit dem Segen der EU-Kommission und im Rahmen üblicher Verhältnismäßigkeitsvorkehrungen aber von sich aus erweitern. Die dreijährige Datenarchivierung "ist übermäßig und nicht gerechtfertigt", beklagt die IRIS. Schon die europäische Gesetzgebung sei in diesem Bereich weit über das Ziel hinausgeschossen.

Wie hierzulande bedrücken die Internetwirtschaft ferner die Kosten für die staatliche vorgesehene Datenhaltung und die erforderliche Aufrüstung der Überwachungsinfrastruktur. Die Expertenschätzungen liegen auch im Nachbarland bei bis zu mehreren Millionen Euro für einzelne Unternehmen pro Jahr. Eine Pauschalentschädigung für einen konkreten Datenabruf reiche da nicht aus. Als zu hoch erscheinen den Providern auch die Sanktionen bei Nichterfüllung der Speicherpflichten: demnach können auf sämtliche Anbieter von Online-Diensten bis hin zu Betreibern privater Webseiten mit interaktiven Kommunikationsmöglichkeiten Bußgelder bis zu 375.000 Euro zukommen. Ihre Geschäftsführer sollen zusätzlich mit einer maximal einjährigen Haftstrafe, 75.000 Euro Geldbuße und Gewerbescheinentzug belegt werden können. Unternehmen, die nicht Hilfssheriff spielen wollen, dürfen dem Entwurf nach zudem von Staats wegen dicht gemacht.

Die deutsche Providervereinigung eco fürchtet ebenfalls, dass sich die größten Härten rund um die hierzulande vom Bundeskabinett bereits abgesegnete Vorratsdatenspeicherung erst aus der technischen Umsetzungsrichtlinie ergeben könnten. Viel hänge von den Fragen ab, wie und wann die Daten geliefert werden müssten, also ob etwa innerhalb von ein paar Stunden, auch abends und am Wochenende oder im Lauf einer Woche. Es gebe auch noch keine Aussage, wie sicher die Speicherung sein muss und wer im laufenden Betrieb Zugriff auf die Informationen haben darf.

Quelle : www.heise.de
Titel: Datenschützer pocht auf enge Regelung beim Auskunftsanspruch gegen Provider
Beitrag von: SiLæncer am 18 Mai, 2007, 13:34
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar will im Streit um den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur besseren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte verhindern, dass die persönlichen Daten einer Vielzahl von Tauschbörsen-Nutzern ohne rechtsstaatliche Schranke "einfach" an die Musik- und Filmindustrie herausgegeben werden. "Die durch die Anbieter von Telekommunikationsdiensten gespeicherten Daten über die Nutzung des Internets unterliegen dem Fernmeldegeheimnis", betont der oberste Hüter der Privatsphäre der Bundesbürger. "Sie dürfen nur auf Basis verfassungsrechtlich einwandfreier gesetzlicher Regeln für andere Zwecke verwendet werden."

Schaar wendet sich mit der Klarstellung gegen Forderungen der Musik- und Filmindustrie, im Rahmen des heftig umkämpften Gesetzes zur Umsetzung einer entsprechenden EU-Richtlinie beim Verdacht auf Urheberrechtsverletzungen einen "Direktzugang" zu Informationen wie Name und Anschrift von Internetnutzern über die Zugangsprovider zu erhalten. Für den Datenschützer ist bei den geplanten zivilrechtlichen Auskunftsansprüchen gegen die Netzanbieter auf jeden Fall ein Richtervorbehalt vorzusehen. Zudem dürften sich diese nicht auf "gelegentliche Teilnehmer" von Tauschbörsen beziehen. Ich warne vor einer "Kriminalisierung der Schulhöfe", erklärte Schaar am heutigen Freitag in diesem Zusammenhang. Es sei völlig inakzeptabel, die Personendaten sporadischer, nicht gewerbsmäßig handelnder Filesharer bei ausgemachten Rechtsverstößen ohne weiteres herauszugeben.

Zur Untermauerung seiner Forderungen verweist der Datenschutzbeauftragte auf die "häufig unklare Urheberrechtslage im Internet". Dort würden sich auch eine Vielzahl von nicht geschützten Werken wie etwa Musikstücken befinden. Es sei daher zu befürchten, "dass gutgläubige Nutzer sich dem Generalverdacht einer strafbaren Handlung ausgesetzt sehen oder zu Unrecht mit erheblichen finanziellen Forderungen bedroht werden". Weiter unterstrich Schaar, dass der Zugriff auf Verbindungsdaten, die im Rahmen der geplanten verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten von den Providern sechs Monate vorgehalten werden sollen, bei Urheberrechtsverletzungen nicht zu gestatten sei. Dieser müsse vielmehr auf die Verfolgung schwerer Straftaten beschränkt bleiben.

Die Regierung will es mit ihrem Vorstoß einfacher machen, Rechtsverletzer zu identifizieren und gegen sie leichter in zivilrechtlichen Verfahren vorzugehen. Dazu sollen Provider auf Basis des neuen Auskunftsanspruches die zu einer IP-Adresse gehörenden Bestands- und Nutzerdaten herausgeben,­ wenn ein Richter dem zustimmt. Bei der 1. Lesung des Gesetzesentwurfs im Bundestag hatten unter anderem Rechtspolitiker von der CDU/CSU-Fraktion sowie von der FDP erklärt, dass die von der Musik- und Filmindustrie gewünschten Informationen aber nicht vom Fernmeldegeheimnis betroffen seien und der Umweg über das Gericht daher nicht erforderlich sei.

Der Rechtehalter habe ja bereits die IP-Adresse des mutmaßlichen Verletzers und damit das Verbindungsdatum ermittelt, hatten die Abgeordneten ausgeführt. Es gehe danach allein um die Zuordnung einer Internetkennung zu Name und Anschrift des Nutzers. Damit habe die IP-Adresse keine andere Funktion als die Nummer eines gewöhnlichen Telefonanschlusses. Die Abfrage der Bestandsdaten sei somit einer Telefonauskunft gleichzustellen. Die Provider selbst laufen insgesamt Sturm gegen die Schaffung von Auskunftsansprüchen. Mit einem automatisierten Verfahren ohne Richtervorbehalt würden Rechteinhaber und Privatunternehmen ähnliche Befugnisse wie der Staatsanwalt beanspruchen, beklagt die Branche.

Quelle : www.heise.de
Titel: Aufregung um Vorratsdatenspeicherung in Österreich
Beitrag von: SiLæncer am 23 Mai, 2007, 09:28
In Österreich regt sich breiter Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung. Der Gesetzesentwurf der Regierung, mit dem die Data-Retention-Richtlinie der EU umgesetzt werden soll, erntet Kritik von unterschiedlichen Seiten. Vor allem die beabsichtigte Nutzung der Daten nicht nur für die Bekämpfung von Terrorismus, sondern sogar für Fahrlässigkeitsdelikte sorgt für Proteste. Dienstagabend, am Tag nach dem Ende der Begutachtungsfrist, diskutierten Gegner der Vorratsdatenspeicherung im Republikanischen Club in Wien.

Einige Organisationen haben in den vergangenen Tagen Änderungen am Regierungsentwurf gefordert, darunter die Wirtschaftskammer Österreich, der Verein Quintessenz, die Kammer für Arbeiter und Angestellte, der Verband der Internet Provider ISPA, die Arge Daten, ebenso die Grünalternative Jugend Wien und der Konsumentenschutzsprecher der Regierungspartei SPÖ, Johann Maier, der auch stellvertretender Vorsitzender des Datenschutzrates und Nationalratsabgeordneter ist. Vor allem zwei Elemente des Entwurfs schüren den Unmut: Es gibt keine Regelung darüber, wer die Kosten für die Vorratsdatenspeicherung tragen soll – Wirtschaft und Konsumentenschützer fordern Kostenersatz für die Telekommunikationsanbieter. Und die Regierung möchte die Daten für wesentlich mehr nutzen, als in der EU-Richtlinie vorgesehen.

"Der zentrale Punkt ist die Frage, bei welchen Delikten die Vorratsdatenspeicherung heranzuziehen ist", sagte Maier im Republikanischen Club. Das Verkehrsministerium hat eine Formulierung aus dem Sicherheitspolizeigesetz gewählt, die alle Delikte umfasst, die mit mehr als einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht sind. Darunter fallen Amtsmissbrauch, Stalking, diverse Fahrlässigkeitsdelikte, Schwere Wilderei oder Urheberrechtsvergehen. "In Deutschland spricht man von der Kriminalisierung der Schulhöfe", so Maier. Die gespeicherten Daten sollten seiner Meinung nach ausschließlich im Kampf gegen Kriminelle Organisationen, Terrorismus und Terrorismusfinanzierung (Paragrafen 278 und 278 a-d StGB) genutzt werden.

Hans Zeger von der Arge Daten meinte jedoch: "Die Diskussion über die Strafhöhe (ab der die Daten zur Aufklärung genutzt werden dürfen) ist ein Scheingefecht. Es bräuchte nur eine unappetitliche Straftat (die mit den Daten eventuell aufgeklärt werden könnte), und die Regelung würde auf öffentlichen Druck sofort abgeschafft." Der Rubikon würde mit der Speicherung der Daten auf Vorrat überschritten. Die dann verfügbaren Informationen weckten automatisch Begehrlichkeiten.

Christian Schmaus vom Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte äußerte die Befürchtung, dass die Vorratsdatenspeicherung einen "bescheidenen Mehrwert für die Strafverfolgung" leisten werde. Ähnliches führte Zeger aus, der auf den ausgebliebenen Erfolg der Rasterfahndung hinwies. Allerdings erwarte er "ähnliche kriminelle Netzwerke wie Spam und Identitätsdiebstahl mithilfe der Vorratsdatenspeicherung." Auch Maier fürchtet Missbrauch der einmal gespeicherten Daten: "Die Strafen für Datenmissbrauch sind keinesfalls ausreichend, weder im Telekommunikationsgesetz noch im Datenschutzgesetz."

Adrian Dabrowski von der Quintessenz wies auf den begrenzten Nutzen der Auswertungen hin: "Die Daten sind nicht unfälschbar und nicht unmanipulierbar."Anonymität werde weiterhin möglich sein, nur teurer. "Man kann dem organisierten Verbrechen viel vorwerfen, nur keinen Geldmangel", meint Dabrowski. Die Möglichkeiten der Umgehung seien vielfältig. Das Routen von Anrufen durch Nicht-EU-Länder, der internationale Einsatz von ENUM oder die Verwendung von Familien- oder Firmenanschlüssen würden den Wert der gespeicherten Informationen ebenso reduzieren wie der Gebrauch und regelmäßige Wechsel von anonymen SIM-Karten, Callingcards, Telefonzellen oder Callshops.

Alle Diskutanten hatten Bedenken bezüglich der Verfassungsmäßigkeit des Regierungsentwurfs, der Vereinbarkeit mit der Europäischen Menschenrechtskonvention sowie mit europäischen Datenschutzbestimmungen. Maier und der Liberale Nationalratsabgeordnete Alexander Zach kündigten an, sich im Parlament insbesondere für eine Eingrenzung der Delikte einzusetzen, für deren Bekämpfung die Daten herangezogen werden dürften. Sollte das nicht gelingen, will Maier bei der Abstimmung im Nationalrat "möglicherweise dann dagegen stimmen oder den Saal verlassen".

Quelle : www.heise.de
Titel: Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung ist inakzeptabel
Beitrag von: SiLæncer am 23 Mai, 2007, 16:10
Der Branchenverband Bitkom kritisiert zahlreiche Ausweitungen im Regierungsentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung. Diese bezögen sich etwa auf den Einsatz des IMSI-Catchers, die im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung aufzubewahrenden Informationsarten sowie den Zugriff der Sicherheitsbehörden auf die von den Providern anzuhäufenden Datenberge. "Nicht absehbar" seien die Folgen der neu geplanten Verwendung der sechs Monate verdachtsunabhängig gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten auch für Zwecke der Gefahrenabwehr und der Geheimdienste, heißt es in einer heise online vorliegenden Stellungnahme der Wirtschaftsvereinigung. "Inakzeptabel" sei ferner insbesondere die auf Anfang 2008 nach vorne gezogene Umsetzungsfrist der Bestimmungen auch für E-Mail und Internetdienste.

Durch den geänderten Zeitplan würden laut dem Papier den Internetanbietern "weniger als drei Monate" bleiben, um die technischen und organisatorischen Vorkehrungen für die Vorratsdatenspeicherung zu treffen. Dies käme einer unverhältnismäßigen Anforderung gleich, würde zu Engpässen führen sowie eine "preistreibende Wirkung" entfalten. Auch der konkrete Regelungsgehalt verschiedener Einzelbestimmungen stößt dem Bitkom sauer auf. Er moniert etwa, dass die Erweiterung des Straftatenkatalogs zum Telefonabhören insbesondere um Betrugstatbestände zu einer deutlichen Erhöhung der Anzahl der Überwachungen führen würde. Der Regierungsentwurf lasse im Gegensatz zum Referentenpapier ferner die Verwertung von Daten, die im Rahmen einer staatsanwaltlichen Eilanordnung erlangt wurden, auch dann zu, wenn keine richterliche Bestätigung erfolgt und "Gefahr im Verzug" vorliegt. Damit werde eine generelle Freigabe für alle staatsanwaltlichen Eilanordnungen erteilt, denn diese dürften erst unter dieser Voraussetzung ergehen. Das bedeute nach Meinung des Bitkom faktisch "eine vollständige Unterhöhlung des Richtervorbehalts".

Nachdrücklich widerspricht das Positionspapier der Aussage der Entwurfsbegründung, dass es für die Auskunft der hinter einer dynamischen IP-Adresse stehenden Person keines richterlichen Beschlusses bedürfe. Anders als beschrieben handle es sich dabei um eine Auskunft zu Verbindungsdaten. Die Regierung gehe unzutreffend davon aus, dass die Abfrage nur den Namen und die Anschrift des Nutzers – also Bestandsdaten – betreffe. Entscheidend sei aber die bei einer Übermittlung notwendigerweise vorgelagerte Erhebung von Daten durch den TK-Dienstleister einschließlich der Informationen über die Person, die an einem Telekommunikationsvorgang beteiligt war. Mit einer solchen Auskunft zur Person hinter einer dynamischen IP-Adresse werde immer automatisch bestätigt, dass der angefragte Nutzer aus der Bestandsdatenbank zum Datum X und der Uhrzeit Y online und an einem Fernmeldevorgang beteiligt war. Diese Information falle unter den Schutzbereich des Telekommunikationsgesetzes (TKG), ihre Abfrage deshalb unter den Richtervorbehalt.

Dynamische IP-Adressen würden anders als Telefonnummern nicht dauerhaft im Bestand des Providers gespeichert. Sollte die eigene Telekommunikationsinfrastruktur durch den Kunden eines Wettbewerbers genutzt worden sein, könne der Betreiber zudem überhaupt keine Bestandsdaten erheben, weil er kein Vertragsverhältnis mit dem "fremden" Kunden habe. Der Verband verweist auch auf mehrere Urteile, die allesamt bestätigen, dass bei einer solchen Anfrage der grundgesetzliche geschützten Bereich des Fernmeldegeheimnisses berührt werde.

Generell gibt der Bitkom zu bedenken, dass es möglich sei, durch den Einsatz von Proxy-Servern sowie durch andere Konfigurationseinstellung im Browser mit minimalem Aufwand die tatsächliche IP-Adresse schon während der Telekommunikation abzuändern. So würden die an einer IP-Adresse ansetzenden Ermittlungsmaßnahmen ins Leere gehen. Auf der anderen Seite würde überwiegend in die Grundrechte völlig Unverdächtiger massiv eingegriffen.

Beim IMSI-Catcher erweitert der Entwurf die Eingriffsvoraussetzungen laut Bitkom in doppelter Hinsicht: Zum einen dürfte das umstrittene Mobilfunk-Fahndungswerkzeug künftig nicht nur bei Katalogstraftaten gemäß der Strafprozessordnung eingesetzt werden. Zum anderen sei die Standortbestimmung sowie die damit verknüpfte Erfassung von Daten unbeteiligter Dritter kaum mehr beschränkt und werde nicht mehr als "Ultima Ratio" bezeichnet. Unverständlich sei weiterhin die überaus großzügige Befristung der Anordnung zur Anwendung eines IMSI-Catchers für die Dauer von sechs Monaten mit Verlängerungsmöglichkeiten.

Der Bitkom bemängelt weiter, dass der Entwurf die Erhebung von Vorratsdaten ermögliche, wenn lediglich eine "mittels Telekommunikation begangene Straftat" vorliege. Zudem müsse nun zusätzlich die Handy-Gerätekennung IMEI als Bestandsdatum erheben werden. Dabei würden zwischenzeitlich Endgeräte in großer Zahl über den vom TKG nicht erfassten Zubehörhandel in den Markt gebracht. Darüber hinaus sei bekannt, dass die IMEI bei einer Vielzahl von Endgeräten mit geringem Aufwand manipuliert werden könne. Die Erhebung dürfte daher bereits bei "mittelmäßig versierten" Kriminellen keine Auswirkungen haben. Für E-Mail-Anbieter sei problematisch, dass sich auf ihre Bestandsdaten künftig das automatisierte Auskunftsverfahren gemäß TKG erstrecken soll. Entsprechende Datenbanken für eine solche Form der Beauskunftung würden bei ihnen bislang nicht existieren.

Quelle : www.heise.de
Titel: Totale Überwachung - Bundesratsausschüsse im Überbierungsrausch
Beitrag von: SiLæncer am 02 Juni, 2007, 11:54
Schäuble ohne Gesicht

Die Bundesratsausschüsse wollen alle Horrorszenarien der letzen Jahre zusammengefasst in die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung integrieren

Auf insgesamt 53 Seiten, die dem Bundesrat für seine Stellungnahme am 8. Juni dienen sollen, packen die Länderpolitiker aus dem Innen-, dem Rechts- und dem Wirtschaftsausschuss auf alles, was von Verfassungsrechtlern in den Bereich der höchst problematischen bis klar verfassungswidrigen Eingriffe eingestuft wurde, noch eins drauf. Die in dem Papier gemachten Vorschläge sind teilweise so klar grundgesetzwidrig, dass man eigentlich schon von einem Putschversuch gegen die Verfassung sprechen könnte.

So wollen die Länderpolitiker unter anderen die verdachtsunabhängige Speicherung von Telekommunikationsdaten von sechs auf zwölf Monate verdoppelt sehen und den Zugriff darauf ohne weitere Einschränkungen auch für "zivilrechtliche Auskunftsansprüche" – im Klartext also für die Verfolgung von Patent- Marken- und Urheberrechtsverletzungen - festschreiben. Die Benachrichtigungspflicht bei der Abfrage von Verbindungs- und Standortdaten soll auf Personen beschränkt werden, gegen die Ermittlungen laufen. Das ist geradezu eine Einladung für unseriöse Abmahnanwälte, massenhaft und automatisiert Daten abzufragen, elektronisch auszuwerten und für erpressungsähnliche Geschäftsmodelle zu nutzen. Außerdem sollen die Telekommunikationsanbieter verpflichtet werden, 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche für Abfragen erreichbar zu sein – ein Anspruch, der sich für die Provider mit vertretbarem finanziellen Aufwand wohl nur über eine offene Schnittstelle verwirklichen lässt – mit allen damit verbundenen Missbrauchsmöglichkeiten.

Den Katalog der Straftaten, bei denen eine Telekommunikationsüberwachung erlaubt sein soll, wollen die Ausschüsse um zahlreiche andere Delikte bis hin zu "Verstößen gegen das Vereinsgesetz" erweitern. Und ganz nebenbei soll in dem Gesetz auch noch die Online-Durchsuchung erlaubt werden – für den gesamten Deliktkatalog, wieder bis hin zu den "Verstößen gegen das Vereinsgesetz".

Der Innenausschuss will gar die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts zwingend eingefügte unverzügliche Löschung der Aufzeichnungen aus dem Bereich der privaten Lebensgestaltung streichen. In bemerkenswerter Umdrehung der Verhältnisse versteigt sich das Gremium dazu, dem Regierungsentwurf "eine erhebliche Verschlechterung der präventiven Nutzungsmöglichkeiten von Daten aus strafrechtlichen Ermittlungsverfahren" zu attestieren.

Welche Personen genau für den sehr wahrscheinlich verfassungswidrigen Teil der Vorschläge verantwortlich sind, bleibt bisher weitgehend im Dunkeln. Anders als bei Innenminister Schäuble, der zur Verkörperung des Überwachungsstaates wurde, können sich die Drahtzieher gut hinter der Anonymität der Gremien verstecken. Die Pressestelle des Bundesrates verweist darauf, dass die Ausschusssitzungen nicht öffentlich sind, und schweigt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Proteste gegen weiteren Ausbau der TK-Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 04 Juni, 2007, 09:31
Bürgerrechtler und die IT-Branche warnen vor weiteren Verschärfungen bei der geplanten verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten und der Einführung heimlicher Online-Durchsuchungen, wie sie Fachgremien des Bundesrates fordern. "Die Länder befürworten die Durchleuchtung des Kommunikationsverhaltens der gesamten Bevölkerung", heißt es in einer Mitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung. Die zivilgesellschaftliche Vereinigung betont dagegen "die Bedeutung einer überwachungsfreien Kommunikation für friedliche Proteste wie gegen den G8-Gipfel".

Die Bundesregierung und die große Koalition haben sich bereits für eine sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Damit soll von 2008 an nachvollziehbar werden, wer mit wem innerhalb eines Halbjahres per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden oder das Internet genutzt hat. Bei Handy-Telefonaten und SMS soll auch der jeweilige Standort der Benutzer festgehalten werden.

Die Empfehlungen der Innen- und Rechtspolitiker für die Bundesratssitzung am Freitag dieser Woche gehen noch weit darüber hinaus. So soll etwa die geplante Aufbewahrungsdauer der Daten auf ein Jahr verdoppelt werden. Zudem ist neben einer Ausweitung der Zugriffsmöglichkeiten für die Strafverfolger auf die Datenhalden vorgesehen, dass auch die Musik- und Filmindustrie das Internet-Nutzungsverhalten durchleuchten darf. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung sieht in der "Totalprotokollierung" insgesamt dagegen einen "inakzeptablen" und mit der Verfassung nicht zu vereinbarenden "Anschlag auf freie Kommunikation, freie Meinungsäußerung, Berufsgeheimnisse und Pressefreiheit in Deutschland".

Der Branchenverband Bitkom wendet sich ebenfalls gegen die Forderungen aus der Länderkammer. Geschäftsführer Bernhard Rohleder hat in der im Raum stehenden Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung eine "besorgniserregende Tendenz zum Überwachungsstaat" ausgemacht. "Der Vorschlag lässt jedes Augenmaß vermissen und ist aus unserer Sicht verfassungswidrig." Kritisch sieht er auch, dass Fachgremien im Bundesrat die Verpflichtung, beim Abhören von Telefonaten oder E-Mails Betroffene nachträglich zu informieren, teilweise einschränken und damit rechtsstaatliche Standards aufweichen will.

Der Bitkom protestiert ferner gegen die vom Innenausschuss des Bundesrates geforderte Legalisierung verdeckter Online-Durchsuchungen privater Computer und Speicherplattformen im Netz. "Geheime polizeiliche Angriffe auf PCs müssen tabu bleiben", lautet Rohleders Appell. Die Regierung müsse das Vertrauen in moderne Technik stärken, nicht Nutzer verunsichern. Beim konkreten Verdacht einer Straftat reiche geltendes Recht. So könnten PCs etwa bei einer Hausdurchsuchung beschlagnahmt werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat fordert Ausweitung der TK-Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 08 Juni, 2007, 16:59
Der Bundesrat hat in seiner Plenarsitzung am heutigen Freitag eine umfangreiche Stellungnahme zum heftig umstrittenen Regierungsentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen verabschiedet. Empfehlungen der Ausschüsse, zügig eine Befugnis für heimliche Online-Durchsuchungen von Festplatten und Speicherplattformen im Netz zu schaffen und die Verpflichtung der Anbieter zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten von sechs auf zwölf Monate auszuweiten, fanden zwar keine Mehrheit. Insgesamt gehen den Ländern die Pläne der Regierung zur Telekommunikationsüberwachung aber noch nicht weit genug.

So soll der Katalog der Straftaten, bei dem die Sicherheitsbehörden Telefonate oder E-Mails abhören dürfen, um Delikte nach dem Vereinsgesetz und dem mit dem Grundstoffüberwachungsgesetz stehenden Verbot der Nutzung schwerer Betäubungsmittel und Drogen erweitert werden. Maßnahmen der TK-Überwachung sollen auch durchgeführt werden dürfen, "wenn andere Personen unvermeidbar betroffen werden". Eine Verkürzung der Dauer einer Anordnung von zwei auf drei Monate wollen die Länder ferner nicht hinnehmen. Auch ein übergeordnetes Gericht soll bei der Verlängerung von Genehmigungen von Maßnahmen über sechs Monate hinaus nicht einzubeziehen sein. Eine Verpflichtung der Staatsanwaltschaft, nach Beendigung einer Überwachung das anordnende Gericht über Verlauf und Ergebnisse zu unterrichten, sei zu streichen.

Der Bundesrat stößt sich weiter daran, dass künftig auch bei der TK-Überwachung Aufzeichnungen aus dem Kernbereich der privaten Lebensgestaltung unverzüglich zu löschen sein sollen, so diese "allein" bei einem Kommunikationsvorgang anfallen. Die bundesweit eingesetzte Technik lasse derzeit keine Ausradierung einzelner Aufzeichnungspassagen zu. Die Umsetzung der Vorschrift würde so eine Neukonzeption der kompletten Archivierungsmechanismen in sämtlichen Überwachungsanlagen erforderlich machen. Bei einer Internetsitzung müsste diese komplett mit allen darin enthaltenen Daten zu VoIP, E-Mail, Chat und "normalem Surfen" gelöscht werden. Die Bundesregierung wird gebeten, zu dieser Problematik Stellung zu nehmen.

Bei der Vorratsdatenspeicherung wollen die Länder sicher stellen, dass ein Diensteanbieter Auskunft über den Inhaber einer dynamischen IP-Adresse auch zur einfacheren zivilrechtlichen Verfolgung etwa von Urheberrechtsverletzungen erteilen darf. Andernfalls würde der zivilrechtliche Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern, wie er im Entwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vorgesehen ist, leer laufen. Der Bundesrat bittet zudem zu prüfen, ob der Zeitpunkt für die Verpflichtung zur Speicherung von Verbindungs- und Standortdaten vorgezogen werden kann. Die betroffenen Unternehmen hätten sich schließlich schon seit längerem auf die neuen Regelungen einstellen können. Zwangsgelder bei Verstößen gegen die Aufbewahrungspflichten sollen aber auch gemäß den Ländern nicht vor Anfang 2009 erhoben werden dürfen. Die von der Wirtschaft vehement geforderte gesonderte Entschädigungsregel halten sie nicht für nötig.

Weniger Beschränkungen fordert der Bundesrat bei der Funkzellenabfrage. Nach dem Entwurf ist diese Maßnahme nur zulässig, wenn die Erforschung des Sachverhalts andernfalls aussichtslos oder wesentlich erschwert wäre. Fälle, in denen der Sachverhalt bereits erforscht ist, jedoch der Aufenthaltsort des Beschuldigten ohne diese Maßnahme nicht oder nur unter wesentlichen Erschwernissen ermittelt werden kann, sind dagegen nicht erfasst. Hier pochen die Länder auf eine Ausweitung der Bestimmung für diese Zwecke. Generell sollen die durch Überwachungsmaßnahmen bekannt gewordenen Tatsachen oder Beweismittel auch im Besteuerungsverfahren verwertet werden dürfen.

Zu weit gehen dem Bundesrat die Auflagen zum Führen von Statistiken im Überwachungsfall. Dabei sei die geforderte Abgrenzung zwischen Festnetz-, Mobilfunk- und Internettelekommunikation zu streichen. Die überwachten Anschlüsse würden nicht ausschließlich für eine Kommunikationsform verwendet. Neue Berichtspflichten für den Bereich der Verkehrsdatenerhebung sollten zudem nicht über die Brüsseler Vorgaben hinausgehen.

Die Bundesregierung soll den Ländern zufolge auch aufgefordert werden, die Telekommunikations-Überwachungsanordnung (TKÜV) so zu überarbeiten, dass für die Anlieferung der Verbindungs- und Standortdaten durch die Diensteanbieter ein einheitliches Dateiformat und eine einheitliche Schnittstelle festgeschrieben wird. Nicht anfreunden können sie sich mit der geplanten Klausel, wonach nicht mehr so viele kleine Provider permanent teure Abhörboxen bereit halten müssten. Die vorgeschlagene Anhebung der Grenze von 1000 auf 10.000 Teilnehmer als Kriterium für das Privileg sei nicht gerechtfertigt.

In einer ersten Reaktion bezeichneten Jerzy Montag, rechtspolitischer Sprecher der Grünen im Bundestag, und Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes der Oppositionspartei das Nein der Länderkammer "zu den grenzenlosen Sicherheitsfantasien einiger Bundesländer" als "keinen echten Erfolg für die Bürgerrechte". Ein paar "irrwitzige Vorschläge" seien zwar gestoppt worden. Doch die Regierungsvorschläge sein an sich schon "ein tiefer Einschnitt in die Bürgerrechte". Auch die Datenschutzbeauftragten von Bund und Ländern haben noch einmal an ihren Beschluss erinnert, wonach der Regierungsentwurf viel zu stark in die Freiheitsrechte der Bürger eingreife. Die im Bundesrat zunächst aufgekommenen Forderungen würden von einem überzogenen Sicherheitsdenken zeugen. Sicherheit in der Informationsgesellschaft sei nicht mit überbordenden Überwachungsregelungen zu erreichen, sondern nur durch maßvolle Eingriffsbefugnisse mit effektiven grundrechtssichernden Verfahrensregelungen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Musikindustrie für Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 11 Juni, 2007, 18:41
Die deutschen Phonoverbände haben die Pläne des Bundesrates begrüßt, auf vorgehaltene Internet-Verbindungsdaten auch für zivilrechtliche Zwecke etwa zur einfacheren Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zugreifen zu dürfen. Bisher sieht der heftig umstrittene Regierungsentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen vor, dass die auf sechs Monate verdachtsunabhängig von den Providern zu speichernden Verkehrsdaten zur Strafverfolgung, "zur Abwehr von erheblichen Gefahren" und "zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben" aller Geheimdienste abgerufen werden können. Darin sieht der Vorstandsvorsitzende der deutschen Untergruppe der Industrielobby IFPI, Michael Haentjes, "einen Freibrief für Internet-Piraterie". Mit dem Plan der Regierung würde "aus Datenschutz so Täterschutz".

"Widersprüchliche Gesetzgebung und Rechtsprechung führen dazu, dass Künstler und Unternehmen der Kreativwirtschaft tatenlos zusehen müssen, wie das Urheberrecht in der digitalen Welt zunehmend wirkungslos wird", beklagt Haentjes weiter. Allein in Deutschland seien im vergangenen Jahr 374 Millionen Musikstücke illegal aus dem Internet heruntergeladen worden. Der Verbandschef geht daher konform mit der Ansicht des Bundesrates, dass mit den von der Regierung vorgeschlagenen Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung der mit dem Gesetzentwurf zur einfacheren Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums geplante Auskunftsanspruch gegen die Provider leer laufen würde.

Ganz anderer Meinung ist der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco. Er appellierte ebenfalls am heutigen Montag an Bundesregierung und Bundestag, sich den von den Ländern geforderten Verschärfungen bei der Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung zu verweigern. "Die Einführung einer verdachtsunabhängigen und flächendeckenden Speicherung aller Verkehrsdaten der Kommunikation – egal ob per Mobiltelefon, Festnetz, Internet oder E-Mail – ist an sich schon verfassungsrechtlich höchst problematisch", erklärt eco Rechtsvorstand Oliver Süme. "Diese sensiblen persönlichen Daten auch an Privatpersonen herauszugeben, wenn diese Urheberrechtsverletzungen verfolgen, geht zu weit."

Die erhebliche Ausweitung der Nutzung der gespeicherten Daten würde laut Süme noch einmal zusätzliche Kosten für die Anbieter mit sich bringen, die jetzt schon "eine hohe und ständig weiter steigende Zahl von Auskunftsersuchen" bearbeiten müssten. Die Providervereinigung fordert deshalb von der Politik, "sich wie angekündigt an den Mindestvorgaben der EU-Richtlinie zu orientieren, um die Belastungen wenigstens so gering wie möglich zu halten." Nicht nachvollziehbar sei ferner, warum das Plenum des Bundesrates nicht dem Votum seines Wirtschaftsausschusses gefolgt sei. Dieser pochte auf die Verabschiedung einer Entschädigungsregelung für die der Wirtschaft entstehenden Kosten zeitgleich mit dem Gesetz.

"SPD, CDU und CSU treiben die Erfassung unseres Kommunikationsverhaltens offenbar ohne Rücksicht auf Verluste voran", kritisiert auch der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung den Beschluss des Bundesrats. "Dabei haben sich schon im Januar über 40 Bürgerrechts-, Berufs- und Wirtschaftsverbände in einer gemeinsamen Erklärung gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen." Eine repräsentative Forsa-Umfrage im Auftrag des Stern habe zudem gerade ergeben, dass 54 Prozent der Bundesbürger eine sechsmonatige Aufbewahrung aller Verbindungs- und Standortdaten für einen "unzulässigen Eingriff in die Freiheitsrechte" halten. Selbst Unionswähler hätten sich zu 49 Prozent gegen das Vorhaben ausgesprochen, SPD-Wähler zu 54 Prozent.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: anarchist am 11 Juni, 2007, 21:46
Wo soll das noch alles Enden? ???
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: _Immer_Intl_ am 12 Juni, 2007, 10:54
Präventiver Überwach(t)ungsstaat.
Titel: Experten streiten über Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte
Beitrag von: SiLæncer am 20 Juni, 2007, 19:32
Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur besseren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte stieß bei Experten im Rahmen einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags am heutigen Mittwoch auf ein geteiltes Echo. Eine der Kernfragen war, wie der vorgeschlagene Auskunftsanspruch gegen Provider zur einfacheren Verfolgung insbesondere von rechtswidrig handelnden Tauschbörsen-Nutzern ausgestaltet werden soll. Rechts- und Informatikwissenschaftler sowie Verbraucher- und Datenschützer stützten hier die Regierungsauffassung, wonach ein Richter über die Herausgabe von hinter einer IP-Adresse stehenden Nutzerdaten entscheiden soll. Vertreter der Rechteinhaber waren entgegengesetzter Ansicht und forderten auch die Streichung der Klausel, wonach der Auskunftsanspruch nur bei Urheberrechtsverletzungen "im geschäftlichen Verkehr" gelten soll.

"Der Richtervorbehalt ist für uns das entscheidende Kriterium", erklärte Oliver Süme vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco. Er befreie den Zugangsanbieter vor der Einzelüberprüfung von Rechtsverletzungen. Diese wäre in der Praxis laut Süme mit einem enormen Aufwand verbunden, zudem würde ein hohes Haftungsrisiko bleiben. Generell sei es ein Novum, dass der Provider als Nicht-Störer in Anspruch genommen werden solle. Da würde es zu weit gehen, ihn auch noch in eine Richterrolle zu drängen. Auf keinen Fall dürfe es zu "automatisierten Massenabfragen" von Nutzerdaten kommen. Die Systeme der Provider sähen keinen automatisierten Vorgang vor, der die IP-Adressen mit den Personendaten zusammenführe. Zudem wäre ein solches Verfahren auch datenschutzrechtlich bedenklich. Die Einschränkung auf Rechtsverletzungen im geschäftlichen Verkehr sei so sinnvoll.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar untermauerte seine Haltung, wonach die richterliche Genehmigung eines Auskunftsanspruchs unerlässlich ist. Seinen Ausführungen nach handelt es sich bei der Verwendung dynamischer IP-Adressen zum Zweck, einzelnen Kommunikationsvorgängen im Internet auf den Grund zu gehen, um eine Ausforschung der näheren Umstände der Telekommunikation. Diese unterlägen dem Fernmeldegeheimnis, so dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff in ein Grundrecht handle. Darüber könne ein Provider nicht selbst entscheiden. Mit der Regelung der Fangschaltung im Telefonnetz, wo ein Anbieter selbst im Falle etwa einer Belästigung eines Kunden handeln dürfe, sei das absehbare "Massenverfahren" des Nachkommens von Auskunftsbegehren nicht vergleichbar. Generell sollte es Schaar zufolge dabei bleiben, "dass nicht jeder, der sogar zufällig oder ohne Kenntnis der rechtlichen Lage in eine Tauschbörse hineinschaut, gleich Gegenstand einer entsprechenden rechtlichen Maßnahme wird".

Der Datenschützer sprach sich auch strikt gegen die Empfehlung des Bundesrates aus, einen Zugriff auf die künftig wohl sechs Monate lang auf Vorrat zu speichernden Verbindungsdaten zur zivilrechtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen zu gewähren. Damit würden sich "die schlimmsten Befürchtungen erfüllen", die einen weiteren Dammbruch bei der Ausgestaltung der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung mit sich brächten. Einer Warnung illegal handelnder Filesharing-Nutzer unterhalb der Schwelle des formellen Abmahnens wollte sich Schaar nicht generell widersetzen. Dazu müssten aber die strikten Zweckbindungsregeln des Telekommunikationsgesetzes zur Verwendung von Verbindungsdaten geändert werden.

Volker Kitz vom Max-Planck-Institut für Geistiges Eigentum plädierte für eine Erweiterung des Richtervorbehalts: "Bei Kinderpornografie im Internet kommt man nur mit Gerichtsbeschluss an die Verbindungsdaten. Dass sie leichter zu haben sein sollen, wenn jemand ein geschütztes Musikstück herunterlädt – das wäre niemandem zu vermitteln." Die von einem Rechteinhaber ermittelten Verbindungsdaten würden vom Provider zumindest für einen Abgleich mit den eigenen Aufzeichnungen genutzt, so dass es dafür einer Einwilligung oder Rechtsgrundlage bedürfe. Als berechtigt bezeichnete Kitz auch die von der Regierung angestrebte Begrenzung der Abmahnkosten. Der Missbrauch laufe aber nicht über die Festsetzung der Anwaltsgebühren, die dem Entwurf zufolge bei einem ersten, leichten Fall auf 50 Euro begrenzt werden sollen. Vielmehr würden die Streitwerte meist sehr hoch angesetzt. Diese seien daher zu begrenzen.

Patrick von Braunmühl vom Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) empfahl, die erste Abmahnung ganz ohne Kosten für die Verbraucher zu belassen. Eine inakzeptable Vorstellung für Winfried Tilmann vom Deutschen Anwaltsverein. Ihm zufolge stellen die Gesetze bereits genügend Schutz der Verbraucher vor Abmahnwellen zur Verfügung. Zudem beklagte er, dass beim Schadensersatz allein die einfache Lizenzgebühr fällig werden soll. Hier sei das deutsche Recht seit langem "defizitär".

Anne-Katrin Leenen vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels, Heiko Wiese von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft (SPIO) und Peter Zombik als Vertreter des Bundesverbands der phonographischen Wirtschaft waren sich einig, dass der Richtervorbehalt und die Deckelung der Abmahngebühren fallen müssen. Die an das Gericht pro Auskunftsverfahren zu zahlenden 200 Euro würden sich bei der "Vielzahl der Verletzungen in Tauschbörsen" auf "untragbare Summen" addieren, monierte Leenen. Die Verleger müssten "Millionenbeträge" aufbringen, um zehntausende Rechtsverletzer auf dem zivilrechtlichen Weg zu verfolgen. Nutzer von Tauschbörsen seien zudem gerade nicht zu wirtschaftlichen Zwecken tätig. Man habe es vielmehr mit einer Summe von Einzelangeboten zu tun, die zusammen wirtschaftlich gefährlich seien.

Auch Wiese zufolge kann das "gewerbliche Ausmaß" einer Rechtsverletzung "nicht allein quantitativ bemessen werden". Eingriffe ins Fernmeldegeheimnis könnten zudem einzelgesetzlich geregelt werden. "Geben Sie uns Steine statt Brot", appellierte Zombik an die Abgeordneten. Nur mit einer konsequenten Verfolgung von Rechtsbrechern sei die "Flutwelle von Internetpiraterie" zurückzudrängen. Der zivilrechtliche Auskunftsanspruch müsse daher "angemessen und praktikabel" sein und dürfe bei Rechtsverletzungen im Internet aufgrund kurzfristiger Speicherungen von Verbindungsdaten beziehungsweise der Sperrung der Vorratsdaten für die Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen nicht leer laufen.

Der Richtervorbehalt würde die Gerichte laut Zombik erheblich belasten. Die Vorleistungssumme könne von den Rechtehaltern auch nicht zurückgefordert werden, wenn etwa in einer Familie der konkrete Verletzer nicht zu ermitteln sei. Insgesamt sei das Gesetz in seiner jetzigen Form "mit so hohen rechtlichen und wirtschaftlichen Risiken behaftet, dass wir sehr wohl erwägen müssten, in welchen Fällen wir davon Gebrauch machen würden". Ohne den Richtervorbehalt müssten Provider aber regelmäßig eine Auskunft verweigern, erwiderte Hannes Federrath, Informatikprofessor an der Uni Regensburg. Die in Rechten Verletzten müssten demnach doch wieder auf den Klageweg zurückgreifen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Musikindustrie will schrankenlosen Zugriff auf Nutzerdaten
Beitrag von: SiLæncer am 21 Juni, 2007, 09:44
Richtervorbehalt zu teuer?

Die Gesetze zum Schutz geistigen Eigentums standen im Mittelpunkt einer Anhörung des Rechtsausschusses im Bundestag. Die Bundesregierung will mit dem vorgelegten Gesetzentwurf, der EU-Richtlinien in deutsches Recht umsetzen soll, vor allem die Position der Rechteinhaber stärken und gegen Produktpiraterie kämpfen. Die Rechteinhaber forderten bei der Anhörung, dass es beim zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegenüber den Internetprovidern zur Verfolgung der Urheberrechtsverletzer keinen Richtervorbehalt gibt.

Peter Zombik, Geschäftsführer des Bundesverbandes der phonographischen Wirtschaft, sagte, dass in Deutschland 374 Millionen Musiktitel illegal aus Internettauschbörsen heruntergeladen worden seien. Fast 3,7 Millionen Personen hätten Tauschbörsen für illegale Angebote genutzt. Die Phono-Verbände plädieren dafür, den Richtervorbehalt zu streichen, weil unter anderem zu befürchten sei, dass eine wirksame Verfolgung dem Rechteinhaber wegen der "immensen Kostenbelastung" unmöglich gemacht werde.

Heiko Wiese von der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft stimmte dem zu. Die Kopien-, Marken- und Produktpiraterie sei mittlerweile eine ernste Bedrohung für die nationalen Volkswirtschaften. Der Auskunftsanspruch nach dem Urheberrechtsgesetz sei deshalb nicht von dem Nachweis einer Rechtsverletzung im geschäftlichen Verkehr abhängig zu machen.

Der Bundesdatenschutz-Beauftragte Peter Schaar führte ins Feld, dass der Gesetzentwurf zu Recht vorsehe, dass eine Auskunft nur erteilt werden darf, wenn "in gewerblichem Ausmaß" Rechtsverletzungen vorgenommen würden. Damit sei klargestellt, dass etwa bei illegalen Kopien und Verbreitungen im Internet (beispielsweise über Tauschbörsen) ein Umfang erreicht sein müsse, der über das hinausgehe, was einer Nutzung zum privaten Gebrauch entsprechen würde.

Patrick von Braunmühl von Bundesverband der Verbraucherzentralen aus Berlin hob hervor, Verletzungen des geistigen Eigentums seien, wenn sie in gewerblichem Umfang betrieben würden, "kriminell". Es dränge sich der Eindruck auf, dass diese Maßnahmen nicht mehr auf die Bekämpfung von gewerblicher Marken- und Produktpiraterie zielten, sondern auf die Verfolgung von privaten Nutzern.

Oliver Süme vom Verband der deutschen Internetwirtschaft wünschte sich, dass der Gesetzentwurf nicht über die verpflichtenden Vorgaben der EU-Richtlinien hinausgehen soll, um ein Ausufern von Auskunftsersuchen auch bei vagen oder geringfügigen Rechtsverletzungen zu verhindern. Hierdurch würde zugleich sichergestellt, dass in gutem Glauben handelnde Verbraucher nicht mit gewerbsmäßig handelnden Markenfälschern und Produktpiraten auf eine Stufe gestellt werden.

Kommentar:
Die Positionen sind klar: Den einen geht es um ihre Rechte und um sehr viel Geld. Die Rechteinhaber werfen dem Staat mehr oder minder vor, er würde die Rechteverletzer, ob man sie nun Raubkopierer oder Piraten nennt, mit einer zu sanften Gesetzgebung decken. Vorsichtige Mahner, die ahnen, dass ein ungezügeltes und nicht einmal mehr durch Richter vorab geprüftes Wildern in Nutzerdaten eine abschreckende Wirkung entfaltet, können in dieser Diskussion nicht gewinnen.

Sollten sich die Rechteinhaber mit ihren Forderungen durchsetzen - und danach sieht es derzeit im Bundesrat aus -, muss sich jeder Internetnutzer in Deutschland dreimal überlegen, ob er überhaupt Tauschbörsen und Newsgroups - Orte, an denen häufig illegale Kopien zu finden sind - aufsucht. Zu groß die Gefahr eines unabsehbaren Prozess- und Kostenrisikos, der man sich selbst bei falscher Verdächtigung aussetzt. Die abschreckende Wirkung wäre erreicht. Bleibt abzuwarten, ob das die Rechteinhaber, die in der Vergangenheit keineswegs zimperliche Drohungen gegen ihre Gegner ausstießen, dies aktiv kommunizieren werden.

Quelle : www.golem.de
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Jürgen am 22 Juni, 2007, 02:19
Wenn den Grossmogulen der Industrie unsere Gesetze nicht gefallen, steht es ihnen jederzeit frei, sich ein anders Land für ihre Geschäfte zu suchen.


Wenn das so weitergeht, werden die Einzelhändler irgendwann das Recht erhalten, jedermann's Wohnung auf eigenen Verdacht hin auf mögliches wertvolles Diebesgut zu filzen, wie Milch, Zeitungen, Bleistifte usw. ...

Und die Krankenversicherer kontrollieren unseren Müll auf Hinweise auf gemeinschaftsschädliches Verhalten, wie Zigarettenkippen, Bierdosen, Pommes- und Chips-Tüten...


Leider ist nicht zu vermuten, dass sich in den Parlamenten genug Grips oder gar Charakter findet, die stetige Beschränkung der Schutzrechte der Normalbürger zu unterbinden  >:(
Titel: Google droht mit Schließung von GMail in Deutschland
Beitrag von: SiLæncer am 23 Juni, 2007, 12:57
Google hat mit der Schließung seines E-Mail-Dienstes Google Mail in Deutschland gedroht, sollte die Bundesregierung an ihrer umstrittenenen Gesetzesinitiative zur Überwachung des Telekommunikations- und Internetverkehrs festhalten. Demzufolge will das Bundesjustizministerium Provider und E-Mail-Dienstanbieter zwingen, Kundendaten so zu erheben und zu speichern, dass diese eindeutig identifizierbar sind. Diese Pläne seien ein "schwerwiegender Schlag gegen die Privatsphäre", kritisierte Peter Fleischer, weltweit zuständig für den Schutz der Google-Nutzerdaten, in einem Interview mit der Wirtschaftswoche. "Im Notfall schalten wir Google Mail in Deutschland wieder ab," sagte Fleischer.

Die Gesetzesinitiative widerspreche Googles Grundsatz, anonyme E-Mail-Konten anzubieten. "Viele Anwender rund um den Globus nutzen diese Anonymität, sei es, um sich vor Spam zu schützen, sei es, um sich beim Veröffentlichen ihrer Meinung vor staatlicher Repression zu schützen", erklärte Fleischer. "Wenn die Web-Gemeinde uns nicht mehr glaubt, dass wir mit ihren Daten sorgsam umgehen, sind wir ganz schnell weg vom Fenster." Er hofft darauf, dass die Bundesregierung doch noch einlenken werde. Eine rein deutsche Kontrolle der E-Mail-Daten sei ohnehin nutzlos, argumentierte Fleischer: "Dann weichen Anwender eben auf E-Mail-Adressen im Ausland aus."

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Google droht mit Schließung von GMail in Deutschland
Beitrag von: lucky am 23 Juni, 2007, 14:59
...Demzufolge will das Bundesjustizministerium Provider und E-Mail-Dienstanbieter zwingen, Kundendaten so zu erheben und zu speichern, dass diese eindeutig identifizierbar sind.
Quelle : www.heise.de

Das könnte dann ja auch noch mit der kommenden PKZ (PersonenKennZahl) kombiniert werden.

...Eine rein deutsche Kontrolle der E-Mail-Daten sei ohnehin nutzlos, argumentierte Fleischer: "Dann weichen Anwender eben auf E-Mail-Adressen im Ausland aus."
Quelle : www.heise.de

Wäre es nicht besser es gäbe für alle Deutschen nur eine vom Staat automatisch zugeordnete Emailadresse, jegliche andere Nutzung wäre strafbar! Vielleicht als @schraeuble.de?

Wer anaonym bleiben will ist bestimmt ein Tabilan  8) oder TeleTabi!  8)

lucky
Titel: Gutachten: Datenschützer lehnen Vorratsdatenspeicherung ab
Beitrag von: SiLæncer am 28 Juni, 2007, 12:17
Im Auftrag des Innen- und Rechtsausschusses des Landtages von Schleswig Holstein hat das dortige unabhängige Landeszentrum für Datenschutz (ULD) eine Stellungnahme zur so genannten Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht. In der Stellungnahme kommen die Datenschützer zu dem Urteil, dass die geplanten Änderungen bei der Telekommunikationsüberwachung, bei der Telekommunikations-Verbindungsdaten auf Vorrat gespeichert werden sollen, europarechts- und verfassungswidrig sind. Dementsprechend appellieren sie an die Politiker, von der Vorratsdatenspeicherung Abstand zu nehmen.

Die ausführliche Stellungnahme aus Schleswig Holstein präzisiert die Entschließungen der Datenschützer von Bund und Ländern, die diese auf Konferenzen in Thüringen im März und im Juni veröffentlicht haben. Unter anderem wird kritisiert, dass die Vorratsdatenspeicherung europarechtlich gegen das Fernmeldegeheimnis verstößt und als grundrechtseingreifende Maßnahme "ins Blaue hinein" nach deutscher Rechtssprechung verfassungswidrig ist.

Außerdem steigerten die Zugriffsmöglichkeiten durch die Nachrichtendienste das Gefühl des Überwachtwerdens für jeden Bürger. Auch die Verankerung eines Auskunftsanspruches auf die Vorratsdaten wird kritisch gesehen. So könnten Dritte Kommunikationsprofile abschöpfen und an Adresshändler und ähnliche Firmen verkaufen. Bedenklich finden die Datenschützer obendrein, dass die Herausgabe der Kommunikationsdaten schon in Fällen der Bagatellkriminalität greifen soll. Beim gesamten Verfahren fehle außerdem eine Begründungspflicht für richterliche Beschlüsse. Zudem enthaltene die Benachrichtigungsregel zu viele Schlupflöcher, die dazu führen könnten, dass Betroffene von einem Verfahren keine Kenntnis erhalten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Kontroverse Debatte im Bundestag über die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 06 Juli, 2007, 18:08
Zu einem Schlagabtausch zwischen Vertretern der großen Koalition und der Oppositionsparteien kam es am heutigen Freitag im Bundestag bei der 1. Lesung des heftig umstrittenen Regierungsentwurfs zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen. Politiker der Linken und der Grünen warfen der Bundesregierung vor, gerade mit der geplanten Umsetzung der umstrittenen EU-Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten den Bereich des Rechtsstaates verlassen zu haben. Der Rechtsexperte der CDU/CSU-Fraktion, Jürgen Gehb, machte dagegen deutlich, dass der Entwurf den "Notwendigkeiten" wohl noch hinterher hinke.

Der parlamentarische Staatssekretär im federführenden Bundesjustizministerium. Alfred Hartenbach, stieg mit der Versicherung in die halbstündige Debatte ein, dass die Regierung eine "eingehende und sorgfältige" Überarbeitung des strittigen Entwurfs zu heimlichen Überwachungsmaßnahmen vorgelegt habe. Der Anlass-Katalog für das Abhören von Telefonaten und E-Mails sei auf "schwere Straftaten" ausgerichtet worden, für spezielle Berufsgeheimnisträger wie Abgeordnete oder Geistliche seien "abhörfreie Zonen" und für Betroffene erweiterte Benachrichtigungspflichten vorgesehen. Die geplante sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung verteidigte er als erforderlich, damit die Anfragen der Sicherheitsbehörden nach Verbindungs- und Standortdaten angesichts der wachsenden Verbreitung von Pauschaltarifen und damit wegfallenden Speicherpflichten nicht ins Leere laufen würden. Seinem Empfinden nach hat der Entwurf seitens der Opposition und der Länder bisher wenig Kritik erfahren.

Dies änderte sich rasch. Ulla Jelpke von der Linken warf der Regierung vor, die TK-Überwachung auf die Spitze treiben zu wollen. Mit der Vorratsdatenspeicherung käme es zu "noch mehr Beobachtung und Schnüffelei in einem Ausmaß, das kaum eine Kontrolle zulässt". Aus den festgehaltenen Informationen über sämtliche elektronische Kommunikation könnten Sicherheitsbehörden ausführliche Profile persönlicher Kontakte erstellen, was zu einem "Grundrechtseingriff mit maximaler Streubreite" führe. Der "verfassungswidrige Entwurf" ist für sie ein Beispiel dafür, "wie krankhaft und misstrauisch eine Allmacht-strebende Regierung ist".

Der Grüne Hans-Christian Ströbele sprach von einem "Paradigmenwechsel, den wir nicht mitmachen". Die von den Speicherpflichten betroffenen 80 Millionen Bundesbürger seien keine potenziellen Gefährder oder Straftäter, sodass nicht ohne Verdacht in ihr Telekommunikationsgeheimnis eingegriffen werden dürfe. Den Grünen zufolge müsse der bislang ständig erweiterte Straftatenkatalog für Abhörmaßnahmen durch eine grundsätzliche Festlegung auf "allerschwerste" Vergehen ersetzt und der Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung sowie aller Berufsgeheimnisträger verbessert werden. Der Liberale Jörg van Essen forderte hier ebenfalls Korrekturen und monierte, dass die Regierung trotz eines einstimmigen Beschlusses des Bundestags gegen die Vorratsdatenspeicherung nun sogar über die Brüsseler Richtlinie hinausgehe.

Laut Gehb werde es "mit der Vorlage nicht sein Bewenden haben". Es sei darüber nachzudenken, dass man auch bei der Internetüberwachung nachfasse, wenn sich Kriminelle verstärkt dieses Mediums bedienten und die Polizei "hinterher hechelt". Der CDU-Politiker stützte so indirekt Rufe nach einer Aufnahme einer Befugnis für heimliche Online-Durchsuchungen in den Entwurf, wie sie etwa im Bundesrat laut geworden waren. Die Einwände gegen die Vorratsdatenspeicherung sind für ihn "von einer signifikanten Faktenabstinenz gekennzeichnet". Die Rede von einem Generalverdacht oder der Aufgabe der Unschuldsvermutung hätte in diesem Bereich nichts zu suchen, da ermittelnde Beamte jedem Verdacht nachgehen müssten und eine Untersuchungshaft ja auch möglich sei.

Die Bundesregierung befürwortet inzwischen weitere Verschärfungen. In einer Gegenäußerung (am Ende der PDF-Datei) zur Stellungnahme des Bundesrates erachtet sie etwa das Anliegen der Länder "für bedenkenswert", dass Diensteanbieter Auskunft über den Inhaber einer dynamischen IP-Adresse auch zur einfacheren zivilrechtlichen Verfolgung etwa von Urheberrechtsverletzungen in Tauschbörsen erteilen dürfen. "Selbst zur Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten wie Falschparken will die Bundesregierung die Nutzung der Vorratsdaten zulassen", fürchtet daher der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Dies bestätigt unsere Warnung, dass alle Dämme brechen, sobald unser Kommunikationsverhalten erst einmal erfasst und protokolliert ist", führt Patrick Breyer von dem Verbund zivilgesellschaftlicher Organisationen aus. "Wegen der Dateninkontinenz des Gesetzgebers ist der einzig effektive Schutz vor der staatlichen Überwachungslust, schon die verfassungswidrige Anhäufung der sensiblen Daten zu unterbinden."

Prüfen will die Bundesregierung den Vorschlag der Länder, eine Verkehrsdatenerhebung in Form einer Funkzellenabfrage auch zur Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten zu ermöglichen. Sie verspricht zudem eine Überarbeitung der Telekommunikations-Überwachungsanordnung (TKÜV). Auch die geforderte Ausweitung des Straftatenkatalogs will die Regierung teilweise in Betracht ziehen sowie Überwachungsanordnungen eventuell ausdehnen.

Der Branchenverband Bitkom wies darauf hin, dass Augenmaß gewahrt werden müsse. "Das Gesetz darf nicht strenger ausfallen als die entsprechende EU-Richtlinie", erinnerte der Präsident der Lobbyvereinigung, August-Wilhelm Scheer, die Abgeordneten an ihre Vorgaben. Er pocht etwa auf eine angemessene Übergangsfrist für Netzbetreiber und Internet-Anbieter. Das Gesetz dürfe frühestens Anfang 2009 in Kraft treten. Der Verband wiederholte zudem genauso wie die TK-Branchenvereinigung VATM die Forderung nach einer angemessenen Entschädigung der Unternehmen für die Hilfssheriffdienste.

Für Rosemarie Will, Bundesvorsitzende der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union, bleibt der Entwurf hinter den Ansprüchen des federführenden Bundesjustizministeriums zurück. Er steuere der Fehlentwicklung, dass die Zahl der überwachten Telefonate hierzulande ständig ansteige und die richterliche Prüfung zu wünschen übrig lasse, nicht entgegen. Mit der verdachtsunabhängigen Erfassung elektronischer Kommunikationen auf Vorrat würden zentrale Prinzipien des Datenschutzes außer Kraft gesetzt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung für eine 0,006 Prozentpunkte höhere Aufklärungsquote
Beitrag von: SiLæncer am 16 Juli, 2007, 20:12
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, das Netzwerk Neue Medien und die Neue Richtervereinigung haben ihre Warnungen vor einer Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in deutsches Recht konkretisiert. In einer Stellungnahme untermauern die drei Organisationen den bereits zuvor geäußerten Vorwurf, dass die Vorratsdatenspeicherung kaum oder gar keinen Nutzen bringt, mit Daten.

Kronzeuge der Vorwürfe ist ausgerechnet eine Studie des Bundeskriminalamts, nach der die Vorratsdatenspeicherung die durchschnittliche Aufklärungsquote "von derzeit 55 % im besten Fall auf 55,006 %" erhöhen kann. In Irland und in einigen anderen Staaten, in denen es bereits eine Vorratsdatenspeicherung gibt, hatte sie keinen merkbaren Einfluss auf die Kriminalitätsrate. Aus diesen und aus anderen Gründen sei nicht zu erwarten, betonen die Organisationen, dass damit weniger Verbrechen geschehen würden und die Sicherheit der Bevölkerung gestärkt würde.

Am 21. September soll im Rechtsausschuss des Bundestags eine öffentliche Anhörung von Sachverständigen stattfinden, nach der der Bundestag über den Gesetzentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und zur Einführung einer allgemeinen Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten entscheiden soll. Der bisherige Entwurf wurde unter anderem vom Wissenschaftlichen Dienst des Bundestags als nicht vor Gericht haltbar kritisiert.

Die drei zivilgesellschaftlichen Organisationen warnen den Bundestag zudem eindringlich vor der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten in deutsches Recht, da die Brüsseler Vorgaben offensichtlich von schweren, gegen das Gemeinschaftsrecht und die Grundrechtsordnung verstoßenden Fehlern behaftet seien.

Sollte das Parlament den Entwurf dennoch absegnen und die Richtlinie damit national implementieren, droht den Organisationen zufolge die offizielle Nichtigerklärung des Brüsseler Rechtsaktes durch den EuGH. Die Richtlinie sei schon in formeller Hinsicht rechtswidrig, weil die Europäische Gemeinschaft über keine Kompetenz zum Erlass der darin enthaltenen Regelungen verfügte. Das 44-seitige Papier weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass Irland vor einem Jahr beim EuGH eine Nichtigkeitsklage gegen die Direktive eingereicht hat. Stützen könne es sich dabei auf die zwischenzeitlich ergangene Entscheidung des Gerichtshofs zur Übermittlung von Fluggastdaten in die USA. Auch in jenem Fall habe die Kommission die Datenübermittlung auf Grundlage der Binnenmarktkompetenz autorisiert, was die Richter beanstandeten. Nichtsdestoweniger hat sich die EU inzwischen auf anderer Rechtsbasis erneut mit den USA über die Weitergabe der Passagierdaten geeinigt und dabei eine deutliche Erweiterung der Speicherfrist beschlossen.

Für den Fall, dass die Mitgliedsstaaten bei der Vorratsdatenspeicherung in Brüssel ähnlich agieren, steht laut der Stellungnahme eine Verwerfung des deutschen Umsetzungsgesetzes durch das Bundesverfassungsgericht an. So sehe der Entwurf durchaus eine Datensammlung "zu unbestimmten oder noch nicht bestimmbaren Zwecken", welche das oberste deutsche Gericht wiederholt abgelehnt habe. Mit keinem Wort gehe die Bundesregierung auf eine Entscheidung der roten Roben ein, "wonach es verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht genügt, dass die Erfassung der Verbindungsdaten allgemein der Strafverfolgung dient. Vorausgesetzt sind vielmehr eine Straftat von erheblicher Bedeutung, ein konkreter Tatverdacht und eine hinreichend sichere Tatsachenbasis".

Erst im vergangenen Jahr habe das Bundesverfassungsgericht zudem an den Gesetzgeber noch einmal die Warnung gerichtet, dass bei der angestrebten Gesamtregelung der strafprozessualen heimlichen Ermittlungsmaßnahmen die Frage zu stellen sei, "ob und in welchem Umfang von einer neuerlichen Ausdehnung heimlicher Ermittlungsmethoden im Hinblick auf Grundrechtspositionen unbeteiligter Dritter Abstand zu nehmen ist". Demgegenüber schieße die Bundesregierung etwa mit den geplanten Zugriffsrechten auf die Vorratsdaten auch für Geheimdienste, ein Verbot von Anonymisierungsdiensten, weitgehende Identifizierungspflichten und zu weit gestrickte Verpflichtungen zur Speicherung von E-Mail-Verbindungsdaten sowie eine fehlende Entschädigung der TK-Anbieter über die Vorgaben der Richtlinie hinaus.

Müsse jeder die Aufzeichnung großer Teile seines Kommunikations-, Bewegungs- und Internetnutzungsverhaltens bedenken, seien "Kommunikationsstörungen und Verhaltensanpassungen" zu erwarten. Deshalb schade die Massendatenspeicherung der "freiheitlichen Gesellschaft insgesamt", heißt es in der Stellungnahme gegenüber den zuständigen Ausschüssen des Bundestags. Die Organisationen fordern nun zumindest eine Aussetzung des Vorhabens, bis der Europäische Gerichtshof über die anhängige Nichtigkeitsklage gegen die Richtlinie entschieden hat.

Quelle : www.heise.de
Titel: Gegner der Vorratsdatenspeicherung sehen sich durch EU-Generalanwältin gestärkt
Beitrag von: SiLæncer am 20 Juli, 2007, 12:13
Nachdem die Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof Juliane Kokott in einem Schlussantrag zu einem Gerichtsverfahren um angebliche Urheberrechtsverletzungen Zweifel an der Vereinbarkeit der Vorratsdatenspeicherung mit Grundrechten geäußert hat, sehen sich Bürgerrechtler in ihrer Position gestärkt. "Über 40 Bürgerrechts-, Wirtschafts- und Berufsverbände fordern bereits, die in Deutschland geplante Vorratsdatenspeicherung auf Eis zu legen, bis der Europäische Gerichtshof über ihre Rechtmäßigkeit entschieden hat", erläutert Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in einer Mitteilung. "Wenn die Koalition alle Warnungen in den Wind schlägt und voreilig eine Totalprotokollierung unserer Kommunikation einführt, erwartet sie in Luxemburg und Karlsruhe ein fulminantes Waterloo."

Kokott hatte am Mittwoch ihren Schlussantrag im Rechtsstreit der spanischen Musikproduzentenvereinigung Promusicae gegen den Provider Telefonica über die Aushändigung von Kundendaten vorgelegt. Darin legt sie dar, um wirksam überprüfen zu können, ob elektronische Kommunikationssysteme zu unzulässigen Zwecken genutzt werden, müsste man die gesamte Kommunikation speichern und verarbeiten. "Der 'gläserne' Bürger wäre damit Realität". Man könne daran zweifeln, "ob die Speicherung von Verkehrsdaten aller Nutzer – gewissermaßen auf Vorrat – mit Grundrechten vereinbar ist, insbesondere da dies ohne konkreten Verdacht geschieht". Dabei verweist Kokott auf die Europäischen Datenschutzbeauftragten und das Bundesverfassungsgericht, die eine verdachtslose Vorratsdatenspeicherung für unzulässig erklärt haben.

Bislang erfordere nur schwere Kriminalität eine gemeinschaftsweite Vorratsspeicherung von Verkehrsdaten und ihre Verwendung, erläutert die Generalanwältin weiter. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung weist darauf hin, dass CDU/CSU und SPD hingegen auf Vorrat gespeicherte Kommunikationsdaten schon zur Verfolgung privater Tauschbörsennutzer und zur geheimdienstlichen Beobachtung von Personen nutzen lassen wollen. Nach Meinung der Bürgerrechtler dürfte Kokott "auch dem Rütteln der Union an dem Richtervorbehalt, der im Gesetzentwurf zur stärkeren Durchsetzung des Urheberrechts vorgesehen ist, einen europarechtlichen Riegel vorgeschoben haben". Nutzerdaten dürften nämlich der Generalanwältin zufolge nicht ohne Beteiligung staatlicher Stellen an die privaten Rechteinhaber herausgegeben werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: 5000 Bürger wollen Karlsruhe wegen der Vorratsdatenspeicherung anrufen
Beitrag von: SiLæncer am 30 Juli, 2007, 10:45
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung spricht von einem großen Erfolg seines im November gestarteten Aufrufs zur vorsorglichen Massenklage gegen die von der Bundesregierung geplante Protokollierung der Telefon-, E-Mail- und Internetnutzung über sechs Monate hinweg. "Waschkörbeweise" gehen demzufolge Vollmachten zur Erhebung einer Verfassungsbeschwerde gegen die pauschale und verdachtsunabhängige Überwachungsmaßnahme beim Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik ein, der die Vertretung der Beschwerdeführer vor dem Bundesverfassungsgericht übernehmen wird. Insgesamt seien inzwischen 5000 entsprechende Schreiben bei ihm eingegangen. Im Vergleich zum Februar hat sich die Zahl der besorgten Bürger, die sich an der Aktion beteiligen wollen, somit noch einmal verdoppelt.

Kosten fallen den Teilnehmern an der bislang einmaligen Erhebung einer "Massenverfassungsbeschwerde" gemäß der Zusicherung der zivilgesellschaftlichen Widerstandskämpfer nicht an. Die Eingabe an das Bundesverfassungsgericht soll gestartet werden, sobald der momentan im Bundestag debattierte Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmethoden vom Parlament verabschiedet und in Kraft getreten ist. Damit sollen Brüsseler Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten in nationales Recht umgesetzt werden. Kritiker monieren dabei neben einem allgemeinen Paradigmenwechsel beim Datenschutz, dass die Bundesregierung noch über die entsprechende, heftig umstrittene EU-Richtlinie hinausgehen und etwa eine anonyme Nutzung des Internet deutlich erschweren will.

Das Beschwerdeschreiben selbst ist bereits fertig und im Internet einsehbar (PDF-Datei). Es beruft sich unter anderem auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2003, in der es heißt: "Insofern genügt es verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, dass die Erfassung der Verbindungsdaten allgemein der Strafverfolgung dient. Vorausgesetzt sind vielmehr eine Straftat von erheblicher Bedeutung, ein konkreter Tatverdacht und eine hinreichend sichere Tatsachenbasis." Gegen diese verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Gewährleistung der Verhältnismäßigkeit verstoße eine Vorratsprotokollierung des Telekommunikationsverhaltens der gesamten Bevölkerung eklatant, heißt es in der Beschwerdeschrift.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und 40 weitere Bürgerrechts-, Berufs- und Wirtschaftsverbände fordern seit langem eine Aussetzung der geplanten Datensammlung, bis der Europäische Gerichtshof (EuGH) über die seit 2006 anhängige Nichtigkeitsklage gegen die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung entschieden hat. Neue Hoffnung auf eine Zurückweisung der Direktive gibt ihnen, dass die EuGH-Generalanwältin Juliane Kokott öffentlich die Vereinbarkeit der geplanten Datensammlung mit den Grundrechten in Zweifel gezogen hat. Für den 22. September hat der Arbeitskreis zudem mit zahlreichen weiteren zivilgesellschaftlichen Organisationen zu einer Demonstration gegen den "Überwachungswahn" nach Berlin gerufen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Wachsende Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung in der Koalition
Beitrag von: SiLæncer am 20 August, 2007, 12:02
In den Reihen der großen Koalition mehren sich die Zweifel an der Effektivität und Verhältnismäßigkeit der von der schwarz-roten Bundesregierung geplanten Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten. Über 200 Ortsvereine, Mandatsträger und Mitglieder von CDU, CSU und SPD sprechen sich mittlerweile öffentlich für eine Aussetzung der im Raum stehenden verdachtsunabhängigen Sammlung der Kommunikationsdaten aller Bürger aus, meldet der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am heutigen Montag. Die Bürgerrechtsvereinigung wertet die wachsende Ablehnung der Maßnahme als Erfolg ihrer im Anschluss an den Kabinettsbeschluss zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung gestarteten und an Koalitionsmitglieder adressierten Appell "Risiken der Vorratsdatenspeicherung ernst nehmen" und eine bereits seit Herbst laufende Online-Kampagne.

Während immer mehr Politiker der großen Koalition sich dem Hinweis des Arbeitskreises auf das Missverhältnis zwischen Aufwand und möglichem Ergebnis der geplanten sechsmonatigen Datenvorhaltung anschließen, sprechen sich auch Bundestagsabgeordnete aus SPD und CDU/CSU offen erstmals auf anderen Plattformen oder direkt gegenüber besorgten Wählern gegen die rasche Verabschiedung des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung vor dem Entscheid des Europäischen Gerichtshof zu einer Klage gegen die entsprechenden EU-Vorgaben aus. Unter den Kritikern finden sich neben dem CSU-Politiker Peter Gauweiler die SPD-Abgeordneten Andrea Nahles, Ottmar Schreiner und Jörn Thießen. Dieser räumt auf der Plattform Abgeordnetenwatch ein: "Warum eine Maßnahme durchgesetzt werden soll, die nach meiner Überzeugung nichts bringt, horrende Kosten verursacht, juristisch auf tönernen Füßen steht, vom Deutschen Bundestag erst 2005 verworfen wurde und auch in der Bevölkerung von einer breiten Mehrheit abgelehnt wird, ist mir persönlich unverständlich."

Im Juni erklärten zuvor 49 Prozent der CDU- und 54 Prozent der SPD-Wähler in einer repräsentativen Forsa-Umfrage, die pauschale Speicherung aller Verbindungs- und Standortdaten sei ein "unzulässiger Eingriff in die Freiheitsrechte". Vergangene Woche forderte die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft (ver.di) von der Bundesregierung einen sofortigen Verzicht auf neue Gesetzesvorhaben im Bereich der inneren Sicherheit, wenn diese mit weiteren Grundrechtseingriffen verbunden sind. Die zunehmende Einschränkung der Freiheitsrechte mache den Gewerkschaften immer mehr Sorgen. "Besonders die Bespitzelung von Journalisten, etwa durch die Protokollierung aller Telefongespräche und E-Mails im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung, gefährdet nicht nur ihre Berufsausübung, sondern unsere Demokratie insgesamt", betonte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske. Auch der Beschluss der Bundesregierung zur Anlage einer zentralen Datenbank im Rahmen der laufenden Einführung einer einheitlichen Steuer-Identifikationsnummer sei "hochproblematisch".

Ver.di hat deshalb Bürger, Institutionen und Verbände zur Unterstützung der Demonstration "Freiheit statt Angst" aufgerufen, die unter der Führung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung am 22. September in Berlin stattfinden soll. Den Aufruf zum Protest gegen den "Überwachungswahn" tragen auch bereits so unterschiedliche Gruppen wie attac oder der Chaos Computer Club sowie Vereinigungen von Handwerkern, Fußballfans, Ärzten, Richtern und Journalisten mit.

Quelle : www.heise.de
Titel: Zivilgesellschaft wappnet sich gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 01 September, 2007, 10:39
Nicht-Regierungsorganisationen wollen mit einer internationalen Kampagne für Anonymisierungsnetze und der Vorbereitung einer Verfassungsbeschwerde der umstrittenen Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetdaten entgegenwirken. "Deutschland hat eine Leuchtturmfunktion" im Kampf gegen die verdachtsunabhängige Aufzeichnung von Nutzerspuren, erklärte Ricardo Remmert-Fontes vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am Freitag bei einem Pressegespräch über ein Aktivistentreffen unter dem Dach der "European Digital Rights"-Initiative ( EDRi ) in Berlin. Es handele sich um eines der letzten Länder in der EU, in dem es noch nennenswerten Widerstand gegen die pauschale Protokollierung der Telekommunikation gebe.

Die geplanten Maßnahmen umfassen sowohl technische Mittel zum Selbstschutz als auch ein juristisches Vorgehen gegen die bereits bestehenden oder geplanten politischen Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung. Einen Ansatzpunkt bildet laut Remert-Fontes die Einrichtung einer Dachorganisation zivilgesellschaftlicher Gruppen zur Unterstützung des Anonymisierungsdienstes Tor. Ziel sei es, mehrere große Tor-Server aufzusetzen. Dafür sollen unter anderem WLAN-Hotspots zur Verfügung gestellt werden, die als Knoten für das die Nutzerspuren verwischende Netzwerk vorkonfiguriert sind. Für die Produktion der Geräte im "industriellen Maßstab" hätten "große Partner aus den USA" wie finanzstarke Mitglieder der dortigen Bürgerrechtsgesellschaft Electronic Frontier Foundation ( EFF) ihre Unterstützung zugesagt. Mit dem Vorstoß solle zugleich gerichtlich geklärt werden, "ob es ein Recht auf anonyme Kommunikation im Internet gibt".

Laut dem ebenfalls im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung aktiven Forscher Ralf Bendrath ist ferner eine Beschwerde beim EU-Ombudsmann über das Zustandekommen der EU-Richtlinie zur Aufzeichnung der Nutzerspuren geplant. Die Folgenabschätzung der EU-Kommission sei mangelhaft gewesen, die präzisen rechtlichen Vorgaben dazu nicht seien nicht eingehalten worden. Auch würden die Brüsseler Vorgaben EU-weit "total unterschiedlich" umgesetzt. Der Harmonisierungsansatz der Kommission sei damit größtenteils gescheitert. Dänemark etwa fange bereits an, entgegen der EU-Bestimmungen auch Inhaltsdaten der Internetkommunikation zu erfassen. Die Provider dort müssten "jeweils das erste oder das letzte" beziehungsweise "jedes fünfhundertste" Päckchen aus dem Datenverkehr speichern.

In Großbritannien, wo der Gesetzgeber die Internetbestimmungen zunächst aus der Umsetzungsregelung ausgeklammert hat, gibt es laut Bendrath derweil Anzeichen für "zivilen Ungehorsam" von Providern. So habe die auch als Zugangsanbieter agierende Organisation GreenNet angekündigt, die begehrten Verbindungsdaten möglichst erst gar nicht erzeugen und so die Speicherverpflichtungen zu unterwandern.

Rosemarie Will von der Humanistischen Union (HU) machte Anmerkungen zu einem parallel abgehaltenen Treffen mit Vertretern von Oppositionsparteien und dem Ex-NRW-Innenminister Burkhard Hirsch zur Abwägung der Chancen einer Verfassungsbeschwerde gegen die Pläne der Bundesregierung zur Vorratsdatenspeicherung. Die Juristin geht davon aus, dass der Bundestag das entsprechende Gesetzesvorhaben noch vor dem Entscheid des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) über die Klage Irlands gegen die EU-Vorgaben verabschiedet. Danach will die HU zunächst ihr Lobbying innerhalb der einjährigen Frist zum Einspruch in Karlsruhe auf ein nicht allein auf Verfahrensregeln ausgerichtetes Urteil in Luxemburg legen. Die Chancen dafür seien nicht schlecht, da es zumindest auf Ebene der Staatsanwaltschaft bereits Bedenken gegen eine zu weite Fassung der Richtlinie und die Möglichkeit zur Einbeziehung der Vorratsdaten in zivilrechtlichen Verfahren gegen Urheberrechtsverletzer gebe.

Sollte der EuGH die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung nicht kassieren, sieht Will mit den deutschen Umsetzungspläne das hiesige Grundgefüge der informationellen Selbstbestimmung gravierend verletzt. Die Unterschreitung der Grundrechtsstandards sei so groß, dass das Bundesverfassungsgericht die Sache in Gänze überprüfen oder versehen mit eigenen Aspekten dem EuGH vorlegen dürfte. Zudem sieht die Rechtsprofessorin Karlsruhe am Zug, weil die EU ihren Kompetenzbereich überschritten habe. Die Bemühungen der HU sieht Will als Ergänzung zu der vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bereits initiierten Massenbeschwerde gegen die Novelle der TK-Überwachung. Ihre Devise: "Man muss von vielen Seiten rangehen."

Quelle : www.heise.de
Titel: Generalbundesanwalt gegen "hysterisch gewordene Datenschutzdebatte"
Beitrag von: SiLæncer am 17 September, 2007, 15:36
Auf einer Tagung zur geplanten Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten in Berlin, auf welcher die Humanistische Union (HU) mit Unterstützung von Institutionen der Presselandschaft über das "Ende des Informanten- und Datenschutzes" diskutierten, prallten die Interessen von Strafverfolgern, Bürgerrechtlern, Medienvertretern und Providern frontal aufeinander. Beide Seiten betonten dabei, dass es ihnen jeweils um die Wahrung der Grundlagen des freiheitlichen Rechtsstaates geht. Aus Sicht des Generalbundesanwaltes Michael Bruns wird mit dem Regierungsvorstoß "nur der Ist-Zustand" der Strafverfolgung festgeschrieben. Es gehe um "keine Erweiterung der Befugnisse, nur um einen Ersatz für früher gegebene Möglichkeiten" in Zeiten der Digitalisierung der Kommunikationsgewohnheiten.

Christoph Fiedler vom Verband der Deutschen Zeitschriftenverleger (VDZ) hielt dagegen, dass die Vorratsdatenspeicherung selbst bei einer "maßvollen Umsetzung die Pressefreiheit erheblich schwächen würde". Der Staat erhalte Zugriff auf alle Kontakte zu Journalisten, was Informanten massiv abschrecken werde: "Die Presse wird blind, die Demokratie mittelbar geschädigt". Besonders schal sei das Argument, dass die Presse in Zeiten des Terrorismus zurückstecken müsse. Gerade hier sei die Gesellschaft auf eine "robuste Pressefreiheit" angewiesen.

Bruns beklagte im Namen der Karlsruher Bundesstaatsanwaltschaft allgemein eine inzwischen "hysterisch gewordene Datenschutzdebatte". Den Bedürfnissen der Interessen der Ermittlern komme generell ein eigenständiges verfassungsmäßiges Gewicht zu. Angesichts der Zunahme von Flatrates bei der Telekommunikation, bei denen momentan Verbindungsdaten nur sehr kurzfristig gespeichert werden dürfen, könne auf die Strafverfolgung nicht "gänzlich verzichtet" werden. Gebraucht sei vor allem eine Zuordnung von IP-Adressen zu den jeweiligen Anschlusskennungen etwa bei der Verbreitung von Kinderpornographie, rechtsradikaler Hetze oder Phishing-Mails. Befürchtungen, dass die gesamte Bevölkerung mit der verdachtsunabhängigen Aufzeichnung der elektronischen Nutzerspuren für sechs Monate unter einen "Generalverdacht" gestellt werde, wies Bruns dagegen zurück. Auch die Daten von Dritten seien oft von entscheidender Bedeutung.

Constanze Kurz vom Chaos Computer Club (CCC) wies dagegen daraufhin, dass mit dem "monströsen Projekt" EU-weit "eine halbe Milliarden Menschen" pauschal betroffen werden. Sie zweifelte auch die von Bruns behauptete klare Beweiskraft der Verbindungsdaten und ihrer Zuordnung zu personenbeogenen Informationen an. Gemeinsam mit dem Ex-Landesdatenschutzbeauftragten von Berlin, Hansjürgen Garstka, verteidigte die Hackerin den alternativen Ansatz eines "Quick Freeze". Dabei zeichnen die Provider Datenspuren erst auf Zuruf der Behörden bei einem konkreten Tatverdacht auf. Dies entspricht Garstka zufolge den bisherigen traditionellen Ermittlungsmethoden, während diese durch die pauschale Protokollierung deutlich erweitert würden. Für Bruns geht das in den USA bislang praktizierte "Quick Freeze"-Verfahren dagegen "vollständig an der Realität des Strafverfahrens vorbei". Ermittler würden häufig erst nachträglich Kenntnis von Verdacht erhalten. "Ohne Speicherpflicht gibt es da keine tatrelevanten Daten mehr zum Einfrieren."

Der Generalbundesanwalt räumte aber ein, dass "sich die elektronischen Daten ungleich effizienter auswerten lassen als die phsysischen Kontakte". Bei den "sensiblen" aufgezeichneten Angaben werde direkt in das informationelle Selbstbestimmungsrecht eingegriffen. Die Sache mit der Datenanalyse per "Knopfdruck" hätten sich die Strafverfolger aber "nicht ausgesucht". Ermittlungen ohne Verbindungsdaten wären jedenfalls kaum mehr denkbar.

Klaus Landefeld vom Verband der deutschen Internetwirtschaft eco monierte aus Sicht der betroffenen Zugangsanbieter, dass der zuvor betonte Harmonisierungsansatz der EU mit diversen Umsetzungsgesetzen in den Mitgliedsstaaten inzwischen komplett "verloren gegangen ist". Viele hätten "unterschiedlichste Vorkehrungen, was wie lange zu speichern ist". Teilweise soll jede einzelne Verbindung im Internet mitgeloggt und zentral vorgehalten werden in einem großem Data Warehouse. Hierzulande gebe es bislang keine Vorgaben, wie die konkreten Datenbanken zur Aufbewahrung der Informationen auszusehen haben. Zugleich gab der eco-Vorstand zu bedenken, dass die "momentanen Möglichkeiten vor allem zur E-Mail-Überwachung so gut wie gar nicht genutzt werden" Oft träfe Provider keine einzige Anordnung, obwohl die teuren Abhörinfrastrukturen vorgehalten werden müssen. Über 90 Prozent der Anfragen würden sich auch weiter an die Deutsche Telekom richten, obwohl sie nicht mehr diesen Marktanteil habe.

In der über 50 Seiten langen Stellungnahme der HU zum Gesetzesentwurf der Bundesregierung heißt es derweil klipp und klar in einer Ausführung der bereits geäußerten Kritik der Bürgerrechtsvereinigung, die auch zu den Unterstützen der Demonstration unter dem Motto "Freiheit statt Angst – Stoppt den Überwachungswahn!" am 22 September in Berlin zählt: "Die Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung verstößt mehrfach gegen grundrechtliche Schutzgarantien." Sie sei bereits mit ihrem Ansatz, sämtliche Verbindungsdaten aller Kommunikationsteilnehmer anlasslos zu speichern, verfassungswidrig. Die HU ist sich daher sicher: "Eine verfassungskonforme Umsetzung kann insoweit nicht gelingen."

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung als Bedrohung fürs soziale Netz
Beitrag von: SiLæncer am 18 September, 2007, 09:18
Die geplante sechsmonatige Protokollierung elektronischer Nutzerspuren könnte laut Kritikern nicht nur den Informantenschutz bei der Presse aushöhlen, sondern auch karitative Institutionen in große Probleme bringen. "Die Vorratsdatenspeicherung schlägt eine breite Schneise in alles, was wir an sozialen Hilfseinrichtungen eingerichtet haben", erklärte der Brüssel-Korrespondent Detlef Drewes bei der von der Humanistischer Union (HU) und Institutionen der Medienlandschaft organisierten Tagung in Berlin am Montagabend. Die Politik würde mit dem umstrittenen Großprojekt von sexuellen Übergriffen betroffenen Kindern die Chance nehmen, sich überhaupt etwa bei einschlägigen sozialen Zentren "zu outen". Das gelte natürlich genauso etwa für Suizid-Gefährdete oder die Kommunikation mit Priestern sowie anderen Vertrauenspersonen. Allerdings bringen Verfechter der verdachtsunabhängigen Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten gerne just den Kampf gegen Kinderpornographie ins Spiel. Ein Argument, das laut Drewes nach hinten los geht.

Der Medienschaffende kann selbst bereits ein Lied von den Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung singen, weil dies in Belgien bereits praktiziert wird. Vor zwei Monaten seien ihm daher die Möglichkeit der elektronischen Kontaktaufnahme mit Experten jenseits der Pressestelle der Polizeibehörde Europol aufgekündigt worden. Hintergründe könnten höchstens noch vor Ort geführt werden, heiße es beim europäischen Polizeiamt. Die entsprechende EU-Richtlinie ist Drewes zufolge insgesamt in einer Atmosphäre entstanden, "in der Journalisten mit größter Skepsis und Anfeindungen begegnet wird". Die vielfach beschworenen technischen Möglichkeiten zum Austricksen der Datenaufzeichnung etwa mit Hilfe von Anonymisierungsservern und Verschlüsselungstechniken können die Problematik seiner Ansicht nach zudem auch nicht lösen: "Man kann ja kein Gesetz machen, wenn danach ein technischer Wettbewerb entsteht, um es zu umgehen."

Auch für Stephan Wels vom ARD-Magazin Panorama ist die hierzulande im Raum stehende Vorratsdatenspeicherung ein "enormer Einschüchterungsfaktor". Er sehe die Konsequenzen "mit Ärger und Sorge". Wels geht davon aus, dass sich Beamte in Behörden nicht mehr zu telefonischen Hintergrundgesprächen bereit erklären. Sollte später in einem "Standardverfahren" wegen Geheimnisverrat ermittelt werden, wären schließlich alle TK-Verbindungen dokumentiert und zumindest der Sachverhalt eines eventuell sogar mehrfach erfolgten Kontakts damit bekannt. Für seine eigene Zunft räumte der Reporter ein, dass die Überwachungsthematik und die Gefahren für die Grundrechte "im publizistischen Raum deutlich zuwenig behandelt werden".

"Sie können sich bald nur noch im Wald mit Informanten treffen", führte Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Scharrenberger gegenüber den Medienvertretern auf dem Podium aus. Dazu komme, dass Journalisten allgemein im Rahmen der von der Bundesregierung bereits abgesegneten Neuregelung der TK-Überwachung einer Prüfung über das Interesse der Geheimhaltung an ausgetauschten Informationen unterlägen. Mit derlei Verhältniskeitsabwägungen "ist der Informantenschutz nichts mehr wert". Die FDP-Abgeordnete bezeichnete es zudem als besonders "frech", dass die großen Koalition bei dem vorgezeichneten Paradigmenwechsel beim Datenschutz die Ausweitung einer Nutzung der Vorratsdaten auch zur Gefahrenabwehr und für die Geheimdienste bereits im Schritt vom Referenten- zum Regierungsentwurf vorgenommen habe. Derlei Befugnisausdehnungen seien bislang immer erst später vorgenommen worden.

Die für diese Woche im Rechtsausschuss des Bundestags angesetzten Anhörungen zum Gesetzesentwurf allgemein und zur Vorratsdatenspeicherung im Besonderen bezeichnete die Liberale nicht als reine Pro-Forma-Sache. Sie hoffe, dass an einzelnen Stellschrauben wie dem Informantenschutz bei Abhöranordnungen allgemein noch Änderungen erfolgen könnten. Eine Aufschiebung der Verpflichtungen zur Verkehrsdatenprotokollierung bis zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs aufgrund einer Klage Irlands gegen die EU-Richtlinie sei aber unrealistisch, da es trotz Demonstrationen gegen die zunehmende Überwachung "keinen Aufschrei in weiten Teilen der Bevölkerung gibt". Erst, wenn sich Bürger einzelne Verhaltensweisen der Behörden nicht mehr erklären können, dürfte mehr öffentliche Aufmerksamkeit entstehen. Aber dann sei es zu spät, da einmal geschaffene Ermittlungsbefugnisse nicht mehr zurückgenommen würden.

Besonders wundert Leutheusser-Schnarrenberger gegen den ausbleibenden Protest gegen die gestartete Einführung einer eindeutigen Steuer-Identifikationsnummer. Zur Zeiten des Widerstands gegen die Volkszählung habe schließlich noch "niemand mit einer solchen Personenkennziffer in Verbindung gebracht werden" wollen. Die neue Dimension der Vernetzung personenbezogener Daten bei Behörden sei den meisten Bürgern aber anscheinend noch nicht deutlich. Für die Liberale ist dagegen absehbar, dass die Steuernummer rasch in andere staatliche Datenbanken bis hin zur Anti-Terrordatei übernommen wird.

Quelle : www.heise.de
Titel: Sachverständige haben erhebliche Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 21 September, 2007, 18:52
Datenschützer sowie Vertreter von Bürgerrechtsorganisationen und aus der Wirtschaft haben bei einer Anhörung im Rechtsausschuss des Bundestags scharfe Kritik am Vorstoß der Bundesregierung zur sechsmonatigen Vorratspeicherung von Telefon- und Internetdaten geübt. Der schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Thilo Weichert richtete den "ganz dringenden Appell" an die Abgeordneten, von dem Vorhaben Abstand zu nehmen. Das Bundesverfassungsgericht habe wiederholt klar gemacht, dass die Bevölkerung nicht "ins Blaue hinein" ohne absehbare Erforderlichkeit in Bezug auf jeden einzelnen Datensatz überwacht werden dürfe. Seit 1969 habe Karlsruhe auch das Verbot aufrecht erhalten, Persönlichkeitsprofile zu erstellen. "Je mehr wir im Internet kommunizieren, desto stärker sind Kommunikationsprofile aber eben auch Persönlichkeitsprofile." Weichert ließ so keinen Zweifel daran, dass der Vorstoß nicht verhältnismäßig und viel zu unbestimmt sei sowie zu wenig Beschränkungen der Befugnisse der Sicherheitsbehörden vorsehe.

Laut Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der die von einem breiten Bündnis gesellschaftlicher Gruppen unterstützte Demo gegen den "Überwachungswahn" am Samstag in Berlin initiiert hat, genügt der Regierungsentwurf den verfassungsrechtlichen Anforderungen angesichts eines "Dammbruchs" beim Datenschutz ebenfalls nicht. Für den Bürgerrechtsvertreter ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis der bereits angerufene Europäische Gerichtshof die Brüsseler Vorgaben zur Protokollierung der elektronischen Nutzerspuren aller 450 Millionen EU-Bürger kassiert.

Zugleich monierte Breyer, dass die deutsche Implementierungsvorlage etwa mit der Erfassung auch von E-Mail-Anbietern oder Logpflichten bei Anonymisierungsdiensten über die Weisung des Bundestags zu einer Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie im Mindestmaß weit hinausgehe. Die Aufklärungsquote im Internet liege schon bei über 80 Prozent im Vergleich zu rund 55 Prozent bei gängigen Verbrechen, sodass die Aufzeichnung des "gesamten Internetverhaltens" der Bürger nicht gerechtfertigt sei. Christoph Fiedler vom Verband der deutschen Zeitschriftenverleger (VDZ) wiederholte seine Ansicht, dass der Presse eine "Trockenlegung" ihrer Quellen drohe und die Schutzvorkehrungen für die Medien bei der TK-Überwachung geringer seien als bei Durchsuchungen und Beschlagnahme vor dem Cicero-Urteil.

"Deutliche verfassungsrechtliche Bedenken" brachte auch Jürgen Grützner, Geschäftsführer des Verbands der Anbieter vom Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM), hauptsächlich wegen einer fehlenden Entschädigungsregelung für die betroffenen Firmen vor. Dabei müssten die Provider zum Teil völlig neue Systeme und Software zur Verknüpfung von Verbindungsdaten der jeweiligen Betreiber mit den dahinter stehenden Personen aufbauen, schloss sich der Lobbyist den Einwänden des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco an. Zugleich monierte der Branchenabgesandte, dass sich die Regierung weit von der EU-Zielrichtung der Terrorabwehr entfernt habe. So dürften die Ermittler mit dem Entwurf etwa auch zur Verfolgung von Surfern auf die Datenhalden zugreifen, wenn diese unzulässig Downloads urheberrechtlich geschützter Werke durchgeführt hätten. Endgültig nicht praktikabel sei die Ausweitung der Zugangsberechtigung bis hin zu Ordnungswidrigkeiten.

Auch eine Überregulierung machte Grützner aus. So brächte die Erfassung auch der Handy-Gerätekennung IMEI wenig, da diese leicht verändert werden könne. Völlig überflüssig seien die Speicherauflagen für reine Service-Provider wie debitel, da die begehrten Verbindungs- und Standortdaten so doppelt vorgehalten würden. Straftäter könnten sich ferner der Überwachung entziehen, indem sie die an jeder Straßenecke zu findenden offenen WLAN-Netze missbrauchen würden. Insgesamt werde eine "Bürokratie vom Feinsten" aufgebaut, "die der Strafverfolgung keinerlei zusätzliche Sicherheit gibt". Vielmehr würde das Vertrauen der Kunden in die Telekommunikation massiv unterwandert. Auch im Lichte einer umstrittenen Normierung von Anti-Terror-Befugnissen der US-Sicherheitsbehörden, auf sämtliche gespeicherten TK-Verbindungen von Drittstaaten ohne Richtervorbehalt zuzugreifen, mahnte Grützner zur Datensparsamkeit. Andernfalls werde Missbrauchsmöglichkeiten selbst zur Wirtschaftsspionage Tür und Tor geöffnet.

Rainer Liedtke von E-Plus beklagte eine neue Verpflichtung zur "Echtzeitübermittlung" von Verbindungsdaten. Auch dem Juristen zufolge dürften die enormen gewünschten Informationsbestände für die Verbesserung der Strafverfolgung aber wenig bringen. So sei das Fälschen von IP-Adressen kein sonderlich aufwendiger Prozess, was gar zur Anlage falscher Spuren führen könne. Entsprechende Vorwürfe könne ein damit unschuldig ins Visier der Fahnder geratener Bürger wohl nur schwer entkräften. Die Internetkennungen seien bei Mobilfunkbetreibern zudem häufig wertlos, da aufgrund eines ihnen nur sehr knapp zur Verfügung stehenden Adressraums viel mit Untergruppierungen und "privaten internen" IP-Adressen gearbeitet werde. Dabei würden die Nummern oft im Sekundentakt gewechselt. Insgesamt bestehe aber mit dem steigenden Kommunikationsbedarf der Bevölkerung über elektronische Medien die Möglichkeit, ein nicht mit der Verfassung zu vereinbarendes vollständiges Kommunikations- und Bewegungsprofil jedes Bürgers zu speichern.

Dies bestätigte Michael Ronellenfitsch, Inhaber des Lehrstuhls für Öffentliches Recht an der Universität Tübingen. Verbindungsdaten selbst sind für ihn zwar eine "läppische Angelegenheit". Aber es gehe um ein Gesamtbild, das sich mit einer verstärkt kommunikationsgeprägten Selbstartikulation der Menschen, durch die Erfassung der Nutzerspuren aufzeichnen lasse. Die Telekommunikation sei "essenziell für die individuelle Lebensgestaltung" geworden. Der hessische Datenschutzbeauftragte mahnte daher eine sorgfältige Grundrechtsabwägung an. Persönlich erklärte er sich dabei mit einer Vorratsdatenspeicherung zur Gefahrenabwehr von höchstrangigen Rechtsgütern wie dem Schutz vor terroristischen Anschlägen oder zur Verfolgung schwerer Straftaten einverstanden. Generell hielt er in diesem Sinne den Entwurf trotz seiner deutlich weiteren Zugriffsmöglichkeiten für vereinbar mit dem EU-Recht und letztlich verfassungskonform.

Für Ernst Wirth vom Bayerischen Landeskriminalamt enthält das Großprojekt der Regierung aus polizeipraktischer Sicht ebenfalls überwiegend begrüßenswerte Bestimmungen. Die Ermittler würden Verbindungsdaten inzwischen als "elektronische DNA" betrachten und hätten damit bereits Fälle wie den Mord an Rudolf Mooshammer aufgeklärt. Die dafür in der Regel erforderlichen Daten bekäme die Polizei zwar bereits "unverzüglich in hervorragender Form" von den Providern. Dies geschehe aber zumindest bei der Echtzeitauskunft von Standortdaten auf freiwilliger Basis, sodass eine Normierung erforderlich sei.

Weitgehend allein war Jürgen-Peter Graf vom Bundesgerichtshof mit seiner Ansicht, dass die Vorratsdatenspeicherung angesichts momentan oft nicht mehr aufzuklärender Fälle etwa von Betrügereien im Internet unter dem Missbrauch von Accounts bei der Bevölkerung "das Vertrauen in das Internet" eher erhöhen würde. Für den Richter stellt sich die Frage, "inwieweit ich noch mit Recht Straftaten im 'Real Life' verfolgen kann, wenn ich rechtsfreie Räume im Internet schaffe." Dies sei aber der Fall, wenn die IP-Adresse "weg ist". Graf kam zu der ungewöhnlichen Schlussfolgerung, dass damit bei einem politischen Verzicht auf die Datenprotokollierung eigentlich auch ein Warenhausdieb nicht mehr verfolgt werden müsse. Die verdachtslose Vorhaltung von IP-Adressen hielt er für unbedenklich, da gemäß dem Entwurf mit der "neutralen" Kennung keine Inhaltsdaten verknüpft werden dürften. Die meisten anderen Experten hielten dagegen, dass die Zusammenführung der hochsensiblen IP-Adressen mit Nutzerdaten etwa bei Suchmaschinen-Anbietern die Regel sei und sich die Behörden auch auf diese Informationen Zugriff verschaffen könnten.

Jenseits der Anhörung brachte auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar noch einmal seine erheblichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung vor. Die für eine freiheitliche Gesellschaft unabdingbare unbefangene Kommunikation werde damit erheblich beeinträchtigt. Die Möglichkeit zur anonymen und unbeobachteten Internetnutzung müsse weiterhin gewährleistet bleiben. Äußerst umstritten war am Mittwoch bei einer ersten Anhörung zu dem Gesetzesentwurf zuvor zudem die geplante Neuregelung der TK-Überwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen allgemein.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Sachverständige haben erhebliche Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Jürgen am 22 September, 2007, 03:09
Zitat
Graf kam zu der ungewöhnlichen Schlussfolgerung, dass damit bei einem politischen Verzicht auf die Datenprotokollierung eigentlich auch ein Warenhausdieb nicht mehr verfolgt werden müsse.
Stimmt eigentlich, auch da sind deutliche Grenzen gesetzt.
Un das ist gut so.
Bloss weil irgendjemand etwas im Kaufhaus geklaut haben soll, ist es noch lange nicht statthaft, alle Wohnungen im ganzen Stadtteil zu durchsuchen, oder von mir aus die aller bekannten Kunden.

Der Kaufhausdetektiv hat übrigens kein Recht zur Verfolgung. Seine Möglichkeiten sind spätestens vor der Ladentür auf das Jedermannsrecht beschränkt.

Auch die legalen Möglichkeiten der Polizei sind begrenzt, sobald der öffentliche Raum verlassen wird.

So kann es in einem Rechtsstaat durchaus vorkommen, dass ein Brötchendieb ungeschoren bleibt, beispielsweise weil nach Verzehr eine Untersuchung des Mageninhalts stark unverhältnismässig und damit der Eingriff in die Persönlichkeitsrechte illegal wäre.

So und nicht anders muss auch mit den Kommunikationsmitteln umgegangen werden, und dafür braucht man keine neuen Gesetze.

Einen Schnüffelstaat zu installieren wäre gegen unsere Verfassung und verstösst gegen Bürger- und Menschenrechte.
Wer das versucht, ist als aktiver Verfassungsfeind untragbar und gehört aus allen Ämtern gejagt und angeklagt.

Wer allen Bürgern derart misstraut, dass er sie pauschal rund um die Uhr überwachen zu müssen meint, der sollte entweder dringend zum Psychiater gehen, oder er mag sich geflissentlich ein anderes Betätigungsfeld suchen, meinethalben in irgendeiner Diktatur der Dritten Welt.
Titel: Zypries hält EU-Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung geheim
Beitrag von: SiLæncer am 09 Oktober, 2007, 11:02
Das Bundesjustizministerium hat einen Antrag auf Einsicht in die Klageschrift gegen die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten zurückgewiesen. Die Herausgabe der Akte hatte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf Basis des Informationsfreiheitsgesetzes (IFG) des Bundes verlangt. Der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Surfern erhofft sich von dem Dokument eine Untermauerung der Einschätzung vieler Beobachter, dass die Brüsseler Vorgaben zur sechs bis zwölfmonatigen verdachtslosen Protokollierung der elektronischen Nutzerspuren nichtig ist und deswegen in Deutschland nicht umgesetzt werden darf. Das Justizministerium hat den Antrag nun aber mit der Begründung (PDF-Datei) abgelehnt, eine Offenlegung könne dem laufenden Gerichtsverfahren schaden und die "Integrität" des Verfahrens gefährden.

Der Arbeitskreis wertet die Geheimniskrämerei als "Ausdruck einer zunehmenden Nervosität der Bundesregierung und der zuständigen Ministerin Brigitte Zypries in Bezug auf eine laufende Nichtigkeitsklage gegen die Richtlinie". Irland hatte sich im Juni 2006 in der Sache an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) gewandt. Dieser hatte zuvor die damals geltende Rechtsbasis für die umstrittene Übermittlung von Flugpassagierdaten (Passenger Name Records) an die USA für unzulässig erklärt. Die Richter hielten dafür einen einvernehmlichen Rahmenbeschluss des EU-Rates für erforderlich, nicht ein von der EU-Kommission angetriebenes Verfahren. Auch bei der Vorratsdatenspeicherung kam es zuletzt zu einer Initiative der eigentlich für den Binnenmarkt und nicht für die innere Sicherheit zuständigen Kommission und einer daraus resultierenden Richtlinie, nachdem sich die Mitgliedsstaaten im Rat nicht auf ein gemeinsames Vorgehen einigen konnten. Die Entscheidung des EuGH über die Eingabe Irlands wird im kommenden Jahr erwartet.

Der Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und zur Vorratsdatenspeicherung gehört zu den am meisten umstrittenen Vorhaben der großen Koalition in diesem Herbst. Bei einer parlamentarischen Anhörung Ende September äußerten sich viele Sachverständige dazu skeptisch, während in Berlin rund 15.000 Menschen gegen den ausgemachten "Paradigmenwechsel" beim Datenschutz und den weiteren Umbau der Sicherheitsarchitektur auf die Straße gingen.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung war zuvor mit seinem Begehr auf Akteneinsicht auch bei der EU-Kommission gescheitert. Die Brüsseler Behörde hatte eine Anfrage zum Aktenzugang mit dem Hinweis zurückgewiesen, dass die Veröffentlichung von Schriftsätzen in dieser Phase des laufenden Verfahrens "die Verteidigungsrechte der Parteien unterminieren" könnte. Das hiesige Informationsfreiheitsgesetz hat sich derweil bereits häufiger als vergleichsweise zahnlos erwiesen. So hat gerade etwa auch das Bundesinnenministerium einen Antrag der Grünen auf Einsicht in den Vertrag mit der Deutschen Bahn zur Videoüberwachung von Bahnhöfen negativ beschieden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesweite Kundgebungen gegen die Vorratsdatenspeicherung geplant
Beitrag von: SiLæncer am 15 Oktober, 2007, 17:19
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung ruft für den 6. November zu bundesweiten, dezentralen Protestaktionen auf. An dem Dienstag sollen sich besorgte Bürger zwischen 17.00 und 19.00 Uhr zu Kundgebungen vor den Rathäusern beziehungsweise den Sitzen der jeweiligen Landesregierungen treffen und mit Reden, künstlerischen Aktionen und einer abschließenden Schweige-Mahnwache ein Zeichen gegen die geplante verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten setzen.

Anlass für die geplanten Demonstrationen ist die voraussichtliche Verabschiedung des Gesetzesentwurfs zur Neugestaltung der Telekommunikationsüberwachung nebst den Bestimmungen zur sechsmonatigen Aufzeichnung elektronischer Nutzerspuren am 8. oder 9. November durch den Bundestag. Der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern hat nach eigenen Angaben "aus gut unterrichteten Kreisen" erfahren, dass die entsprechenden Gesetzesverschärfungen an einem dieser Tage vom Parlament in 2. und 3. Lesung abschließend beraten werden sollen. Andernfalls könnten die Regelungen auch kaum mehr planmäßig Anfang 2008 in Kraft treten. Sachverständige hatten bei einer parlamentarischen Anhörung allerdings heftige Bedenken gegen eine verfassungsmäßige Umsetzung des Vorhabens vorgebracht.

Der Arbeitskreis verknüpft den Terminhinweis mit der Bitte um Teilnahme sowie um Spenden. Nach dem Kraftakt der Vorbereitung und Durchführung der jüngsten Demo gegen den "Überwachungswahn" in Staat und Wirtschaft am 22. September in Berlin, die rund 15.000 Bürger zur größten Datenschutzkundgebung seit der Volkszählung 1987 machten, sind die Kassen der Vereinigung ziemlich leer. Zu den dezentralen Protesten Anfang November sollen Interessierte online bestellbare Grundgesetze sowie Kerzen, Fackeln oder Grablichter mitbringen. Für die genaue Koordination der Aktionen haben die Bürgerrechtler ein gesondertes Wiki eingerichtet. Angemeldet sind dort bereits Kundgebungen in Berlin, Frankfurt am Main, Bonn sowie Leipzig. Viele andere Städte und Gemeinden sollen noch folgen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Nur geringfügige Änderungen bei der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 29 Oktober, 2007, 10:50
Die große Koalition hat sich nur auf geringfügige Änderungen am heftig umstrittenen Regierungsentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen verständigen können. Dies erklärte der medienpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Jörg Tauss, gegenüber heise online. Demnach soll einerseits der Informantenschutz für Journalisten leicht verbessert werden. Andererseits könnten bei der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten, die mit dem Gesetzesentwurf für Telekommunikationsanbieter für sechs Monate lang verpflichtend werden soll, zumindest die Betreiber von Netzknoten aufatmen. Diese "reinen Dienstleister" im Geschäftskundenbereich müssten die von den Sicherheitsbehörden begehrten Verkehrsdaten nicht vorhalten, erläuterte Tauss. Andernfalls wären die schon von anderen Providern mit Endkundenkontakt vorgehaltenen Nutzerspuren "doppelt und dreifach" erfasst worden.

Tauss sprach von einem "Erfolg für die alten und die neuen Medien". Die Nachbesserung sei seit dem Wochenende mit der Union und mit Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) abgestimmt. Nach Ansicht des Medienpolitikers und Datenschutzexperten der Sozialdemokraten habe man mit beiden Korrekturen "das Beste rausgeholt". Weitergehende Änderungen seien angesichts des Widerstands des Koalitionspartners und auch der Rechtspolitiker seiner Fraktion nicht möglich gewesen. Insgesamt bleibe Deutschland bei der Vorratsdatenspeicherung mit dem Überwachungsgesetz, das nun Ende nächster Woche im Bundestag beschlossen werden soll, am unteren Ende der EU-Vorgaben. Tauss machte aber kein Hehl daraus, dass seine Skepsis gegenüber dem Großprojekt des Staates zur Erfassung der elektronischen Nutzerspuren bleibe. Er hätte daher nichts dagegen, wenn sich im Rahmen der Klage Irlands vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die entsprechende EU-Richtlinie oder angekündigter "Massenbeschwerden" in Karlsruhe gegen die Vorratsdatenspeicherung "noch etwas tut".

Mit der Änderung zugunsten der Medienvertreter soll laut Tauss vor allem sichergestellt werden, dass Journalisten künftig strafrechtlich nicht mehr belangt werden können, wenn bei ihnen als geheim eingestufte Unterlagen gefunden werden. Ausgeschlossen werde die Einleitung von Strafverfahren, wenn den Autoren eine "Verletzung von Dienstgeheimnissen" angekreidet werde. Die Änderung bezieht sich auf alle vertraulich gekennzeichneten Papiere, wie sie zum Ärger der Behörden immer wieder Journalisten zugespielt und von diesen dann auch zur Berichterstattung verwendet werden. Die Forderungen von Medienverbänden für die Nachbesserungen beim Informantenschutz waren allerdings viel weiter gegangen und hatten sich vor allem auch auf Ausnahmen bei der Vorratsdatenspeicherung bezogen. Dass Journalisten jedoch nicht in größerem Maß von richterlich angeordneter Überwachung ausgenommen werden wie etwa Abgeordnete, Strafverteidiger und Geistliche, begründete der SPD-Politiker gegenüber der Frankfurter Rundschau mit Schwierigkeiten, klar zu definieren, wer Journalist ist und wer nicht.

Gegen den Regierungsentwurf hatten Sachverständige im Rahmen von gleich zwei parlamentarischen Anhörungen massive Bedenken vorgebracht. Bürgerrechtler und Rechtsexperten hatten bei den allgemeinen Regelungen zum Abhören der Telekommunikation insbesondere betont, dass die geplanten Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung sowie von Vertrauenspersonen nicht weit genug gehen.

Die Vorratsdatenspeicherung und den damit einhergehenden Paradigmenwechsel beim Datenschutz schätzten Hüter der Privatsphäre genauso wie Unternehmensvertreter als klar verfassungswidrig ein. Im Vorfeld hatten Zugangsanbieter bereits vor den immensen Kosten und rein technischen Umsetzungsschwierigkeiten gewarnt. Einen Tag nach der Anhörung demonstrierten in Berlin rund 15.000 besorgte Bürger gegen das Gesetzesvorhaben und den "Überwachungswahn" in Staat und Wirtschaft. Für den 6. November sind bundesweit erneute Protestkundgebungen unter der Federführung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung geplant.

Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hat sich derweil im Deutschlandfunk zu Beschwerdemöglichkeiten in Karlsruhe über die verdachtsunabhängige Aufzeichnung von Nutzerspuren geäußert. Demnach müsste der nationale Grundrechtsschutz im Streit über die EU-Vorgaben zunächst zurücktreten, "so lange und so weit auf Gemeinschaftsrechtsebene ein im Wesentlichen vergleichbarer Grundrechtsschutz gewährt wird". Dies war laut Papier "bisher der Fall, und zwar aufgrund einer vom Europäischen Gerichtshof der Gemeinschaften entwickelten Grundrechtsdogmatik". Wenn es aufgrund des neuen EU-Vertrags einen fest geschriebenen Grundrechtekatalog auf Gemeinschaftsebene gebe, werde diese Entwicklung eher noch verstärkt. Der EuGH habe dann über den Grundrechtsschutz zu wachen.

Rein technisch bezeichnete Papier die angekündigten Massenklagen auch in Karlsruhe gegen die Vorratsdatenspeicherung als zu bewältigen. "Wir können ja einzelne Verfahren herausgreifen und gewissermaßen Musterentscheidungen treffen." Er sei nicht pessimistisch, "dass wir auf diese Weise etwa lahm gelegt werden könnten". Prinzipiell könne er noch nicht beurteilen, "ob das mehr oder weniger nur eine politische Show sein soll oder wirklich auf ernsthaften problemorientierten Beurteilungen eines Großteils der Bevölkerung beruht".

Quelle : www.heise.de
Titel: Tausende Bürger wollen gegen Vorratsdatenspeicherung klagen
Beitrag von: SiLæncer am 30 Oktober, 2007, 10:47
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat seit dem Aufruf zur Sammelklage gegen die von der Koalition geplante Einführung der Vorratsdatenspeicherung vor etwa einem Jahr knapp 7000 dafür nötige schriftliche Vollmachten eingesammelt. Dazu kommen 20.000 elektronische Anmeldungen, heißt es in einer Mitteilung des Zusammenschlusses von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern. Damit könne die geplante Klage gegen die Vorratsdatenspeicherung den Rekord von 2004 brechen, als 6575 Menschen gegen die Streichung von Naturarzneimitteln aus dem Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung geklagt hatten.

Der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss sagte gestern, die Koalition wolle den vorliegenden Gesetzentwurf Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung mit nur geringfügigen Änderungen nächste Woche verabschieden. Eingereicht werden soll die Verfassungsbeschwerde, falls die Vorratsdatenspeicherung in Kraft tritt, voraussichtlich zum 1. Januar 2008. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bereitet bundesweite Protestaktionen gegen das Gesetz vor, die Dienstag kommender Woche in 28 deutschen Städten stattfinden sollen. Im September waren bereits 15.000 Menschen in Berlin gegen das Vorhaben auf die Straße gegangen.

Hans-Jürgen Papier, Präsident des Bundesverfassungsgerichts, hat sich derweil im Deutschlandfunk zu der angestrebten Massenklage geäußert. Er könne nicht beurteilen, ob es sich um eine "politische Show" handele oder ob die Proteste "auf ernsthaften problemorientierten Beurteilungen eines Großteils der Bevölkerung beruht". Sein Gericht sei gewappnet, mit der großen Zahl an möglichen Klägern zurechtzukommen. Allerdings sei das Bundesverfassungsgericht im Fall der Vorratsdatenspeicherung nur "partiell" zuständig, da diese auf einer EG-Richtlinie basiert. Soweit der Bundestag lediglich "zwingendes Gemeinschaftsrecht" umzusetzen habe, sei zunächst der Europäische Gerichtshof in Luxemburg zuständig. Gegen die europäische Richtlinie ist beim EuGH bereits seit 2006 eine Klage Irlands anhängig.

Der Entwurf der Verfassungsbeschwerde des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung sieht vor, dass das Bundesverfassungsgericht die Datenspeicherung durch einstweilige Anordnung aussetzen soll, um durch den Europäischen Gerichtshof klären zu lassen, ob die europäische Richtlinie mit den Grundrechten vereinbar ist. Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung vermuten, dass der EuGH die Richtlinie demnächst schon aus formalen Gründen aufheben werde. Dann könne das Bundesverfassungsgericht das deutsche Umsetzungsgesetz für verfassungswidrig erklären.

Quelle : www.heise.de
Titel: "Es gibt keine Vorratsdatenspeicherung bei Vater Staat"
Beitrag von: SiLæncer am 30 Oktober, 2007, 19:18
Entgegengesetzte Auffassungen über die Ausgestaltung einer freiheitlichen Gesellschaft im Internet prallten auf dem Jahreskongress der Initiative D21 am heutigen Dienstag in Dresden aufeinander. Der Internet-Publizist Tim Cole warf dem Staat vor, mit der Befugnis von Sicherheitsbehörden für heimliche Online-Durchsuchungen eine Art "Leibesvisitation" der Internet-Nutzer einzuführen. Er würde im Zweifelsfall dafür plädieren, dass die Sicherheit hinter der Meinungsfreiheit zurückstehen müsse. Es wäre ihm daher lieber, wenn der sogenannte Bundestrojaner überhaupt nicht flügge würde. Johann Hahlen, Staatsekretär im Bundesinnenministerium, lobte zwar ebenfalls die "Errungenschaft der freien Kommunikation". Zugleich verteidigte er aber den Plan seines Ressortchefs Wolfgang Schäuble (CDU) zur Schaffung von Lizenzen für Online-Razzien.

"Wenn Sie in der Verantwortung eines Ministers stehen, werden Sie in der Abwägung wahrscheinlich zu einem anderen Ergebnis kommen." Sein Haus habe immer den Dreiklang des Schutzes von Leben, Freiheit und Sicherheit der Bürger vor Augen zu haben, führte Hahlen den Ansatz des Innenministeriums aus. Ausgangspunkt sei dabei, dass "wir einer außerordentlicher Bedrohung durch den Terrorismus ausgesetzt sind". Dies sei kein "Hirngespinst von Geheimdiensten". Es gehe bei der verdeckten Online-Durchsuchung nicht darum, "in die Privatheit unserer Bürger einzudringen". Aber man dürfe auch "Terroristen, die zu allem entschlossen sind, keinen Ruheraum und keine Basis bieten".

Hahlen verdeutlichte weiter, dass das Innenministerium sehr an einer grundrechtskonformen Lösung bei den gewünschten Ausforschungen "informationstechnischer Systeme" interessiert sei. "Wir denken sehr intensiv darüber nach, ob wir neben den Grundrechten auf freie Kommunikation und auf den Schutz der Wohnung auch den Grundrechtsschutz auf dieses neue Medium ausdehnen müssen", erklärte er in Bezug auf das Internet. Einen entsprechenden Vorschlag hatte Schäuble jüngst im Koalitionsstreit über verdeckte Online-Durchsuchungen ins Spiel gebracht. "Die beiden anderen Grundrechte greifen nicht direkt", erläuterte Hahlen. Allerdings bräuchte auch der gesondert in die Verfassung aufzunehmende Schutz der vertraulichen Kommunikation über elektronische Medien und von IT-Systemen klare Schranken, um im Notfall auf Daten Verdächtiger zugreifen zu können. Der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, hatte zuvor bei der Verhandlung über die Klausel zu Online-Razzien im NRW-Verfassungsschutzgesetz vom "grundrechtlichen Schutz der Vertraulichkeit und Integrität des eigenen informationstechnischen Systems" gesprochen.

Wenig Gesprächsbereitschaft zeigte Hahlen bei der geplanten verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten, an der die große Koalition trotz massiver Bedenken von Sachverständigen nur noch geringfügige Korrekturen am Gesetzesentwurf der Bundesregierung vornehmen will. "Es gibt keine Vorratsdatenspeicherung bei Vater Staat", versuchte der Staatssekretär die Einwände aus Wirtschaft und Gesellschaft abzubügeln. Sicherheitsbehörden dürften nur dann auf die Informationsberge zugreifen, "wenn die im Gesetz sehr eng beschriebenen Voraussetzungen vorliegen". Hier hat die Regierung im Einvernehmen mit der Koalition aber über die EU-Vorgaben hinausgehende Schürfrechte etwa auch bei der Verfolgung von "mittels Telekommunikation begangener Straftaten" vorgesehen. Dass über die Umsetzung der Cybercrime-Konvention des Europarates auch Länder wie Aserbaidschan oder Russland Zugang zu den umfassenden Datenbeständen hätten, war Hahlen nicht bewusst. Er versicherte pauschal, dass "wir nicht fahrlässig mit den Daten unserer Bürger umgehen. Wir sind da sehr, sehr problembewusst."

Als "sehr vernünftige Idee" bezeichnete es der Staatssekretär dagegen, eine auch auf EU-Ebene diskutierte Ausdehnung der so genannten Universaldienste auf das Internet voranzutreiben und eine "technische Grundversorgung" sicherzustellen. Hahlen erwähnte in diesem Zusammenhang Überlegungen etwa Berlins, "die ganze Stadt zum Hotspot zu machen". Sascha Lobo, Gründer des adical-Werbenetzwerks für Blogger, forderte zugleich die Einführung eines "verpflichtenden Schulfachs Online-Erziehung". Der Aufbau von Infrastrukturen und Bildung sind für ihn die "Zauberworte", mit denen der Staat den Weg in die Netzgesellschaft ebnen könne.

Angesichts des vielfach beklagten Hinterherhinkens Deutschlands bei Angeboten in den Bereichen E-Government und elektronischer Bürgerbeteiligung im Rahmen der E-Partizipation plädierte Rudolf Strohmeier, Kabinettschef des Generalsekretariats Informationsgesellschaft und Medien der EU-Kommission, zudem für mehr "Leuchtturmprojekte". Diese sollten die Vorteile der digitalen Verwaltungsdienste deutlich machen. "Wir haben zu sehr das Transrapid-Phänomen hier", konstatierte der gebürtige Bayer. "Wir entwickeln Technologien, aber trauen uns dann nicht, sie einzusetzen." E-Health und der Kampf um die elektronische Gesundheitskarte seien hier Paradebeispiele. Finnland etwa habe dagegen eine ganz bewusste strategische Entscheidung für Investitionen in den IT-Bereich getroffen und diese parteiübergreifend durchgezogen. Hier würden dagegen die Bedenken zu sehr in den Vordergrund gestellt. Dazu komme ein hinderlicher Hang zum Perfektionismus.

Als positives Gegenbeispiel suchte Hahlen den elektronischen Personalausweis darzustellen, auf dessen Eckpunkte sich Schwarz-Rot vor kurzem geeinigt hat: "Das soll kein Obrigkeitsding sein, sondern eine Art Bürgerkarte werden." Die Nutzer sollten sich damit authentifizieren und mit digitaler Signatur verbindliche Geschäfte im Internet eingehen können. Auf das "Problem der Anonymität" beziehungsweise deren Sicherung im Netz wollte Hahlen aber nicht eingehen. Mit keinem Wort erwähnte er zudem die beschlossene biometrische Aufrüstung des E-Personalausweises. Die Karte soll auf einem kontaktlos auslesbaren Chip neben einem digitalen Gesichtsbild auch ­ wie beim neuen Reisepass ­ zwei Fingerabdrücke enthalten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Zypries verteidigt Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 31 Oktober, 2007, 12:50
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) rechnet trotz teils massiver Kritik mit der Verabschiedung des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung in der kommenden Woche im Bundestag. "Ich denke, wir werden eine Mehrheit bekommen", sagte Zypries am heutigen Mittwoch im ARD-Morgenmagazin. Zypries verteidigte laut dpa zugleich den Gesetzentwurf, der Telekommunikationsunternehmen verpflichtet, für sechs Monate flächendeckend und verdachtsunabhängig die Telefon- und Internetverbindungsdaten zu speichern. Die Bundesregierung will dadurch den Strafverfolgungsbehörden notwendige Mittel zur Bekämpfung von Terrorismus und Kriminalität an die Hand geben; die Regierung sei dabei über die EU-Vorgaben der Vorratsdatenspeicherung zur Terrorabwehr hinausgegangen, bemängelten etwa Vertreter von Carrier-Verbänden: Ermittler dürften beispielsweise nach dem Regierungsentwurf etwa auch zur Verfolgung von Surfern auf die Datenhalden zugreifen, wenn diese unzulässig Downloads urheberrechtlich geschützter Werke durchgeführt haben sollen.

Gegen den Entwurf, mit dem EU-Recht umgesetzt wird, hatte unter anderem der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) protestiert. Zuletzt hatte der SPD-Abgeordnete Jörg Tauss hatte zumindest geringfügige Nachbesserungen angekündigt, um den Informantenschutz für Journalisten besser zu wahren.

"Wir speichern ja nicht den Inhalt der Gespräche", sagte Zypries nun in der ARD. "Wir speichern, wer mit wem gesprochen hat. Das speichern wir aber heute schon." Und auch heute schon bekämen die Ermittlungsbehörden nach einem entsprechenden Richterbeschluss zur Aufklärung von Straftaten Zugang zu diesen Daten. "So wird es in Zukunft auch sein. Die Daten werden nicht beim Staat gespeichert, sondern die Daten bleiben bei den Telekommunikationsunternehmen." Es werde auch nur gespeichert, dass jemand im Internet war, nicht, welche Seiten er aufgerufen hat.

Gegen den Regierungsentwurf hatten allerdings auch Sachverständige im Rahmen von gleich zwei parlamentarischen Anhörungen massive Bedenken vorgebracht. Bürgerrechtler und Rechtsexperten hatten bei den allgemeinen Regelungen zum Abhören der Telekommunikation insbesondere betont, dass die geplanten Vorkehrungen zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung sowie von Vertrauenspersonen nicht weit genug gehen. Einen Tag nach der Anhörung demonstrierten in Berlin rund 15.000 besorgte Bürger gegen das Gesetzesvorhaben und den "Überwachungswahn" in Staat und Wirtschaft. Für den 6. November sind bundesweit erneute Protestkundgebungen unter der Federführung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung geplant.

Die Vorratsdatenspeicherung und den damit einhergehenden Paradigmenwechsel beim Datenschutz schätzten zudem Datenschützer ebenso wie Unternehmensvertreter als verfassungswidrig ein. Bei einer Massenklage, die der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung initiiert hat, wollen sich tausende Bürger beteiligen: knapp 7000 dafür notwendige schriftliche Vollmachten seien bereits eingegangen, erklärte der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern am gestrigen Dienstag.

Quelle : www.heise.de
Titel: Endspurt zu den Protestaktionen gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 02 November, 2007, 14:33
Journalisten, Mediziner, Juristen und Datenschützer haben noch einmal eindringlich vor der geplanten Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten gewarnt und zu Protestkundgebungen in über 35 Städten am Dienstag aufgerufen. Christoph Fiedler vom Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ) befürchtet mit der im Raum stehenden Massenvorhaltung von Verbindungs- und Standortdaten für Telefon- und Internetnutzung ein "deutliches Nachlassen des Stroms der Informationsquellen". Es gebe zwar kleine Verbesserungen für die Presse durch die Absprachen der großen Koalition zu geringfügigen Änderungen des Regierungsentwurfs zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung, räumte der Jurist bei einem Pressegespräch des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung in Berlin am heutigen Freitag ein. Es bleibe aber dabei, dass "aber unterm Strich kein wirklich spürbarer Informantenschutz" gegeben sei. Vielmehr würde die Pressefreiheit ausgehöhlt.

Werner Lohl vom Berufsverband Deutscher Psychologen erwartet gar schwere Auswirkungen auf das Selbstverständnis der Gesellschaft durch die anstehende sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung, die der Bundestag mit den Stimmen von Schwarz-Rot voraussichtlich Ende nächster Woche verabschieden will. Mit dem schweren Eingriff in die Autonomie der Bürger drohe deren Entmündigung, sagte der Datenschutzbeauftragte der Vereinigung. "Das persönliche Erkennen der Speichertatsache wird Befangenheit in der Kommunikation und befremdliches Vermeidungsverhalten auslösen", konstatierte Lohl. Das "beklemmend unklare Gefühl des Überwachtwerdens" dürfte konkret etwa eine Zurückhaltung bei der Meinungsäußerung in digitalen Medien oder schon bei der Internetsuche auslösen. Psychologen müssten zudem Angebote wie Beratungs-Chats stoppen, da eine "Abschaffung des Berufsgeheimnisses" drohe.

Vor einem "erheblichen Angriff auf das Arzt-Patienten-Recht" mit der Massenspeicherung warnte Martin Grauduszus, der Präsident der Freien Ärzteschaft, und knüpfte so an seine Ausführungen bei der Großdemo gegen den "Überwachungswahn" Ende September in der Hauptstadt an. Bürger und Ärzte würden unter Generalverdacht gestellt. Dagegen sei nicht absehbar, "dass in nennenswertem Umfang Straftaten aufgedeckt werden". Grauduszus sprach von einem reinen Aktionismus der Politiker, mit dem der Staat bei der Bekämpfung von Terrorismus aber nicht viel erreichen werde. Die von der Verfassung geforderte Verhältnismäßigkeit der Maßnahme sei damit nicht gegeben.

Konkrete mögliche Auswirkungen des Gesetzesentwurfs schilderte Karl Lemmen, Referent der Deutschen AIDS-Hilfe. Er sieht die "Grundlagen der erfolgreichen HIV-Prävention in Frage gestellt". Schon heute dürfe seine Einrichtung angesichts der besonderen Sensibilität der persönlichen Daten bei einer Kontaktaufnahme von Ratsuchenden nicht auf eine reine E-Mail antworten. Vielmehr müsse eine sichere Beratungsplattform genutzt werden, "wo Verbindungsdaten nach 24 Stunden gelöscht werden". Schon aufgrund der allgemeinen Datenschutzbestimmungen müsste sich die AIDS-Hilfe so überlegen, ob sie dieses Angebot bei einer halbjährigen Zugriffsmöglichkeit auf die IP-Adressen aufrecht erhalten werden könne. Für Lemmen ist daher klar: "Man kann nur gegen dieses Gesetz in der vorgegebenen Form sein."

Auch der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar warnte im Deutschlandradio erneut vor einem "Generalverdacht" gegen jeden Bürger. Die Vorratsdatenspeicherung sei "der bedenklichste Schritt in Richtung von mehr Überwachung". Denn hier gehe man von einer konkreten Verdachtsituation, von einer konkreten Gefahr ab, und sage, jeder, der das Internet benutzt, jeder, der telefoniert, wird registriert. Durch diese Verbindungs- oder Verkehrsdaten sei zudem so etwas wie ein Kommunikationsprofil zu bilden. Das sei doch schon sehr weitgehend.

Ricardo Remmert-Fontes vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung forderte besorgte Bürger auf, sich an einer der vielen Demonstrationen am Dienstag zwischen 17 und 19 Uhr in Städten von Aachen bis Wetzlar zu beteiligen. Die zentrale Kundgebung unter dem Motto "Freiheit statt Angst" sei vor dem Berliner Reichstag geplant, wo auch Bundestagsabgeordnete aus der Opposition wie Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Petra Pau oder Hans-Christian Ströbele sprächen. Da Lichterketten geplant seien, sollten Laternen, Kerzen, Fackeln oder Grablichter mitgebracht werden. Anders als bei der Demo im September, bei der es zu schweren Polizeizugriffen gekommen war, habe man dieses Mal nicht gesondert versucht, auch Leute aus der ultralinken Szene einzubinden.

Der Verbandsexperte Fiedler sieht prinzipiell aber nur wenig Chancen, dass die Vorratsdatenspeicherung vom Parlament noch ausgesetzt wird: "Der Bundestag lässt sich treiben." Die Sicherheitsbehörden würden sagen, dass sie die Maßnahme "wollen und brauchen", da werde ein solches Vorhaben entgegen gegenteiliger Beschlüsse aus dem Jahr 2005 in Zeiten der großen Koalition durchgezogen. Zudem gebe es eine "juristische Verpflichtung" zur Umsetzung der EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung. Auf die Klage Irlands vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) gegen die gewählte Rechtsgrundlage zu vertrauen, hieße für Fiedler zudem "auf Sand zu bauen". Die Luxemburger Richter seien bislang weder "gewillt noch in der Lage" gewesen, eine EU-Rechtsnorm als grundrechtswidrig zu kippen. Das Bundesverfassungsgericht habe zudem bereits die Erwartungen von Gegnern der Massendatenhaltung relativiert und sich nur zum Teil zuständig erklärt. Ein Vertreter des Deutschen Anwaltvereins bezeichnete die Aussichten der Kläger in Luxemburg dagegen als "ziemlich gut".

Quelle : www.heise.de
Titel: Zypries wirft Kritikern der Vorratsdatenspeicherung wenig Sachkunde vor
Beitrag von: SiLæncer am 02 November, 2007, 18:34
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hat sich im Vorfeld der Verabschiedung des heftig umstrittenen Gesetzesentwurfs zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten durch den Bundestag sichtlich bemüht gezeigt, die massiven Einwände gegen das Vorhaben zurechtzurücken. "Ich habe mich daran gestört, dass bei denen, die sich darüber äußern, wenig Sachkunde vorhanden ist", sagte die SPD-Politikerin bei einem Pressegespräch in Berlin am heutigen Freitag. Konkret stimme etwa die Kritik des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar nicht, dass mit der sechsmonatigen Aufzeichnung elektronischer Nutzerspuren ohne Verdacht eine "Kontrolle jeglicher Kommunikation" stattfinde.

Zypries betonte, dass das Abhören von Telefon- und Internetkommunikation im ersten Teil des komplexen Vorhabens "rechtsstaatlicher gemacht werde". So werde etwa der Straftatenkatalog "entrümpelt". Gelauscht werden dürfe demnach nur noch bei "schweren" Vergehen, auf die mindestens Haftstrafen mit Höhen zwischen einem und fünf Jahren stünden. Fahrlässige Verstöße gegen das Waffenrecht, Beihilfe zur Fahnenflucht oder Verstöße gegen das Vereinsgesetz etwa würden gestrichen, da diese "im Höchstmaß" mit weniger als fünf Jahren Freiheitsstrafe bedroht seien. Zudem würden die Benachrichtigungspflichten und Löschungsregeln für alle verdeckten Überwachungsmaßnahmen einheitlich geregelt. Wenn es um den Kernbereich der privaten Lebensgestaltung gehe, dürfe zudem nicht abgehört beziehungsweise dürften zufällig etwa automatisch auf Band aufgenommene Gespräche nicht verwertet werden. Kritiker wie die Humanistische Union und Rechtsprofessoren monieren an diesem Punkt aber, dass sich diese Regelung nur auf Telefonate oder E-Mails bezieht, wenn diese ausschließlich der höchst intimen Lebenswelt zuzurechnen sind.

Die Ministerin verteidigte zudem das mit dem Entwurf weiterhin aufrecht erhaltene Zweiklassenrecht beim Schutz so genannter Berufsgeheimnisträgern. Dieses beruhe auf einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Schon jetzt seien in der Gruppe, in die etwa auch Journalisten oder Anwälte eingeordnet sind, auch "Fußpfleger und die Hebammen" dabei. Dieser gesamte Personenkreis, der nach Schätzungen Zypries' 30 Prozent der Bevölkerung umfasst, werde besser geschützt. So dürften Ermittlungsmaßnahmen nur noch nach einer "sorgfältigen Abwägung im Einzelfall", also etwa beim Verdacht der Verstrickung in Straftaten von "erheblicher Bedeutung" gestartet werden. Zudem werde die Pressefreiheit durch eine Klausel verbessert, wonach Zufallsfunde bei Wohnungs- oder Redaktionsdurchsuchungen von Medienmitarbeitern nur noch bei schweren Straftaten – bei Geheimnisverrat gar nicht – verwertet werden dürften. Die "riesige Gruppe" könne aber nicht mit Seelsorgern, Abgeordneten und Strafverteidigern gleichgesetzt und gleichsam mehr oder weniger von der Strafverfolgung ausgenommen werden.

Bei der Vorratsdatenspeicherung betonte Zypries wiederum, dass Deutschland die entsprechenden Brüsseler Vorgaben lange blockiert und die von anderen Ländern geforderten Maßnahmen etwa bei der Speicherfrist sowie dem Umfang der vorzuhaltenden Daten "deutlich runtergefahren" habe. Es sei zudem gleichsam "nur der Briefumschlag" eines Telefonats, einer Internetsitzung oder einer E-Mail-Sendung aufzubewahren. "Wir setzen die Richtlinie am untersten Level um", beteuerte Zypries, obwohl die deutschen Sicherheitsbehörden im Gegensatz zu den Ansagen Brüssels etwa auch bei "mittels Telekommunikation begangener" Bagatellstraftaten auf die wegen ihre leichten Verknüpfbarkeit zu Nutzerprofilen begehrten Verbindungs- und Standortdaten zugreifen dürfen sollen.

Trotz der Gewissheit der Ministerin, die EU-Vorgaben zurückhaltend implementiert zu haben, glaubt Zypries aber, dass die Bestimmungen zur verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht "sofort angegriffen" werden. "Dann muss man sehen", gab sich die SPD-Politikerin vergleichsweise gelassen. Die von Bürgerrechtlern gleichsam "auf Vorrat" gesammelten "Massenbeschwerden" für Karlsruhe bezeichnete sie als formal unzulässig. Zudem erinnerte sie an die Problematik zwischen deutschem und europäischem Recht bei der Massendatenspeicherung. Die beim Europäischen Gerichtshof anhängige Klage gegen die Richtlinie allein werde hierzulande gegen das Umsetzungsgesetz "keine Wirkung" entfalten. Der Bundestag könne vielmehr frei entscheiden, ob er dieses nach einem Kassieren der Vorlage außer Kraft setzen wolle oder nicht.

Besondere Angriffspunkte durch die Datenhalden, welche die Provider neu anlegen müssen, sieht Zypries nicht. Es sei ihr zumindest nicht bekannt, dass jemand versucht habe, die etwa bei der Deutschen Telekom schon heute im Telefonbereich knapp drei Monate gespeicherten Verbindungsdaten "zu hacken". Es möge zwar sein, dass sich hier "ein neues Geschäftsfeld auftut". Es wäre dann aber Aufgabe der Presse, dieses aufzudecken. Generell würde es sich bei Hackerangriffen auf Vorratsdaten um "ganz normale Straftatbestände" handeln. Spezielle Zugriffsrechte für ausländische Sicherheitsbehörden gebe es zudem nicht, wandte sich die Ministerin gegen eine Darstellung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung. Auch die geplante Ratifizierung der Cybercrime-Konvention des Europarates ändere nichts daran, dass andere Hoheitsträger Anträge auf Rechtshilfe stellen müssten. Über diese habe das Bundesamt für Justiz zu entscheiden.

Werner Lohl vom Berufsverband Deutscher Psychologen fürchtet dagegen, dass der Staat die Kontrolle über die Vorratsdaten rasch verlieren wird. Die Regierung brüste sich, die Informationen gar nicht selbst vorzuhalten. Die Begehrlichkeiten auf Zugangsmöglichkeiten würden bei einer Speicherung durch die Privatwirtschaft aber nicht weniger rasch steigen, glaubt der Datenschutzbeauftragte. Er geht davon aus, dass die Zugriffsrechte rasch erweitert werden. Von Seiten der FDP hieß es, dass auch die von der Koalition vorgenommenen, den Oppositionsparteien aber noch nicht zugeleiteten Änderungen den Entwurf nicht zustimmungsfähig machen würden. Es sei in skandalöser Vorgang, dass die Koalition sowohl das Ergebnis der parlamentarischen Anhörung als auch die zahleichen Eingaben von Bürgern und Verbänden schlicht ignoriere. Kaum ein anderes Gesetzesvorhaben der Bundesregierung sei von so großer Kritik aus allen Teilen der Gesellschaft begleitet worden.

Quelle : www.heise.de
Titel: TK-Überwachung: Donaukurier protestiert mit geschwärzter Titelseite
Beitrag von: SiLæncer am 03 November, 2007, 06:21
Aus Protest gegen die geplante Novellierung der Telekommunikationsüberwachung erscheint der Donaukurier am Samstag mit einer geschwärzten Titelseite. Redaktion und Verlag der in Ingolstadt erscheinenden Tageszeitung wollen damit nach eigenen Angaben ein Zeichen gegen den Abbau von Grundrechten setzen. Mit dem Gesetzentwurf würden CDU/CSU und SPD zu "Totengräbern der Freiheit", heißt es in einer Stellungnahme. Bayerns Justizministerin Beate Merk (CSU) verteidigte den Entwurf der großen Koalition.

Der Donaukurier warf der Bundesregierung vor, die Speicherung der Verbindungsdaten von Telefon- und Handy-Gesprächen, von Fax, E-Mail und SMS sei ein massiver Eingriff in die Grundrechte der Bürger. Überdies sollten mit diesem umstrittenen Gesetz Journalisten zu "Geheimnisträgern zweiter Klasse" degradiert werden, heißt es. Durch die Überwachung der Kommunikation von Medien werde investigativer Journalismus unmöglich gemacht: "Vom Informantenschutz bleibt nur noch eine leere Hülle."

Trotz anhaltender Kritik hält die Staatsregierung dagegen die vorbeugende Speicherung von Telefon- und Internetverbindungen für unverzichtbar. Ohne diese Möglichkeit wäre eine Vielzahl von Strafdaten nicht aufklärbar, erklärte Merk in einer Pressemitteilung. Die Daten lägen den Telekom-Unternehmen ohnehin vor, betonte Merk. "Es wird lediglich vorgeschrieben, dass sie nicht vor Ablauf von sechs Monaten gelöscht werden dürfen." Die große Koalition will ihren Entwurf zur sogenannten Vorratsdatenspeicherung nächste Woche in den Bundestag einbringen. "Bei Stalking mittels Telefonanrufen oder Betrügereien im Internet können die Täter in den meisten Fällen nicht ermittelt werden und wir können den Opfern nicht helfen", sagte Merk.

Quelle : www.heise.de
Titel: Kein Grund zur Panik oder alle Bürger unter Generalverdacht?
Beitrag von: SiLæncer am 03 November, 2007, 17:26
Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung kündigen neue Proteste an und auch die Politik wird nervös

Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung saßen indirekt mit am Tisch, als am Freitagmittag Bundesjustizministerin Renate Zypries zur Pressekonferenz zum Thema Vorratsdatenspeicherung geladen hatte. Der Grund für die Einladung war schnell klar. Die Ministerin wollte die gesetzlichen Maßnahmen endlich mal wieder im positiven Licht gewürdigt sehen. So bestanden ihre Ausführungen hauptsächlich in dem Versuch, die Speicherung als völlig harmlos darzustellen. Für Menschen, die heute schon eine detaillierte Telefonrechnung beanspruchen, würde sich die nur die Dauer der Speicherung ändern. Kein Grund zur Panik, das war die Botschaft aus dem Hause Zypries.

Die Ministerin war auch bestrebt, die Rolle Deutschland in den EU-Gremium noch einmal besonders zu würdigen. Dort hätte man bis zum Schluss versucht, die Bestimmungen zur Datenspeicherung zu modifizieren und zu entschärfen. Doch leider hätten die europäischen Partner - und hier namentlich Großbritannien - wenig Verständnis für diese Bedenken gezeigt und schließlich das Abstimmungsprozedere so verändert, dass Deutschland überstimmt werden konnte.

Gleich zu Beginn der Pressekonferenz ging Zypries mit den Kritikern der Vorratsdatenspeicherung hart ins Gericht und warf ihnen mangelhafte Sachkenntnis vor. Namentlich wurde der Bundesbeauftragte für Datenschutz Peter Schaar gerügt. Er hatte bemängelt, dass die Vorratsdatenspeicherung [extern] alle Bürger unter Generalverdacht stellt. Zypries gehen diese Äußerungen entschieden zu weit.

Die anwesenden Journalisten waren teilweise erstaunt über die Empfindlichkeit einer Politikerin, die die Gegner der Vorratsdatenspeicherung bisher ignoriert hat. Nach der bundesweiten Großdemonstration vom 22.September war das wohl nicht mehr möglich. Dazu war die Teilnehmerzahl denn doch so groß. Zudem haben einflussreiche Berufsverbände den Proteste unterstützen. Zudem wird befürchtet, dass auf der Grundlage der Cybercrime-Konvention des Europarates 52 Staaten, darunter auch die USA oder Russland, Zugriff auf die Daten erlangen könnten.

(http://www.heise.de/tp/r4/artikel/26/26541/26541_1.jpg)
Plakat gegenVorratsdatenspeicherung

Neue Proteste

Nur zwei Kilometer entfernt vom Bundesjustizministerium hatten die Datenschützer auf einer Pressekonferenz am Freitag weitere Proteste angekündigt. Am kommenden Dienstag soll es einen bundesweiten Aktionstag gegen die Vorratsdatenspeicherung geben. In 40 Städten sind dezentrale Aktionen, meist Kundgebungen, Menschenketten und Mahnwachen geplant.

Die Aktionen sollen auch in der Auswahl der Redner die Breite der Bewegung ausdrücken. Das ist in Berlin für den parlamentarischen Raum gelungen. Dort wird für die FDP Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, für die Grünen Christian Ströbele und für die Linkspartei Petra Pau sprechen. Mit Rosemarie Will von der Humanistischen Union und Peter Zuriel vom Strafverteidigerverband wurden zwei Vertreter von großen Organisationen angefragt. Mit dem Aktionstag solle in letzter Minute die Totalprotokollierung gestoppt werden, heißt es im Aufruf.

Anonymes Surfen

Darüber hinaus gibt der AK Vorratsdatenspeicherung auch Ratschläge für anonymes Surfen im Netz. Unter dem Motto Wir speichern nicht wird für das anonyme Surfen geworben. Ein Siegel soll garantieren, dass die Benutzung der Webseite nicht personenbezogen nachvollzogen werden kann. "Wie beim Lesen eines Buches oder beim Versenden eines Briefes wird sicher gestellt, dass dem Nutzer auch im Internet niemand über die Schulter blicken kann", heißt es auf der Webseite.

Solche Initiativen dürften an Zahl und Bedeutung zunehmen, wenn die Vorratsdatenspeicherung beschlossen wird. Sollten sie Erfolg haben, würde damit auch deutlich, dass ein Internetnutzer, gewisse Grundkenntnisse vorausgesetzt, dem Datenhunger von Politik und Behörden doch nicht völlig hilflos ausgeliefert sein muss.

Quelle : www.heise.de
Titel: Massenklage gegen Vorratsdatenspeicherung steht an
Beitrag von: SiLæncer am 05 November, 2007, 10:05
Es soll die "größte Verfassungsbeschwerde in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland" werden. Das jedenfalls propagieren die rührigen Bürgerrechtler, die im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung gegen das Gesetz zur sechsmonatigen Speicherung sämtlicher Telefon- und Internetdaten mobil machen, das in dieser Woche im Bundestag verabschiedet werden soll. Mit rund 7000 Vollmachten potenzieller Kläger sind sie zum kollektiven Marsch nach Karlsruhe gerüstet.

Ob das fürs Guinness-Buch reicht, weiß zwar nicht einmal das Bundesverfassungsgericht. Doch rekordverdächtig ist die Massenklage allemal: An der "Geburtsstunde" des Datenschutzes – beim Volkszählungsurteil im Dezember 1983 – sollen rund 1300 Kläger beteiligt gewesen sein. Überhaupt scheint das historische Verfahren, mit dem Karlsruhe lange vor der Entstehung des Internets das Recht auf "informationelle Selbstbestimmung" aus der Taufe gehoben hatte, Pate für den aktuellen Protest zu stehen. Damals wurde zum Massenboykott des Zensus aufgerufen – und auch am Dienstag wollen die Kritiker möglichst viele Gegner auf die Straße bringen.

Massenkundgebungen für den Datenschutz? Eigentlich schien der Mehrheit der Bevölkerung der Schutz persönlicher Daten – einmal abgesehen vom Steuergeheimnis – so gleichgültig zu sein wie nie zuvor. Soziale Internet-Netzwerke wie MySpace oder StudiVZ leben vom wachsenden Offenbarungseifer. Und im anhaltenden Gefühl, von Terroranschlägen bedroht zu sein, räumen Bürger ohnehin den Ermittlern die Vorfahrt ein – Datenschutz gilt eher als Sicherheitsrisiko.

Dabei dürfte die Bewährungsprobe des Datenschutzes erst noch bevorstehen. Denn die Volkszählung war harmlos – verglichen mit den gigantischen Vorhaben, ein halbes Jahr lang sämtliche Spuren der elektronischen Kommunikation eines ganzen Landes zu speichern. Der Verband der Informationswirtschaft Bitkom hat errechnet, die Verkehrsdaten eines größeren Internetproviders umfassten pro Jahr bis zu 40.000 Terabytes – oder 40 Kilometer gefüllter Aktenordner. "Das ist Big Brother pur", schimpfte kürzlich der Grünen-Rechtspolitiker Jerzy Montag.

Juristisch ist weniger die Datenmasse als vielmehr ihr Detailreichtum interessant. Gespeichert werden soll außer den Inhalten der Gespräche oder E-Mails so ziemlich alles: Teilnehmer und Dauer von Telefonaten, E-Mail-Verkehr, Surfspuren im Internet – sogar der Standort, von dem aus per Handy telefoniert wurde. Wie bei einem Schnittmusterbogen muss die Polizei nur den Linien folgen – und schon hält sie ein detailgenaues Profil der Persönlichkeit in der Hand.

Mehr als einmal hat das Gericht es hingenommen, dass Grundrechtseingriffe – wenn auf der anderen Waagschale die Sicherheit liegt – gerechtfertigt sein können. Doch mit dieser Rechtfertigung sieht es bei den Speicherplänen nicht allzu gut aus. Zwar bezweifeln auch die Kritiker nicht, dass sich damit schwere Straftaten aufklären lassen. Allerdings heiligt der Zweck aus ihrer Sicht nicht jedes Mittel: Die staatliche Vorratshaltung höchstpersönlicher Daten von Menschen, die keinerlei Verdacht trifft, geht aus ihrer Sicht zu weit. "Alle Bürger dem Generalverdacht auszusetzen, sie seien Straftäter, ist unerträglich", kritisierte etwa der Deutsche Anwaltverein.

Die Kritik könnte in Karlsruhe auf offene Ohren treffen. Verbindungsdaten sind sensibel, der Zugriff darauf stellt einen schweren Eingriff in das Fernmeldegeheimnis dar, entschieden die Richter 2003. "Insofern genügt es verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, dass die Erfassung der Verbindungsdaten allgemein der Strafverfolgung dient" – vorausgesetzt sei ein "konkreter Tatverdacht". Ähnlich liest sich der Beschluss zur Rasterfahndung vom vergangenen Jahr: Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit erlaube "intensive Grundrechtseingriffe erst von bestimmten Verdachts- oder Gefahrenstufen an". Der Datenzugriff "ins Blaue hinein" ist unzulässig.

Ob jedoch das letzte Wort wirklich in Karlsruhe gesprochen wird, ist noch unklar. Denn das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung geht auf eine EU-Richtlinie zurück, mit der die Union womöglich ihre Zuständigkeit überschritten hat; eine Klage Irlands ist beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) anhängig. Auch inhaltlich war aus Luxemburg bereits Skepsis zu hören: Juliane Kokott, Generalanwältin beim EuGH, merkte kürzlich in einem Verfahren zum spanischen Recht an: "Man kann daran zweifeln, ob die Speicherung von Verkehrsdaten – gewissermaßen auf Vorrat – mit den Grundrechten vereinbar ist, insbesondere da dies ohne konkreten Verdacht geschieht."

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundestag soll am Freitag über die Vorratsdatenspeicherung abstimmen
Beitrag von: SiLæncer am 06 November, 2007, 07:13
Trotz der massiven Proteste von allen Seiten gegen den Gesetzesentwurf der Bundesregierung zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten soll der Bundestag am Freitagmittag in 2. und 3. Lesung endgültig über das Vorhaben entscheiden. Die bestätigten Vertreter der großen Koalition und der Opposition gegenüber heise online. "Das kommt auf die Tagesordnung", hieß es etwa bei der SPD-Fraktion, auch wenn die im Internet verfügbare Agenda für Freitag momentan noch nicht auf dem aktuellsten Stand sei. Zuvor werde Schwarz-Rot im federführenden Rechtsausschuss des Parlaments am Mittwoch vermutlich noch ein paar Änderungsanträge der Koalition absegnen. Es wird aber nicht erwartet, dass diese noch weit über die bereits abgesprochenen geringfügigen Änderungen etwa zum besseren Ausschluss der Verwertbarkeit von belastenden Zufallsfunden bei der Durchsuchung von Wohn- oder Arbeitsräumen von Journalisten vor Gericht hinausgehen.

In der SPD rumort es wegen dem geplanten Beschluss zur sechsmonatigen verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung allerdings teils heftig. So hat der Bonner Abgeordnete Ulrich Kelber bereits öffentlich angekündigt, das Vorhaben voraussichtlich entgegen der Parteidisziplin ablehnen zu wollen. Er behalte sich die Entscheidung zwar noch vor, um in Verhandlungen etwa in den Fraktionsarbeitsgruppen am morgigen Dienstag noch weitere Verbesserungen zu erreichen. Er werde sein Abstimmungsverhalten sowie eine kurze Begründung dazu aber auf jeden Fall auf seiner persönlichen Homepage dokumentieren. Generell plädiere er weiter dafür, mit der Umsetzung der EU-Vorgaben zur Aufzeichnung der elektronischen Nutzerspuren erst die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) über eine Klage Irlands gegen die entsprechende Richtlinie abzuwarten. Leider habe er sich mit dieser Ansicht bisher nicht durchsetzen können.

Die Oppositionsparteien, welche die Massendatenspeicherung durch die Bank ablehnen, haben noch letzte Änderungsanträge ins parlamentarische Verfahren eingebracht. So drängt die Fraktion der Grünen etwa darauf, die Klauseln zur Vorratsdatenspeicherung automatisch bei einer Nichtigkeitserklärung der Brüsseler Direktive außer Kraft zu setzen. Bundesjustizministerin Brigitte Zypries hatte jüngst dagegen erklärt, dass der Bundestag ein eigenständiges Gesetz erlasse und die Umsetzung der Protokollierung der Verbindungs- und Standortdaten daher höchstens gesondert außer Kraft gestellt werden müsse. Zugleich betonen die Grünen, dass der Vorschlag nichts an der grundsätzlichen Ablehnung der Maßnahme "aus bügerrechtlichen und datenschutzrechtlichen Gründen" ändere. Sie drängen überdies auf eine namentliche Abstimmung am Freitag.

Unterdessen hat der Vorsitzende des Deutschen Journalisten-Verbandes (DJV), Michael Konken, die Politik vor Einschnitten in die Pressefreiheit gewarnt. Die von der Bundesregierung geplante Speicherung von Telefon- und Internet- Verbindungsdaten auf Vorrat sei ein massiver Eingriff in die Grundrechte, sagte Konken zum Auftakt des DJV-Bundesverbandstages am Montag in Saarbrücken. Die 300 Delegierten rief er auf, für Informantenschutz und Pressefreiheit zu kämpfen. "Wir müssen unsere Volksvertreter wecken, denn später ist alles nicht mehr rückgängig zu machen", sagte Konken. Der saarländische Ministerpräsident Peter Müller (CDU) wies die Befürchtungen zurück. "Ich glaube nicht, dass es eine substanzielle Bedrohung der Pressefreiheit in der Bundesrepublik Deutschland gibt", sagte er laut dpa. Die Pressefreiheit sei eines von vielen Grundrechten, jedoch "nicht der höchste Wert, der allen anderen vorgeht", sagte der Regierungschef mit Blick auf Pläne für eine Verschärfung von Sicherheitsgesetzen im Kampf gegen den Terrorismus. Die Pressefreiheit müsse mit "legitimen Sicherheitsinteressen" abgewogen werden.

Die Zahl der Städte, in denen unter der Federführung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung am späten Dienstagnachmittag Protestkundgebungen gegen den Überwachungsvorstoß abgehalten werden sollen, ist derzeit auf über 40 gestiegen. Zudem haben die Gegner des Gesetzesentwurfs auf einer gesonderten Seite die Argumente der Befürworter der Vorratsdatenspeicherung kritisch beleuchtet. Demnach sind etwa zur Kriminalitätsbekämpfung auch ohne eine Totalprotokollierung jeder Benutzung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet genügend Verbindungsdaten verfügbar. Sie betonen zudem den Wert einer freien und offenen Kommunikation für die Gesellschaft. Unterstützerorganisationen des Arbeitskreises wie die Humanistische Union oder die Grüne Jugend riefen besorgte Bürger noch einmal gesondert zur Teilnahme an den dezentralen Demonstrationen auf.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Bundestag soll am Freitag über die Vorratsdatenspeicherung abstimmen
Beitrag von: SiLæncer am 06 November, 2007, 14:06
Journalistenverband warnt vor "katastrophalen Folgen" durch Vorratsdatenspeicherung

Kurz vor der Entscheidung des Bundestags über die umstrittene Vorratsdatenspeicherung hat der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) vor katastrophalen Folgen für die Pressefreiheit gewarnt. "Wo werden sich dann noch Informanten finden, die sich mit Journalisten unterhalten, damit die Journalisten investigativ arbeiten können? Das geht dann eigentlich nur noch auf der Parkbank", sagte der DJV-Vorsitzende Michael Konken in einem Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur dpa am Rande des DJV-Bundesverbandstages heute in Saarbrücken.

Am Nachmittag wollen die rund 300 Delegierten mit einem Demonstrationszug gegen die Pläne zu Vorratsdatenspeicherung, Telefonüberwachung und Online-Durchsuchungen protestieren. Auch in anderen deutschen Städten sind Kundgebungen geplant. Nach dem Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung, der am Freitag verabschiedet werden soll, müssen künftig alle Daten von Telefon- und Internetverbindungen für ein halbes Jahr gesichert werden. Im Zuge von Strafverfolgungen kann der Staat darauf zurückgreifen.

Konken beklagte, die Politik mache bei der Überwachung mittlerweile einen "Rangunterschied" beim Schutz verschiedener Berufsgruppen. "Abgeordnete und Strafverteidiger werden im ersten Rang geschützt und dann kommen die Journalisten. Ich meine, die Journalisten müssen ganz oben stehen, weil ihre Arbeit für die Demokratie so wichtig ist." In den vergangenen Jahren hätten die staatlichen Eingriffe in die Pressefreiheit "beängstigend zugenommen". Der Staat gehe "immer rigoroser" damit um. Die Begründung der Politik für die Verschärfung der Gesetze – den Kampf gegen den Terrorismus – halte er für vorgeschoben.

Quelle : www.heise.de
Titel: Tausende demonstrieren bundesweit gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 06 November, 2007, 20:13
 Mit Lichterketten, Lesungen des Grundgesetzes und flammenden Reden machten am heutigen Dienstagabend bundesweit tausende Gegner einer weiteren Aushöhlung der Grundrechte gegen die geplante Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten mobil. "Wir lassen uns nicht speichern", betonte Hans-Christian Ströbele bei der Hauptkundgebung vor dem Reichstag in Berlin. Er münzte dabei einen Schlachtruf der Gegner der Volkszählung in den 80er-Jahren um, wo das Motto lautete: "Wir lassen uns nicht zählen". Zugleich appellierte der grüne Abgeordnete an seine sozialdemokratischen Kollegen, die sich bislang kritisch zur im Raum stehenden sechsmonatigen Aufzeichnung elektronischer Nutzerspuren geäußert hatten, beim anstehenden Votum über den Gesetzesentwurf am Freitag "an der Seite der Oppositionsparteien zu stehen" und das Vorhaben abzulehnen.

Für Ströbele würde mit der Vorratsdatenspeicherung der Traum der Überwacher etwa aus dem Buch "1984" von George Orwell Realität, "möglichst über alle Bürger Daten zu erfassen" und damit nicht nur den "Aufmüpfigen" Ärger zu machen. Das "ganze Volk" werde als Ansammlung potenzieller Straftäter behandelt. "Das ist ein Weg, den wir nicht mitgehen dürfen", erklärte Ströbele. Zugleich nahm er die mit der Vorratsdatenspeicherung zur Abstimmung stehende Neuregelung der allgemeinen Telekommunikationsüberwachung aufs Korn. Hier werde der Katalog der Straftaten, der zum Abhören ermächtige, "enorm erweitert". Zugleich werde der Kernbereich der privaten Lebensgestaltung nicht gesichert. Es müsse aber "Tabu-Räume" geben, in denen der Staat absolut nichts verloren habe. "Ans Eingemachte" geht für Ströbele zudem die Aushöhlung der Vertrauensräume der Bürger bei den so genannten Berufsgeheimnisträgern.

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 Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger monierte ebenfalls, dass etwa gemäß der "Generalklausel" auch die Telekommunikationsdaten "des Arztes, des Journalisten oder des Informanten" verdachtsunabhängig gespeichert würden. Die FDP-Politikerin warf der Bundesregierung und der großen Koalition vor, die EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung stark ausgeweitet zu haben. So dürften etwa auch der Bundesnachrichtendienst, der Verfassungsschutz, der Militärische Abschirmdienst oder Polizeien zur Gefahrenabwehr auf die Verbindungs- und Standortdaten zugreifen. Dies entspreche dem "gefährlichen Trend", die Trennung zwischen Strafverfolgern und Geheimdiensten aufzuweichen. Die Liberale fürchtet, dass der mit der Datenbevorratung einhergehende "Paradigmenwechsel beim informationellen Selbstbestimmungsrecht" hierzulande auch dann Bestand haben würde, falls der Europäische Gerichtshof die entsprechende EU-Richtlinie im Rahmen der laufenden Klage aufgrund fehlender Rechtsgrundlage für nichtig erkläre.

Von einer "Attacke aufs Grundgesetz" sprach Petra Pau, wobei die Haupt- und Wiederholungstäter "Spezialisten" seien, die eigentlich auf die Verfassung geschworen hätten. Die Vertreterin der Linken im Bundestag betonte, dass sich ihre Fraktion an den angekündigten "Massenbeschwerden" vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die Vorratsdatenspeicherung beteiligen werde. Man dürfe sich aber nicht allein auf Karlsruhe verlassen: "Wir brauchen endlich eine Bürgerbewegung, die was bewegen kann." Dass erst im September über 15.000 besorgte Bürger in Berlin gegen den "Überwachungswahn" in Staat und Wirtschaft demonstrierten, ist für sie ein Zeichen, dass immer mehr gegen die "gestörte Kommunikation zwischen Staat und Gesellschaft" protestieren würden.

(http://www.heise.de/bilder/98562/1/1)

 Rosemarie Will von der Bürgerrechtsorganisation Humanistische Union erklärte, dass sich der Rechtsstaat nicht als Überwachungsstaat organisieren und die Unschuldsvermutung nicht aufgeben dürfe. Sie warf der Bundesregierung vor, mit dem Entwurf wissentlich gegen den von Brüssel mit der Richtlinie verletzten EU-Rechtsrahmen zu verstoßen und "weit im Vorfeld" potenzieller Straftaten eine Beschattung von "jedermann" voranzutreiben. Dagegen würden die Bürger mit den Kundgebungen ein "leuchtendes Zeichen" setzen, betonte Ricardo Christof Remmert-Fontes vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der die Demonstrationen unter dem Motto "Freiheit statt Angst" federführend organisiert hatte. Jeder Mensch habe etwas zu verbergen, weshalb der Widerstand gegen die Eingrenzung der Freiheitsrechte wachse.

Während in Berlin rund nach Schätzung des Veranstalters rund 1.000 Menschen auf die Straße gingen, war eine zumindest vergleichbar große Veranstaltung für München angekündigt. Hier endete die Demonstration nach einem Marsch durch die Innenstadt mit einer Abschiedskundgebung am Odeonsplatz. In anderen Großstädten wie Frankfurt am Main oder Hamburg zogen ebenfalls Protestmärsche durch die Straßen. In kleineren Städten wie Aachen oder Bielefeld sowie in insgesamt über 40 Gemeinden setzten Infostände und Mahnwachen ein Zeichen gegen das Überwachungsgesetz. Insgesamt sollen sich nach Angaben des Organisators trotz der kühlen Witterung und Regenfällen etwa 7.500 Menschen an den Veranstaltungen beteiligt haben.

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Die Provider hat dagegen zunächst das Zugeständnis der großen Koalition ruhiger gestellt, dass die Pflicht zur Speicherung sämtlicher Kommunikationsverbindungen via Internet, E-Mail und Internet-Telefonie (VoIP) vom 1. Januar 2009 greifen soll. Im Regierungsentwurf war zunächst vorgesehen, dass auch die Zugangsanbieter gemeinsam mit den reinen Telcos schon von Anfang 2008 an die Verbindungsdaten auf Vorrat zu horten gehabt hätten. Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hatte zuvor die Verschiebung der Speicherpflicht gefordert – aber eigentlich auch eine Aussetzung der Umsetzung bis zu einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs zu den Brüsseler Vorgaben. Der Providerverband kritisiert nun aber nur noch, dass nach wie vor keine Entschädigung der Kosten für die Anschaffung der Speichertechnik vorgesehen ist. Die unfreiwilligen Hilfssheriffs müssen nach eco-Berechnungen mindestens 332 Millionen Euro für Hardware und Software ausgeben, nur um der gesetzlichen Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung Genüge zu tun.

Quelle : www.heise.de
Titel: Dringender Appell gegen den Beschluss der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 07 November, 2007, 12:25
Während der Rechtsausschuss des Bundestags am heutigen Mittwochvormittag in Berlin die Weichen für das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung stellt, läuft das Last-Minute-Lobbying an. "Die Vorratsdatenspeicherung darf nicht beschlossen werden, wenn wir den Weg in eine demokratische und freiheitliche Informationsgesellschaft weitergehen wollen", wandte sich der Leiter des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz (ULD) in Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, in einem "dringenden Appell" an die Abgeordneten vor der Plenarabstimmung am Freitag. Die geplante Pflicht zur sechsmonatigen Vorhaltung sämtlicher Kommunikationsverkehrsdaten leiste keinen Beitrag zur Terrorabwehr. Sie hätte aber eine zentrale Bedeutung beim Abbau der informationellen Grundrechte der Bürger.

"Alle Menschen werden unter Generalverdacht gestellt", meint Weichert. Das Vorhaben führe zu einer massiven Beunruhigung der Bevölkerung, da eine unbeobachtete elektronische Kommunikation nicht mehr möglich sei. So hätten bereits rund 7000 Betroffene ihre Absicht bekundet, gegen das geplante Gesetz Verfassungsbeschwerde zu erheben. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat derweil als Organisator der bundesweiten Protestkundgebungen am Dienstagabend die Teilnehmerzahlen nach oben korrigiert. Nach einer Auszählung von 29 von über 40 Städten kommt er demnach auf rund 11.500 Demonstranten. Angesichts des weitläufigen Protestes auch aus anderen Gesellschaftsgruppen wie etwa den Berufsgeheimnisträgern erscheint es Weichert schleierhaft, wieso die große Koalition bislang ohne große Korrekturen am Regierungsentwurf festhält. Dabei habe auch eine parlamentarische Anhörung im September ergeben, "dass diese Vorratsdatenspeicherung europarechts- und verfassungswidrig ist".

Laut dem Datenschutzbeauftragten ist absehbar, dass nach Ratifizierung der Cybercrime-Konvention des Europarates die durch das Gesetz möglichen Kommunikationsprofile aus der Vorratsdatenspeicherung in viele Staaten weitergegeben werden, in denen der Datenschutz nicht ansatzweise gewährleistet ist. Gänzlich unverständlich ist Weichert ferner, dass dem Bundestag offensichtlich ein vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenes detailliertes Gutachten des Freiburger Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht zur polizeilichen Nutzung von TK-Verbindungsdaten vorenthalten werde. Die taz berichtet heute, dass das Justizministerium die vom Parlament vor drei Jahren geforderte Evaluierung seit Juli vorenthalte.

Das Ministerium betont demnach, dass nichts verheimlicht werden solle. Es werde aber noch geprüft, ob das Gutachten "als ordnungsgemäße vertragliche Leistungserbringung abnahmefähig ist". So kann beziehungsweise will das Ressort von Brigitte Zypries (SPD) vor dem Votum über die Vorratsdatenspeicherung keine bundesweiten Zahlen zur Abfrage von Verbindungsdaten aufgrund der bisherigen Rechtslage nennen, nach der nur eine limitierte Vorhaltung der entsprechenden Informationen erlaubt ist. Das bayerische Landeskriminalamt erklärte jüngst, dass allein im Freistaat pro Jahr von der Polizei mehr als 40.000-mal Verbindungsdaten erhoben werden. So sollen die Abgeordneten gleichsam blind ohne Evaluation über eine umfassende Ausdehnung der Speicherauflagen sowie der Zugriffsmöglichkeiten für Strafverfolger und Geheimdienste entscheiden.

Der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, hält die Angst vor dem "gläsernen Bürger" dagegen für unbegründet. Die Menschen könnten "sicher sein, dass die Polizei verantwortungsvoll mit diesen Daten umgeht". Auch die Deutsche Polizeigewerkschaft meinte, die Vorratsdatenspeicherung sei kein "Schritt in Richtung Überwachungsstaat". Sie warf den Kritikern "Panikmache" vor.

Der Deutsche Richterbund hält den Gesetzentwurf ebenfalls für "verfassungsrechtlich bestandskräftig". In der Thüringer Allgemeinen betonte Präsidiumsmitglied Rolf Hannich: Wenn man den Gesetzentwurf sorgfältig lese, sei die Regelung insgesamt als akzeptabel zu bezeichnen. Er tat die Proteste unter anderem der Ärztegewerkschaft oder von Presseverbänden als "Trommeln der Interessengruppen" ab. Auch die Kritik an der Vorratsdatenspeicherung hält Hannich für unangebracht. Seiner Ansicht nach werden Verbindungsdaten ohnehin bereits gespeichert: "Auch hier viel Wirbel um ein Problem, das sich nicht stellt." Dem Jurist scheint entgangen zu sein, dass im Internet bei Flatrates bislang eine Löschungsverpflichtung für die Nutzerspuren besteht. Auch die mit der Vorratsdatenspeicherung auf den Kopf gestellten allgemeinen Grundsätze der Datensparsamkeit und -vermeidung scheinen ihm nicht bekannt zu sein.

Quelle : www.heise.de
Titel: Der Weg zur sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung ist frei
Beitrag von: SiLæncer am 07 November, 2007, 15:10
Der Rechtsausschuss des Bundestags hat in seiner Sitzung am heutigen Mittwoch den Regierungsentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung mit einigen Änderungen dank der Stimmen der großen Koalition abgesegnet. Damit ist der Weg frei für die sechsmonatige Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten.

Schwarz-Rot dürfte dem Vorhaben gemäß dem Votum der Rechtspolitiker trotz der massiven Proteste von allen Seiten und wiederholten Warnungen vor einer Unvereinbarkeit mit der Verfassung auch in der Plenarsitzung des Bundestags am Freitag zustimmen. Interessant wird bei der namentlichen Abstimmung, welche die Grünen durchgesetzt haben, allein noch die Zahl der Ausscherer bei der SPD.

Die Opposition stimmte geschlossen gegen den Überwachungsvorstoß. Die Grünen hatten kurzfristig noch einen Antrag zur Absetzung der abschließenden Parlamentsberatung des Entwurfs gestellt. Zur Begründung brachten sie vor, dass den Abgeordneten ein knapp 500 Seiten umfassender Evaluierungsbericht des Freiburger Max-Planck-Instituts für Strafrecht zur derzeitigen Nutzung von Verbindungsdaten durch die Polizei trotz einer ausgelaufenen Frist noch immer nicht vorgelegt worden sei. Die davon zu erwartenden Erkenntnisse über das eventuelle Ausreichen der bisherigen Zugriffsmöglichkeiten auf die begehrten Informationen, wer wann mit wem telefoniert, SMS verschickt, gemailt oder anderweitig im Internet kommuniziert hat, müssten vor einer Verabschiedung der Vorratsdatenspeicherung analysiert werden. Die Linke und die FDP unterstützten den Antrag, den Union und SPD aber ablehnten.

Zuvor hatte auch die Humanistische Union eine sofortige Vorlage der Studie sowie eine Verschiebung der abschließenden Lesungen im Bundestag gefordert. Laut der Bürgerrechtsorganisation sind allein bei der Deutschen Telekom im vergangenen Jahr fast 100.000 Anfragen zu den Verbindungsdaten ihrer Kunden eingegangen. Bevor eine sechsmonatige Speicherung der Nutzerspuren beschlossen werde, müsse die bisherige Praxis der Auswertung von Kommunikationsdaten veröffentlicht und einer kritischen Prüfung zugänglich gemacht werden.

Nicht durchsetzen konnten sich die Grünen auch mit einem weiteren Antrag, die Klauseln zur Vorratsdatenspeicherung zumindest für den Fall automatisch wieder außer Kraft zu setzen, dass der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie zur Aufzeichnung der elektronischen Nutzerspuren im Rahmen der laufenden Klage Irlands kassiert. Für diesen Ansatz konnten sich nicht einmal die beiden anderen Oppositionsfraktionen erwärmen. Die Grünen verweigerten im Gegenzug einem Entschließungsantrag der FDP zur umfänglichen Nachbesserung der Regeln zum Telefonabhören und zum Aussetzen der Vorratsdatenspeicherung die Unterstützung.

Sprecher der Koalitionsfraktionen suchten den Entwurf mit den auch von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) vorgebrachten Argumenten zu verteidigen, dass Verbindungs- und Standortdaten für Abrechnungszwecke von den TK-Anbietern ohnehin bereits rund drei Monate lang gespeichert würden. Von der Opposition mussten sie sich hingegen anhören, dass eine Ausweitung dieser bislang rein für Geschäftszwecke bestehenden Ausnahmeregelung sowie der Einbezug der Internetdaten nicht mit der nun anstehenden flächendeckenden Speicherpflicht und den Zugriffsrechten für Strafverfolger und Geheimdienste zu vergleichen sei. Vertreter der CDU/CSU-Fraktion betonten zudem den Anspruch der Bürger auf Sicherheit und rügten Oppositionspolitiker für ihre Forderungen nach einem stärkeren Schutz der Freiheitsrechte auf der Berliner Hauptkundgebung der gestrigen bundesweiten Demos gegen die Vorratsdatenspeicherung.

Mit den beschlossenen Änderungen kommen die Rechtspolitiker von Schwarz-Rot den Kritikern der Überwachungsregelungen aus Gesellschaft und Wirtschaft nur ein kleines Stück entgegen. So soll für die Anbieter von Internetzugangs-, E-Mail- und VoIP-Diensten eine Übergangsregelung vorgesehen werden, nach der die Speicherungspflichten ein Jahr später als im Regierungsentwurf vorgesehen und somit spätestens vom 1. Januar 2009 an zu erfüllen sind. Eine weitere Korrektur verbietet künftig eine beweismäßige Verwertung von "Zufallsfunden" im Rahmen von Durchsuchungen bei Medienmitarbeitern, die dem Zeugnisverweigerungsrecht unterfallen. Voraussetzung ist, dass sich die belastenden Materialien nicht auf eine Straftat beziehen, die im Höchstmaß mindestens fünf Jahre Freiheitsstrafe androht. Dabei kann es sich etwa bereits um schweren Diebstahl handeln.

Andererseits soll laut den heise online vorliegenden Änderungen, die das Justizministerium vorformuliert hat, auch beim Verdacht auf die Verbreitung von Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen abgehört werden dürfen. Zwar sei die Straftat nur mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder Geldstrafe bedroht. Die Telekommunikationsüberwachung sei in diesem Fall aber ein wichtiges Instrument, um insbesondere "mittels der Kommunikation über das Internet begangene Straftaten" in diesem Bereich der Aufhetzung aufklären zu können.

Außerdem übernehmen die Korrekturvorschläge einige Forderungen, welche Strafverfolger bei den beiden Anhörungen zu dem Vorhaben sowie der Bundesrat gestellt hatten. So wird etwa die im Regierungsentwurf enthaltene Verwertungsbeschränkung abgehörter Informationen bei fehlerhaft angenommener Gefahr im Verzuge gestrichen. Auch die Verkürzung der Anordnungs- und Verlängerungsfristen beim Belauschen der Telekommunikation von maximal drei auf zwei Monate erscheint den Rechtspolitikern der Koalition nicht nötig. Gleiches gilt für die zunächst geplante Zuständigkeit eines Gerichts zweiter Instanz über Verlängerungsanordnungen, die über sechs Monate hinausgehen. Zudem wird die vorgesehene Berichts- und Statistikpflicht auf die Mitteilung des Ergebnisses der Telekommunikationsüberwachung beschränkt. Allein die vorgesehene Unterscheidung nach der Art der Überwachungsanordnung soll beibehalten werden.

Ferner schaffen die Änderungen eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, wonach Auskünfte etwa über den Namen und die Anschrift eines Anschlussinhabers, der mit einer dynamischer IP-Adresse und Uhrzeit quasi dingfest gemacht worden ist, im manuellen Auskunftsverfahren nach Paragraph 113 Telekommunikationsgesetz (TKG) zu erteilen ist. Den weitergehenden Vorstellungen des Bundesrates, die gespeicherten Verbindungsinformationen auch für entsprechende Bestandsdatenauskünfte an die Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums verwenden zu dürfen, folgt der Ausschuss hingegen nicht. Die Verwendung der Daten solle grundsätzlich auf die Erteilung von Auskünften für hoheitliche Zwecke beschränkt bleiben. Deshalb würden sie auch nicht für unternehmensinterne Zwecke etwa zur Missbrauchsbekämpfung zugelassen. Von diesen Verwendungsbeschränkungen unberührt bleibe die Möglichkeit eines Rechteinhabers, im Rahmen eines Strafverfahrens Auskunft aus der Ermittlungsakte zu beanspruchen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Weiter massiver Gegenwind bei Vorratsdatenspeicherung - "staatliche Willkür"
Beitrag von: SiLæncer am 08 November, 2007, 11:36
An der geplanten Vorratsdatenspeicherung aller elektronischen Verbindungsdaten für sechs Monate in Deutschland gibt es weiter massive Kritik.

Der Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) stellte am Donnerstag die positiven Effekte für die Reduzierung der Kriminalitätsrate sowie den Schutz der Bürger vor Rechtsverletzungen im Internet erneut in Frage. Das habe ausgerechnet eine Studie des Bundeskriminalamts (BKA) nachgewiesen, hieß es. Demnach könne die Vorratsdatenspeicherung die durchschnittliche Aufklärungsquote "von derzeit 55 Prozent im besten Fall auf 55,006 Prozent" erhöhen.

"Das verdeutlicht die Unverhältnismäßigkeit, mit der hier zu Werke gegangen werden soll. Die Diskrepanz zwischen der Schwere des geplanten staatlichen Eingriffs und dem zweifelhaften Nutzen einerseits sowie den damit verbundenen lassen die Einführung der Vorratsdatenspeicherung zu einem willkürlichen Akt staatlicher Regulierung bar jeder Vernunft", sagte BVDW-Präsident Arndt Groth.

Wenn die Bundesregierung wie geplant der "Cybercrime-Convention" beitrete, würden die in Deutschland erhobenen Daten zudem grundsätzlich auch weiteren 52 Staaten in Europa und weltweit zur Verfügung stehen. Damit wäre zugleich jedwede rechtsstaatliche Sicherung der Datenhoheit ausgehebelt. Eine Verabschiedung des geplanten Gesetzes wäre "grob fahrlässig" und ein "willkürlicher Akt staatlicher Regulierung" sagte Groth.

Im Gesetzentwurf ist vorgesehen, dass Journalisten ein deutlich geringerer Schutz gegen Ermittlungsmaßnahmen gewährt werden soll als anderen Berufsgeheimnisträgern. Während Abgeordnete und Strafverteidiger von der Telekommunikationsüberwachung ausgenommen werden sollen, soll bei Journalisten nach dem Willen der Bundesregierung eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall erfolgen. Unter anderem ARD, ZDF und der Privatsenderverband VPRT appellierten an die Politik, die Vertrauensbeziehung zwischen Journalisten und Informanten nicht zu zerstören. Der Bundestag entscheidet am morgigen Freitag über das heftig umstrittene Gesetzesvorhaben.

Quelle : SAT+KABEL
Titel: Schäuble brüskiert Gegner der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 09 November, 2007, 11:30
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble blickt den angekündigten und quasi auf Vorrat gesammelten "Massenklagen" von Bürgerrechtlern vor dem Bundesverfassungsgericht gegen die geplante Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten höhnisch entgegen. "Wir hatten den 'größten Feldherrn aller Zeiten', den GröFaZ, und jetzt kommt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten", bemühte der CDU-Politiker laut einem Bericht der taz am Mittwochabend einen Hitler-Vergleich. Mit der Gegenüberstellung wollte der für seine provokanten Thesen etwa zur Zukunft des Rechtsstaates und der Unschuldvermutung bekannte Minister die Umtriebigkeit des Aktionskreises Vorratsdatenspeicherung vor Verfassungsrichtern und Journalisten in Karlsruhe als von vornherein zum Scheitern verurteilt abtun.

Das Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern konnte Anfang der Woche rund 7000 Unterstützer der Klage in Karlsruhe aufweisen. Bei den bundesweiten Demos gegen die Vorratsdatenspeicherung am Dienstagabend sollen noch viele hundert weitere dazugekommen sein. Die Verfassungsbeschwerde soll eingereicht werden, sobald das Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung – dessen Verabschiedung durch die große Koalition im Bundestag für heute auf der Tagesordnung steht – voraussichtlich Ende des Jahres im Bundesgesetzblatt veröffentlicht wird und damit in Kraft tritt. Die vom Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik gemeinsam vertretenen Kläger wollen auch beantragen, dass die Zwangsspeicherung der Verbindungs- und Standortdaten bis zu einer Entscheidung der roten Roben durch einen Karlsruher Eilbeschluss ausgesetzt wird.

Nach Politikerin der Linkspartei haben derweil auch mehrere Liberale angekündigt, wegen der Vorratsdatenspeicherung vors Verfassungsgericht ziehen zu wollen. Zu den Klagewilligen gehören der frühere Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch, der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum und die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, wie Baum am Donnerstag Spiegel Online sagte. Das Dreierteam klagte gemeinsam bereits erfolgreich gegen den großen Lauschangriff. Wie weit das Bundesverfassungsgericht bei den Vorratsdaten überhaupt eingreifen kann, ist aber offen. Denn in den Teilen des Gesetzesentwurfs, die auf europäischen Vorgaben beruhen, obliegt der Schutz der Grundrechte an sich den Kollegen am Europäischen Gerichtshof.

Baum erklärte aber, der vor der Abstimmung stehende Entwurf "weit über die EU-Richtlinie" hinausgeht". Der FDP-Politiker verwies auf ein früheres Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum europäischen Haftbefehl, den das Gericht im Juli 2005 überraschend kassierte. Die Richter hätten in ihrer Begründung festgehalten, dass die Umsetzung der Maßnahme in deutsches Recht "nicht in grundrechtsschonender Weise" erfolgt sei. Dies treffe auch auf die Vorratsdatenspeicherung zu.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar betonte derweil im SPD-Parteimagazin vorwärts, dass sich die Qualität und der Umfang der Maßnahmen "gewaltig ändert". Nach dem bisherigen Recht dürften die Verkehrsdaten nur gespeichert werden, soweit dies für die Abrechung und einige eng umrissene andere Zwecke, etwa zur Behebung von Störungen, erforderlich ist. Im übrigen seien sie frühestmöglich zu löschen. Insbesondere für das Internet bedeute die neue Regelung eine Vervielfachung der Speicherfrist. Er teile weiter daher die schweren verfassungsrechtlichen Bedenken. Wenn man den Maßstab des Bundesverfassungsgerichts zum Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung zugrunde lege, erklärte Schaar anderweitig, sei dieser auch beim Abhören der Telekommunikation durch das Gesetzgebungsvorhaben nicht erreicht worden.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries beteuerte derweil im Deutschlandfunk, dass das Recht auf informationelle Selbstbestimmung noch zum Selbstverständnis der Bundesregierung gehöre. Dieses besage ja aber nur, "dass Bürger darüber informiert werden müssen, wer was von ihnen speichert". Zugleich räumte die SPD-Politikerin nach ihrer bekannten Verteidigung des Vorstoßes letztlich ein, dass die Vorratsdatenspeicherung doch "in der Tat eine andere Form von tatsächlichem Eingriff ist". Verbindungs- und Standortdaten würden jetzt länger und im Internet im größerem Umfang gespeichert. Sie würden aber "nur dann abgefragt, wenn es um den Verdacht einer schweren Straftat geht und ein Gericht entschieden hat". Dass der Zugriff von Ermittlern und Geheimdiensten auch bei Bagatelldelikten im Telekommunikationsbereich möglich sein soll, erwähnte Zypries nicht.

Auch in den Ländern gibt es Vorbehalte gegen den Entwurf. Der nordrhein-westfälische Innenminister Ingo Wolf etwa hat vor einem "Zweiklassen-Recht" bei der geplanten Speicherung von Daten auf Vorrat gewarnt. "Wir befürchten, dass der Schutz der Berufsgeheimnisträger in Zukunft aufgeweicht und nicht mehr so ernst genommen wird wie nötig", sagte der FDP-Politiker der dpa. Damit werde die Freiheit der Bürger in einem ganz sensiblen Bereich beeinträchtigt. Nach Ansicht des bayerischen Innenministers Joachim Herrmann ist die Vorratsdatenspeicherung dagegen ein wirksames Mittel im Kampf gegen den internationalen Terrorismus. Der CSU-Politiker meinte im Deutschlandradio, dass angesichts der klaren gesetzlichen Regelungen die Sorgen der Bürger vor zusätzlicher Überwachung "völlig unbegründet" seien.

Die 2. und 3. Lesung über den Entwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und zur Vorratsdatenspeicherung ist für den heutigen frühen Nachmittag etwa zwischen 12.55 und 13.45 angesetzt. Die Debatte und die Abstimmung können live etwa über den Fernsehkanal Phoenix, die Webstream-Angebote des Bundestags oder im Radio unter anderem beim RBB, dem Bayerischen Rundfunk oder dem NDR verfolgt werden. Die Humanistische Union hat aus Anlass der Verabschiedung des Entwurfs zu einer kleinen Trauerfeier für das Fernmeldegeheimnis eingeladen. Die Freunde einer vertraulichen Kommunikation treffen sich um 13.30 Uhr in Berlin-Mitte, um am Reichstagufer an der Ecke Wilhelmstraße einen Kranz an der Glasstele des Artikels 10 Grundgesetz niederzulegen. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hatte gestern bereits zur Verhüllung von Webseiten im Rahmen einer Online-Demo aufgerufen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Schäuble brüskiert Gegner der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Jürgen am 09 November, 2007, 12:39
Zitat
"Wir hatten den 'größten Feldherrn aller Zeiten', den GröFaZ, und jetzt kommt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten", bemühte der CDU-Politiker laut einem Bericht der taz am Mittwochabend einen Hitler-Vergleich.
Damit dürfte auch dem Letzten endgültig klar sein, wes Geistes Kind der Herr ist.

Die systematische Einschränkung von Bürger- und Menschenrechten, die angestrebte totale Kontrolle aller Lebensbereiche und die pauschale Verdächtigung und Verleumdung aller Andersdenkenden waren charakteristische Merkmale der Nazi-Ideologie und -Politik und finden sich nun in den widerlichen Absonderungen des Herrn mit nachgewiesenem Kopfschuss eindeutig wieder.

Absolut untragbar!
Sofort absetzen, zur Rettung der Demokratie!
Wir sind hier nicht in Russland...

Als Minister hat er auf unsere Verfassung geschworen, aber in der Praxis ist er der Grösste Verfassungsfeind aller Zeiten.

Wer weiterhin mit ihm kollaboriert, ist für den in unserer Verfassung festgelegten unabänderlich freiheitlich-sozialen Rechtsstaat ebenso klar disqualifiziert.

Der Tag wird kommen, an dem abermals jeder Mitläufer und Mittäter behauptet, er habe von all' dem nichts gewusst.
Ist die Bundesdruckerei eigentlich schon an der Arbeit für neue Persil-Scheine  ::)
Titel: Bundestag verabschiedet Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung und TK-Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 09 November, 2007, 14:40
Der Bundestag hat am heutigen Freitag mit den Stimmen der großen Koalition den heftig umstrittenen Regierungsentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung (PDF-Datei) und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen mit den Änderungen aus dem Rechtsausschuss verabschiedet. Die Oppositionsparteien votierten geschlossen gegen das Vorhaben, mit dem auch die EU-Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten in nationales Recht umgesetzt werden sollen. Bei der von den Grünen und den Liberalen geforderten namentlichen Abstimmung sprachen sich insgesamt 366 von 524 anwesenden Abgeordneten für den Entwurf aus, 156 dagegen. Zudem gab es zwei Enthaltungen. Einzelheiten werden sich erst aus der Veröffentlichung der detaillierten Namensliste ablesen lassen.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries verteidigte bei der knapp einstündigen Debatte am historisch bedeutsamen 9. November die Initiative zur sechsmonatigen Aufbewahrung der Verbindungs- und Standortdaten erneut mit dem Hinweis: "Wir sind hier nicht auf dem Weg in den Überwachungsstaat." Es würden nur die Daten gespeichert, "die ohnehin generiert werden". In diesem Zusammenhang müssten künftig auch bei der Nutzung von Flatrates Verbindungsinformationen aufbewahrt werden. Zudem würde die EU-Richtlinie in "minimaler Weise" umgesetzt. Es gehe darum, den Terrorismus besser zu bekämpfen.

Der CDU-Abgeordnete Siegfried Kauder warf den Gegnern des Vorhaben in der erregt geführten Debatte zur 2. und 3. Lesung des Gesetzentwurfs vor, mit ihren Beschwörungen von Big Brother und Orwell zu "zündeln". Die Koalition wolle "keinen gläsernen Menschen, wir wollen einen gläsernen Verbrecher". Es gelte, "die innere Sicherheit in diesem Land zu stärken". Zugleich würden etwa Journalisten aber gegenüber dem jetzigen Zustand beim Schutz vor Überwachung besser gestellt. Auch für Klaus Uwe Benneter von der SPD-Fraktion ist die "wirksame Strafverfolgung eine der wesentlichen Aufgaben, die der Staat leisten muss". Die Bürger würden nicht alle unter Generalverdacht gestellt. "Das wäre sonst auch bei den Konten der Fall", da auch darauf bereits zugegriffen werden könne.

Der rechtspolitische Sprecher der Grünen, Jerzy Montag, sprach dagegen in dem heftigen Schlagabtausch von einem "tiefschwarzen Tag für die Bürgerrechte in Deutschland". Alle Punkte, welche Zypries zur Verteidigung des Entwurfs vorgebracht habe, "ist in der Sache falsch und unrichtig". So dürften die Maßnahmen schon bei Straftatbeständen genutzt werden, auf die nur eine Geldstrafe stehe. Der Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung am Telefon werde mit den gewählten Formulierungen "nie möglich". Das "bedeutet für Ihr Gesetz, dass Sie immer abhören wollen". Der Journalisten- und der Informantenschutz werde durch das Gesetz "ausgehöhlt".

Für die FDP betonte Jörg van Essen, dass die Bürger mit dem Vorstoß "unter Generalverdacht" gestellt würden. Entgegen der Behauptung der Justizministerin werde die EU-Direktive auch nicht Eins zu Eins umgesetzt, sondern vielmehr auf erhebliche Straftaten und solche, die mit Telekommunikation zu tun haben, erweitert. Die Konsequenz kann für den Liberalen nur lauten: "Das Gesetz muss gekippt werden." Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ergänzte, dass mit der Vorratsdatenspeicherung sehr wohl nachzuvollziehen sei, wie das Telekommunikationsverhalten eines Bürger sei: "Es ist unstreitig, dass daraus Profile erstellt werden können." Das Bundesverfassungsgericht habe dagegen schon die Erhebung entsprechender Kommunikationsdaten als grundrechtsrelevant eingeschätzt.

Eine "Totalregistrierung menschlichen Kommunikationsverhaltens ohne jeden Verdacht und ohne jeden Anlass" beklagte Jan Korte, Innenexperte der Linken. Der Koalition warf er eine "exorbitante Datensammelwut" vor. Auf die Verbindungsdaten dürfte schon bei einer "Beleidigung am Telefon" oder dem "illegalen Herunterladen von Klingeltönen" zugegriffen werden. Generell seien "bei solchen gigantischen Datenmengen der Missbrauch und die Weckung von Begehrlichkeiten vorprogrammiert". Über die Auswirkungen auf die Bevölkerung und die Grundrechte auf freie und unangepasste Kommunikation müsse man sich im Klaren sein

Der Entwurf gilt als eines der umstrittensten Vorhaben von Schwarz-Rot in dieser Legislaturperiode. Datenschützer bemängelten immer wieder tiefe Eingriffe in die Grundrechte, eine Generalverdächtigung der Bürger und eine Abkehr von bislang ehernen Prinzipien zur Datensparsamkeit und Datenvermeidung. Auch Verbände von Berufsgeheimnisträgern wie Ärzten, Journalisten oder Anwälte brachte die Bundesregierung mit ihrem Zwei-Klassen-Recht beim Vertrauensschutz gegen sich auf. Sachverständige appellierten in zwei gesonderten parlamentarischen Anörungen für umfassenden Korrekturen und eine Aufschiebung der Massendatenvorhaltung. Wirtschaftskreise haben ihre Kritik vor allem bezogen auf die fehlende Entschädigungsregelung ebenfalls aufrecht erhalten.

Zudem gab es massive Proteste aus weiten Kreisen einer sich neu formierten Bürgerrechtsbewegung unter dem Dach des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, die sich in Form einer Großdemo in Berlin, bundesweiten Kundgebungen sowie einer aktuellen Online-Demonstration Bahn brachen. Tausende Bürger sowie Vertreter von Oppositionsparteien haben nun Verfassungsbeschwerden gegen den neuen Überwachungsvorstoß angekündigt. Montag kündigte die Unterstützung der Grünen für alle an, "die sich gegen dieses Gesetz zur Wehr setzen werden". Kauder hat dagegen nach eigenen Angaben "keine große Sorgen, dass das Gesetz auch vor dem Bundesverfassungsgericht hält".

Quelle : www.heise.de
Titel: Scharfe Reaktionen auf Absegnung der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 09 November, 2007, 19:58
Bürgerrechtler, Datenschützer und Medienverbände haben die Verabschiedung der Novelle der Telekommunikationsüberwachung und die damit einhergehende Verpflichtung zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten durch den Bundestag entschieden verurteilt. "SPD, CDU und CSU haben das Vorhaben gegen alle Warnungen und Widerstände durchgepeitscht und nicht einmal die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs abgewartet, die in wenigen Monaten ansteht", moniert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Das Gesetz erwarte nun die mit rund 7.000 Teilnehmern größte Verfassungsbeschwerde, die dem Bundesverfassungsgericht jemals vorgelegt worden sei. Diese werde eingereicht, sobald die Bestimmungen voraussichtlich Ende des Jahres im Bundesgesetzblatt veröffentlicht worden seien.

Entgegen der Einschätzung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) zeigen sich die Kritiker optimistisch. "Das Fernmeldegeheimnis wird von den Gerichten wieder hergestellt werden", meint Patrick Breyer von dem Zusammenschluss von Bürgerrechtsorganisationen und Internet-Nutzern. Dagegen sei die Wählbarkeit von SPD, CDU oder CSU für die Generation Internet "endgültig verloren gegangen". Diesmal habe die Koalition noch "auf stur geschaltet", ergänzt der Politikwissenschaftler Ralf Bendrath. "Aber der Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung wird sich ausweiten zu einer gesellschaftlichen Bewegung für mehr Freiheit und weniger Angst."

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bemängelte ebenfalls, dass der Bundestag "trotz der von vielen Seiten vorgebrachten erheblichen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit die generelle und verdachtslose Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten beschlossen hat". In verschiedener Hinsicht gehe das Gesetz über die Vorgaben der entsprechenden EU-Richtlinie hinaus, insbesondere bei der Verwendung der Daten für weniger schwere Straftaten und ihre Übermittlung an die Nachrichtendienste und Ordnungsbehörden. Im Gegensatz zur Polizei werde diesen sogar "ohne richterliche Prüfung ein Zugriff" auf die Datenberge gestattet. Nicht zuletzt werde die Möglichkeit zur anonymen und unbeobachteten Internetnutzung "künftig nicht mehr gewährleistet".

Besonders bedauert der Datenschützer, dass bei der Neuregelung der Vorgaben zum Abhören der Telekommunikation in der Strafprozessordnung im Rahmen der parlamentarischen Beratungen "keine substanziellen Verbesserungen erreicht wurden". Im Gegenteil habe der Bundestag Änderungen beschlossen, die etwa bei der Anordnungsdauer von Telekommunikationsüberwachungen oder bei den über die Maßnahmen zu erstattenden Berichten die verfahrensrechtlichen Schutzvorkehrungen des Regierungsentwurfs "wieder verwässern". Unzureichend seien auch die Regelungen zum Schutz des Kernbereichs privater Lebensgestaltung. Weiter stößt sich Schaar am "nicht ausreichenden Schutz besonderer Vertrauensverhältnisse".

Das Zwei-Klassen-Recht bei Berufsgeheimnisträgern hat auch Medienverbände erneut zu scharfen Reaktionen veranlasst. Der Schutz der Pressefreiheit bleibe auf der Strecke, heißt es beim Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) und beim Verband Deutscher Zeitschriftenverleger (VDZ). Anders als bei Abgeordneten, Geistlichen und Strafverteidigern, die von der Überwachung ausgenommen werden, solle bei Journalisten nur im Einzelfall eine Verhältnismäßigkeitsprüfung erfolgen. Wie schwach dieser Maßstab sei, habe zuletzt die Beschlagnahmeaktion von Briefen an verschiedene Berliner Zeitungen deutlich gemacht. Kein Informant werde künftig noch reden, wenn seine Telefonnummer, E-Mail-, IP-Adresse und seine Standortdaten ebenso erfasst würden wie auch Zeitpunkt und Dauer des Kontakts. Ähnlich äußerte sich der Deutsche Fachjournalisten-Verband (DFJV).

Sachsen-Anhalts Landesdatenschützer Harald von Bose sagte der Mitteldeutschen Zeitung: Wenn das Kommunikationsverhalten des Bürgers so eklatant berührt und er unter Generalverdacht gestellt werde, müsse man sich fragen, ob nicht auch ein Stück des demokratischen Fundaments durch diese informationelle Fremdbestimmung berührt werde. "Dass diese Entscheidung zum Einschnitt in Freiheitsrechte genau am 9. November als dem Tag des Mauerfalls getroffen wird, ist bitter." Für Claudia Roth und Malte Spitz aus der Bundesspitze der Grünen zeigt der "bewusste Verfassungsbruch", dass Bürgerrechte in der großen Koalition kein schützenswertes Gut sind. Bei der Online-Durchsuchung versuche die SPD noch, "nach außen den Schein der Anständigkeit zu wahren". Doch mit der Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung mache sie sich unglaubwürdig.

Für den Vorsitzenden des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Klaus Jansen, ist die Vorratsdatenspeicherung eine Ermittlungshilfe, die nur unter gewissen Voraussetzungen eingesetzt wird. Wenn man erkenne, dass ein Verdächtiger etwa häufiger mit einer bestimmten Person Kontakt habe, würden zu dieser Person Hintergrundinformationen eingeholt. "Es hilft uns also zu einer Verdachtsfindung, zu der wir sonst nicht in der Lage wären", sagte Jansen im ZDF-Mittagsmagazin. "Ich glaube, unsere Demokratie ist stark genug, um das aushalten zu können."

Telcos müssen im Rahmen der Massendatenlagerung vom 1. Januar 2008 an Rufnummern, Uhrzeit und Datum der Verbindung, bei Handys auch den Standort zu Beginn des Gesprächs sowie die Gerätenummern erfassen und sechs Monate aufbewahren. Für Internetanbieter gilt eine "Schonfrist" bis Anfang 2009. Danach sind von ihnen die zugewiesene IP-Adresse, Beginn und Ende der Internetnutzung und die Anschlusskennung zu speichern. Von Anbietern von E-Mail-Diensten verlangt der Staat vor allem die Kennungen der elektronischen Postfächer, also die E-Mail-Adressen, und die IP-Adressen von Absender sowie Empfänger nebst Zeitangaben. Wer Internet-Telefonie (VoIP) zur Verfügung stellt, muss die Rufnummern, Zeitpunkte der Kommunikation und ebenfalls die IP-Adressen vorhalten. Deutsche Anbieter von Anonymisierungsdiensten sind ausdrücklich nicht von den Auflagen ausgenommen.

Abrufbar ist inzwischen die genaue Abstimmungsliste (PDF-Datei). Demnach haben neben der Opposition fünf Abgeordnete der CDU/CSU-Fraktion sowie sieben Sozialdemokraten gegen den Entwurf gestimmt. Eine Übersicht bietet die Plattform Abgeordnetenwatch. Der medienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Jörg Tauss, konnte wegen dringender Verpflichtungen in Baden-Württemberg nicht an der Sitzung teilnehmen. In einer Erklärung bedauerte er die politische Entscheidung der Mehrzahl seiner Genossen. Bei ihm seien "massive Bedenken hinsichtlich der Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit einer solchen flächendeckenden Speicherung von Telekommunikationsdaten auf Vorrat" geblieben. Fest stehe, dass die Umsetzung zurückgenommen werden müsse, wenn der EuGH die in Brüssel gewählte Rechtsgrundlage für nichtig erkläre. Er prüfe, ob er rechtliche Schritte gegen den "Dammbruch" im deutschen Datenschutzrecht anstrengen und sich einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht anschließen werde.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/98760
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Hesse am 09 November, 2007, 23:32
Zitat
"Das Fernmeldegeheimnis wird von den Gerichten wieder hergestellt werden", meint Patrick Breyer von dem Zusammenschluss von Bürgerrechtsorganisationen und Internet-Nutzern. Dagegen sei die Wählbarkeit von SPD, CDU oder CSU für die Generation Internet "endgültig verloren gegangen".

Das sehe ich genauso !

Zitat
"Aber der Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung wird sich ausweiten zu einer gesellschaftlichen Bewegung für mehr Freiheit und weniger Angst."

Das hoffe ich sehr, glaube aber kaum, dass es eintreffen wird.
Mittlerweile bin ich auf eine gesunde, der STASI2.0 vollkommen angemessene und keinesfalls therapiebedürftige Weise der Meinung, dass das Volk (z.B. über den Weg der erst kürzlich vorgenommenen Abschaffung von freier Bildung) absichtlich zur Verdummung und damit Hörigkeit (Stichwort : Herdentrieb) gebracht werden soll, damit es solche "Verschlechterungen des Lebens" mit "Ist mir doch egal" kommentiert und somit freiwillig und ohne Widerstand hinnimmt.
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Atilla am 10 November, 2007, 19:55
@van suck:
"Welche Ängste müssen die sog. Mächtigen eines Staates ausstehen, wenn sie zu solchen Mitteln greifen müssen "
ich würde noch weiter gehen: Was haben die Mächtigen des Landes vor, wenn sie zu solchen Mitteln greifen?
Titel: Proteste gegen Vorratsdatenspeicherung und Überwachung dauern an
Beitrag von: SiLæncer am 13 November, 2007, 16:08
Wenige Tage nach der heftig umstrittenen Verabschiedung der Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und der Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten machen Verfechter der Freiheitsrechte weiter mobil. So haben inzwischen fast 10.000 Surfer in einer Petition, die vor allem über das Weblog Pantoffelpunk lanciert worden ist, den sofortigen Rücktritt von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble gefordert. Der Initiator der Aktion hat die online gesammelten Unterschriften gerade ausgedruckt auf 303 Seiten an den Petitionsausschuss des Bundestags geschickt. Mit der symbolischen Aktion wollen die Nutzer sich dagegen wehren, dass der CDU-Politiker ihrer Ansicht nach "aus Angst vor islamistisch motivierten terroristischen Anschlägen das gesamte Volk unter Generalverdacht" stellt. Es dürfe nicht angehen, dass Schäuble "mit dieser Rechtfertigung ein Grundrecht nach dem anderen auszuhebeln sucht".

Der "Partoffelpunk" hat zugleich die zweite Phase der Online-Protestaktion eingeläutet, mit welcher der Rücktrittsforderung "Nachdruck verliehen" werden soll. Besorgte Surfer können demnach die ursprüngliche Forderung weiter unterschreiben. Die abgegebenen Stimmen sollen in regelmäßigen Abständen beim Petitionsausschuss gleichsam nachgereicht werden. Die Liste der Vorwürfe verfassungswidriger Umtriebe Schäubles ist dabei nicht kleiner geworden. Sie umfasst weiterhin die von den Initiatoren ausgemachten Versuche Schäubles von der Abschaffung des Völkerrechts im Frieden, über die beschlossene Vorratsdatenspeicherung und die nach wie vor vorangetriebenen heimlichen Online-Durchsuchungen bis hin zur Einrichtung von Anti-Terrordateien oder Forderungen zur "Tötung ohne Notwehrsituation".

Für den 24. November in Köln hat die Bürgerrechtsgruppe "Freiheit ist Sicherheit" ferner zu einer weiteren Demonstration "gegen die zunehmende Überwachung der Bundesbürger durch Gesetzesvorhaben der Bundesregierung" aufgerufen. Der Protestzug soll sich um 12.30 Uhr vom Albertus-Magnus-Platz aus in Bewegung setzen. "Es vergeht kaum mehr eine Woche, in der nicht Unheilvolles aus Berlin durch die Republik geistert", heißt es bei den Demo-Initiatoren. "Immer wieder werden – insbesondere von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble – Vorschläge verbreitet, wie die innere Sicherheit noch weiter gestärkt und gleichzeitig grundlegende Bürgerrechte noch weiter eingeschränkt werden können." Vergangene Woche demonstrierten bundesweit über zehntausend Menschen gegen die Vorratsdatenspeicherung. Im September waren bei einer Großdemo in Berlin gut 15.000 besorgte Bürger im Protest gegen den "Überwachungswahn" in Staat und Wirtschaft auf die Straße gegangen.

Laut der Gewerkschaft der Polizei (GdP) kommen in der angeheizten Stimmung die jüngsten Vorschläge des Bundesinnenministers zur Einrichtung einer Abhörzentrale zur Unzeit. "Schäubles Ankündigungspolitik soll darüber hinwegtäuschen, dass auf seinem Schreibtisch noch viele unerledigte Vorgänge liegen", beklagt der GdP-Vorsitzende Konrad Freiberg. Der Entwurf zur Novelle des Gesetzes für das Bundeskriminalamt (BKA) mit dem Vorstoß zu Online-Razzien etwa sei noch genauso wenig in trockenen Tüchern wie das Gesetz zur Reform der Bundespolizei. Zudem stünden Verfassungsbeschwerden gegen die Vorratsdatenspeicherung an. "Eine handhabbare Kronzeugenregelung fehlt noch immer, die angestrebte Zahl an Sky-Marshals zum Schutz vor Flugzeugentführungen ist längst nicht erreicht und Kontrollen an den Airports sind immer noch lückenhaft", zählt Freiberg weiter auf. "Zudem fehlt der Polizei Personal an allen Ecken und Enden." Viele Vorhaben würden im Schacht hängen, weil Schäuble "nicht für eine ausreichende Akzeptanz seiner Pläne in Politik und Öffentlichkeit sorgt".

Neben rund 7000 Bürgern, die sich über den Aktionskreis Vorratsdatenspeicherung organisiert haben, sowie Oppositionspolitikern hat sich inzwischen auch der Bielefelder Rechtswissenschaftler Christoph Gusy für eine Klage in Karlsruhe gegen die verdachtslose Massendatenspeicherung ausgesprochen. "Das Gesetz schafft eine völlig neue Dimension der Überwachungsmöglichkeiten", begründete er dieses Vorhaben gegenüber dem WDR. Dem Großteil der Bürger sei die Reichweite des Bundestagsbeschlusses noch nicht bewusst: "Der Unterschied zur Volkszählung von 1987, wo es große Proteste gab, war, dass der Volkszähler in der Wohnung stand." Jetzt spiele sich die Datenerhebung irgendwo unsichtbar in den Netzen ab. Diese weit entfernte Art, die den Eingriff unmerklich mache, führe letztlich dazu, dass er als nicht so schwerwiegend erscheine. Die große Zahl der Verfassungsbeschwerden sieht Gusy als politisches Signal nach dem Motto: "Leute, regt euch, hier geht es um eure Interessen."

In seinem Protest zu weit gegangen ist derweil dem Empfinden von Personenschützern nach ein Aktivist in Berlin. Der 25-Jährige soll sich laut Medienberichten und Polizeiangaben am gestrigen Montag Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und dem französischen Staatspräsidenten Nicolas Sarkozy bei deren Besuch der Romain-Rolland-Oberschule im Berliner Stadtteil Reinickendorf auf "einige Meter" genähert und dabei "gegen den Überwachungsstaat" gerufen haben. Zugleich soll der Demonstrant sich gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen haben. Die Polizei sprach von einem "kleinen Vorfall". Der Aktivist sei "erkennungsdienstlich behandelt" und daraufhin wieder auf freien Fuß gesetzt worden. Der Betroffene selbst schildert seine Sicht der Dinge auf der alternativen Medienseite Indymedia. Demnach soll er nach seiner Meinungsäußerung von einem BKA-Zivilbeamten und einem französischen Staatsschützer geschlagen sowie in der Gefangensammelstelle der Polizei misshandelt worden sein.

Quelle : www.heise.de
Titel: 13.000 Bürger wollen gegen die Vorratsdatenspeicherung klagen
Beitrag von: SiLæncer am 16 November, 2007, 14:15
Das Interesse an der geplanten "Massenbeschwerde" in Karlsruhe gegen die vom Bundestag vor einer Woche beschlossene Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten wächst rasant weiter. Bereits mehr als 13.000 besorgte Bürger wollen inzwischen die verdachtsunabhängige Aufzeichnung der elektronischen Nutzerspuren vor dem Bundesverfassungsgericht kippen. Dies berichtete der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am heutigen Freitag unter Verweis auf eine entsprechend hohe Zahl an Vollmachten, die bei der Kanzlei Starostik in Berlin eingegangen seien. Der Rechtsanwalt Meinhard Starostik will die Kläger gemeinsam in Karlsruhe vertreten. Seinen Angaben nach hat sich die Zahl der Beschwerdeführer seit der Verabschiedung des entsprechenden Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung fast verdoppelt.

Weitere Interessierte an der Unterstützung der Klage können sich laut dem Arbeitskreis noch bis zum 24. Dezember der Verfassungsbeschwerde "gegen den Angriff auf ihre Privatsphäre" anschließen. Eingereicht werden soll die Klage vermutlich Ende des Jahres, wenn das heftig umstrittene Gesetz im Bundesgesetzblatt verkündet worden ist. Von Anrufen in der federführenden Kanzlei bittet der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern derweil abzusehen, da momentan der normale Geschäftsverkehr durch derlei telefonische Nachfragen "lahm gelegt" sei.

Für den großen Zuspruch zu der ungewöhnlichen Massenklage macht der Arbeitskreis auch eine umstrittene Bemerkung von Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble mit verantwortlich. "Wir hatten den 'größten Feldherrn aller Zeiten', den GröFaZ, und jetzt kommt die größte Verfassungsbeschwerde aller Zeiten", bemühte der CDU-Politiker laut einem Zeitungsbericht vergangene Woche einen Hitler-Vergleich. Starostik bleibt nach eigenen Angaben aber gar keine Zeit, um über eine Strafanzeige aufgrund dieser Äußerung nachzudenken: "Ich werde meine ganze Kraft für die Vertretung meiner Mandanten bei der Verfassungsbeschwerde verwenden. Für anderes bleibt kein Raum."

Patrick Breyer vom Arbeitskreis kritisierte zudem scharf die Haltung einiger SPD-Bundestagsabgeordneter, die der Vorratsdatenspeicherung nur mit Bauchschmerzen und dem Hinweis auf angekündigte Verfassungsbeschwerden zugestimmt hatten: "Nach unserem Grundgesetz ist das Parlament an die Grundrechte gebunden. Es ist unglaublich, dass einige Abgeordnete offenbar meinen, für die Einhaltung unserer Grundrechte nicht mehr zuständig zu sein."

Der Vorstand der Deutschen Journalisten-Union in der Gewerkschaft ver.di hat sich derweil dem unter Hochdruck vorbereiteten Gang nach Karlsruhe angeschlossen. Der Informantenschutz werde in eklatanter Weise ausgehöhlt, kritisierte die Arbeitnehmervertretung. Verdeckte Recherchen würden nahezu unmöglich. Die Journalisten-Gewerkschaft rief ihre 25.000 Mitglieder auf, die Verfassungsbeschwerde zu unterzeichnen. Ob die Gewerkschaft als Organisation klagen könne, werde derzeit geprüft.

Die frühere Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat sich zwischenzeitlich erneut gegen den staatlichen "Speicherwahn" ausgesprochen. Dieser könne " wirklich in den Überwachungsstaat führen". Es gehe hier doch darum, dass "ohne konkreten Verdacht, ohne jeden Anlass Daten aller Bürger gespeichert werden". Leutheusser-Schnarrenberger bekräftigte zugleich ihre Absicht, gemeinsam mit FDP-Parteikollegen ebenfalls wegen der Verpflichtung zur Massendatenlagerung vor das Bundesverfassungsgericht zu ziehen. Die Klage dürfte aber nicht leicht werden, räumte die Rechtexpertin der Liberalen ein, da eine EU-Richtlinie umgesetzt worden sei.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries verteidigte unterdessen ihre umstrittene Äußerung zur Erklärung des informationellen Selbstbestimmungsrechts. Dieses besage nur, "dass Bürger darüber informiert werden müssen, wer was von ihnen speichert", hatte die SPD-Politikerin im Vorfeld der Abstimmung über die Vorratsdatenspeicherung eine eigenwillige Auslegung der Rechtsprechung des Verfassungsgerichts vorgelegt. Inzwischen führte Zypries auf der Plattform Abgeordnetenwatch dazu aus, dass Karlsruhe ein "Abwehrrecht gegenüber staatlichen Eingriffen hergeleitet hat". Dieses sei aber "selbstverständlich nicht schrankenlos gewährleistet". Vielmehr müsse der Einzelne Einschränkungen auf gesetzlicher Grundlage im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen, "wenn sie dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz genügen". Dies sei bei der Vorratsdatenspeicherung der Fall.

Quelle : www.heise.de
Titel: Land Berlin legt Widerspruch gegen Gesetz zur TK-Überwachung ein
Beitrag von: SiLæncer am 23 November, 2007, 15:57
Das Land Berlin soll im Fall des vom Bundestag beschlossenen Gesetzes zur Telekommunikationsüberwachung den Vermittlungsausschuss des Bundesrats anrufen. Dass beschloss mehrheitlich jetzt das Berliner Abgeordnetenhaus, wie FDP und Linke am Freitag mitteilten. Der Antrag, Teile des am 9. November vom Bundestag beschlossenen Gesetzes zu überprüfen, soll bereits in der Sitzung des Bundesrates am 30. November gestellt werden, erklärte der FDP-Abgeordnete Björn Jotzo in einer Pressemitteilung.

Nach dem vom 1. Januar an gültigen Gesetz dürfen unter anderem die Verbindungsdaten von Telefon und Internet künftig ein halbes Jahr gespeichert werden. Die Überwachung der Telekommunikation wird auf schwere Straftaten beschränkt. Aber auch einzelne Geheimnisträger wie Anwälte, Ärzte und Journalisten dürfen nach Abwägung der Verhältnismäßigkeit abgehört werden.

Leider sei die rot-rote Koalition mit ihrer halbherzigen Beschlussfassung auf halbem Wege stehen geblieben, kritisierte Jotzo. Zwar werde das Land Berlin nun im Bundesrat versuchen, die Regelungen bezüglich des Schutzes von Journalisten, Rechtsanwälten und anderer Berufsgruppen zu überarbeiten. Jedoch sollen weiterhin nicht die Bürgerrechte nicht wirksam wirksam verdeidigt und die Bürger vor anlass- und verdachtsunabhängiger Überwachung geschützt werden, bemängelte der Liberale. Immerhin habe Rot-Rot jedoch seine ursprüngliche Position aufgegeben, den Vermittlungsausschuss nicht einzuschalten.

Der rechtspolitische Sprecher der Linken-Fraktion, Klaus Lederer, erklärte, "die Einschränkung des Zeugnisverweigerungsrechts u.a. für Ärzte, Journalisten und Rechtsanwälte ist nach unserer Auffassung verfassungswidrig und nicht hinnehmbar". Das Gesetz missachte wesentliche Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zur Wahrung des Schutzes eines Kernbereichs privater Lebensgestaltung, des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und die Berufsfreiheit.

Quelle : www.heise.de
Titel: Demo gegen Überwachungsmaßnahmen in Köln
Beitrag von: SiLæncer am 24 November, 2007, 16:40
Kontrastprogramm in Köln: Mitten im Weihnachtsrummel zogen heute Mittag 400 Bürger durch die Kölner Innenstadt, um gegen den Überwachungsstaat zu demonstrieren. Zu der Kundgebung hatte die Gruppe Freiheit ist Sicherheit aufgerufen und wurde dabei vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, dem Chaos Computer Club (CCC) und der Piratenpartei unterstützt.

Der Demonstrationszug durch die Kölner Innenstadt verlief friedlich und reibungslos. Die Demonstranten griffen zum Teil auf etwas sperrige Slogans zurück wie "Für die Freiheit, für das Leben, Schäuble seinem Amt entheben", aber auch Klassiker wie "Wir sind das Volk" waren zu hören. Die Polizei beschränkte sich darauf, dem Demonstrationszug einen Weg durch den Verkehr zu bahnen, auf Kamerawagen oder ein großes Aufgebot an Einsatzkräften wurde verzichtet.

"Es wird so getan, als ob Freiheit und Sicherheit Gegensätze seien", sagte Demo-Organisatorin Annika Kremer bei der Abschlusskundgebung vor dem Kölner Dom. "Dem widersprechen wir entschieden." Nur mit Freiheit könne auch Sicherheit gewährleistet werden. Die beschlossenen und beabsichtigten Maßnahmen von der Vorratsdatenspeicherung bis zur Online-Durchsuchung seien durchweg verfassungswidrig: "Demokratie braucht keine Überwachung".

Christoph Brüning von der Siegener Ortsgruppe des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung stellte die Frage "Kann uns die Vorratsdatenspeicherung überhaupt Sicherheit bringen?". Die Abgeordneten des Bundestages hätten für die Überwachungsgesetze gestimmt, ohne sich der Folgen bewusst gewesen zu sein. Durch die Vorratsdatenspeicherung sei das Ende der freien und ungezwungenen Kommunikation in der gesamten Europäischen Union eingeleitet worden, der damit erkaufte Sicherheitsgewinn sei allenfalls abstrakt. "Dem werden wir nicht tatenlos zusehen. Wir werden immer mehr und wir werden immer lauter", erklärte Brüning im Hinblick auf die Demonstrationen in den vergangenen Wochen.

Rebecca Breu von der Piratenpartei sieht auch die Medien für zunehmende Überwachungstendenzen in der Verantwortung. "Die Zahl der Gewaltverbrechen sinkt seit Jahren, trotzdem steigt die Angst in der Gesellschaft weiter an", erklärte Breu. Es sei nur natürlich, wenn die Menschen nach versuchten Terroranschlägen Angst hätten, nach einem Moment der Besinnung müsste man jedoch wieder zur Vernunft zurückfinden.

Auf der Demo sprachen auch Bürger, die den Überwachungsstaat in der DDR hautnah erlebten. Ein Demonstrationsteilnehmer sagte: "Ich habe vor 18 Jahren in Leipzig für meine Freiheit demonstriert und ich finde es schrecklich, dass ich schon wieder in der Kälte stehen muss, um für diese Rechte zu kämpfen."

Quelle : www.heise.de
Titel: Länder wünschen erweiterten Zugriff auf TK-Vorratsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 24 November, 2007, 17:46
Dem Rechtsausschuss des Bundesrates geht der vom Bundestag vor zwei Wochen beschlossene  Gesetzesentwurf zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung nicht weit genug. Vor allem bei den Bestimmungen zum Zugriff auf die demnach sechs Monate verdachtsunabhängig aufzubewahrenden Verbindungsdaten, die das Parlament bereits deutlich gegenüber den  EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung ausdehnte, sieht das federführende Gremium der Länderkammer noch Korrekturbedarf. So sollen die Länderchefs bei der Plenarsitzung am kommenden Freitag eine  Entschließung (PDF-Datei) fassen, wonach auch Rechteinhabern zur zivilrechtlichen Verfolgung etwa von Urheberrechtsverletzungen Zugang zu den Datenbergen zu gewähren ist.

Geht es nach den Rechtspolitikern, würde andernfalls der heftig umstrittene zivilrechtliche Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern, wie er im Regierungsentwurf eines Gesetzes zur besseren Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vorgesehen ist, "leer laufen". Um das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nicht zu blockieren, soll der Bundesrat aber nicht auf den Einbau einer solchen Befugnis etwa für die Musik- und Filmindustrie in das bereits vom Bundestag abgesegnete Überwachungsvorhaben drängen. Vielmehr rät der Rechtsausschuss, den Weg über das laufende Verfahren zum Durchsetzungsgesetz selbst zu wählen und darin Zugriffsrechte der Rechtehalter auf die Vorratsdaten vorzusehen. Nur durch eine Regelung, die den geplanten Auskunftsanspruch gegen die Provider "auch erfüllbar macht", sei der "Widerspruch" zwischen beiden Gesetzen aufzulösen.

Zur Begründung führt der Rechtsausschuss unter anderem an, dass die Rechteinhaber andernfalls bei der Recherche nach den hinter IP-Adressen stehenden Namen und Bestandsdaten "weiterhin gezwungen wären, stets ein Strafverfahren gegen potenzielle Verletzer einzuleiten". Dieses Vorgehen würden die Vertreter von Urheberrechten nicht wünschen, da es "eine große Zahl von potenziellen Rechtsverletzern in unnötiger Weise kriminalisiert und die Staatsanwaltschaften enorm belastet".

Der Bundesrat hatte eine vergleichbare Forderung bereits bei seiner vorherigen Beratung des Regierungsentwurfs zur Vorratsdatenspeicherung im Juni im Rahmen einer umfangreichen Stellungnahme aufgestellt. Viele andere Eingaben der Länder von damals zur Verschärfung der neuen Regeln zur TK-Überwachung hat der Bundestag aufgegriffen. So wird etwa die im Regierungsentwurf enthaltene Verwertungsbeschränkung abgehörter Informationen bei fehlerhaft angenommener Gefahr im Verzuge gestrichen. Auch die Verkürzung der Anordnungs- und Verlängerungsfristen beim Belauschen der Telekommunikation von maximal drei auf zwei Monate erschien dem Parlament nicht nötig. Gleiches gilt für die zunächst geplante Zuständigkeit eines Gerichts zweiter Instanz über Verlängerungsanordnungen.

Zudem beschränkten die Abgeordneten die vorgesehene Berichts- und Statistikpflicht. Ferner schaffen die Änderungen eine ausdrückliche gesetzliche Regelung, wonach Auskünfte etwa über den Namen und die Anschrift eines Anschlussinhabers, der mit einer dynamischen IP-Adresse und Uhrzeit quasi dingfest gemacht worden ist, im manuellen Auskunftsverfahren nach Paragraph 113 Telekommunikationsgesetz (TKG) zu erteilen sind. Nur den weitergehenden Forderungen des Bundesrates, die gespeicherten Verbindungsinformationen auch für Bestandsdatenauskünfte an die Inhaber von Rechten des geistigen Eigentums verwenden zu dürfen, folgte die große Koalition im Bundestag nicht.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sprach sich im Vorfeld der Beratungen wiederholt strikt gegen diese Empfehlung der Länder aus. Mit Zugriffsmöglichkeiten zur zivilrechtlichen Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen würden sich seiner Ansicht nach "die schlimmsten Befürchtungen erfüllen", die einen weiteren Dammbruch bei der Ausgestaltung der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung mit sich brächten.

Das tatsächliche Abstimmungsverhalten des Bundesrates zur Neuregelung der TK-Überwachung ist derzeit noch schwer abschätzbar. So hat das Land Berlin gerade einen Antrag verabschiedet, wonach der Bundesrat entgegen dem Plädoyer des Rechtsausschusses der Länderkammer doch den Vermittlungsausschuss anrufen soll. Berlin will mit dem Vorstoß vor allem versuchen, den als nicht ausreichend kritisierten Schutz von Journalisten, Rechtsanwälten und anderen Berufsgeheimnisträgern zu verbessern. Der Gesetzesentwurf missachtet laut dem Land Berlin wesentliche Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes zur Wahrung des Schutzes des Kernbereichs privater Lebensgestaltung, des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung und die Berufsfreiheit.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/99505
Titel: Schaar nennt Vorratsdatenspeicherung Gefahr für Demokratie
Beitrag von: SiLæncer am 25 November, 2007, 12:43
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sieht die Demokratie angesichts der geplanten Speicherung von Telekommunikationsdaten für ein halbes Jahr in Gefahr. Mit den Daten über Internet- und Telefonnutzung würden hochsensible Angaben gespeichert, "die vielfältige Missbrauchsrisiken mit sich bringen" sagte das Grünen-Mitglied Schaar am Sonntag bei einem Gastauftritt vor dem Grünen-Parteitag in Nürnberg. Es stehe ein Paradigmenwechsel weg vom konkreten Verdacht hin zu "verdachts- und anlasslosem Speichern" an.

Quelle : www.heise.de
Titel: Grenzen für den Datenaustausch zu Sicherheitszwecken gefordert
Beitrag von: SiLæncer am 27 November, 2007, 16:13
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat sich für die stärkere Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien beim internationalen Austausch personenbezogener Informationen für Sicherheitszwecke eingesetzt. Seine Zunft sei zwar nicht dagegen, dass für die Bekämpfung des internationalen Terrorismus und der grenzüberschreitenden organisierten Kriminalität personenbezogene Daten erhoben und zwischen den Sicherheitsbehörden transferiert werden, erklärte Schaar. Er äußerte sich im Zusammenhang mit einem Treffen des EU-Parlaments und der portugiesischen Nationalversammlung im Rahmen der Ratspräsidentschaft der Südwesteuropäer am heutigen Dienstag. Es müsse aber dafür gesorgt sein, dass vor allem die Verhältnismäßigkeit bei derlei Datenweitergaben gewährt bleibe, meinte Schaar.

Konkret erneuerte Schaar in diesem Zusammenhang seine Kritik an der verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten, die der Bundestag hierzulande vor kurzem beschlossen hat. So sei es nicht mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, "wenn immer mehr Daten ohne Anfangsverdacht und ohne konkrete Gefahr erhoben und quasi auf Vorrat gespeichert und übermittelt würden". Der Informationsaustausch müsse zudem "streng zweckgebunden für die Aufgaben der Sicherheitsbehörden erfolgen", was der Rechtsausschuss des Bundesrates bei der Nutzung der auf Vorrat gespeicherten Verbindungsdaten anders sieht. Laut Schaar müssten die Rechte unbescholtener Bürger gewahrt werden. Die datenschutzrechtlichen Regelungen seien entsprechend auszubauen. Es bedürfe obendrein "einer begleitenden datenschutzrechtlichen Kontrolle durch unabhängige Datenschutzbehörden über die Grenzen hinweg".

Schaar nahm neben der Vorratsdatenspeicherung verschiedene Maßnahmen in den Blick, die zunächst auf europäischer Ebene beschlossen und nun in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. So warnte er davor, das mit den USA geschlossene Abkommen zur Übermittlung von Flugpassagierdaten unverändert auf Europa zu übertragen. Der Bundestag hat die umstrittene Vereinbarung aber bereits mit den Stimmen der großen Koalition abgesegnet. Ausgebaut haben die EU-Mitgliedsstaaten zudem den Austausch etwa von biometrischen Daten, DNA-Informationen oder Kfz-Angaben im Rahmen des Vertrags von Prüm. Es gibt auch Zusagen von Seiten Brüssels, die EU-weit gespeicherten Vorratsdaten für US-amerikanische Sicherheitsbehörden zu öffnen. Im Rahmen des umstrittenen Cybercrime-Konvention des Europarates könnten zudem Strafverfolger und Geheimdienste aus 52 Ländern nach Ansicht von Bürgerrechtlern auf die Verbindungs- und Standortdaten zugreifen.

Gegen das hiesige Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und zur Vorratsdatenspeicherung hat sich derweil auch entschieden die Jugendpresse Deutschland ausgesprochen. Damit seien "vertrauliche Gespräche mit Informanten, die bisher dem Quellenschutz unterlagen, nicht mehr möglich sind", bemängelt Vorstandssprecherin Elisa Gärtner. Besonders schwer wiege in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass Journalisten gegen staatliche Ermittlungsmaßnahmen weniger geschützt sind als andere Berufsgeheimnisträger wie etwa Abgeordnete und Strafverteidiger. "Die Bedeutung journalistischer Tätigkeit für eine funktionierende Demokratie wird anscheinend nicht mehr geschätzt", moniert Gärtner. So werde der kommenden Journalistengeneration ein "großer Felsbrocken in den Weg gelegt".

"Internet, E-Mail, Telefon ­ das sind technische Errungenschaften, die eine Recherche für junge Medienmacher enorm vereinfachen", ergänzt Michael Metzger aus dem Vorstand des Vereins mit 10.000 jungen Medienmachern. "Die neue Gesetzeslage zwingt uns jedoch, künftig darauf zu verzichten. Informantenschutz ist nur noch bei persönlichen Treffen gewährleistet. Per Gesetz werden wir in die Steinzeit zurück katapultiert." Die Jugendpresse Deutschland und ihre Landesverbände prüfen aktuell Möglichkeiten, juristisch gegen die neue Gesetzeslage vorzugehen. Der Verein ermutigt ferner junge Medienmacher ausdrücklich, über die Thematik in eigenen Artikeln zu berichten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Verfassungsrichter hält Speicherung der TKVerbindungsdaten für verfassungswidrig
Beitrag von: SiLæncer am 28 November, 2007, 12:53
Der Greifswalder Verfassungsrichter Helmut Wolf hält das vom Bundestag beschlossene Gesetz zur Vorratsdaten-Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten für verfassungswidrig. Er halte die angekündigten Verfassungsbeschwerden für "sehr aussichtsreich", sagte der Vizepräsident des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in einem Gespräch mit dpa. "Ich bin davon überzeugt, dass die Verpflichtung, alle Telefon- und Internetverbindungsdaten sechs Monate zu speichern und damit für einen eventuellen staatlichen Zugriff zur Verfügung zu halten, verfassungswidrig ist."

Es sei zu befürchten, dass sich das Verhältnis zwischen Staat und Bürger deutlich verschiebt und ein Klima von grundlegendem Unbehagen, Misstrauen und Angst entsteht, sagte Wolf. "Vom Orwellschen Großen Bruder sind wir mit diesem Gesetz nicht mehr sehr weit entfernt." Bereits das Bundesverfassungsgericht habe deutlich gemacht, das jeder Bürger einen Anspruch auf Privatheit habe, sagte Wolf. "Mit der beliebigen Speicherung der Daten wird das im Grundgesetz verankerte Recht auf Freiheit und Selbstbestimmung der Bürger massiv verletzt", sagte der Jurist.

Nach Auffassung Wolfs wird mit dem Gesetz das im Grundgesetz als unverletzlich festgeschriebene Fernmeldegeheimnis verletzt. Der Jurist verwies auf das Urteil des Landesverfassungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern zur Schleierfahndung im Jahr 1999. Damals hatten die Richter festgestellt, dass der Staat keine Daten verdachtsunabhängig und zu beliebigen Zwecken erheben und verwenden darf. "Der Bürger darf nicht so behandelt werden, als sei er ein potenzieller Straftäter", sagte Wolf. Nach den Terroranschlägen von New York und Washington 2001 sowie Madrid 2004 sei es verständlich, dass der Staat auf die veränderte Sicherheitslage reagiere. Die umfassende Vorratsdatenspeicherung trage aber nicht oder nur sehr begrenzt dazu bei, die Sicherheit im Lande zu erhöhen. "Gerade Terroristen werden Wege finden, das Gesetz zu umgehen, beispielsweise durch die Nutzung fremder Handys oder von Internetcafés."

Quelle : www.heise.de
Titel: Warnung vor "unerträglicher Verschärfung" der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 29 November, 2007, 16:19
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar und der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco wollen den Bundesrat von einer Entschließung abbringen, wonach Rechteinhabern Zugriff auf die künftig verdachtsunabhängig vorzuhaltenden Vorratsdaten von Telefon- und Internet-Verbindungen gegeben werden soll. Die Länderkammer würde sich damit "bei dem aus verfassungs- und datenschutzrechtlicher Sicht ohnehin schon äußerst problematischen Gesetzentwurf für eine unerträgliche Verschärfung stark machen", warnt Schaar. Der Zugriff auf die sechs Monate zu speichernden Telekommunikationsdaten müsse "für zivilrechtliche Zwecke tabu sein". Der Providerverband eco sieht derweil seine Befürchtungen bestätigt, dass die Vorratsdaten "immer neue Begehrlichkeiten wecken".

Der Rechtsausschuss des Bundesrates hat den Länderchefs empfohlen, im Rahmen der morgigen Plenarsitzung auf die Verankerung von Zugriffsrechten auf die Verbindungsdaten für die Rechteinhaber im Rahmen der weiteren Beratung des Regierungsentwurfs für das umstrittene Gesetz zur besseren Durchsetzung von Rechten geistigen Eigentums zu pochen. Andernfalls würde der besonders umkämpfte Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern, der mit dem Gesetz geschaffen werden soll, "leer laufen". Die Rechteinhaber würden andernfalls bei der Recherche nach den hinter IP-Adressen stehenden Namen und Bestandsdaten weiterhin gegen ihren Willen gezwungen, "stets ein Strafverfahren gegen potenzielle Verletzer einzuleiten".

Schaar erinnerte dagegen daran, dass der Zugang zu den Datenbergen gemäß den EU-Vorgaben auf Zwecke der Verfolgung von schweren Straftaten und damit für hoheitliche Zwecke beschränkt bleiben müsse. Er appellierte erneut an den Gesetzgeber, auf eine weitere Einschränkung des Fernmeldegeheimnisses – zumal erstmals auch zur Durchsetzung wirtschaftlicher Interessen – zu verzichten. Die sensiblen Verbindungsdaten dürften "nicht auf breiter Basis für die Verfolgung von Urheberrechtsverletzungen genutzt" werden. Die Musik- und Filmindustrie habe selbst dafür Sorge zu tragen, "dass durch technische Maßnahmen und neue Geschäftsmodelle unrechtmäßigen Nutzungen die Grundlage entzogen wird".

Oliver Süme, Vorstand Recht und Regulierung beim eco, stemmt sich ebenfalls gegen den ins Spiel gebrachten "Quantensprung in der Ausweitung des Zugriffs" auf die Vorratsdaten. Genutzt werden dürften diese bereits entgegen den ursprünglichen Planungen zusätzlich zur Gefahrenabwehr, durch Nachrichtendienste und zur Aufklärung auch minder schwerer Straftaten. Eine noch weitere Ausweitung der Zugriffsdaten durch Privatunternehmen wäre "verfassungsrechtlich höchst problematisch und würde einen explosionsartigen Anstieg von Auskunftsersuchen nach sich ziehen". Die Informationen, wer wann mit wem telefoniert, eine E-Mail geschickt hat oder im Internet war, würden schließlich weit reichende Schlüsse über persönliche Lebensumstände zulassen.

Der frühere Verfassungsrichter Dieter Grimm moniert derweil in der Zeit, dass der Staat im Kampf gegen den Terrorismus verstärkt die Freiheit der Sicherheit opfere. Vor allem Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) würden "ständig neue Sicherheitslücken auffallen, die er mit freiheitsbeschränkenden Gesetzen stopfen will". Dabei hätten schon jetzt vier von fünf Gesetzesänderungen zur Verschärfung von Anti-Terrorgesetzen und zur heimlichen Informationsgewinnung der verfassungsrechtlichen Prüfung nicht standgehalten. Zugleich warnte Grimm vor einem "Präventionsstaat", mit dem der Datenhunger der Sicherheitsbehörden erheblich wachse. Denn bei der damit verknüpften reinen Verdachtssuche sei nichts unverdächtig – "nicht das Buch aus der Bibliothek, nicht der Wecker auf dem Nachtisch, nicht der Ort, an dem man seine Freunde trifft".

Jeder muss laut dem Rechtsprofessor inzwischen befürchten, "dass seine Kommunikation überwacht wird". Niemand könne sicher sein, dass ihm daraus keine unangenehmen Folgen erwachsen. "Ist man einmal im Verdachtsraster hängen geblieben, sind Beschattung und Ausforschung der Nachbarn, Beförderungsverweigerungen im Flugzeug, der Verlust des Arbeitsplatzes wegen Sicherheitsbedenken nicht mehr völlig fern." Daher müssten dem staatlichen Informationshunger Grenzen gezogen werden: "In einem Land, das sich nach bitteren Erfahrungen in seinem obersten Verfassungsgrundsatz auf Achtung und Schutz der Menschenwürde festgelegt hat, geht es um die Sicherheit der Freiheit. In einem solchen Land darf dem Staat nicht jedes Mittel zur Bewahrung der Sicherheit recht sein."

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat segnet Vorratsdatenspeicherung ab
Beitrag von: SiLæncer am 30 November, 2007, 12:28
Der Bundesrat hat am heutigen Freitag trotz massiver Proteste das vom Bundestag bereits beschlossene  Gesetz (PDF-Datei) zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen gebilligt. Telekommunikationsanbieter müssen demnach künftig Telefon- und Internetverbindungsdaten ein halbes Jahr lang für Zwecke der Strafverfolgung sowie der Gefahrenabwehr vorhalten. Ein Antrag des Landes Berlin, aufgrund des unzureichenden Schutzes von Berufsgeheimnisträgern wie Journalisten, Ärzten oder Rechtsanwälten vor Ausschnüffelungen den Vermittlungsausschuss mit dem Parlament anzurufen, erhielt keine Mehrheit.

Der Rechtsausschuss konnte sich in der Plenarsitzung ebenfalls nicht mit seiner Forderung durchsetzen, dass auch etwa die Musik- und Filmindustrie Zugriff auf die Datenberge erhalten sollten. Neben Datenschützern und der Internetwirtschaft hatte sich zuvor Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) in der Frankfurter Rundschau "gegen solche Überlegungen gestellt. Das von ihr geführte Haus habe nicht vor, "im Zuge der Richtlinie zum Schutz des geistigen Eigentums irgendetwas an der Vorratsdatenspeicherung zu ändern".

Die Rechtspolitiker hatten den Länderchefs empfohlen, sich im Rahmen der weiteren Beratung des Regierungsentwurfs für das umstrittene Gesetz zur besseren Durchsetzung von Rechten geistigen Eigentums für einen Zugang von Rechteinhabern auf die Verbindungsdaten einzusetzen. Andernfalls würde der besonders umkämpfte Auskunftsanspruch gegenüber Internetprovidern, der mit dem Gesetz geschaffen werden soll, "leer laufen". Die Rechteinhaber würden andernfalls bei der Recherche nach den hinter IP-Adressen stehenden Namen und Bestandsdaten weiterhin gegen ihren Willen gezwungen, "stets ein Strafverfahren gegen potenzielle Verletzer einzuleiten".

Auch wenn eine entsprechende Forderung aus dem Bundesrat vorerst vom Tisch ist, dürfte sie im federführenden Rechtsausschuss des Bundestages dennoch wieder bei der Debatte über das "Durchsetzungsgesetz" im Raum stehen. Entsprechende Überlegungen waren sowohl bei der 1. Lesung des Vorhabens im Parlament sowie bei einer Expertenanhörung im Juni bereits laut geworden.

Im Vorfeld der Bundesratssitzung hatten Aktivisten vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und Strafverteidiger in schwarzen Roben gegen das Gesetz und den geplanten Entschließungsantrag vor dem Gebäude des Bundesrates protestiert. Sie wiesen mit Schildern darauf hin, dass letztlich jeder Mensch etwas zu verbergen habe. Der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern rief die Länderchefs auf, "der ab 2008 geplanten Totalprotokollierung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet nicht zuzustimmen und den Grundrechten treu zu bleiben".

Der Arbeitskreis verwies auf "zahllose Einschätzungen, wonach das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung" nicht mit der Verfassung vereinbar sei. Der drohende Paradigmenwechsel vom Rechtsstaat zum Präventionsstaat sei "strikt abzulehnen". Gemeinsam mit dem Arbeitskreis wollen bereits über 13.000 besorgte Bürger nach Karlsruhe ziehen. Noch bis Heiligabend haben alle Nutzer den Aktivisten zufolge noch die Möglichkeit, sich der Verfassungsbeschwerde anzuschließen.

Dass die Provider die Daten nach Auffassung einiger Länder und des Rechtsausschusses des Bundesrates nicht nur an Polizeien und Geheimdienste, sondern sogar direkt an die Musikindustrie oder andere Rechteinhaber herausgeben sollten, bezeichnete der Arbeitskreis als Unding. "Wir haben seit langem davor gewarnt, dass solche Datenhalden neue Begehrlichkeiten wecken. Dass nun bereits vor dem Inkrafttreten der Vorratsdatenspeicherung darüber diskutiert wird, ob man diese Überwachungsinfrastruktur ohne jede rechtliche Absicherung privaten Konzernen zur Verfügung stellt, ist von besonderer Dreistigkeit", kommentierte Ralf Bendrath von dem Bündnis.

Mit einer Änderung von Paragraph 113 Telekommunikationsgesetz erlaube der Entwurf bereits, Surfer ohne richterlichen Beschluss anhand der genutzten IP-Adresse sechs Monate lang rückwirkend zu identifizieren. Damit werde "die Privatsphäre aller Telekommunikationsnutzer abgeschafft", moniert Bettina Winsemann von der Initiative Stop1984. Sie erinnerte daran, dass der Innenexperte der SPD-Fraktion im Bundestag, Dieter Wiefelspütz, schon frühzeitig eingeräumt habe, dass es bei dem Vorhaben gar nicht um die zunächst vorgeschobene Bekämpfung des Terrorismus gehe.

Auch die Piratenpartei sieht die Entwicklung mit Argwohn. Für sie kommen die geforderten erweiterten Zugriffsmöglichkeiten durch die Privatwirtschaft wegen der mangelnden Überprüfbarkeit der Vorwürfe von Urheberrechtsverletzungen der "vollständigen Öffnung der Vorratsdaten gleich". In Kombination mit dem "florierenden deutschen Abmahnwesen werden damit private Unternehmen zu Polizist, Richter und Staatsanwalt in einer Person gekürt", wettert der Vorsitzende der Piraten, Jens Seipenbusch. Dies sei ein klarer Verstoß gegen rechtsstaatliche Prinzipien. Mit dem "neuen Geschäftsmodell", Massenklagen auf Schulhöfe und Fans anzusetzen, würden die Rechteverwerter bereits jetzt zur "aufstrebenden Überwachungsindustrie" gehören.

Die junge Partei empört zudem, dass Bürgerrechtler von einem ersten heutigen Treffen in Brüssel zwischen Vertretern der EU-Kommission, der nationalen Regierungen und der Industrie zu einer ersten Kontrolle der Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung ausgeschlossen sind. Dank "üppiger, leistungsabhängiger Entschädigungsregelungen" müssten die Telekommunikationsanbieter inzwischen auch zum "überwachungsindustriellen Konglomerat" gezählt werden. Sie könnten die Bespitzelung ihrer Kunden nun "in ein lukratives Geschäft" umwandeln. Die Piraten raten dagegen zum Gang nach Karlsruhe sowie auch "zum persönlichen Schutz vor der umfassenden Überwachungsmaßnahme". Dies könne durch Nutzung von ausländischen Anonymisierungsdiensten und "konspirativem Verhalten" wie Handy abschalten oder das Telefonieren über offene WLAN-Verbindungen geschehen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bürgerrechtler kritisieren Bundesjustizministerin
Beitrag von: SiLæncer am 01 Dezember, 2007, 14:40
Die Humanistische Union wirft Bundesjustizministerin Brigitte Zypries vor, in der Debatte um das heftig umstrittene Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten viele Punkte beschönigt und das Ausmaß der neuen Befugnisse falsch dargestellt zu haben. Die SPD-Politikerin, die im Vorfeld der Entscheidung Kritikern wenig Sachkunde und Panikmache vorgeworfen hatte, habe selbst im Rahmen der Endabstimmung im Bundestag über den Entwurf noch "eine ganze Reihe von Nebelkerzen" geworfen, moniert der Geschäftsführer der Bürgerrechtsorganisation, Sven Lüders. Damit habe die Ministerin "das Ausmaß der Überwachung des Kommunikationsverhaltens klein reden" wollen.

Falsch gewesen sei zum Beispiel die Behauptung Zypries', dass nur "für Abrechnungszwecke gebrauchte" Daten künftig sechs Monate verdachtsunabhängig vorgehalten werden müssten. Vielmehr seien bald etwa auch Verbindungsdaten bei Flatrates sowie bei E-Mail-Diensten oder im Mobilfunk Standortdaten sowie die Gerätenummern der Handys zu erfassen. Darüber hinaus würden selbst Anonymisierungsdienste gezwungen, die IP-Adressen ihrer Nutzer aufzubewahren. Nicht richtig sei auch die Ansage der Ministerin, dass es einen Zugriff auf die Vorratsdaten nur bei einem "Verdacht auf einer erhebliche Straftat" mit einem richterlichen Beschluss gebe. Vielmehr dürften Strafverfolger auch bei Delikten wie einer Beleidigung am Telefon oder Urheberrechtsverletzungen Zugang zu den Datenbergen verlangen. Bei Gefahr im Verzug könne dies auch die Staatsanwaltschaft erlauben.

Für Geheimdienste würden offiziell zwar zunächst weiter nur Auskunftspflichten und Zugriffsrechte auf die für Abrechnungszwecke gespeicherten Verbindungsdaten bestehen. Kein Provider würde diese aber wohl gesondert vorhalten, sodass de facto auch den Nachrichtendiensten der Zugang zu den Vorratsdaten weit offen stehe. Auch über das manuelle Auskunftsverfahren könnten diese allgemein an die Datenberge heran.

Weiter sieht Lüders zahlreiche Änderungen in den Regeln der Strafprozessordnung im Widerspruch zu den von Zypries genannten alleinigen "Verbesserungen" der Rechte der Bürger "im Hinblick auf Datenüberwachung oder Abhörmöglichkeiten". So setze die neue Vorschrift etwa zur Standortdatenabfrage in Echtzeit keinen konkreten Kommunikationsvorgang voraus. Somit könne der Aufenthaltsort eines Mobiltelefons im eingeschalteten Zustand auch ohne Gesprächsführung oder den Versand einer "stillen SMS" ermittelt werden. Gleiches gelte für Computer, die sich über eine Netzwerkschnittstelle mit ihrer Umgebung verbinden. Ferner dürften die Fahnder nun in der Praxis auch selbsttätig mit entsprechender Technik Verbindungs- und Standortdaten erheben und sofort auswerten. Der Umweg über teils widerspenstige Provider sei nicht mehr nötig.

In Reihen der SPD wächst derweil der Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung. So hat der Thüringer Landesverband einen Antrag verabschiedet, wonach die pauschale Aufzeichnung der Nutzerspuren als "vollkommen unverhältnismäßig" und der "Schutz des Einzelnen gegen unbegrenzte Erhebung, Speicherung, Verwendung und Weitergabe von Daten“ als Grundrecht verteidigt wird. Der Beschluss geht nun an die Bundestagsfraktion und den Bundesvorstand. Der SPD-Ortsverein Lobeda unterstützt zudem die Verfassungsbeschwerde gegen die Massendatenhaltung durch den Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundespräsident soll Vorratsdatenspeicherung aufhalten
Beitrag von: SiLæncer am 05 Dezember, 2007, 11:01
Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung schreibt Horst Köhler

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hofft, dass Bundespräsident Horst Köhler die Einführung der Vorratsdatenspeicherung noch verhindert und hat den Bundespräsidenten in einem Brief gebeten, seine Unterschrift unter das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung zu verweigern. Die AK Vorratsdatenspeicherung hält die vorgesehene Vorratsdatenspeicherung für "offensichtlich verfassungswidrig". Das Gesetz soll zum 1. Januar in Kraft treten, muss jedoch noch vom Bundespräsidenten unterzeichnet werden.
Nach Ansicht des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hätten CDU, CSU und SPD vor dem Hintergrund mehrerer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts einen "vorsätzlichen Verfassungsbruch" begangen. Die Bürgerrechtler führen im Schreiben an Köhler unter anderem ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts aus dem Jahr 2003 an, in dem es heißt: "Insofern genügt es verfassungsrechtlichen Anforderungen nicht, dass die Erfassung der Verbindungsdaten allgemein der Strafverfolgung dient. Vorausgesetzt sind vielmehr eine Straftat von erheblicher Bedeutung, ein konkreter Tatverdacht und eine hinreichend sichere Tatsachenbasis".

Nach Einschätzung der Bürgerrechtler "höhlt eine Vorratsdatenspeicherung Anwalts-, Arzt-, Seelsorge-, Beratungs- und andere Berufsgeheimnisse aus und begünstigt Wirtschaftsspionage". Sie untergrabe zudem den Schutz journalistischer Quellen und beschädigt damit die Pressefreiheit im Kern. Auch würde "die freie Kommunikation in Deutschland gravierend beeinträchtigt, was unserer freiheitlichen Gesellschaft insgesamt erheblichen Schaden zufügt", heißt es in dem Brief.

Der Arbeitskreis schreibt dem Bundespräsidenten weiter, die EG-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung decke nur einen kleinen Teil der beschlossenen Regelungen und müsse wegen schwerer Mängel ohnehin nicht umgesetzt werden. Irland klagt bereits seit 2006 auf Aufhebung der Vorgaben aus Brüssel.

Das Schreiben an den Bundespräsidenten vom 4. Dezember 2007 hat der AK Vorratsdatenspeicherung unter http://wiki.vorratsdatenspeicherung.de/images/Bundespraesident_VDS_2007-12-01.pdf veröffentlicht.

Quelle : www.golem.de
Titel: Speicherung von Telekommunikationsdaten auf Vorrat sorgt weiter für Unmut
Beitrag von: SiLæncer am 05 Dezember, 2007, 13:15
Die von Bundestag und Bundesrat beschlossene verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten kommt nicht aus den negativen Schlagzeilen heraus. So ist von großen Telekommunikationsanbietern momentan zu hören, dass sie den Auflagen zur sechsmonatigen Massendatenlagerung nicht komplett termingerecht Folge leisten können. "Wir werden die Vorratsdatenspeicherung frühestens Ende 2008 vollständig umsetzen", erklärte ein Sprecher der Deutschen Telekom gegenüber dem Berliner Tagesspiegel. Derzeit sei etwa noch unklar, auf welchem Wege die Informationen den Ermittlungsbehörden und Geheimdiensten zur Verfügung gestellt werden. In Kraft treten sollen die Bestimmungen für die Anbieter von (Mobil-) Telefonie allerdings bereits am 1. Januar. Allein für den Internetbereich gilt eine Übergangsfrist bis Anfang 2009.

Das federführende Bundesjustizministerium, aus dem der ursprüngliche Gesetzesentwurf stammt, kennt öffentlich kein Nachsehen angesichts der Schwierigkeiten, den Bestimmungen zum Vorhalten und zur Gewährung von Auskunftsbegehren durch die Ermittler nachzukommen. "Das ist das Problem der Telekommunikationsgesellschaften", heißt es im Ressort von Ministerin Brigitte Zypries (SPD). Die Blicke der Gegner der Ausdehnung der Telekommunikationsüberwachung richten sich derweil gespannt auf den Bundespräsidenten, der das Gesetz vor der offiziellen Verkündung und dem Inkrafttreten noch prüfen und unterschreiben muss.

Nach der Bundesrechtsanwaltskammer hat jetzt auch der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Horst Köhler in einem offenen Brief (PDF-Datei) gebeten, das Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung nicht zu unterzeichnen. Der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern hält die damit vorgesehene Vorratsdatenspeicherung für "offensichtlich verfassungswidrig". Vor dem Hintergrund mehrerer Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts hätten Union und SPD einen "vorsätzlichen Verfassungsbruch" begangen, wendet sich die Vereinigung an den Bundespräsidenten. Nach Ansicht der Karlsruher Richter müsse die Erfassung von Verbindungsdaten eine Straftat von erheblicher Bedeutung, einen konkreten Tatverdacht und eine hinreichend sichere Tatsachenbasis voraussetzen. Dies sei bei der pauschalen Massendatenspeicherung nicht der Fall.

Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung sehen die Bürgerrechtler nicht als zwingende Maßgabe für das deutsche Recht an. Die entsprechende Direktive decke zum einen nur einen kleinen Teil der hierzulande beschlossenen Regelungen ab. Sie müsse zudem wegen schwerer Mängel und dem Streit über die gewählte Rechtsgrundlage ohnehin nicht umgesetzt werden. Irland klage bereits seit 2006 auf Aufhebung der Vorgaben aus Brüssel.

Kritiker bemängeln seit langem, dass eine Vorratsdatenspeicherung Berufsgeheimnisse etwa von Anwälten, Ärzten, Beratungseinrichtungen aushöhle und den Schutz journalistischer Quellen untergrabe. Damit sei auch die Pressefreiheit im Kern bedroht. Insgesamt würde dem Arbeitskreis zufolge "die freie Kommunikation in Deutschland gravierend beeinträchtigt". Dies könnte "unserer freiheitlichen Gesellschaft insgesamt erheblichen Schaden" zufügen.

"Experten können aus diesen Daten viel mehr Informationen über den Nutzer herausfiltern, als es auf den ersten Blick erscheint", warnt zudem der britische Spezialist für Computersicherheit, George Danezis. Analysten seien anhand der Daten in der Lage, ein präzises Bild davon zeichnen, welchen Aktivitäten eine Person zu einem bestimmten Zeitpunkt nachgegangen sei. Derlei hochsensible Angaben könnten von Dritten etwa für die Wirtschaftsspionage missbraucht werden. Daher sei es prekär, dass Konzerne wie die Telekom die Verbindungs- und Standortdaten bislang nur in einem separaten, passwortgeschützten Register ablegen, diese aber nicht komplett verschlüsseln würden.

Die Piratenpartei in Hessen, die in dem Bundesland erstmals im Januar zu einer Wahl in Deutschland antreten wird, erhofft sich derweil Zulauf durch Überwachungsgesetze wie das zur Vorratsdatenspeicherung. "Die Gesetzgebungsverfahren der letzten Monate haben immer wieder gezeigt: Stellungnahmen, Empfehlungen und Gutachten von Experten aller Bereiche werden konsequent ignoriert", meinen die Piraten, die nun Kurs auf den Landtag in Wiesbaden genommen haben. "Verfassungsrechtlich bedenklich sind die Umsetzung des Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung, die Neufassung des hessischen Polizeigesetzes sowie die einheitliche Steuernummer, weitere bedenkliche Gesetzesentwürfe sind in Vorbereitung." Die Piratenpartei stehe dagegen für eine Politik, "die sich ohne Einschränkung an die Verfassung hält und die Privatsphäre der Bürger respektiert und zu stärken sucht". Generell müssten die Weichen für die Wissens- und Informationsgesellschaft neu gestellt werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Gericht pocht auf umfassende Entschädigung für TK-Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 06 Dezember, 2007, 15:48
Neuer juristischer Sprengstoff für die im Raum stehende Vorratsspeicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten: Das Verwaltungsgericht Berlin hat in einem jetzt bekannt gewordenen rechtskräftigen Beschluss angemahnt, dass im Fall des umstrittenen Abhörens von Auslandsverbindungen eine staatliche Entschädigung auch bereits für Investitionen in die erforderliche Aufrüstung der Überwachungsinfrastrukturen fällig ist. Andernfalls würden Geschäftskundenanbieter gemäß den bestehenden Regelungen über Ausgleichszahlungen leer ausgehen. Die Entscheidung ist nach Ansicht des Verbands des Klägerunternehmens, der Initiative Europäischer Netzanbieter (IEN), auch auf die Verpflichtung zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung übertragbar. Selbst die von der großen Koalition vorgeschlagenen erweiterten Entschädigungsregelungen sehen dort zum Bedauern der Industrie keine Vergütungen für nötige Investitionskosten vor.

Der Kampf des IEN-Mitglieds für eine angemessene Entschädigung der unfreiwilligen Hilfssheriffs und gegen die so genannte "Auslandskopf-Überwachung" zieht sich bereits eine Weile hin. Der Konzern hatte vor über einem Jahr mit Unterstützung der IEN, der Konzerne wie BT, Cable & Wireless, Colt Telecom, Tiscali oder Versatel angehören, das Bundesverfassungsgericht angerufen. Karlsruhe sollte direkt klären, ob und in welchem Umfang die Unternehmen für ihre Zuarbeiten bei der Bespitzelung ihrer Kunden angemessen zu entschädigen sind. Die Hüter der Verfassung verwiesen die Firma, die nicht genannt werden will, aber zunächst an die niederen Instanzen.

Das Berliner Verwaltungsgericht hat nun in einem Verfahren des so genannten vorbeugenden Rechtsschutzes festgestellt, dass der Auslandskopf-Überwachung erhebliche verfassungsrechtliche Bedenken entgegenstehen. Der entsprechende Antrag des IEN-Mitglieds zur Aussetzung der Verpflichtungen richtige sich gegen eine Bestimmung zur Verschärfung der an sich bereits lange umkämpften Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV). Demnach sollen Anbieter von Auslandsverbindungen auch Telefonate und E-Mails abhörbar machen, die über die deutschen Grenzen hinaus vermittelt werden.

Seit Januar müssen dazu laut TKÜV die Betreiber von Auslandsköpfen den bereits abhörbaren Sprachverkehr noch einmal an der "Grenzübertrittsstelle" der Netzknoten ins Ausland an die Sicherheitsbehörden übermitteln. Abzuhören ist dabei die Kommunikation von Nutzern, von denen lediglich ein bestimmter ausländischer Anschluss bekannt ist. Die betroffenen Firmen wären dem IEN zufolge durch die Auflage zu weiteren Millioneninvestitionen gezwungen worden. Dabei sei auch der Bundesregierung klar gewesen, dass die verpflichteten Telcos "in keiner Beziehung zu möglichen Tätern stehen und für die anfallenden Daten bei den Behörden kein Bedarf nachgewiesen wurde".

Die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts untersagte es der zuständigen Bundesnetzagentur als Vertreterin des Bundeswirtschaftsministeriums nun Anfang November, vor dem rechtskräftigen Abschluss im anhängigen Hauptsacheverfahren Ordnungsmaßnahmen gegen die Antragstellerin einzuleiten. Die klagende Firma ist damit zunächst nicht gezwungen, Einrichtungen zur Umsetzung der Auslandskopf-Überwachung vorzuhalten.

"Eine Inanspruchnahme Privater für staatliche Aufgaben wurde schon in vorkonstitutioneller Zeit als jedenfalls entschädigungspflichtige Aufoperung verstanden", hat die Kammer in dem heise online vorliegenden Beschluss festgehalten. Selbst dann, wenn dem Verpflichteten eine staatlich abzuwendende Störung zurechenbar sei, stehe die Belastung des Verpflichteten mit den entstehenden Kosten auch unter der "Prämisse der Zumutbarkeit". Das Verwaltungsgericht hält es zudem für nötig, den Fall jetzt dem Bundesverfassungsgericht vorzulegen. Bis zu weiteren gerichtlichen Klärungen habe die Antragstellerin die Überwachungstechnik nicht auf eigene Kosten einzurichten und bereitzuhalten, da diese aufgrund nicht ersichtlicher Schadensersatzansprüche auch bei einem Sieg im Hauptsacheverfahren nicht erstattet würden. Demgegenüber würden die Nachteile für die Ermittler bei einer Aussetzung der Auslandskopf-Überwachung durch das Unternehmen "eher gering" erscheinen. "Lückenlos" sei diese eh nicht geplant gewesen.

Dass die Regierung der Bundesnetzagentur einen Ermessensspielraum bei der Verhängung von Bußgeldern eingeräumt hat, reicht nach Ansicht des Verwaltungsgerichtes für die Rechtmäßigkeit der erweiterten Überwachungsbestimmung nicht aus. Wie bei der Vorratsdatenspeicherung sind die betroffenen Firmen laut dem IEN nämlich dazu verdonnert worden, die gesetzlich vorgeschrieben Investitionen direkt zu tätigen und die Überwachungspflicht umgehend umzusetzen. Dies gelte selbst dann, wenn wie vorliegend nicht nachgewiesen sei, dass in der Praxis überhaupt ein Bedürfnis der Behörden für die Investitionen bei Geschäftskundenanbietern besteht.

"Damit wird das gesamte Konstrukt der Vorratsdatenspeicherung und der geplanten Entschädigungsverordnung erschüttert", erläuterte IEN-Geschäftsführer Jan Mönikes die möglichen Auswirkungen des Beschlusses gegenüber heise online. Falls weiterhin keine Ausgleichszahlungen auch für Investitionen in Hard- und Software für Maßnahmen zur TK-Überwachung vorgesehen würden, dürfte die gesamte Regelung kippen. Ausnahmemöglichkeiten seien schließlich auch beim Gesetz zur Massendatenlagerung nicht vorgesehen.

Mönikes kündigte an, zumindest auf eine Härtereglung zur Entschädigung von Investitionskosten pochen zu wollen. Andernfalls würde die IEN mit ihren Mitgliedern auch die Regeln zur Vorratsdatenspeicherung von den Gerichten auf ihre Verfassungsmäßigkeit hin überprüfen lassen. Zahlreiche weitere Beschwerdeführer aus der Zivilgesellschaft stehen hier bereits in den Startlöchern. Ähnlich wie die Bundesrechtsanwaltskammer und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung rät der IEN zudem Bundespräsident Horst Köhler (CDU), das Gesetz nur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung vorerst nicht zu unterschreiben. Die Verfassungswidrigkeit des Vorhabens sei offensichtlich.

Quelle : www.heise.de
Titel: Journalistenappell gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 17 Dezember, 2007, 17:08
Nach der Bundesrechtsanwaltskammer und dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat nun auch der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) an Bundespräsident Horst Köhler (CDU) appelliert, das heftig umstrittene Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung nicht zu unterzeichnen. Der von Bundestag und Bundesrat kürzlich verabschiedete Vorstoß höhlt aus Sicht der Interessensvertretung den Informantenschutz aus und schränkt damit die Pressefreiheit in Deutschland ein. Außerdem würden Journalisten durch das Gesetz zu "Berufsgeheimnisträgern zweiter Klasse" degradiert. Darüber hinaus dürfte die geplante Vorratsspeicherung aller Telefon- und Handyverbindungen sowie Internetzugriffe über sechs Monate hinweg die auf Vertrauen basierende Beziehung zwischen Journalist und Informant deutlich stören und Quellen versiegen lassen.

Das Gesetz sieht vor, dass Journalisten ein deutlich geringerer Schutz gegen Ermittlungsmaßnahmen gewährt wird als anderen Berufsgeheimnisträgern. Während Abgeordnete, Geistliche und Strafverteidiger von der Telekommunikationsüberwachung ausgenommen werden, soll bei Medienvertretern nur eine Verhältnismäßigkeitsprüfung im Einzelfall erfolgen. Diese Aufteilung sei unter grundrechtlichen Gesichtspunkten nicht nachvollziehbar, erklärt DJV- Bundesvorsitzender Michael Konken. Er knüpfte damit an die scharfe Kritik an, die der Verband im Vorfeld der Gesetzes bereits vergeblich zu Gehör zu bringen suchte. Durch die verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung werde ferner "ein seriöser, investigativer Journalismus, der auf eine vor äußeren Eingriffen geschützte Informationsbeschaffung angewiesen ist, im Kern getroffen". Generell wird erwartet, dass Köhler in dieser Woche über die Unterzeichnung des Gesetzes entscheidet. Die Regelungen sollen im Prinzip bereits Anfang Januar in Kraft treten.

Die vom nordrhein-westfälischen Forschungsministerium geförderte Landesinitiative secure-it.nrw rät Privatpersonen und Unternehmen derweil, die Spuren ihrer Webaktivitäten – soweit rechtlich zulässig – regelmäßig zu entfernen. "Beim Surfen geben Privatpersonen und Firmen, ohne es zu merken, Informationen über sich preis", warnt der Leiter der Initiative, Thomas Faber. Nutzer sollten daher Anonymisierungsdienste einsetzen. Diese würden es ermöglichen, mit Hilfe von Verschlüsselungsverfahren und zwischengeschalteten Servern Ziele und Inhalte des Datenverkehrs im Internet vor dem Provider zu verbergen. Anbieter derartiger Dienstleistungen in Deutschland unterliegen nach einer gesonderten Übergangsfrist für den Internetsektor bis Anfang 2009 allerdings auch der Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung und den daraus folgenden Protokollierungs- und Offenbarungspflichten. Viele deutsche Anonymisierungsserver sehen sich daher vor dem Aus stehen, sodass Nutzer auf vergleichbare ausländische Dienste bzw. Anonymisierungskaskaden mit ausländischen Servern angewiesen wären.

Quelle : www.heise.de
Titel: FDP-Abgeordneter zieht gegen Vorratsdatenspeicherung vor das Verfassungsgericht
Beitrag von: SiLæncer am 18 Dezember, 2007, 10:46
Der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete Jürgen Koppelin hat als erster Verfassungsbeschwerde gegen das heftig umstrittene Gesetz (PDF-Datei) zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen eingelegt. Der Liberale hält vor allem die damit verknüpften Bestimmungen zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten für angreifbar. "Eine solche Totalregistrierung aller Bürger ist verfassungswidrig", erklärte der FDP-Politiker. Die sechsmonatige Aufzeichnung der Verbindungs- und Standortdaten sei auch nicht mit der Terrorabwehr zu rechtfertigen. Die Sicherheitsbehörden von Januar 2008 an eine "gigantische Datenmenge" über die Bürger sammeln, was mit einem Rechtsstaat nicht vereinbar sei.

Tausende besorgte Nutzer und zahlreiche Oppositionspolitiker etwa auch von den Grünen und den Linken stehen neben anderen FDP-Abgeordneten wie den Ex-Bundesministerin Gerhart Baum und Sabine Leutheusser-Schnarrenberger ebenfalls in den Startlöchern für den Gang nach Karlsruhe. Sie warten bislang ab, da Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz noch auf seine Verfassungstauglichkeit prüft und dabei nach Angaben seines Amtes sowohl die Sorgen der Bürger um die innere Sicherheit als auch um die Freiheitsrechte im Auge hat. Anwälte, Journalisten und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung haben an den CDU-Politiker appelliert, das Gesetz wegen offensichtlicher verfassungsrechtlicher Mängel nicht zu unterzeichnen.

Geht es nach der Bundesregierung, soll das umfangreiche Vorhaben aber noch Ende Dezember nach der Unterschrift Köhlers im Bundesgesetzblatt verkündet und dann am 1. Januar in Kraft treten. Der FDP-Haushaltspolitiker Koppelin geht anscheinend nicht von einem Veto des Bundespräsidenten aus, nachdem die große Koalition in Bundestag und Bundesrat den Entwurf trotz heftiger Proteste  von allen Seiten vor kurzem beschlossen hat.

Telcos müssen im Rahmen der Massendatenlagerung ab Anfang 2008 Rufnummern, Uhrzeit und Datum der Verbindung, bei Handys auch den Standort zu Beginn des Gesprächs sowie die Gerätenummern erfassen und sechs Monate aufbewahren. Für Internetanbieter gilt eine Übergangsfrist bis Anfang 2009. Danach sind von ihnen die zugewiesene IP-Adresse, Beginn und Ende der Internetnutzung und die Anschlusskennung zu speichern. Von Anbietern von E-Mail-Diensten verlangt der Staat vor allem die Kennungen der elektronischen Postfächer, also die E-Mail-Adressen, und die IP-Adressen von Absender sowie Empfänger nebst Zeitangaben. Wer Internet-Telefonie (VoIP) zur Verfügung stellt, muss die Rufnummern, Zeitpunkte der Kommunikation und ebenfalls die IP-Adressen vorhalten. Deutsche Anbieter von Anonymisierungsdiensten sind ausdrücklich nicht von den Auflagen ausgenommen. Betreiber von Tor-Servern rechnen damit, dass 90 Prozent ihrer privat unterhaltenen Anlagen in Deutschland nicht mehr aufrechtzuerhalten sind.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/100737
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: higuenti am 18 Dezember, 2007, 13:51
Und wie handhabt man das dann mit ausländischen E-Mail Anbietern,
sowie VOIP Gespräche, die nicht über Telcos, sondern direkt gehen ?
VOIP Software mit Verschlüsselung ?

Rufname@IP
HeinrichderVierte@222.333.444.55
HeinrichderVierte@dyndns.org
Titel: Studie zur Abfrage von Verbindungsdaten bleibt unter Verschluss
Beitrag von: SiLæncer am 19 Dezember, 2007, 19:35
Das Bundesjustizministerium hat einen Antrag nach dem Informationsfreiheitsgesetz auf Einsicht in ein Gutachten zur Auskunftserteilung über Verbindungsdaten zurückgewiesen. Die laut Medienberichten seit Juli vorliegende 472-seitige Studie über die "Rechtswirklichkeit" der staatlichen Abfrage von Informationen, wer wann mit wem per Telefon oder Internet in Kontakt stand, befinde sich nach wie vor im Stadium eines Entwurfs, begründet das Ressort von Ministerin Brigitte Zypries (SPD) die Ablehnung der Akteneinsicht. Noch immer prüfe das Bundesamt für Justiz gemeinsam mit dem Ministerium die Abnahme des Erfahrungsberichts des Freiburger Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht. Die jetzige Fassung solle nicht Bestandteil des entsprechenden Verwaltungsvorgangs werden.

Der Bundestag hatte die Bundesregierung bereits vor drei Jahren im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zur Verlängerung der Geltungsdauer der Paragraphen 100g und 100h Strafprozessordnung (StPO) aufgefordert, die Anwendung der damit verknüpften Befugnis zur Verbindungsdatenabfrage zu evaluieren. Erst 2006 erteilte das Justizministerium dem Max-Planck-Institut den entsprechenden Auftrag. Die Veröffentlichung der Studie, deren Ergebnisse dem Ministerium offenbar nicht ganz gelegen kommen, verzögert sich derweil weiter auf unbestimmte Zeit. Ein Termin für die Publikation der freigegebenen Endfassung sei derzeit noch nicht ersichtlich, heißt es in der Behörde.

Das Gutachten beziehungsweise dessen Geheimhaltung hatte vor allem vor der Verabschiedung der Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung Anfang November eine wichtige Rolle gespielt. Die Grünen hatten damals kurzfristig noch einen Antrag zur Absetzung der abschließenden Parlamentsberatung des Gesetzesentwurfs gestellt, der auch die besonders umkämpften Regeln zur sechsmonatigen Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten umfasst. Zur Begründung gaben sie an, dass die Evaluation der bestehenden Abfragemöglichkeiten der begehrten Informationen trotz einer ausgelaufenen Frist noch immer nicht vorgelegt worden sei.

Aus der bislang nur an Abgeordnete versandten Zusammenfassung der Studie geht laut Gegnern der Vorratsdatenspeicherung hervor, dass die verdachtsunabhängige halbjährige Aufzeichnung der Nutzerspuren im Wesentlichen überflüssig ist. Es sei nachzulesen, dass gemäß der Aktenanalyse unter den heutigen rechtlichen Bedingungen nur etwa zwei Prozent der Abfragen wegen bislang gesetzlich vorgeschriebener Löschungen von Verbindungsdaten "ins Leere gehen". Der Direktor des Freiburger Forschungsinstituts beklagte jüngst den Vorstoß zur Vorratsdatenspeicherung: "Das Gesetz erfasst die ganze Bevölkerung auf eine präventive Art und Weise und stört damit die Privatsphäre ohne einen Tatverdacht."

Kritiker der von Bundestag und Bundesrat inzwischen beschlossenen Massendatenlagerung rüsten sich derweil weiter für den Gang nach Karlsruhe. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Jürgen Koppelin, war Anfang der Woche mit dem Hinweis vorgeprescht, bereits Beschwerde vor dem Bundesverfassungsgericht eingelegt zu haben. Diese Angabe präzisierte der schleswig-holsteinische Abgeordnete gegenüber heise online noch einmal. Demnach sei alles "vorbereitet", um sofort nach der umkämpften Unterzeichnung des Gesetzes durch den Bundespräsidenten und der Ausfertigung der Verkündungsschrift nach Karlsruhe zu ziehen. Vorher würde das Gericht die Beschwerde nicht annehmen.

"Ich gehe davon aus, dass der Bundespräsident in den nächsten Tagen das Gesetz unterschreiben wird", erläuterte Koppelin die Pläne. Die Liberalen wollen sich vor dem Verfassungsgericht dann von ihrem Parteimitglied Burkhard Hirsch vertreten lassen, der die Klageschrift federführend verfasst hat. Auch die Berliner Kanzlei Starostik steht in den Startlöchern, um eine Art Musterklage im Namen mehrer tausend besorgter Bürger in Karlsruhe zu lancieren. Dieser "Massenbeschwerde" haben sich vorab auch diverse Oppositionspolitiker der Grünen und Linken angeschlossen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Studie zur Abfrage von Verbindungsdaten bleibt unter Verschluss
Beitrag von: Jürgen am 20 Dezember, 2007, 01:50
Zitat
Die laut Medienberichten seit Juli vorliegende 472-seitige Studie über die "Rechtswirklichkeit" der staatlichen Abfrage von Informationen, ..., befinde sich nach wie vor im Stadium eines Entwurfs, begründet das Ressort von Ministerin Brigitte Zypries (SPD) die Ablehnung der Akteneinsicht.
Was soll uns das sagen, Friseure immer noch am Werk ? ? ?
So lange schnippeln, formen und färben, bis das Ergebnis gefällt?
Würde wohl niemanden mehr ernstlich wundern, in einer Demokratur, die ihre Regeln in letzter Zeit vom "Erzdemokraten" Putin zu kopieren scheint... 
Titel: 25.000 Bürger klagen gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 21 Dezember, 2007, 14:06
Rund 70.000 Nutzer haben sich bereits für die geplante "Massenbeschwerde" gegen die heftig umstrittene Novelle der Telekommunikationsüberwachung und die damit verknüpfte verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten beim Bundesverfassungsgericht registrieren lassen (PDF-Datei). Mit 25.000 Bürgern hat ein gutes Drittel davon dem federführenden Berliner Anwalt Meinhard Starostik eine Prozessvollmacht für den Gang nach Karlsruhe unterschrieben. Dies berichtet die Süddeutsche Zeitung, die von einem "Sturm der Entrüstung" gegen das "Schnüffel-Gesetz" spricht. Die Zahl der Beschwerdeführer hat sich damit seit der Verabschiedung der Vorratsdatenspeicherung durch den Bundestag Anfang November noch einmal in etwa verdoppelt.

Noch prüft Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz auf seine Verfassungstauglichkeit. Anwälte, Journalisten und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung haben an den CDU-Politiker appelliert, das Gesetz wegen offensichtlicher verfassungsrechtlicher Mängel nicht zu unterzeichnen. Bis zu einer Entscheidung durch das Staatsoberhaupt kann die Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht noch nicht eingereicht werden. Besorgten Bürger seht es somit weiter offen, sich in die lange Phalanx der Kläger online einzureihen.

Sollte Köhler in den nächsten Tagen das Gesetz unterschreiben und dieses offiziell verkündet werden, steht neben Starostik auch der frühere Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch Gewehr bei Fuß. Er will im Namen mehrerer Politiker der FDP-Bundestagsfraktion einschließlich deren parlamentarischem Geschäftsführer Jürgen Koppelin sowie der früheren Bundesminister Sabine-Leutheusser-Schnarrenberger und Gerhart Baum nicht nur eine eigene Beschwerdeschrift einreichen. Vielmehr plant der Rechtsanwalt auch, einen Eilantrag gegen das Gesetz zu stellen. Eigentlich sollen die neuen Vorschriften zur sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung bereits am 1. Januar in Kraft treten. Nur für die Anbieter von Internetdiensten ist eine Übergangsfrist bis Anfang 2009 vorgesehen.

Hirsch ist der festen Überzeugung, dass das Gesetz "grundlegende Verfassungsprinzipien in grober Weise missachtet". Er sei nicht bereit, "dem immer weiter gehenden Abbau unserer Grundrechte tatenlos zuzusehen". Der Altliberale vertrat mit Unterstützung anderer FDP-Politiker in Karlsruhe bereits andere richtungweisende Verfassungsbeschwerden wie etwa gegen den großen Lauschangriff. Über den Eilantrag zum Stopp des Gesetzes zur Massendatenlagerung dürfte beim Bundesverfassungsgericht wegen der Feiertage aber vermutlich erst Mitte Januar entschieden werden.

In Karlsruhe scheinen sich derweil schon vorab verschiedene Kammern schier darum zu reißen, wer für die Beschwerden zuständig sein soll. Eigentlich müsste die Vorratsdatenspeicherung ein Fall für den 1. Senat sein, der jüngst die heimliche Online-Durchsuchung mit großer Skepsis verhandelt hat. Der Verfassungsrichter Udo di Fabio, der sich vor kurzem sehr kritisch mit dem "Präventionsstaat" auseinandersetzte, sieht aufgrund der Umsetzung von EU-Vorgaben aber den 2. Senat am Zug. Ein Vermittlungsausschuss soll den internen Konflikt schlichten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Köhler unterzeichnet Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 26 Dezember, 2007, 17:44
Bundespräsident Horst Köhler hat das umstrittene Gesetz zur Telekommunikationsüberwachung und Vorratsdatenspeicherung unterzeichnet. Das bestätigte am Mittwoch ein Sprecher des Bundespräsidialamts auf Anfrage. Der Bundespräsident habe das Gesetz nach intensiver Prüfung ausgefertigt. "Es gab keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die ihn an der Ausfertigung gehindert hätten."

Damit kann das Gesetz, das der Bundesrat Ende November trotz anhaltender Proteste gebilligt hatte, zum 1. Januar 2008 in Kraft treten. Danach werden Telefon- und Internetverbindungsdaten künftig ein halbes Jahr lang gespeichert und neue Regeln für die Telefonüberwachung eingeführt. Auch Telefonate von Anwälten, Ärzten und Journalisten dürfen unter bestimmten Bedingungen abgehört werden. Gegen das Gesetz sind Verfassungsbeschwerden – darunter von dem FDP-Politiker Burkhard Hirsch – angekündigt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Datenschützer bedauern Köhlers Abnicken der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 27 Dezember, 2007, 11:29
Nun kann nur noch das Bundesverfassungsgericht die wohl größte Datensammlung in der Geschichte Europas verhindern. Bundespräsident Horst Köhler (CDU) enttäuschte die Hoffnungen der Gegner der Vorratspeicherung von Telefon- und Internetdaten und unterzeichnete quasi als Weihnachtsgeschenk an die Bundesregierung und die Verkäufer von Speicherplatten das heftig umstrittene Gesetz zur Novelle der Telekommunikationsüberwachung. Die neuen Regelungen zum Abhören der Telekommunikation und zur sechsmonatigen verdachtsunabhängigen Vorhaltung von Verbindungs- und Standortdaten können damit prinzipiell nach der Verkündung im Bundesgesetzblatt noch planmäßig zum 1. Januar in Kraft treten.

Anwälte, Journalisten und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hatten im Vorfeld an Köhler noch eindringlich appelliert, das Gesetz wegen offensichtlicher verfassungsrechtlicher Mängel nicht zu unterzeichnen. Einem Sprecher des Bundespräsidialamts zufolge sahen die Experten dort aber "keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken". Ende 2006 hatte Köhler dagegen sowohl die Privatisierung der Flugsicherung als auch das Verbraucherinformationsgesetz gestoppt. Das Luftsicherheitsgesetz hatte der Präsident im Januar 2005 zwar noch unterzeichnet ­ allerdings nur mit Bauchschmerzen. So meldete Köhler zugleich erhebliche Bedenken an und empfahl, den Text vom Bundesverfassungsgericht prüfen zu lassen. Nichts dergleichen war aus seinem Amt zur Vorratsdatenspeicherung zu hören.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte die Massendatenlagerung dagegen gerade erneut scharf. Er sieht unter anderem die Hürden für den Zugriff auf die begehrten Kontakt- und Standortinformationen deutlich niedriger als oft behauptet. So dürften die erfaßten Daten auch bei minderschweren Straftaten verwendet werden, wenn diese mit Hilfe der Telekommunikation begangen worden seien, sagte er in einem AP-Interview. Zudem dürften Geheimdienste auch ohne Richtervorbehalt darauf zugreifen, während die IP-Adressen sogar Ordnungsämtern und Steuerfahndern offen stünden. Die Vorratsdatenspeicherung erhöhe die gespeicherte Datenmenge über jeden einzelnen immens, warnte Schaar. "Das gilt besonders für die Internetnutzung. Beim Handy und beim normalen Telefon hatte der einzelne bisher die Möglichkeit, diese Daten löschen zu lassen oder die Nummern zu kürzen. Diese Möglichkeit entfällt nun, und die Speicherungsdauer verdoppelt sich."

Die fürs hessische Landesparlament kandidierende Piratenpartei Hessen bedauerte die Entscheidung des Bundespräsidenten "zutiefst". Das Gesetz verstoße gegen die grundlegende Idee einer freiheitlichen Gesellschaft und "unterwandert das Grundgesetz in einer nie da gewesenen Art und Weise", erläuterte ihr Vorsitzender, Thorsten Wirth. Er werde Köhler zur Erinnerung und Aufklärung ein Exemplar des Grundgesetzes zukommen lassen. "Was hier und heute geschieht, sehe ich als einen Eingriff an, der einen irreparablen Schaden an unserer Demokratie hinterlässt." Es würden Überwachungsstrukturen aufgebaut, welche "die Stasi wie Waisenknaben aussehen lassen". Mit technischen Methoden könnten die erfassten Daten dazu genutzt werden das Privatleben jeder Person in Deutschland bis ins Kleinste offen zu legen.

Die zahlreichen Gegner des Vorhabens, das die große Koalition im Bundestag trotz heftiger Proteste von vielen Seiten gegen die Stimmen der Opposition beschloss und das in Folge auch den Bundesrat rasch passierte, haben Verfassungsbeschwerden angekündigt. So will der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung mit Unterstützung des Berliner Rechtsanwalts Meinhard Starostik nach Karlsruhe ziehen. Besorgte Bürger hatten bislang die Möglichkeit, sich online der geplanten "Massenbeschwerde" anzuschließen. Über 25.000 Aktivisten und mehrere Oppositionspolitiker gaben dem Anwalt eine entsprechende Vollmacht für die Absendung der 150-seitigen Beschwerdeschrift (PDF-Datei). Damit will Starostik auch beantragen, die Vorratsdatenspeicherung wegen "offensichtlicher Verfassungswidrigkeit" durch einstweilige Anordnung sofort auszusetzen.

Parallel dazu hat die FDP unter Regie des früheren Bundestagsvizepräsidenten Burkhard Hirsch ebenfalls eine Beschwerdeschrift vorbereitet. Auch die Liberalen wollen einen Eilantrag gegen das Gesetz stellen. Wegen der Feiertage dürfte beim Bundesverfassungsgericht aber vermutlich erst Mitte Januar über einen vorläufigen Stopp der Überwachungsbestimmungen entschieden werden.

Bei der Vorratsdatenspeicherung müssen Telefonanbieter von Neujahr an sechs Monate lang speichern, wer mit wem wann telefoniert hat. Bei Mobilfunkgesprächen wird auch archiviert, von wo aus telefoniert wurde. Konkret gespeichert werden Rufnummer, Uhrzeit, Datum der Verbindung und ­ bei Handys ­ der Standort zu Beginn des Gesprächs. Für die Internetprovider gilt eine Übergangsfrist bis Januar 2009. Beim Internet werden Daten zum Zugang (IP-Adresse) sowie zur E-Mail-Kommunikation und Internet-Telefonie erfasst. Der Kommunikationsinhalt oder der Aufruf einzelner Internetseiten sollen nicht gespeichert werden. Die Anbieter von Anonymisierungsdiensten sind ausdrücklich von den Speicherpflichten nicht ausgenommen, sodass viele private Server vor dem Aus stehen. Zugriff auf die Datenberge haben Polizei und Staatsanwaltschaft. Dafür brauchen sie in der Regel einen Richterbeschluss. Aber auch Geheimdiensten stehen die Vorratsdaten prinzipiell offen.

Einen absoluten Schutz vor Abhören haben mit dem Gesetz nur Strafverteidiger, Seelsorger und Abgeordnete. Andere Gruppen wie Ärzte, Journalisten und die übrigen Anwälte erhalten einen relativen Schutz. Maßnahmen gegen diese Gruppen sind bereits nach Abwägen der Verhältnismäßigkeit zulässig.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Verfasungsbeschwerde wohl noch in dieser Woche
Beitrag von: SiLæncer am 27 Dezember, 2007, 15:49
Gegner des umstrittenen Gesetzes zur Telekommunikationsüberwachung und Vorratsdatenspeicherung werden voraussichtlich noch in dieser Woche Verfassungsbeschwerde einlegen.

Das sagte der Sprecher des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung, Ricardo Cristof Remmert-Fontes, am Donnerstag in Berlin. Er nannte es "absolut unverständlich", dass Bundespräsident Horst Köhler das Gesetz unterzeichnet hat. Der Arbeitskreis werde zusammen mit mehr als 25 000 Beschwerdeführern verfassungsrechtliche Bedenken geltend machen, sagte Remmert-Fontes. Die geplante Datensammlung müsse durch eine einstweilige Anordnung verhindert werden.

Die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, erklärte, die verdachts- und anlassunabhängige Speicherung der Telekommunikationsverbindungsdaten aller Bürger lege "die Axt an die Grundpfeiler unseres Rechtsstaates". Das Gericht in Karlsruhe müsse nun klären, ob "die millionenfache Überwachung aller Menschen in Deutschland" mit der Verfassung vereinbar sei. "Denn wem Sie per SMS, Anruf oder Mail zum neuen Jahr viel Glück wünschen, wird sechs Monate lang gespeichert. Damit sind Ihre Kontakte - ob im Freundeskreis oder geschäftlich - künftig nicht mehr Ihre Privatsache."

Piltz gehört zu einem Kreis um den FDP-Politiker und Juristen Burkhard Hirsch, der ebenfalls Verfassungsbeschwerde angekündigt hat. Hirsch hatte erklärt: "Wir sind nicht bereit, dem immer weitergehenden Abbau unserer Grundrechte tatenlos zuzusehen." Piltz sagte: "Wir werden dafür kämpfen, dass mit dem Silvesterfeuerwerk nicht die Grundrechte in Schall und Rauch aufgehen und mit dem Neujahrsmorgen 2008 endgültig vergangen sind."

Remmert-Fontes zufolge haben sich weit mehr als 70 000 Menschen als Befürworter der im Internet veröffentlichten Verfassungsbeschwerde registrieren lassen. Der Arbeitskreis ist nach eigenen Angaben ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern. Ein Sprecher des Bundespräsidialamts hatte am Mittwoch bestätigt, dass Köhler das Gesetz ausgefertigt hat. "Es gab keine durchgreifenden verfassungsrechtlichen Bedenken, die ihn an der Ausfertigung gehindert hätten", hieß es.

Damit kann das Gesetz zum 1. Januar 2008 in Kraft treten. Danach werden Telefon- und Internetverbindungsdaten künftig ein halbes Jahr lang gespeichert und neue Regeln für die Telefonüberwachung eingeführt. Auch Telefonate von Anwälten, Ärzten und Journalisten dürfen unter bestimmten Bedingungen abgehört werden.

Quelle : SAT+KABEL
Titel: Hamburger Trauermarsch beklagt Verlust der Privatsphäre
Beitrag von: SiLæncer am 28 Dezember, 2007, 13:19
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat besorgte Bürger aufgerufen, an Silvester im Rahmen einer Kundgebung Grundrechte wie das Fernmeldegeheimnis aufgrund der Politik der großen Koalition zu Grabe zu tragen. Mit dem Trauerzug wollen die Aktivisten am Montag den Verlust der Privatsphäre beklagen. Geplant ist, einen Sarg als Symbol für die Abschaffung von Bürgerrechten etwa mit dem Gesetz zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und der damit einhergehenden Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten durch das Zentrum der Hansestadt zu tragen. Die von CDU, CSU und SPD beschlossene Novelle greife tief in die Grundrechte ein, da mit ihr von 2008 an das Kommunikations- und Bewegungsverhalten aller Telefon-, Handy- und Internetnutzer in Deutschland verdachtsunabhängig registriert werden solle.

Der Treffpunkt für die Teilnehmer ist die Mönckebergstraße vor dem Kaufhaus "Saturn" um 13 Uhr. Von da aus wollen die Demonstranten zum Rathausplatz ziehen, wo der Sarg niedergelegt werden soll. Wie es sich für eine Beerdigung gehört, bittet der Zusammenschluss von Datenschützern, Bürgerrechtlern und Internetnutzern möglichst um das Tragen schwarzer Kleidung. Parallel zum Trauermarsch wollen die Piratenpartei Hamburg, Attac und der FoeBuD am Nachmittag Info-Tische auf der Reesendammbrücke aufbauen, um dort über die Vorratsdatenspeicherung und die zunehmende staatliche Überwachung aufzuklären.

Die Einreichung der Verfassungsbeschwerde unter Federführung des Arbeitskreises gegen die sechsmonatige Massendatenlagerung, für die dem Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik rund 25.000 Vollmachten von Nutzern vorliegen, verzögert sich derweil noch ein paar Tage. Hintergrund ist, dass Bundespräsident Horst Köhler (CDU) das entsprechende Überwachungsgesetz erst verhältnismäßig spät unterzeichnete und es somit noch nicht in der aktuellen Ausgabe des Bundesgesetzblattes verkündet werden konnte. Es soll nun aber voraussichtlich am 31. Dezember im Organ des Bundesanzeigers veröffentlicht werden und einen Tag später in Kraft treten. Vor der damit erfolgenden offiziellen Verkündung eines Gesetzes kann in Karlsruhe nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts nicht dagegen vorgegangen werden. Nach der Veröffentlichung der Novelle soll die Beschwerdeschrift aber sofort eingereicht werden, um die Vorratsdatenspeicherung möglichst rasch per Eilantrag zu stoppen.

Parallel zum Arbeitskreis wollen FDP-Politiker in Karlsruhe klären lassen, ob "die millionenfache Überwachung aller Menschen in Deutschland" mit der Verfassung vereinbar sei. "Denn wem Sie per SMS, Anruf oder Mail zum neuen Jahr viel Glück wünschen, wird sechs Monate lang gespeichert", erläuterte die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, den Vorstoß. "Damit sind Ihre Kontakte –­ ob im Freundeskreis oder geschäftlich –­ künftig nicht mehr Ihre Privatsache."

Selbst klagen wollen der frühere Bundestagsvizepräsident und Rechtsanwalt Burkhard Hirsch, die ehemalige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, der frühere Bundesinnenminister Gerhart Baum sowie der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Fraktion im Bundestag, Jürgen Koppelin. Die Liberalen wollen dafür kämpfen, "dass mit dem Silvesterfeuerwerk nicht die Grundrechte in Schall und Rauch aufgehen und mit dem Neujahrsmorgen 2008 endgültig vergangen sind". Die anlassunabhängige Speicherung der Verbindungs- und Standortdaten aller Bürger lege "die Axt an die Grundpfeiler unseres Rechtsstaates".

Quelle : www.heise.de
Titel: Zypries: Keine Vorratsdatenspeicherung für zivilrechtliche Zwecke
Beitrag von: SiLæncer am 29 Dezember, 2007, 13:56
Die gespeicherten Daten von Telefon- und Internetverbindungen sollen nach den Worten von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries auch künftig nur von Polizei und Staatsanwaltschaft genutzt werden dürfen. "Verbindungsdaten dienen der Strafverfolgung, insbesondere der Bekämpfung von Terrorismus und organisierter Kriminalität, aber nicht der Befriedigung zivilrechtlicher Ansprüche der Musikindustrie", sagte die SPD-Politikerin dem Nachrichtenmagazin Focus. "Wenn wir anfangen, das zu erweitern, verliert der Staat an Glaubwürdigkeit."

Mit dem neuen Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung müssen Telekommunikationsanbieter vom 1. Januar an sämtliche Verbindungsdaten von Telefonen und Internetzugängen für ein halbes Jahr speichern und den Strafverfolgern Zugriff darauf geben. Insbesondere die Musikindustrie, aber auch Politiker hatten verlangt, diese Daten auch für Schadenersatzansprüche gegen Raubkopierer nutzen zu können. Zypries wies diese Forderungen zurück: "Es gibt hier eine klare Zweckbindung", betonte sie in Focus.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Zypries: Keine Vorratsdatenspeicherung für zivilrechtliche Zwecke
Beitrag von: Jürgen am 30 Dezember, 2007, 20:20
Das würde mich auch sehr wundern.

Sonst könnte man nämlich endlich den zahllosen ungebetenen Call-Center-Betrügern das Handwerk legen, weil deren zumindest wettbewerbswidriges Verhalten systematisch erfassbar und dann auch verfolgbar wäre.

Aber bekanntermassen hat unser Staat für deren Besch*ss-Maschen, sogenannte Mehrwertdienste und überhaupt telefonische Verträge mit Endverbrauchern überhaupt erst die Grundlagen geschaffen, eine wirksame Gegenwehr dagegen gezielt unterbunden und gewiss absolut kein Interesse, sowas wirksam zu bekämpfen oder bekämpfen zu lassen...

Sch... Lobbyisten-Pack!

Das Volk wird schon sehr lange nicht mehr vertreten  >:(
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Hesse am 31 Dezember, 2007, 00:28
Aus anderer Perspektive betrachtet :

Welcher zivilrechtlich klagungswilige Mensch hätte denn finanziell gesehen überhaupt die Chance seine Ansprüche (gegenüber Abzockschweinen) geltend machen zu können ?

Da man das Geld nicht hätte könnte man somit überhaupt erst gar nicht klagen !

Somit ist es immerhin besser, die Rechte auf ein überhaupt (noch) lebenswertes Leben der downloadenden Jugend zu schützen, als das im Grunde (finanziell gesehen) nicht vorhandene Potential zivilrechtlicher Klagen zu stützen.

Mit letzterem wäre wieder nur der Grundsatz : Alles nutzt nur den Reichen ein wenig mehr erfüllt...
Titel: Gegner der Vorratsdatenspeicherung reichen Verfassungsbeschwerde ein
Beitrag von: SiLæncer am 31 Dezember, 2007, 12:36
Die Gegner der Massenspeicherung von Internet- und Telefonverbindungsdaten haben heute beim Bundesverfassungsgericht eine Beschwerde gegen das von Neujahr an rechtskräftige Gesetz eingereicht. Das teilt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in Karlsruhe mit. Außerdem beantragen die Kritiker, die Datensammlung wegen "offensichtlicher Verfassungswidrigkeit" durch eine einstweilige Anordnung sofort auszusetzen. Für die Beschwerde lägen Vollmachten von rund 30.000 Bürgern vor, hieß es. Sie wäre damit die größte in der Geschichte der Bundesrepublik.

Das Gesetz zur Überwachung der Telekommunikation und der Speicherung von Daten auf Vorrat war am vergangenen Mittwoch von Bundespräsident Horst Köhler unterzeichnet worden und soll zum 1. Januar in Kraft treten. Um gegen Terrorverdächtige besser ermitteln zu können, werden Telefon- und Internetverbindungsdaten aller Bürger künftig ein halbes Jahr lang gespeichert und neue Regeln für die Telefonüberwachung eingeführt. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hält die Maßnahme für "einen gravierenden Eingriff in die Grundwerteordnung des Rechtsstaates", jeder Bürger werde ohne Grund wie ein potenzieller Straftäter behandelt.

Insgesamt haben den Angaben zufolge rund 30.000 Gegner der Datenspeicherung einen Berliner Rechtsanwalt zur Einreichung der Verfassungsbeschwerde beauftragt. Da die Vollmachten aber noch nicht alle bearbeitet werden konnten, sei die 150-seitige Schrift zunächst im Namen von acht Erstbeschwerdeführern eingereicht worden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Demonstrationen zum Jahresende gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 02 Januar, 2008, 09:35
Nicht nur mit einer Massenklage vor dem Verfassungsgericht gegen die Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten protestierten Bürger zum Jahresende gegen neue Überwachungsgesetze. Auch Demonstrationen fanden in den letzten Tagen des vergangenen Jahres statt; am Samstagabend hatten bereits Teilnehmer des 24. Chaos Communucation Congress in Berlin gegen die Vorratsdatenspeicherung protestiert.

Mehrere hundert Demonstranten hatten am 31.12. in Hamburg mit einem symbolischen Trauerzug, zu dem der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung aufgerufen hatte, gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung protestiert. Nach Angaben der Polizei gegenüber dpa verlief die Kundgebung friedlich. "Wir trauern um die Privatsphäre", stand auf einem Transparent. Dazu trugen die Teilnehmer einen Sarg durch die Innenstadt. Die Polizei schätzte die Zahl der Teilnehmer auf rund 200, die Veranstalter auf etwa 500.

Nach einer Demonstration in Hannover am Silvesterabend gegen das neue Gesetz zur massenhaften Speicherung von Telefon- und Internetdaten hatte die Polizei elf Menschen wegen Landfriedensbruch festgenommen. Die Veranstaltung mit rund 180 Menschen sei zunächst friedlich verlaufen, teilte die Polizei laut dpa mit. Anschließend hätten Teilnehmer nach Polizeiangaben vom Dienstag vereinzelt Flaschen, Steine und Feuerwerkskörper geworfen. Unter anderem seien dabei Scheiben eines Geldinstituts und von geparkten Autos beschädigt worden.

Quelle : www.heise.de
Titel: "Ein Staat, in dem alle verdächtig sind, ist selbst verdächtig"
Beitrag von: SiLæncer am 02 Januar, 2008, 12:53
Die Proteste gegen die am gestrigen Dienstag in Kraft getretene Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetverbindungwsdaten dauern auch im neuen Jahr an. Nach Hamburg stehen nun Trauermärsche über die verdachtsunabhängige Aufzeichnung der Nutzerspuren und den damit verknüpften Verlust der Privatsphäre auch in Kassel, Frankfurt und München an. Dabei wird von Bürgerrechtlern jeweils der Sarg als Symbol für den Abbau von Grundrechten durch die Innenstädte getragen, der bereits in der Hansestadt zum Einsatz kam. Laut dem Veranstalter der Kundgebungen, dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, soll der Totenschrein bereits am heutigen Mittwoch in Kassel eintreffen, wo die Demonstration um 16 Uhr am Königsplatz starten soll. Treffpunkt für die Teilnehmer des darauf folgenden Trauerzugs in Frankfurt am Main am Donnerstag ist um 19 Uhr am Paulsplatz, von wo aus es durch die Zeil zur Konstablerwache geht. Neben dunkler Trauerkleidung empfiehlt der Arbeitskreis das Mitbringen von Fackeln oder Grablichtern.

Mit einer größeren Demonstration rund um den "Bundessarg" mit dem Motto "Was zählt ist Freiheit" rechnet der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern schließlich am Sonntag in München. Dort sollen sich besorgte Bürger um 12.30 vor der Konferenzhalle Theresienhöhe einfinden. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hält dort zuvor eine Rede zum Thema "Was zählt ist Sicherheit". Wegen des hohen Konfliktpotenzials hat der Veranstalter der Gegenkundgebung noch einmal darum gebeten, die Demonstration "kreativ, aber friedlich" durchzuführen und von Verstößen etwa gegen das Vermummungsverbot abzusehen. Alles andere liefere Innenpolitikern nur Vorwände für weitere Rufe nach "Law and Order".

Der Arbeitskreis hat am Montag bereits eine Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe gegen das heftig umstrittene Gesetz zur Novelle der Telekommunikationsüberwachung eingereicht, für die rund 30.000 Vollmachten aus der Bevölkerung vorliegen. Sie enthält auch einen Eilantrag, wonach die Ende vergangenen Jahres im Bundesgesetzblatt verkündeten Regelungen (PDF-Datei -  http://www.bgblportal.de/BGBL/bgbl1f/bgbl107s3198.pdf ) baldmöglichst bis zu einer eingehenden Prüfung durch das Bundesverfassungsgericht wieder außer Kraft gesetzt werden sollen. Separat wollen auch FDP-Abgeordnete, vertreten durch den Altliberalen Burkhard Hirsch, sowie die Humanistische Union nach Karlsruhe ziehen. Voraussichtlich noch heute sollen ihre Beschwerden beim Verfassungsgericht eintreffen. "Ein Staat, in dem alle verdächtig sind, ist selbst verdächtig", erklärte Hirsch vorab. Auf einen Eilantrag zum Aufhalten des Gesetzes will er laut Medienberichten aber verzichten.

Politiker aus allen großen Oppositionsparteien haben die Vorratsdatenspeicherung derweil erneut als verfassungswidrig gebrandmarkt. "Dieses Gesetz ist ein unzulässiger Eingriff in unsere Rechte. Es stellt alle Bürger des Landes unter Verdacht", sagte Bundestagsvizepräsident Hermann Otto Solms (FDP) der Hannoverschen Allgemeinen Zeitung. Er werde sich daher persönlich an der Verfassungsbeschwerde beteiligen. Der FDP-Rechtsexperte im Bundestag, Max Stadler, zeigte sich gegenüber der Financial Times Deutschland optimistisch, "dass das Bundesverfassungsgericht die Regelung aufheben wird". Bisher hätten nur Verdächtige mit der Kontrolle ihrer Daten rechnen müssen. "Jetzt werden erstmals Daten von gänzlich Unverdächtigen für polizeiliche Zwecke gespeichert."

Für die Grünen bemängelte deren parlamentarischer Geschäftsführer, Volker Beck, dass erstmals Unternehmen gezwungen würden, ohne den geringsten Verdacht auf Straftaten Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden sechs Monate lang aufbewahren müssten. Aus den großen Mengen sensibler Informationen könnten auch Hinweise auf persönliche Neigungen oder Krankheiten von Menschen abgeleitet werden. Hier drohe Missbrauch. Die Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth sowie Malte Spitz aus dem Bundesvorstand der Grünen bezeichneten die anlassunabhängige Vorratsdatenspeicherung als "nicht hinnehmbar". Der Raubbau am Rechtsstaat durch die große Koalition müsse verhindert, die Bürgerrechte unter den Bedingungen des digitalen Zeitalters gestärkt werden. Die beiden Politiker haben sich der Massenbeschwerde angeschlossen. Mit dabei beim Gang nach Karlsruhe ist auch die stellvertretende Vorsitzende der Linken, Petra Pau. Für sie stehen "verbriefte Buergerrechte und mit ihnen der demokratische Rechtsstaat auf dem Spiel". Stattdessen drohe ein präventiver Sicherheitsstaat.

Ernst Benda, früherer Präsident des Bundesverfassungsgerichts, bezeichnete die Vorratsdatenspeicherung ebenfalls als "besonders fragwürdig". Es gehe um die Frage der Verhältnismäßigkeit, sagte das CDU-Mitglied gegenüber tagesschau.de. "Einen Staat, der mit der Erklärung, er wolle Straftaten verhindern, seine Bürger ständig überwacht, kann man als Polizeistaat bezeichnen. Den Polizei- oder Überwachungsstaat wollen wir nicht. Aber wir wollen, dass der Staat seine Sicherheitsaufgaben angemessen erfüllt." Zwischen diesen beiden Polen sei ein Mittelweg zu suchen.

Geht es nach SPD-Fraktionschef Peter Struck, wird 2008 aber nicht nur das Jahr der Vorratsdatenspeicherung, sondern auch des so genannten Bundestrojaners. In einem Interview mit dem Stern ging der Ex-Verteidigungsminister nach SPD-Innenpolitiker Sebastian Edathy wieder ein Stück auf die Union zu: "Die Sicherheitsbehörden haben uns überzeugend dargelegt, dass viele Terror-Aktivitäten mit Hilfe des Internets koordiniert werden." Er sei daher für heimliche Online-Durchsuchungen, wenn dabei rechtsstaatliche Bedingungen wie die Wahrung des Richtervorbehalts eingehalten würden. Mit Blick auf die für dieses Jahr anstehende Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über Online-Razzien in Nordrhein-Westfalen sagte der SPD-Politiker: "Wenn Karlsruhe Online-Durchsuchungen nicht für verfassungswidrig hält, werden wir sie auch einführen – mit den Einschränkungen, die das Gericht fordert." Er sei sich auch "ganz sicher", dass ihm dabei die eigene Fraktion ohne Murren folgen werde.

Quelle : www.heise.de
Titel: Grüne und Netzwerk Recherche warnen vor Überwachungsstaat
Beitrag von: SiLæncer am 03 Januar, 2008, 17:46
Die Hamburger Grünen-Fraktion und die Journalistenvereinigung Netzwerk Recherche haben eindringlich vor den Folgen der Vorratsdatenspeicherung gewarnt. GAL-Rechtsexperte Till Steffen sprach laut dpa von einem "Angriff auf das Grundrecht auf vertrauliche Information". Auch ohne konkreten Anlass könnten Daten jetzt gespeichert werden. Das verstoße gegen das Menschenrecht auf Privatsphäre. Grenzen notwendiger Kontrolle, "werden massiv überschritten", meinte Albrecht Ude vom Netzwerk Recherche.

Besonders Journalisten und Anwälte seien von dem Gesetz betroffen. Wer wolle sich ihnen noch anvertrauen, "wenn er sich nicht sicher sein kann, dass das Gespräch geheimbleibt". Die Aufzeichnung von Informationen über die Kommunikation, Bewegung und Mediennutzung jedes Bürgers "stellen die bislang größte Gefahr für das Recht auf ein selbstbestimmtes und privates Leben dar", sagte Steffen.

Jeder hinterlasse Datenspuren – beim Telefonieren, Simsen, Mailen oder Surfen im Internet. Telefonanbieter, E-Mail- und Internet-Provider sind ab sofort dazu verpflichtet, alle Verbindungsdaten ihrer Kundschaft sechs Monate lang zu speichern. Es wird unter anderem festgehalten, wer wann mit wem telefoniert hat, sowie der Standort des Anrufers bei Handy-Nutzern oder die IP-Adresse beim Internet-Zugang. Das komme einer totalen Überwachung des ganz normalen Bürgers gleich, kritisierten Ude und Steffen laut dpa.

Die umstrittene Vorratsdatenspeicherung und neue Regeln für die Überwachung der Telekommunikation waren zum 1. Januar in Kraft getreten, nachdem Bundespräsident Horst Köhler das umstrittene Gesetz kurz vor dem Jahreswechsel unterzeichnete. Beim Bundesverfassungsgericht liegen bereits Beschwerden gegen das Gesetz vor: Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung reichte eine Verfassungsbeschwerde ein, für die rund 30.000 Vollmachten aus der Bevölkerung vorliegen, und auch FDP-Abgeordnete, vertreten durch den Altliberalen Burkhard Hirsch, zogen gegen das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung nach Karlsruhe.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: spoke1 am 03 Januar, 2008, 18:16
Honni würde sich über diesen Zustand mehr wie freuen. Schöne neue Technikwelt. Wird wohl Zeit sich von ein paar 'Lasten' zu trennen ?!?

Titel: EU-Kommission pocht auf Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 03 Januar, 2008, 20:16
Die EU-Kommission hat 19 Mitgliedstaaten offiziell gerügt, weil sie die heftig umstrittenen EU-Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten noch nicht ins nationale Recht umgesetzt haben. Erst acht von 27 EU-Staaten hätten entsprechende Gesetze beschlossen und nach Brüssel gemeldet, wie die Kommission am heutigen Donnerstag laut dpa mitteilte. Alle säumigen Länder hätten deshalb schon Ende November Mahnbriefe erhalten. Deutschland gehört inzwischen zu den mustergültigen Vorreitern: Hier traten die heiß umkämpften Verpflichtungen zur sechsmonatigen Aufzeichnung von Nutzerspuren im Rahmen des Gesetzes zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung an Neujahr trotz heftiger Proteste von vielen Seiten in Kraft. Allerdings haben Gegner – ausgerüstet mit rund 30.000 Vollmachten besorgter Bürger – Verfassungsbeschwerde gegen die Novelle eingelegt.

Der EU-Rat mit den Vertretern der nationalen Regierungen hatte die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung Ende Februar 2006 abgesegnet. Zuvor hatte das EU-Parlament die Direktive mit den Stimmen der großen Volksparteien bereits im Dezember 2005 beschlossen. Sie lässt den Mitgliedsstaaten gewissen Spielraum bei der Implementierung. So legt sie die Minimaldauer für die verdachtsunabhängige Vorhaltung von Verbindungs- und Standortdaten auf sechs Monate, die Höchstfrist auf zwei Jahre fest. Irland und die Slowakei stimmten im Ministerrat gegen die Richtlinie, da ihnen die Vorgaben in jede Richtung zu eng erschienen. Die irische Regierung legte in Folge Klage gegen die Regelungen beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein. Sie beruft sich darauf, dass die Strafvorschriften auf Basis einer falschen EU-Rechtsgrundlage beschlossen wurden.

Branchenverbände, Datenschützer, zivilgesellschaftliche Organisationen sowie linksliberale Politiker kritisierten im Vorfeld auf EU-Ebene den mit der Vorratsdatenspeicherung einhergehenden Paradigmenwechsel im Strafrecht scharf. Ihrer Ansicht nach begründet die Maßnahme einen Generalverdacht auch gegenüber Unschuldigen. Vollzug gemeldet haben nach Kommissionsangaben bisher nur Frankreich, Großbritannien, Spanien, Belgien, Lettland, Dänemark, Tschechien und Estland. Ende vergangenen Jahres lag eine Umsetzungsmeldung aus Berlin nicht vor, so dass auch die Erinnerungsnote auch an die Bundesregierung ging. Das Schreiben konnte inzwischen aber zu den Akten gelegt werden.

Das Vereinigte Königreich hat die Vorgaben derweil bislang nur zum Teil umgesetzt. So hat die dortige Labour-Regierung den gesamten Internetbereich von der beschlossenen einjährigen Vorratsdatenspeicherung ausgenommen. Das britische Innenministerium begründete diese Entscheidung damit, dass eine Einbeziehung der Internetdaten nicht angemessen gewesen wäre. Als Gründe nannte es "spezielle technische Probleme" und Ressourcenengpässe bei Zugangsanbietern. Hierzulande gilt eine einjährige "Schonfrist" für Internetprovider. Generell greifen Bußgelder bei einem Verstoß gegen die Bestimmungen erst 2009.

Quelle : www.heise.de
Titel: Schäuble sieht Gewaltkriminalität als Argument für Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 06 Januar, 2008, 16:45
Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble argumentierte heute auf einer Wahlkampfveranstaltung des Münchner Oberbürgermeisterkandidaten Josef Schmid mit den Gewalttaten, die in den vergangenen Wochen Aufsehen erregt hatten, für die Vorratsdatenspeicherung. Erst heute Morgen haben erneut Jugendliche zwei Fahrgäste in der Münchner U-Bahn krankenhausreif geprügelt. Der CDU-Politiker meinte, dass die Festnahme der zwei Täter, die im Dezember einen Rentner überfallen haben, mittels Vorratsdaten erfolgt sei, weshalb deren Speicherung nötig sei. Allerdings wurden die Täter zu einem Zeitpunkt, an dem das Gesetz noch gar nicht in Kraft war, nicht mittels Vorratsdaten, sondern durch die Ortung eines gestohlenen Mobiltelefons ermittelt. Auch in dem zweiten spektakulären Fall wurden die Täter weder durch Vorratsdaten noch durch die ebenfalls ins Feld geführte Videoüberwachung gefasst, sondern durch Zeugenaussagen.

Artikel 6 des Grundgesetzes, der jüngst unter anderem von dem Berliner Staatsanwalt Roman Reusch als eines der Haupthindernisse für die Eindämmung von Jugendgewaltkriminalität ausgemacht wurde, will Schäuble dagegen weder im Wortlaut noch in der Interpretation antasten, denn, so der Innenminister, mit "staatlichen Eingriffen in Elternrechte" hätte "jede Diktatur des 20. Jahrhunderts angefangen". Reusch, dessen Thesen durch ein Auftrittsverbot in der ARD-Talkshow "Hart aber fair" weite Verbreitung fanden, war vorab nicht nur von der Bild-Zeitung, sondern auch vom Münchner CSU-Bezirksvorsitzenden Otmar Bernhard, der ebenfalls auf der Veranstaltung "Was zählt ist Sicherheit" sprach, ausgiebig gelobt worden.

Einen Störungsversuch durch einen schnell beendeten Sprechchor "Die Freiheit stirbt mit Sicherheit" nutzte Schäuble als Vorlage, um zu betonen, dass die Sicherheit, die er nicht in einen Internet-, sondern in den Kontext des öffentlichen Personennahverkehrs setzte, vor allem den "Schwachen" nutze, die auf öffentliche Verkehrsmittel angewiesen seien, weshalb gerade Befürworter eines Sozialstaates nicht dagegen sein könnten. Auch eine vor dem Gebäude stattfindende Demonstration, auf der unter anderem der Grünen-Politiker Jerzy Montag sprach, konnte Schäuble für seine Argumentation einsetzen, indem er den Zuhörern versicherte, sie könnten trotz der Demonstranten sicher nach Hause gehen, weil genug Polizei vor Ort sei, um sie zu beschützen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Schäuble sieht Gewaltkriminalität als Argument für Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Hesse am 06 Januar, 2008, 21:21
Den "Schwachen" (wozu ich, seitdem die Scheisse mit meinem Fuss passiert ist, auch mich selbst zählen würde) nutzt ein Überwachungsstaat rein gar nix. Was bringt es mir, wenn ein Ghetto-Gewalttäter zwar ermittelt würde, aber hinterher doch nur eine Bewährungsstrafe für schwere Körperverletzung bekommt ??

Exakt andersherum sollte der Hase laufen !

Wirklich gefährliche Gewalt-Täter (ausschliesslich auf körperliche Gewalt bezogen / oder auf den Schutz der Schwachen, wozu also logischerweise keine Kaufhäuser oder Musikkonzerne/die Filmindustrie zählen) sollte für LANGE ZEIT weggesperrt und wenn möglich auch abgeschoben werden !

Dazu braucht es keinen Überwachungsstaat, sondern schlicht und ergreifend eine korrekte realitätsbezogene Wahrnehmung von tatsächlichen Gefahren !

Damit meine ich keine Gefahren für´s Kapital der Konzerne sondern konkret den Schutz der Bürger.

Hier wären in diesem Falle mehr Polizisten auf den Bahnhöfen der weit grössere Nutzen für die "schwachen" Fahrgäste, anstatt noch mehr Geld für mehr Überwachung zu verschwenden !

Also Herr Schäuble : Warum verschwenden Sie mein Geld für Kameras, anstatt es in Polizisten zu investieren ?

Und warum wollen Sie "jugendliche Gewalttäter" (ich nenne sie Ghetto-Asis) zwar total überwachen aber hinterher nicht bestrafen ??

Ihre Argumentationskette suckt !
Titel: Re: Schäuble sieht Gewaltkriminalität als Argument für Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Jürgen am 06 Januar, 2008, 22:52
Du liegst völlig richtig.

Immer noch und leider zunehmend wird der Schutz von Profiten und Kapital weit über die existenziellen Bedürfnisse des Gemeinen Wahlvolks gestellt.

Eine einfache Pöbelei in der Sparkasse kann in der Praxis viel drastischere Folgen haben, als eine Attacke mit abgebrochener Bierflasche gegen den Hals, der brutale Raubüberfall auf Kinder oder Alte usw.

Gesetze gibt's längst genug.

Alkohol-Exzesse oder anderer Drogenkonsum dürfen ebensowenig als mildernde Umstände angesehen werden, wie gewisse Weltanschauungen mit Verherrlichung von 'Ehre'.

Wer jemandem ein Messer in den Wanst oder Hals sticht, oder einem Liegenden gegen den Kopf tritt, oder jemandem in den Leib schiesst, oder ihn mit Benzin überschüttet und anzündet, dem muss zumindest die billigende Inkaufnahme der Tötung, wenn nicht sogar die unmittelbare Tötungsabsicht, nicht mehr im Einzelfall bewiesen werden.
Andere mögliche Gründe bzw. Motive für solches Verhalten gibt's schlicht nicht.   

Und damit sind Bewährung, Melde- oder Arbeitsauflagen, Abenteuerreisen oder psychologische Betreuung der Täter gänzlich ungeeignet.
Wer derlei verbricht, anschliessend aber immer wieder frei herumlaufen darf, der wird regelrecht zum Weitermachen motiviert, weil die 'Massnahmen' die Täter nicht im Mindesten beeindrucken.

Die Justiz macht sich dadurch mitschuldig.

Es gibt keinen vernünftigen Grund, einen 24-jährigen Intensivtäter immer noch nach Jugendrecht zu verurteilen bzw. zum hundertsten Mal bloss zu ermahnen.
Und es gibt absolut keine Rechtfertigung, von angemessener Strafe abzusehen, weil jemand aufgrund seiner Herkunft die Strafbarkeit von Vergewaltigung, Drogen- oder Menschenhandel, Verstümmelung oder derlei mehr ja bedauerlicherweise gar nicht gekannt hätte...
Bei'm ersten Delikt kann u.U. unter erheblichen Auflagen und bei einer fundierten positiven Prognose von einer Haftstrafe abgesehen werden, aber schon dann sollte eine zwangsweise Belehrung über unser Rechtssystem erfolgen müssen, die zu dokumentieren und vom Delinquenten zu beurkunden wäre.
Das ist machbar und zumutbar.

Der Staat trägt aber auch grosse Schuld, da er den Bürgern wie auch Zuwanderern immer mehr den Eindruck aufzwingt, dass mit ehrlicher Arbeit und sozialverträglichem Handeln in diesem Lande nichts mehr zu erreichen ist, als ständige Repression, stets drohende Verelendung und bleibende Ausgliederung...

Seit der Zeit von Birne und seiner 'geistig-moralischen Wende' entwickelt sich hier eine Ellenbogen-Gesellschaft, in der die Schwachen nichts mehr zählen.
Die Folgen sieht man überall.
Die Einen verschaffen sich ihren Vorteil mit brutaler Gewalt, die anderen mit Wirtschaftskriminalität.
Politiker nicht ausgenommen...
Allzuviele solcher Taten sind längst öffentlich bekannt, bleiben dennoch meist folgenlos.
Was ohnehin jeder weiss, das muss nicht noch per Vorratsdatenspeicherung erfasst werden.

Eher beschleicht mich der Verdacht, die Datensammelwut und Bespitzelung dienen dem einzigen Zweck, rechtzeitig zu erkennen, wenn das geknechtete Volk sich zu wehren droht, wie neulich ansatzweise im Zusammenhang mit G8 / Heiligendamm erkennbar...


Eines möchte ich noch hinzufügen:
Ich bin's leid, immer wieder Lügen anhören oder lesen zu müssen, dass Knast für solche Täter kein geignetes Mittel wäre, weil sie erst dort richtig kriminell würden.
Als Ausrede wird immer wieder die Höhe der Rückfallquoten angeführt, mit der Deutung, daran wäre der Strafvollzug schuld.
Wenn man aber bedenkt, was alles an Gewaltakten (gegen Normalsterbliche) erfolgen muss, damit überhaupt jemand einfährt, dann sollte klar sein, dass es sich bei diesen Insassen meist sowieso schon um Gewohnheitstäter handelt. Und wenn dann davon etwa jeder Vierte oder Fünfte nicht mehr rückfällig wird, bringt der Knast eben eine bessere Quote als jede andere Massnahme.

Den Tätern muss unbedingt klar gemacht werden, dass sich unsere Gesellschaft ernsthaft zu wehren weiss.
Anders geht's nicht.
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Hesse am 07 Januar, 2008, 09:46
Um das ganze evtl ein minimales bisschen zu relativieren :

Ich mache da einen deutlichen Unterschied :

1. Wenn sich z.B. zwei Jugendliche oder auch junge Erwachsene untereinander auf einer Party um ein Mädchen prügeln, und dann geht es mit einem blauen Auge oder einer zerdetschten Nase aus, dann ist Knast definitiv zu hart. Auch bin ich dagegen den Kioskbesitzer, der Bier an Minderjährige verkauft mit 50.000 Euro Strafe zu belegen und damit lebenslänglich zu zerstören.

Nein darum geht es nicht : Die Jugendlichen sollen feiern, mit allem was dazu gehört - ich hatte damals (ist noch gar nicht so lange her) auch die Chance dazu, und dieses "Geniessen des Lebens" will ich daher keinem absprechen, und bin daher VÖLLIG gegen Verbote wie Rauchverbot/Trinkverbot/Versammlungsverbot/Denkverbot !
Amerikanische Verbote wollen wir hier nicht !

ABER :

2. Wenn es über die gebrochene Nase hinausgeht und Leute halb tot geprügelt werden oder erhebliche (körperliche) Folgeschäden zu erwarten sind, dann heisst die Antwort ganz klar : KNAST - und nichts anderes !
(Und im Falle von Leuten, die sich hier gerade erst einleben zusätzlich Abschiebung !)


Ich rede hier nicht von Ladendieben, sondern von Gewalttätern.
Titel: Re: Ausweitung der Datenspeicherung für TK-Überwachung gefordert
Beitrag von: Jürgen am 07 Januar, 2008, 13:44
Um das unmissverständlich darzustellen, habe ich mich auch nur auf die geannten Extreme bezogen.

Aber leider ist's in der Praxis genau anders herum.
Notorische Schwarzfahrer kommen leichter in den Knast als ultrabrutale Gewalttäter.
Und es ist offensichtlich auch einfacher, wegen nichtbezahlter Tickets oder Steuern von einigen 'zig Euro einzufahren, als wegen Betrugs oder Unterschlagung in 'zig-Millionen-Höhe.
Titel: Keine Lösung für Zugriffsschranken bei der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 08 Januar, 2008, 18:50
Bislang gibt es weder in der Politik noch in der Wirtschaft gedankliche oder technische Ansätze, wie die im Rahmen der verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung erhobenen Nutzerspuren von den bisher bereits aufbewahrten Abrechnungsdaten getrennt werden sollen. Dies erklärte Michael Rotert, der Vorstandsvorsitzende des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco, gegenüber heise online. Eine Aufteilung der Datenbestände ist aber entscheidend, da die Zugriffsmöglichkeiten auf die für unterschiedliche Zwecke vorgehaltenen Verbindungsdaten sehr verschieden angelegt sind. So dürfen etwa auch Geheimdienste zur Terrorabwehr bereits auf die Abrechnungsdaten zugreifen, während es eine gesetzliche Regelung zum Schürfen in den präventiv von den Providern anzuhäufenden Datenbergen bislang nicht gibt.

Die Anfang des Jahres in Kraft getretene Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung sieht vor, dass Strafverfolgungsbehörden zur Gefahrenabwehr oder für die Aufklärung schwerer sowie mit Hilfe der Telekommunikation begangener Straftaten Zugang zu den Vorratsdaten erhalten sollen. Dafür benötigen sie einen richterlichen Beschluss. Diese verfahrenstechnische Hürde greift aber nicht, wenn Internetnutzer anhand der IP-Adresse identifiziert werden sollen. Schon die Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten rechtfertigt dabei Zugriffe in einem automatisierten Abrufverfahren durch alle Sicherheitsbehörden.

Noch komplizierter dürfte es mit den Zugangsbestimmungen zu den Vorratsdaten werden, wenn das geplante Gesetz zur besseren zivilrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte Gestalt annimmt. Der Entwurf der Bundesregierung sieht vor, dass etwa der Musik- und Filmindustrie ein Auskunftsanspruch gegenüber Zugangsanbietern eingeräumt wird. Damit könnten auch private Firmen auf zu Abrechnungszwecken gespeicherte Verbindungsdaten sowie auf Kundendaten wie Name oder Anschrift zugreifen. Nicht erlaubt werden soll der Unterhaltungsindustrie dagegen der Zugang zu den für sechs Monate auf Vorrat zu speichernden Verbindungsdaten.

Im Bundesrat waren vor kurzem aber bereits Stimmen laut geworden, welche die Vorratsdaten auch für zivilrechtliche Zwecke nutzbar machen wollten. Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) und Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) hatten derlei Forderungen aber entschieden zurückgewiesen. Die beiden Regierungspolitiker fürchten, dass der Staat andernfalls an Glaubwürdigkeit verlöre. Umso erstaunlicher ist nun, dass es bislang keine Konzepte zur Trennung von Abrechnungs- und Vorratsdaten gibt. Zumal von Zypries immer wieder zu hören ist, dass im Rahmen der staatlichen Vorgaben zur Massendatenlagerung nur Verbindungsinformationen erfasst würden, die generell schon fürs Inkasso "generiert" werden. Auf Basis dieser Aussage würde eine Differenzierung zwischen beiden Datenformen insgesamt wenig Sinn machen.

Rotert gibt sich diplomatisch und spricht davon, dass die Politiker noch nicht genügend "sensibilisiert" seien für die unterschiedlichen Datenformen und die damit verknüpften Zugangsrechte. Fakt ist, dass viele Provider bei Flatratemodellen Verbindungsdaten bislang nicht oder nur wenige Tage vorhalten. Zu den Vorratsdaten gehören weiter zusätzlich etwa auch Standortdaten oder die Gerätenummern von Handys im Mobilfunk. Der den Ermittlern offen stehende Datenpool wächst damit ungemein nach den neuen Vorschriften. Rotert kann sich nun zwar vorstellen, dass im Rahmen einer Umsetzungsverordnung von den Providern die Lagerung der Vorratsdaten in getrennten, besonders gesicherten Räumen verlangt wird. Über die systeminterne Separierung von den Abrechnungsdaten habe bislang aber noch keiner groß nachgedacht. Konkret umgesetzt werden muss das Gesetz im Internetbereich spätestens bis Anfang 2009.

Schleierhaft ist Rotert auch, wie der vorgesehene Schutz von "Berufsgeheimnisträgern" wie Strafverteidigern, Seelsorgern, Abgeordneten oder Anwälten und Journalisten bei strafprozessualen Ermittlungen ablaufen soll. Wenn man nach einer Internetkennung recherchiere, erfolge dies eh im gesamten Datenbestand. Im Zweifelsfall würden also auch die Verbindungsdaten der ­ zudem in zwei unterschiedlichen Schutzklassen erfassten ­ Geheimnisträger zumindest von den Fahndern zur Kenntnis genommen. Das gleiche Problem würde auch bei Recherchen der Entertainment-Industrie nach benutzten IP-Adressen auftreten.

Der frühere Bundesverfassungsrichter Hans-Joachim Jentsch hat derweil die Klagen gegen die Novelle der Regeln zur TK-Überwachung begrüßt. Der Wiesbadener Jurist erinnerte daran, dass Karlsruhe in einer früheren Entscheidung "eine Vorratsdatenspeicherung zu unbestimmten Zwecken" für unzulässig erklärte. Er halte daher die Überprüfung des Gesetzes persönlich für sinnvoll. Zugleich schätzte Jentsch, dass eine Vorlage des Falls beim Europäischen Gerichtshof trotz der EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung nicht erforderlich sei. Allgemein dürfe eine "zu enge Überwachung auch aus den besten Motiven heraus" einen freiheitlichen Staat nicht "bestimmen". Vielmehr müsse man mit gewissen Risiken leben.

Der Begriff "Vorratsdatenspeicherung" an sich hat neben dem "Bundestrojaner" gute Chancen, zum Unwort des Jahres 2007 gekürt zu werden. Jury-Sprecher Horst Dieter Schlosser teilte am gestrigen Montag mit, dass rund 1.800 Vorschläge eingegangen seien. Viele "sehr diskutable Bereiche" würden mit der aktuellen Politik und Forderungen nach mehr Überwachung zusammenhängen. Eingereicht worden sei etwa auch die Bemerkung der Bundesjustizministerin, dass die Vorratsdatenspeicherung "so grundrechtschonend wie möglich" umgesetzt worden sei. Der Sieger soll am 15 Januar verkündet werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Datenspeicherung: Provider setzen auf Verfassungsbeschwerde und Ausnahmeregeln
Beitrag von: SiLæncer am 09 Januar, 2008, 10:58
Deutsche Internet-Provider reagieren unterschiedlich auf die seit Anfang dieses Jahres bestehende Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung, die technisch spätestens 2009 umgesetzt sein muss. Während viele Hoster offenbar darauf setzen, dass die Regelung vom Bundesverfassungsgericht gekippt wird, glauben andere, dass es Ausnahmeregeln gibt, von denen sie profitieren. Noch gering ist die Zahl derer, die sich offensiv gegen die Vorratsdatenspeicherung wenden.

Einer der ersten Provider, die öffentlich auf die von der Politik beschlossenen Vorratsdatenspeicherung reagierte, war Manitu in St. Wendel. Mitte Dezember schickte das Unternehmen einen Rundbrief "Wir speichern nicht!" und veröffentlichte seine Position gegen die Vorratsdatenspeicherung auf der Website. Die vollmündige Ankündigung, dass man keine Vorratsdatenspeicherung unternehme, entpuppt sich im Kern jedoch zunächst als Versprechen, die vom Gesetzgeber eingeräumte Übergangsfrist bis zum Jahre 2009 zu nutzen. Wie es danach weiter geht, bleibt offen. "Wir bemühen uns derzeit um eine Alternativ-Lösung, damit wir Ihnen dies dauerhaft ermöglichen können", heißt es bei Manitu. Geschäftsführer Manuel Schmitt, der seine Argumentation in seinem Blog veröffentlichte, erntete keineswegs nur Zuspruch für das Vorgehen.

Ähnlich wie Manitu reagierte dieser Tage UD-Media mit einer Pressemitteilung. Auch diese Firma macht von der Übergangsregel Gebrauch. Außerdem verweist sie auf das anstehende Gerichtsverfahren: "Zudem liegt beim Bundesverfassungsgericht eine Verfassungsbeschwerde vor, die möglicherweise noch zu Änderungen führen wird", wird der Geschäftsführer Ronny Schick zitiert.

Auf diese Karte setzen viele Provider ihre Hoffnung. So erklärte Frank Simon, Geschäftsführer der Oldenburger Ecce Terram gegenüber heise online: "Ich gehe davon aus, dass dieses Jahr das Bundesverfassungsgericht das Gesetz kippt oder die Strafverfolgungsbehörden bitten, es auszusetzen, weil die Musik- und Filmindustrie sie mit Anzeigen überschütten und die Jagd nach Terroristen und Kinderpornographie verhindern."

Simon gehört zu einer Gruppe von Internet-Providern, die bereits im Jahr 2004 mit Strafverfolgern und Datenschützern über die Praktikabilität der Datenspeicherung diskutierten. Seinerzeit wiesen die Provider auf die Begehrlichkeiten der Musikindustrie und die abnehmende Bedeutung von IP-Adressen hin, fanden aber bei den Strafverfolgern kein Gehör für ihre Position. Mit der Einschätzung, die Musikindustrie trete zuvorderst mit ihren Begehrlichkeiten in Erscheinung, hatten die Provider übrigens nicht Recht behalten: Als erste Branche hat sich in Deutschland im November vergangenen Jahres der Buchhandel mit der Forderung gemeldet, Zugriff auf die Vorratsdaten zu bekommen, um nach Rechteverletzern fahnden zu können.

Erwähnenswert ist in diesem Zusammenhang auch die Position von Providern, die auf Ausnahmenregelungen setzen. So gibt es etwa die Auffassung, dass analog zur 1000er-Regel bei der Telekommunikations-Überwachungsverordnung sehr kleine Provider von der Vorratsdatenspeicherung befreit sind. Einen anderen Punkt reklamieren Provider für sich, die für Kommunen und Behörden als Hoster arbeiten. Sie halten die notwendige Vertraulichkeit im Dialog zwischen Bürgern und Behörden für gefährdet, wenn sie unter die Vorratsdatenspeicherung fallen. Eine ähnliche Argumentation hatte Michael Rotert vom Internet-Wirtschaftsverband eco gegenüber heise online vorgetragen: Ihm sei schleierhaft, wie der Berufsgeheimnisträger bei der Speicherung von IP-Adressen geschützt werden sollen.

Technisch argumentierende Provider haben noch ganz andere Bedenken. Sie verweisen auf Punkt 6 der neuen Gesetzgebung, in der es heißt: "Wer Telekommunikationsdienste erbringt und hierbei die Maßgabe dieser Vorschrift zu speichernden Angaben verändert, ist zur Speicherung der ursprünglichen und der neuen Angabe sowie des Zeitpunktes der Umschreibung dieser Angaben nach Datum und Uhrzeit unter Angabe der zugrunde liegenden Zeitzone verpflichtet." Die Regelung, die sich eigentlich auf Anonymisierungsdienste bezieht, betrifft dem Wortlaut nach auch Proxies und NAT-Router, die unter Umständen im großen Stil ausgetauscht werden müssen, weil die derzeitigen Geräte nicht über sechs Monate mitspeichern können. Provider, die befürchten, dass das Gros ihrer Installationen Elektroschrott ist, blicken deshalb auf die Bundesnetzagentur, die eine technische Ausführungsanordnung zur Vorratsdatenspeicherung vorbereiten soll. Möglicherweise erscheint diese Anordnung so spät, dass die Übergangsregel verlängert werden muss.

Bemerkenswert an den unterschiedlichen Provider-Reaktionen ist schließlich auch das Verhalten der ganz großen Provider. Unisono heißt es aus ihren PR-Abteilungen, dass man noch dabei sei, sich eine qualifizierte Meinung zu bilden und vorerst keine Stellungnahme abgeben möchte.

Quelle : www.heise.de
Titel: Handykarten-Tauschbörse soll anonymen Mobilfunk ermöglichen
Beitrag von: SiLæncer am 10 Januar, 2008, 11:25
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat ein Verfahren ausgearbeitet, um der Registrierungspflicht auch von vorausbezahlten Handykarten ein Schnippchen zu schlagen. Der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern hat dafür eine Tauschbörse für SIM-Karten eingerichtet. Jeder Interessierte kann an eine dort angegebene Adresse eine mit mindestens zehn Euro aufgeladene und freigeschaltete Prepaid-Karte zusammen mit ihrer PIN und einem frankierten Rückumschlag schicken. Nach wenigen Tagen erhält er eine vergleichbare Smartcard fürs Handy eines anderen Nutzers zurück. Telefoniert der Teilnehmer an der Tauschbörse damit, sind beim Mobilfunkanbieter die Personalien des ursprünglichen Käufers der Karte gespeichert. Der Organisator des Wechselspiels selbst protokolliert nach eigenen Angaben keinerlei persönliche Daten der Tauschpartner. Die Registrierungspflicht von Handys wird so größtenteils ad absurdum geführt.

"Jeder hat ein Recht auf anonyme Kommunikation", begründet Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung das neue Angebot. "Es ist selbstverständlich, dass man Menschen anspricht, ohne seinen Namen zu nennen, und Briefe versenden kann, ohne einen Absender anzugeben." Mit der Tauschbörse sollte es Handy-Nutzern nun auch wieder offenstehen, etwa unbesorgt vertrauliche Beratung in Anspruch zu nehmen, Journalisten zu informieren oder sich staatskritisch zu engagieren.

Dem Arbeitskreis zufolge schützt die Verwendung getauschter Handykarten vor Missbrauch der eigenen Daten, vor Datenpannen und vor der "ausufernden Neugier des Staates": Laut Bundesnetzagentur riefen Behörden 2006 über drei Millionen Mal Kundendaten bei den Telekommunikationsanbieter ab. Polizei, Zollfahndung, Geheimdienste oder Finanzdienstleistungsaufsicht hätten sogar einen Online-Zugriff auf Name, Anschrift und Geburtsdatum der Rufnummerninhaber. Gegen die Identifizierungspflicht und die Datenabfrage haben Internetfirmen bereits 2005 eine Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, die Breyer initiierte. Laut der Bundesregierung hat sich der Zugriff auf die persönlichen Informationen dagegen zu einem unverzichtbaren Ermittlungsinstrument entwickelt.

Der Arbeitskreis hebt hervor, dass der Tausch von Handykarten "vollkommen legal ist". Zu beachten sei aber, dass man einen Vertrag mit einem Telekommunikationsunternehmen geschlossen habe, der nach Weitergabe der Handykarte fortbestehe. Da es sich um eine Guthabenkarte handele, würden daraus im Normalfall zwar keine Verpflichtungen entstehen. Es sei aber nicht auszuschließen, dass mit der Smartcard Missbrauch getrieben werde. Dies könne im Extremfall dazu führen, dass ein Teilnehmer in den Verdacht einer Straftat komme. Dieses Risiko bestehe allerdings bei jedem Verkauf eines Handys oder anderer Güter und dürfte daher "recht gering sein".

Die Bürgerrechtler verheimlichen auch nicht, dass eine Identifizierung eines Nutzers noch über die im Rahmen der neu eingeführten Pflicht zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten erfolgen könnte. Dabei müssen etwa auch die Gerätenummern eines Mobiltelefons erfasst werden.

Rund 30.000 Menschen haben auf Initiative des Arbeitskreises bereits einem Berliner Anwalt Vollmachten ausgestellt, um auch gegen die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung nebst der Vorratsdatenspeicherung Klage in Karlsruhe zu erheben. Separat hat nach eigenen Angaben inzwischen auch die Berliner Internetfirma Bonjour Service Verfassungsbeschwerde eingereicht. Der Anbieter eines Weck- und Grußdienstes bietet die 13-seitige Klageschrift (PDF-Datei) auch seinen Kunden und anderen Nutzern zur freien Verwendung an. Prinzipiell kann sich vor dem Bundesverfassungsgericht jeder selbst vertreten, auch wenn Experten eine anwaltliche Vertretung empfehlen. Eine Verfassungsbeschwerde kostet keine Gerichtsgebühren.

Quelle : http://www.heise.de/newsticker/meldung/101575
Titel: Drei Verfassungsrichter rangeln um Zuständigkeit für Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 19 Januar, 2008, 15:43
In der Frage, welcher Richter und damit auch welcher Senat beim Bundesverfassungsgericht für die Bearbeitung der Verfassungsbeschwerden zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung zuständig ist, gibt es inzwischen drei Kandidaten unter den hohen Richtern, wie das Nachrichtenmagazin Spiegel in seiner kommenden Ausgabe berichtet. Wie die Gerichtssprecherin dem Magazin bestätigte, hat auch der Verfassungsrichter Rudolf Mellinghoff aus dem Zweiten Senat seine Zuständigkeit reklamiert. Mellinghoff beruft sich auf seine Zuständigkeit für strafprozessuale Ermittlungsmaßnahmen, während sein Senatskollege Udo Di Fabio auf die europarechtlichen Bezüge hinweist und Richter Wolfgang Hoffmann-Riem aus dem Ersten Senat den Datenschutz ins Felde führt.

Nach Ansicht von Verfassungsexperten könnten die Verfahren indes auch aufgeteilt werden: So könnte etwa Mellinghoff die Verfassungsbeschwerde von Burkhard Hirsch bearbeiten, die ausdrücklich auch die in der Strafprozessordnung geregelte Befugnis der Ermittlungsbehörden zum Datenzugriff angreift. Die Beschwerde des Berliner Rechtsanwalts Meinhard Starostik, der nur die Verbindungsdatenspeicherung angreift, könnten dagegen Hoffmann-Riem oder Di Fabio verhandeln.

Quelle : www.heise.de
Titel: "Massiver Eingriff in die Grundrechte"
Beitrag von: SiLæncer am 22 Januar, 2008, 17:55
Politiker und Datenschützer kritisieren Vorabübermittlung der Absender- und Empfängerdaten von Paketen und Briefen aus Europa an US-Behörden

Wie die ZEIT berichtete, verlangt die amerikanische Zoll- und Grenzbehörde CBP (Customs and Border Protection) u.a. bei Express-Paketen die elektronische Bereitstellung der Kundendaten noch vor dem Eintreffen in den USA. Vier Stunden vor der Landung des Transportflugzeugs müssen die Daten den US-Behörden vorliegen. Ein Handelsabkommen (Trade Act) mit der EU von 2004 sieht vor, dass diese Daten auch an Strafverfolgungsbehörden weitergeben werden und mit kommerziellen Datenbanken abgeglichen werden dürfen.

 "Das geht weit über die Vorratsdatenspeicherung hinaus", meint Gerhart Baum zu Telepolis. Obwohl die Vorratsdatenspeicherung nur in begrenzten, juristisch klar definierten Fällen erfolgen soll, lehne er sie ab. Die Übermittlung der Postdaten aber sei nicht verfassungskonform. Das sei "ein massiver Eingriff in die Grundrechte". Baum kündigte an, mögliche juristische Schritte prüfen zu lassen. Er erwäge eine Unterlassungsklage gegen die betreffenden Stellen. 2004 hatte das Bundesverfassungsgericht bereits Baums Beschwerde gegen den Großen Lauschangriff stattgegeben.

Auch der Landesdatenschutzbeauftragte Thilo Weichert ist empört: "Wenn die DHL vorab die Absender- und Empfangsdaten an US-Behörden weitergibt, ohne die Betroffenen zu informieren, so verletzt das Unternehmen sein Postgeheimnis", sagte er Telepolis. "Wenn staatliche Behörden von dieser Grundrechtsverletzung wissen und diese tolerieren, so kann man das Beihilfe durch Unterlassen nennen. Es wäre ein jämmerliches Zeugnis von Grundrechts- wie von rechtsstaatlichem Selbstbewusstsein, wenn sich die Europäische Union – wie bei den Flugpassagierdaten - von den USA zur Herausgabe von Postdaten erpressen ließe."

In der amerikanischen Regelung, dem sogenannten Advanced Air Manifest, heißt es lapidar, nicht nur Express-Sendungen und Pakete, sondern auch Briefe und Dokumente könnten dieser Regelung unterliegen. Sollten auch die Absender- und Empfängerangaben von Briefen auf diese Weise übermittelt und gespeichert werden, bedürfte es nach amerikanischem Rechtsverständnis nur einer Mitteilung im Federal Register. Denn Post wurde als Fracht eingestuft und somit der Zuständigkeit der Sicherheitsbehörden zugeschlagen. So wurde bereits die Übermittlung der Express- und Paketdaten in den vergangenen Jahren faktisch umgesetzt – bislang ohne öffentliche Debatte.

Ein Unding, findet auch Ulla Jelpke, Innenpolitische Sprecherin der Fraktion DIE LINKE. Es wäre die Aufgabe der deutschen Behörden, die Rechte der Bundesbürger zu schützen. Stattdessen wird offenbar seit langem schon ein Rechtsbruch geduldet. Sie verlange, dass das Thema auf die Tagesordnung des Innenausschusses kommt. Es müsse geklärt werden, wer innerhalb der Bundesregierung für diese Rechtsbrüche verantwortlich ist und welche Position sie innerhalb der EU vertritt.

Die Posttochter DHL liefert die Daten bei Express-Sendungen bereits, darunter auch die Zollinhaltsangabe, die auf den Paketen gemacht werden muss. DHL, ursprünglich eine amerikanische Firma, hat seinen Sitz in den USA und Deutschland. Auf diesem Wege wurden klammheimlich amerikanische Gesetze auch auf Deutschland ausgedehnt. Außerdem beruft man sich darauf, nur das bilaterale Abkommen zwischen der EU und den USA umzusetzen – im Dienste der Kunden. Nur die, das haben die Reaktionen der Abgeordneten gezeigt, wissen davon gar nichts.

Die innenpolitische Sprecherin der FDP, Gisela Piltz ist alarmiert: "Mit einer Vorabübermittlung von Postdaten bei Paketen an US-Behörden, ohne die Betroffenen zu informieren, wird diese Vertraulichkeit verletzt. Diese Datenweitergabe kann auch nicht mit der Erhebung von Zöllen gerechtfertigt werden, die generell bei transatlantischen Sendungen anfallen", so Piltz zu Telepolis. Denn die Daten werden von den US-Behörden für andere Zwecke genutzt. "Eine solche Zweckentfremdung lässt das deutsche Datenschutzrecht nicht zu und ist daher durch staatliche Stellen zu verfolgen", verlangt Piltz und hat sich deshalb mit einer Schriftlichen Frage an die Bundesregierung gewandt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Polizei kritisiert Verkauf unregistrierter Handy-Karten
Beitrag von: SiLæncer am 26 Januar, 2008, 14:34
Der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) hat den Anbieter Anonyphone gerügt, der nach eigenen Angaben nicht mehr auf eine Person registrierte Prepaid-Karten für Mobiltelefone verkauft. Der stellvertretende Vorsitzende des BDK, Wilfried Albishausen, bezeichnete den Service gegenüber dem Westfalen-Blatt als "unmoralisch und für die Polizeiarbeit fatal". Seine Kritik richtet sich vor allem gegen das Unterlaufen der Anfang Januar in Kraft getretenen Pflicht für Telekommunikationsanbieter zur verdachtsunabhängigen Protokollierung von Telefon- und Internetdaten.

Gesetzgeber und Ermittler würden mit der Vorratsdatenspeicherung nicht auf den gläsernen Bürger abzielen, sondern den gläsernen Straftäter wollen, verteidigte Albishausen die sechsmonatige Aufzeichnung der Nutzerspuren. Dies werde mit den anonymen Handykarten erschwert.

Die deutsche Niederlassung der Baytrade Limited in Garbsen, die den Service Anonyphone hierzulande betreibt, hat dem Bericht zufolge bereits über 1000 anonymer Prepaid-Karten verkauft. Die ursprünglichen Besitzer sind demnach irgendwann von einer Smartcard zum Aufladen auf eine feste Vertragskarte umgestiegen und haben die alte SIM-Karte beim Händler gelassen. Diese Prepaid-Karten seien noch im Netz angemeldet, aber auf keine Person mehr registriert. Die Rechtmäßigkeit seines Angebotes habe er prüfen lassen, sagte der Firmeninhaber dem Blatt.

Bei der Erläuterung des Angebots bezieht sich Anonyphone auf einen Paragraphen 8 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Demnach "darf die geschäftsmäßige Erbringung von Telekommunikationsdiensten und deren Entgeltfestlegung nicht von der Angabe personenbezogener Daten abhängig gemacht werden, die für die Erbringung oder Entgeltfestlegung dieser Dienste nicht erforderlich sind." Allerdings bezieht sich der Dienstleister anscheinend auf eine veraltete Fassung des TKG, da in der aktuellen eine solche Klausel an der bezeichneten Stelle nicht zu finden ist. Dass gängige Anbieter von Prepaid-Karten die Vorlage eines Personalausweises verlangen, wird bei Anonyphone mit deren Datensammelwut erklärt. Es gehe darum, die Kunden "mit Werbung zuzubomben".

Seit der TKG-Novelle im Jahr 2004 müssen Anbieter gemäß der Paragraphen 95 Absatz 3, 111, 112 und 113 persönliche Daten wie Name, Anschrift oder Geburtsdatum bei der Anmeldung eines Telefon- oder Handyanschlusses erheben. Dieser Zwang bezieht sich auch auf den Kauf vorausbezahlter Karten im Mobilfunkbereich. Die Telekommunikationsunternehmen müssen die Daten ihrer Kunden zusammen mit der zugeteilten Rufnummer in eine Datenbank einstellen, auf die Strafverfolgungsbehörden in einem größtenteils automatisierten Verfahren Zugriff haben. Gegen diese Bestimmung ist aber eine Verfassungsbeschwerde anhängig.

Seit Anfang des Jahres müssen Telekommunikationsfirmen zusätzlich gemäß der Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung speichern, wer mit wem per Telefon, Handy oder E-Mail in Verbindung gestanden hat. Bei Mobiltelefonen werden zudem der ungefähre Standort des Benutzers und die Gerätenummer festgehalten. Sicherheitsbehörden haben Zugriff auf die umfangreichen Datenbestände. Auch gegen diese Novelle sind zahlreiche besorgte Bürger und Oppositionspolitiker vor das Bundesverfassungsgericht gezogen.

Anfang des Jahres hatte sich der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bereits an einer Handykarten-Tauschbörse versucht, um der Registrierungspflicht sowie der Vorratsdatenspeicherung ein Schnippchen zu schlagen. Die Aktion wird mittlerweile aber nicht mehr von dem Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern unterstützt, da es Bedenken wegen Missbrauchsmöglichkeiten und des Vorspiegelns einer effektiv nicht bestehenden Anonymität gab.

Quelle : www.heise.de
Titel: Anonyphone stellt Vertrieb gebrauchter, unregistrierter Handy-Karten ein
Beitrag von: SiLæncer am 28 Januar, 2008, 16:45
Nachdem der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) den Verkauf nicht-registrierter Prepaid-Karten für Mobiltelefone am Wochenende als "unmoralisch" kritisierte, hat der Anbieter Anonyphone seinen Dienst kurzerhand "vorübergehend" eingestellt. "In den letzten Stunden begann eine kontroverse Diskussion" über den Vertrieb gebrauchter SIM-Karten für Handys zum Wiederaufladen, heißt es zur Begründung auf der Website des Dienstleisters. Die Idee sei zwar auf breiten Zuspruch gestoßen, es seien von der Kripo aber eben auch Bedenken geäußert worden. "Diese nehmen wir sehr ernst", beteuert der Anbieter. "Wir haben in bestem Treu und Glauben gehandelt und setzen nun den Geschäftsbetrieb bis zu einer zweifelsfreien Klärung der Rechtslage aus."

Den Handel mit gebrauchten Prepaid-Karten, die noch im Netz angemeldet, aber auf keine Person mehr zugelassen sind, betrachtet die hinter Anonyphone stehende deutsche Niederlassung der Baytrade Limited prinzipiell nach wie vor als legal. Das Angebot richte sich an "alle Bürger, die mit einer wahllosen Speicherung ihrer elektronischen Kommunikation nicht einverstanden sind". Die mit der verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten einhergehende "unselektive Überwachung der gesamten elektronischen Kommunikation erscheint uns ineffektiv und nicht zielführend". Anonyphone unterstütze die gezielte Verfolgung von Straftätern. Bei bestehendem Anfangsverdacht sollten den Strafverfolgungsbehörden alle Mittel für eine effektive Ermittlung zur Verfügung stehen. Man befürworte zugleich aber auch "die unbehelligte Kommunikation unbescholtener Bürger". Alle bereits eingegangenen Bestellungen würden "selbstverständlich ausgeliefert".

Mit dem vorläufigen Aus für Anonyphone kommt bereits der zweite Versuch zum Umgehen der Registrierungspflicht von Handys sowie der Vorratsdatenspeicherung im Mobilfunk erst einmal in Trudeln. Anfang des Jahres hatte sich der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung bereits eine Handykarten-Tauschbörse ins Leben gerufen. Die Aktion wird mittlerweile aber nicht mehr von dem Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern unterstützt, da es Zweifel an dem Vorhaben wegen Missbrauchsmöglichkeiten und des Vorspiegelns einer effektiv nicht bestehenden Anonymität gab. Verbrechern steht nach Ansicht des Aktionskreises aber ein ganzes "Arsenal" weiterer Möglichkeiten zur Verfügung, um die sechsmonatige Erfassung der Verbindungs- und Standortdaten auszuhebeln. Die Vorratsdatenspeicherung treffe in erster Linie den unschuldigen Bürger.

Quelle : www.heise.de
Titel: Gegner der Vorratsdatenspeicherung sehen Verfassungsbeschwerde auf gutem Weg
Beitrag von: SiLæncer am 31 Januar, 2008, 20:22
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts, die Zuständigkeiten für die Verfassungsbeschwerden gegen die Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung nach Sachthemen aufzuteilen, als "salomonisch" begrüßt. Damit könnten die "breiten und umfassenden Bedenken" der Bürger gegen die Ausweitung verdachtsunabhängiger Beschattungsinstrumente gut berücksichtigt werden. Für den Hauptteil der Verfahren einschließlich der Klage des Arbeitskreises ist gemäß der am Dienstag getroffenen Festlegung der Erste Senat unter Vorsitz von Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier zuständig. Weitere Beschwerden, die sich gegen strafprozessuale Regelungen richten, wurden dem Zweiten Senat zugeschlagen.

"Unsere Beschwerdeschrift beruft sich auf Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts zur Volkszählung, zur Rasterfahndung und zur Abfrage von Verbindungsdaten", erläutert Patrick Breyer von dem Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern. "Sämtliche dieser Entscheidungen sind vom Ersten Senat gefällt worden." Dass dieser nun über die Anfang des Jahres in Kraft getretene Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten entscheide, lasse erwarten, dass das neue Überwachungsgesetz "an der bisherigen bewährten Rechtsprechung gemessen wird".

Aber auch im Hinblick auf die Klärung des Verhältnisses von deutschem zu europäischem Recht habe das Verfahren Präzedenzcharakter, ergänzt Ricardo Cristof Remmert-Fontes von der Aktivistenvereinigung. Sollte die deutsche Umsetzung der Brüsseler Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung aus grundsätzlichen Erwägungen für nichtig erklärt werden, bliebe die entsprechende EU-Richtlinie formal bestehen. Diese Widersprüchlichkeit im EU-Recht müsse aufgelöst werden.

Der Arbeitskreis kündigte weiter an, dass die Erfassung der über 30.000 schriftlichen Vollmachten für die Verfassungsbeschwerde des Arbeitskreises in Kürze abgeschlossen sein und dann komplett an das Bundesverfassungsgericht übergeben werde. An Silvester hatte der federführende Anwalt, Meinhard Starostik, zunächst im Namen von acht Erstbeschwerdeführern Klage in Karlsruhe erhoben. Die Gruppierung erwartet eigenen Angaben zufolge ferner in Kürze eine Entscheidung der Verfassungsrichter über den bereits gestellten Eilantrag, die anlasslose Protokollierung der Nutzerspuren bis zur Hauptsachenentscheidung auszusetzen. Um das Begehren weiter zu stützen, sammelt der Arbeitskreis momentan Berichte über erste konkrete Auswirkungen der Massendatenlagerung. Wer seit Jahresbeginn Kommunikationsstörungen oder sonstige negative Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung erlebt habe, möge sich an das Bündnis wenden.

Beunruhigt zeigen sich die Bürgerrechtler auch über Vorstöße zur Vorratsdatenspeicherung im Reiseverkehr etwa im Rahmen der geplanten EU-weiten Erfassung von Flugpassagierdaten oder der hierzulande vorbereiteten Vorhaltung von Informationen über Seereisende. "In Zukunft soll der Zugriff auf alle mögliche Datenbestände und Datenbanken jederzeit online möglich sein", fürchtet Remmert-Fontes. Dabei mache es innerhalb vernetzter Systeme keinen Unterschied mehr, "ob alle Fingerabdrücke, alle Telekommunikationsdaten, Reisebewegungen und Gesundheitsdaten auf vernetzten Systemen liegen oder in einer zentralen Behörde".

Bei der Wirtschaftsinitiative "no abuse in internet" (naiin) sind derweil Zweifel am Nutzen der Vorratsdatenspeicherung laut geworden. Die Einrichtung zur Bekämpfung von Online-Kriminalität sorgt sich sogar, dass die Aufklärung von per Internet verübten Straftaten durch die massenhafte Speicherung von Verbindungsdaten weiter erschwert werde. "Es ist davon auszugehen, dass sich Täter in dem Wissen, ständig überwacht zu werden, stärker abschirmen werden als bisher", gibt naiin-Präsident Arthur Wetzel zu bedenken. Der Grad der Abschottung, der etwa bei Terroristen und Kinderporno-Zirkeln ohnehin schon sehr hoch sei, dürfte so weiter zunehmen. Selbst Kleinkriminelle würden fortan wohl vorsichtiger agieren und somit angesichts der technischen Möglichkeiten zur Umgehung der pauschalen Überwachungsmaßnahme schwerer zu fassen sein.

Der Verbund hatte Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) im Herbst 2006 den Rücken gestärkt für dessen Vorhaben, zur Bekämpfung des islamistischen Terrorismus die Kommunikationsströme im Internet stärker zu kontrollieren. Nach wie vor sei man der Ansicht, heißt es nun, dass auf neue Bedrohungen angemessen reagiert werden müsse. Die Aushöhlung von Bürgerrechten und die Installation eines "hierzulande noch nie da gewesenen Überwachungsapparats" habe mit rechtsstaatlicher Kriminalitätsbekämpfung allerdings nicht mehr viel zu tun. Zugleich beklagte Wetzel, dass bei der Verhinderung der Vorratsdatenspeicherung bislang "einschließlich des Bundespräsidenten nahezu alle Kontrollinstanzen des Staates versagt haben". Nun baue naiin auf den Richterspruch aus Karlsruhe.

Quelle : www.heise.de
Titel: Kommunikationsstörungen durch die Vorratsdatenspeicherung beklagt
Beitrag von: SiLæncer am 04 Februar, 2008, 18:05
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat eine Umfrage zu den Auswirkungen der verdachtsunabhängigen Protokollierung der Telekommunikationsdaten gemacht. Demnach behindert die seit Anfang des Jahres geltende Pflicht für Telekommunikationsanbieter bereits "in weiten Bereichen der Gesellschaft die Nutzung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet als freie Kommunikationsmittel". Dies teilt der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern mit, der zugleich einen anonymisierten Schriftsatz (PDF-Datei) mit ausgewählten Einzelberichten der Sondierung veröffentlicht hat.

Die Aktivisten sprechen alarmierend von "Bürgern, die keine E-Mails mehr versenden, Journalisten, die den Kontakt zu Informanten verlieren" sowie "Unternehmern, die Unterlagen wieder per Post verschicken müssen". Die von der großen Koalition eingeführte Vorratsdatenspeicherung führe somit in weiten Bereichen der Gesellschaft zurück in eine Zeit, als es weder Telefon noch Internet gab. Ein Journalist berichtete im Rahmen der Befragung, ein Informant aus einer Sicherheitsbehörde habe ihm bereits in der Neujahrsnacht mitgeteilt, er möchte "ab heute nie mehr unter dieser Nummer" angerufen werden. Ein Steuerberater teilte mit, seine Mandanten würden seit Jahresanfang telefonische Rückfragen bei ihm scheuen. Ein Unternehmer aus Süddeutschland monierte, seine Kunden würden "sicherheitsrelevante Beschreibungen" nur noch persönlich übergeben wollen. Drogenberater und Psychotherapeuten beklagen, dass Anrufe ausbleiben oder inhaltslos verlaufen.

Angesichts des Ergebnisses, dass "politisch aktive Menschen, Firmenkunden und Hilfsbedürftige der Telekommunikation nicht mehr vertrauen", fühlt sich Patrick Breyer vom Arbeitskreis zumindest an Zustände in einer Diktatur erinnert. Die schlimmsten Befürchtungen seien übertroffen worden. Die neuere Überwachungsgesetzgebung werde von den Bürgern auch als Einschränkung ihrer persönlichen Sicherheit empfunden, ergänzt Kai-Uwe Steffens von dem Aktionskreis. Es sei höchste Zeit für eine Kurskorrektur.

Für die nicht-repräsentative Umfrage wandten sich die Bürgerrechtler an rund 8000 Personen, von denen sich eine "dreistellige Zahl" zu Wort meldete. Etliche Schilderungen Betroffener sind für einen Bericht an das Bundesverfassungsgericht zusammengestellt worden, um den dort vorliegenden Eilantrag auf Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung weiter zu untermauern. Gänzlich überraschend sind die Resultate freilich nicht, da der Arbeitskreis die Sondierung unter den über 30.000 Unterstützern der dazu gehörenden Verfassungsbeschwerde gegen die pauschale Überwachungsmaßnahme durchführte. Am Samstag hatten zuvor unter dem Motto Freedemo08 nach Polizeiangaben über 500 besorgte Bürger in Regensburg gegen die Vorratsdatenspeicherung und staatliche Überwachung protestiert.

Der Innenminister von Mecklenburg-Vorpommern, Lorenz Caffier, hat derweil die Vorratsdatenspeicherung verteidigt. Bei der Beratung eines Antrags der Linken zur Förderung des "Datenschutzes durch Technik" im Landtag bezeichnete er die geplante Entschließung als "einseitig". Darin werde nur die abwehrende Seite des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung berücksichtigt. "Datenschutz gestaltet und garantiert nicht nur das Recht des Einzelnen auf die Herrschaft über seine Daten", betonte der CDU-Politiker. Der Bürger sei vielmehr eine Persönlichkeit innerhalb der sozialen Gemeinschaft. Deshalb muss der Einzelne laut Caffier grundsätzlich Einschränkungen seines Verfassungsrechtes im überwiegenden Allgemeininteresse hinnehmen.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat dagegen die Anregung von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) unterstützt, den Grundrechtsschutz für persönliche Daten in der digitalen Welt zu verbessern. "Die Debatte darüber, wie die Privatsphäre in der digitalen Welt besser geschützt werden kann, ist überfällig", erklärte Schaar. Bei vielen Gesetzen der letzten Jahre sei es überwiegend darum gegangen, Behörden den Umgang mit persönlichen Daten zu erleichtern und den Datenschutz der Bürger einzuschränken. Deshalb begrüße er den Vorstoß von Zypries, "den Schutz des informationellen Selbstbestimmungsrechts im Grundgesetz festzuschreiben". Bundesregierung und Bundestag müssten sich aber beeilen, damit ein solches Vorhaben noch in dieser Legislaturperiode verwirklicht werden könne.

Quelle : http://www.heise.de/security/Kommunikationsstoerungen-durch-die-Vorratsdatenspeicherung-beklagt--/news/meldung/102911
Titel: Re: Kommunikationsstörungen durch die Vorratsdatenspeicherung beklagt
Beitrag von: Hesse am 09 Februar, 2008, 20:03
Zitat
Angesichts des Ergebnisses, dass "politisch aktive Menschen, Firmenkunden und Hilfsbedürftige der Telekommunikation nicht mehr vertrauen", fühlt sich Patrick Breyer vom Arbeitskreis zumindest an Zustände in einer Diktatur erinnert.

Zumindest im "Dunstkreis" intelligenzbegabter Menschen sollte dies als positives Omen gewertet werden.

Vielleicht ist es Zeit für Telekommunikation 3.0 in Zeiten von STASI 2.0 .
Titel: Zypries droht Haft oder Ordnungsgeld beim Speichern von IP-Adressen
Beitrag von: SiLæncer am 13 Februar, 2008, 12:42
Das Amtsgericht Berlin Mitte hat zur Untermauerung eines Urteils, das dem Bundesjustizministerium die Aufbewahrung personenbezogener Daten über Besuche auf der eigenen Webseite jenseits des konkreten Nutzungsvorgangs untersagt, schwere Strafen angekündigt. Laut einem jetzt veröffentlichten Beschluss (PDF-Datei) vom 10. Januar (Az. 5 C 314/06) droht bei Zuwiderhandlung ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro und ersatzweise gar eine bis zu sechsmonatige Inhaftierung von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD) persönlich. Der Richter folgte damit einem Antrag des Klägers, des im Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung aktiven Juristen Patrick Breyer.

Das Bundesjustizministerium stellte die eigene Praxis der Speicherung von Kommunikationsspuren wie IP-Adressen zwar nach dem Urteil des Amtsgerichts und einem Nachgang vor dem Landgericht der Hauptstadt zwar ein. Das Zypries unterstehende Haus erstellt inzwischen nur noch anonyme Statistiken über die Besucher seiner Website. Zuvor wollte es geklärt wissen, dass eine Protokollierung des Nutzungsverhalten ohne IP-Adressen und Personenbezug zulässig bleibe. Zypries gab aber keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab. Deswegen bestand nach Ansicht Breyers eine tatsächliche Vermutung für die Gefahr der Wiederholung der Tat. Allein der Hinweis der Beklagten darauf, dass die Daten künftig nicht mehr gespeichert werden, erachtete das Amtsgericht im Sinne des Klägers zur Beseitigung dieser Gefahr nicht als ausreichend. Deswegen drohte es nun harte Sanktionen an.

Im ursprünglichen Urteil hatte das Amtsgericht dargelegt, dass die Aufbewahrung von Kommunikationsspuren wie IP-Adressen das Surf- und Suchverhalten von Internetnutzern gläsern machen könne. Es sprach von einer klaren "Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung". Durch die Zusammenführung der auf der eigenen Webseite erhobenen personenbezogenen Daten sei es mit Hilfe Dritter bereits ohne großen Aufwand in den meisten Fällen möglich, Internetnutzer aufgrund ihrer IP-Adresse zu identifizieren. Die oftmals vorgebrachten Sicherheitsgründe würden eine personenbeziehbare Erfassung des Verhaltens sämtlicher Nutzer nicht rechtfertigen. Als Entscheidungsgrundlage führte die Kammer vor allem das Telemediengesetz (TMG) an. Laut der seit März geltenden Regelung dürfen Betreiber von Internetdiensten keine personenbezogenen Daten auf Vorrat speichern.

Nach Angaben der Bundesregierung speichert noch immer die "überwiegende Anzahl" der Bundesministerien und nachgeordneter Behörden einschließlich des Bundeskriminalamts (BKA) IP-Adressen der Surfer. Zur Begründung heißt es etwa, dass die Bundesverwaltung "kontinuierlich massiven und hoch professionellen Angriffen aus dem Internet ausgesetzt" sei und zur Aufrechterhaltung des Behördenbetriebs die Nutzerspuren vorhalten müsse. Auch das baden-württembergische Innenministerium erklärte im Herbst in einer Antwort (PDF-Datei) auf Anfrage der FDP-Fraktion im Landtag, dass die meisten anderen Ressorts im Ländle weiter IP-Adressen aufbewahren. Die Berliner Urteile behandeln demnach inhaltlich nicht wirklich die Frage, ob die Speicherung der Netzkennungen zulässig sei oder nicht. Beide Parteien seien sich vielmehr zuletzt in der Sache einig gewesen. Daher bestehe kein unmittelbarer Handlungsbedarf.

Breyer rät derweil allen Betreibern von Internet-Angeboten, die Protokollierung von IP-Adressen abzustellen, um rechtliche Risiken zu vermeiden. "Davon profitieren Betreiber wie Nutzer gleichermaßen", meint der Aktivist. Die zum Jahresanfang in Kraft getretene Regelung zur Massenlagerung von Telefon- und Internetdaten im Rahmen der Novelle der Telekommunikationsüberwachung gelte für den Webbereich nicht.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung startete bereits im Oktober die nicht ganz unumstrittene Kampagne "Wir speichern nicht". Mit ihr sollen Website-Inhaber und Internetportale angeregt werden, ihre Angebote ohne Speicherung nutzerbezogener Daten und IP-Adressen zu gestalten und auf Logfiles zu verzichten. Wer den Surfern eine anonyme Fortbewegung über die eigenen Seiten ermöglicht, darf diese mit einem "Gütesiegel" mit der Aufschrift "We Respect Your Privacy" schmücken. Mit dabei sind im Politiksektor inzwischen unter anderem die baden-württembergische FDP, die Linkspartei sowie Teile der Piratenpartei.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesregierung hält sich bei der Vorratsdatenspeicherung für unangreifbar
Beitrag von: SiLæncer am 02 Januar, 2009, 16:38
An Neujahr ist die zweite Stufe der Vorratsdatenspeicherung in Kraft getreten. Demnach müssen nun auch Internetprovider die elektronischen Spuren ihrer Kunden sechs Monaten lang verdachtsunabhängig protokollieren. Dies betrifft vor allem die zugewiesene IP-Adresse, Beginn und Ende der Internetnutzung sowie die Anschlusskennung (DSL-Kennung oder Rufnummer). Beim E-Mail-Verkehr sind die Netzkennungen sowohl des Absenders als auch des Empfängers zu sichern, dasselbe gilt für die Internet-Telefonie (VoIP). Bei Telefonaten über Festnetz oder Mobilfunk müssen die Anbieter bereits seit Anfang 2008 die entsprechenden Verbindungs- sowie auch Standortdaten vorhalten. Bei einem konkreten Verdacht haben Sicherheitsbehörden Zugriff auf die bei den Providern liegenden Datenberge.

TK-Konzerne und Provider wie die Deutsche Telekom, Vodafone Arcor, 1&1, Versatel oder Kabel Deutschland sowie größere lokale Betreiber wie Hansenet, M-net htp aus Hannover oder NetCologne versicherten Ende vergangenen Jahres gegenüber c't, den Auflagen mehr oder weniger zähneknirschend Folge leisten zu wollen. Kleinere Zugangsanbieter oder Provider mit vielen Geschäftskunden, die bislang noch keine Anfragen zur Herausgabe von Bestandsdaten hinter verdächtigen IP-Adressen erhalten haben, dürften teils anders verfahren. Offiziell hat bislang nur der Internetdienstleister manitu aus St. Wendel erklärt, seiner "Linie der Nicht-Speicherung" auch 2009 zu folgen. Die Firma verwies dabei auf einen Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts. Dieses hatte BT Deutschland im Oktober aufgrund der fehlenden Regelung zur staatlichen Kostenerstattung vom Speicherzwang vorerst befreit.

Datenschützer kritisieren seit Langem, dass die Maßnahmen unverhältnismäßig in die Privatsphäre der Bürger eingreifen. Über 34.000 Bürger haben sich einer "Massenklage" gegen die Vorratsdatenspeicherung angeschlossen. Zudem haben Vertreter von Oppositionsparteien und die Gewerkschaft ver.di Verfassungsbeschwerde erhoben. Das Bundesverfassungsgericht hat den Zugriff auf die Vorratsdaten bereits eingeschränkt und wird in diesem Jahr das Hauptverfahren vorantreiben. Wie aus einer umfangreichen Stellungnahme der Bundesregierung dazu hervorgeht, die der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung gerade veröffentlicht hat, sieht sich Berlin aber auf verfassungsrechtlich vollkommen sicheren Terrain.

Quelle : www.heise.de
Titel: EuGH verkündet am 10. Februar Urteil zu Vorratsspeicherung von TK-Daten
Beitrag von: SiLæncer am 19 Januar, 2009, 13:08
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) wird am 10. Februar über die Klage der Republik Irland gegen EU-Parlament und Rat wegen der seit Mitte März 2006 geltenden EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung aller Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten entscheiden. Das geht aus dem Verhandlungskalender des Gerichts hervor.

Irland hatte die Klage Anfang Juni 2006 eingereicht. Verhandelt wurde sie im vergangenen Sommer. Irland geht es dabei nicht um eine mögliche Verletzung grundlegender Ansprüche auf den Schutz von Daten und Privatsphäre, sondern um die gewählte Rechtsgrundlage, also die Verabschiedung als Richtlinie von Parlament und Rat. Die Slowakei war der Klage beigetreten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Datenschützer protestieren gegen "Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung"
Beitrag von: SiLæncer am 20 Januar, 2009, 11:31
Datenschützer und Internetnutzer protestieren gegen das "Gesetz zur Stärkung der Sicherheit in der Informationstechnik des Bundes". Durch den am 14. Januar von der Bundesregierung verabschiedeten Entwurf werde die verdachtslose Aufzeichnung des Surfverhaltens im Internet geplant, heißt es in einer Mitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung. "Das neuerliche Vorhaben von Bundesminister Schäuble geht gewaltig über die bisherige Vorratsdatenspeicherung hinaus", warnt Marcus Cheperu von dem Arbeitskreis.

Die vom Kabinett beschlossene Novellierung erweitert die Möglichkeiten der Anbieter von Telemediendiensten, die zuvor nur Verbindungsdaten speichern durften. Sie sollen nun zum Schutz ihrer Anlagen vor Angriffen mit Schadprogrammen oder vor Störungen der Erreichbarkeit von Telemedienangeboten auch Nutzungsdaten speichern und analysieren dürfen. Ist der Angriff auf die Technik abgewehrt, müssen diese Daten rückstandsfrei gelöscht werden. Das gilt auch für die beim BSI gespeicherten Kommunikationsinhalte.

Die Datenschutzaktivisten kritisieren, der Vorstoß würde die "unbegrenzte und unbefristete Speicherung jeder Eingabe und jedes Mausklicks beim Lesen, Schreiben und Diskutieren im Internet legalisieren". Diese Surfprotokolle dürften an Polizei, Bundeskriminalamt, Geheimdienste sowie an die Unterhaltungsindustrie herausgegeben werden. Eine richterliche Anordnung sei nicht vorgeschrieben, eine Beschränkung auf schwere Straftaten nicht vorgesehen.

Der Arbeitskreis fordert Bundesregierung, Bundesrat und Bundestag auf, die geplante Änderung des Telemediengesetzes sofort aus dem Gesetzentwurf zu streichen. Er bittet alle Internetnutzer, bei den verantwortlichen Politikern gegen die geplante Vorratsspeicherung im Internet zu protestieren. Der Arbeitskreis hat dazu eine Webseite eingerichtet, auf der sich die Kontaktdaten der zuständigen Politiker/innen finden.

Ähnliche Kritik äußerte zuvor bereits der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar. Ihn stört vor allem, dass das BSI "die gesamte Sprach- und Datenkommunikation aller Unternehmen und Bürger mit Bundesbehörden ohne Anonymisierung beziehungsweise Pseudonymisierung abhören und auswerten" können soll. Zu weit geht Schaar auch die vorgesehene Erlaubnis zur Datenübermittlung an den Verfassungsschutz sowie an Strafverfolgungsbehörden selbst bei nicht erheblichen, per Telekommunikation begangenen Delikten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesregierung verteidigt neue Ansätze zur Stärkung der IT-Sicherheit
Beitrag von: SiLæncer am 21 Januar, 2009, 13:57
Die Bundesregierung hat auf die wachsende Kritik an ihrem Vorstoß zur Reform des Gesetzes für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) mit einer Klarstellung reagiert. Darin wehrt sich das federführende Bundesinnenministerium vor allem gegen den Vorwurf von Bürgerrechtlern und Datenschützern, mit der Initiative die Vorratsdatenspeicherung im Internet ausweiten zu wollen. Richtig sei zwar, dass es Diensteanbietern über eine mit dem Vorhaben verknüpfte Änderung des Telemediengesetzes (TMG) ermöglicht werden solle, Nutzungsdaten in Form etwa von Logdateien zu erheben und zu verwenden. Voraussetzung ist laut einer Ministeriumssprecherin aber, "dass dies zum Erkennen, Eingrenzen oder Beseitigen von Störungen ihrer technischen Einrichtungen erforderlich ist".

Es dürften nach Ansage des Innenministeriums also nur Daten erhoben und verwendet werden, "die ein Anbieter tatsächlich benötigt, um Hackerangriffe zu erkennen und abzuwehren". Die Provider müssten ihre Systeme einerseits zum Selbstschutz gegen Manipulationen oder Verfügbarkeitsangriffe schützen. Andererseits sei es wichtig, dass sie auch ihre Systeme gegen Angriffe härten könnten, die diese "als Zwischenstation für Angriffe auf die Nutzer der Dienste missbrauchen". Eine unbegrenzte oder anlassunbezogene Speicherung oder eine Vorhaltung der "Protokolldaten" zu anderen Zwecken wie etwa der Verfolgung von Urheberrechtsverstößen würden durch die vorgeschlagene Regelung nicht gestattet. Über diese Bedingungen werde sichergestellt, "dass eine unbegrenzte Speicherung von Daten oder die Erstellung eines Surfprofils nicht legalisiert wird". Erst recht bestehe keine Verpflichtung der Provider, Nutzungsdaten zu erheben oder aufzubewahren. Zudem würden für Sicherheitsbehörden keine neuen Befugnisse geschaffen.

Auf die Proteste des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar und von Informatikern gegen die geplanten Überwachungskompetenzen für das BSI selbst, wonach auch das Amt Daten aus dem Betrieb der Kommunikationstechnik des Bundes erheben, speichern und automatisiert auswerten darf, geht das Innenministerium bislang nicht ein. Das seit 1990 im Wesentlichen unveränderte BSI-Gesetz solle den "veränderten Rahmenbedingungen und der technischen Entwicklung angepasst werden", heißt es allgemein. Der Gesetzentwurf sehe vor, dass der Behörde Befugnisse eingeräumt werden, "technische Vorgaben für die Sicherung der Informationstechnik in der Bundesverwaltung zu machen". Es solle "Maßnahmen umsetzen, um von Schadprogrammen ausgehende Gefahren für die Sicherheit der Kommunikationstechnik abzuwehren".

Auch der Vorsitzende des Innenausschusses des Bundestags, Sebastian Edathy, sieht bislang keinen Anlass, um auf Änderungen am Regierungsentwurf zu drängen. Der SPD-Politiker verwies gegenüber Reuters ebenfalls darauf, dass die Datenspeicherung lediglich zur Abwehr und Beseitigung technischer Störungen im Internet erlaubt werden solle. Allerdings müssten die Datenschutzbeauftragten sicherstellen, dass diese Zweckbindung eingehalten werde und kein Internetanbieter einfach so die Gewohnheiten seiner Nutzer ausspähe.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hält die Erwiderungen für "Augenwischerei". So sei im Entwurf nicht festgelegt, wie lange die Anbieter Daten speichern dürfen. Entsprechende Fristen seien aber auch kaum kontrollierbar. Genauso wenig sei vorgeschrieben, für welche Zwecke die Protokollinformationen verwendet werden dürfen. Sie könnten also durchaus an Polizeien, Geheimdienste oder etwa auch an die Unterhaltungsindustrie weitergegeben werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Datenschutz-Aktivisten verschenken Zugangsdaten für Anonymisierungsdienste
Beitrag von: SiLæncer am 22 Januar, 2009, 12:10
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, ein bundesweiter Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern, empfiehlt die Nutzung von Anonymisierungsdiensten. Nur über diese könne das Internet noch ohne verdachtslose Aufzeichnung genutzt werden. Das beispielsweise sei wichtig, wenn sich ein Internetnutzer über psychische Krankheiten im Internet informieren, bei Suchtproblemen beraten lassen oder Informationen anonym an die Presse weitergeben wolle.

Um Internetnutzer zum Einsatz von Anonymisierungsdiensten zu ermuntern, hat der Arbeitskreis auf seiner Homepage einen Vergleichstest von 17 internationalen Anonymisierungsdiensten veröffentlicht. Außerdem verschenkt der Arbeitskreis 64 Zugänge zu kommerziellen Anonymisierungsdiensten im Wert von über 3000 Euro. "Die strengen Auflagen des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung gelten nicht für die Identifizierung von Internetnutzern", erklärt der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis.

Seit dem 1. Januar 2009 müssen auch Internetprovider die elektronischen Spuren ihrer Kunden sechs Monate lang protokollieren. Dem Bundesverfassungsgericht liegt eine vom Arbeitskreis initiierte "Massenklage" von über 34.000 Bürgern vor. Im September 2008 hatte Karlsruhe die erstmals im März verfügten Einschränkungen der Vorratsdatenspeicherung verlängert und einen zweiten Erfolgsbericht angefordert. In ihrem Verteidigungsschriftsatz wirft die Bundesregierung den Beschwerdeführern systematische Fehler vor.

http://www.vorratsdatenspeicherung.de/

Quelle : www.heise.de
Titel: Freiwillige Vorratsdatenspeicherung gefährdet Privatsphäre
Beitrag von: SiLæncer am 28 Januar, 2009, 12:06
Bürgerrechtler wollen Datenspeicherung durch TK-Anbieter verhindern

Die Bürgerrechtsorganisationen La Quadrature du Net, European Digital Rights (EDRi) und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) haben das Europäische Parlament aufgefordert, die sogenannte freiwillige Vorratsdatenspeicherung nicht zu verabschieden. Diese soll es Telekommunikationsanbietern ermöglichen, Verkehrsdaten ihrer Kunde zu speichern und weiterzugeben.
Das Europaparlament berät derzeit im Zuge des Telekom-Paketes über eine Erweiterung der europäischen Datenschutzrichtlinie. Der zur Debatte stehende Artikel 6.6(a) soll es Telekommunikationsanbietern ermöglichen, Verkehrsdaten ihrer Kunden zu speichern, zu verarbeiten und aus Sicherheitsgründen an andere Unternehmen weiterzugeben. Die Bürgerrechtsorganisationen La Quadrature du Net, European Digital Rights (EDRi) und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) haben das Europäische Parlament in einer gemeinsamen Erklärung aufgefordert, diese sogenannte freiwillige Vorratsdatenspeicherung abzulehnen.

Wird der Artikel umgesetzt, dürfen Telekommunikationsanbieter künftig erfassen, mit wem ihre Kunden telefoniert haben, von wo aus sie mobil telefoniert oder an wen sie E-Mails geschrieben haben. Die Kritiker sehen dadurch die Privatsphäre der Bürger gefährdet. "Wir dürfen nicht zulassen, dass eine potenziell unbegrenzte Menge an vertraulichen Daten auf diese Weise Offenlegungs- und Missbrauchsrisiken ausgesetzt wird", sagte Patrick Breyer vom AK Vorrat.

Die Bürgerrechtler wiesen auf ein Positionspapier des europäischen Datenschutzbeauftragten Peter Hustinx hin und forderten die Abgeordneten auf, sich dessen Votum anzuschließen. In der Anfang Januar 2009 veröffentlichten Stellungnahme sprach sich Hustinx gegen die Speicherung der Verkehrsdaten aus. Der Datenschützer kritisierte, dass der Entwurf so ausgelegt werden könnte, dass er "die Speicherung und Verarbeitung von Verkehrsdaten aus Sicherheitsgründen auf unbestimmte Zeit ermöglicht". Das berge "das Risiko des Missbrauchs". Hustinx kam deshalb zu dem Schluss, es sei "das Beste, den vorgeschlagenen Artikel 6.6(a) ersatzlos zu streichen".

Zu den Gegnern der freiwilligen Vorratsdatenspeicherung gehört auch die Bundesregierung. Sie halte die Speicherung "insbesondere im Hinblick auf die große Reichweite dieser Bestimmung" für bedenklich und setze sich deshalb "für die Ablehnung des vom Europäischen Parlament verabschiedeten Änderungsvorschlags" ein, schrieb das Wirtschaftsministerium im November 2008 an eine Gruppe von Gegnern.

Quelle : www.golem.de
Titel: Weiter viele Fragen offen bei der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 10 Februar, 2009, 19:25
Oppositionspolitiker, Datenschützer und Bürgerrechtler haben mit Enttäuschung und teils scharfer Kritik auf den Beschluss des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zur Rechtmäßigkeit der formalen Basis der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung reagiert. "Die heutige Entscheidung trägt leider nicht dazu bei, den europäischen Rechtsstandard des Datenschutzes zu verbessern", beklagte etwa die Vorsitzende der Humanistischen Union, Rosemarie Will. "Der Datenschutz bleibt auf europäischer Ebene weiterhin ein Anhängsel des Wettbewerbsrechts." Dies sei eine fatal "falsche konzeptionelle Einordnung" der Sicherung der Privatsphäre von rund 480 Millionen EU-Bürgern.

Die Luxemburger Richter hätten sich eines "Taschenspielertricks" bedient, beklagt die Berliner Rechtsprofessorin. Es sei zwar richtig, dass die Richtlinie die Speicherung bei den privaten Telekommunikationsbetreibern beschreibe. "Jedoch sind die Provider hierbei nur Mittel zum Zweck." Die Daten würden nicht für sie, sondern für den späteren Zugriff staatlicher Stellen gespeichert, stellte Will klar. Der Zweck der Vorratsdatenspeicherung gehe eindeutig schon aus Artikel 1 Absatz 1 der Richtlinie hervor: Sie diene der "Ermittlung, Feststellung und Verfolgung von schweren Straftaten".

Die Juristen am EuGH sahen den Fall ganz anders. Die in der Richtlinie vorgesehenen Maßnahmen brächten "selbst keine Strafverfolgung durch die Behörden der Mitgliedsstaaten mit sich", schreiben sie in ihrem Urteil. Die Bestimmungen seien im Wesentlichen auf die Tätigkeiten der Diensteanbieter beschränkt. Sie würden nicht den Zugang zu den Daten oder deren Nutzung durch die Polizei- und Justizbehörden der Mitgliedstaaten regeln. Die Provider müssten auch "nur die Daten, die im Zuge der Bereitstellung der betreffenden Kommunikationsdienste erzeugt oder verarbeitet wurden, auf Vorrat speichern". Diese Bits und Bytes seien "eng mit der Ausübung der Geschäftstätigkeit der Anbieter verbunden". Nicht im Einzelnen beachtet hat der EuGH, dass TK-Anbieter bei Flatrates Verbindungsdaten nicht mehr quasi automatisch erfassen.

Mit diesem Argument begründeten die Richter auch, dass sie zuvor noch das erste Abkommen zwischen der EU und den USA zur Weitergabe von Flugpassagierdaten wegen falsch gewählter Rechtsgrundlage kassiert hatten. Die entsprechende Entscheidung zum Transfer von Passenger Name Records (PNR) habe eine Datenverarbeitung zum Gegenstand, die nicht für die Erbringung einer Dienstleistung durch die Fluggesellschaften erforderlich war, heißt es in dem Urteil. Vielmehr sei der Transfer der bei den Fluglinien anfallenden PNR "als erforderlich zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und zu Strafverfolgungszwecken angesehen" worden.

Zugleich erkannten die Richter die dem Gerichtshof "vorgelegten Beweise" an, wonach die Verbindungs- und Standortdaten aus der elektronischen Kommunikation ein wirksames Mittel seien, "um Straftaten einschließlich terroristischer Handlungen festzustellen und zu ahnden". Deswegen hätten einzelne Mitgliedsstaaten auch bereits Maßnahmen erlassen, um Diensteanbietern Verpflichtungen hinsichtlich der Vorratsspeicherung solcher Daten aufzuerlegen. Die Richtlinie diene damit vorrangig der Marktharmonisierung.

Die Hoffnungen der Gegner einer pauschalen Protokollierung von Nutzerspuren richten sich nun zunächst auf die nationalen Verfassungsgerichte. Hierzulande etwa haben sich über 34.000 Bürger einer "Massenbeschwerde" gegen die Anfang 2008 eingeführten Regeln zur Telekommunikationsüberwachung angeschlossen. Trotz des Rückschlags aus Luxemburg zeigte sich so Alexander Alvaro, innenpolitischer Sprecher der Liberalen im EU-Parlament zuversichtlich, dass die Massendatenlagerung "noch gekippt werden kann". Es sei jetzt Sache etwa des Bundesverfassungsgerichts, den Fall erneut dem EuGH vorzulegen. Dieses Mal aber mit der bisher noch nicht erfolgten Maßgabe, die Vereinbarkeit der Richtlinie mit den Grundrechten zu prüfen. Der FDP-Politiker ist sich selbst sicher, "dass es nicht im Sinne des deutschen Grundgesetzes ist, verdachtsunabhängig Daten von Bürgern zu speichern".

Die grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger erklärte, dass der EuGH mit seinem Richtspruch "leider Fehlentwicklungen der EU in Richtung Überwachungsstaat unterstützt". Sie forderte die Regierungen der EU-Staaten auf, Grundrechtsverletzungen zu verhindern und kündigte neue Initiativen gegen Orwellsche Szenarien im EU-Parlament an. "Vor allem müssen alle Mittel genutzt werden, um die Vorratsdatenspeicherung so begrenzt wie möglich einzusetzen."

Für die innenpolitische Sprecherin der FDP-Bundestagsfraktion, Gisela Piltz, ist das Urteil gerade keine Vorentscheidung für das Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht, das die "erheblichen und unverhältnismäßigen Grundrechtseingriffe zum Gegenstand hat". Auch wenn der EuGH bestätigt habe, dass die EU eine grundsätzliche Regelungskompetenz in diesem Bereich hat, heiße das nicht, dass Brüssel "diese Regelung so hätte beschließen dürfen". Jan Korte, Innenexperte der Linke, appellierte an die große Koalition, das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung schon jetzt aufzuheben und von ihrem Plan, Internet-Anbieter zur anlassunabhängigen Protokollierung zu ermächtigen, Abstand nehmen. Der Rechtsexperte der Grünen im Bundestag, Jerzy Montag betonte, die Vorratsdatenspeicherung sei rechtsstaatlich fragwürdig und "zur Bekämpfung schwerer Kriminalität weder besonders geeignet noch effektiv". Seine Kollegin bei der FDP, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, fürchtet, dass das Urteil einer wachsenden Europa-Skepsis Vorschub leisten könne.

Der schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte, Thilo Weichert, empfahl im Gespräch mit heise online den Karlsruher Richtern wie Alvaro, den EuGH unter anderen Vorzeichen erneut mit der Prüfung der Vorratsdatenspeicherung zu beauftragen. Das aktuelle Urteil sei aus Grundrechtsperspektive der "worst case". Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hält weiterhin eine Begutachtung der Verfassungsmäßigkeit der nationalen Regeln zur Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht für erforderlich. Die anlasslose, millionenfache Aufzeichnung der Nutzerspuren stelle einen "nicht zu rechtfertigenden Eingriff in das grundrechtlich geschützte Fernmeldegeheimnis dar".

Quelle : www.heise.de
Titel: Länder legen sich bei Entschädigung für TK-Überwachung quer
Beitrag von: SiLæncer am 13 Februar, 2009, 13:23
Der Bundesrat hat dem vom Bundestag im Dezember beschlossenen Gesetzesentwurf zur Neuordnung der Kostenerstattung von Hilfsleistungen der Provider beim Abhören der Telekommunikation und der Vorratsdatenspeicherung nicht zugestimmt. Vielmehr haben die Länderchefs in der Plenarsitzung am heutigen Freitag den Vermittlungsausschuss angerufen. Sie folgten damit den Ausschuss-Empfehlungen. Der Widerstand der Länder bezieht sich vor allem auf die Höhe der Entschädigungen, die den Telekommunikationsunternehmen für Personal- und Leitungskosten zugebilligt werden können. Der Bundestag hat diese Ausgleichszahlungen nach Ansicht des Bundesrats deutlich zu hoch angesetzt.

Konkret wollen die Kritiker in den Ländern etwa für die Umsetzung einer Anordnung zum Abhören von Telefonaten oder das Aufzeichnen von E-Mails statt 100 Euro pro Anschluss nur 83 Euro zahlen. Eine einfache Auskunft über Verbindungs- oder Standortdaten, wie sie die Anbieter gemäß der Neuregelung der TK-Überwachung sechs Monate verdachtsunabhängig auf Vorrat speichern müssen, setzen die Ausschüsse mit 20 statt 30 Euro an. Der Bundesrat begründet seine Einwände mit dem Hinweis, dass die Provider ähnlich wie Zeugen und Sachverständige die Strafverfolgung und die Justiz unterstützen und so "einen gewissen Abschlag gegenüber den üblichen Marktpreisen hinnehmen" müssten.

Branchenverbände wie der VATM oder der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco beklagen dagegen, dass die vom Bundestag beschlossenen Sätze nicht alle Ausgaben der Unternehmen abdecken. Vor allem fehle es an einer Entschädigung für die millionenschweren Anschaffungskosten für neu zu errichtende Überwachungsinfrastrukturen zur Vorratsdatenspeicherung. Der Bitkom hatte heute Vormittag noch einmal die Länder aufgerufen, das neue Gesetz zumindest in seiner jetzigen Form nicht zu torpedieren. Die Kosten der Kommunikationsüberwachung müsse der Staat tragen, da es sich bei der inneren Sicherheit um eine ureigene Staatsaufgabe handle. Bisher werde nur der personelle Aufwand zu einem kleinen Teil vergütet. Auch das Verwaltungsgericht Berlin drängt auf eine angemessene Entschädigung für die verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren und andere Überwachungstätigkeiten und hat daher bereits QSC und BT von der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung vorläufig befreit.

Quelle : www.heise.de
Titel: Europäischer Gerichtshof soll Vorratsdatenspeicherung erneut prüfen
Beitrag von: SiLæncer am 24 Februar, 2009, 19:57
Meinhard Starostik, Bevollmächtigter der über 34.000 Teilnehmer an der "Massenklage" gegen die hiesigen Auflagen zur Vorratsdatenspeicherung, drängt auf einer erneute Prüfung der Vereinbarkeit der verdachtslosen Protokollierung der Nutzerspuren mit europäischem Recht. Dieses Mal soll der zuständige Europäische Gerichtshof (EuGH) aber die Menschen- und Grundrechte ins Auge nehmen, nachdem er Anfang Februar allein die rein formale Basis der entsprechenden EU-Richtlinie bestätigt hatte. Starostik hat daher an das Bundesverfassungsgericht den Antrag (PDF-Datei) gestellt, den Fall zum Abgleich mit der Europäischen Menschenrechtskonvention dem EuGH vorzulegen.

Zur Stützung der Auffassung, dass die Vorratsdatenspeicherung das europäische Grundrecht auf Achtung der Privatsphäre verletzt, verweist der Bevollmächtigte unter anderem auf ein Urteil des EuGH von Anfang Dezember. Darin hat dieser die "flächendeckende und unterschiedslose Natur der Befugnisse zur Vorratsspeicherung der Fingerabdrücke, Zellproben und DNA-Profile" Verdächtiger als "unverhältnismäßigen Eingriff" bezeichnet. Im Vergleich dazu schneide die pauschale Aufbewahrung von Telekommunikationsdaten quantitativ und qualitativ noch stärker in die Grundrechte ein.

Im Hauptsacheverfahren in Karlsruhe weist Starostik zudem die Behauptungen des Bevollmächtigten der Bundesregierung zurück, wonach die Verfassungsbeschwerde unbegründet sei. So spricht er etwa von einem "dreifach verschärften Grundrechtseingriff", da flächendeckend die gesamte Bevölkerung ohne Tatverdacht erfasst werde und aus den geforderten Daten "Informationen über unser tägliches Kommunikations-, Informations- und Bewegungsverhalten" hervorgehen würden. Staaten mit Vorratsdatenspeicherung weisen der Erwiderung nach zudem weder eine erkennbar höhere Aufklärungs- noch eine niedrigere Kriminalitätsrate auf, als Staaten ohne anlasslose Protokollierung von Verbindungs- und Standortdaten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vermittlungsausschuss einigt sich auf niedrigere Entschädigung für TKÜberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 05 März, 2009, 13:42
Der Vermittlungsausschuss von Bundestag und Bundesrat hat am gestrigen Mittwochabend den Weg frei gemacht für das Gesetz zur Neuordnung der Kostenerstattung von Hilfsleistungen der Provider beim Abhören der Telekommunikation und der Vorratsdatenspeicherung. Der Bund ist den Ländern teils entgegengekommen und hat eine Absenkung mancher vorgesehenen Entschädigungssummen akzeptiert. Nicht gekürzt werden sollen etwa die Pauschalen für Auskünfte über Verbindungs- und Standortdaten. Eine einfache Datenanfrage wollten sich die Länder, die den Vorstoß des Parlaments zunächst ablehnten, 20 statt 30 Euro kosten lassen. Dieses Ansinnen ist vom Tisch.

Generell sollen sich Ausgleichszahlungen für eine Überwachung oder eine Datenvermittlung stattdessen künftig verstärkt nach der Dauer der Maßnahme richten. Der Bundesrat drängte an diesem Punkt darauf, dass eine Monatspauschale erst dann in voller Höhe anfällt, wenn eine Abhörmaßnahme länger als zwei Wochen dauert. Bei einer maximal einwöchigen Aktion sollen bei einem ISDN-Basisanschluss so etwa nur noch 24 Euro Leitungskosten statt der vom Bundestag zunächst beschlossenen 75 Euro gezahlt werden. Bei einem DSL-Anschluss erhalten die Provider im vergleichbaren Fall nur noch 65 statt 200 Euro. Auch die Leitungskosten für die Übermittlung von Verkehrsdaten sind für Anordnungen, die nicht länger als zwei Wochen dauern, verringert worden.

In den Kompromiss übernommen haben beide Seiten ferner die Forderung des Bundesrates, dass auch bei einer Auskunft über die Struktur einer Funkzelle ein Abschlag möglich ist, soweit sich diese Leistung nach den tatsächlichen Personalkosten berechnet. Bundestag und Bundesrat müssen die vom Vermittlungsausschuss empfohlenen Änderungen noch in ihren Sitzungen am Donnerstag beziehungsweise am Freitag bestätigen. Dies gilt aber als reine Formsache.

Branchenverbände wie der Bitkom, der VATM oder der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hatten beklagt, dass schon die vom Bundestag vorgesehenen Sätze nicht alle Ausgaben der Unternehmen abdecken. Vor allem fehle es an einer Entschädigung für die millionenschweren Anschaffungskosten für neu zu errichtende Überwachungsinfrastrukturen zur Vorratsdatenspeicherung. Auch das Verwaltungsgericht Berlin drängt auf eine angemessene Kostenerstattung für die verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren und andere Überwachungstätigkeiten und hat QSC und BT von der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung vorläufig befreit.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat billigt Entschädigung nach Dauer bei Telekommunikationsüberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 06 März, 2009, 14:23
Telekommunikationsunternehmen werden künftig für die Überwachung von Verdächtigen nach der Dauer des Aufwands entschädigt. Diesen im Vermittlungsverfahren erzielten Kompromiss hat der Bundesrat heute endgültig gebilligt. Die Länder hatten den Vermittlungsausschuss angerufen, weil sie die vom Bundestag beschlossenen Sätze für zu hoch hielten. Telefongesellschaften und andere Unternehmen der Telekommunikationsbranche können im Zuge der Strafverfolgung für verdeckte Ermittlungen herangezogen werden.

Die Länder wollten die Entschädigungssätze generell um 20 Prozent kürzen. Künftig richtet sich die Entschädigung nach der Dauer der Überwachung und dem technischen Aufwand. Erst wenn sich eine Überwachung über mehr als zwei Wochen erstreckt, wird eine Pauschale gezahlt. Die Sätze sind nach der technischen Art des Anschlusses gestaffelt. Analoge Anschlüsse sind einfach zu überwachen, ISDN-Anschlüsse nur mit einem größeren Aufwand.

Quelle : www.heise.de
Titel: Telekom-Firmen mit neuer Abhörentschädigung nicht zufrieden
Beitrag von: SiLæncer am 06 März, 2009, 18:53
"Es zwingt ja auch niemand die Autoindustrie, kostenlos Polizeiwagen zu liefern"

Der Bundesrat hat einen Kompromiss zur Entschädigung der Unternehmen bei staatlichen Überwachungsmaßnahmen beschlossen. Doch die Telekommunikationsunternehmen sind nicht zufrieden, weil ihre Investitionen nicht berücksichtigt wurden.
Der Bundesrat hat eine Kompromissregelung zur Entschädigung der TK-Unternehmen bei staatlichen Überwachungsmaßnahmen verabschiedet. Das TK-Entschädigungs-Neuordnungsgesetz (TKEntschNeuOG) hat die Länderkammer durchlaufen, nachdem zuvor der Vermittlungsausschuss angerufen worden war.

"Das Gesetz weist in die richtige Richtung und erfüllt einige Kernforderungen der Wirtschaft", erklärte Bitkom-Präsident August-Wilhelm Scheer. "Von einer angemessenen Kostenerstattung für die Unternehmen kann aber weiterhin nicht die Rede sein." Im Rahmen des Konjunkturpakets würden "marode Unternehmen" Milliardenbeträge erhalten, während die Telekommunikationsbranche "nicht einmal die berechtigten Ansprüche auf Kostenerstattung erfüllt" bekäme, schimpfte der Verbandschef.

Vorgesehen hat der Bundesrat nun pauschale Entschädigungssummen für Auskünfte über Gesprächsdaten oder die Mitwirkung bei der Telefonüberwachung. Die laufenden Kosten, Beträge in zweistelliger Millionenhöhe, würden damit zu einem größeren Teil ersetzt, erklärte Scheer. Diese Entschädigung solle sich nach der Dauer der Maßnahme richten. Insofern war der Bund den Ländern entgegengekommen. Diese hielten es für nicht vertretbar, dass die Telekom- und Internetunternehmen je angefangenem Monat die volle Monatspauschale für Abhörmaßnahmen in Rechnung stellen wollten. Erst wenn die Maßnahme länger als zwei Wochen dauert, fällt nach dem Kompromiss die volle Monatspauschale an.

Den Bitkom stört, dass die Investitionen der Telefongesellschaften in Abhörtechnik, die bei 75 Millionen Euro liegen, unberücksichtigt geblieben sind. "Für diese Kosten müssen die Unternehmen durch ein separates Gesetz entschädigt werden", sagte Scheer. "Es zwingt ja auch niemand die Autoindustrie, kostenlos Polizeiwagen zu liefern." Ein solches Gesetz solle noch in dieser Legislaturperiode auf den Weg gebracht werden.

Quelle : www.golem.de
Titel: Verwaltungsgericht bezeichnet Vorratsdatenspeicherung als "ungültig"
Beitrag von: SiLæncer am 16 März, 2009, 13:17
Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufgefordert, die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten auf Vereinbarkeit mit den Grundrechten zu prüfen. Laut dem entsprechenden Beschluss von Ende Februar (Az. 6 K 1045/08.WI), den der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung am heutigen Montag veröffentlicht hat, haben sich die Verwaltungsrichter selbst ihre Meinung bereits gebildet und kritisieren die EU-Vorgaben scharf. So sieht das Gericht in der flächendeckenden Aufzeichnung der Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetnutzung der Bevölkerung einen klaren "Verstoß gegen das Grundrecht auf Datenschutz". Die verdachtslose Protokollierung der Nutzerspuren sei "in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig". Die umkämpfte Richtlinie bezeichnen die Richter als "ungültig", da der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz nicht gewahrt werde.

In dem Fall geht es eigentlich um eine Klage eines hessischen Landwirtschaftsbetriebs gegen die Veröffentlichung persönlicher Daten der dahinter stehenden Gesellschafter auf einem Portal, das die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) betreibt. Auf der umstrittenen Webseite werden die Namen der Empfänger von Mitteln aus dem Europäischen Garantiefonds für die Landwirtschaft (EGFL) und dem Europäischen Landwirtschaftsfonds für die Entwicklung des ländlichen Raums (ELER) frei über eine Suchfunktion zugänglich gemacht. Zudem speichert der Portalbetreiber nach eigenen Angaben bei jedem Zugriff auf den Server "zur Verbesserung des Internetdienstes" eine begrenzte Zeit lang die IP-Adresse der Nutzer.

Das Verwaltungsgericht hat den Fall nun vorläufig ausgesetzt und dem EuGH eine Reihe kniffliger Fragen zur Entscheidung vorgelegt. Generell sehen die Richter die alleinige Veröffentlichung der Daten über die Fondsempfänger im Netz zur Information der Bürger als ungeeignet an und verweisen auf aufgeworfene Wertungswidersprüche zwischen einer zunehmenden Überwachung der Telekommunikation und dem halbherzigen Transparenzanliegen: "Diejenigen Bürger, die überhaupt Zugang zum Internet haben und sich informieren wollen, werden gezwungen, sich einer Vorratsdatenspeicherung auszusetzen." Da der Gerichtshof in die Lage kommen könne, dass er die Durchführungsverordnung zur Publikation der Beihilfebezieher nur bejahe, wenn die Vorschriften zur Vorratsdatenspeicherung entfallen würden, sei auch die Gültigkeit der Richtlinie zur anlasslosen Aufzeichnung der Nutzerspuren zu prüfen. Dadurch werde der EuGH auch nicht bereits dadurch gehindert, dass er die in einem Urteil von Anfang Februar die formale Gültigkeit der Direktive auf Klage Irlands hin zunächst bestätigt habe.

Bei seiner Infragestellung der Vorratsdatenspeicherung verweist das Verwaltungsgericht unter anderem auf die Schlussanträge im Rechtsstreit des Musikproduzentenverbands Productores de Músicade España (Promusicae) gegen Telefonica wegen illegalen Filesharing-Aktivitäten. Vor allem die Generalanwältin Julian Kokott hatte hier ein starkes Plädoyer für den Schutz der Privatsphäre der Nutzer abgeben. "Der Einzelne gibt keine Veranlassung für den Eingriff, kann aber bei seinem legalen Verhalten wegen der Risiken des Missbrauchs und des Gefühls der Überwachung eingeschüchtert werden", schreiben die Wiesbadener Richter. Man könne daran zweifeln, ob die Vorhaltung der Verbindungsdaten aller Nutzer ohne konkreten Verdacht mit Grundrechten vereinbar sei. Prüfen solle der EuGH zugleich, ob die Praxis, die IP-Adressen der Benutzer einer Homepage ohne deren ausdrückliche Einwilligung zu speichern, mit dem allgemeinen EU-Datenschutzrichtlinie vereinbar sei. Das Gericht selbst ist der Auffassung, dass auch eine dynamische IP-Adresse ein personenbezogenes Datum und somit besonders zu schützen sei.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung begrüßte in einer ersten Reaktion die Entscheidung aus Wiesbaden. Er forderte SPD und Union zugleich auf, das neueste Vorhaben der Bundesregierung im Entwurf zur Novellierung des Gesetzes für das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zu stoppen, Internetanbieter künftig auch zur flächendeckenden Aufzeichnung des Surfverhaltens im Internet zu ermächtigen. Bürger werden gebeten, gegen diese weitere Form der Vorratsdatenspeicherung zu protestieren. Der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetsurfern hat dazu eine Kampagnenseite eingerichtet.

Quelle : www.heise.de
Titel: Kompromissantrag gegen EU-weite "freiwillige Vorratsdatenspeicherung"
Beitrag von: SiLæncer am 28 März, 2009, 12:08
Im EU-Parlament wächst der Widerstand gegen die Forderung des EU-Rates, Telekommunikationsfirmen im Rahmen der umstrittenen Novellierung des Telecom-Pakets die Aufbewahrung von Verbindungsdaten für die Aufrechterhaltung der Funktion und Sicherheit ihrer Netzwerke zu erlauben. So haben sich der für die Überarbeitung der Richtlinie zum Datenschutz in der elektronischen Kommunikation ("E-Privacy-Direktive") zuständige Berichterstatter Alexander Alvaro und der die übergeordnete Universaldienstrichtlinie betreuende Malcolm Harbour auf einen heise online vorliegenden Kompromissantrag für die 2. Lesung des Vorhabens geeinigt, in dem die entsprechende Klausel aus der Position der Regierungsvertreter der Mitgliedsstaaten ersatzlos gestrichen wird. Bürgerrechtler und Datenschützer waren zuvor gegen die geplante Bestimmung für eine "freiwillige Vorratsdatenspeicherung" Sturm gelaufen.

Im Streit um die geplanten Informationspflichten über Datenschutzverletzungen und Sicherheitspannen für die Anbieter elektronischer Dienste sieht der Änderungsantrag vor, dass "kompetente" nationale Behörden über eine Veröffentlichung der Providerangaben entscheiden und dafür gegebenenfalls formale Vorgaben machen sollen. Die Anbieter sollen angehalten werden, Verzeichnisse über Datenpannen und ihre Auswirkungen zu führen. Damit will man die Aufgabe der Regulierungsbehörden erleichtern, über die Einhaltung der Informationsauflagen zu wachen. Zugleich wollen die Berichterstatter der EU-Kommission die Befugnis gegeben, im Interesse einer einheitlichen Umsetzung der Meldepflichten Verfahrensvorschriften im Einvernehmen mit der European Network and Information Security Agency (ENISA), der "Artikel 29"-Gruppe der EU-Datenschutzbeauftragten sowie dem obersten EU-Datenschützer Peter Hustinx zu erlassen.

Ferner sieht der Kompromissvorschlag, der bislang vor allem von den Sozialisten, Liberalen, Grünen und unabhängigen Wählergruppen mitgetragen wird, ein Verbot der Unterdrückung des Absenders bei E-Mails zu Marketingzwecken vor. Dieses soll sich auch auf SMS, MMS und vergleichbare Applikationen beziehen. Die Mitgliedsstaaten werden aufgefordert, die Einhaltung der gesamten Bestimmungen der E-Privacy-Richtlinie mit effektiven Strafen und Sanktionen zu bewehren. Die nationalen Aufsichtsbehörden sollen mit ausreichenden Kompetenzen und Ressourcen ausgestattet werden.

Nicht zuletzt schlägt das Papier vor, dass die Kommission spätestens drei Jahre nach der Umsetzungsfrist der Bestimmungen eine Evaluierung vorlegt. Den bisher vorgesehenen Auftrag, innerhalb zwei Jahren einen Gesetzesentwurf zur Behandlung von IP-Adressen auszuarbeiten, enthält die gefundene Linie nicht mehr. Vielmehr soll die Kommission Entwicklungen rund um die Verwendung der Internetkennungen nur noch genau beobachten und dabei unter anderem auf die Vorarbeiten der EU-Datenschutzbeauftragten zurückgreifen. Diese sehen IP-Adressen in der Regel als besonders schutzwürdige persönliche Informationen an. Die Abstimmung über alle Änderungsanträge zum Telecom-Paket steht nächsten Dienstag in den federführenden Parlamentsausschüssen an.

Quelle : www.heise.de
Titel: OLG Düsseldorf - Einmalige Gebühren für Auskunftsanspruch
Beitrag von: SiLæncer am 14 April, 2009, 20:30
Eine womöglich weit reichende Entscheidung im Bezug auf den Zivilrechtlichen Auskunftsanspruch bei Urheberrechtsverletzungen in Internettauschbörsen hat das Oberlandesgericht Düsseldorf getroffen.

Bereits am 09.09.2008 beantragte eine Rechteinhaberin beim Oberlandesgericht Düsseldorf im Rahmen des Zivilrechtlichen Auskunftsanspruches einen Beschluss, welcher die Deutsche Telekom AG zur Herausgabe von Namen und Anschriften zahlreicher Kunden bringen sollte.

(http://www.gulli.com/img/Moses-elftes-gebot-filesharing.jpg)

Abgefragt wurden insgesamt 160 IP-Adressen, zu denen ein Verbindungszeitpunkt festgehalten wurde. Vorgeworfen wurde eine Verletzung der Urheberrechte an Tonaufnahmen eines bekannten Künstlers. Entsprechend des Zivilrechtlichen Auskunftanspruches wurde für die Auskunft zu den IP-Adressen eine Kostennote erhoben, welche sich jedoch wider Erwarten anders entwickelte, als zunächst angenommen. Es wurden nämlich nicht wie bisher üblich ein Betrag von 200 Euro pro IP-Adresse verlangt, sondern für alle 160 IP-Adressen (!) zusammen eben diese Summe. Das Oberlandesgericht begründete die einmalige Kostennote damit, dass dem Auskunftsanspruch inhaltlich derselbe Rahmen zugrunde liegen würde, da es sich zwar um verschiedene IP-Adressen handele, jedoch immer um ein bestimmtes Werk. Da sich die IP-Adressen bei privaten Internetanschlüssen mindestens einmal täglich ändern, sei zum Zeitpunkt der Antragsstellung nicht erkennbar, wie viele Verletzer sich letztendlich hinter den vom Verletzten ermittelten IP-Adressen verbergen würden.

Somit ergibt sich, dass die Gerichtsgebühren nur einmalig fällig werden, wenn es sich um ein identisches Werk handelt, welches jedoch unter mehreren IP-Adressen zum Download angeboten wird. Besonders schwer wiegend dürfte die Formulierung sein, dass der Menge der IP-Adressen keine Grenze nach oben gesetzt wurde. Die Anzahl der ermittelten IP-Adressen sei für eine Kostenfestsetzung unerheblich, was schlichtweg dazu führt, dass die Abmahnmaschinerie somit wie zuvor weiter agieren kann, lediglich mit einigen geringfügigen Kosten. Man wird nun wohl wieder vermehrt den IP-Adressen Sammlungen verfallen, um die Kosten so minimal wie möglich zu halten.

Quelle : www.gulli.com
Titel: Entwurf zur technischen Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht
Beitrag von: SiLæncer am 15 April, 2009, 11:27
Die Bundesnetzagentur hat den Entwurf zur Erweiterung der "Technischen Richtlinie zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation" um einen "optionalen Übergabepunkt für die Auskunftserteilung" erweitert (PDF-Datei). Dabei geht es darum, wie Betreiber über die Verkehrsdaten Auskunft geben sollen, die sie im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung sechs Monate speichern müssen. Telekommunikationsdienstleister müssen bereits seit dem 1. Januar 2008 die Telekommunikationsverbindungsdaten speichern, die Internet-Provider seit dem 1. Januar 2009 die bei ihnen anfallenden Verkehrsdaten. Am 29. April will die Behörde hierzu ein Beteiligungsverfahren durchführen.

Abgerufen werden sollen die Verbindungsdaten von Festnetz-, Mobil- und VoIP-Gesprächen sowie von E-Mails und IP-Adressen. Zu den abzufragenden Verkehrsdaten zählen unter anderem die Teilnehmerkennung (IMSI), die Mobile Subscriber ISDN Number (MSISDN), die Geräte-Seriennummer IMEI, E-Mail, SIP-Kennungen, DSL-Kennungen wie Rufnummer, Technical Key oder Angabe des Endpunktes in Form einer Hausanschrift. Weil die Verkehrsdaten dem Fernmeldegeheimnis unterliegen, muss die Auskunftserteilung an Strafverfolger, Verfassungsschutzbehörden, Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst nach bestimmten Regeln erfolgen. So brauchen sie hierfür etwa nach der Strafprozessordnung grundsätzlich eine richterliche Anordnung. Berichte, wonach Mitarbeiter der Deutschen Telekom AG die Daten zu Zwecken der Rasterfahndung im Zuge einer seit der Marktliberalisierung nicht mehr bestehenden "Amtshilfe" an die Behörden weitergegeben haben sollen, hatte das Bundeskriminalamt dementiert.

Ob und in welchem Umfang die Provider nun technische und organisatorische Vorkehrungen für die Auskunftserteilung treffen müssen, regeln das Telekommunikationsgesetz und die Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV). Eine Überarbeitung der TKÜV soll bald erfolgen. So ist etwa im Paragraph 110 Abs. 3 TKG festgelegt, dass die Bundesnetzagentur die Einzelheiten in einer Technischen Richtlinie festlegen soll, an deren Erarbeitung auch die Verbände und der Hersteller beteiligt werden sollen. Dabei sollen unter anderem die vom Europäischen Standardisierungsinstitut ETSI erarbeiteten Spezifikationen berücksichtigt werden. Auch wenn die Technische Richtlinie also noch nicht feststeht, sind die Betreiber zur Speicherung der Daten verpflichtet.

Die neue Technische Richtlinie sieht unter anderem vor, dass die richterlichen Anordnungen künftig auch elektronisch übermittelt werden können. Damit die Übergabe nach außen geschützt sind, sollen Kryptosysteme auf der Basis der IPSec-Protokollfamilie eingesetzt werden, damit die Teilnetze der Strafverfolger und Geheimdienste sowie die der Betreiber zu einem Virtual Private Network (VPN) verbunden werden können. Dabei sind Verbindungen zwischen den Betreibern nicht möglich. Jeder Netzteilnehmer muss außerdem selbst den Übergabepunkt etwa gegen Denial-of-Service-Attacken schützen. Derzeit listet die Bundesnetzagentur mit der secunet Security Networks AG ein einziges Unternehmen auf, dessen IP-Kryptosystem die Anforderungen erfüllt.

Quelle : www.golem.de
Titel: Gericht: Sieg gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 15 April, 2009, 14:45
Mit einem am Mittwoch veröffentlichten Beschluss vom 16.01.09 (Az. VG 27 A 331.08) hat das Berliner Verwaltungsgericht die Mobilfunk-Anbieter Talkline, Debitel, Mobilcom, Klarmobil und callmobile von der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung vorerst entbunden.

Umsetzung verfassungswidrig

Bewegungen und Kontakte von Handy-Nutzern dürfen somit nicht ohne konkreten Anlass aufgezeichnet werden. Nachdem die Vorratsdatenspeicherung in einer früheren Entscheidung des Verwaltungsgerichts Wiesbaden bereits als unverhältnismäßig bezeichnet wurde, ist sie nach Ansicht des Berliner Gerichts in ihrer aktuellen Umsetzung auf Kosten der Provider und Kunden sogar verfassungswidrig. Die freenet-Töchter Talkline, Debitel und Klarmobil bieten daher weiterhin die Möglichkeit an, alle Verbindungsdaten mit Rechnungsversand löschen zu lassen.

Auch der Betreiber von Alice DSL, HanseNet, weigert sich unterdessen fortwährend, die IP-Adressen seiner Nutzer länger als fünf Tage zu speichern. Gegen eine Verfügung der Bundesnetzagentur vom 27.01.2009 hat der DSL-Anbieter vor dem Verwaltungsgericht Köln daher ebenfalls Klage eingereicht (Az. 21 L 234/09).

Quelle : www.onlinekosten.de
Titel: LKA Baden-Württemberg setzt sich für Vorratsdatenspeicherung ein
Beitrag von: SiLæncer am 16 April, 2009, 15:54
Fahnder aus dem "Arbeitsbereich Internet Recherche" des Landeskriminalamts (LKA) Baden-Württemberg haben nach eigenen Angaben (PDF-Datei) weltweit 9000 Ermittlungsverfahren wegen Verbreitung von Kinderpornografie veranlasst. In Deutschland allein seien im Rahmen der Mitte 2008 aufgenommenen Ermittlungen mehr als 1000 Internetanschlüsse überwacht worden. Diese Zahl hätte höher ausfallen können, da viele Provider erst seit dem 1. Januar 2009 der Verpflichtung zur Vorhaltung von Verbindungsdaten nachkommen, meinen die LKA-Fahnder.

"Seit dem 1. Januar 2008 sind die Provider zur Vorratsdatenspeicherung von Internetverbindungsdaten verpflichtet. Auf Grund einer gesetzlich festgelegten Übergangszeit erfolgt die Speicherung bei den Providern im Wesentlichen erst zum 1. Januar 2009", heißt es in der Mitteilung. Bei den Ermittlungen, während der in Deutschland unter anderem 500 Computer beschlagnahmt wurden, seien 377 weitere Anschlussinhaber nicht ermittelt worden, da einige Provider die Verbindungsdaten sofort nach Beendigung der Internetverbindung gelöscht hätten. "Hier zeigt sich, dass die Vorratsdatenspeicherung durch die Provider unverzichtbar ist, um Straftaten im Internet verfolgen und Verdächtige ermitteln zu können", schließt das LKA daraus.

Die Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung stößt bei einigen Providern auf Widerstand, da sie die Überwachungstechnik auf eigene Kosten anschaffen und betreiben müssen. BT Deutschland, QSC und die Freenet-Töchter Mobilcom, Debitel, Klarmobil und Callmobile gingen deshalb vor Gericht und setzten sich vorerst durch. Bis eine grundsätzliche Entscheidung gefallen ist, dürfen sie von der Bundesnetzagentur nicht zur Vorratsdatenspeicherung gezwungen werden. Außerdem liegt dem Bundesverfassungsgericht eine "Massenklage" gegen die verdachtslose Protokollierung von Telefon- und Internetdaten vor.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesverfassungsgericht verlängert erneut Schranken bei Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 29 April, 2009, 13:08
Das Bundesverfassungsgericht hat seine Auflagen zum eingeschränkten Zugriff auf verdachtsunabhängig vorgehaltene Verbindungs- und Standortdaten in der Telekommunikation erneut um sechs Monate verlängert. Das geht aus einem Beschluss (PDF-Datei (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/beschluss-bvg-22-04-09.pdf)) des Ersten Senats des Bundesverfassungsgericht vom 22. April 2009 hervor, den der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung heute veröffentlicht hat.

Gegen die in Paragraph 113a des Telekommunikationsgesetzes geregelte und seit 1. Januar 2008 geltende Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung liegt dem Gericht eine "Massenklage" von über 34.000 Bürgern vor. In dem Beschluss (Az. 1 BvR 256/08) heißt es, die einstweilige Anordnung vom 11. März 2008, die am 1. September wiederholt und am 28. Oktober erweitert wurde, werde für sechs Monate, längstens bis zur Entscheidung über die Verfassungsbeschwerde verlängert. Die Bundesregierung muss nun dem Gericht erneut über die praktischen Auswirkungen der Datenspeicherung und der einstweiligen Anordnung berichten.

Das Bundesverfassungsgericht war im März 2008 einem Eilantrag der Beschwerdeführer gefolgt. Es beschloss, dass die Telekommunikationsfirmen Verbindungs- und Standortdaten der Nutzer verdachtsunabhängig sechs Monate vorhalten müssen, Sicherheitsbehörden darauf aber nur zur Verfolgung schwerer Straftaten zugreifen dürfen. Im Oktober beschränkte das Gericht die Befugnisse zum Datenabruf zur präventiven Gefahrenabwehr für Strafverfolger und Geheimdienste.

Inzwischen haben einige Telekommunikationsunternehmen wie Debitel, Mobilcom, BT Deutschland und QSC gerichtliche Beschlüsse erwirkt, nach denen sie bis zu einer endgültigen Entscheidung nicht zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten gezwungen werden können. Das Verwaltungsgericht Wiesbaden hat im vorigen Monat den Europäischen Gerichtshof (EuGH) aufgefordert, die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung auf Vereinbarkeit mit den Grundrechten zu prüfen.

Quelle : www.heise.de
Titel: "Verfassungsgericht bei Vorratsdatenspeicherung gründlicher als die Politik"
Beitrag von: SiLæncer am 07 Mai, 2009, 12:39
Das Bundesverfassungsgericht hat Experten, Verbänden und Datenschutzbeauftragten einen Katalog mit 13 Fragen zur Vorratsdatenspeicherung zugeschickt. Das geht aus einer Mitteilung des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung (AK Daten) hervor. Die zwölf befragten Experten sollen sich demnach unter anderem dazu äußern, inwieweit die Vorratsdatenspeicherung die Bewegungen von Handynutzern und Lkw-Fahrern erfasst, wozu die Aufzeichnungen sonst genutzt werden könnten, welche Straftatbestände ohne Vorratsdatenspeicherung nicht verfolgt werden könnten und ob sich missbräuchliche Zugriffe verhindern lassen.

Der Arbeitskreis, ein Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internet-Nutzern, ist Initiator einer "Massenbeschwerde" gegen die seit dem 1. Januar 2008 geltende Verpflichtung zum verdachtsunabhängigen Vorhalten von Verbindungsdaten. Er schließt aus den Fragen des Gerichts, dass es die Gefahren sieht, die aus der Vorratsdatenspeicherung für andere Zwecke erwachsen könnten. "Die Gründlichkeit, mit der das Gericht vorgeht, hätten wir indes bereits von Regierung und Parlament erwartet", kommentiert Marcus Cheperu vom AK Daten.

Dem Bundesverfassungsgericht liegt nach Angaben des AK Daten nun eine Statistik (PDF-Datei) des Bundesjustizministeriums vor, nach der die Polizei von August 2008 bis Februar 2009 in 1946 Ermittlungsverfahren anlasslos gespeicherte Telekommunikationsverbindungs- und -positionsdaten angefordert habe. Diese Zahlen lassen nach Meinung der Datenschutzaktivisten nicht auf einen Bedarf nach der Vorratsdatenspeicherung schließen, da die Statistik die Relevanz der Vorratsdaten für den Verfahrensausgang nicht erfasst. "Im Übrigen werden jährlich über 6 Millionen Ermittlungsverfahren eingeleitet. Nur in 0,1 Prozent dieser Verfahren werden überhaupt Vorratsdaten angefordert", ergänzt Patrick Breyer vom AK Daten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Freiwillige VDS - Teilerfolg für Datenschützer
Beitrag von: SiLæncer am 13 Mai, 2009, 20:38
Pläne des Bundesinnenministeriums, privaten Anbietern die Protokollierung bestimmter Benutzerinformationen zu gestatten, sind offenbar vorerst gescheitert. Dies begrüßt auch der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

Die Datenschutzorganisation hatte im Rahmen einer Kampagne hunderte besorgter Bürgerinnen und Bürger mobilisiert, die bei ihren Abgeordneten gegen einen entsprechenden Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) protestierten. Daraufhin kündigten, wie der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in einer aktuellen Presseerklärung mitteilt, Abgeordnete von SPD und Union diese Woche an, "die von Schäuble gewollte Ermächtigung privater Internetanbieter wie Google und eBay zur Aufzeichnung des Surfverhaltens ihrer Nutzer zu streichen."

Weitere Kontroversen gibt es nach wie vor um das geplante BSI-Gesetz. Mit diesem soll, wie der Arbeitskreis es formuliert, "unser Surf- und Suchverhalten auf staatlichen Internetportalen künftig flächendeckend und anlasslos" beim Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik aufgezeichnet werden. Der Jurist und Datenschutz-Aktivist Patrick Breyer warnte bei einer Expertenanhörung am Montag im Bundestag vor der daraus erwachsenden "Gefahr, dass hochsensible Informationen über unsere Internetnutzung versehentlich abhanden kommen, veröffentlicht werden oder absichtlich zweckentfremdet werden."

"Dieser neuerliche Vorstoß des Bundesinnenministers droht die Aushöhlung des Rechts auf Privatsphäre weiter voranzutreiben" sagt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis. "Anscheinend kennt die Datengier des Herrn Schäuble wirklich keine Grenzen, denn jetzt versucht er das durch die Hintertür nachzuholen, was er bei früheren Diskussionen noch ins Reich der Fabeln verwiesen hatte. Aber wir hoffen, dass er hierfür bei der Bundestagswahl im September von den freiheitsliebenden Bürgern die Quittung bekommen wird."

Als "vorläufig erfolgreich" bezeichnen die Datenschützer auch eine zweite ihrer Kampagnen: Im Herbst vergangenen Jahres hatte sich eine Reihe von Bürgerrechts-, Journalisten-, Anwalts- und Verbraucherschutzverbänden gegen den Vorstoß des Europaparlaments eingesetzt, Telekommunikationsunternehmen zu ermächtigen, Kommunikations- und Standortdaten der Benutzer unter Berufung auf "Sicherheitszwecke" aufzuzeichnen. Nach dem nun erzielten Kompromiss bleibt es weiterhin den einzelnen Mitgliedsstaaten überlassen, inwieweit sie eine "freiwillige Vorratsspeicherung" von Verbindungsdaten zur "Störungsbeseitigung" erlauben wollen und nach ihrer Verfassung erlauben dürfen. Vergangene Woche beschloss das Europaparlament in zweiter Lesung dementsprechend, seinen ursprünglichen Vorstoß zur Einführung einer "Blankett-Ermächtigung zur Vorratsdatenspeicherung" wieder zu streichen.

Quelle : www.gulli.com
Titel: Provider muss IPs aus Vorratsdatenspeicherung nicht an Rechteinhaber übegeben
Beitrag von: SiLæncer am 07 Juni, 2009, 15:02
Ein Internetprovider ist nicht verpflichtet, IP-Adressen, die ausschließlich im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung vorgehalten werden, an Rechteinhaber herauszugeben. Dies entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main mit Beschluss vom 12. Mai 2009 (Az. 11 W 21/09).

Der Inhaber von Verwertungsrechten an dem Pornofilm "Purzel-Video Trailer No. 6" hatte von einem Provider, über dessen IP-Adressen der Film in Internettauschbörsen angeboten wurde, Auskunft über Namen und Anschrift der Kunden verlangt, denen die IP-Adressen zugeordnet waren. Nachdem dies abgelehnt wurde, hatte der Rechteinhaber vor dem Landgericht (LG) Frankfurt am Main den Erlass einer einstweiligen Verfügung beantragt. Das LG gab dem Antrag statt und verpflichtete den Provider ohne Anhörung zur Herausgabe der Daten und zur Übernahme der Verfahrenskosten.

Gegen diesen Beschluss hatte der Zugangsanbieter sofortige Beschwerde zum OLG Frankfurt eingelegt. Er machte geltend, dass es sich bei den begehrten Daten um solche handelt, die allein zum Zwecke der Vorratsdatenspeicherung vorgehalten werden. Zudem sei das Werk nicht "im gewerblichen Ausmaß" angeboten worden. Auf die Beschwerde hin hob das OLG den Beschluss des Landgerichts auf und verwies die Sache zurück an das Landgericht.

Bei den begehrten Daten handelt es sich nach Ansicht der Richter am OLG nicht um gespeicherte Verkehrsdaten nach § 96 des Telekommunikationsgesetzes (TKG). Nur für solche Daten könne ein Rechteinhaber den zivilrechtlichen Auskunftsanspruch aus § 101 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) geltend machen. Der Provider jedoch speichere IP-Adressen einzig auf Basis der gesetzlichen Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung für sechs Monate. Diese Daten dürften zwar nach § 113 TKG an staatliche Stellen zu hoheitlichen Zwecken herausgegeben werden. Eine Auskunft an Dritte zum Zwecke der Rechtsverfolgung sei jedoch grundsätzlich ausgeschlossen. Dies gelte auch für den vorliegenden Fall.

Nach Ansicht von Rechtsanwalt Stefan Maaßen, der für den Provider den Beschluss erstritten hat, schiebt die Grundsatzentscheidung des OLG Frankfurt am Main den Versuchen privater Unternehmen, die Vorratsdaten für ihre eigenen Zwecke zu nutzen, einen Riegel vor. Deren datenschutzrechtliche Zweckbindung bleibe unangetastet, auch wenn dies für die Inhaber geschützter Werke die Rechtsdurchsetzung erschwere.

Übrigens sah das OLG im Gegensatz zum Provider schon in dem Anbieten des Pornofilms eine Rechtsverletzung "in gewerblichem Ausmaß". Das "Filmwerk" sei im Oktober 2008 veröffentlicht worden und habe sich bereits im Januar 2009 im Angebot von P2P-Netzwerken befunden. Ein solches Handeln liege nach dem Willen des Gesetzgebers vor, wenn "eine besonders umfangreiche Datei, wie ein vollständiger Kinofilm" kurz nach ihrer Veröffentlichung "im Internet angeboten wird".

Quelle : www.heise.de
Titel: Grüne fordern Auskunftsanspruch über gespeicherte Vorratsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 10 Juni, 2009, 15:52
Die Grünen wollen Telekommunikationsunternehmen dazu bringen, Bürgern Einsicht in die über sie sechs Monate lang aufbewahrten Verbindungs- und Standortdaten zu gewähren. Der allgemeine Auskunftsanspruch über gespeicherte persönliche Informationen in Paragraph 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) gilt nach Ansicht der Oppositionspartei auch für die im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung vorgehaltenen elektronischen Nutzerspuren. Es gehe dabei schlicht um die Durchsetzung des "umfassend gewährleisteten Rechts auf informationelle Selbstbestimmung", erklärte Malte Spitz vom Bundesvorstand der Grünen gegenüber heise online. Er appellierte an die betroffenen Telcos, interessierten Bürgern baldmöglichst Übersichten über die auf sie bezogenen Vorratsdaten zu erteilen.

Die Provider und die zuständige Bundesnetzagentur als Regulierungsbehörde lehnen entsprechende Auskunftsbegehren derzeit ab. Die Grünen fragten gezielt bei vier großen Mobilfunkanbietern hierzulande nach und erhielten durch die Bank abschlägige Antworten. Dabei berufen die Firmen sich zum Teil auf die "strengen Regeln" zum Schutz des Fernmeldegeheimnisses, da auch viele Daten Dritter betroffen wären. Andere verweisen auf "umfassende und abschließende" Auskunftsrechte für die sogenannten Verkehrsdaten im Telekommunikationsgesetz (TKG). Diese würden unterlaufen, wenn man die allgemeine Norm aus Paragraph 34 BDSG heranziehe. Die Daten würden auch nur "für staatliche Zwecke gespeichert". Zudem sehen die Netzbetreiber "erhebliche praktische Datenschutzaspekte" bei einer Beauskunftung.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bejahte auf einer Fachkonferenz des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco dagegen laut einem Bericht (PDF-Datei) den Auskunftsanspruch für die Verbindungs- und Standortdaten. Die gesetzliche Zweckbindung durch das TKG führe nicht zu dessen Ausschluss. Nur der Aufwand für die Bearbeitung könne nicht als "Rechtsverkürzung" für eine Absage der Dateneinsicht herhalten. Daten Dritter wie die Kennung der angerufenen oder eingehenden Telefonanrufe müssten freilich von der Auskunft ausgeschlossen werden. Als problematisch bezeichnete Schaar die Doppelzuständigkeit von Bundesnetzagentur und seiner eigenen Behörde, die nicht zum ersten Mal zu Rechtsunsicherheit für die Unternehmen führe.

Die "Grundidee" des Auskunftsanspruchs im BDSG ist den Grünen zufolge, Kunden ein Recht einzuräumen, Kenntnis über falsche oder ungerechtfertigt gespeicherte Daten zu erhalten. Nur so könnten sie gegebenenfalls eine Korrektur oder Löschung verlangen. Werde dem Verbraucher diese Möglichkeit verwehrt, sei er nicht mehr "Herr über die eigenen Daten". Eine Kontrolle über möglicherweise fehlerhaft aufbewahrte Ortsangaben falle weg. Stattdessen müssten Nutzer und Telcos auf die "technischen Lösungen" zur Datenerfassung und -lagerung "blind vertrauen".

Diese Situation wollen die Grünen beenden. Falls es wider Erwarten nicht möglich sei, gemäß den Forderungen des Bundesdatenschutzbeauftragten den Kunden das Anrecht auf Einblick in die über sie gespeicherten Verkehrsdaten zu gewähren, müsse schnellstmöglich eine gesetzliche Änderung in Angriff genommen werden. Selbst bei "falschen Vorschriften" wie der Vorratsdatenspeicherung habe die Bundesregierung den Bürgern "endlich wirksame Mittel für einen effektiven Datenschutz an die Hand zu geben". Kampagnen, um diesem Ziel Nachdruck zu verleihen, sollen auch in der Sommerpause übers Web koordiniert werden. Zahlreiche Grüne haben gemeinsam mit anderen Oppositionspolitikern im Rahmen der von über 34.000 Bürgern getragenen "Massenbeschwerde" in Karlsruhe Klage gegen die verdachtsunabhängige Protokollierung der Nutzerspuren erhoben. In diesem Prozess läuft in dieser Woche die Frist ab, in der Sachverständige Eingaben an das Bundesverfassungsgericht richten können.

Quelle : www.heise.de
Titel: Gutachter: Vorratsdatenspeicherung bringt lückenlose räumliche Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 26 Juni, 2009, 17:33
Im Hauptverfahren gegen die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telekommunikations- und Internetdaten sind beim Bundesverfassungsgericht neue kritische Stellungnahmen eingegangen. Der Mannheimer Informatikprofessor Felix Freiling warnt in seinem Gutachten (PDF-Datei) im Auftrag der Karlsruher Richter vor einer "nahezu lückenlosen räumlichen Überwachung" durch die sechsmonatige Protokollierung von Nutzerspuren. Diese Möglichkeit werde durch die wachsende Verbreitung mobiler Internetzugänge etwa über das iPhone und eine Tendenz zu immer kürzeren Kommunikationsvorgängen wie bei SMS verstärkt. Dabei würden auch dynamisch vergebene IP-Adressen immer einfacher Rückschlüsse auf den aktuellen Aufenthaltsort zulassen.

Insgesamt werde die Kontrolle des Benutzers über den Zeitpunkt und die Menge der durch ihn verursachten Verbindungs- und Standortdaten laut Freiling in Zukunft abnehmen. Die vom Gesetz erfassten "Verkehrsdaten", die darüber Aufschluss geben, wer mit wem wann und wie lange kommuniziert hat, würden durch Trends in der Telekommunikation "plötzlich" zu Inhaltsdaten, die eigentlich nicht gespeichert werden dürfen. Der Informatiker hält es daher für sinnvoll, Verbindungsdaten "generell stärker als Inhaltsdaten zu bewerten". Diese Einschätzung würde die Ermittlungsbehörden auch darin unterstützen, "sich auf die Verfolgung von für die Gesellschaft wesentlich schädlicheren und schwereren Deliktsarten zu konzentrieren" und sich nicht zu "verzetteln".

Die Verfassungsrichter hatten sich in ihrem Fragenkatalog (PDF-Datei) auch für Schutzmöglichkeiten der Verkehrsdaten interessiert, die die Provider anhäufen. Hier stellt Freiling dar, dass die umfassenden Sammlungen "natürlich auch für Dienstleister" etwa in der Werbung interessant seien "oder für Unternehmen, die interne Korruption bekämpfen oder Kontrolle über ihre Mitarbeiter ausüben wollen". Schutzvorkehrungen vor einem Missbrauch der Verkehrsdaten könnten in der Praxis "immer durch die Kooperation mehrerer Innentäter ausgehebelt werden". Eine "Kontrolle" dieser Gefahren sei "nur mit hohem Aufwand" erreichbar.

Generell hält der Experte die Verkehrsdatenabfrage für "ein universelles, sehr breit eingesetztes Ermittlungsinstrument". In der Vergangenheit sei das Mittel jedoch "zu einem überwiegenden Teil in Verfahren angewendet worden, die der mittleren Kriminalität zugerechnet werden". Langwierige und größere Ermittlungen im Bereich der organisierten Kriminalität, des internationalen Terrorismus oder der Wirtschaftskriminalität, die eine längerfristige Speicherung von Verkehrsdaten rechtfertigen könnten, "machen nicht so viele Fälle der Rechtswirklichkeit aus".

Problematisch für Strafverfolger seien insbesondere offene Zugangspunkte, da die Zuordnung einer Internetkommunikation an der IP-Adresse des Zugangspunkts ende und der Benutzerkreis nicht eingrenzbar sei. Bei Voice over IP (VoiP) seien die zur Speicherung verpflichteten Zugangsanbieter zudem oft nicht die eigentlichen Dienstleister. Zudem könnten Kommunikationspartner mit vorhandener Software direkt ohne Drittanbieter miteinander übers Netz telefonieren und so die Speicherauflagen umgehen. Die Absicht des Gesetzgebers, die wesentlichen Verkehrsdaten heutiger Netzkommunikation möglichst vollständig zu erfassen, werde in Zukunft "in Bezug auf Applikationsdaten zunehmend leer laufen".

Der Bevollmächtigte der über 34.000 Teilnehmer der "Massenbeschwerde" gegen die Vorratsdatenspeicherung, Meinhard Starostik, bezeichnet die Auflagen in einer aktuellen Gerichtseingabe als unnötig. Die Aufklärungsquote im Bereich der Internetdelikte übertreffe die allgemeine bei weitem und sei in den letzten Jahren auch nicht rückläufig gewesen. Die neuen Zugriffsbefugnisse würden dagegen in einer "ausufernden Praxis" für Zielwahlsuchen oder für die Identifizierung der Nutzer anhand von Verkehrsdaten genutzt. In dem Risiko, dass einem Bürger aus dem eigenen Kommunikations-, Bewegungs- und Informationsverhalten jederzeit Nachteile erwachsen könnten, liege die eigentliche Grundrechtsverletzung durch die Vorratsdatenspeicherung begründet.

Der frühere Bundestagsvizepräsident Burkhard Hirsch, der gemeinsam mit anderen FDP-Politikern eine eigene Klage in Karlsruhe eingereicht hat, sieht derweil das Bundesverfassungsgericht auch nach der Bestätigung der formalen Grundlage der EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung durch den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zum Einschreiten veranlasst. Die Luxemburger Richter wollten "die eigentliche gestellte Verfassungsfrage sehenden Auges nicht behandeln", schreibt (PDF-Datei) der Altliberale. Von einem gleichwertigen Grundrechtsschutz auf EU-Ebene könne keine Rede sein. Vielmehr höhle die EU-Richtlinie das europäische Datenschutzrecht mit seinen bisherigen Grundsätzen etwa des Schutzes der Privatheit, der Anonymität oder des Gebots der Zweckbestimmung personenbezogener gespeicherter Daten vollkommen aus. Die anlasslose Verpflichtung sei prinzipiell verfassungswidrig und könne auch nicht mit einschränkenden "Detailregelungen" hingenommen werden.

Quelle : www.heise.de (http://www.heise.de)
Titel: Schleswig-Holstein erlaubt Polizei Zugriff auf Vorratsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 28 Juni, 2009, 14:55
Der schleswig-holsteinische Landtag hat in seiner vergangenen Sitzungswoche einen Gesetzesentwurf beschlossen, der den Strafverfolgern im nördlichen Bundesland Zugang zu den sechs Monate lang verdachtsunabhängig von Telekommunikationsanbietern aufzubewahrenden Telefon- und Internetdaten verschafft. Für das von der Öffentlichkeit noch weitgehend unbeachtete Vorhaben zur Umsetzung der umstrittenen Bestimmungen des Bundes zur Vorratsdatenspeicherung ins Landesrecht stimmte die Parlamentsmehrheit von CDU und SPD. Scharfe Kritik kam dagegen von der Opposition, die verfassungsrechtliche Bedenken hat. Die Fraktionen von FDP und Grünen stimmten daher gegen die Initiative.

Konkret passt die große Koalition in Schleswig-Holstein mit dem Entwurf (PDF-Datei) ihr Landesverwaltungsgesetz an die Paragraphen zur Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz (TKG) des Bundes an. Ein neuer Absatz in Paragraph 185a des entsprechenden Normenwerks stellt künftig sicher, dass die Polizei des Landes "zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person" auf die bei den Providern gesammelten Verbindungs- und Standortdaten zugreifen darf. Die Verankerung in dem Landesgesetz sei nötig, hieß es bei CDU und SPD, weil ein Telefonanbieter sich mit Hinweis auf eine Lücke im Landesrecht bisher geweigert habe, entsprechende Informationen an die Behörden weiterzugeben.

Der Vorsitzende der FDP-Landtagsfraktion, Wolfgang Kubicki, bemängelte im Rahmen der abschließenden Lesungen des Vorhabens, dass durch den Beschluss Regelungen ins Landesrecht übernommen würden, "die aktuell vor dem Bundesverfassungsgericht auf ihre Verfassungsgemäßheit überprüft werden". Dies sei "ein bisher einmaliger Vorgang in der schleswig-holsteinischen Gesetzgebung". CDU und SPD hätten sich nicht einmal Zeit gelassen, um abzuwarten, ob die Vorratsdatenspeicherung in der Strafverfolgung vor dem Grundgesetz standhält.

Kubicki räumte zwar ein, dass man von einer Regelungslücke sprechen könne. Der Griff nach den Vorschriften zur Protokollierung elektronischer Nutzerspuren im TKG gehe allerdings in die falsche Richtung. Es werde niemand erklären können, dass zur Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr eine Bestimmung notwendig sei, "die den Zugriff auf bis zu sechs Monate alte Telekommunikationsverbindungsdaten ermöglicht". Einer angemessenen Regelung, die bei einem konkreten Verdacht einer gegenwärtigen Gefahr für Leib und Leben einen Zugriff auf aktuelle TK-Daten im Einzelfall erlaubt hätte, wäre die FDP nicht im Wege gestanden. Mit ähnlichen Bedenken äußerte sich gegenüber heise online auch ein Sprecher des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD).

Quelle : www.heise.de (http://www.heise.de)
Titel: Kritik an Zugriff auf Vorratsdatenspeicherung in Kiel
Beitrag von: SiLæncer am 06 Juli, 2009, 11:43
Grüne: Vollmacht für Polizei "unbegreiflich"

Die große Koalition in Schleswig-Holstein erlaubt der Polizei den Zugriff auf die Vorratsdaten. Datenschützer und Opposition sind empört, da solche Gesetze in anderen Bundesländern für verfassungswidrig erklärt worden seien.
Datenschützer und Opposition in Schleswig-Holstein haben die Entscheidung der Landesregierung kritisiert, der Polizei durch eine Gesetzesänderung Zugriff auf die Vorratsdaten zu geben. Der Arbeitskreis Vorrat Nord, FDP, Grüne und der Südschleswigsche Wählerverband (SSW) im Landtag haben die Änderung des Landesverwaltungsgesetzes als "weiteren, schwerwiegenden Eingriff in die Grundrechte der Bürger" des Landes bezeichnet.

Die Polizei darf immer dann auf die bei den Providern und Telekommunikationsunternehmen gesammelten Verbindungs- und Standortdaten zugreifen, wenn das wegen "Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person" als nötig erscheint.

Thilo Pfennig vom AK Vorrat Nord kritisiert die Festlegung, "da die Entscheidung über die Verfassungsmäßigkeit der Einführung einer Vorratsdatenspeicherung" noch ausstünde. Der Arbeitskreis hat die mit über 34.000 Teilnehmern größte Verfassungsbeschwerde in der Geschichte der Bundesrepublik initiiert, die sich gegen die verdachtslose Protokollierung der Telekommunikationsdaten richtet.

Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe hatte am 11. März 2008 das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf schwere Straftaten eingeschränkt und die Genehmigungspflicht durch einen Ermittlungsrichters angeordnet. Die Speicherung wurde aber nicht ausgesetzt.

Wegen der laufenden Verfassungsbeschwerde sei "klar, dass das Gesetz nicht Bestand haben wird", kritisierte der Vorsitzende der Schleswig-holsteinischen Landtagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen, Karl-Martin Hentschel. Ihm sei unbegreiflich, wieso CDU und SPD ein Gesetz verabschiedet hätten, was so bereits für andere Bundesländer für verfassungswidrig erklärt worden sei.

Wolfgang Kubicki, der dortige FDP-Fraktionschef, sprach am 6. Juli 2009 von einem Ausverkauf von Bürgerrechten. Die persönliche Freiheit dürfe nicht einem kollektiven Sicherheitswahn geopfert werden. Solch eine kollektive Sicherheit werde es nicht geben, egal wie sehr die Gesetze ausgeweitet würden.

Quelle : www.golem.de (http://www.golem.de)
Titel: CCC: Vorratsdatenspeicherung bringt unkontrollierbare Überwachung
Beitrag von: SiLæncer am 06 Juli, 2009, 13:05
Der Chaos Computer Club (CCC) macht in einem jetzt veröffentlichten Gutachten (PDF-Datei (http://www.ccc.de/vds/VDSfinal18.pdf)) zu den Verfassungsbeschwerden gegen die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten deutlich, welch tiefe Einblicke in die Privatsphäre aller Nutzer mit der umkämpften Maßnahme möglich werden. Im Kern werde durch die Speicherung der Verbindungsdaten und der Standorte der Mobiltelefone eine "Verwendung von Ausforschungsmethoden in der Polizeiarbeit möglich, die bisher nur im geheimdienstlichen und militärischen Bereich üblich sind", schreibt die Hackervereinigung in ihrer Eingabe an das Bundesverfassungsgericht. Durch die Ausforschung von Beziehungsnetzwerken, Aufenthaltsorten und Abfolgen von Kommunikation könne ein "nahezu vollständiges Profil der Persönlichkeit eines Betroffenen erstellt und über die Zeit fortentwickelt werden".

Bei der Betrachtung der Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung darf laut CCC jedoch nicht nur vom heutigen Stand der Technik ausgegangen werden. Die rasche Fortentwicklung der Technologien habe gravierende Auswirkungen auf die zukünftig aus den Kommunikationsbegleitdaten auslesbaren Informationen. Kritisch sei hier die Zunahme von Transaktionsdiensten etwa zum Bezahlen oder zur Gesundheitskontrolle, die über Mobiltelefone abgewickelt werden. Es entstünden so direkt aus den Verkehrsdaten ersichtliche Informationen über das Verhalten und Leben der Betroffenen in bisher unbekanntem Ausmaß. "Durch die ungebremste Aufzeichnung der digitalen Spuren wird das Mobiltelefon mehr und mehr zu einer Ortungswanze, sofern dem speicherwütigen Staat nicht Einhalt geboten wird", moniert CCC-Sprecher Frank Rieger. Sollte die Vorratsdatenspeicherung vor Gericht Bestand haben, bedeute das praktisch das Ende der Freiheit, unbeobachtet zu leben.

Mit der verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren entstehen nach Ansicht der Datenreisenden auch "hochzentralisierte und nicht kontrollierbare Überwachungsknoten, in denen die Netzanbieter keine aktive Rolle mehr spielen". Viele deutsche Netzanbieter hätten die Durchführung von Überwachungsmaßnahmen bereits an Dienstleister ausgelagert, was auch für die Vorratsdatenspeicherung vermehrt gelte. So biete etwa der Konzern Nokia Siemens Networks, der jüngst durch die Lieferung von Abhörsystemen in den Iran in die Schlagzeilen kam, solche "zweifelhaften Dienstleistungen" an. Für die Abfrage der Verbindungsdaten gebe es auch in Deutschland automatisierte Schnittstellen, deren technische Konzeption auf eine "uferlose, großvolumige Nutzung" hinweise. Diese Infrastruktur sei für ein vollautomatisches millionenfaches Eindringen in die Privatsphäre ausgelegt.

Der CCC zieht das Fazit: "Die Gefahr von Datenmissbräuchen sowie die Möglichkeiten, Rückschlüsse auf intime Details, Aufenthaltsorte, Gewohnheiten und Vorlieben im Leben jedes einzelnen Bürgers zu ziehen, stehen in keinem Verhältnis zu dem möglicherweise im Einzelfall bestehenden Vorteil bei der Strafverfolgung." Die Vorratsdatenspeicherung potenziere vielmehr die Risiken und Überwachungsfolgen in einer zunehmend digitalisierten Gesellschaft.

Quelle : www.heise.de (http://www.heise.de)
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Hohe Gefahr des Missbrauchs
Beitrag von: SiLæncer am 24 Juli, 2009, 13:13
Sachverständige schätzen die Gefahr des Missbrauchs der von Providern verdachtsunabhängig auf Vorrat zu speichernden Telekommunikations-Verbindungsdaten als hoch ein. So sind sich alle neun vom Bundesverfassungsgericht im Hauptverfahren gegen die flächendeckende Protokollierung von Nutzerspuren befragten Experten und Verbände einig, dass ein ungerechtfertigter Zugriff auf die sechs Monate aufzubewahrenden Verbindungs- und Standortdaten nicht zu verhindern ist. Selbst das Bundesjustizministerium räumt in seiner Stellungnahme (PDF-Datei) ein, dass eine "vollständige Verhinderung" einer Zweckentfremdung der Datenhalden nicht möglich sei. Ein missbräuchlicher Zugriff an sich Berechtigter könne allenfalls durch Protokollierungen erkennbar und somit für die Zukunft erschwert werden.

Auch der Branchenverband Bitkom beklagt (PDF-Datei) einen nicht optimalen Schutz vor missbräuchlichen Abfragen der sogenannten Verkehrsdaten. Die verpflichteten Telekommunikations-Anbieter müssten ausführliche Sicherheitskonzepte vorlegen. Zudem erfolge bei ihnen regelmäßig eine "technische und organisatorische Trennung der Datenbanken sowie der zuständigen Fachabteilungen". Die eingesetzte Systemarchitektur sehe für die interne und externe Kommunikation den Einsatz von Verschlüsselungstechnologien vor. Allerdings sei es in der Praxis oftmals kaum möglich, die Berechtigung eines Auskunftsersuchens der Sicherheitsbehörden "abschließend zu prüfen". Dies läge auch daran, dass die "Bedarfsträgern" unterschiedliche Formulare verwendeten. Verbesserungen könnte der Lobbyvereinigung zufolge der Einsatz elektronischer Signaturen bringen.

Als typische Fallgruppen bei mithilfe von Telekommunikation begangenen Straftatbeständen, in denen Ermittlungen ohne Rückgriff auf Vorratsdaten im Wesentlichen leer laufen, nennt der Bitkom Beleidigungen, Verleumdungen oder verbal-sexuelle Belästigungen, "internetbasierte Verletzungen von Urheberrechten" sowie Betrugsszenarien wie Bestellungen unter falschem Namen, Kreditkartenmissbrauch, Phishing oder Identitätsdiebstahl. Einen Zugriff auf Vorratsdaten zur Beantwortung zivilrechtlicher Auskunftsansprüche von Rechtehaltern hat der Gesetzgeber aber nicht erlaubt. Gleichwohl ziehen "einige Mitgliedsunternehmen" laut der Stellungnahme zumindest die von ihnen zur "Störungsabwehr" bis zu sieben Tage lang gespeicherten Verbindungsdaten "auch zur Beauskunftung im Rahmen von Verfahren wegen Verletzungen des Urheberrechts" heran. Die dabei genutzten IP-Adressen würden aber "strikt" physisch getrennt gehalten von der Datenbank für die Vorratsdaten.

Weiter hält der Verband eine Verknüpfung der anlasslos aufzubewahrenden Verkehrsdaten mit anderen personenbezogenen Informationen und eine damit einhergehende Profilbildung etwa beim Roaming, bei der Nutzung identifizierbarer Endgeräte wie Autotelefone oder von Diensten mit Ortsbezug für möglich. Informatikprofessoren und der Chaos Computer Club hatten in diesem Zusammenhang bereits in ihren vorab publizierten Gutachten vor unkontrollierbaren Überwachungsmöglichkeiten gewarnt.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix befürchtet in seinen Ausführungen (PDF-Datei), dass "bei nächster Gelegenheit die Forderung nach einer präventiven anlasslosen Speicherung von Kommunikationsinhalten erhoben wird". Das Bundesverfassungsgericht solle die Verfassungsbeschwerde daher nutzen, um "eine absolute Grenze der Überwachung technisch vermittelter Kommunikation und ihrer näheren Umstände zu ziehen".

Umstritten ist unter den Experten, ob nicht-kommerzielle Dienste etwa für E-Mail oder zur Anonymisierung der Kommunikationsspuren allgemein von der Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung ausgenommen sind. Die Bundesnetzagentur sieht dafür keine Veranlassung, während die EU-Kommission davon ausgeht. Das Justizministerium geht davon aus, dass zumindest öffentliche, nicht gegen Entgelt angebotene Internetzugänge von Restaurants oder Privatpersonen keine Daten auf Vorrat sammeln müssen. Uneinheitlich beurteilen die Sachverständigen auch die Frage, ob Interessierte Auskunft über die zur eigenen Person gespeicherten Kontakt- und Bewegungsdaten erhalten dürfen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar fordert hier eine gerichtliche Klärung.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der die "Massenbeschwerde" in Karlsruhe gegen die umfassende Aufzeichnung der Nutzerspuren initiiert hat, rief im Rahmen der Veröffentlichung der Expertenmeinungen alle Bürger noch einmal zur Teilnahme an der für den 12. September geplanten Großdemonstration in Berlin gegen den Überwachungswahn auf. Die Kundgebung unter dem Motto "Freiheit statt Angst" finde dieses Jahr zwei Wochen vor der Bundestagswahl statt. Es sei wichtig, ein Signal gegen die von Schwarz-Rot beschlossenen Sicherheitsgesetze abzugeben.

Quelle : http://www.heise.de/newsticker/Vorratsdatenspeicherung-Hohe-Gefahr-des-Missbrauchs--/meldung/142527 (http://www.heise.de/newsticker/Vorratsdatenspeicherung-Hohe-Gefahr-des-Missbrauchs--/meldung/142527)
Titel: Grüne starten Auskunftskampagne zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 21 August, 2009, 15:34
Die Grünen haben eine Webseite (http://meinekampagne.gruene.de/ds2009) eingerichtet, über die Bürger mit vorgefertigten Briefen Einsicht in die bei Mobilfunkanbietern verdachtsunabhängig auf Vorrat gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten verlangen können. Rechtlicher Hintergrund der Kampagne ist die Auffassung der Grünen und des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar, dass der Auskunftsanspruch über gespeicherte persönliche Informationen in Paragraph 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) auch für die vorgehaltenen elektronischen Nutzerspuren gilt. Die Provider lehnen Auskunftsbegehren derzeit mit Rückendeckung der Bundesnetzagentur ab. Die Grünen wollen die Mobilfunkfirmen nun zwingen, "den eigenen Kunden die umfassende Datenschutzauskunft zu erteilen, zu der sie eigentlich verpflichtet sind".

Zur Nutzung des Portals ist eine Registrierung mit der Angabe persönlicher Daten erforderlich. Dies begründen die Grünen vor allem mit geplanten "Folgeaktionen" zur Durchsetzung der eigenen Ansprüche. Die eingesetzte Software sei "absolut datenschutzfreundlich". Die Daten seien bei jedem Login einsehbar und könnten gelöscht werden. Es sei auch möglich, sich anzumelden, die Schreiben zu kopieren und seinen Account wieder zu stornieren. Dann könne man aber nicht an den geplanten weiteren Aktionsschritten teilnehmen.

Der Präsident des Bundeskriminalamtes (BKA), Jörg Ziercke, hat gestern zur Vorstellung des Bundeslagebilds (PDF-Datei) betont, gegen die Organisierte Kriminalität (OK) könne ohne die anlasslose halbjährige Protokollierung der Nutzerspuren nicht effektiv vorgegangen werden. Das Internet und die modernen Speichermöglichkeiten hätten die zu sichtenden Datenmengen explodieren lassen. Deshalb müssten Verbindungs- und Standortdaten den Ermittlern ausreichend lange zur Verfügung stehen.

Die Zahl der einschlägigen Ermittlungsverfahren ist laut BKA 2008 im Vergleich zum Vorjahr zwar erneut zurückgegangen, dieses Mal um 4,5 Prozent. Der durch die Bandenkriminalität verursachte Schaden stieg aber um 50 Prozent auf 691 Millionen Euro. Voriges Jahr wurden beim BKA so im Bereich OK 331 Verfahren mit Telekommunikationsüberwachung durchgeführt, in sechs Fällen Wohnungen per großem Lauschangriff überwacht und 64 Mal Gespräche außerhalb von Wohnungen aufgezeichnet.

Vor allem die steigende Zahl von Internet-Telefonaten sowie der Einsatz verschlüsselter Kommunikationsformen stelle die Ermittler vor weitere enorme Probleme, führte der BKA-Chef aus. Er hält daher auch die Quellen-Telekommunikationsüberwachung von Voice over IP (VoIP), die vor beziehungsweise nach einer Verschlüsselung direkt am Rechner eines Verdächtigen ansetzt, für unerlässlich. Schon im Januar hatte Ziercke sich dafür stark gemacht, den technisch mit der Quellen-TKÜ verwandten Bundestrojaner im Rahmen heimlicher Online-Durchsuchungen auch bei Ermittlungen im Bereich der Organisierten Kriminalität und von "industrialisiertem" Cybercrime einsetzen zu dürfen. Bisher ist dies den BKA-Ermittlern nur zur Abwehr terroristischer Gefahren gestattet.

Quelle : www.heise.de
Titel: Grüner Bundesvorstand klagt auf Auskunft über Vorratsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 25 August, 2009, 18:47
Malte Spitz, Mitglied im Bundesvorstand der Grünen, hat seinen Mobilfunkbetreiber T-Mobile auf Herausgabe aller über ihn gespeicherten personenbezogenen oder -beziehbaren Daten verklagt. Er stützt sich dabei auf den allgemeinen Auskunftsanspruch über erfasste und aufbewahrte persönliche Informationen in Paragraph 34 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG). Der Mobilfunkprovider hat sich genauso wie drei Konkurrenten geweigert, einem einfachen Auskunftsersuchen grüner Politiker nachzukommen.

Spitz meint, dass die Vorratsdatenspeicherung von Anfang an ein sehr umstrittenes Projekt gewesen sei. Die Bürger müssten parallel zu den laufenden Verfassungsklagen nun schauen, "wie es mit der Datenvorhaltung in der täglichen Praxis aussieht". Momentan könne ein Kunde nicht einmal von den Telekommunikationsanbietern erfahren, welche Daten über ihn gespeichert werden. Spitz interessiert zudem, ob sein Privatleben mit der Vorratsdatenspeicherung durchforstet werden kann und welche Fehler sich möglicherweise in die Datenberge einschleichen. Die Meinung der Bundesnetzagentur und der von den Grünen bereits angeschriebenen Provider, wonach Paragraph 34 BDSG im Fall der staatlich beauftragten anlasslosen Protokollierung der Verkehrsdaten nicht greife, wies Spitz' Anwalt Sönke Hilbrans als die "nicht herrschende Auffassung" zurück. Die einschlägige Rechtsliteratur und führende Datenschützer sähen die Sache anders.

Für Constanze Kurz, die im Namen des Chaos Computer Clubs (CCC) ein kritisches Gutachten im Rahmen der "Massenbeschwerde" gegen die Vorratsdatenspeicherung verfasst hat, geht es um die Herstellung von Transparenz. Der Kläger benutze einen Push-Dienst für seine E-Mails auf dem Mobiltelefon, sodass alle drei bis fünf Minuten automatisch Verbindungs- und Standortdaten erzeugt würden. Diese Informationen ergäben ein "Bewegungsprofil von einer Detailtreue", die selbst mit einer GPS-Wanze am Auto kaum erreicht werden könne. Zudem telefoniere Spitz mit wichtigen Menschen in der Berliner Politik, was ebenfalls "sehr interessant" sein könnte. Bei der vergleichsweise einfachen Auswertung der Daten könnten so auch soziale Profile über die engsten Freunde, Familie oder lose Kontakte gebildet werden.

Technisch ist die Herausgabe der gewünschten Informationen an den Nutzer nach Kurz' Ansicht "kein Problem". Die Strafverfolgungsbehörden fragten die Daten häufig ab und erhielten innerhalb weniger Stunden Auskunft. Das geschehe über standardisierte Schnittstellen, sodass dem Anbieter kaum Kosten entstünden.

Mit einer Verhandlung der Klage vor dem zuständigen Landgericht in Bonn rechnet Hilbrans nicht vor 2010. Er signalisierte aber vorab weiter Gesprächsbereitschaft mit T-Mobile. Ende vergangener Woche richteten die Grünen bereits eine Kampagnenseite ein, über die Interessierte mit vorgefertigten Briefen Einsicht in die bei Mobilfunkanbietern auf Vorrat gespeicherten Verbindungs- und Standortdaten verlangen können.

[Update: Ein Telekom-Sprecher betonte gegenüber heise online, dass der Bonner Konzern eine Klärung der umstrittenen Rechtsfrage begrüße. Bis dahin gehe man mit der Auskunft zu den sensiblen Vorratsdaten sehr restriktiv um, "auch um möglichen Missbrauch zu verhindern".]

Quelle : www.heise.de
Titel: Gericht: Hansenet muss Verpflichtung zur Vorratsdatenspeicherung folgen
Beitrag von: SiLæncer am 16 September, 2009, 11:13
Das Verwaltungsgericht Köln hat einen Antrag des Hamburger Telekommunikationsunternehmens Hansenet abgelehnt, mit dem das Unternehmen eine Ausnahme von der Verpflichtung zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung erreichen wollte. Das geht aus einem Beschluss (Az.: 21 K 1107/09) vom 8. September hervor, der den Beteiligten nun mitgeteilt wurde.

Die Bundesnetzagentur hatte Hansenet am 6. Juli dazu verpflichtet, die technischen Voraussetzungen zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung zu schaffen und dazu innerhalb von sechs Wochen ein Umsetzungskonzept vorzulegen. Dagegen hatte Hansenet Widerspruch eingelegt. Da dieser aber keine aufschiebende Wirkung gehabt hätte, hat das Unternehmen beantragt, die aufschiebende Wirkung anzuordnen.

Hansenet sei wie andere Telekommunikationsunternehmen auch gesetzlich zur Vorratsdatenspeicherung verpflichtet, meint das Kölner Gericht. Das Bundesverfassungsgericht habe zwar über die Verfassungsmäßigkeit dieser Verpflichtung noch nicht entschieden, es habe aber über eine einstweilige Anordnung nur einschränkende Regelungen über die Weitergabe der Daten getroffen. Auch hätten die Verfassungsrichter bei Berücksichtigung des Kostenaufwands für die Unternehmen nicht die Speicherpflicht als solche ausgesetzt.

Weiter führt das Kölner Gericht aus, das öffentliche Interesse an der sofortigen Umsetzung der gesetzlichen Verpflichtung sei vor dem Hintergrund der Gefahrenabwehr und effektiver Strafverfolgung höher zu bewerten als Hansenets Interesse, die für die Umsetzung der Speicherpflicht notwendigen Kosten vorerst nicht aufwenden zu müssen. Das Unternehmen kann innerhalb von zwei Wochen gegen den Beschluss Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht in Münster einlegen.

Das Verwaltungsgericht Köln ist damit einen anderen Weg gegangen als die Kollegen in Berlin. Das dortige Verwaltungsgericht hatte im April entschieden, dass die Bundesnetzagentur die Mobilfunkanbieter Mobilcom, Debitel, Klarmobil und Callmobile einstweilig nicht zur verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten zwingen darf. Das gleiche Gericht hatte im Oktober 2008 ebenso im Fall von BT Deutschland und von QSC entschieden. Im März hatte das Verwaltungsgericht Wiesbaden den Europäischen Gerichtshof aufgefordert, die EU-Richtlinie zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten auf Vereinbarkeit mit den Grundrechten zu prüfen.

Quelle : www.heise.de
Titel: "Überwachung stoppen, Schäuble absetzen"
Beitrag von: SiLæncer am 19 Oktober, 2009, 22:30
Zu den Koalitionsplänen zur inneren Sicherheit melden sich nun auch die Datenschutz-Aktivisten vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zu Wort. Sie sind mit dem gefundenen Kompromiss zumindest in der Frage der Vorratsdatenspeicherung unzufrieden und bezeichnen diesen als "unverständlich und inakzeptabel".

Auch verschiedene Ermittler-Organisationen, wie die GdP und der BDK, hatten Kritik an den Plänen geübt - wenn auch aus völlig anderer Richtung als die Datenschützer. Die Kritik der Polizei weist der Arbeitskreis als "sachlich falsch" zurück. Auch ohne diese Maßnahme, das beweise ein Blick in die Vergangenheit und auf andere Länder, sei eine effektive Verbrechensbekämpfung möglich. Die Vorratsdatenspeicherung sei "in einem demokratischen Rechtsstaat problemlos verzichtbar. Die dafür verpulverten Millionen fehlen an anderer Stelle, etwa bei gezielten Hilfen für kriminalitätsgefährdete Jugendliche, wo sie einen wirklichen Beitrag für unsere Sicherheit leisten könnten," kritisiert Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

An den aktuellen Plänen bemängeln die Aktivisten, dass lediglich der Zugriff auf die gespeicherten Verbindungsdaten beschränkt werden soll. Die Datenspeicherung selbst, mit all ihren vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung schon seit Jahren kritisierten Risiken, soll dagegen weiterlaufen. "Nach dem zwischen Schäuble und Leutheusser-Schnarrenberger vereinbarten Kompromiss soll die verdachtslose und flächendeckende Aufzeichnung unserer Telefon-, Handy- und E-Mail-Benutzung unverändert fortgesetzt werden", kritisiert Sandra Mamitzsch vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Eine Einschränkung des staatlichen Datenzugriffs ist keineswegs die angekündigte 'Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung' und ändert nichts an dem inakzeptablen Risiko einer missbräuchlichen Nutzung oder eines versehentlichen Bekanntwerdens unserer privaten, geschäftlichen und politischen Kommunikationsbeziehungen. Wenn der Staat die ohne Anlass aufgezeichneten Informationen über unsere Kommunikationspartner und Bewegungen bis auf weiteres grundsätzlich nicht mehr nutzen will, dann ist es vollends unverständlich, warum die Speicherung gleichwohl fortgesetzt werden soll."

Statt dieser von ihnen als unzureichend empfundenen Einschränkung fordern die Aktivisten eine völlige Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung. "FDP, CDU und CSU müssen Telefongespräche und E-Mails endlich wieder ebenso anonym und spurenlos ermöglichen wie es bei persönlichen Gesprächen und Briefen der Fall ist", fordert Mamitzsch. Um die Grundrechte in Deutschland zu verteidigen, reiche es nicht aus, "nur passiv abzuwarten und sich auf die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des EuGH zu verlassen."

Um dieses Ziel zu erreichen, so die Aktivisten, müsse zukünftig ein "freiheitsfreundlicher Minister" das Amt des Bundesinnenministers bekleiden. Aus dem bislang von Dr. Wolfgang Schäuble (CDU) geführten Bundesinnenministerium, welches in den vergangenen Jahren eine Flut von Überwachungsgesetzen vorgelegt hat, sei erst vor wenigen Tagen wieder eine lange "Schreckensliste neuer Überwachungsvorhaben" bekannt geworden. Der Arbeitskreis fordert daher eine Absetzung Schäubles und einen Stopp neuer "Überwachungsgesetze".

Quelle : www.gulli.com
Titel: Re: "Überwachung stoppen, Schäuble absetzen"
Beitrag von: Jürgen am 20 Oktober, 2009, 01:16
Nicht absetzen, das wäre in diesem Falle wohl als behindertenfeindlich anzusehen.
Einfach 'rausschieben...  ::)
Titel: Vorratsdatenspeicherung: ISPs wollen Entschädigung
Beitrag von: SiLæncer am 23 Oktober, 2009, 20:49
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft Eco sieht im Koalitionsvertrag nur einen Teilerfolg beim Thema innere Sicherheit. Begrüßt wurde, dass der Zugriff auf die Daten der Vorratsdatenspeicherung eingeschränkt wird.

Allerdings bleibe die Speicherung selbst unangetastet und es stelle sich weiterhin die Frage, "mit welcher Berechtigung die Politik die Kosten für diese hochproblematische Maßnahme auf die Unternehmen abwälzt", teilte der Verband in einer heutigen Stellungnahme mit.

"Die deutsche Internetwirtschaft musste nach unseren Berechnungen allein 332 Millionen Euro für Hardware und Software zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung ausgeben. Diese Kosten, die ausschließlich für die Erfüllung dieser vom Staat auferlegten Hilfssheriff-Dienste entstanden sind, sind immer noch nicht entschädigt worden", sagte Michael Rotert, Vorstandsvorsitzender des Eco.

Der Verband sieht darin einen unverhältnismäßigen Eingriff in die Grundrechte der Unternehmen und ihrer Kunden, die letztlich die Zeche zahlen. Dies sei "ganz unabhängig von der Frage, ob die verdachtslose und flächendeckende Speicherung sämtlicher Kommunikationsverbindungen aller Bürgerinnen und Bürger überhaupt erforderlich und angemessen ist", so Rotert. Die neue Bundesregierung müsse das Thema Entschädigung endlich angehen: W"er Überwachung bestellt, der muss sie auch bezahlen", fordert der Eco.

Quelle : http://winfuture.de



Beitrag Nr. 70000  :jb
Titel: Datenschützer kritisiert Beibehaltung der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 25 Oktober, 2009, 17:00
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat sich enttäuscht über den Kompromiss zur inneren Sicherheit im Koalitionsvertrag von Schwarz-Gelb gezeigt. Bei der vom Bundesverfassungsgericht geprüften Vorratsdatenspeicherung gebe es "keine Änderung gegenüber dem Status Quo", bemängelte der Datenschützer die Absprache gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung: "Da hat sich doch gar nichts bewegt." Schaar hätte sich nach eigenen Worten beim Streitpunkt der verdachtsunabhängigen Protokollierung der Nutzerspuren "eigentlich ein bisschen mehr erwartet". Die neue Regierungskoalition forderte er auf, sich für die Abschaffung der EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Wörtlich heißt es in der Koalitionsvereinbarung (PDF-Datei): "Wir werden den Zugriff der Bundesbehörden auf die gespeicherten Vorratsdaten der Telekommunikationsunternehmen bis zur Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung aussetzen und bis dahin auf Zugriffe zur Abwehr einer konkreten Gefahr für Leib, Leben und Freiheit beschränken."

Von einer "Aussetzung" könne damit keine Rede sein, rügt auch der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung in einer ersten Analyse des Texts. Die Passage beziehe sich allein auf das Bundeskriminalamt (BKA), das gemäß einer Anordnung aus Karlsruhe ohnehin nur noch zur Abwehr schwerer Gefahren Zugang zu den Datenhalden erhalte. Zudem sollen die Vorgaben des Vertrags laut der Bürgerrechtsvereinigung im Wege einer Verwaltungsanweisung an das BKA umgesetzt werden. Gerichte könnten diese aber nicht anwenden, Bürger sich nicht darauf berufen. Die überwiegende, vom Koalitionsvertrag nicht betroffene Nutzung von Vorratsdaten erfolge ferner zur Strafverfolgung auf Länderebene.

Trotz der allenfalls geringfügigen Einschränkung der Vorratsdatenspeicherung bezeichnete der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, die Absicht der neuen Regierungskoalition als "Stück aus dem Tollhaus". Das BKA werde "ausgerechnet inmitten der höchsten Gefährdungslage durch den Terrorismus an die Kette gelegt". Das sei mehr als unverantwortlich. Innerhalb der Polizei habe die Passage "Fassungslosigkeit" ausgelöst. In der Aufholjagd gegen die "technisch wesentlich besser gerüstete internationale Schwerkriminalität" würden die Ermittler "um Längen zurückgeworfen".

Nicht ganz zufrieden zeigte sich Schaar unterdessen auch mit dem Vorhaben von CDU, CSU und FDP, eine Verbesserung des Schutzes der Privatsphäre von Arbeitnehmern im Rahmen des Bundesdatenschutzgesetzes anzugehen. Er halte ein eigenes Beschäftigten-Datenschutzgesetz "für unbedingt erforderlich", betonte der Bundesdatenschutzbeauftragte. Im Arbeitsleben gebe es sehr spezielle Umstände, die sich von anderen Bereichen der Datenverarbeitung deutlich unterscheiden, begründete Schaar den von ihm bevorzugten Ansatz. Hinzu komme, dass es sich bei einem Arbeitsverhältnis auch immer um ein Abhängigkeitsverhältnis handele: "Das Abstellen auf die Einwilligung des Betroffenen, wie wir das im allgemeinen Datenschutzrecht haben, ist deshalb nicht ausreichend."

Grünen-Bundesvorsitzende Claudia Roth ließ auf dem Parteitag der Oppositionspartei in Rostock am gestrigen Samstag kein gutes Haar am Fahrplan von Schwarz-Gelb für die neue Legislaturperiode. Der "Bürgerrechtslack" sei damit bei den Liberalen ab, wetterte die Grünen-Chefin. Es bleibe bei heimlichen Online-Durchsuchungen und bei der Vorratsdatenspeicherung, hinzu komme eine zentrale Visa-Warndatei. Die sich als "moderne Linke" bezeichnende Politikerin fügte hinzu: "Mehr Umfallen war nie."

Für den Präsident des Hightech-Verbands Bitkom, August-Wilhelm Scheer, legt der Koalitionsvertrag dagegen "gute Grundlagen, um Deutschland erfolgreich in der digitalen Welt zu positionieren". Erstmals sei IT, Telekommunikation und Internet ein eigenes Kapitel gewidmet. Die Lobbyorganisation begrüßt vor allem, "dass der Rechtsrahmen des Internet und der neuen Medien auf den Prüfstand kommt und der Bürokratieabbau forciert werden soll". Nur "die ungewöhnlich kritische Grundhaltung" gegenüber der elektronischen Gesundheitskarte bereite der IT-Wirtschaft Sorgen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Karlsruhe setzt Termin an
Beitrag von: SiLæncer am 27 Oktober, 2009, 15:48
Das Bundesverfassungsgericht sieht offenbar tiefergehenden Gesprächsbedarf in Sachen Vorratsdatenspeicherung. Wie das Gericht heute mitteilte, habe man für den 15. Dezember eine Verhandlung angesetzt.

In dieser sollen die verschiedenen Einwände aus den Verfassungsbeschwerden zahlreicher Nutzer von Internet und Telekommunikation zur Sprache kommen. Insgesamt rund 34.000 Bundesbürger haben aus verschiedenen Gründen in Karlsruhe gegen das Gesetz interveniert.

Die Beschwerdeführer sehen durch die Vorratsdatenspeicherung vor allem das Telekommunikationsgeheimnis und das Recht auf informationelle Selbstbestimmung verletzt. Sie halten die anlasslose Speicherung aller Telekommunikationsverbindungen für unverhältnismäßig. Insbesondere machen sie geltend, dass sich aus den gespeicherten Daten Persönlichkeits- und Bewegungsprofile erstellen ließen.

Einige Beschwerdeführer, darunter Rechtsanwälte, Ärzte, Journalisten und Steuerberater, fühlen sich darüber hinaus durch die Vorratsdatenspeicherung in ihrer Berufsfreiheit verletzt, weil sie die Vertraulichkeit der Kontakte zum Mandanten beeinträchtige. Eine Beschwerdeführerin, die einen Internetanonymisierungsdienst anbietet, gab an, die mit der Speicherung verbundenen Kosten beeinträchtigen die Anbieter von Telekommunikationsdiensten unverhältnismäßig in ihrer Berufsfreiheit, so das Gericht.

Möglicherweise wird es allerdings so bald keine Entscheidung geben. Wie das Bundesverfassungsgericht mitteilte, könnte das Verfahren über den Europäischen Gerichtshof gehen, da das Bundesgesetz lediglich eine EU-Richtlinie umsetzt. Dann wäre zu prüfen, ob diese generell Grundrechte von EU-Bürgern verletzt.

Quelle : http://winfuture.de
Titel: Hansenet boykottiert weiter die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 31 Oktober, 2009, 14:00
Trotz eines Gerichtsurteils führt Hansenet die Technik zur Vorratsdatenspeicherung nicht ein. Die Firma will kurz vor dem Verkauf an die Telefonica kein Geld mehr für die Überwachungstechnik ausgeben, die offenbar von der Polizei intensiv genutzt wird.

Hansenet (Alice) nimmt laut einem Bericht der Wirtschaftswoche weiterhin nicht an der Vorratsdatenspeicherung teil. Im September 2009 hatte das Verwaltungsgericht Köln gegen einen Antrag des Unternehmens entschieden, mit dem Hansenet erreichen wollte, vorerst keine Maßnahmen zur Einführung der verdachtslosen Sammlung der Verkehrsdaten der Telefon- und Internetverbindungen treffen zu müssen. Gegen die Kölner Entscheidung legte die Telecom-Italia-Tochter Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster ein, was aber keine aufschiebende Wirkung hat.

"Die Firma verfügt nicht über die zur Vorratsdatenspeicherung der betreffenden Verkehrsdaten notwendigen technischen Anlagen", heißt es in einem internen Vermerk der Ermittler der Bezirkskriminalinspektion Kiel, der der Wirtschaftswoche zugespielt wurde.

Hansenet habe Liquiditätsengpässe und führte deshalb die 400.000 Euro teure Technik für die Vorratsspeicherung nicht ein. Hansenet-Chef Paolo Ferrari will kurz vor Abschluss der Verkaufsverhandlungen mit der spanischen Telefónica für die Überwachung kein Geld mehr ausgeben. Ab Dezember 2009 verhandelt das Bundesverfassungsgericht, ob die Vorratsdatenspeicherung rechtens ist. Zwei bis drei Monate danach ist das Urteil zu erwarten.

Bei der Vorratsdatenspeicherung greift die Polizei bei den Providern und Telekommunikationsunternehmen auf die gesammelten Verbindungs- und Standortdaten zu, wenn dies mit der "Abwehr einer gegenwärtigen Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person" zu begründen ist. Auf Vorrat erfasst werden die Rufnummern von Anrufer und Angerufenem, die Zeit des Anrufs, bei Mobiltelefonen die 15-stellige IMEI-Nummer zur Geräteidentifikation und die eingebuchten Funkzellen, um den Standort zu bestimmen. Dasselbe gilt für SMS. Bei anonymen Prepaidkarten werden auch das Datum der Aktivierung und die Funkzelle erfasst. Bei VoIP müssen auch die IP-Adressen der Gesprächspartner aufgezeichnet werden.

Trotz jüngster Beteuerungen aus der Union wird die Vorratsdatenspeicherung offenbar weiter intensiv genutzt: In der Zeit vom 1. März bis zum 31. August 2009 scheiterten in rund 100 Fällen Auskunftsersuchen, so eine Studie des Bundesjustizministeriums, die dem Magazin vorliegt. Am häufigsten gab es Fehlversuche bei Hansenet, sagen Insider laut dem Bericht.

Quelle : www.golem.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Streit um Gratis-Dienste
Beitrag von: SiLæncer am 06 November, 2009, 15:14
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat den neuen Bundeswirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) aufgefordert, nichtkommerzielle Internet-Hotspots und E-Mail-Dienste von der Pflicht zur Verbindungsdatenspeicherung auszunehmen.

Hintergrund ist ein Meinungsstreit zwischen EU-Kommission und Bundesnetzagentur über die Reichweite der Pflicht zur Sammlung von Verbindungsdaten. Am 16. Oktober 2009 teilte EU-Kommissarin Viviane Reding auf Anfrage des FDP-Europaabgeordneten Alvaro mit, zur Vorratsdatenspeicherung seien nur Anbieter verpflichtet, deren Angebot eine "Verbindung zu einer Tätigkeit wirtschaftlicher oder kommerzieller Art" aufweise.

Dagegen sieht die Bundesnetzagentur auch nicht-kommerzielle Dienste in der Pflicht, Verbindungsdaten zu protokollieren. Tun sie dies nicht, drohen hohe Bußgelder. Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung fordert den neuen Wirtschaftsminister nun zu einer Revision dieses Kurses auf. In dem Schreiben an Brüderle warnt der Arbeitskreis, die derzeitige Praxis der Bundesnetzagentur bedrohe "die Existenz nicht-kommerzieller Dienste und damit eine wichtige Infrastruktur zur Kommunikation im Internet".

Ehrenamtliche Betreiber kostenloser E-Mail-Dienste, offener Internetzugänge und Anonymisierungsdienste ("TOR-Server") seien "finanziell, personell und organisatorisch schlichtweg nicht in der Lage, die gesetzlichen Anforderungen an Telekommunikationsdienste zu erfüllen". Brüderle habe sich in der Vergangenheit stets gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen und solle sich nun dafür einsetzen, dass die Bundesnetzagentur von nichtkommerziellen Dienste keine Vorratsdatenspeicherung mehr verlange.

"Politiker der Großen-Koalitions-Regierung haben zur Verteidigung der Vorratsdatenspeicherung immer wieder vorgebracht, dass ihnen aufgrund der notwendigen Umsetzung der EU-Richtlinie die Hände gebunden seien", sagt Michael Ebeling vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Nun erwarte ich von den jetzt in Verantwortung stehenden Politikern auch, dass derart deutliche Worte der EU-Kommissarin zur Auslegung der Richtlinie strikt in deutsches Recht überführt und umgesetzt werden. Dazu benötigt die Bundesnetzagentur klare Anweisungen aus der Regierungsebene."

"Die alte Bundesregierung hatte ja stets behauptet, nur eine Minimalumsetzung der EU-Richtlinie vorgenommen zu haben," ergänzt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis. "Den offensichtlichen Widerspruch dieser Worte zur tatsächlichen Lage kann die neue Regierung nun als ersten Schritt aufheben." Die eigentliche Forderung, die Vorratsdatenspeicherung komplett zu kippen, bleibe natürlich bestehen.

Quelle : http://winfuture.de
Titel: Wegschwimmende Musikindustrie-F(ä/e)lle
Beitrag von: SiLæncer am 11 November, 2009, 21:17
Nicht wirklich überraschend, aber amüsant zu lesen: Die Musikindustrie und der Börsenverein sehen die Vorratsdatenspeicherung als unumgänglich für sich an.

Nein, es überrascht nicht wirklich, dass die Musikindustrie die Vorratsdatenspeicherung als wichtiges Mittel gegen Onlinepiraterie (sic!) ansieht. Aber es ist dennoch hübsch, dies noch einmal in dem Schreiben nachlesen zu können, das an das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe gerichtet wurde.

Die verfassungsrechtliche Gewährleistungen des geistigen Eigentums liefe gänzlich leer - so heißt es in dem nun beim AK Vorrat nachzulesenden Schriftsatz (https://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/vb_bverfg_schreiben_2009-11-04_1-bvr-256-08.pdf).

Es darf also weiter gebangt und gehofft werden. Denn wie das BVerfG gerade auch die Problematik des geistigen Eigentumes in seine Entscheidung miteinbeziehen wird, ist für die weiteren Vorgehensweisen der Musikindustrie von essentieller Bedeutung.

Quelle : http://www.heise.de/tp/
Titel: Hansenet gerichtlich zur Vorratsdatenspeicherung gezwungen
Beitrag von: SiLæncer am 19 November, 2009, 12:19
Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen hat den Widerspruch von Hansenet gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln zurückgewiesen, das einen Antrag des Hamburger Telekommunikationsunternehmen auf eine vorläufige Befreiung von der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung im September abgelehnt hatte. Dies geht aus einer jetzt veröffentlichten Entscheidung des Berufungsgerichts in Münster von Anfang November hervor (Az. 13 B 1392/09).

Offen gelassen hat der 13. Senat des Oberverwaltungsgerichts, ob die Vorschriften der §§ 110 und 113 a Telekommunikationsgesetz (TKG), aus denen die Pflichten des Telekommunikationsanbieters hervorgehen, verfassungs- und europarechtkonform sind. Derzeit sei nicht abzusehen, wie das Bundesverfassungsgericht in den bald mündlich verhandelten Verfassungsbeschwerden gegen die sechsmonatige Protokollierung der Nutzerspuren entscheiden werde.

Das OVG selbst spricht von einer "anlasslosen Überwachung" und einer mithin "ohne Vorliegen eines Anfangsverdachts oder eines konkreten Hinweises eingeleiteten Kontrolle". Karlsruhe habe aber zunächst die Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung abgelehnt und auch die mit der Aufbewahrungspflicht verbundenen Kosten dafür nicht als hinreichend angesehen. Unbeantwortet sei auch noch die Frage, in welchem Umfang das Bundesverfassungsgericht angesichts der EU-Vorgaben über die Verfassungskonformität der angegriffenen Vorschrift zu bestimmen habe.

Vor diesem Hintergrund hat das OVG das öffentliche Vollziehungsinteresse mit dem privaten Interesse Hansenets abgewogen. Hier habe Hansenet keine ausreichend qualifizierten Argumente vorgebracht, seine wirtschaftlichen Nachteile "nicht widerspruchsfrei" aufgeführt, sodass der ökonomische Aufwand nicht sicher einzuschätzen sei. Nicht wieder gutzumachende Folgen für die Antragstellerin seien so auch nicht zu erkennen, falls die Speicherpflicht durch Karlsruhe aufgehoben würde.

TK-Unternehmen wie die Mobilfunkanbieter Mobilcom, Debitel, Klarmobil und Callmobile sowie die Provider BT Deutschland und QSC dürfen laut Entscheidungen des Verwaltungsgerichts Berlin hingegen derzeit von der zuständigen Bundesnetzagentur nicht zur Vorratsdatenspeicherung gezwungen werden. Die Berliner Richter befanden im Gegensatz zu ihren nordrhein-westfälischen Kollegen, dass die Pflicht zur Aufbewahrung der Verbindungs- und Standortdaten ohne angemessene Kostenerstattung verfassungswidrig sei.

Diesen abweichenden Beschlüssen müsse man nicht weiter nachgehen, meint das OVG NRW. Die fehlende Entschädigungsregelung sei zwar möglicherweise in einem eigenständigen Verfahren zu behandeln. Es bestünden aber keine Bedenken, dass die Regulierungsbehörde eine falsche Entscheidung getroffen habe. Die Bundesnetzagentur behandle die Fälle einheitlich und habe jeweils Beschwerde gegen die Entscheidungen beim Berufungsgericht eingelegt. So gebe es keine Wettbewerbsverzerrungen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Österreich: Gesetzentwurf für Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 22 November, 2009, 12:49
Die österreichische Verkehrsministerin Doris Bures (SPÖ) hat einen Entwurf für eine Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG 2003) zur Begutachtung veröffentlicht. Mit den neuen Normen soll in dem Land die Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden. Telekommunikationsanbieter müssen demnach künftig Telefon- und Internetverbindungsdaten aller Kunden auch ohne konkrete Verdachtsmomente ein halbes Jahr lang speichern.

Da die in einer EU-Richtlinie für die Einführung der Vorratsdatenspeicherung vorgesehene Frist längst verstrichen ist, muss sich die Republik Österreich gegenwärtig vor dem EuGH in einem Vertragsverletzungsverfahren verantworten. Am Dienstag ist eine Stellungnahme fällig. Davor musste aus verfahrenstechnischen Gründen die Novelle in die Wege geleitet werden. Allerdings könnte der Entwurf im weiteren Prozess noch Veränderungen erfahren. Weder die Opposition noch der Koalitionspartner ÖVP sind mit dem Entwurf zufrieden, wenngleich aus unterschiedlichen Motiven.

Interessierte Personen haben nun acht Wochen Zeit, Stellung zu nehmen, was ungewöhnlich lange ist. Ungewöhnlich ist auch die Entstehungsgeschichte des Entwurfs: Er wurde weder von Ministerialbeamten noch von Parlamentsmitgliedern erstellt. Vielmehr hatte Bures das Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte damit beauftragt. Dieses bildete eine Arbeitsgruppe, der neben Juristen und Gesandten betroffener Telekommunikationsanbieter auch Vertreter der Ministerien für Inneres sowie Justiz angehörten.

Trotzdem rührt sich nun aus diesen ÖVP-geführten Ressorts Widerstand. Den Entwurf ohne Placet des Koalitionspartners in Begutachtung zu schicken sei "ein bisschen ein Affront", heißt es aus dem Justizministerium, während man laut Presse im Innenministerium "äußerst irritiert" reagierte. Dort zweifelt man an der Praktikabilität des Entwurfs und hegt "schwerste Bedenken", ob der Entwurf den Bedürfnissen der Polizei entspricht. Insbesondere wird ein Zugriff auf die Vorratsdaten auch bei leichten Straftaten  mit weniger als einem Jahr maximaler Strafdrohung gefordert.

Im Entwurf selbst ist von "schweren Straftaten" die Rede – was genau das ist, soll das Justizministerium festlegen. Dort fordert man "keinen Rückschritt bei den bisherigen Möglichkeiten der Kriminalitätsbekämpfung." Bures dazu: "Tatsächlich werden durch die Umsetzung der EU-Richtlinie die rechtlich zulässigen Möglichkeiten für Polizei und Justiz erweitert." Begleitend müsse aber die datenschutzrechtliche Kontrolle erweitert werden. "Die Zeit der Begutachtung ist dazu da, um die Gespräche mit dem Koalitionspartner und mit allen Interessengruppen weiterzuführen. Ich erwarte hier eine rege Beteiligung der Zivilgesellschaft."

BZÖ und Grüne lehnen eine Zustimmung zum Entwurf ab. "Es ist eine Frechheit, wenn die über acht Millionen Österreicher generell zu potenziellen Terroristen erklärt werden, die man ja zu ihrer eigenen Sicherheit unbedingt überwachen muss. Den Staat geht es nichts an, wer mit wem was telefoniert", äußerte sich etwa BZÖ-Justizsprecher Ewald Stadler, "Hier haben die staatlichen Datenschnüffler nichts verloren". Die FPÖ schoss sich derweil auf die dem Entwurf zu Grunde liegende EU-Richtlinie ein.

Der Entwurf enthält auch einige Passagen, die verfassungswidrig sein könnten. Diese Teile sollen daher selbst in den Verfassungsrang gehoben werden, um dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) die Kontrolle darüber zu entziehen. Dieses Vorgehen hat in Österreich Tradition. Die dafür erforderliche Zwei-Drittel-Mehrheit würde aber die Zustimmung von mindestens 14 Nationalratsabgeordneten der Opposition erfordern.

Unabhängig von der Vorratsdatenspeicherung haben die drei Oppositionsparteien vereinbart, bis März keine Zustimmung zu Zwei-Drittel-Materien zu geben. Anlass ist die Weigerung von SPÖ und ÖVP, bestimmte Minister und ehemalige Minister aus ihren eigenen Reihen in einen laufenden Untersuchungsausschuss zu laden. Die Opposition möchte die (ehemaligen) Regierungsmitglieder zu Abhör- und Geheimdienstthemen befragen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Wird die Vorratsdatenspeicherung ausgeweitet?
Beitrag von: SiLæncer am 24 November, 2009, 11:00
Die Geheimdienste wünschen sich offenbar eine massive Ausweitung der verdachtsunabhängigen Datenspeicherung. Diese müsste dann von den Mitgliedsstaaten zusätzlich umgesetzt werden.

Geht es nach den internationalen Polizeibehörden und Geheimdiensten, sollen neben den verpflichtend zu speichernden Verbindungsdaten auch eine Reihe "optionaler" Datenfelder wie Einzelabrechnungen, Bankverbindung, Volumen von Up- und Downloads, Anbindung, Art und Zeitdauer des Kundenvertrags, geografischer Ort von beim Kunden installierten Geräten, eine Liste der IMEI- und MAC-Adressen aller vom Provider gestellten Endgeräte sowie bei Handies den PUK-Codes des betreffenden Endgeräts im neuen Überwachungsstandard erfasst werden. Auch über die Abrechnung, die Kundenverträge und die Bankverbindung sollen weit mehr Details als in der Richtlinie vorgesehen gespeichert werden.

Im Telekom-Standardisierungsinstitut ETSI arbeitet man nun an der Umsetzung dieser Überwachungspläne. Auf einer heute in den USA abgehaltenen Konferenz machte man einige Schritte hin zu einer Umsetzung. Allerdings müssen diese Pläne, die sich im wesentlichen aus den Wunschlisten der internationalen Ermittlungsbehörden erklären, noch von den zuständigen Politikern abgesegnet werden. Es wird vermutet, dass dann eine "entschärfte" Version der Pläne in die Vorschriften aufgenommen wird.

Währenddessen gibt es in Österreich, das die EU-Richtlinie nach großen Verzögerungen in Kürze umsetzen will, weiterhin Diskussionen um Details des entsprechenden Gesetzesentwurfs. Die Regierung benötigt für die Umsetzung Stimmen der Opposition, da Änderungen an der Verfassung vorgenommen werden müssen, für die in Österreich eine Zwei-Drittel-Mehrheit nötig ist. Die Oppositionsparteien allerdings lehnen die Vorratsdatenspeicherung teilweise aus Prinzip ab oder knüpfen ihre Zustimmung an politische Bedingungen. Letztendlich wird allerdings wohl ein Kompromiss gefunden werden müssen - die EU hat Österreich schon einmal eine Frist gesetzt, weil die dortige Regierung so lange mit der Umsetzung der Richtlinie wartete.

In Österreich stehen auch in Kürze die Verhandlungen des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung auf dem Plan. Gegen die Maßnahme, die Kritiker als unverhältnismäßigen Eingriff in die Privatsphäre sehen, wurden mehrere Verfassungsbeschwerden eingelegt - darunter die mit gut 34.000 Unterschriften größte Massen-Verfassungsbeschwerde in der Geschichte der Bundesrepublik.

Quelle : www.gulli.com
Titel: Technische Vorgaben zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung stehen
Beitrag von: SiLæncer am 02 Dezember, 2009, 19:19
Die Bundesnetzagentur hat am heutigen Mittwoch die konkreten Vorgaben (PDF-Datei (http://www.bundesnetzagentur.de/media/archive/17738.pdf)) zur Implementierung der Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten veröffentlicht. Sie sind Teil der "Technischen Richtlinie zur Umsetzung gesetzlicher Maßnahmen zur Überwachung der Telekommunikation und zum Auskunftersuchen für Verkehrsdaten". Die Bestimmung mit der Abkürzung "TR TKÜV" legt generell die technischen Einzelheiten fest, die zur Sicherstellung einer vollständigen Erfassung der zu überwachenden Telekommunikation und zur Auskunftserteilung erforderlich sind. Darüber hinaus gibt sie Anhaltspunkte zur Gestaltung der Übergabepunkte der abgehörten und gespeicherten Daten an die "berechtigten Stellen" im Sicherheitsbereich.

Version 6.0 der Technischen Richtlinie enthält erstmals auch die Anforderungen für die Umsetzung der verdachtsunabhängigen sechsmonatigen Protokollierung der Nutzerspuren im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung. Im Vergleich zum Entwurf vom Frühjahr gibt es dabei keine wesentlichen Änderungen mehr. Abgerufen werden sollen demnach die Verbindungs- und Standortinformationen von Festnetz-, Mobil- und VoIP-Gesprächen sowie von E-Mails und IP-Adressen. Zu den abzufragenden Daten zählen weiter etwa die Teilnehmerkennung (IMSI), die Mobile Subscriber ISDN Number (MSISDN), die Geräte-Seriennummer IMEI, E-Mail und SIP-Kennungen aus der Internet-Telefonie und DSL-Kennungen wie Rufnummer oder Angabe des Endpunktes in Form einer Hausanschrift.

Die Auskunftserteilung an Strafverfolger, Verfassungsschutzbehörden, Bundesnachrichtendienst und dem Militärischen Abschirmdienst unterliegt dem Fernmeldegeheimnis. Die aufgeführten Stellen benötigen daher eine Richtergenehmigung für die Datenabfrage. Die neue Version der Technischen Richtlinie sieht hier vor, dass entsprechende Anordnungen auch elektronisch geschützt übermittelt werden können. Dabei sollen Kryptosysteme auf Basis der IPSec-Protokoll-Familie eingesetzt werden.

Die eigentlichen Bestimmungen für die Vorratsdatenspeicherung, gegen die diverse Verfassungsbeschwerden laufen, finden sich seit der jüngsten Reform der Regeln zur Telekommunikationsüberwachung im Telekommunikationsgesetz (TKG). Weitere grobe Ausführungsbestimmungen regelt die seit Jahren umstrittene Telekommunikations-Überwachungsverordnung (TKÜV). Die neue zugehörige Technische Richtlinie tritt nach der Bekanntgabe ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Bundesnetzagentur in Kraft.

Quelle : www.heise.de
Titel: Urteil: Firmen müssen Technik für Vorratsdatenspeicherung beschaffen
Beitrag von: SiLæncer am 07 Dezember, 2009, 19:25
Mehrere Telekommunikationsunternehmen müssen nach einem Urteil des Oberverwaltungsgerichts (OVG) Berlin-Brandenburg die Technik für die umstrittene Vorratsdatenspeicherung anschaffen. Die Richter gaben in vier von fünf Fällen entsprechenden Beschwerden der Bundesnetzagentur statt, wie die Pressestelle des Gerichts am heutigen Montag mitteilte. In der Vorinstanz vor dem Verwaltungsgericht Berlin hatten noch die Telecom-Unternehmen Recht bekommen. (Beschlüsse vom 2.12.2009 – Az.: OVG 11 S 81.08, 8.09, 9.09, 10.09, 32.09.)

British Telecom, Debitel, Mobilcom, QSC und der Internetanbieter Domain Factory werden damit verpflichtet, die Kosten für die vom Gesetzgeber geforderte Datenspeicherung zu tragen.

Das Verwaltungsgericht hatte entschieden, die Übertragung der  Kosten für derartige öffentliche Aufgaben auf die Unternehmen stelle einen unzulässigen Eingriff in ihr Grundrecht auf Freiheit der Berufsausübung dar. Aufgrund der drohenden irreparablen Folgen müssten die Folgen zu ihren Gunsten abgewogen werden. Das OVG meinte nun, es gebe keine Zweifel an der Kostenregelung, die es rechtfertigten, die Verpflichtung zur Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung vorläufig auszusetzen. Auch eine Folgenabwägung der Nachteile für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr gehe zu Lasten der Telekommunikationsunternehmen. Die möglichen Schäden seien nicht so hoch, dass das Gemeinschaftsinteresse an einem Vollzug der EU-Richtlinie zurücktreten müsse.

Das OVG fasste die Beschlüsse wenige Tage, bevor sich das Bundesverfassungsgericht damit beschäftigt. Während es im OVG über die Pflicht zur Speicherung auf eigene Kosten ging, verhandelt das oberste deutsche Gericht am 15. Dezember über die Verfassungsmäßigkeit der Vorratsdatenspeicherung.

Laut Gesetz können Daten von Telefon- und Internetverbindungen sechs Monate lang gespeichert werden – ein Verdacht ist hierzu nicht nötig. Gespeichert werden technische Daten, nicht aber die Inhalte der Gespräche. Gegner des Gesetzes haben im März 2008 mit einer einstweiligen Anordnung einen Teilerfolg errungen.

Das OVG gab lediglich einem kleinen Webhoster Recht und wies hier eine Beschwerde der Netzagentur zurück. Maßgeblich dafür waren Zweifel des Gerichts, ob dieses Unternehmen überhaupt der Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung unterliegt. Außerdem wäre das Kleinunternehmen sonst voraussichtlich gezwungen, seinen Geschäftsbetrieb einzustellen, hieß es.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung vor dem Bundesverfassungsgericht
Beitrag von: SiLæncer am 14 Dezember, 2009, 13:30
Im Vorfeld der mündlichen Verhandlung der Verfassungsbeschwerden gegen die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten am morgigen Dienstag in Karlsruhe bringen sich Bürgerrechtler, Datenschützer, Medienverbände und Ermittler in Stellung.

Seit dem 1. Januar 2008 müssen Telefonanbieter Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden verdachtsunabhängig aufbewahren (§ 113a TKG). Für die Internetprovider galt eine Übergangsfrist bis Januar 2009. Bei dieser Vorratsdatenspeicherung müssen Telekommunikationsanbieter sechs Monate lang speichern, wer mit wem wann telefoniert hat. Bei Mobilfunkgesprächen wird auch archiviert, von wo aus telefoniert wurde. Konkret gespeichert werden Rufnummer, Uhrzeit, Datum der Verbindung und – bei Handys – der Standort zu Beginn des Gesprächs.

Beim Internet werden Daten zum Zugang (IP-Adresse) sowie zur E-Mail-Kommunikation und Internet-Telefonie erfasst. Der Kommunikationsinhalt oder der Aufruf einzelner Internetseiten sollen nicht gespeichert werden. Zugriff haben Polizei und Staatsanwaltschaft. Dafür brauchen sie in der Regel einen Richterbeschluss. Aber auch Geheimdiensten stehen die Vorratsdaten prinzipiell offen. In mehreren Verfügungen haben die Verfassungsrichter den Zugriff der Ermittler aber bis zu einer Entscheidung über die Klagen gegen die Vorratsdatenspeicherung stark eingeschränkt.

Die sechsmonatige Protokollierung der Nutzerspuren "gewährleistet nicht die Sicherheit unbescholtener Bürger, sondern gefährdet sie", erklärte nun beispielsweise Florian Altherr vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung im Vorfeld der Karlsruher Anhörung am Dienstag. Die Statistik zeige, dass Straftaten mit der Verpflichtung zur Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortinformationen weder häufiger aufgeklärt noch verhindert würden als ohne diese Vorsorgemaßnahme. Dagegen nehme sie Straftätern, Kranken und Hilfsbedürftigen die Möglichkeit, sich anonym und ohne Furcht vor Nachteilen am Telefon helfen zu lassen.

"Ohne die Vorratsdatenspeicherung wäre die Polizei in vielen Fällen blind und taub", hält der Vorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, im Gespräch mit dem "Hamburger Abendblatt" dagegen. Die Strafverfolgern könnten sonst "nur noch die Täter fassen, die mit dem Hammer die Scheibe einschlagen, nicht aber die, die sich für schwere Verbrechen verabreden". In einigen wenigen Fällen hätten mithilfe der Vorratsdatenspeicherung auch "Gefahren für das Leben im Vorwege" abgewehrt werden können. Allgemein betonen Ermittler immer wieder, dass sie ausgebrochenen Schwerverbrechern oder im Internet ihr Unwesen treibenden Päderasten und anderen Cybergangster ohne die moderne, vom Computer aus bedienbare Fahndungstechnik mit vielerlei Rastermöglichkeiten nicht habhaft werden könnten.

Fakt ist, dass bei der Nutzung der digitalen Technik ohne Treffen zusätzlicher Schutzmaßnahmen umfangreiche Datenbestände anfallen: Wer sein Mobiltelefon einschaltet, funkt seinen Standort permanent durch die Welt. Wer im Internet surft, ist über seine IP-Adresse mehr oder weniger einfach identifizierbar. Verbindungsdaten könnten aussagekräftiger als Inhaltsdaten sein, warnte der Chaos Computer Club (CCC) neben anderen Rechtsexperten und Datenschützern in einer Stellungnahme für das Bundesverfassungsgericht. Und das nicht zuletzt, weil sie automatisiert analysierbar seien. Das Potenzial der Vorratsdatenspeicherung als Ermittlungsinstrument ist somit groß –­ genauso groß aber, wie die damit einhergehende Gefahr für weitgehende Grundrechtseingriffe. Wenn umfangreiche Datenmengen gespeichert werden, häufen sich schließlich auch die Möglichkeiten für Missbrauch oder den Diebstahl der sensiblen Informationen.

In diesem Sinn weist der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf eine neue Eingabe (PDF-Datei (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/vb_bfdi_schreiben_2009-11-2%204_1-bvr-256-08.pdf)) des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar im Rahmen der Karlsruher Prüfung hin. Telekommunikationsunternehmen sollen demnach rechtswidrig weit mehr Informationen erfasst haben, als im Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung vorgesehen. Dabei gehe es etwa um die Inanspruchnahme von Internetzugängen, Handys, Hotspots, E-Mail und Telefonanschlüssen. Von Nutzern mobiler Internetzugänge würde oft gar der jeweilige Standort "lückenlos erfasst".

Bei einem Anbieter sei das Bewegungsverhalten in den vergangenen sechs Monaten auf 15 Minuten genau "präzise nachzuverfolgen" gewesen. Viele TK-Firmen bewahrten die Daten zudem länger als die erlaubten sechs Monate auf. Zugriffe darauf würden nicht immer protokolliert und seien dadurch nicht nachvollziehbar. Die richterlichen Genehmigungen seien "recht häufig" mangelhaft. Entsprechende Berichte geben der mit der Vorratsdatenspeicherung verknüpften Angst vor dem "gläsernen Bürger" weiter Nahrung.

Auch Medienverbände und Fernsehsender haben dem Bundesverfassungsgericht noch einmal die möglichen Folgen der Protokollierung der Nutzerspuren vor Augen geführt. In einem Schreiben an Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier  weisen sie laut "Spiegel" darauf hin, dass das Vertrauensverhältnis zwischen Journalisten und potenziellen Informanten "mit bislang nicht gekannter Intensität" gefährdet wäre, sollten die Karlsruher Richter das Gesetz bestätigen. Der Staat erhalte damit "erstmals Zugriff auf alle elektronischen Kontakte von und mit allen Journalisten" für das jeweils zurückliegende halbe Jahr. "Allein diese Tatsache wird Informanten massiv abschrecken", heißt es in der gemeinsamen Stellungnahme von den Journalistenverbänden DJV, ver.di, den Verbänden der Zeitungs- und Zeitschriftenverlage BDZV und VDZ, der ARD, dem ZDF und dem Privatsenderverband VPRT.

Insgesamt sehen sich die Hüter der Verfassung mit einem historischen Fall konfrontiert: Allein eine der mehreren anhängigen Verfassungsbeschwerden wird von über 34.000 Bürgern unterstützt. Unter anderem aus Sorge um das informationelle Selbstbestimmungsrecht haben zudem Gewerkschaften und zahlreiche Parteien und einzelne Politiker geklagt. Dazu gehört neben den Altliberalen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch die jetzige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. Die FDP-Politikerin sieht sich mit dem Wechsel aus der Opposition auf die Regierungsbank in der paradoxen Situation, gegen das Gesetz zu sein und es zugleich doch qua ihres Amtes verteidigen zu müssen. Um diese Doppelrolle nicht auf die Spitze zu treiben, wird sie entgegen anderer Ankündigungen der Verhandlung nun fernbleiben. Ihre Verfassungsbeschwerde hält sie aber aufrecht.

Die Karlsruher Richter haben in einstweiligen, immer wieder verlängerten Anordnungen das Schürfen in den Datenhalden durch den Staat bereits stark eingeschränkt. Seitdem dürfen Sicherheitsbehörden nur noch zur Abwehr schwerer Gefahren und zur Verfolgung im Einzelfall schwerwiegender Straftaten auf die Verkehrsdaten zugreifen. Die Verfassungshüter monierten auch, dass der Bund bei der Umsetzung der entsprechenden EU-Richtlinie ohne Not über die "zwingenden Vorgaben" aus Brüssel hinausgegangen sei. Die EU habe den Datenzugriff allein bei "schweren Straftaten" vorgesehen, nicht schon bei "mittels Telekommunikation" begangener Delikte wie Stalking im Internet.

Spannend wird jetzt die Frage, ob es das Verfassungsgericht bei dieser Linie belässt oder ob es auch die Datenspeicherung an sich als unvereinbar mit dem Grundgesetz wertet. Auch die Äußerungen der Richter zum Zusammenspiel mit Brüssel beziehungsweise dem Gerichtshof der EU werden genau zu verfolgen sein. Datenreisende können eine Pressekonferenz des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung und dessen Live-Berichterstattung zu den Vorgängen im Gerichtssaal  online miterleben (http://verfassungsbeschwerde.vorratsdatenspeicherung.de/).

Quelle : www.heise.de
Titel: Viele Provider speichern zu viele Vorratsdaten
Beitrag von: SiLæncer am 15 Dezember, 2009, 08:59
Kurz vor der Verhandlung des Bundesverfassungsgerichts über die Vorratsdatenspeicherung kommt eine weitere beunruhigende Neuigkeit zu Tage: Viele Provider speichern im Rahmen der Maßnahme weit mehr personenbezogene Daten als vorgesehen und erlaubt.

Viele Gegner der Vorratsdatenspeicherung werden angesichts dieser Eröffnung kaum überrascht sein: Aus einem aktuellen Schreiben des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar an das Bundesverfassungsgericht (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/vb_bfdi_schreiben_2009-11-24_1-bvr-256-08.pdf) geht hervor, dass Telekommunikationsanbieter bei der Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung ohne Rechtsgrundlage deutlich mehr Daten erheben und speichern als erlaubt. Das Schreiben wurde vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht.

Die Befragung kam nach wissenschaftlichen Kriterien im Rahmen eines EU-Evaluationsprojekts zustande. Überprüft wurde, "inwieweit Datenschutzerfordernisse in Bezug auf die Art der gespeicherten Daten, Sicherheitsmaßnahmen, Prävention von Missbrauch sowie die Verpflichtungen aus Speicherfristen durch die Unternehmen erfüllt werden". Das Ergebnis fällt ernüchternd aus: Viele der befragten Unternehmen gaben zu, weit mehr Daten zu speichern als erlaubt - teilweise auch Daten mit "unmittelbarem Personenbezug". So würden unter anderem Informationen über die Nutzung von Internet-Zugängen, Handys, Internet-Hotspots, E-Mail und Telefonanschlüssen illegal erfasst. Beispielsweise soll der Traffic-Verbrauch, der Hinweise auf das Internet-Nutzungsverhalten zulässt, von einigen Providern im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung illegal protokolliert werden. Bei mobilen Internetzugängen (UMTS) wird oftmals sogar der Standort der Benutzer "lückenlos erfasst" und so ein komplettes Bewegungsprofil erstellt. "Nach meinem Eindruck ist den Anbietern offensichtlich nicht immer klar, welche Daten zu speichern sind," so der Bundesdatenschutzbeauftragte in seinem Schreiben.

Auch die Speicherdauer und die Absicherung der sensiblen Daten entsprechen offensichtlich nicht immer den vorgeschriebenen Standards. Zugriffe auf die hochsensiblen Kommunikationsdaten werden oftmals nicht protokolliert und sind dadurch nicht nachvollziehbar, so ein weiteres Ergebnis der Studie - ein klarer Verstoß gegen den Grundsatz der Transparenz und geradezu eine Einladung zum Missbrauch. Auch den Richtern macht die Studie Vorwürfe: Ihre Zugriffserlaubnisse seien "recht häufig" mangelhaft und benannten keine der gesetzlichen Katalogstraftaten. 

Diese Erkenntnisse dürften den Argumenten derer, die schon von Anfang an einen Missbrauch der Vorratsdatenspeicherung befürchteten, neues Gewicht geben. Ob sie auch das Bundesverfassungsgericht beeindrucken, bleibt indes abzuwarten - ebenso, ob angesichts der existierenden EU-Vorschrift in Karlsruhe überhaupt ein endgültiges Urteil getroffen wird.

Quelle : www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung vor dem BvGericht: Kritische Fragen, schwere Bedenken
Beitrag von: SiLæncer am 15 Dezember, 2009, 17:04
Das Bundesverfassungsgericht nimmt ein höchst umstrittenes Gesetz unter die Lupe: die sogenannte Vorratsdatenspeicherung, die Pflicht der Telekommunikationsanbieter, die Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden zu speichern. Das Bundesverfassunggericht sieht sich mit einer nie dagewesenen Zahl von Klagen gegen die Vorratsdatenspeicherung konfrontiert: Allein eine der mehreren anhängigen Verfassungsbeschwerden wird von über 34.000 Bürgern unterstützt. Unter anderem aus Sorge um das informationelle Selbstbestimmungsrecht haben zudem Gewerkschaften und zahlreiche Parteien und einzelne Politiker geklagt. Dazu gehört neben den Altliberalen Gerhart Baum und Burkhard Hirsch die jetzige Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger.

Der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts verhandelt nun rund 60 Verfahren in einer Anhörung. Ein Urteil soll es aller Voraussicht nach erst im Frühjahr geben; der Senat hatte aber bereits mit zwei einstweiligen Anordnungen die Anwendbarkeit des Gesetzes eingeschränkt. Zwar darf gespeichert werden, abrufbar sind die Daten jedoch nur zur Verfolgung schwerer Straftaten und zur Abwehr einer Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit einer Person. Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier betonte zu Beginn der Anhörung (die noch bis in die Nacht hinein andauern dürfte), die Beschwerden würden grundlegende Fragen zum Verhältnis von Freiheit und Sicherheit aufwerfen und stellte die Vorratsdatenspeicherung in eine Reihe mit dem "Großen Lauschangriff", der Telefonüberwachung und der Online-Durchsuchung. Bei allen diesen Überwachungsmaßnahmen  hatte das Bundesverfassungsgericht den Gesetzgeber korrigiert und ihn zu massiven  Beschränkungen der Vorhaben gezwungen. Im Rahmen der Entscheidung zur heimlichen Online-Durchsuchung schuf das Verfassungsgericht gar ein neues Grundrecht auf "Gewährleistung der Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme".

Burkhard Hirsch hielt zu Beginn der Anhörung ein flammendes Plädoyer gegen die Vorratsdatenspeicherung. Was die Bundesregierung eingeläutet habe, sei eine Zeitenwende im negativen Sinne, ein Dammbruch. Christoph Möllers, Bevollmächtigter der Bundesregierung im Verfahren, räumte ein, dass die Regelung zur Vorratsdatenspeicherung das grundrechtlich garantierte Telekommunikationsgeheimnis einschränkt. Allerdings überwiege die Schutzpflicht des Staates gegenüber seinen Bürgern, das Verhältnis sei gewahrt.

Im weiteren Verlauf hörte der Senat einige Stellungnahmen von Sachverständigen an, um die tatsächliche Einschränkungen zu erörtern. Constanze Kurz vom Chaos Computer Club etwa warnte vor der Gefahr, dass die Daten zu kommerziellen Interessen missbraucht und mit anderen Datensätzen kombiniert werden könnten. Außerdem wies sie auf die Gefahr hin, dass die Verkehrsdaten mit immer genauer werdenden Lokalisierungen schon beim Provider gespeichert werden könnten. Ergebnis könnten dann präzise Bewegungs- und Sozialprofile von Bürgern sein. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar bekräftigte derlei Befürchtungen. Ein großes Mobilfunkunternehmen habe seiner Behörde bestätigt, neben den Verbindungdaten auch Daten zur genutzten Funkzelle abzuspeichern. Die Regelung im Telekommunkationsgesetz sei so unklar, dass die Provider eher weit mehr speichern als gefordert.

Beobachter der Anhörung überraschte, wie kritisch einige Senatsrichter den Bevollmächtigten der Bundesregierung befragten. Mehrmals sah sich Christoph Möllers mit der Frage konfrontiert, ob die Erhebung der Verbindungsdaten vielleicht erst der Anfang sei. Warum man nicht gleich Verleihdaten in Bibliotheken oder Fluggastdaten auf Vorrat speichern wollte, wollte ein Richter wissen. Die Antwort blieb Möllers bislang schuldig. "Ich möchte den Gesetzgeber fragen, wo er die Grenzen sieht für eine solche Speicherung", sagte Verfassungsrichterin Christine Hohmann-Dennhardt – und warf damit die Grundsatzfrage auf, ob der Staat einen derart gigantischen Datenvorrat überhaupt anlegen darf. "Kann man alle Daten erstmal speichern, ohne dass es ein Eingriff in Grundrechte ist?"

Die konkrete Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung erörtert das Bundesverfassungsgericht ebenfalls. Unabhängige Experten, Datrnschutzbeauftragte und Povidervertreter referieren über Datensicherheitsaspekte. Der Dresdener Informatikprofessor Andreas Pfitzmann erklärte, Vorratsdatenspeicherung von Kommunikationsdaten gefährde und schwäche eine demokratischen Gesellschaft deutlich. "Sie ist aus technischer Sicht die unangemessenste aller in Diskussion befindlichen Maßnahmen im Bereich Strafverfolgung und Gefahrenabwehr." Im weiteren Verlauf beleuchtet das Gericht den zweiten Themenkomplex, nämlich die Nutzung der Daten. Stellung nehmen unter anderem die Chefs von BSI, BKA und Bundesnetzagentur. Außerdem kommen Vertreter der Medienindustrie zu Wort. Voraussichtlich wird bis in die späten Abendstunden verhandelt. Mit einem Urteil wird in zwei bis drei Monaten gerechnet. Der frühere FDP-Innenminister Gerhart Baum rechnet damit, dass die Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung auf keinen Fall Bestand haben wird. "Die Vorratsdatenspeicherung ist ausnahmslos grundgesetzwidrig", sagte Baum der Hessischen Niedersächsischen Allgemeinen.

Mit der seit 2008 geltenden Pflicht zur Speicherung der Daten hatte die frühere große Koalition eine Richtlinie der Europäischen Union aus dem Jahr 2006 umgesetzt. Seit dem 1. Januar 2008 müssen Telefonanbieter Verbindungs- und Standortdaten ihrer Kunden verdachtsunabhängig aufbewahren (§ 113a TKG). Für die Internetprovider galt eine Übergangsfrist bis Januar 2009. Bei dieser Vorratsdatenspeicherung müssen Telekommunikationsanbieter sechs Monate lang speichern, wer mit wem wann telefoniert hat. Bei Mobilfunkgesprächen wird auch archiviert, von wo aus telefoniert wurde. Konkret gespeichert werden Rufnummer, Uhrzeit, Datum der Verbindung und – bei Handys – der Standort zu Beginn des Gesprächs. Bei Internet-Nutzern werden Daten zum Zugang (IP-Adresse) sowie zur E-Mail-Kommunikation und Internet-Telefonie erfasst. Der Kommunikationsinhalt oder der Aufruf einzelner Internetseiten sollen nicht gespeichert werden. Zugriff haben Polizei und Staatsanwaltschaft. Dafür brauchen sie in der Regel einen Richterbeschluss. Aber auch Geheimdiensten stehen die Vorratsdaten prinzipiell offen. In mehreren Verfügungen haben die Verfassungsrichter den Zugriff der Ermittler aber bis zu einer Entscheidung über die Klagen gegen die Vorratsdatenspeicherung stark eingeschränkt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Regierung gibt in Karlsruhe schlechtes Bild ab
Beitrag von: SiLæncer am 16 Dezember, 2009, 12:12
Bundesverfassungsgericht verhandelt Beschwerde von 34.000 Bürgern

Ob Handytelefonate, E-Mails oder Internet-Surfen: Seit Januar vergangenen Jahres speichern Provider nach der gesetzlichen Vorgabe der Bundesregierung täglich Milliarden von Kommunikationsdaten. Angeblich, um damit den Kampf gegen den Terror zu verbessern. Rund 34.000 Bundesbürger sind da anderer Meinung und legten Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein. Gestern hatte der 1. Senat des Gerichts zur mündlichen Verhandlung geladen.

Die Bundesregierung hatte groß auffahren lassen. BKA-Chef Zierke, Staatssekretärin Birgit Grundmann im Bundesjustizministerium und zahlreiche Rechtsexperten nahmen um zehn Uhr Platz im Bundesverfassungsgericht. Allein Justizministerin Leutheuser-Schnarrenberger fehlte. Sie saß heute gewissermaßen zwischen allen Stühlen, denn als sie noch Oppositionspolitikerin im Deutschen Bundestag war, hatte sie die Verfassungsbeschwerde mit unterschrieben.

Nun, als Mitglied der Bundesregierung, blieb sie lieber im fernen Berlin. Dazu Claudia Roth, Vorsitzende von Bündnis90/Die Grünen und eine der führenden Gegner der Vorratsdatenspeicherung in einer Pressekonferenz vor der Verhandlung:

Zitat
Frau Leutheuser-Schnarrenberger hätte es gut zu Gesicht gestanden, eine Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung im Koalitionsvertrag zu verankern. Inzwischen wirkt sie unglaubwürdig.

Probleme mit der Glaubwürdigkeit hatten in der Verhandlung auch die Vertreter der Bundesregierung, die sich zunächst damit retten wollten, indem sie dem Bundesverfassungsgericht das Prüfungsrecht des Falls absprachen. Begründung: Schließlich ginge es bei der Vorratsdatenspeicherung nicht um den Wegfall von Grundrechten. Zudem gebe es über die prophylaktische Speicherung der Daten Konsens innerhalb der EU. Antwort von Burkhard Hirsch (FDP), der zusammen mit dem ehemaligen Bundesinnenminister und Datenspeicher-Gegner Gerhart Baum nach Karlsruhe gekommen war:

Zitat
Eine völlig unverständliche Einlassung. Es gibt EU-weit starke politische Zweifel an dieser Regelung.

Auch in Sachfragen gaben die Befürworter ein schwaches Bild ab. Auf die Frage des Vorsitzenden, wo denn die Grenze der Datenspeicherung liege, hieß die Antwort: "Bei der Begrenzung von sechs Monaten."

Beschwerdevertreter Professor Andreas Pfitzmann, Leiter der Datenschutz- und Sicherheitsgruppe an der Technischen Universität Dresden, hingegen wurde konkreter. Er bezeichnete die Vorratsdatenspeicherung als eine "weitere große Sicherheitslücke". Constanze Kurz vom Chaos-Computer-Club (CCC) stellte schließlich dar, dass bereits aktuell nahezu sämtliche Daten der Bürger gespeichert würden – auf einem wenige Millimeter großen Chip, der mühelos die persönlichen Daten eines Menschen für sechs Monate aufnehmen könne.

Ein Urteil zu der 34.000fachen Beschwerde (AZ 1 BvR 256/08) wird für das kommende Frühjahr erwartet. Übrigens: Der Verfassungsgerichtshof Rumäniens (Curtea Constitutionala a Romaniei) hat das rumänische Gesetz zur sechsmonatigen Vorratsspeicherung aller Verbindungs-, Standort- und Internetzugangsdaten am 8. Oktober 2009 als verfassungswidrig verworfen. Ebenso ist dies in Bulgarien geschehen.

Quelle : http://www.heise.de/tp/
Titel: Vorratsdatenspeicherung höhlt Redaktionsgeheimnis aus
Beitrag von: ritschibie am 22 Dezember, 2009, 12:22
Die Neufassung des Telekommunikationsgesetzes nimmt nicht nur bedrohliche Ausmaße für die informationelle Selbstbestimmung von Privatpersonen an. Auch die gesetzlich verbriefte Freiheit der Presse steht auf dem Spiel.

Der Österreichische Journalistenclub (ÖJC) befürchtet eine Aushölung des Redaktionsgeheimnisses durch die geplante Revision der Vorratsdatenspeicherung. Die Neuerung des Telekommunikationsgesetzes - so die Kritik des ÖJC vor einigen Tagen -  ermögliche es, "bis zu sechs Monate im Nachhinein das gesamte Kommunikationsverhalten in Bezug auf Fest- und Mobilnetztelefonie, Fax, E-Mail und Internet-Nutzung von Medienunternehmen und Journalisten detailliert nachzuvollziehen".

Am Ende stünde die Gefährdung des Redaktionsgeheimnisses, denn für Journalisten, Redaktionen und Mitarbeiter des Mediensektors wäre der Schutz ihrer Informanten und Quellen kaum noch möglich. Besonders im investigativen Journalismus, bei dem es gerade um das Aufdecken brisanter Aktionen und Machenschaften geht, sieht Fred Turnheim, Präsident des Journalistenbundes, den Informantenschutz nicht mehr gewährleistet.

In letzter Konsequenz bedroht die Vorratsdatenspeicherung damit die gesamte Pressefreiheit - das erkennen auch deutsche Medienverbände.

Denn welcher Informant wäre noch bereit, preiszugeben, dass sich ein Politiker der Korruption hingibt, wenn es möglich wäre, über die Log-Files der Redaktionen und Journalisten bei ihren Informationsdienstleistern festzustellen, wann er von wo wie lange mit welcher Redaktion oder welchem Journalisten telefoniert hat? Ein Vertrauensverhältnis zwischen Journalisten und ihren Quellen wäre nicht mehr möglich.

Aber wer braucht schon Pressefreiheit in einer Welt, in der jeder "nichts zu verbergen" hat und sich erst sicher fühlt, wenn Telekommunikations- und Bewegungsprofile von ihm erstellt und langfristig gespeichert werden? Wir alle sollten unsere Ansprüche auf Privatsphäre und Meinungsaustausch als Bürger einer globalisierten Welt, die in ständiger Angst vor dem Terror leben muss, ein wenig drosseln und zugunsten der allgemeinen Sicherheit auf selbständiges Denken und Kritik nun wirklich verzichten.

Welch schöne neue Welt...

Quelle: www.gulli.com
Titel: Österreichs letztes Wort zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 12 Januar, 2010, 14:02
Skeptisch sehen österreichische Bürger und Politiker der endgültigen Regelung der Vorratsdatenspeicherung entgegen. In der Forderung der EU-Richtlinie bedroht die anlasslose Speicherung personenbezogener Daten die österreichische Verfassung.

Österreich erwartet die Entscheidung über die Umsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit Skepsis. Am Freitag endet die Begutachtungsfrist für den neuen Entwurf des Telekommunikationsgesetzes. Bislang steht man diesem massiven Eingriff in die Privatsphäre der Bürger unseres Nachbarlandes mit kritischen Einwänden gegenüber. Doch nicht nur die ethischen Implikationen der umstrittenen Richtlinie werden diskutiert, sondern auch, ob es überhaupt gelingen kann, Fälle schwerer Kriminalität damit aufzuklären oder zu verhindern.

Es erscheint lächerlich, die Kommunikation von Kriminellen und Konspirativen über diejenigen E-Mailkonten überwachen zu wollen, auf die der Internetanbieter Zugriff hat. Angesichts der Tatsache, dass die meisten Unternehmen und auch Privatpersonen mittlerweile ihre digitale Kommunikation in einem Umfang verschlüsseln, die den Versuch, diese wieder aufzulösen, so zeit-, arbeits- und ressourcenintensiv macht, dass er kaum noch lohnt, wirkt die Idee der Vorratsdatenspeicherung von Ein- und Ausgabeprotokollen der E-Mailadressen wie aus dem informationstechnischen Mittelalter.

Die Vorratsdatenspeicherung stellt für Österreich auch politisch ein großes Problem dar: Bislang ist die Speicherung personenbezogener Daten ohne spezifischen Anlass in Österreich strikt verboten. Kommt man nun aber gerade der neuen Richtlinie dar, wird die bisherige Gesetzeslage nicht nur in ihr Gegenteil verkehrt, sondern damit auch der Gesetzgeber selbst unglaubwürdig gemacht. Auch ist bislang noch nicht klar, ob sich die von Brüssel mehrfach zur Umsetzung angemahnte EU-Richtlinie wirklich mit der österreichischen Verfassung und ihren Festlegungen zum Schutz der Persönlichkeit und Freiheit vereinbaren lässt. Denn die grundlose Aufbewahrung von Verkehrs- und Geodaten (und wenn auch nur für den Fall einer potentiellen oder putativen Gefahr) verletzt auch in Österreich die Grundrechte des Bürgers.

Aus diesem Grund beauftragte das österreichische Verkehrsministerium mit der Richtlinienumsetzung das Ludwig-Boltzmann-Institut, das außeruniversitäre Forschungen unter anderem in Geistes-, Sozial- und Kulturwissenschaften betreibt. Doch auch die Wissenschaftler dieser unabhängigen Forschungsgesellschaft wiesen darauf hin, man habe versucht, den Grundrechten zu entsprechen, ob der Entwurf verfassungskompatibel sei, wisse man jedoch nicht.

Im Vergleich zur deutschen Gesetzesformulierung ist der österreichisch Entwurf in Bezug auf Datenformate, Speicherort und -dauer drastisch entschärft. Die österreichische Wirtschaftskammer betrachtet ihrem Geschäftsführer Rene Tritscher zufolge den bisherigen Entwurf als zwar ausgewogenen, doch punktuell verbesserungsbedürftigen Kompromiss. Jedoch warnt er aus historischen Gründen davor, nachträglich Veränderungen oder Beifügungen am Entwurf vorzunehmen, die Unternehmen zusätzlich belasten würden.

In Österreich und Deutschland tritt auch die Evangelische Kirche gegen die Vorratsdatenspeicherung auf, da sie die Telefonseelsorge gefährdet sieht. Zu diesem Zweck wurden in beiden Ländern entsprechende Interessen- bzw. Dachverbände gegründet. Auch der Verband Österreichischer Zeitungsverleger steht dem Thema kritisch gegenüber wie auch der Österreichische Journalistenclub, der das Redaktionsgeheimnis in Gefahr wähnt.

Am Montagabend forderten die im AK Vorrat Österreich organisierten Gegner der Datenschutz-Zerstörung "mündige Menschen" dazu auf, ihre Meinung zu diesem brisanten Thema kundzutun und laden zu Informationsveranstaltungen mit Podiumsdiskussion und Demonstration in Wien ein.

Noch bis zum Tag der endgültigen Regelung am nächsten Freitag erwartet das Verkehrsministerium Österreichs Stellungnahmen zu diesem umstrittenen Gesetzesvorhaben.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Schweden widersetzt sich der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 06 Februar, 2010, 17:43
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat Schweden wegen der Nichtumsetzung der EU-Vorgaben  zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten verurteilt. In einem am Donnerstag ergangenen Urteil (Az. C-185/09) haben die Richter in Luxemburg das skandinavische Land der Verletzung des EU-Vertrags für schuldig befunden. Geklagt hatte die EU-Kommission, die über die nationalen Implementierungen der EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Protokollierung der Nutzerspuren wacht. Die schwedische Regierung kam vergleichsweise glimpflich davon: Sie muss lediglich die Gerichtskosten tragen. Von einer möglichen Geldbuße für jeden Tag des andauernden Rechtsverstoßes sah der EuGH ab.

Ein Ende des "Ungehorsams" ist bei der vom Erfolg der Piratenpartei aufgeschreckten schwedischen Regierung nicht abzusehen. Justizministerin Beatrice Ask erklärte laut einem Bericht der "taz", dass sie trotz des Urteils keinen Gesetzesentwurf zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen werde. Die Regierung habe ihre Meinungsbildung nicht abgeschlossen, ob die Richtlinie die Privatsphäre einzelner Bürger verletze und damit einen schwerwiegenden Verstoß gegen die Grundrechte und die europäische Menschenrechtskonvention darstelle. Zuvor hatte bereits die designierte schwedische Innenkommissarin, Cecilia Malmström, angekündigt, dass sie die Vereinbarkeit der Direktive mit dem übrigen Gemeinschaftsrecht prüfen wolle.

In den USA hat FBI-Direktor Robert Mueller unterdessen erneut die Einführung der Vorratsdatenspeicherung gefordert. Bei einem Arbeitsgruppentreffen habe er gefordert, dass Provider "Herkunft- und Zielinformationen" von Internetnutzern zwei Jahre lang aufbewahren, meldet der Nachrichtendienst CNet. Zudem habe sich das FBI dafür stark gemacht, Angaben über besuchte Webseiten zu erfassen. Greg Motta, Leiter der Abteilung "Digitale Beweissicherung" beim FBI, habe aber betont, dass es allein um Verbindungs- und nicht um Inhaltsdaten gehe. Die Verbindungsinformationen seien nötig, um  Strafverfolgung auch im Internetzeitalter gewährleisten zu können.

In den USA gibt es laut Motta bereits seit 1986 eine Auflage für Telekommunikationsfirmen, zumindest die Verbindungsdaten bei kostenpflichtigen Gesprächen 18 Monate lang aufzubewahren. Eingeschlossen in diese auch für die Abrechnung erforderlichen Informationen seien Angaben über den Namen, die Adresse und die Telefonnummer eines Anrufers, die Zielnummer sowie das Datum, die Zeit und die Dauer der Verbindung. Für eine Ausdehnung dieser Vorschrift auf eine allgemeine Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung hat das FBI laut einer Umfrage die Unterstützung weiterer Polizei- und Sicherheitsbehörden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Termin zur Verkündung des Urteils zur Vorratsdatenspeicherung steht
Beitrag von: SiLæncer am 18 Februar, 2010, 11:23
Das Bundesverfassungsgericht will am 2. März sein lange erwartetes Urteil zur Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten bekannt geben. Das weitere Schicksal der umstrittenen und auch von der Hightech-Branche kritisch gesehenen gesetzlichen Bestimmungen zur verdachtsunabhängigen Protokollierung elektronischer Nutzerspuren könnte somit just zum Beginn der Computermesse CeBIT besiegelt werden. Gegen die sechsmonatige Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten haben zahlreiche Vertreter von Parteien und Interessenvereinigungen sowie unter Koordination des Aktionskreises Vorratsdatenspeicherung über 34.000 Bürger Verfassungsbeschwerde erhoben.

Bei der mündlichen Verhandlung in Karlsruhe Mitte Dezember kamen schwere verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Maßnahme zur Sprache. Insgesamt lagen gut 60 Verfahren exemplarisch auf dem Tisch. Die Richter selbst stellten viele kritische Fragen an die Experten. Organisationen wie den Chaos Computer Club (CCC), dessen Sachverständige ein Gutachten für das Bundesverfassungsgericht erstellten, setzen daher darauf, dass das Gericht schon die Erhebung der Telekommunikationsdaten untersagen wird. Bislang hat es allein den Zugriff darauf durch Sicherheitsbehörden stark eingeschränkt. Es ist aber auch denkbar, dass Karlsruhe bei dieser Linie bleibt oder den Fall aufgrund der EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung zunächst dem Europäischen Gerichtshof zur Prüfung vorlegt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdaten lassen Bewegungsprofile vorhersagen
Beitrag von: SiLæncer am 19 Februar, 2010, 15:57
Anhand von Vorratsdaten, wie sie auch in Deutschland von Telekommunikationsunternehmen gespeichert werden sollen, lassen sich nicht nur Bewegungsprofile erstellen.

Forscher aus den USA und China haben herausgefunden, dass sie auch genutzt werden können, um sehr genaue Prognosen darüber treffen, wohin sich eine Person in der kommenden Zeit bewegen wird. Die Genauigkeit dieser Vorhersagen wird mit bis zu 93 Prozent angegeben.

Für ihre Forschungsarbeit nutzten die Wissenschaftler ausschließlich Daten, wie sie bei einem Mobilfunkunternehmen auflaufen. Diese wurden anonymisiert analysiert und die Prognosen mit später aufgezeichneten Standort-Daten, die sich über die Mobilfunkzellen, mit denen ein Handy kommuniziert, ermitteln lassen, abgeglichen.

Trotz der sehr unterschiedlichen Bewegungsgewohnheiten der zahlreichen Handy-Nutzer habe man ein bemerkenswert sicheres System für die Vorhersagen entwickeln können, so die Wissenschaftler. Die Genauigkeit der Prognosen sei dabei weitgehend unabhängig von den Entfernungen, die die Personen jeweils regelmäßig zurücklegen.

Quelle : http://winfuture.de
Titel: EU will Pflicht zur Vorratsdatenspeicherung neu prüfen
Beitrag von: SiLæncer am 27 Februar, 2010, 15:10
Kurz vor dem mit Spannung erwarteten Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung am kommenden Dienstag habe die neue EU-Justizkommissarin Viviane Reding angekündigt, die zugrunde liegende EU-Richtlinie grundlegend zu überprüfen, berichtet das Nachrichtenmagazin Der Spiegel. Sie werde sich für das "richtige Gleichgewicht" zwischen der Terrorismusbekämpfung und der Achtung der Privatsphäre einsetzen und die Richtlinie "noch in diesem Jahr auf den Prüfstand stellen", so die neue Vizepräsidentin der EU-Kommission.

Reding sehe die bislang geltende Vorgabe kritisch, nach der die Kommunikations-Verbindungsdaten aller Bürger ohne jeden Verdacht von den Anbietern für mindestens sechs Monate gespeichert werden müssen: "Die Vorratsdatenspeicherung kann jedermanns Grundrecht auf Privatsphäre einschränken." Es müsse "gewährleistet werden", dass die Vorratsdatenspeicherung mit der seit Dezember verbindlichen EU-Grundrechtecharta "vereinbar" sei. Konkret werde sie "untersuchen, inwiefern die Speicherung verschiedenster Datensätze notwendig ist, ob die Speicherzeit für Daten angemessen ist und ob nicht weniger aufdringliche Maßnahmen dem gleichen Ziel dienen könnten", so die EU-Kommissarin.

Unterdessen hat der scheidende Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, gegenüber der Nachrichtenagentur dpa für den Dienstag ein "Grundsatzurteil zu der Massenspeicherung von Telefon und E-Mail-Verbindungsdaten" angekündigt und damit die Spannung weiter erhöht. Dieses Urteil werde in ganz Europa Beachtung finden, erklärte er.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung droht vorläufiges Aus
Beitrag von: SiLæncer am 01 März, 2010, 13:57
Die Karlsruher Richter werden die Vorratsdatenspeicherung wohl nur unter strengen Vorgaben genehmigen. Die EU-Kommission will ihre heikle Richtlinie überprüfen.

Wenn das Bundesverfassungsgericht am Dienstag sein Urteil zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung verkündet, wird Christoph Möllers, der Vertreter der Bundesregierung, wohl zu den Verlierern gehören. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wird dennoch zufrieden sein; sie will gar nicht, dass die Bundesregierung gewinnt.

Denn noch in der Opposition stand die Liberale auf der anderen Seite. Mit mehreren Mitstreitern hatte sie in Karlsruhe dagegen geklagt, dass sämtliche Telekommunikationsdaten aller Bürger sechs Monate gesichert werden müssen - ohne jeden Verdacht. Und als designierte Ministerin setzte sie in den Koalitionsverhandlungen zumindest durch, dass bis auf weiteres von Bundesbehörden nur bei Gefahr für Leib, Leben und Freiheit auf die gespeicherten Daten zugegriffen werden darf.

Schon deshalb stand Möllers, der noch von der alten Regierung eingesetzt worden war, bei der Verhandlung im vergangenen Dezember auf verlorenem Posten. Die Ministerin war wegen ihrer heiklen Doppelrolle nicht erschienen, ihre Staatssekretärin gab nur eine konturlose Erklärung ab, und selbst Abgeordnete, die das Gesetz mit beschlossen hatten, hielten sich zurück. Der scheidende Verfassungsgerichtspräsident Hans-Jürgen Papier kommentierte süffisant: "Der Senat ist verwundert, dass er für das angegriffene Gesetz heute keinen politisch Verantwortlichen hat finden können, der es verteidigt."

Auch die Urteilsverkündung wird Möllers nun ohne höchsten Beistand aus Berlin erdulden müssen. Leutheusser-Schnarrenberger empfängt lieber in Berlin die Presse zur Nachlese. Sie wartet nur darauf, dass ihr Karlsruhe endlich den Anlass gibt, das von der Großen Koalition beschlossene Gesetz zu entschärfen.

Sie hat Grund zur Hoffnung. Vieles spricht dafür, dass die Verfassungsrichter den Gesetzgeber zu einer Generalrevision der deutschen Speicherungs- und Abfragevorschriften verpflichten, auch wenn sie die sechsmonatige Speicherpflicht an sich wohl nicht kippen werden.

Dem Alt-Liberalen Burkhard Hirsch wäre es zwar "am liebsten, wenn das Bundesverfassungsgericht den Nerv hätte, zu sagen, bereits die Speicherung der Daten verstößt in jedem Fall gegen das Grundgesetz". Doch dafür müssten die Karlsruher die entsprechende EU-Richtlinie für verfassungswidrig erklären - und das ist nicht einfach.

Zwar reklamieren die Verfassungsrichter für sich das Recht, zwingende EU-Vorgaben auch mal für unverbindlich zu erklären. Doch dieser Fall ist noch nie eingetreten und wird es vermutlich auch jetzt nicht. Schließlich ließ Papier das Problem in der Verhandlung nicht weiter erörtern.

Dafür werden die Verfassungsrichter bei Datensicherheit und Datennutzung wohl strenge Vorgaben machen. Denn die Vorratsdatenspeicherung, warnte etwa der Dresdner Datenschutzexperte Andreas Pfitzmann in der Verhandlung, sei "aus technischer Sicht nichts anderes als der Einbau einer weiteren, großen Sicherheitslücke", die vor allem für fremde Geheimdienste, die Organisierte Kriminalität und sogar für Terroristen interessant sein könnte.

Der zuständige Richter Johannes Masing wollte deshalb wissen, ob bestimmte Sicherheitsstandards "gewährleistet" seien. Die von anderen Daten getrennte Speicherung etwa, die Verschlüsselung und ein Vier-Augen-Prinzip mit Protokollierungspflicht beim Datenzugriff. Matthias Kurth, der Präsident der Bundesnetzagentur, stammelte daraufhin von "zukünftigen Leitfäden", in denen "ein solcher Maßstab enthalten sein werde".

Auch die Zugriffsrechte für den Staat dürften die Karlsruher an strengere Vorgaben knüpfen. Schon in ihrem Eilbeschluss vom März 2008 beschränkten sie die Übermittlung der Daten an die Strafverfolgungsbehörden auf Fälle schwerer Kriminalität. Auf etwas Ähnliches wird es wohl auch jetzt hinauslaufen.

Doch nicht nur Karlsruhe wird das Thema wieder auf die Agenda setzen. In Brüssel ist es Viviane Reding, die neue Vizepräsidentin der EU-Kommission und verantwortlich für Justiz, Grundrechte und Bürgerschaft, die das umstrittene Vorhaben grundlegend überprüfen will.

Sie werde sich für "das richtige Gleichgewicht" zwischen der Terrorismusbekämpfung und der Achtung der Privatsphäre einsetzen und "noch in diesem Jahr" die entsprechende EU-Richtlinie "auf den Prüfstand stellen", sagt die EU-Kommissarin, denn "die Vorratsdatenspeicherung kann jedermanns Grundrecht auf Privatsphäre einschränken". Es müsse "gewährleistet werden", dass diese mit der seit Dezember verbindlichen EU-Grundrechtecharta "vereinbar" sei.

Generell sei dabei zu fragen: "Brauchen wir wirklich all diese Daten?" Konkret werde sie "untersuchen, inwiefern die Speicherung verschiedenster Datensätze notwendig ist, ob die Speicherzeit für Daten angemessen ist und ob nicht weniger aufdringliche Maßnahmen dem gleichen Ziel dienen könnten".

Im September wird die EU-Kommission einen Bericht über die Anwendung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung vorlegen, dann sollen die nächsten Schritte festgelegt werden. Leutheusser-Schnarrenberger wird das freuen - sie entscheidet auf EU-Ebene mit.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Karlsruhe kippt Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 02 März, 2010, 10:24
Die Massen-Speicherung von Telefon- und Internetdaten zur Strafverfolgung ist unzulässig. Das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe entschied am Dienstag, dass die Vorratsdatenspeicherung gegen die Verfassung, verstößt. Sie ist dem Urteil zufolge mit dem Telekommunikationsgeheimnis unvereinbar.

Die mündliche Verhandlung zu den Klagen gegen die Vorratsdatenspeicherung fand am 15. Dezember 2009 statt. Nachdem das Gericht in der Vergangenheit Sicherheitsgesetze der Regierung deutlich beschränkt hat, war die Frage, ob die Richter einen ähnlichen Weg gehen – oder ob sie die Speicherung komplett für verfassungswidrig erklären. In Eilentscheidungen hatten sie die Massen-Speicherung von Telefon- und Internetdaten zwar vorerst gebilligt, deren Nutzung zur Strafverfolgung aber deutlich eingeschränkt.

Nach dem Gesetz werden seit 2008 Verbindungsdaten aus der Telefon- , Mail- und Internetnutzung sowie Handy-Standortdaten sechs Monate lang gespeichert. Abrufbar sind sie für Zwecke der Strafverfolgung sowie der Gefahrenabwehr. Im umfangreichsten Massenklageverfahren in der Geschichte des Gerichts hatten fast 35.000 Bürger Beschwerde gegen das seit 2008 geltende Gesetz eingelegt, das eine EU-Richtlinie umsetzt. Es gibt drei Klägergruppen. Eine von ihnen vertritt der FDP-Politiker Burkhard Hirsch. Der Berliner Rechtsanwalt Meinhard Starostik vertritt rund 34.900 Kläger. Der Grünen-Politiker Volker Beck hat mit mehr als 40 Abgeordneten seiner Partei Beschwerde eingelegt. Über gut 60 Verfahren wurde im vergangenen Dezember in Karlsruhe exemplarisch verhandelt.

Der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, Wolfgang Bosbach, hatte vor der Urteilsverkündung im ARD-"Morgenmagazin betont: "Es geht nicht um Übermut des Gesetzgebers, der Bürgerrechte einschränken will. Die Nutzung von Telekommunikationseinrichtungen wird heute immer stärker zur Begehung und Planung von Straftaten genutzt." Der FDP-Innenexperte Hirsch sagte im Bayerischen Rundfunk: "Ich bin der festen Überzeugung, dass die jetzige Regelung verfassungswidrig ist und ich glaube, dass das Verfassungsgericht auch so entscheiden wird." Dem Radiosender NDR Info sagte Hirsch: "Ich denke, dass der Staat jetzt schon die Möglichkeit hat, die Verbindungsdaten dann nachzuforschen und zu prüfen, wenn er gegen einen Bürger einen konkreten Verdacht hat." Die Grünen-Vorsitzende Claudia Roth hatte vor der Urteilsverkündung gesagt: "Man hat den Eindruck, dass der Staat sich mehr und mehr als Krake und Nimmersatt geriert."

Quelle : www.heise.de



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Titel: Bundesverfassungsgericht legt Hürde für künftige Vorratsdatenspeicherung hoch
Beitrag von: SiLæncer am 02 März, 2010, 16:03
Das Bundesverfassungsgericht hat die anlasslose Protokollierung elektronischer Nutzerspuren und ihre Speicherung für mindestens sechs Monate gemäß den EU-Vorgaben  in seinem Grundsatzurteil zur Vorratsdatenspeicherung (Az: 1 BvR 256/08) nicht für schlechthin unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt. Allerdings sind für die Karlsruher Richter enge Auflagen für die praktische Ausgestaltung unbedingt erforderlich; sie machen dem Gesetzgeber in ihrer umfassenden Entscheidung dafür sehr konkrete Vorschläge. Möglicherweise werden Datenschützer und Bürgerrechtler über die Entscheidung aber auch nicht rundum glücklich sein: Die Ausführungen des Gerichts lesen sich teilweise wie eine detaillierte Anleitung an den Gesetzgeber zur Regelung einer neuen Vorratsdatenspeicherung, die auch das Bundesverfassungsgericht mittragen würde.

Der Erste Senat blieb bei seiner Linie, die er etwa mit den Beschlüssen zu heimlichen Online-Durchsuchungen oder zum großen Lauschangriff aufgestellt hat: Auch tief in die Grundrechte eingreifende Maßnahmen hält er für die Strafverfolgung und Gefahrenabwehr in einzelnen, konkreten Fällen für anwendbar, solange sie gut begründet und eng begrenzt sind. So stellte der aus dem Amt scheidende Gerichtspräsident Hans-Jürgen Papier am heutigen Dienstag in der Urteilsverkündung klar, dass eine Vorratsdatenspeicherung rechtmäßig sei, "wenn die gesetzliche Ausgestaltung dem besonderen Gewicht einer solchen Speicherung Rechnung trägt".

Die "Streubreite" der verdachtsunabhängigen Erfassung von Verbindungs- und Standortdaten sowie deren "weite Aussagekraft" macht laut Papier den Eingriff besonders schwer.  Im Gegenzug müssten bei der Umsetzung glasklare Normen etwa hinsichtlich der Datensicherheit, der Transparenz oder des Rechtsschutzes aufgestellt werden. Es dürfe vor allem im ersten Schritt kein "offener Datenpool" angelegt werden, auf den Strafverfolger und Geheimdienste relativ frei zugreifen könnten.

Genau dies hat der Gesetzgeber dem Gerichtspräsidenten zufolge aber mit der Neuregelung der Befugnisse zur Telekommunikationsüberwachung getan. Er sei somit seinen Pflichten nicht nachgekommen, "klare Anforderungen festzulegen". Vielmehr sei die Datenverwendung generell bei Straftaten von erheblicher Bedeutung sowie sogar bei "mittels Telekommunikation begangener" Delikte zugelassen worden. Insofern seien die gesetzlichen Vorgaben als vollständig "nichtig" zu deklarieren und die bereits von den Telekommunikationsunternehmen aufbewahrten Daten "unverzüglich zu löschen".

Für eine mögliche künftige Vorratsdatenspeicherung hielt Papier einen "besonders hohen Standard der Datensicherheit geboten". Das Grundgesetz treffe dazu zwar keine detailgenauen Aussagen. Der Gesetzgeber habe sich aber an den Erkenntnissen der aktuellen technischen Diskussion zu orientieren. Datenbestände müssten getrennt und verschlüsselt und Zugriffe protokolliert werden. Außerdem müsse der Datenschutzbeauftragte einbezogen und ein "ausgeglichenes Sanktionssystem" für Zuwiderhandlungen geschaffen werden. Auf Bits und Bytes dürfe nur zur Ahndung von Straftaten, die überragend hohe Rechtsgüter bedrohen, oder zur Abwehr solcher Vergehen zugegriffen werden. Dabei müssten zumindest Anhaltspunkte für konkrete Gefahren vorliegen.

Ein "grundsätzliches Abrufverbot" stellte das Gericht für zumindest einen engen Kreis besonders persönlicher Daten auf, die auf Vertraulichkeit angewiesen seien. Papier nannte hier konkret Gespräche mit der anonymen Telefonberatung etablierter Hilfseinrichtungen. Insgesamt dürfe "die Freiheitswahrnehmung der Bürger nicht total erfasst und registriert werden". Ein "diffus bedrohliches Gefühl des Beobachtetseins", das eine unbefangene Wahrnehmung der Grundrechte in vielen Bereichen beeinträchtigen könne, müsse vermieden werden. Gleichzeitig sei anzuerkennen, dass eine "Rekonstruktion gerade der Telekommunikationsverbindungen" für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr von besonderer Bedeutung sei.

Weniger strenge Auflagen knüpfte Karlsruhe daher etwa an die Nutzung von IP-Adressen in Form von behördlichen Auskunftsansprüchen gegenüber Diensteanbietern. Hier sei zum einen bedeutend, dass dabei die zuständigen Ämter die vorsorglich zu speichernden Daten nicht kennen. Vielmehr gehe es nur um "personenbezogene Auskünfte" über den Inhaber eines bestimmten Anschlusses, der von Providern unter Rückgriff auf diese Daten ermittelt worden sei. Systematische Ausforschungen über einen längeren Zeitraum oder das Erstellen von Persönlichkeits- und Bewegungsprofilen ließen sich allein auf Grundlage solcher Auskünfte nicht verwirklichen. Maßgeblich sei zum anderen, dass für solche Auskünfte nur ein von vornherein feststehender kleiner Ausschnitt der Daten verwendet werde.

Allerdings hat dem Richterspruch nach auch die Begründung von behördlichen Auskunftsansprüchen zur Identifizierung von IP-Adressen "erhebliches Gewicht". Mit ihr wirke der Gesetzgeber auf die Kommunikationsbedingungen im Internet ein und begrenze die Anonymität; es müsse sichergestellt werden, "dass eine Auskunft nicht ins Blaue hinein eingeholt wird". Für solche Auskünfte sei kein Richtervorbehalt nötig, allerdings seien die Betreffenden von der Abfrage  zu benachrichtigen. Die Anonymität im Internet dürfe nur aufgehoben werden, wenn zumindest eine Rechtsgutbeeinträchtigung vorliegt, der "ein hervorgehobenes Gewicht beigemessen wird". Das könnten auch "im Einzelfall besonders gewichtige Ordnungswidrigkeiten" sein, die der Gesetzgeber ausdrücklich benennen müsse.

Den Richtern Wilhelm Schluckebier und Michael Eichberger, die auf Anraten der CDU 2006 ins Verfassungsgericht nachrückten, ging die Mehrheitsmeinung des Senats zu weit. Sie hielten in abweichenden Voten fest, dass die angegriffenen Regelungen im Grundsatz nicht unangemessen seien. Der Gesetzgeber habe sich in dem ihm in der Verfassung festgeschriebenen Gestaltungsrahmen gehalten. Straftaten effektiv aufzuklären und Gefahren wirksam abzuwehren seien nicht per se Bedrohungen für die Freiheit der Bürger. Die Senatsmehrheit schränke zugleich den Einschätzungs- und Gestaltungsspielraum des Gesetzgebers nahezu vollständig ein, bei der Straftatenaufklärung und der Gefahrenabwehr zum Schutz der Menschen angemessene und zumutbare Regelungen zu treffen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Urteil zur Vorratsdatenspeicherung lässt weiten Interpretationsraum
Beitrag von: SiLæncer am 02 März, 2010, 18:12
Das Urteil  des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung ist eine Entscheidung, die es anscheinend vielen Seiten recht macht. Viele Interessenvertreter haben sich rasch daran gemacht, aus dem 60-seitigen Beschluss der Karlsruher Richter das ihnen Naheliegende herauszupicken. Selbst der Bundesverband Musikindustrie, dessen Mitglieder seit Langem zur Bekämpfung von Urheberrechtsverstößen an die Vorratsdaten heran wollen, hat treffliche Aspekte in der Urteilsbegründung entdeckt. So werde darin etwa "ein gesteigertes Interesse an der Möglichkeit" beschrieben, "Kommunikationsverbindungen im Internet zum Rechtsgüterschutz oder zur Wahrung der Rechtsordnung den jeweiligen Akteuren zuordnen zu können".

Die Vertreter der Musikindustrie erfreut die Feststellung des Gerichts, dass "in einem Rechtsstaat auch das Internet keinen rechtsfreien Raum bilden darf". Die Möglichkeit einer individuellen Zuordnung von Internetkontakten bei Rechtsverletzungen "von einigem Gewicht" sei deshalb ein legitimes Anliegen des Gesetzgebers. Soweit für Auskünfte durch die Provider bei der Verwendung dynamischer IP-Adressen Verbindungsdaten ausgewertet werden müssten, gebe es keine prinzipiellen Bedenken. Die Musikindustrie sieht sich damit darin bestätigt, dass es möglich sein müsse, "Rechtsverletzer im Netz ermitteln zu können".

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, kann dem Beschluss ebenfalls Gutes abgewinnen. Der CSU-Politiker freute sich über die endlich erreichte "notwendige Rechtssicherheit". Das Urteil lasse die grundsätzliche Speicherung der für die Arbeit der Sicherheitsbehörden unverzichtbaren Daten zu. Auskünfte über Vorratsdaten seien "bei einer ganzen Reihe schwerwiegender Straftaten möglich". Das Justizministerium sieht Uhl im Einklang mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) gefordert, "unverzüglich verfassungskonforme Regelungen vorzulegen". Peter Altmaier, parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, hatte sich zuvor dagegen "ausdrücklich nicht froh" über die Entscheidung gezeigt.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), die zu den Klägern in Karlsruhe gegen das Gesetz aus der Zeit der großen Koalition gehörte, sprach von einem "wirklichen Tag zur Freude". Für weitere anlasslose Datensammlungen auf EU-Ebene wie die Speicherung von Flugpassagierdaten sei der Spielraum damit geringer geworden. Zusammen mit der EU-Kommission müsse nun das weitere Vorgehen beraten werden. Grund zu eiligen Reaktionen bestehe nicht, das Urteil müsse erst genau geprüft werden. Schwarz-Gelb steuert damit wohl auf eine neue koalitionsinterne Konfrontation zu. Die EU-Kommission forderte unterdessen heute von Deutschland rasche Bewegung.

Unter Datenschützern gibt es geteilte Meinungen. Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar misst dem Richterspruch weitreichende Bedeutung zu. Er verpflichte den Staat nicht nur, sich selbst bei der Datensammlung zurückzunehmen. Vielmehr sei er auch angehalten, die Bürger vor unangemessenen Datenspeicherungen durch Unternehmen zu schützen. Sämtliche vorsorgliche Datenansammlungen für unbestimmte Zwecke müssten geprüft werden. Schaar interpretierte die Entscheidung zugleich als Signal an Brüssel, die EU-Vorgaben zur anlasslosen Protokollierung von Nutzerspuren zurückzunehmen. Aus Brüssel war dem entgegen zu vernehmen, dass die EU-Kommission auf europäischer Ebene keinen Anlass zu handeln sieht.

"Das Bundesverfassungsgericht hat hier wirklich die Argumentation der Datenschützer übernommen", erklärte der schleswig-holsteinische Landesdatenschutzbeauftragte Thilo Weichert der dpa. Nun müssten weitere Entscheidungen und Pläne auf nationaler und europäischer Ebene noch einmal überprüft werden. Dazu gehöre das zunächst nur auf Eis gelegte SWIFT-Abkommen über die Weitergabe von Bankdaten. Weicherts Kollege aus Mecklenburg-Vorpommern, Karsten Neumann, gab aber zu bedenken, dass der Beschluss eine "Hintertür" für eine künftige Regelung der Vorratsdatenspeicherung aufgestoßen habe.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der die "Massenbeschwerde" in Karlsruhe organisiert hatte, fordert ebenfalls einen "Stopp der flächendeckenden Überwachung in ganz Europa". Die Bürgerrechtsvereinigung Humanistische Union hält nun eine Prüfung durch den Europäischen Gerichtshof für nötig, ob nicht doch bereits mit der grundsätzlichen Anordnung der Speicherung der TK-Daten auf Vorrat ein Grundrechtseingriff vorliege.

Für die Linken stellt das Urteil einen "Knockout für die uferlosen Überwachungsträume der Big-Brother-Parteien" dar. Es sei ist eine wichtige Entscheidung "zur Wahrung der Balance zwischen Freiheit und Sicherheit", lobte Jan Korte aus dem Fraktionsvorstand. Volker Beck, parlamentarischer Geschäftsführer der Grünen, freute sich über einen "großen Sieg für die Bürgerrechte". Allerdings sei das Gericht nicht weit genug gegangen. In der entscheidenden Frage, ob eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt zulässig sei, habe sich Karlsruhe nicht zu einem klaren Nein durchringen können. Zuvor hatte Grünen-Chefin Claudia Roth den "sehr guten" Beschluss als "Klatsche für den Gesetzgeber" gewertet.

Auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sieht in dem Urteil eine "schallende Ohrfeige" für die politischen Verantwortlichen – und ist sich damit zunächst einig mit der Piratenpartei. Während diese aber als weiteren Schritt das endgültige Aus für die Vorratsdatenspeicherung verlangt, moniert die GDP, dass erneut "eine schlampige Gesetzesformulierung" der Polizei ein notwendiges Ermittlungsinstrument "aus der Hand geschlagen" habe. Es müsse daher "unverzüglich" ein den Auflagen voll entsprechendes Gesetz vorgelegt werden. Die Hürden seien aber wohl so hoch gelegt, dass eine Abfrage zur polizeilichen Gefahrenabwehr kaum mehr infrage komme.

Branchenverbände wie der Bitkom, der VATM oder der eco begrüßten die Karlsruher Ansage im Kern. Das Gericht habe damit den Sorgen vieler Internet- und Telefonkunden Rechnung getragen. Zugleich fürchten die Wirtschaftsvertreter aber, auf den hohen Kosten für die bereits erfolgten Hilfssheriffsleistungen sitzen zu bleiben oder mit noch höheren Aufwendungen für Folgeregelungen mit deutlich besserem Schutzniveau konfrontiert zu werden. Die Entscheidung des Gerichts zur Entschädigung der Provider sei höchst unbefriedigend, beklagte eco-Chef Michael Rotert. Hier sei der Gesetzgeber gefordert, um Standortnachteile zu verhindern.

Quelle : www.heise.de
Titel: "VDS-Urteil ist ein Sicherheitsrisiko"
Beitrag von: SiLæncer am 04 März, 2010, 09:39
Viele Polizeibeamte und konservative Politiker befürchten nach der Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung Probleme bei der Kriminalitätsbekämpfung. Ausgleich sollen nun 3000 zusätzliche "Internet-Streifen" schaffen, fordert die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG).

"Ohne den sechsmonatigen Rückgriff auf Rechner-Adressen kann die Polizei im Internet nur noch etwas ausrichten, wenn ihre Netz-Präsenz massiv ausgebaut wird," erklärte DPolG-Chef Rainer Wendt in einem Interview mit der Neuen Osnabrücker Zeitung. Aus diesem Grund fordert Wendt "3000 speziell ausgebildete Cyber-Cops, die verdachtsunabhängige Internet-Streifen fahren, um Kriminelle effektiver aufzuspüren.".

Wendt betonte, die Vorratsdatenspeicherung sei ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung insbesondere von Terrorismus, Kinderpornographie und organisiertem Verbrechen gewesen. Dieses stehe nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom gestrigen Dienstag (gulli:News berichtete) nicht mehr zur Verfügung. Deswegen, so Wendt, müssten Bund und Länder "aufrüsten, um die Sicherheitslücke zu kompensieren". Wendt forderte sogar die die Ausarbeitung einer kompletten "Internet-Agenda 2010".

Ähnlich äußerte sich auch der Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. In zwei von drei Fällen sei die Polizei bei ihren Ermittlungen inzwischen auf Vorratsdaten angewiesen, erklärte BDK-Chef Klaus Jansen. Entsprechend düster sehe es ohne die Vorratsdatenspeicherung aus. Jansen will aber einen anderen Weg gehen als Wendt: statt alternativer Kontrollmaßnahmen fordert er eine möglichst schnelle Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nach den Vorgaben der Verfassungsrichter. "Karlsruhe hat eine Blaupause vorgelegt, mit der sich innerhalb von 14 Tagen ein Gesetzentwurf schreiben lässt", betonte er. Bei gutem Willen der Bundesjustizministerin könne ein neues Speichergesetz bis zum Sommer in Kraft sein. "Wer jetzt einen politischen Streit anfängt, spielt den Kriminellen in die Karten und versündigt sich an den Bürgern", warnte Jansen.

Quelle: www.gulli.com
Titel: EU will Datenspeicherungsrichtlinie überprüfen
Beitrag von: SiLæncer am 04 März, 2010, 10:39
Die EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström plant nach dem Urteil  des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsspeicherung eine Überprüfung der EU-Richtlinie zur Datenspeicherung. "Ich will die Direktive bis Ende des Jahres evaluieren lassen", sagte Malmström der Zeitung Die Welt. "Da werden wir uns nicht nur ansehen, ob sie angemessen und effektiv ist und wie hoch die Kosten sind. Sondern auch, ob sie mit der Grundrechtecharta des Lissabon-Vertrags vereinbar ist." Der Reformvertrag der Europäischen Union war Ende 2009 in Kraft getreten.

Die schwedische EU-Kommissarin sagte, dass der Nutzen der EU-Richtlinie für den Anti-Terror-Kampf und zur Bekämpfung der Kriminalität noch nicht abschließend bewertet werden könne. Als Grund nannte sie, dass die Direktive in einigen EU-Staaten noch nicht umgesetzt worden sei. In den Ländern, wo sie umgesetzt wurde, sagten die Behörden, dass sie nützlich sei, erläuterte die liberale Politikerin.

Die Karlsruher Richter hatten am Dienstag geurteilt, dass die Vorratsdatenspeicherung, die auf Grundlage der EU-Richtlinie Ende 2007 von der damaligen großen Koalition beschlossen worden war, in ihrer jetzigen Form verfassungswidrig ist. Die EU-Richtlinie wurde jedoch nicht in Frage gestellt. Während die Union rasch ein neues, am Urteil des Bundesverfassungerichts orientiertes Gesetz auf den Weg bringen will, will sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) nicht unter Druck setzen lassen.

Gegner von Vorratsdatenspeicherungen wollen nun auch die EU-Richtlinie zu Fall bringen. "Andere Länder profitieren von diesem Urteil nicht, also wollen wir unseren Protest über die Grenzen ausweiten", hatte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung nach dem Karlsruher Urteil mitgeteilt und angekündigt, auch europaweit gegen das massive Speichern von Kommunikationsdaten kämpfen zu wollen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdaten-Löschung soll kontrolliert werden
Beitrag von: SiLæncer am 05 März, 2010, 21:28
Deutsche Provider sind verpflichtet, sämtliche im Rahmen der Vorratsdatenspeicherung gespeicherten Verbindungsdaten zu löschen. Ob sie dieser Pflicht auch nachkommen, soll jetzt stichprobenartig überprüft werden.

Am vergangenen Dienstag erklärte das Bundesverfassungsgericht die bisherige deutsche Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig und das entsprechende Gesetz für nichtig (gulli:News berichtete). Nicht nur das: die Richter ordneten auch an, dass sämtliche bisher gespeicherten Daten von den Providern unverzüglich zu löschen seien. Einige Provider wie Arcor und die Deutsche Telekom begannen nach eigenen Angaben noch am selben Tag mit der massenhaften Datenvernichtung.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar will nun Gewissheit. Kommen die Provider ihren Verpflichtungen auch nach; werden die Verbindungsdaten wirklich wie vorgesehen gelöscht? Das soll nun überprüft werden. Zwar seien "flächendeckende Kontrollen bei sämtlichen Unternehmen" unmöglich, erklärte Schaar am heutigen Freitag in Berlin. Dazu gebe es schlicht zu viele Telekommunikationsunternehmen - über tausend seien es in ganz Deutschland. Man wolle sich aber immerhin "bei den Anbietern stichprobenartig von der Löschung überzeugen".

"Durch das Urteil ist der Rechtsgrund für die Vorratsdatenspeicherung weggefallen. Die von den Unternehmen auf Vorrat gespeicherten Daten sind deshalb unverzüglich zu löschen, auch soweit sie noch nicht an die Behörden übermittelt wurden," betonte Schaar noch einmal. Ob dies von den Providern auch beherzigt wird, wird sich womöglich bald zeigen.


Quelle: www.gulli.com
Titel: Nicht mehr Sicherheit durch Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 05 März, 2010, 22:48
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht in seiner aktuellen Pressemitteilung Zahlen und Fakten, die gegen die von Politik und Polizei befürchteten Sicherheitslücken sprechen sollen.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung macht sich in seiner aktuellen Pressemitteilung gegen Innenpolitiker und Polizeifunktionäre stark, die ohne Vorratsdatenspeicherung die deutsche Sicherheit gefährdet sehen. Daher veröffentlicht der Arbeitskreis nun eine Reihe von Zahlen und Fakten, die zeigen sollen, dass auch ohne wahllose Datenspeicherung keine Sicherheitslücken entstehen.

Dazu äußert Werner Hülsmann von der Deutschen Vereinigung für Datenschutz:

"Wie unsere Nachbarländer Österreich und Belgien zeigen, ist die Sicherheit auch ohne Vorratsdatenspeicherung gewährleistet - oder wollen die Befürworter behaupten, Österreich sei ein Hort des Terrorismus? Die Angstmache und Drohung mit einer 'Sicherheitslücke' oder einem 'Rückzugsgebiet für Kriminelle' ist hanebüchen. Laut Kriminalstatistik konnte in Deutschland auch ohne Vorratsdatenspeicherung fast 80% der Internetkriminalität aufgeklärt werden. Dass sich diese Aufklärungsquote nach Einführung der Vorratsdatenspeicherung erhöht hätte, ist nicht ersichtlich. Umgekehrt gefährdet die Vorratsdatenspeicherung unsere Sicherheit, weil sie die Polizei mit Ermittlungen wegen Internetbetrügereien und Tauschbörsennutzung verstopft und dadurch Ressourcen von der gezielten Aufklärung schwerer Straftaten abzieht."

Patrick Breyer vom Arbeitskreis bemängelt, hätten Politiker und Polizisten Interesse, die Sicherheit zu stärken, sollten sie gezielt Projekte zur Kriminalitätsprävention auf kommunaler und Landesebene unterstützen: "Unsere Innenpolitiker tun das Gegenteil: Sie investieren Millionen von Euro in die Vorratsspeicherung der Daten Unschuldiger, in Überwachungstechnik, in biometrische Pässe, in Videoüberwachung - und kürzen gleichzeitig seit Jahren die Mittel für gezielte Präventionsarbeit, und es gibt immer weniger Polizisten - das ist doch keine Sicherheitspolitik!"

Die EU-Innenkommissarin will die Direktive bis zum Jahresende evaluieren lassen. Dabei sollen sowohl Angemessenheit und Effizienz der Richtlinie als auch die Kosten ihrer Umsetzung betrachtet werden. Außerdem sei dabei auch zu prüfen, ob sie mit der Grundrechtecharta des Lissabon-Vertrags vereinbar ist. An dieser Stelle möchte der AK für eine Abschaffung der "Totaldatenspeicherung" - wie sie in der Pressemitteilung genannt wird - eintreten. Daher fordert Florian Altherr vom AK die Bundesregierung auf, sich dafür einzusetzen, dass die EU-Richtlinie zurückgenommen werde: "Es gibt keinen europäischen Konsens mehr für eine pauschale, anlasslose Überwachung aller 500 Millionen EU-Bürger. Die Verfassungsgerichte mehrerer Länder haben nun deutliche Signale an die Politik gesendet, dass die Grenzen der Freiheitseinschränkungen überschritten sind. Die Bundesregierung muss sich innerhalb der EU nun für eine neue, freiheitsfreundliche Sicherheitspolitik stark machen. Von einer erneuten Einführung einer Vorratsdatenspeicherung muss nach dem Paukenschlag von Karlsruhe dringend abgesehen werden."

Im Zuge dieser Forderung nennt der AK in 12 Punkten Fakten und Zahlen, die aus seiner Sicht gegen die massenhafte Datenspeicherung sprechen. Wie fundiert die Argumentation insgesamt und die Einzelargumente sind, sei dahingestellt. Einen genaueren Einblick gibt die online-Ausgabe der Pressemitteilung (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/356/79/) des AK Vorratsdatenspeicherung.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Schaar: Auch Google betreibt Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 06 März, 2010, 16:58
Nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung fordert der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, auch für Firmen wie Google oder Facebook strengere Regeln. "Private Datensammlungen großer Unternehmen, zum Beispiel von Google, sind ja schon viel genauer, umfangreicher und aussagekräftiger als das, was durch eine staatlich verordnete Speicherung erfasst wird", sagte Schaar dem Focus. "Was Google macht, ist auch eine Art Vorratsdatenspeicherung, das kann ich nicht anders sehen."

Schaar zeigte sich zudem skeptisch, dass es zu einer schnellen Neufassung der gestoppten verdachtslosen Speicherung kommt. "Die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung haben bislang nicht nachgewiesen, dass dieses Instrument bei der Verhinderung oder Aufklärung schwerer Straftaten unverzichtbar ist", sagte Schaar. "Auch die Bundesregierung argumentierte überwiegend mit Fällen vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes."

Neben Schaar hat auch Verbraucherschutzministerin Ilse Aigner ihre Kritik an Googles Datensammelpraxis erneuert und ihre Forderungen konkretisiert. Es sei nicht akzeptabel, dass Bürger sich erst im Netz informieren müssten, ob ihr Haus für den Google-Dienst Street View fotografiert und ins Web gestellt worden sei. Dem Spiegel sagte Aigner: "Google muss die breite Öffentlichkeit über das Projekt und die Widerspruchsmöglichkeiten informieren, etwa mit Anzeigen in der Presse". Der Internetkonzern müsse akzeptieren, dass ein Teil der Gesellschaft das Netz nicht nutze. Aigner hatte bereits vergangene Woche gefordert, dass Street View erst nach einer Frist online geht, in der die Bürger sich gegen das Abfotografieren ihrer Umgebung wehren können.

Bislang informiert Google die Öffentlichkeit auf einer Webseite über die Einspruchsmöglichkeiten. Demnach arbeitet das Unternehmen an einer "Funktion, [...] mit der jeder der Veröffentlichung einer Abbildung seines Hauses widersprechen kann". Diese soll "rechtzeitig vor der Veröffentlichung" zur Verfügung stehen. Widersprüche per E-Mail und auf dem klassischen Postweg nimmt Google aber bereits entgegen. Bereits in Street View veröffentlichte Bilder können Nutzer direkt aus dem Dienst heraus beanstanden.

Gegen Street View regt sich auch auf kommunaler Ebene weiter Widerstand . Der Bürgermeister der Gemeinde Kernen im Remstal (Rems-Murr-Kreis) hat Google aufgefordert, auf die Befahrung der Straßen in Kernen und die Veröffentlichung der Bilder im Internet zu verzichten. Grund waren zahlreiche Anfragen von besorgten Bürgern. "Zwar haben wir als Gemeinde keine datenschutzrechtliche Grundlage, die Aufnahmen zu verbieten. Dennoch war es mir wichtig, Google den Willen der Gemeinde mitzuteilen", sagte Bürgermeister Stefan Altenberger der dpa.

Quelle : www.heise.de
Titel: VDS: Die Grünen werfen De Maizière Konzeptlosigkeit vor
Beitrag von: SiLæncer am 07 März, 2010, 20:56
Thomas de Maizière (CDU) glaubt, dass das Karlsruher Urteil zur Vorratsdatenspeicherung eine Sicherheitslücke darstellt. Die Internetkriminalität könnte sich ins Inland verlagern, weswegen er nach neuen Gesetzen ruft. Die Grünen betrachten diesen Vorstoß sehr kritisch.

Bundesinnenminister Thomas De Maizière (CDU) drängte Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zur Eile. Er möchte von der Bundesjustizministerin einen Gesetzesentwurf möglichst noch vor der Sommerpause erstellt haben. Das Bundesverfassungsgericht hatte das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung kürzlich gekippt, ohne die fragliche EU-Richtlinie infrage zu stellen.

MdB Volker Beck sagte, die beste Vorratsdatenspeicherung sei diejenige, auf die man komplett verzichtet. Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) kann nicht verstehen, warum die CDU glaubt, dass man mit dem Karlsruher Urteil die Strafverfolgung an die Wand gefahren habe. Malte Spitz versucht in seinem Blogeintrag einige Aussagen der Regierung gerade zu rücken. Obwohl es in Schweden oder Österreich keine VDS gibt, hat sich die Internetkriminalität nicht in diese Länder verlagert. Online-Delikte wie Betrug, Beleidigung und ähnliches hätte man auch vor Einführung der VDS effektiv verfolgen können.

Der grüne Jurist Konstantin von Notz glaubt, dass es der schwarz-gelben Koalition derzeit an durchdachten und tragenden Konzepten für den Datenschutz fehlen würde. Er kritisiert auch das eingeschlagene Tempo. "Dabei ist Eile nicht nur ein schlechter Ratgeber, sondern hier auch völlig fehl am Platze. Das Argument, Deutschland würde nach dem Bundesverfassungsgerichtsurteil zum Rückzugsort für Netzstraftaten, entbehrt jeder Grundlage - sind es doch in der EU sechs Länder, die die europäische Richtlinie bewusst nicht umgesetzt haben.

Längst hat EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström angekündigt, die EU-Richtlinie grundlegend zu überprüfen. Man wolle sich in Ruhe ansehen, ob die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung effektiv, angemessen und mit der Grundrechtecharta der EU vereinbar sei. Anstatt übereilt ein neues, unausgegorenes Gesetz vorzulegen und den bisher verfolgten Weg gesetzgeberischer Schnellschüsse fortzusetzen, wäre die Bundesregierung gut beraten, zunächst die Entwicklungen auf europäischer Ebene abzuwarten. Die zunehmende Vielstimmigkeit von CDU/CSU und FDP im Bereich der Innenpolitik nimmt mehr und mehr die Hoffnung auf einen speziell für die Netzpolitik so wichtigen Neuanfang beim Datenschutz."

Bundesinnenminister De Maizière zeigte sich mit seinen heutigen Forderungen nach Ansicht von Bündnis 90/Die Grünen als Sicherheitspolitiker des alten Schlages. Bleibt abzuwarten, wer sich im Frühjahr beziehungsweise Sommer in Berlin durchsetzen wird. Vielleicht wird aber ein derartiger Schlagabtausch im Rahmen der Prüfung der EU-Richtlinie nicht mehr nötig sein.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Bürgerrechtler starten Kampagne gegen neue Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 09 März, 2010, 11:53
Nach lauten Rufen aus der Polizei  und von CDU/CSU  nach einem neuen Gesetz zur anlasslosen Protokollierung von Nutzerspuren hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zu einer Gegenaktion aufgerufen. Der Zusammenschluss von Bürgerrechtlern, Datenschützern und Internetnutzern, der über 34.000 Menschen zum Gang nach Karlsruhe bewegen konnte, hat dazu eine Kampagnenseite eingerichtet. Dort können Gegner über eine "Meinungsmaschine" offene Briefe an alle Bundestagsabgeordnete der schwarz-gelben Koalition unter anderem per E-Mail verschicken, um sich gegen die Wiedereinführung der vom Bundesverfassungsgericht gestoppten  Vorratsdatenspeicherung und für eine Abschaffung der EU-Pflicht  zur verdachtsunabhängigen Datensammlung einzusetzen. Darüber hinaus ist eine nach Postleitzahlen durchsuchbare Liste mit Telefonnummern der Abgeordneten verfügbar.

Klaus Jansen, Bundesvorsitzender des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK), hatte sich in einem offenen Schreiben an Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vom Wochenende "konsterniert" gezeigt über das Karlsruher Urteil. Der Verzicht auf eine Übergangsregelung habe zu einem "Flurschaden" bei Kriminalitätsbekämpfung und Gefahrenabwehr geführt, dessen Tragweite noch nicht abschätzbar sei. Es seien bundesweit bereits hunderte Ermittlungsakten geschlossen worden, weil sie ohne die Nutzung der Verkehrsdaten nicht aufzuklären seien.

Weiter beklagt Jansen, dass nicht so sehr das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung, sondern vielmehr die "Durchführungsbestimmungen" der Bundesnetzagentur die Reaktion der Verfassungsrichter herausgefordert habe. Jansen unterstellte Politik und Justiz, von Lobbyisten aus der IT-Industrie oder vom Chaos Computer Club (CCC) abhängig zu sein. Merkel solle sich selbst "an die Spitze der Initiative für die sichere Nutzung der neuen Medien" setzen. Der Gesetzgeber brauche das Urteil aus Karlsruhe für eine Neuregelung der Datensammlung nur abzuschreiben.

Der Direktor des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg, Hans-Jörg Albrecht, sagte hingegen dem Nachrichtenmagazin Der Spiegel, die Diskussion über vermeintliche Sicherheitslücken nach dem Beschluss sei "leicht hysterisch, politischen Interessen geschuldet und überhaupt nicht nachvollziehbar". Die aktuelle "Panikstimmung" sei "durch keinerlei Hinweis aus Forschung und Praxis belegt". Laut einem Rechtsgutachten der Freiburger nutzt die Vorratsdatenspeicherung der Strafverfolgung kaum.

In diesem Sinne schreibt der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, dass sich mit der Einführung der Vorratsdatenspeicherung 2008 hierzulande die Aufklärungsrate nicht erhöht habe. 2007 seien zudem ohne diese Praxis 84,4 Prozent aller in Deutschland registrierten Internetdelikte einschließlich der Verbreitung von Kinderpornographie erfolgreich aufgeklärt worden. Diese Zahl sei im Folgejahr nicht gestiegen. Die FDP müsse nun Wort halten und gemäß ihrem Wahlprogramm für die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung und der entsprechenden EU-Vorgabe kämpfen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Nonstop-Löschung bei der Telekom
Beitrag von: SiLæncer am 10 März, 2010, 17:28
Die Deutsche Telekom hat voraussichtlich bis nächste Woche zu tun, um den gespeicherten Datenwust endgültig zu löschen. Der Konzern kommt damit der Forderung des Bundesverfassungsgerichts nach.

Der Telekom-Konzern wird erst in der nächsten Woche die letzten Telefon- und Internetdaten gelöscht haben. Nach Unternehmensangaben hatte die Telekom einen Datenwust von 19 Terabyte zu vernichten. Die Menge entspreche 4,85 Milliarden Seiten Text im DIN-A4-Format.

Das Bundesverfassungsgericht hatte Anfang März die Massen-Speicherung von Telefon- und Internetdaten für verfassungswidrig erklärt und die Unternehmen aufgefordert, die gespeicherten Daten "unverzüglich zu löschen".

Der Telekom-Konkurrent Vodafone hat bereits die Auflagen erfüllt. Die Daten seien bis zum vergangenen Freitag komplett und unwiederbringlich gelöscht worden, teilte das Unternehmen mit. Der Mobilfunk- und Festnetzbetreiber hatte unmittelbar nach der Gerichtsentscheidung mit dem Löschen der Daten begonnen.

Eine noch größere Datenmenge als die Telekom muss der Internet- Dienstleister United Internet («1&1», «GMX» und «Web.de») vernichten. Nach Unternehmensangaben ist damit begonnen worden, die 25 Terabyte "unmittelbar zu löschen". Der Vorgang werde in einigen Tagen abgeschlossen sein.

Quelle : DF
Titel: "Keine schnelle Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung "
Beitrag von: SiLæncer am 17 März, 2010, 11:46
Bundesjustizministerin  Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung, deren gesetzliche Regelung in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht verworfen wurde, bis zur parlamentarischen Sommerpause ausgeschlossen. Der Neuen Osnabrücker Zeitung sagte sie: "Es ist vollkommen utopisch, bis zur Sommerpause eine Neuregelung zu erwarten. So funktioniert seriöse Gesetzgebung nicht." Sie wandte sich damit gegen Forderungen aus der Union. Auch Innenminister Thomas de Maizière (CDU) hatte erklärt, er halte es für möglich und nötig, bis zur Sommerpause einen Gesetzentwurf vorzulegen.

Leutheusser-Schnarrenberger betonte dagegen: "Wir arbeiten momentan sehr sorgfältig und intensiv an einer grundlegenden Bewertung des Urteils. Es geht um weit mehr, als einige Sätze aus dem Karlsruher Urteil in ein Gesetz zu schreiben. Zu klären sind schwierige Fragen wie die der Datensicherheit und -speicherung sowie der Grenzen für den staatlichen Zugriff. Das ist eine sehr umfangreiche Aufgabe, für die ich mir keinen Zeitplan diktieren lasse." Die Justizministerin wies zudem erneut darauf hin, dass auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung, deren Umsetzung in deutsches Recht durch das vom Verfassungsgericht aufgehobene Gesetz erfolgen sollte,  derzeit überprüft werde. Die Bestandsaufnahme auf EU-Ebene solle bis zum Herbst vorliegen. Es bringe nichts, jetzt übereilt irgendetwas in ein neues Gesetz zu schreiben, das später auch europarechtlich keinen Bestand habe, sagte sie.

Nach dem vom Verfassungsgericht aufgehobenen Gesetz wurden seit 2008 Verbindungsdaten aller deutschen Bürger aus der Telefon-, Mail- und Internetnutzung sowie Handy-Standortdaten sechs Monate lang gespeichert. Abrufbar waren sie für Zwecke der Strafverfolgung sowie der Gefahrenabwehr. Im umfangreichsten Massenklageverfahren in der Geschichte des Gerichts hatten fast 35.000 Bürger Beschwerde gegen das Gesetz eingelegt.

Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte daraufhin am 2. März die Regelungen im Telekommunikationsgesetz (TKG) und in der Strafprozessordnung (StPO) als unvereinbar mit dem Fernmeldegeheimnis des Artikels 10 des Grundgesetzes erklärt. Die von den Richtern festgestellte Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen wiegt so schwer, dass sie auch nicht im eingeschränkten Umfang übergangsweise weiter angewendet werden dürfen, sondern vollständig nichtig sind. Damit dürfen Provider seit dem Urteil nicht mehr auf Vorrat speichern; bereits vorhandene Daten mussten gelöscht werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Justizministerin hält Vorratsdatenspeicherung für verzichtbar
Beitrag von: SiLæncer am 21 März, 2010, 18:18
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hält eine Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten nicht unbedingt für erforderlich. "Andere Staaten kommen ohne Vorratsdatenspeicherung aus, zum Beispiel die USA", sagte die FDP-Politikerin dem "Hamburger Abendblatt". Dort werde die alternative "Quick-Freeze-Methode" angewendet, "also das Einfrieren der Daten bei vorliegendem Verdacht". Zudem seien in sechs EU-Staaten die Vorgaben  aus Brüssel zur anlasslosen Protokollierung der Nutzerspuren nicht umgesetzt. Es sei zu prüfen, ob die entsprechende Richtlinie überhaupt mit der europäischen Grundrechtscharta vereinbar sei.

Auf die Frage, ob das federführende Justizministerium eventuell gar keinen Gesetzesentwurf zur Neufassung der Vorratsdatenspeicherung anhand der Richtschnur des Bundesverfassungsgericht vorlegen werde, erklärte die Liberale: "Wir legen nicht die Hände in den Schoß." Aber das Urteil aus Karlsruhe müsse genau ausgewertet und in die europäische Entwicklung eingebettet werden. Bei einem eventuellen neuen gesetzgeberischen Vorstoß sei auf jeden Fall "die Notwendigkeit und die Sicherheit der gespeicherten Daten zu gewährleisten". Es wäre ihrer Ansicht nach aber "verantwortungslos, einen Zeitplan zu nennen". Den Mahnungen zur Eile ihres Kollegen im Innenressort, Thomas de Maizière, hielt die Juristin entgegen: "Ich dränge ihn ja auch nicht zu Gesetzen." Ihr Ziel ist es, "seriös" mit dem Beschluss des Verfassungsgerichts umzugehen.

De Maizière selbst machte gegenüber der "Sächsischen Zeitung" die Ansage, dass sich in der Regierungskoalition bestenfalls "jeder um sein eigenes Ressort kümmert und sich mit anderen abstimmt, aber den anderen nicht so viel hineinredet". Auf diese Weise könne der noch nicht optimale Eindruck von der Arbeit von Schwarz-Gelb verbessert werden. Trotzdem übte er aber erneut Druck aus auf Leutheusser-Schnarrenberger mit der Forderung, "das Urteil zügig und klug in ein neues Recht" zu überführen. Prinzipiell stimme das Motto von früher, dass Polizisten auf die Straße müssten, angesichts neuer Kriminalitätsformen im Internet nur noch zum Teil: "Viele Straftaten müssen am Computer, also am Schreibtisch, aufgeklärt werden."

Quelle : www.heise.de
Titel: "Urteil zur Vorratsdatenspeicherung bremst Polizei aus"
Beitrag von: SiLæncer am 24 März, 2010, 16:14
Dass das Bundesverfassungsgericht die Vorratsspeicherung von Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten gestoppt hat, bremst nach Einschätzung von Hannovers Polizeipräsident Uwe Binias die Fahnder aus. Binias bekräftigte damit die Kritik, die auch andere Polizeivertreter an dem Urteil übten. Unter anderem hatte der Bund Deutscher Kriminalbeamter gefordert, möglichst schnell ein dem Urteil entsprechendes Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf den Weg zu bringen.

Er erwarte für das laufende Jahr spürbare Einschnitte bei der Kriminalitätsbekämpfung und bei der Gefahrenabwehr. Der Kampf gegen Kinderpornografie im Internet oder den Warenkreditbetrug werde erheblich erschwert, wenn nicht sogar unmöglich gemacht, sagte Binias. Selbst auf die Aufklärung von Kapitalverbrechen oder die Bekämpfung organisierter Kriminalität könne das Urteil erheblichen Einfluss habe. Die Verzögerungen bei der Anpassung des Telekommunikationsgesetzes helfe ausschließlich den Verbrechern. Der Polizeichef rief die Bundesregierung auf, den Beamten schnell wieder einen Einblick in die Internetdaten von Verdächtigen zu ermöglichen.

Die Behinderung der Ermittlungsarbeit sei bereits jetzt konkret, sagte der Polizeipräsident. Im März hatte laut Binias ein Zeuge die Polizei informiert, dass in einem Chatroom kinderpornografische Fotos ausgetauscht wurden. War es zuvor möglich, über die nur kurzzeitig vergebenen dynamischen IP-Adressen die Verantwortlichen zu ermitteln, sind den Fahndern nun die Hände gebunden. "Jetzt bekommen wir von den Dienstleistern nur noch freundlich formulierte Standardabsagen auf unsere Anfragen", erklärt Binias.

Binias meinte zudem, dass Amokläufe an Schulen oftmals in einem Chatroom angedroht würden. "Ich mag mir gar nicht vorstellen, dass uns künftig die Hände gebunden sind, dass wir unter Umständen das Leben und die Gesundheit von Schülern nicht mehr schützen können." Der Polizeipräsident zeigte "keinerlei Verständnis für den einen oder anderen verantwortlichen Politiker in Berlin, der meint, ein Thema auf die lange Bank schieben zu können".

Binias ging nicht weiter darauf ein, ob ein Quick-Freeze-Verfahren – also das Einfrieren der etwa für Abrechungszwecke oder Netzmanagement vorhandenen Daten bei vorliegendem, konkretem Verdacht – den Strafermittlern die benötigten Daten liefern würde, ohne die Daten gleich aller Bundesbürger ohne konkreten Anlass für mehrere Monate zu speichern. Quick Freeze hatten nicht nur Datenschützer nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts als Möglichkeit für die Strafermittler ins Spiel gebracht, auch Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger sieht eine solche Regelung als Alternative zu einem überarbeiteten Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung: "Andere Staaten kommen ohne Vorratsdatenspeicherung aus, zum Beispiel die USA", hatte die FDP-Politikerin mit Verweis auf das etwa in den USA eingesetzte Quick Freeze betont.

Leutheusser-Schnarrenberger besteht zudem darauf, einen eventuellen neuen Gesetzesentwurf entgegen dem Drängen von einigen Polizeivertretern und auch entgegen den Wünschen ihres Kabinettskollegen Thomas de Maizière in Ruhe vorzubereiten und die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts genau zu analysieren. Vor der Sommerpause will sie auf keinen Fall einen Gesetzentwurf vorlegen.

Quelle : www.heise.de
Titel: "Vorratsdatenspeicherung ist kein Allheilmittel"
Beitrag von: SiLæncer am 25 März, 2010, 11:44
Thomas Schell, Oberstaatsanwalt in Cottbus, hat den Zugriff auf IP-Adressen als wichtigen, aber nicht immer weiterführenden Ermittlungsansatz im Internet bezeichnet. Es handle sich bei den Netzkennungen "um kein Allheilmittel", räumte der in einer Schwerpunktstaatsanwaltschaft für Datennetz-Kriminalität tätige Strafverfolger im Rahmen der Debatte um die Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten ein. So könne man mit den Angaben zwar einen Anschlussinhaber ausfindig machen, ein Netzzugang werde häufig aber von verschiedenen Personen genutzt, meinte Schell am Mittwoch auf einem Kongress  des Verbands der deutschen Internetwirtschaft eco und der Zeitschrift "MultiMedia und Recht".

Im Prinzip handelt es sich beim Zugriff auf Nutzerdaten hinter IP-Adressen laut Schell um einen Anstoß für weitere Ermittlungen. So könne man im Anschluss etwa Durchsuchungen durchführen und PCs beschlagnahmen, um damit konkretere Hinweise auf einen Täter zu erhalten. Bei ausländischen Providern gestalte sich die Sache aber schwierig. Schon die Kooperation mit Zugangsanbietern in London sei schwierig, da es Probleme mit der Rechtshilfe gebe. Nur Anfragen bei schweren Straftaten würden hier zügig weitergeleitet. Ähnlich gestalte sich die Situation in Ost-Europa. Asien gehe zudem "gar nicht".

Trotzdem müsse sich die Gesellschaft mit der Konsequenz aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts auseinandersetzen, dass gerade Delikte im Bereich der unteren und mittleren Kriminalität wie die Ausspähung von Daten, Urheberrechtsverletzungen oder Beleidigungen im Internet "nicht mehr verfolgbar sind". Es gebe zwar noch andere Wege der Strafverfolger etwa über die Auswertung von E-Mail-Adressen. Dabei würde man in der Regel aber auch wieder nur bei IP-Adressen oder bei falsch angegebenen "Bestandsdaten" kostenloser Maildienste landen. Für die Nachverfolgung aktueller Zugriffe auf ein Postfach wiederum gälten die recht hohen Anforderungen der Strafprozessordnung, sodass auch hier bei mittlere Straftaten nicht weiter ermittelt werden könne. Oft helfe den Strafverfolgern so nur die Tatsache weiter, dass etwa Anbieter sozialer Netzwerke IP-Adressen "sowieso mitloggen".

Diese Praxis sei freilich rechtswidrig, stellte der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar klar. Nutzungsdaten wie IP-Adressen müssten laut Telemediengesetz (TMG) von den entsprechenden Firmen nach Inanspruchnahme des Dienstes gelöscht werden. Die Karlsruher Richter hätten IP-Adressen auch nur deswegen als "weniger bedeutsam" angesehen, weil diese nicht auf der Serverseite über längere Zeit hinweg registriert würden. Falls die Netzkennungen aber doch von den Anbietern "lückenlos" aufbewahrt würden, seien diese als besonders schutzwürdiges personenbezogenes Datum zu behandeln. Man könne dann schließlich Rückschlüsse auf die Kontexte einzelner Nutzungsvorgänge ziehen, was dem Fernmeldegeheimnis unterfalle.

Weiter betonte Schaar, dass auch in der physischen Welt nicht alle Straftaten aufzuklären seien. So gebe es etwa kaum Spuren bei Brandanschlägen auf Autos. Trotzdem würde niemand dafür plädieren, jeden Verkauf von Streichhölzern oder Spiritus registrierungspflichtig zu machen. "Hoch organisierte Straftäter" seien ferner im Internet in der Lage, sich der Strafverfolgung auch bei der verdachtsunabhängigen Speicherung von IP-Adressen zu entziehen. Es handle sich somit nicht um einen "Universalschlüssel", ging der Datenschützer mit Schell konform.

Prinzipiell sprach sich Schaar dafür aus, das "Gouvernantenhafte" des Datenschutzes zu beenden und stattdessen "verstärkte Vorgaben" etwa für Transparenz in der digitalen Welt zu machen, um das informationelle Selbstbestimmungsrecht zu sichern. Die Durchsetzung entsprechender Verhaltenskodizes von Staat und Wirtschaft wie das "Safe Harbour"-Abkommen mit den USA müssten dann aber auch international gewährleistet werden. Parallel hätten auch Werber, die Nutzerprofile erstellen und den Surfern verhaltensbezogene Anzeigen servieren, die Entscheidungsfreiheit der Betroffenen zu achten und deren Einwilligung abzufragen.

Aus Providersicht unterstrich Nikolaus Bertermann, Justiziar bei Strato, dass es die "Masse" der Datensammlung im Rahmen der vom Verfassungsgericht zunächst gestoppten sechsmonatigen Protokollierung der Nutzerspuren nicht brauche. So habe der Anbieter zwar "über vier Terabyte Daten" angehäuft, was dem achttausendfachen Umfang der Bibel entspräche. Es habe aber "keine einzige Anfrage" der Ermittler gegeben. Die Anfragen von Kunden zum Datenschutz seien dagegen in den vergangenen Monaten enorm angestiegen.

Gerhart Baum, früherer Bundesinnenminister und einer der Kläger gegen die Vorratsdatenspeicherung, bezeichnete es als unerlässlich, "gesetzliche Schutzräume zu erhalten, in denen wir uns dann bewegen können". Es gelte, "Versuchungen zur Unfreiheit" zu widerstehen. Sicherheit dürfe nicht als "absolutes Ziel" festgesetzt werden, sondern müsse immer einen "Bezugspunkt zur Freiheit" wahren. Sicherlich gebe es nun eventuell "Lücken" bei der Strafverfolgung. Diese seien aber "Ergebnis der Abwägung" mit den Grundrechten. Zugleich machte der Liberale deutlich, dass ihm ein komplettes Aus für die Vorratsdatenspeicherung lieber gewesen wäre und Karlsruhe den Konflikt mit der EU hätte eingehen müssen. Das Urteil sei "nicht aus einem Guss". Es habe zwar klargemacht, dass der Spielraum für vergleichbare Überwachungsmaßnahmen in Europa nahezu ausgeschöpft sei. Trotzdem fürchte er, dass die Begehrlichkeiten für "Datensammlungen en masse" weiter groß blieben.

Auch der parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Max Stadler, äußerte die Vermutung, "dass auf Verdacht das gespeichert wird, was technisch machbar ist". Man werde daher die Debatte über mögliche Änderungen an den EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung "kritisch begleiten". Der Hinweis aus Karlsruhe auch an den EU-Gesetzgeber, "Maß walten zu lassen", sei in Brüssel angekommen. Am Ende werde es dann aber eine Verpflichtung geben, "das umzusetzen, was Ergebnis der Auseinandersetzung" auf EU-Ebene sei.

Quelle : www.heise.de
Titel: Schlagabtausch zur Vorratsdatenspeicherung im Bundestag
Beitrag von: SiLæncer am 26 März, 2010, 13:59
Der Bundestag hat am heutigen Freitag über die Zukunft der vom Bundesverfassungsgericht zunächst gestoppten Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten gestritten. Eine Regierung, die sich über Datenskandale bei Lidl, Bahn und anderen Unternehmen echauffiere, aber selbst unkontrollierbare und anlasslose Datensammlungen propagiere, "handelt schizophren", erklärte der netzpolitische Sprecher der Fraktion der Grünen, Konstantin von Notz, in der fast zweistündigen Debatte. Der rechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Michael Grosse-Brömer, hielt dagegen, man dürfe nicht dem Staat "Ausforschungsinteresse" unterstellen und zugleich Google, Facebook & Co. einfach walten lassen. Es könne nicht behauptet werden, dass die Vorratsdatenspeicherung ein Instrument sei, "das für den Bürger nicht erträglich ist".

Anlass der Aussprache in erster Lesung war ein Antrag (PDF-Datei) der Grünen. Damit soll die Bundesregierung aufgefordert werden, sich für vollständige Aufhebung der EU-Richtlinie zur verdachtsunabhängigen Protokollierung der Nutzerspuren einzusetzen und weiteren vergleichbaren Vorhaben entschieden entgegenzutreten.

Von Notz zitierte zur Begründung aus dem Karlsruher Urteil zur Vorratsdatenspeicherung, dass die Freiheitswahrnehmung der Bürger zur verfassungsrechtlichen Identität der Bundesrepublik gehöre und sich die Bundesregierung dafür international einsetzen müsse. Die massenhafte Speicherung sei ein tiefer Eingriff in die Privatsphäre aller Bürger und schaffe ein "diffuses Gefühl des Beobachtetsein". Zugleich verwies er auf die Kriminalstatistik, wonach die Aufklärungsquote bei Internetstraftaten generell mit rund 80 Prozent sehr hoch, mit der Einführung der Vorratsdatenspeicherung aber nicht gestiegen sei. Laut einer Studie des Max-Planck-Instituts sei diese für die Verfolgung von 99,9 Prozent der Delikte "absolut nutzlos".

Jan Korte, Datenschutzexperte der Linken, unterstütze den Antrag. Durch die "totale Protokollierung" des Kommunikationsverhaltens werde "die Grundlage für demokratisches Engagement in Frage gestellt". Nicht alles, was juristisch und technisch machbar ist, müsse gemacht werden. Die schwarz-gelbe Koalition solle nun "eine Runde in sich gehen und dann auf die Vorratsdatenspeicherung verzichten".

Für die SPD-Fraktion kündigte Christine Lambrecht an, dass "wir sehr gespannt beobachten werden, wie sich die Mehrheitsverhältnisse entwickeln". Sie hoffe, dass sich im koalitionsinternen Streit "die FDP durchsetzt". Ihr Fraktionskollege Gerald Reichenbach warf dagegen ein, dass ein "Abwägungsprozess" zwischen Sicherheit und Freiheitsrechten nötig sei, wie ihn die Sozialdemokraten bei ihrem Votum für eine sechsmonatige Vorratsdatenspeicherung durchgeführt hätten. Auch die Koalition dürfe sich hier "nicht wegducken" und müsse Regeln finden, die beiden Seiten gerecht würden. Bisher gebe es aber nur "Nachrichten von der schwarz-gelben Zankstelle".

Es bedürfe des "populistischen Antrags" nicht, meinte Christian Ahrendt von den Liberalen. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger stehe persönlich dafür, dass auf EU-Ebene die Freiheitsrechte gewahrt würden. Da auch die EU-Kommission die Richtlinie hinterfragt habe, bestehe derzeit "keine Veranlassung, in Hektik zu verfallen". In Richtung des Koalitionspartners betonte er, dass es "keine Sicherheitslücke" gebe. Karlsruhe habe ohnehin mit einstweiligen Verfügungen schon vor dem Urteil den Zugriff auf die Vorratsdaten in vielen Fällen "suspendiert" gehabt. Seine Fraktionskollegin Gisela Piltz ergänzte, dass bei Flatrates Daten im Verfahren "Quick Freeze" bei konkretem Verdacht eingefroren werden könnten. Der Richterspruch werde "in aller Ruhe" analysiert, dann werde die Koalition "gemeinsam das tun, was wir für notwendig halten".

Grosse-Brömer sprach sich für einen Neustart der Vorratsdatenspeicherung aus: "Wir haben ein schönes Datenschutzkorsett vorgegeben bekommen. Wir werden das jetzt gesetzlich auffüllen." Karlsruhe habe verdeutlicht, dass die Maßnahme "per se geeignet und notwendig" sei zur Bekämpfung schwerer Verbrechen: "Die Bürger haben einen Anspruch auf effektive Strafverfolgung." Die großen Polizeidienststellen hätten erklärt, dass die Datenprotokollierung etwa für die "Identifizierung schwerster Kinderschänder" im Netz nötig sei. Die Opposition dürfe solche Ansprüche nicht unter Hinweis auf das Hin und Her bei Websperren diskreditieren, da die Strafverfolger "doch keine persönlichen Vorteile" aus dem Instrument zögen. Diese machten sich vielmehr "Sorgen um Schutzlücken".

Quelle : www.heise.de
Titel: Verfassungsgericht: "Massenklage" gegen Vorratsdatenspeicherung war unnötig
Beitrag von: SiLæncer am 09 April, 2010, 16:16
Das Bundesverfassungsgericht hat im Zusammenhang mit seinem Grundsatzurteil  zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten erklärt, dass es der Sammelbeschwerde  von insgesamt knapp 35.000 Bürgern gegen die Überwachungsmaßnahme nicht bedurft hätte. Die Einreichung der Vollmachten acht repräsentativ ausgewählter Erstbeschwerdeführer  durch den bevollmächtigten Rechtsanwalt Meinhard Starostik hätte ausgereicht, geht aus einem jetzt vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) veröffentlichten einstimmigen Beschluss (PDF-Datei) der Karlsruher Richter vom 22. März hervor.

In dem Beschluss lehnt der zuständige Erste Senat den Antrag auf Anordnung der Erstattung der Gerichtsauslagen für die "Massenklage" ab. Zur Begründung heißt es, dass sich die Mitstreiter den bereits eingelegten Verfassungsbeschwerden in dem Verfahren lediglich angeschlossen hätten. Dies wäre aber nicht wegen verfassungsrechtlich relevanter Besonderheiten oder noch nicht geltend gemachter tragender rechtlicher Gesichtspunkte zur Klärung der Rechtslage erforderlich gewesen. Dass von der Mitzeichnung der Klagen gegen die verdachtsunabhängige Protokollierung der Nutzerspuren durch zehntausende Bürger eine gewisse Symbolik ausgegangen sein könnte, zieht das Verfassungsgericht in der Entscheidung nicht mit in Betracht.

Vom AK Vorrat war unterdessen zu hören, dass die Sammel-Beschwerdeführer trotzdem nicht nachträglich zur Kasse gebeten würden. In Karlsruhe ist derweil bereits die nächste Massenklage gegen eine andere Form der Vorratsdatenspeicherung anhängig, nachdem sich über 22.000 Bürger an einer Sammelbeschwerde  gegen das Verfahren für den elektronischen Entgeltausweis (Elena) beteiligten.

Quelle : www.heise.de
Titel: TeleColumbus speichert nicht mehr
Beitrag von: ritschibie am 19 April, 2010, 18:30
Der Netzbetreiber TeleColumbus speichert keine Vorratsdaten seiner telefonierenden und surfenden Kundschaft mehr.

(http://res.magnus.de/res/_2/2/8/e/118149.jpg)
Kabelnetzbetreiber TeleColumbus

Das bestätigte das Unternehmen der Bundesnetzagentur am Montag. Die Behörde hatte zuvor branchenweit eine Anfrage versandt. Alle Telekommunikationsdaten seien bei TeleColumbus sofort gelöscht worden, nachdem am 2. März die Verpflichtung zur Speicherung durch ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts entfallen war, hieß es. Bei der Telefonie werden somit nur noch jene Verbindungsdaten gespeichert, die auf Kundenwunsch für einen Einzelverbindungsnachweis oder für die Rechnungserstellung benötigt werden. Auch beim Internet werden abrechnungsrelevante Daten lediglich bis zur Abwicklung der Rechnung vorgehalten.

TeleColumbus versorgt rund 2,3 Millionen angeschlossene Haushalte in Berlin, Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen - überwiegend mit TV und Radio, aber auch mit Internet und Telefonie.

Quelle: SAT+KABEL
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Zivilgesellschaft fordert endgültige Abschaffung
Beitrag von: SiLæncer am 20 April, 2010, 09:56
Der Streit um die Speicherung der Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten aller deutschen Bürger auf Vorrat ist noch lange nicht ausgestanden. Nachdem in den vergangenen Wochen nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts von Strafverfolgern immer wieder Forderungen nach einer schnellen Neuregelung erhoben wurden und die Politik sich darüber stritt, ob eine Vorratsdatenspeicherung überhaupt notwendig sei und ob sie möglichst schnell neu geregelt werden müsse, melden sich nun 48 zivilgesellschaftliche Organisationen zu Wort. Sie fordern eine vollständige Abschaffung aller Regelungen zur Vorratsdatenspeicherung, auch auf EU-Ebene.

Nach dem vom Verfassungsgericht aufgehobenen Gesetz, das eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umsetzte, wurden seit 2008 Verbindungsdaten aller deutschen Bürger aus der Telefon-, Mail- und Internetnutzung sowie Handy-Standortdaten sechs Monate lang gespeichert. Abrufbar waren sie für Zwecke der Strafverfolgung sowie der Gefahrenabwehr. Im umfangreichsten Massenklageverfahren in der Geschichte des Gerichts hatten fast 35.000 Bürger Beschwerde gegen das Gesetz eingelegt.

Der erste Senat des Bundesverfassungsgerichts hatte daraufhin am 2. März die Regelungen im Telekommunikationsgesetz (TKG) und in der Strafprozessordnung (StPO) als unvereinbar mit dem Fernmeldegeheimnis des Artikels 10 des Grundgesetzes erklärt. Die von den Richtern festgestellte Verfassungswidrigkeit dieser Regelungen wiegt so schwer, dass sie auch nicht im eingeschränkten Umfang übergangsweise weiter angewendet werden dürfen, sondern vollständig nichtig sind. Damit dürfen Provider seit dem Urteil nicht mehr auf Vorrat speichern; bereits vorhandene Daten mussten gelöscht werden. Allerdings hat das Gericht die Vorratsdatenspeicherung nicht für schlechthin unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärt; Juristen und Datenschützer sprachen daher teilweise schon von einem Pyrrhussieg für den Datenschutz. Jedoch sind für die Karlsruher Richter enge Auflagen für die praktische Ausgestaltung unbedingt erforderlich.

Eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung lehnen die Organisationen, die sich nun mit einem gemeinsamen Brief an Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger gewandt haben, ab. Sie fordern Leutheusser-Schnarrenberger zudem auf, "sich auf europäischer Ebene klar für eine Abschaffung der EU-Mindestvorgaben zur Vorratsdatenspeicherung einzusetzen". Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung setze "vertrauliche Tätigkeiten und Kontakte etwa zu Journalisten, Beratungsstellen und Geschäftspartnern dem ständigen Risiko eines Bekanntwerdens durch Datenpannen und - missbrauch aus, ziehe unvertretbare Kosten nach sich und behindere die Kommunikationsfreiheit unzumutbar", erklärten die Organisationen in ihrem Schreiben. Derzeit prüft die EU-Kommission, ob die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung überarbeitet werden soll.

"Der 2005 beschlossene EU-weite Zwang zur flächendeckenden Verbindungsdatenspeicherung hat sich überlebt", kommentiert Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Eine Vorratsdatenspeicherung hat sich in vielen Staaten in und außerhalb Europas als überflüssig, schädlich und verfassungswidrig erwiesen." Der Jurist hatte kürzlich erst für eine bessere Zusammenarbeit von Providern für einen "Quick Freeze"-Ansatz eingesetztLinktext: Es gebe ein "gemeinsames Interesse daran", dass hierzulande "Internetdelikte auch ohne Vorratsdatenspeicherung aufgeklärt werden können", erlärte er gegenüber dem Provider-Verband eco.

Nach Ansicht der an dem Schreiben an Leutheusser-Schnarrenberger beteiligten Organisationen erwarten Rechtsexperten erwarten, "dass der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte im Anschluss an den Verfassungsgerichtshof Rumäniens eine Pflicht zur verdachtslosen Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten für unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention erklären wird." EU-Justizkommissarin Viviane Reding und EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström hätten bereits eine Überprüfung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auf ihre Übereinstimmung mit der EU-Grundrechtecharta angekündigt. Daher appellieren die Organisationen an die Bundesjustizministerin, sich "grundsätzlich von der Forderung nach einer neuerlichen umfassenden und verdachtsunabhängigen Speicherung von Telekommunikationsdaten zu distanzieren". Sie solle stattdessen sich "auf europäischer Ebene klar für eine Abschaffung der EU-Mindestvorgaben zur Vorratsdatenspeicherung" einsetzen.

Zu den Unterzeichnern des Schreibens zählen neben dem Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung und der Aktion Freiheit statt Angst etwa Reporter ohne Grenzen, der Berufsverband Deutscher Psychologinnen und Psychologen, die Bundesarbeitsgemeinschaft Kritischer Polizistinnen und Polizisten, der Bundesverband Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe, die Deutsche AIDS-Hilfe, nahezu alle Journalistenverbände, der Providerverband eco, der Verband der niedergelassenen Ärzte Deutschlands, Netzwerk Recherche, die Neue Richtervereinigung oder beispielsweise der Verbraucherzentrale Bundesverband. Den gemeinsamen Brief (PDF-Datei) an die Bundesjustizministerin und die Liste der unterzeichnenden Organisationen dokumentiert der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf seiner Website.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung auf dem EU-Prüfstand
Beitrag von: SiLæncer am 26 April, 2010, 12:00
Im Internet ist Dokument aufgetaucht, bei dem es sich offenbar um einen Entwurf für den offiziell noch nicht veröffentlichten Evaluierungsbericht der EU-Kommission zur Richtlinie  zur Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten handelt. Die seit März 2009 laufende Evaluation hat ergeben, dass sich 70 Prozent der Abfragen der Verbindungs- und Standortinformationen auf maximal drei Monate beziehen. Dieser Wert steigt auf 85 Prozent, wenn die ersten sechs Monate der Aufbewahrung berücksichtigt werden. In dem Bericht wird daraus gefolgert: "Die Relevanz der Daten sinkt erheblich mit ihrem Alter."

Die Analyse, die bereits in einem Vortrag eines Mitglieds der Initiative "Europaen Digital Rights" zitiert wird, soll auf 70 Eingaben von Strafverfolgern, Datenschützern, Regierungsbehörden und zivilgesellschaftlichen Organisationen beruhen. Ein Sprecher von EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström erklärte gegenüber heise online, dass sich der Prüfprozess noch "in einem frühen Stadium" befinde. Die Authentizität des Papiers wollte er nicht beurteilen. Für die Vorlage eines offiziellen Berichts gebe es noch keinen Zeitplan.

Alle Mitgliedstaaten haben laut dem Papier die "Effektivität der Nutzung der gespeicherten Daten bestätigt". Die in Deutschland vom Bundesverfassungsgericht zunächst gestoppte Maßnahme helfe in hohem Maße bei der Untersuchung und der Verfolgung von Straftaten.  Der Wert der Vorratsdaten vor Gericht müsse aber fallbezogen beurteilt werden: "Es konnten keine quantitativen Daten geliefert werden, welche die positive qualitative Einschätzung" der verdachtsunabhängigen Protokollierung der Nutzerspuren gestützt hätte.

Tschechien hat laut dem Bericht gemeldet, dass die Verwendung der Daten "die grundlegende Untersuchungsmethode für alle Arten schwerer Straftaten geworden ist". Die Tschechen führen die Liste der Mitgliedsstaaten an, die am häufigsten auf Vorratsdaten zugreifen: 12.744 Abfragen kamen dort 2008 auf eine Million Einwohner. Es folgten Frankreich mit 8646 Zugriffen pro Million Bürgern und Großbritannien mit 7699. Deutschland liegt in dieser Übersicht mit 163 Abfragen pro einer Million Bürgern weit hinten. Hierzulande hatte das Bundesverfassungsgericht den Zugang zu den Informationen bereits vor ihrem Grundsatzurteil weitgehend eingeschränkt.

Sieben EU-Länder haben laut dem Dokument die Vorgaben aus Brüssel noch gar nicht umgesetzt. In Staaten wie Portugal, Italien oder Polen werde die Vorratsdatenspeicherung zudem erst seit dem zweiten Halbjahr 2009 oder seit Anfang dieses Jahres angewendet. Die durchschnittliche Verpflichtung zur Aufbewahrung der Daten liege bei 12 Monaten. Fünf Länder hätten sich für eine halbjährige Frist entschieden, zwei für 18 und zwei für 24 Monate. Auch die Vorgabe, einen Zugang zur Bekämpfung "schwerer Straftaten" zu gewähren, werde sehr unterschiedlich ausgelegt. In vielen Staaten würden die Vorratsdaten zudem für Zwecke wie die Prävention von Straftaten freigegeben, die nicht direkt von der Direktive vorgegeben seien.

In zwei Dritteln der überprüften Länder haben laut dem Papier Polizeibehörden Zugriff auf die Daten. Vielfach werde diese Möglichkeit aber auch Zollbehörden oder der Finanzaufsicht eröffnet, in der "Mehrzahl" der Mitgliedsstaaten den Geheimdiensten, auch wenn dies nicht Teil der Richtlinie sei. Ein Land habe gemeldet, dass diese Zugriffe sieben Prozent aller Anfragen ausmachten. Einige Staaten hätten zudem angeordnet, dass "zusätzliche Datenkategorien" etwa zu benutzten Bankkonten zu erfassen seien.

Die Deutsche Telekom wird zitiert mit der Angabe, 5,2 Millionen Euro für die Implementierung und 3,7 Millionen Euro an laufenden Kosten ausgegeben zu haben für die Archivierung von 40 Terabyte pro Jahr. Sie habe rund 13.000 Anfragen zu Telefon- und 6450 zu Internetdaten herausgeben müssen.

Der Großteil der EU-Mitglieder habe keine Regeln zur Kostenerstattung für die betroffenen Provider. Einige Länder hätten Ausgleichszahlungen für laufende Kosten bei Abfragen vorgesehen. Geld für Ausgaben zur Aufrüstung der Infrastrukturen der Anbieter gebe es nur in Großbritannien, Finnland und Tschechien.

Neben Wünschen zur Aufnahme zusätzlicher Informationen über nicht erfolgreiche Anrufe oder den Ein- und Ausschaltzeitpunkt eines Mobiltelefons dokumentiert das Papier auch Bedenken von Bürgerrechtlern, Datenschutzbeauftragten und Providern. Dabei sei teils von "katastrophalen Auswirkungen" auf die Nutzer bis hin zu einem systematischen Vertrauensverlust die Rede. Zudem werde die ausgebliebene Harmonisierung nationaler Rechtssysteme moniert.

Teil der Befragung war auch die mit der Umsetzung des Stockholm-Programms zur inneren Sicherheit inzwischen geplante bessere Identifizierbarkeit der Nutzer von Kommunikationsdiensten. In sieben Mitgliedsstaaten müssten beim Kauf vorausbezahlter Handykarten Personalien angegeben werden. Eine "große Anzahl" weiterer Länder, von denen drei genannt sind, begrüße Registrierungsauflagen und einen grenzüberschreitenden Austausch von Kundendaten. Damit könne sich der Einsatz einschneidender Maßnahmen wie  von IMSI-Catchern oder die Analyse von Kommunikationsmustern erübrigen. Bürgerrechtler bezeichneten Anonymität dagegen als Grundrecht in einer demokratischen Gesellschaft. Der Abschnitt, der Folgerungen aus der Evaluierung ziehen soll, ist in dem Papier ausgespart.

Quelle : www.heise.de
Titel: Kein EU-Zwang zur Vorratsdatenspeicherung!
Beitrag von: SiLæncer am 05 Mai, 2010, 21:44
Nach dem Urteil des BVerfG wurde wegen einer EU-Richtlinie über eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung diskutiert. Aber wie zwingend ist diese Richtlinie wirklich?

Schon kurz nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 2. März, mit dem es die bis dahin in Deutschland gültige Regelung für verfassungswidrig erklärt und gekippt hatte, wurde über eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung diskutiert. Der Grund hierfür war eine Richtlinie der EU. Diese Richtlinie 2006/24/EG wird von den Speicherungsbefürwortern als Verpflichtung angeführt, welche die Bundesregierung zwingen würde, die Vorratsdatenspeicherung mittels eines neuen Gesetzes wieder einzuführen. Dieses Argument scheint jedoch bei weitem nicht so aussagekräftig zu sein, wie es manchen Politikern lieb wäre.

Besagte Richtlinie 2006/24/EG bzw. ihr Erlass beruht auf dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union(AEUV), dem ehemaligen EG-Vertrag. Besonders bedeutend ist dabei der Artikel 114, der "zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten, welche die Errichtung und das Funktionieren des Binnenmarkts zum Gegenstand haben" ermächtigt. Was bisher in der öffentlichen Diskussion aber nicht erwähnt wurde, sind die Absätze 4 und 6 dieses Artikels:

"(4) Hält es ein Mitgliedstaat nach dem Erlass einer Harmonisierungsmaßnahme […] für erforderlich, einzelstaatliche Bestimmungen beizubehalten, die durch wichtige Erfordernisse im Sinne des Artikels 36 […] gerechtfertigt sind, so teilt er diese Bestimmungen sowie die Gründe für ihre Beibehaltung der Kommission mit."

"(6) Die Kommission beschließt binnen sechs Monaten […], die betreffenden einzelstaatlichen Bestimmungen zu billigen oder abzulehnen, nachdem sie geprüft hat, ob sie ein Mittel zur willkürlichen Diskriminierung und eine verschleierte Beschränkung des Handels zwischen den Mitgliedstaaten darstellen und ob sie das Funktionieren des Binnenmarkts behindern. Erlässt die Kommission innerhalb dieses Zeitraums keinen Beschluss, so gelten die […] einzelstaatlichen Bestimmungen als gebilligt. […]"

Wenn man diese Artikel betrachtet, scheint die Nichtharmoniserung durchaus möglich. Bleibt noch die Frage, ob es "wichtige Erfordernisse" auf Seiten Deutschlands gibt. Dazu wiederum hat der Europäische Gerichtshof eine Entscheidung getroffen. Laut ihm ist der Grundrechtsschutz ein Teil der öffentlichen Ordnung und würde eine Abweichung vom Binnenmarktrecht rechtfertigen. Das infrage kommende Recht wäre das der Telekommunikationsfreiheit. Das faktische Verbot der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland würde auch kein willkürliches Mittel zur Diskriminierung und keine verschleierte Beschränkung des Handels sein, ebensowenig wie es das Funktionieren des Binnenmarktes beeinträchtigen würde.

Betrachtet man diese Punkte, dürfte es für die Kommission keinen Grund geben, den deutschen Alleingang abzulehnen. Es liegt also nun allein am Willen der Bundesregierung.

Quelle: daten-speicherung.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung "extended" geplant
Beitrag von: SiLæncer am 11 Juni, 2010, 17:31
Die australische Regierung arbeitet nach aktuellen Medienberichten an einem Gesetz ähnlich der Vorratsdatenspeicherung. Die australische Variante soll jedoch weit umfangreicher sein und länger andauern.

Totalüberwachung Down Under oder die schlichte "extended" Version der Vorratsdatenspeicherung? Egal wie man es bezeichnen will, die neuesten Pläne der australischen Regierung scheinen Überwachungsmaßnahmen in ungeahntem Ausmaß zu realisieren. Wie das australische Justizministerium gestern gegenüber ZDNET Australia bestätigte, plant man die Umsetzung einer Art Vorratsdatenspeicherung im Land.

Die Provider würden damit zu einer umfangreichen Speicherung verpflichtet. Zu den Forderungen zählen nicht nur, wer zu welchem Zeitpunkt welche Person eine Mail geschickt hat. Auch die angesurften Websites sollen protokolliert werden. Falls notwendig soll es den Strafverfolgungsbehörden ermöglicht werden, auf diese Daten zuzugreifen. In welchen Fällen dies ermöglicht wird, steht noch nicht fest.

Klar ist auf jeden Fall, dass man sich intensiv mit der Thematik beschäftigt hat: "Das Justizministerium hat die EU-Direktive zur Vorratsdatenspeicherung geprüft, um festzustellen, ob sie mit den australischen Gesetzen und Sicherheitsbestimmungen vereinbar ist. Sie wurde innerhalb der Telekommunikationsindustrie umfangreich zur Diskussion gestellt", so eine Stellungnahme des Justizministeriums gegenüber ZDNet.

Wie eine Quelle eines australischen Internet Service Providers ZDNet mitteilte, könnte die australische Variante jedoch weit umfangreicher sein als die von der EU vorgegebenen Maßnahmen. So sollen bei einer Umsetzung der Datenspeicherung auch einzelne URLs aufgezeichnet werden, die von den Kunden aufgerufen werden. Solch eine Umsetzung wäre "erschreckend und sehr teuer." Eine weitere Quelle erklärte, dass "die Australier verdammt verängstigt" sein sollten.

Wie die Quelle darüber hinaus mitteilte, zieht die australische Regierung eine weit längere Aufbewahrungsfrist der Daten in Betracht. Während die EU-Direktive 24 Monate anvisiert, soll die australische Regierung in Richtung von fünf, vielleicht sogar zehn Jahren tendieren. "Sie scheinen ziemlich versessen darauf [diese Richtlinie einzuführen] und werfen daher dauernd Wörter wie Terrorismus oder Pädophilie in den Raum. Wir reden hier über den Browser-Verlauf und E-Mails, das ist weit über dem, was ich als normale Kurzspeicherung beurteile, [...]", so die Quelle.

Da sich die Pläne dafür allem Anschein nach noch in einer frühen Entwicklungsphase befinden, sind die Sorgen bisher nicht zu groß. Die Telekommunikationsindustrie ist sich jedoch sicher, dass es einer große öffentlichen Debatte bedarf, wenn die Pläne langsam Form annehmen.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung "extended" geplant
Beitrag von: Jürgen am 12 Juni, 2010, 01:22
Die wissen offensichtlich überhaupt nicht, was sie tun (wollen).

Die meisten Internetseiten verändern sich allmählich und phasenweise auch massiv, z.B. bei Software- oder Besitzerwechsel.
Wenn also jemandem nach Jahren irgendein Vorwurf hinsichtlich Besuchs einer Webseite gemacht werden sollte, müsste dazu der gesamte relevante Inhalt dieser Seite zu exakt der Zeit gesichert worden sein, oder man bräuchte einen Zugriff auf Server-Backups (sofern noch vorhanden und verbindlich).

Verlässliche Methoden zur nachträglichen Inhaltsprüfung für einen bestimmten Zeitpunkt über's Web gibt es nicht, gerichtsfest beweisbare schon gar nicht.
Grosse Teile des Web werden nicht nur von der wayback machine oder ähnlichen Diensten gar nicht erfasst, sondern nicht einmal von den grossen Suchmaschinen.
Und auf nicht wenigen Seiten ist der jeweils dargestellte Inhalt sogar teilweise benutzerspezifisch.
Ein Benutzerprofil kann sich ebenfalls immer wieder einmal ändern...

So ist es ohne einen Live-Mitschnitt einer Surfaktion oder die Analyse eines Täterrechners faktisch nicht möglich, zuverlässig gerichtsverwertbare Beweise zu erheben.
Und eben das bedeutet, eine langfristige und verdachtsunabhängige Speicherung von Seitenaufrufen ist prinzipiell sinnlos.

Ähnliches gilt für Mailverkehr, Chats usw.

Auch am Täterrechner sind Surfspuren ständigen Verlusten unterworfen, jedenfalls mit Standardeinstellungen.
Mehr als blindes Stochern wird's nach einiger Zeit nicht mehr, es sei denn, ein dummer Täter hat gewisse Dinge gezielt abgespeichert...

Jürgen
Titel: Bundesdatenschützer plädiert für "Quick Freeze" statt Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 14 Juni, 2010, 20:33
Der Bundesbeauftragte für den Datenschutz, Peter Schaar, hat sich erneut für einen Verzicht auf die Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten ausgesprochen. Auf einer Veranstaltung des Verbands der Anbieter von Telekommunikations- und Mehrwertdiensten (VATM) am Montag in Köln plädierte Schaar für das sogenannte "Quick Freeze"-Verfahren als "sinnvolle Alternative". Dieses habe sich unter anderem in den USA bereits seit Jahren "bewährt". Im Vergleich zum Speichern von Verbindungsdaten von Personen, gegen die kein konkreter Verdacht vorliege, greife dieses Vorgehen weniger stark in die Rechte der Bürger ein.

Unter "Quick Freeze" versteht Schaar ein zweistufiges Verfahren, um Telekommunikationsdaten zu sichern, die "im Rahmen der Strafverfolgung, bei Urheberrechtsverstößen oder zur Gefahrenabwehr erforderlich" sind. In der ersten Stufe sollten dabei die Anbieter von TK-Diensten verpflichtet werden, auf behördliche Anordnung hin bestimmte Verkehrsdaten nicht zu löschen. Diese Daten habe die Behörde (zum Beispiel die Polizei) näher zu benennen. Dies könnten zum Beispiel die Daten eines Netzknotens sein, von dem aus bereits Hacker-Angriffe erfolgt seien oder Verbindungsdaten einer bestimmten Person, die einer Straftat verdächtig sei.

Innerhalb einer vorgegebenen Frist müssten die Ermittlungsbehörden dann zusätzlich nachweisen, dass sie auf Grund gesetzlicher Vorgaben überhaupt einen Anspruch darauf haben, die so erfassten Daten in einem Ermittlungsverfahren verwenden zu können. Ferner verlangt Schaar eine richterliche Genehmigung für diese Auskunftserteilung. Sollte eine solche Anordnung innerhalb der vorgegebenen Frist ausbleiben, sollten die Netzbetreiber verpflichtet sein, die 'eingefrorenen' Datensätze wieder zu löschen. In den USA ist nach Schaars Darstellung hierzu eine Frist von einem Monat vorgesehen, die auf Antrag um einen weiteren Monat verlängert werden kann.

Für die Datenerhebung mittels Quick Freeze beziehungsweise "Data Preservation“ in Deutschland hatte sich im Frühjahr 2010 auch der Jurist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung eingesetzt. Nachdem das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) das Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung Anfang März 2010 für nichtig erklärt hatte, wies Breyer darauf hin, dass die Aufklärungsquote von Internet-Delikten in dem Zeitraum, in dem die Vorratsdatenspeicherung praktiziert worden war, nicht angestiegen sei sondern bei etwa 80 Prozent verharrt habe. Mit dem Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung war eine EU-Richtlinie in deutsches Recht umgesetzt worden, mit der Folge, dass seit 2008 Verbindungsdaten aller deutschen Bürger aus der Telefon-, Mail- und Internetnutzung sowie Handy-Standortdaten sechs Monate lang gespeichert werden mussten.

Auf dem heutigen Workshop "Datenschutz für TK-Unternehmen", der sich an VATM-Mitgliedsfirmen richtete, warb der Bundesdatenschutzbeauftragte für seinen Ansatz auch mit dem Argument, dass Quick Freeze im Vergleich zur Verwaltung "riesiger Datenbestände", wie sie aus einer Vorratsdatenspeicherung resultierten, für die Carrier einen geringeren finanziellen und personellen bedeute – und das bei vergleichbar hohem "Schutzniveau". Das vom BVerfG gekippte Gesetz hatte den Telecom-Firmen die Kosten für die Vorratsdatenspeicherung auferlegt.

In diesem Zusammenhang betonte VATM-Geschäftsführer Jürgen Grützner, dass sein Verband es für ungerechtfertigt hält, dass die Carrier selbst diese Kosten tragen und letztlich auf den Kunden abwälzen müssen. Grützner zufolge sollten den Carriern dieser Aufwand – zumindest pauschal – aus allgemeinen Steuermitteln erstattet werden: Die Datenspeicherung sei ein Mittel zur Gefahrenabwehr durch den Staat und damit genauso auf die Allgemeinheit abzuwälzen wie zum Beispiel die Kosten für Polizeiautos.

Aus Sicht von Jura-Professor Norbert Nolte hingegen sieht Gesetzgeber in der Pflicht zur Kostenübernahme einen gerechten Ausgleich für die Möglichkeit, als Unternehmen in der Telecom- oder Internetanbranche Geld zu verdienen. Nolte berät als Rechtsanwalt Telecom-Firmen bereits seit der Liberalisierung des TK-Markts Ende der 1990er Jahre. Der Jurist wies darauf hin, dass das BVerfG-Urteil nicht das endgültige Aus für eine Vorratsdatenspeicherung bedeute, vielmehr hätten die Karlsruher Richter die "konkrete Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung" für nicht verfassungsgemäß erklärt und in ihrem Urteil Wegweisungen für eine "gute" oder "schlechte" Datenspeicherung auf Vorrat gegeben. Auch aus Sicht von Peter Schaar sind in dem Urteil vom 2. März 2010 "Minen verborgen, die noch gar nicht alle entdeckt sind".

Quelle : www.heise.de
Titel: Europaweiter Protest gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 28 Juni, 2010, 15:56
100 Organisationen aus 23 europäischen Ländern haben die EU-Kommission in einem gemeinsamen Brief aufgefordert, die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung von Telekommunikationsdaten aufzuheben. Unter den Unterzeichnern sind nach Angaben des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung Bürgerrechts-, Datenschutz- und Menschenrechtsorganisationen, Telefonseelsorge- und Notrufvereine, Berufsverbände von Journalisten, Juristen und Ärzten, Gewerkschaften, Verbraucherzentralen und Wirtschaftsverbände wie der deutsche eco-Verband.

Durch eine allgemeine Aufzeichnung von Verbindungsdaten bestehe das Risko, dass vertrauliche Tätigkeiten und Kontakte durch Datenpannen bekannt und missbraucht werden könnten, heißt es in dem Brief. Außerdem seien die Kosten der Datenspeicherung unvertretbar und es werde die Kommunikationsfreiheit Unschuldiger behindert. Eine generelle Verbindungsdatenspeicherung habe sich zudem in vielen europäischen Staaten als überflüssig, schädlich oder verfassungswidrig herausgestellt.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hatte 2008 gegen die Verpflichtung zur Verbindungsdatenaufzeichnung eine Klage beim Bundesverfassungsgericht eingereicht, die von rund 34.000 Menschen unterstützt wurde. Im März 2010 fällte das Gericht sein Urteil, in dem es die Vorratsdatenspeicherung nicht für schlechthin unvereinbar mit dem Grundgesetz erklärte. Allerdings sahen die Karlsruher Richter enge Auflagen für die praktische Ausgestaltung als unbedingt erforderlich an.

Die Unterzeichner des Briefes an die EU-Kommission erwarten, "dass der Europäische Gerichtshof im Anschluss an den rumänischen Verfassungsgerichtshof und an die Marper-Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte die Pflicht zur Vorratsspeicherung von Kommunikationsdaten ohne jeden Verdacht für unvereinbar mit der EU-Grundrechtecharta erklären wird". Im April dieses Jahres hatten bereits 48 Organisationen ihren Protest gegen die Vorratsdatenspeicherung in einem Brief an die Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger ausgedrückt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Neue Kritik an Urteil zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 18 August, 2010, 23:36
Führende Köpfe hinter der Sammelbeschwerde gegen die verdachtsunabhängige Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten haben das Urteil  des Bundesverfassungsgericht vom März als unzureichend kritisiert. So reibt sich der damalige Bevollmächtigte der Beschwerdeführer, Meinhard Starostik, in einer Stellungnahme  (PDF-Datei (http://daten-speicherung.de/data/TKG-Verfassungsbeschwerde_Schriftsatz_2010-08-12.pdf)) vor allem an der Ansicht des Gerichts, dass eine anlasslose Aufzeichnung von Nutzerspuren nicht an sich unvereinbar mit dem Grundgesetz und internationalen Rechtsnormen sei. Der Berliner Rechtsanwalt sieht im Gegensatz dazu bereits mit dem Prinzip einer flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung "das Gebot der Verhältnismäßigkeit" verletzt.

In dem Schriftsatz geht es konkret um ein neues Plädoyer in der noch laufenden Verfassungsbeschwerde gegen Datenspeicherpflichten im Telekommunikationsgesetz (TKG), über die in Karlsruhe voraussichtlich noch in diesem Jahr entschieden wird. Die Klage richtet sich vor allem gegen den Identifizierungszwang für SIM-Karten und den staatlichen Zugriff auf personenbezogene Informationen von Telekommunikationskunden.

Das Urteil, so moniert Starostik, setze sich nicht "mit den empirischen Nachweisen des eklatanten Missverhältnisses zwischen Tragweite der Vorratsdatenspeicherung auf der einen und ihrem Ertrag auf der anderen Seite" auseinander. Auch vermisst der Anwalt die Würdigung der Belege einer hohen strafrechtlichen Aufklärungsrate auch ohne die pauschale Maßnahme. Nicht zuletzt sei das Urteil nicht mit früheren Beschlüssen des eigenen Hauses in Einklang zu bringen, wonach eine "allumfassende, permanente Vorratsdatenspeicherung" mit dem Grundgesetz unvereinbar sei.

Im Einzelnen moniert Starostik etwa die Auffassung des Verfassungsgerichts, dass eine Vorratsdatenspeicherung verhältnismäßig sein könne, weil der Staat ihre Durchführung Privatunternehmen übertrage. Eine solche Haltung führe zu einer "massiven Absenkung der rechtsstaatlichen Anforderungen an die staatliche Datenverarbeitung". Nicht gelten lassen will der Jurist auch das Argument der Verfassungshüter, dass die Telekommunikation ein spezifisches Gefahrenpotenzial aufweise und daher in besonderer Weise zu überwachen sein müsse.

Der Schriftsatz lehnt zudem die Ansicht des Verfassungsgerichts ab, dass die Identifizierung von Internetnutzern anhand von Verbindungsdaten unter sehr viel geringeren Voraussetzungen und zum Teil schon zur Verfolgung bestimmter Ordnungswidrigkeiten zulässig sei als die etwa von Telefongesprächspartnern. Eine solche "Diskriminierung von Internetverbindungen" führe zu "unauflösbaren Wertungswidersprüchen". Rufe etwa jemand mit unterdrückter Rufnummer einen Anschluss an, so dürfe er anhand der bekannten Verbindungsdaten nach Auffassung des Gerichts nur mit richterlicher Anordnung namentlich ausfindig gemacht werden. Erfolge der Anruf dagegen unter Verwendung eines Online-Dienstes wie Skype, solle die Identifizierung des Anrufers anhand der IP-Adresse ohne Richtergenehmigung und bereits zur Aufklärung des Verdachts von Bagatellstraftaten zulässig sein.

Starostik gibt zu bedenken, dass die Zuordnung einer dynamischen IP-Adresse die inhaltliche Rekonstruktion der gesamten Internetsitzung anhand von Nutzungsdaten wie URLs und somit "die Erstellung tiefgreifender Persönlichkeitsprofile" ermögliche, wie auf Basis von Telefon-Verbindungsdaten ausgeschlossen sei. Weiter gestatte Paragraph 113 TKG den Zugriff auf elektronische Adressbücher und sogar auf Schlüssel zum Abruf von Kommunikationsinhalten. Solche Informationen erlaubten ebenfalls "tiefgreifende Einblicke in die persönliche Lebenssituation sowie die Erstellung von Persönlichkeitsprofilen".

Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung geht derweil davon aus, dass in Anbetracht der unterschiedlichen Meinungen des rumänischen Verfassungsgerichtshofs und des deutschen Bundesverfassungsgerichts wohl erst die anstehende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) Klarheit über die Verhältnismäßigkeit einer sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung bringe. Diese habe dann eventuell noch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte zu überprüfen. Bis dahin sei alles daran zu setzen, dass die EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung politisch aufgehoben würden und es hierzulande nicht vorher zu einer Wiedereinführung der "unmäßigen" Nutzerprotokollierung komme.

Quelle : www.heise.de
Titel: Keine schnelle Einigung bei Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 20 August, 2010, 16:14
Fast ein halbes Jahr nach dem Stopp  der bisherigen Datenspeicherung auf Vorrat zeichnet sich noch kein schnelles Ende des Koalitionsstreits ab. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) pocht auf eine zügige Neuregelung und sieht eine Schutzlücke besonders bei Straftaten im Internet. Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warnt dagegen vor Eile und verweist auf die laufende Debatte in Europa.

"Ich halte die Vorratsdatenspeicherung für fachlich zwingend geboten. Das Bundesverfassungsgericht hat neue Maßstäbe vorgegeben, die umzusetzen sind", sagte de Maizière der Nachrichtenagentur dpa in Berlin. "Da haben wir einen Dissens. Ich bin aber guter Hoffnung, dass dieser aufzulösen ist."

Der Innenminister hält eine Neuregelung für dringend nötig. "Ich bin der Meinung, dass wir eine erhebliche Schutzlücke haben, vor allem bei den Straftaten, bei denen die Tat typischerweise im Internet stattfindet wie Kinderpornografie oder der Anleitung zum Bombenbau im Internet", sagte de Maizière. "Dort sind die Verbindungsdaten oft der einzige Ermittlungsansatz, um den hinter einer dynamischen IP-Adresse stehenden Täter identifizieren zu können."

Das Bundesverfassungsgericht hatte die bisherige gesetzliche Regelung im März gekippt. Telefon- und Internetdaten können deshalb nicht mehr ohne Anlass für sechs Monate gespeichert werden. CDU und CSU hatten gefordert, dass noch vor der Sommerpause die Weichen für eine Umsetzung der Karlsruher Entscheidung gestellt werden.

Die Justizministerin sieht keinen Zeitdruck. "Es wird da aus ihrer Sicht keinen nationalen Schnellschuss geben", sagte ein Ministeriumssprecher. Das Bundesverfassungsgericht habe die frühere Regelung für nichtig erklärt. Der Sprecher verwies darauf, dass noch eine Prüung ausstehe, ob die Richtlinie mit der EU-Grundrechtecharta vereinbar sei. "Wir sind optimistisch, dass die Richtlinie noch einmal überarbeitet wird."

Die Justizministerin hält "Einfrieren" von Verbindungsdaten bis zu einer richterlichen Auswertungsgenehmigung (quick freeze) für sinnvoll. Das sieht de Maizière aber skeptisch. "Der Vorschlag für ein "quick freeze" als Alternative ist in bestimmten Fällen zwar richtig, vielfach werden aber durch Flatrates keine Verbindungsdaten mehr gespeichert", sagte er. Aus seiner Sicht könnte es außerdem in manchen Fällen schon zu spät sein. "Oft haben wir auch erst zeitlich viel später Ansätze für Ermittlungsverfahren."

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Keine schnelle Einigung bei Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Jürgen am 21 August, 2010, 01:21
Zitat
...vor allem bei den Straftaten, bei denen die Tat typischerweise im Internet stattfindet wie Kinderpornografie oder der Anleitung zum Bombenbau im Internet", sagte de Maizière. "Dort sind die Verbindungsdaten oft der einzige Ermittlungsansatz, um den hinter einer dynamischen IP-Adresse stehenden Täter identifizieren zu können."...
In beiden Fällen reiner Blödsinn.

KiPo findet man, zumindest hierzulande, nicht im öffentlichen Bereich des Netzes. Bisherige Ermittlungserfolge beruhen praktisch immer auf verdeckten Ermittlern, die sich in entsprechende Kreise eingeschlichen haben, oder auf Funde auf Nutzerrechnern, z.B. nach Anzeigen. IP-Adressen kann man von Servern ausserhalb des Geltungsbereichs deutschen Rechts kaum je erwarten. Und diese auf dem Weg zu erfassen, wäre technisch nur mit einer verdachtslosen umfassenden Traffic-Kontrolle möglich, beispielsweise an allen grenzübergreifenden Systemen. Das allerdings wäre mit wirklich enormem Aufwand verbunden. Zudem können Nutzer fast kinderleicht ihre IP fälschen.

Hinsichtlich Anleitungen zum Bombenbau gilt fast dasselbe, ausser dass ein erfolgreiches Einschleusen verdeckter Ermittler kaum zu erwarten ist.

Beide Angebote werden zudem innerhalb weitgehend abgeschotteter Zirkel oft per e-mail oder MMS verbreitet. Die Verteiler solcher Nachrichten benötigen i.d.R. nicht die IP des Empfängers. Und ein Aufdecken der Inhalte wäre nur über eine umfassende inhaltliche Filterung denkbar, für die es allerdings überhaupt keine legale Grundlage gibt.

Natürlich muss gegen diese Täter vorgegangen werden, in jedem Einzelfall.
Aber stets mit legalen und verfassungsmässigen Mitteln. Obligatorisch im Rechtsstaat.
Und ohne das Volk unter Generalverdacht zu stellen.

Zusammenfassend erscheint mir die Diskussion über KiPo und Bombenbau nur vorgeschoben, denn die wahre Absicht dürfte die totale Kontrolle der gesamten Bevölkerung sein, Big Brother 2.0
Wenn aber Politiker meinen, dem Volke grundsätzlich nicht trauen zu können, kann ich ihnen nur immer wieder nahelegen, sich gefälligst ein anderes Volk zu suchen und sich nicht länger von diesem bezahlen zu lassen.

Jürgen
Titel: Bürgerrechtler: Vorratsdatenspeicherung laut Kriminalitätsstatistik überflüssig
Beitrag von: SiLæncer am 02 September, 2010, 12:20
Die Bürgerrechtler vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung sehen in der vom Bundeskriminalamt (BKA) vorgelegten Kriminalitätsstatistik  Belege dafür, dass die Vorratsdatenspeicherung von Internetverbindungsdaten überflüssig ist. Im Jahr 2008, als Verbindungsdaten nur sporadisch gespeichert wurden, seien 167.451 Internet-Straftaten registriert worden, sie konnten zu 79,8 Prozent aufgeklärt werden, erläutern die Bürgerrechtler in einer Mitteilung. Im Jahr 2009, in dem alle Interneteinwahlen und E-Mails für sechs Monate protokolliert worden seien, habe die Polizei demgegenüber 206.909 Internet-Straftaten registriert. 75,7 Prozent davon seien aufgeklärt worden.

Die Statistik beweise, "dass das Gerede von 'Sicherheitslücken' durch den Stopp der verfassungswidrigen Vorratsdatenspeicherung im März 2010 rein politisch motiviert und fachlich aus der Luft gegriffen ist", erklärt Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. 2008 seien Interneteinwahlen und E-Mails allenfalls kurzfristig protokolliert worden. Trotzdem seien Internet-Delikte ohne Vorratsdatenspeicherung häufiger aufgeklärt worden. Das gelte auch für die Verbreitung von Kinderpornografie im Internet.

"Die Bundesregierung muss der EU-Kommission jetzt endlich mitteilen, dass sie von ihrem Recht Gebrauch macht, von der grundrechtswidrigen EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung abzuweichen", forderte Michael Ebeling vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. Die Bürgerrechtler, die Ende 2007 Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung eingelegt hatten, rufen für den 11. September zur Großdemonstration "Freiheit statt Angst" in Berlin auf.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung und EU-Recht: Passt und Punkt.
Beitrag von: SiLæncer am 18 September, 2010, 14:59
Die EU-Kommission legt den fälligen Evaluierungsbericht zur Vorratsdatenspeicherung nicht vor und vertröstet auf Dezember 2010. Ein hübsches Bonmot gibt es allerdings jetzt schon.

Es verwundert kaum, dass der in der Direktive zur Vorratsdatenspeicherung (VDS) festgelegte Termin zur Vorlage eines Evaluierungsberichtes verstrich, ohne dass ein solcher Bericht dem geneigtem Publikum vorgelegt wurde. Die EU-Kommission vertröstet aber die betrübte Zuhörer- und Leserschaft auf Dezember 2010, was immerhin nur 3 Monate Verspätung bedeutet. Vielleicht ist es ja möglich, in diesen 3 Monaten noch einmal schnell strafrechtsoperationsmäßig gen Himmel zu fahren und noch schnell die Ermittlungsquoten durch die VDS etwas aufzublähen. Nicht Eier, liebes BKA, Erfolge brauchen wir. Erfolge!

Aber kommen wir zum kurzweiligen Teil des Themas, denn eine folgenlose Verspätung eines immerhin seit 2006 von der EU-Kommission verpflichtend für sich selbst geregelten Evaluierungsberichtes ist nicht wirklich amüsant. Also kommen wir zu dem Aspekt, dass die VDS früher dem EU-Recht und der Charta der Grundrechte der Europäischen Union entsprach, aber dies jetzt ggf. nicht mehr so ist. Zwar hat sich nichts hinsichtlich dieser beiden Regelungen geändert, aber die Erkenntnisse der letzten Jahre könnten dazu führen, dass eine Neubewertung der VDS stattfindet, insbesondere im im Verhältnis "zu ihrem Nutzen für die Rechtsdurchsetzung sowie ihren Kosten für die Wirtschaft und ihren Auswirkungen auf die Grundrechte steht".

Wer jetzt meint, dass wäre schon früher alles "bekakelt" aka diskutiert worden und wäre u.a. auch einer der Punkte gewesen, die die Kritiker stets ansprachen - tja, das mag sein, nur war es so, dass die EU-Richtlinie sich hier sogar formal des Problems angenommen hat, indem sie quasi per Dekret festlegte, dass sie im Einklang mit dem EU-Recht etc. steht. Die Direktive selbst sicherte nämlich "die volle Wahrung der Grundrechte der Bürger auf Achtung des Privatlebens und ihrer Kommunikation sowie auf Schutz personenbezogener Daten" zu. Na dann...

Quelle : http://www.heise.de/tp/
Titel: IP-Adressen, Speicherungen und die öffentliche Sicherheit
Beitrag von: SiLæncer am 21 September, 2010, 12:49
Das Bundesinnenministerium möchte ihm bekannte Informationen über die Speicherung von IP-Adressen bei Providern nicht herausgeben. Begründung: u.a. die öffentliche Sicherheit.

Der stets in Datenschutzbelangen rührige Jurist Patrick Breyer hatte sich an das Bundesministerium des Innern gewandt und um Informationen bezüglich der Speicherpraxis der Internetprovider gebeten. Dem BMI liegen Informationen darüber vor, welche Internetprovider die IP-Adressen ihrer Nutzer wie lange speichern - eine Information, die der Provider den Nutzern im Zuge der allgemeinen Auskunftspflichten sowieso mitteilen muss. Das Antwortschreiben des BMI verweigerte diese Auskünfte aus mehreren Gründen, wobei einer besonders kurzweilig klingt:

Gemäß § 3 Nr. 2 IFG besteht ein Anspruch auf Informationszugang ebenfalls nicht, wenn das Bekanntwerden der Information die öffentliche Sicherheit gefährden kann. Die Veröffentlichung der Speicherpraxis von Internet Service Providern würde insbesondere Internetkriminelle in die Lage versetzen, ihre Taten so zu planen, dass die Strafverfolgung erheblich erschwert werden würde. Dies begründet das besondere Interesse der Landespolizeibehörden an der Vertraulichkeit der dem Bundesministerium des Innern zur Verfügung gestellten Informationen. (Quelle: (Datenspeicherung.de - Blogbeitrag zum Thema)

Patrick Breyer hat die Gründe, warum dies nicht zutrifft, bereits in seinem Blog dargelegt, doch dieses Bonmot verdiente besondere Beachtung. Es ist leider gerade hinsichtlich Anfragen unter Berufung auf das Informationsfreiheitgesetz Mode geworden, Anfragen mit dem Pauschalargument "öffentliche Sicherheit gefährdet" abzuschmettern. Bei manchen Ablehnungsbescheiden fragt man sich dann allerdings, inwiefern hier dieses Argument auch nur ansatzweise zutreffen kann. So auch in diesem Falle. Zum einen besteht ja bereits die Auskunftspflicht gegenüber den Kunden, so dass die angemerkte Möglichkeit für Internetkriminelle schon jetzt besteht. Es sei denn, diese bemühen sich nicht selbst um solche Informationen, sondern hoffen darauf, dass sie hochoffiziell verkündet werden. Ein solches Verhalten steht aber nicht im Einklang mit dem laut Strafverfolgung und Politik immer geschickter und konspirativer agierenden Internetkriminellen. Das BMI schreibt außerdem: Die Informationen wurden dem Bundesministerium des Innern vertraulich übermittelt, das Interesse an der vertraulichen Behandlung besteht dort fort. Es besteht die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass im Falle eines Bruchs der Vertraulichkeitsabrede die weiteren fachlichen Beratungen beeinträchtigt werden. Darüber hinaus erhalten diese Informationen Daten Dritter, bei denen davon auszugehen ist, dass die Betroffenen mit einer Weitergabe dieser Daten ebenfalls nicht einverstanden wären.

Kurz gesagt: es gibt ein paar Informationen (Erfahrungswerte aus der Polizeipraxis), die ein Speicherverhalten einiger Provider wiedergeben und statt nun einfach daraus die Speicherdauerangaben herauszudestillieren, werden alle damit verbundenen Daten zu vertraulichen, die öffentliche Sicherheit betreffende Daten. Es ist bedauerlich, dass es noch keine aktuellen Listen gibt, die die Speicherpraxis der Provider beleuchtet, ich gehe mal davon aus, dass es sie bald geben wird. Ob eine solche Liste dann vom BKA gesperrt oder gelöscht werden muss?

Quelle : http://www.heise.de/tp/
Titel: VDS - eine Kommission sucht einen Erfolg
Beitrag von: SiLæncer am 23 September, 2010, 19:06
Der für diesen Monat erwartete Evaluierungsbericht zur Vorratsdatenspeicherung liegt nicht vor und soll jetzt im Dezember kommen - das Spiel auf Zeit hat gute Gründe

Aber ich weiß doch von gar nichts

Als 2006 die verpflichtende Vorratsdatenspeicherung (VDS) per EU-Richtlinie gesetzlich legitimiert wurde, beschloss man zeitgleich, dass bis zum 15.09.2010 eine Evaluierung dieser Maßnahme möglich sein muss. Diese, so war festgelegt, müsse durch einen entsprechenden Bericht der EU-Kommission dokumentiert sein. Die Frist ist nunmehr jedoch verstrichen und die Kommission rechnet erst im Dezember mit dem Vorliegen des Berichts. In ihrer Begründung für die Verzögerung spricht die Kommission davon, dass es bislang zu wenig Informationen gebe, die einen "Erfolg der VDS belegen". Es hat deshalb den Anschein, dass die EU-Bürokratie hier nicht anhand der Faktenlage zum Stichtag entscheiden will, sondern auf Erfolgsmeldungen wartet.

Die Formulierung, mit der die EU-Kommission die Länder aufforderte, entsprechende Informationen vorzulegen, erhärtet diesen Verdacht.

Zitat
[...] without this information, it will be difficult for the Commission to adequately demonstrate that the Directive is useful and gives a clear security added value and that it strikes the right balance between real law enforcement interests, the costs that the market has to incur and the sizeable impact that the retention of data has on the privacy of citizens.

Das Schreiben zeigt gleich mehrfach auf, was von der Kommission zu erwarten ist:

1    Es geht nicht mehr um Notwendigkeit, sondern um Nützlichkeit. D. h. die Verhältnismäßigkeit, die bei staatlichem Handeln eigentlich eine zentrale Rolle spielen sollte, wird weiter in den Hintergrund gerückt. Ob ein milderes Mittel möglich ist, wird nicht mehr ernsthaft geprüft und es wird auch um keinerlei Information dazu gebeten.

2    Auch die Nützlichkeit wird nicht mehr angezweifelt - es werden lediglich Informationen angefordert, die diese Nützlichkeit belegen sollen. Dies wird deutlich, indem nicht etwa geschrieben wird, dass die Kommission die Informationen benötigt, um zu entscheiden, ob (if) die Richtlinie nützlich ist, es geht vielmehr darum, zu beweisen, dass sie nützlich ist.

3    Der Zusatznutzen für die Bekämpfung von Kriminalität wird nicht mehr angezweifelt, stattdessen werden lediglich Informationen erbeten, die diese Ansicht bestätigen.

4    Wie schon in früheren Entscheidungen (z. B. zum Thema Telekommunikationsüberwachungsverordnung) findet sich das Thema Privatsphäre an letzter Stelle der Abwägungsgründe. An erster Stelle stehen stets die Strafverfolgung und die Kosten für die Wirtschaft.

Das Vorgehen der Kommission erinnert hier an die Berechnung von ALG II, die ein Ergebnis voranstellte, welches dann per entsprechender Kalkulation "ermittelt" werden musste. Auch hier ist schon vorgegeben, was seitens der Kommission erwünscht ist: keine neutralen Informationen, sondern Informationen, die die eigene Ansicht bestätigen.

Kann ich denn anders? Habe ich nicht dieses Verfluchte in mir ...?

Es ist wenig verwunderlich, dass die notwendigen Informationen für die EU-Kommission noch nicht vorliegen, wenn man sich die bisherige "Erfolgsgeschichte" der VDS ansieht. In einigen Ländern wurde sie bisher nicht einmal umgesetzt, in anderen gab es erfolgreiche Verfassungsbeschwerden, die eine Unvereinbarkeit der VDS mit den dortigen Verfassungen ergaben. In Deutschland wurde die Nutzung der angefallenen Daten durch das Bundesverfassungsgericht eingeschränkt, wieder andere Staaten sind mit der Umsetzung in Verzug geraten, derzeit jedoch in immensen finanziellen Schwierigkeiten, sodass eine VDS-Einführung in absehbarer Zeit nicht machbar scheint (Griechenland).

Die bisherige Faktenlage scheint für die EU-Kommission nicht auszureichen - dabei liegen Zahlen vor, die bei der Evaluierung durchaus eine große Rolle spielen müssten. So hat eine Studie des AK Vorrat zum Thema "Auswirkungen der VDS auf das Nutzerverhalten" ergeben, dass sich die VDS negativ auswirkt. Anderer Meinung war hier die http://dip21.bundestag.de/dip21/btd/16/111/1611139.pdf, die den Einschüchterungseffekt als nicht vorhanden ansah, da ja bereits vor der VDS die Möglichkeiten zur Datenspeicherung und -verwendung bestanden. Die Ergebnisse der vom AK Vorrat initiierten Umfrage wurden von der Bundesregierung damit erklärt, dass sie eine Folge der übertriebenen Öffentlichkeitsarbeit der Kritiker sowie einer verfälschenden und verzerrenden Darstellung der Tatsachen sei. Ferner steht die aktuelle Polizeistatistik in Deutschland zur Verfügung. Ähnliche Daten dürfte es in den anderen EU-Staaten ebenfalls geben.

Doch die EU-Kommission hat hier einen schwierigen Stand - sie will von der bisherigen Linie zur VDS, die auch von den Hardlinern Deutschland, England, Frankreich und Spanien unterstützt wurde, nicht abweichen und sucht nach Argumenten, die diese Linie untermauern, wobei die bisherigen Informationen dafür entweder nicht ausreichend oder sogar hinderlich sind. Daher ist ein Spiel auf Zeit wichtig - u.a. auch weil im Hintergrund gerade die EU-Weichen zu entsprechenden Vorgaben für die diskutierten "Netzsperren gegen Kinderpornografie" gestellt werden, wofür die VDS dann eingebunden würde. Wenn erst die EU-weiten Netzsperren verbindlich vorgeschrieben wären, könnten diese elegant als Grund für die VDS herangezogen werden, da ohne die VDS (wie dies das BKA immer wieder postuliert) ein Großteil der Ermittlungen erfolglos verlaufen würde. Hierbei ist nicht einmal wichtig, ob diese Ansicht sich durch Zahlen belegen lässt. Stattdessen würde (wie bei der VDS) eine entsprechende Richtlinie verabschiedet, die dann in einigen Jahren evaluiert wird.

Ich will davon, vor mir selber davonlaufen

Die EU-Kommission will hier ihrer Verpflichtung, die sie selbst 2006 festgelegt hat, davonlaufen, indem sie die Fristen so lange herauszögert bis durch neue Gesetze oder aber die verlangten Informationen das gewünschte Ergebnis herauskommt. Zwar spricht die EU-Innenkommissarin davon, dass die Kommission einen Änderungsvorschlag für die Richtlinie in Betracht ziehen könnte - aber man darf nicht vergessen, dass Frau Malmström zum Thema Netzsperren eine sehr simple Lösung vertritt und sich bei entsprechenden Veranstaltungen gerne von den "üblichen Verdächtigen" wie Innocence in Danger beraten lässt. Es ist insofern durchaus sinnvoll, neben der Entwicklung im Bereich VDS auch die Entwicklung der Netzsperrenidee auf EU-Ebene im Auge zu behalten. Dass demnächst eine Veranstaltung zum Thema Netzsperren ins Haus steht, bei dem u.a. Vertreter des BKA und von Innocence in Danger als Sachverständige vorsprechen werden, ist insofern nur logisch und wird von Netzpolitik.org etc. entsprechend kommentiert und auch mit direkten Appellen zum Engagement gegen die Pläne der EU verbunden.

Die zeitgleiche Lancierung des Buches der Freifrau von Guttenberg zum Thema "Sexueller Missbrauch", das permanente Beklagen des BKA-Chefs und diverser CDU-Politiker zum Thema VDS, sind hier durchaus als Bausteine zu betrachten, die ein Netzsperren-und-VDS-Puzzle ergeben.

Es ist insofern auch wichtig, diese Daten und Fakten stets zu sammeln und zu verbinden, um dem in der Politik weitverbreiteten Krokodiltränensyndrom ein Antidot zur Verfügung zu stellen. Denn nur allzu oft ist sonst die Antwort auf entsprechende Fragen eine Antwort, die an die Gedanken des M in Fritz Langs Film erinnert:

Zitat
Dann weiß ich von nichts mehr, dann steh ich vor einem Plakat und lese, was ich getan habe, und lese und lese: Das habe ich getan ! Aber ich weiß doch von gar nichts !!!

Quelle : http://www.heise.de/tp/
Titel: Der Enkeltrick oder: welches Rechtsgut hätten´s denn gern?
Beitrag von: SiLæncer am 25 September, 2010, 18:07
Mal wieder wird auf Seiten der Strafverfolgung das beliebte Spiel "wir brauchen die Vorratsdatenspeicherung unbedingt. Sofort! Jetzt!" gespielt. Die Begründung lässt aufhorchen.

Den Enkeltrick kennt wohl fast jeder mittlerweile, auch wenn er bedauerlicherweise gerade bei den älteren Mitbürgern noch immer funktioniert. Für diejenigen, die ihn nicht kennen, noch einmal in Kürze:

Irgendein älterer Herr oder eine ältere Dame wird angerufen, der Anrufer gibt sich als Enkel oder sonstiger entfernter Verwandter aus. Dann tischt er eine traurige Geschichte auf, die darin mündet, dass er Geld benötigt, das dann ein Komplize abholt.

Was hat das also mit der Vorratsdatenspeicherung zu tun? Nun, es werden im Normalfall einige Telefonate schnell hintereinander geführt. Einerseits soll so der Druck verstärkt werden, andererseits soll das Opfer sich eben nicht mit anderen beraten und so merken, dass es nicht wirklich mit einem Verwandten zu tun hat. D.h. es handelt sich schlicht und ergreifend Betrug. Das Telefon ist hier nur das Medium, mit dem der Täter mit dem Opfer in Kontakt tritt.

Wenn also Niedersachsens Innen- und Justizminister nun meinen, es würde ihnen an Vorratsdaten fehlen um solcherlei Fälle aufzuklären, dann zeigt dies einmal öfter, dass hier nicht verstanden wurde, dass das Bundesverfassungsgericht nicht nur eine Neuregelung gefordert hat. Nein, das oberste Gericht Deutschlands hat auch eindeutige Aussagen dazu gemacht, wozu die Daten verwandt werden dürfen.

[...]Auf Bits und Bytes dürfe nur zur Ahndung von Straftaten, die überragend hohe Rechtsgüter bedrohen, oder zur Abwehr solcher Vergehen zugegriffen werden. Dabei müssten zumindest Anhaltspunkte für konkrete Gefahren vorliegen.

Liebe Ministerien in Niedersachsen, es ist doch bekannt, dass ihr, wie auch die anderen VDS-Freunde, gerne die Daten noch für die billigste kleine Ebay-Betrügerei verwenden würdet, auch wenn euch dafür die ohnehin überlastete Polizei manches Mal bestimmt gerne einen Tritt in den Hintern versetzen möchte. Denn längst liegen zig Fälle brach und können dann irgendwann wegen Verjährung gleich in den Mülleimer gepackt werden - nur weil durch zig Bagatellen die vom Stellenabbau gebeutelte Polizei gut zu tun hat. Aber so arm die durch Betrug arm gewordene Omi auch ist, die Worte "überragend hohes Rechtsgut" wurden vom BVerfG nicht einfach mal so in den VDS-Ring geworfen.

Auch wenn es sich gut macht, im Rotationsprinzip die organisierte Kriminalität, die bösen Terroristen, den "Milliardenmarkt Kinderpornographie" oder aber die arme Omi dafür anzuführen, dass man die VDS unbedingt benötigt: dass die VDS praktisch ist für die Strafverfolgung, das hat niemand bezweifelt. Die Frage ist: ist sie notwendig, ist sie verhältnismäßig? Und eben für diese Fragen stehen bisher keinerlei Antworten zur Verfügung.

Also, liebe Niedersachsen: bitte geht nicht über Los, sondern zurück zum Start. Und sinniert noch einmal über "überragend hohe Rechtsgüter".

Quelle : http://www.heise.de/tp/
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Streit über "Quick Freeze" von TK-Daten
Beitrag von: SiLæncer am 28 September, 2010, 15:04
Datenschützer, die FDP-Bundestagsfraktion  und die Deutsche Telekom sehen das "Einfrieren" elektronischer Nutzerspuren auf Zuruf der Ermittler als Alternative zur verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung. Doch viele Vertreter aus der Telekommunikationsbranche sind dagegen. Dies zeigte sich während eines Workshops des Bundesjustizministeriums "zur Klärung praktischer, technischer und finanzieller Fragen" zur Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten am gestrigen Montag in Berlin.

Eine offizielle Definition für das rasche Speichern der sogenannten Verkehrsdaten in einem konkreten Verdachtsfall gibt es hierzulande bislang nicht. Auch die Telekom spricht von "verschiedenen Ausprägungen" und verweist auf ein "normales" Quick Freeze, bei dem nur die ohnehin für die Abrechnung oder aus betrieblichen Gründen etwa zur Spamabwehr von den Providern selbst benötigten Verbindungsinformationen bei Bedarf im Interesse der Strafverfolgung länger aufbewahrt würden. Beim "Quick Freeze XXL" ginge es auch um die Speicherung der bei Flatrates anfallenden Verkehrsdaten. Derzeit löschen alle Zugangsanbieter diese Informationen im Einklang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgericht, das die deutschen Bestimmungen zur Vorratsdatenspeicherung im Telekommunikationsgesetz (TKG) kippte. IP-Adressen werden momentan höchstens sieben Tage gespeichert, um etwa Sicherheitsprobleme besser angehen zu können.

Die Telekom favorisiert ein Basis-Quick-Freeze, da dabei der betriebliche Aufwand zur Speicherung der Daten im Vergleich zu dem auch als "Vorratsdatenspeicherung light" bezeichneten XXL-Modell "mittel" sei. Dem gegenüber sei sogar die "klassische Vorratsdatenspeicherung" noch mit geringerem Aufwand umsetzbar. Für Quick Freeze in allen Varianten könnten die für 10 Millionen Euro aufgebauten Speicherinfrastrukturen aber generell nicht verwendet werden, da manuelles Eingreifen immer nötig und dieses mit vergleichsweise hohen Personal- und Betriebskosten verbunden sei.

Hier setzen Bedenken des Verbands der Anbieter von Telekommmunikations- und Mehrwertdiensten
(VATM) an. Quick Freeze "würde erneut erhebliche Investitionen in zusätzliche Technik für die Unternehmen bedeuten", heißt es in einem heise online vorliegenden Entwurf für ein Positionspapier. Die derzeit nicht gemäß TKG gespeicherten Daten müssten im Bedarfsfall erhoben und gespeichert werden. Dafür seien neue Schnittstellen "zu großen TK- und IT-Systemen" nötig und Prozesse, mit denen diese Daten aufgenommen, gefiltert und aufbewahrt werden können. Der VATM befürchtet eine "erhebliche Ausweitung der Auskunftsersuchen", falls die Alternative statt der Vorratsdatenspeicherung eingeführt würde. Dann würden nämlich die Strafverfolgungsbehörden zu jeder Abfrage parallel ein Quick-Freeze veranlassen, da sonst die Gefahr bestünde, dass potenzielle Beweisdaten schon gelöscht seien.

Alle Provider mit Privatverbrauchern als Kunden beschwerten sich im Workshop über die hohe Zahl an Anfragen wegen Urheberrechtsverletzungen, inzwischen bis zu 30.000 und 50.000 IP-Adressen pro Monat und Provider. Die Gerichte segneten Listen zum Auskunftsersuchen problemlos ab. Dies übersteige die Kapazitäten der Anbieter. Quick Freeze würde sich hier laut Branchenvertretern als noch problematischer erweisen. Das Justizministerium entgegnete, dass das Einfrieren höchstens bei schwersten Straftaten eingeführt werden sollte.

Die Situation in den USA, wo "Quick Freeze" praktiziert wird, lässt sich nach Meinung des VATM nicht mit den deutschen Verhältnissen vergleichen. Dort speicherten Telekommunikationsunternehmen aufgrund fehlender Datenschutzbestimmungen "nahezu ungehemmt Informationen über ihre Kunden für eigene Zwecke", auf die auch Sicherheitsbehörden zugreifen könnten.

Insgesamt ließen Regierungsvertreter bei dem Branchentreffen noch nicht durchblicken, wohin die Reise gehen soll. Das Bundesinnenministerium schien für eine "Vorratsdatenspeicherung light" zu plädieren, das Justizministerium sieht es mit Skepsis. Die dortige Verhandlungsführerin des Workshops, Marie Luise Graf-Schlicker, drängte zunächst darauf, alle möglicherweise zu speichernden Verkehrsdaten stark abzusichern – was die Unternehmen angesichts möglicher Kosten nicht sonderlich beglückte. Vor einer Entscheidung im Bundeskabinett will das Justizministerium zudem die laufende, sich immer wieder verzögernde Evaluierung der EU-Vorgaben zur Protokollierung der Nutzerspuren durch die EU-Kommission abwarten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Union will Speicherung von Verbindungsdaten durchpauken
Beitrag von: SiLæncer am 02 Oktober, 2010, 11:35
Die CDU will die FDP mit einer "öffentlichen Kampagne" schnell zu einem neuen Gesetz für die umstrittene Speicherung von Kommunikations-Verbindungsdaten bewegen. Wie das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel" in seiner kommenden Ausgabe berichtet, haben konservative Abgeordnete das in einer internen Koalitionsrunde ankündigt. Ein Treffen zwischen Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Innenminister Thomas de Maizière (CDU) am vergangenen Montag hätte in diesem Punkt keine Einigung gebracht.

Die Ministerin hatte noch als Bundestagsabgeordnete Verfassungsbeschwerde in Karlsruhe eingelegt gegen die Pflicht für Telekommunikationsanbieter, sämtliche Telefon- und Internetverbindungsdaten anlasslos sechs Monate zu speichern. Die Richter hatten daraufhin im März 2010 das deutsche Gesetz, das eine EU-Richtlinie umgesetzen sollte, für verfassungswidrig erklärt. Unions-Innenpolitiker wie Hans-Peter Uhl sähen seither eine "eklatante Schutzlücke" und drängten auf ein neues Gesetz, so das Blatt weiter.

De Maizière habe das Thema, das unter dem Motto "Freiheit statt Angst" schon Zehntausende Demonstranten auf die Straße brachte, jetzt zur Chefsache gemacht. Ende dieser Woche wolle er Experten des Bundeskriminalamts (BKA) in Berlin anhand möglichst spektakulärer Fälle belegen lassen, dass es wegen der aktuell fehlenden Speicherpflicht tatsächlich blinde Flecken in der Verbrechensbekämpfung gebe. Der Innenminister sei sicher, dass das Gesetz kommen werde, so der "Spiegel".

Quelle : www.heise.de
Titel: Datenschützer kritisiert BKA-Beharren auf der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 05 Oktober, 2010, 16:24
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat dem Bundeskriminalamt (BKA) eine Mitschuld an einer ausbleibenden Neuregelung zur Protokollierung von Nutzerspuren im Internet gegeben. Wer Gegenvorschläge zu einer verdachtsunabhängigen Vorratsdatenspeicherung generell ausschließe und stattdessen auf Maximalforderungen beharre, sei letztlich mitverantwortlich dafür, "dass Straftaten nicht aufgeklärt werden", erklärte Schaar am gestrigen Montag laut einem Bericht der "Welt" am Rande eines Symposiums in Berlin. Schaar plädiert dagegen für einen Praxistest des "Quick Freeze"-Verfahrens, bei dem Telekommunikationsfirmen Verbindungs- und Standortdaten auf Zuruf von Ermittlern bei einem konkreten Verdacht aufbewahren und gleichsam einfrieren. Dieser Ansatz sollte dem Datenschützer zufolge mit einer Speicherung der begehrten Informationen für wenige Tage verbunden werden, in die auch Flatrate-Anschlüsse einzubeziehen seien.

Die Verfolgung schwerer Straftaten werde in einigen Fällen sicher erschwert, weil das Bundesverfassungsgericht die bisherige Regelung zur sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung gekippt hat, räumte Schaar ein. Es sei jedoch "unangemessen und voreilig, wenn das BKA gute Alternativen von vornherein ausschließt". Der "Quick Freeze"-Ansatz habe sich zusammen mit der derzeitigen Praxis der Aufbewahrung der sogenannten Verkehrsdaten durch Provider für drei bis sieben Tage beim Vorgehen gegen Urheberrechtsverstöße durch die Unterhaltungsindustrie bewährt. Es sei verwunderlich, dass die Strafverfolgungsbehörden so viel länger bräuchten als die Film- und Musikbranche, um die entsprechenden Verbindungsinformationen auszuwerten.

Das BKA beklagt in einem Geheimbericht an das Bundesinnenministerium, der der "Welt" zugespielt wurde, dass ein Zeitfenster von wenigen Tagen zwischen Ereigniszeitpunkt, polizeilicher Kenntnisnahme, Prüfung und Auskunftsersuchen nicht ausreiche. Man habe zahlreiche Verbrechen wie Morde an einem Polizisten und einem Mafia-Mitglied, angedrohte Sprengstoffanschläge, die Mitgliedschaft in Terrorgruppen und die Verbreitung von Kinderpornographie im Internet wegen mangelnden Zugriffs auf Verkehrsdaten nicht aufklären können. Für die Polizeibehörde kommt daher nur eine anlasslose Speicherung der Verbindungsdaten aller Bürger auf Vorrat in Frage.

Das Durchsickern des angeblich "nur für den Dienstgebrauch" gestempelten BKA-Papiers an ein Presseorgan hat derweil bei der FDP Empörung ausgelöst. So erinnern vier Netzpolitiker aus der Bundestagsfraktion der Liberalen, Sebastian Blumenthal, Marco Buschmann, Manuel Höferlin und Jimmy Schulz, in einem heise online vorliegenden Schreiben an Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) daran, dass eine solche Weitergabe eines als Verschlusssache gehandelten Dokuments den Straftatbestand "der Verletzung des Dienstgeheimnisses und einer besonderen Geheimhaltungspflicht" erfülle. Man gehe daher "selbstverständlich" davon aus, dass Maizière als Chef der zuständigen obersten Bundesbehörde seine Ermächtigung erteile, "damit die zuständige Staatsanwaltschaft die Angelegenheit auch strafrechtlich aufklären kann". Falls dieser Schritt nicht erfolge, bitten die FDP-Abgeordneten um einen Hinweis nebst Begründung.

Der Vorgang beunruhigt die Liberalen nicht nur aus formalen, sondern auch aus inhaltlichen Gründen. So zeige er, wie schwer der Schutz sensibler Daten heute sei, erklärte Höferlin gegenüber heise online. Man müsse die Frage aufwerfen, wie Internetprovider Vorratsdaten oder geheime Sperrlisten im Kampf gegen Kinderpornographie absichern sollten, wenn nicht einmal das BKA in der Lage sei, das Entfleuchen eigener Berichte zu verhindern. Als "sehr befremdlich" bezeichnete der Innen- und Netzexperte zudem Meldungen, wonach die CDU/CSU-Fraktion den Koalitionspartner bei der Vorratsdatenspeicherung mit einer "öffentlichen Kampagne" zum Jagen tragen wolle.

Die FDP-Fraktion erarbeitet derzeit ein Konzept zur besseren Bekämpfung der Internetkriminalität, mit dem sie sich für das "Quick Freeze"-Verfahren ausspricht. Höferlin betonte, dass Zugangsanbieter schon heute zur Abrechnung und zur Qualitätssicherung in der Regel Log-Routinen laufen ließen und Verbindungsdaten einige Tage speicherten. Schon jetzt sei es bei den Providern üblich, Strafverfolgern bei Vorlage eines Anordnungsbeschlusses einen Zugriff auf die Informationen zu gewähren oder die Daten bei Bedarfsanmeldung bis dahin aufzubewahren. Es müsse nun darum gehen, diese Methode "zu normieren". Wichtig sei es dabei, dass der Zugang zu den Daten auf schwerste Straftaten und die Speicherung auf konkrete Verdachtsfälle beschränkt werde.

Quelle : www.heise.de
Titel: Gegner der Vorratsdatenspeicherung machen mobil
Beitrag von: SiLæncer am 08 Oktober, 2010, 13:43
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) halten eine verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren für überflüssig und unverhältnismäßig. Sie reagieren damit auf einen an die Presse durchgesickerten internen Bericht  des Bundeskriminalamts (BKA), der ein "erhebliches Ermittlungsdefizit" aufgrund fehlender Verbindungs- und Standortdaten ausmachte. Das BKA fordere "nicht weniger, als die Kommunikationsdaten von 82 Millionen Menschen dauerhaft zu speichern, damit es eine geringe Anzahl von Ermittlungsanfragen an die Provider stellen kann", hält Oliver Süme aus dem eco-Vorstand dem Begehren der Polizeibehörde entgegen. Das sei letztlich "absurd", zumal es "jetzt schon verfassungsgemäße und wirkungsvolle Methoden gibt, um die Identität von Telefon- und Internet-Tätern zu ermitteln".

Laut Süme stehen die Verbindungsdaten von Telefonanschlüssen üblicherweise drei Monate nach dem Gespräch noch zur Verfügung. Auf diesem Wege hätten etwa schon 2004 die Attentäter von Madrid oder 2006 die Sauerland-Terroristen überführt werden können, bevor eine Vorratsdatenspeicherung eingeführt worden sei. Auch bei Internetanschlüssen sicherten die Provider auf Anfrage der Polizei bei einem konkreten Verdacht bereits die Verbindungsdaten und würden sie für Ermittlungen zur Verfügung stellen. Anhand des BKA-Berichts sei dagegen hochgerechnet auf zwölf Monate von maximal 3000 Anfragen der Ermittler pro Jahr zu rechnen. Dem stünden sechs Millionen Straftaten gegenüber, die in Deutschland jedes Jahr polizeilich erfasst würden. Hilfreich wären die Daten also nur "bei einem halben Promill der Ermittlungsverfahren". 99,95 Prozent aller Ermittlungen kämen ohne eine verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung aus.

Der AK Vorrat schlägt in dieselbe Kerbe und führt in einem 16-seitigen Bericht (PDF-Datei) unter anderem mehrere Fallbeispiele an, bei denen sich eine verdachtsunabhängige Erfassung von Verbindungsdaten sogar als kontraproduktiv erweisen könnte. Die vom Bundeskriminalamt als Beleg für eine Notwendigkeit der Vorratsdatenspeicherung präsentierten Fallberichte seien zudem nicht immer schlüssig, argumentiert der AK Vorrat. Der parlamentarische Geschäftsführer der FDP-Bundestagsfraktion, Christian Ahrendt, erklärte unterdessen, auch er halte die Vorratsdatenspeicherung für nicht erforderlich. Er warf Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) vor, in einer Kampagne zusammen mit dem BKA für die umstrittene Überwachung zu werben und dabei an das Angstgefühl der Menschen zu appellieren.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung - Schockgefrostet statt gehortet
Beitrag von: SiLæncer am 10 Oktober, 2010, 12:21
Bundesjustizministerin Sabine Leutheuser-Schnarrenberger hat sich erneut gegen die Vorratsdatenspeicherung ausgesprochen. Laut Handelsblatt schlägt sie als Alternative das sogenannte Schock-Frost vor: Bei Verdacht sollen individuelle Daten sofort gespeichert werden.

In einem Strategiepapier, das Leutheuser-Schnarrenberger am Montag an ihre Partei verteilen will, erläutert die Ministerin, die bestehende Gesetzesgrundlage reiche aus. "Zur Kriminalitätsbekämpfung sind auch ohne die pauschale und anlasslose Speicherung jeder Benutzung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet genügend Verbindungsdaten verfügbar." So könne in speziellen Fällen "die Identität des Täters durch sofortige Abfrage vom Provider verlangt werden", etwa bei der Bekämpfung der Kinderpornografie. "Zur Kriminalitätsbekämpfung sind auch ohne die pauschale und anlasslose Speicherung jeder Benutzung von Telefon, Handy, E-Mail und Internet genügend Verbindungsdaten verfügbar", schreibt die Justizministerin an ihre Partei. Es sei nicht bewiesen, dass mehr Überwachung automatisch zu mehr Schutz führe.

Eingefrorene Daten

Als alternative schlägt die Bundesjustizministerin vor, ein ähnliches Verfahren anzuwenden, wie es bereits in den USA und Kanada praktiziert wird (quick freeze). Bei einem Verdachtsmoment sollen Daten auch ohne richterlichen Beschluss zunächst gespeichert werden können, um zu verhindern, das wichtige Daten in dieser Zeit verloren gehen. Erhärtet sich der Verdacht können die so eingefrorenen Daten wieder aufgetaut werden.

Erst vor wenigen Tagen hatten Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) und BKA-Chef Jörg Ziercke beklagt, ohne die Vorratsdatenspeicherung hätte zahlreiche Straftaten zu spät, nur unzureichend oder gar nicht aufgeklärt werden können. Laut einem internen Bericht des Bundeskriminalamts benötigte die Behörde nur in 701 Fällen Telefon- und Internetverbindungsdaten, um bei Straftaten zu ermitteln. Die Vorratsdatenspeicherung war am 2. März 2010 vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt worden.

Datensammlung ist unverhältnismäßig und absurd

Bleibt es bei dieser Häufigkeit, erklärte hingegen der Verband der deutschen Internetwirtschaft Eco, ist hochgerechnet auf zwölf Monate mit maximal 3.000 Anfragen zu rechnen. Dem gegenüber stünden 6 Millionen Straftaten, die in Deutschland jedes Jahr polizeilich erfasst werden. Damit seien die Vorratsdaten nur bei einem halben Promille der Ermittlungsverfahren erforderlich. 99,95 Prozent aller Ermittlungen kommen ohne Vorratsdatenspeicherung aus.

"Das Bundeskriminalamt fordert nicht weniger, als die Kommunikationsdaten von 82 Millionen Menschen dauerhaft zu speichern, damit es eine geringe Anzahl von Ermittlungsanfragen an die Provider stellen kann", erläutert Oliver Süme, Eco-Vorstand und Rechtsanwalt. "Das ist unverhältnismäßig und absurd."

Quelle : www.golem.de
Titel: Innenminister drängeln bei der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 16 Oktober, 2010, 14:01
Mehrere Innenminister von CDU, CSU und SPD haben sich für eine schnelle Neuregelung der verdachtsunabhängigen Vorratsspeicherung von Telekommunikationsdaten ausgesprochen. Laut einer Mitteilung  des niedersächsischen Innenministeriums verlangten am gestrigen Freitag die Innenressortchefs der unionsregierten Länder nach ihrem Treffen in Hannover von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) "einmütig" einen entsprechenden "umgehenden Gesetzesvorschlag". Ihrer Auffassung nach gibt es mehr als ein halbes Jahr nach dem Kippen  der alten Bestimmungen durch das Bundesverfassungsgericht und dem Wegfall der "Mindestspeicherfrist" für Verbindungs- und Standortdaten eine "erhebliche Schutzlücke", was die Liberale jüngst verneinte.

Dem Befund der Innenminister von CDU und CSU zufolge hat die Polizei in "einer Vielzahl von Fällen feststellen müssen, dass schwerste Verbrechen unaufgeklärt geblieben sind und Tatverdächtige nicht ermittelt werden konnten". In besonderem Maße gelte dies für die Verbreitung von Kinderpornografie über das Internet. Ebenso dringend benötigt würden die elektronischen Nutzerspuren zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Die Innenpolitiker machten deutlich, dass das alternativ diskutierte "Quick Freeze"-Verfahren keine sinnvolle Lösung darstelle, "da die Straftaten in aller Regel erst im Nachhinein bekannt werden". Wegen der Ausbreitung von Flatrate-Verträgen speicherten die Anbieter die "Verkehrsdaten" aber häufiger nicht mehr. In diesem Falle könne auf Zuruf der Ermittler "auch nichts eingefroren werden". Auf den Kompromissentwurf des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar zur Koppelung von Quick Freeze mit einer pauschalen Verpflichtung zur Vorhaltung der begehrten Informationen für ein paar Tage gingen die Unionsvertreter nicht ein.

Im Anschluss mahnten auch Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) und seine Ressortkollegen aus Thüringen, Peter Michael Huber (CDU), sowie Sachsen-Anhalt, Holger Hövelmann (SPD), bei einem Treffen in Dresden eine rasche Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung an. Die Runde war sich nach Angaben des Sächsischen Innenministeriums ebenfalls einig, dass es sich bei der umstrittenen Protokollierung der Nutzerspuren "um ein unverzichtbares Instrument zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität, der Kinderpornografie und anderer Formen der Schwerstkriminalität handelt". Mitte der Woche hatte zuvor bereits der Innenexperte der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, eine Neuauflage der Datensammlung als "zwingend notwendig" bezeichnet. Erfahrungen des Bundeskriminalamts belegten, dass sich eine "Sicherheitslücke" auftue und diese "von Monat zu Monat größer wird", sagte der Sozialdemokrat der "Saarbrücker Zeitung". Zugleich warf er der FDP aufgrund ihrer abwartenden Haltung vor, ein "Sicherheitsrisiko" darzustellen. Einen Missbrauch der Daten wollte Wiefelspütz nicht ausschließen. Dagegen seien "Vorkehrungen" zu treffen.

Vertreter von Linken und Grünen stützten dagegen Leutheusser-Schnarrenberger in ihrem Kurs. "Die Union sollte endlich begreifen, dass ein demokratischer Rechtsstaat nicht alles machen darf, was technisch möglich ist", erklärte die Innenexpertin der Linksfraktion im Bundestag, Ulla Jelpke. Es helfe nichts, eine dubiose und nicht kontrollierbare Liste von Ermittlungsverfahren vorzulegen, bei denen die Vorratsdatenspeicherung ­vielleicht ­ weitergeholfen hätte. Das Telekommunikationsverhalten der ganzen Bevölkerung allumfassend zu kontrollieren, sei eines Überwachungsstaats würdig, aber nicht einer Demokratie. Jelpkes Kollege bei den Grünen, Konstantin von Notz, tat die "täglich neuen" Rufe nach dem Neustart der Vorratsdatenspeicherung als "unberechtigt" ab. Die "kampagnenartige Stimmungsmache aus den Reihen der Union" sowie der Polizei sei "unanständig".

Quelle : www.heise.de
Titel: Zurück zu Vorratsdatenspeicherung und Surfprotokollierung
Beitrag von: SiLæncer am 21 Oktober, 2010, 13:14
Trotz Freiheitsversprechungen der neuen britischen Regierung ist nun ein massiver Ausbau der Überwachung geplant. Eine einjährige Vorratsdatenspeicherung soll mit kompletter Surfprotokollierung kombiniert werden.

Die britische Regierung plant den massiven Ausbau der staatlichen Überwachung. Wie der Telegraph und die Daily Mail berichten, sollen künftig für mindestens ein Jahr alle elektronischen Kommunikationsdaten aufgezeichnet werden. Erfasst werden alle besuchten Websites und Telefon-, E-Mail-, SMS- und Chatverbindungen zwischen Menschen sowie der Zeitpunkt der Kontaktaufnahme, nicht aber die Inhalte der Kommunikation. Auf die Vorratsdaten bekommen die Geheimdienste und die Strafverfolgungsbehörden immer dann Zugriff, wenn sie wegen Verdachts des Terrorismus oder wegen Verbrechen ermitteln.

Schon ein Jahr vor und kurz nach den Terroranschlägen am 11. September 2001 in den USA war die Überwachung in Großbritannien massiv ausgebaut worden. Die Pläne wurden von der Labour-Regierung im Dezember 2009 wegen Protesten ausgesetzt, aber das Innenministerium wolle nun eine Neuauflage, schreibt die Zeitung. Alle Telekommunikations- und Internetunternehmen werden danach zur Datenspeicherung verpflichtet. In der Koalitionsvereinbarung des konservativen Premierministers David Cameron und seines Koalitionspartners, des Liberaldemokraten Nick Clegg, vom Mai 2010 war noch von einem "Ende der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung von Internet- und E-Mail-Datensätzen" die Rede gewesen und eine "Korrektur zugunsten der Freiheit" versprochen worden. Die Überwachungspläne sind Teil des Regierungsprogramms Strategic Defence and Security Review, so die Zeitung.

Die Pläne der früheren britischen Innenministerin Jacqui Smith vom Januar 2009 sahen noch die Einrichtung einer zentralen Datenbank vor, in der alle Vorratsdaten gespeichert werden sollten. Die Super-Database, deren Einrichtungskosten auf 12,5 Milliarden Euro geschätzt wurden, sollte von einem Privatunternehmen aufgebaut und betrieben werden. Laut Telegraph ist die Idee einer zentralen Datenbank kein Teil der Neuauflage der Überwachungsgesetze.

Quelle : www.golem.de
Titel: Neue Kampagne gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 22 Oktober, 2010, 12:41
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) hat die Bürger aufgerufen, eine Videobotschaft an Bundesinnenminister Thomas de Maizière gegen die von ihm geforderte verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren zu senden. Unter dem Motto "EinSatz gegen Verbindungserfassung" sollen möglichst viele Menschen dem CDU-Politiker erklären, warum Strafverfolgung nicht die Erfassung jeder Telefon-, Handy-, E-Mail und Internet-Verbindung in Deutschland rechtfertigt, erklärt der Zusammenschluss von Datenschützern und Bürgerrechtlern. Protestbotschaften können bis zum 1. November als Videoaufzeichnung, Tonaufnahme oder telefonisch an den Arbeitskreis übermittelt werden. Aus allen Einsendungen soll ein "gigantisches Protestvideo" zusammengestellt werden.

(http://www.heise.de/imgs/18/5/8/6/1/3/2/nt-20-f0598642430ed60c.gif)
Für die Gegner der
Vorratsdatenspeicherung bedeutet der
aktuelle Innenminister offenbar einen Versionssprung
gegenüber seinem Vorgänger.
Anlass für die Kampagne sind jüngste Aussagen de Maizières. Er hatte die Vorratsdatenspeicherung als "Fliegendreck" im Vergleich zu den Datensammlungen großer Internethändler bezeichnet und von einer "Schutzlücke" gesprochen, die entstanden sei, weil das Bundesverfassungsgericht die anlasslose Protokollierung von Verbindungs- und Standortdaten gekippt hatte. Freiheit sei jedoch keine Schutzlücke, meinte hingegen Patrick Breyer vom AK Vorrat. Bei ihrer Jagd auf die 0,1 Prozent aller Straftäter, um die es gehe, verlören die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung aus den Augen, "dass eine unprotokollierte Kommunikation Leben, Gesundheit und Freiheit von weit mehr Unschuldigen schützt". Der Jurist spielt damit etwa auf telefonische Beratungsstellen an, die etwa gewalttätige Familienväter oder Pädophile anonym überzeugen könnten, sich einer Therapie zu unterziehen, oder Jugendliche von Amokläufen abhielten.

Unterdessen hat Carsten Biesok, Rechtsexperte der Liberalen im sächsischen Landtag, laut Lausitzer Rundschau erklärt, dass "eine Neuauflage des Gesetzes gleich welcher Form mit uns nicht zu machen ist". Der tiefe Eingriff ins Persönlichkeitsrecht durch die Datenanhäufung sei durch deren geringen Nutzen nicht zu rechtfertigen. Zuvor hatte Sachsens Innenminister Markus Ulbig (CDU) gemeinsam mit Kollegen aus anderen neuen Bundesländern Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) gedrängt, umgehend einen "europarechts- und verfassungskonformen" Gesetzentwurf vorzulegen.

Polizeivertreter mahnen weiter nachdrücklich eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung und weitere Maßnahmen zur Regulierung des Internets an. "Frei zugängliche Möglichkeiten der Kryptierung, der Steganografie und Anonymisierung sowie die Verschleierung von IP-Adressen lassen klassische polizeiliche Ermittlungsinstrumente immer mehr ins Leere laufen", beklagte etwa Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA) in einer Rede während der Herbsttagung der Polizeibehörde Mitte der Woche in Wiesbaden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Neue Kampagne gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Jürgen am 22 Oktober, 2010, 17:01
Zitat
"Frei zugängliche Möglichkeiten der Kryptierung, der Steganografie und Anonymisierung sowie die Verschleierung von IP-Adressen lassen klassische polizeiliche Ermittlungsinstrumente immer mehr ins Leere laufen", beklagte etwa Jörg Ziercke, Präsident des Bundeskriminalamts (BKA)
Genau diese unbestrittene Tatsache belegt, dass die gehabte und von den Berufsschnüfflern und rechten Politikern wieder geforderte allgemeine und verdachtsunabhängige Vorratsdatenspeicherung für Ermittlungszwecke per se sinnlos ist.

Offenbar will man den sog. Bundestrojaner jedermann anhängen, denn sonst kann's nicht funktionieren.
Fragt sich nur, wie man uns den dann andrehen will.
Sicherlich würde sich recht leicht ein grosser Betriebssystemhersteller finden, der sowas in irgendeinem "kritischen" oder (bedingt) verpflichtenden Update verstecken könnte (oder vielleicht schon vorbereitet hat...).
Oder eine grosse Suchmaschine, die ja auch nicht gerade für Datensparsamkeit bekannt ist und zudem brauchbare chinesische Erfahrungen hat.
Oder ein grosser Browser-Plugin- bzw. Reader-Hersteller.
Oder vielleicht eignet sich auch ein moderner Perso zur Übertragung, oder eine kostenlose Steuersoftware (die u.a. auch mit PDF arbeitet)...

Mir wird übel

Jürgen
Titel: Gerangel um die Vorratsdatenspeicherung dauert an
Beitrag von: SiLæncer am 02 November, 2010, 16:45
Landespolitiker von CDU und CSU haben erneut nachdrücklich eine Neuauflage der verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren angemahnt. "Telekommunikationsdaten sind für eine effektive Strafverfolgung und Gefahrenabwehr unverzichtbar", erklärte Schleswig-Holsteins Innenminister Klaus Schlie am heutigen Dienstag auf einer Fachtagung der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Kiel. Nach dem Nein des Bundesverfassungsgerichts zu dem ursprünglichen Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung gebe es eine erhebliche Schutzlücke in der Kriminalitätsbekämpfung. Der CDU-Politiker betonte: "Das ist keine Zweckpropaganda unverbesserlicher Sicherheitsfanatiker, sondern bittere Wahrheit." Die Situation sei dramatisch.

Konkret forderte Schlie Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) auf, einen Gesetzentwurf zur Wiedereinführung einer Mindestspeicherfrist noch in diesem Jahr vorzulegen. Karlsruhe habe dazu in seinem Urteil klar den Weg gewiesen. Nach dem Richterspruch sei es erlaubt, Telekommunikationsunternehmen zu einer anlasslosen Aufbewahrung von Verbindungs- und Standortdaten zu verpflichten, "wenn bestimmte strenge Maßstäbe beachtet werden". Dabei handle es sich nicht um einen Angriff auf Bürgerrechte oder den Datenschutz. Beispielsweise im Kampf gegen die Kinderpornographie brauche die Polizei "wirksame und auf der technischen Höhe der Zeit liegende Instrumente". Wer jetzt noch mit der notwendigen Gesetzgebung warte, ignoriere "unendliches, irreparables und lebenslanges Leid traumatisierter Kinder und Jugendlicher".

Mit Anforderungen der Strafverfolger im Kampf gegen Kindesmissbrauch untermauerte parallel auch die bayerische Justizministerin Beate Merk ihr Drängen nach einer Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Andernfalls seien Fälle wie die offene Kommunikation über die Verbreitung von kinderpornographischem Material und über eine Kinderschändung in einem Chatroom im Nachhinein nicht aufzuklären. Auch der CSU-Politikerin zufolge müsste Leutheusser-Schnarrenberger die Vorgaben aus Karlsruhe "nur in ein für die Praxis taugliches Gesetz umsetzen". Zugleich machte sich Merk für eine Verschärfung des Strafrechts beim Cyber-Grooming, also der sexuell motivierten Kontaktaufnahme zu Kindern übers Internet, stark.

Ohne Vorratsdatenspeicherung seien die Täter nach einer sexuellen Kindesausbeutung später oft nicht mehr zu identifizieren, schlug auch Bernd Carstensen vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BDK) in die gleiche Kerbe. Der GdP-Bundesvorsitzende Konrad Freiberg nahm indes "Terrorabwehr-Sicherheitslücken bei der Kontrolle von Luftfracht" angesichts von Bombenfunden in Paketen aus dem Jemen zum Anlass, für eine verfassungsfeste Vorratsdatenspeicherung zu werben. Das Bundesinnenministerium und das Justizressort müssten sich hier rasch einigen, sagte der Gewerkschaftler. Die Polizei brauche "moderne Methoden, um Terroristen frühzeitig zu identifizieren". Gegenüber dem Deutschlandfunk führte Freiberg weiter aus, dass die fehlenden Möglichkeiten zur Kommunikationsüberwachung eine verwundbare Ferse für die Terrorbekämpfung darstellten. Zugleich räumte er ein, dass die anlasslose Protokollierung der Nutzerspuren im konkreten Fall vermutlich nichts gebracht hätte.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat dagegen seine Kampagne "EinSatz gegen Verbindungserfassung" bis zum kommenden Dienstag, dem dritten Jahrestag des Bundestagsbeschlusses zur Protokollierung von Telekommunikationsdaten, verlängert. "Die Vorratsdatenspeicherung schneidet dem Wunsch nach freien und selbstbestimmten Leben die Luft ab", führte Michael Ebeling von dem Zusammenschluss von Bürgerrechtlern und Datenschützern aus. "Unsere Aktion soll allen Menschen, die das erkennen und die wütend darüber sind, eine Stimme verleihen." Der Arbeitskreis verwies zugleich auf neue Zahlen aus anderen europäischen Staaten. So habe die polnische Regierung mitgeteilt, dass staatliche Stellen im vergangenen Jahr 1,06 Millionen mal auf Vorratsdaten zugegriffen hätten. Dies entspreche rund 3000 Abfragen täglich. Nach einer niederländischen Statistik erfasse die Vorratsdatenspeicherung jeden Holländer durchschnittlich 62 mal täglich, der Vergleichswert für Dänemark liege sogar bei "mindestens 225 mal".

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Schaar schlägt "Quick Freeze Plus" vor
Beitrag von: SiLæncer am 13 November, 2010, 18:14
Peter Schaar, der Bundesbeauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit, hat sich auf einer Datenschutztagung für eine Speicherung der Verbindungsdaten "von einigen wenigen Tagen" ausgesprochen, "damit die Strafverfolger überhaupt eine Chance haben". Das Verfahren, bei dem die Behörden die vollen Kosten tragen sollen, solle probehalber die derzeit nicht angewendeten Richtlinien zur Vorratsdatenspeicherung ersetzen, die eine Speicherungsdauer von 6 Monaten vorsehen.

Auf dem Triberger Symposium zum "Datenschutz im 21. Jahrhundert" referierte Schaar über ein modernes Datenschutzrecht. Die von ihm "Quick Freeze Plus" genannte Speicherdauer sei ein Vorschlag, der ausprobiert werden müsse. "Wir müssen Erfahrungen mit Alternativen geringer Eingriffstiefe sammeln", meinte Schaar. Während der alte Datenschutz basierend auf den IT-Erfahrungen der 60er- und 70er-Jahre bestrebt gewesen sei, "Mauern zwischen Großrechnern" zu ziehen, müsse ein moderner Datenschutz andere Wege gehen. "Die Datenverarbeitung vom Bürger fernzuhalten, ist obsolet." Dabei müsse man nach wie vor am Grundsatz der Erforderlichkeit wie am Grundsatz der Zweckbindung festhalten, während die klassischen Rollenkonzepte des Datenschutzes wie "datenverarbeitende Stelle", Auftragnehmer und Betroffene überdacht werden müssten. So müsse das Auskunftsrecht von Bürgern gegenüber Behörden und Firmen grundsätzlich online verfügbar sein.

Das Triberger Symposium wurde vom baden-württembergischen Justizminister Ulrich Goll (FDP) eröffnet. Goll schilderte seiner Beobachtung, wonach alle Datenschützer, die länger im Amt seien, einen "Prozess der Radikalisierung" durchlaufen würden angesichts der Erfahrung, wie lässig der Datenschutz in Deutschland mitunter gehandhabt werde. Sein "Aha-Erlebnis" habe er bei der Diskussion um den elektronischen Einkommensnachweis ELENA gehabt, bei dem Daten auf Vorrat für künftige Abfragen von Sozialbehörden gespeichert werden. "Ich habe gedacht, ich bin im falschen Film", sagte Goll.

Der in Mannheim lehrende Jurist Matthias Bäcker ging der Frage nach, wie es um das ehrwürdige Recht auf informationelle Selbstbestimmung im 21. Jahrhundert bestellt ist, das mit dem sogenannten Volkszählungsurteil 1984 in die Welt trat. "Komplexe IT, die selbst Experten nicht beherrschen, lassen die Selbstbestimmung des Einzelnen als illusorisch erscheinen", resümierte Bäcker.

Quelle : www.heise.de
Titel: Schaar verteidigt Vorstoß für "Vorratsdatenspeicherung light"
Beitrag von: SiLæncer am 13 November, 2010, 19:26
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar hat seinen Kompromissvorschlag für eine "Vorratsdatenspeicherung light" gegen scharfe Kritik auch aus dem eigenen politischen Lager verteidigt. "Der Druck der Sicherheitsseite ist enorm, die Vorratsdatenspeicherung doch ins Werk zu setzen", erklärte der Volkswirt auf dem Netzpolitischen Kongress der Grünen im Bundestag. Er sei kein Freund einer verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren. "Aber wir müssen auch diejenigen überzeugen, die eine andere Sichtweise haben und eine sehr sinnvolle Arbeit in sehr vielen Bereichen machen", erinnerte er etwa an die Belange von Strafverfolgern und Opfervereinigungen. Gefragt seien "Lösungen für die Gesellschaft als Ganzes". Man müsse so darüber nachdenken, "ob es nicht Sinn macht, probeweise für ein oder zwei Wochen diese Daten vorzuhalten".

Die Datenschützer von Bund und Ländern hätten schon vor Jahren den aus den USA stammenden "Quick Freeze"-Ansatz als Alternative zur Vorratsdatenspeicherung vorgeschlagen, erläuterte Schaar. Das Bundesverfassungsgericht habe diesem Ansatz in seinem Urteil gegen das Gesetz zur anlasslosen Protokollierung der sogenannten Verkehrsdaten eine Absage erteilt. Die Begründung war, dass angesichts der Verbreitung von Flatrates keine Nutzerspuren zum "Einfrieren" bei konkreten Verdachtsfällen mehr vorhanden seien. In den USA sei die Ausgangslage dagegen anders, weil dort die Provider "sowieso alle Daten speicherten". Es müsse daher eine echte Möglichkeit geschaffen werden, die begehrten Verbindungsinformationen für maximal 14 Tage aufzubewahren und bei Bedarf in Auszügen für längere Zeiträume einzufrieren. Dann bestünde mehr Zeit, einen Tatverdacht zu konkretisieren und in einem solchen Fall die Daten mit Richterbeschluss abrufbar zu machen.

Von der auf der Konferenz versammelten Netzgemeinde musste sich Schaar die Schelte gefallen lassen, dass seine Gedankenspiele zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt kämen und auch inhaltlich "völlig falsch" seien. In Brüssel stehe momentan die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auf dem Prüfstand und die EU-Kommission habe immense Schwierigkeiten, von Sicherheitsbehörden einen Nachweis für die Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit der Maßnahme zu erhalten, hieß es. Der netzpolitische Sprecher der Grünen, Konstantin von Notz, witterte die Gefahr eines "Dammbruchs, wenn man die Kiste aufschnürt". Malte Spitz, Mitglied des Bundesvorstandes der Oppositionspartei, betonte, dass nur die Abschaffung der Richtlinie und eine Abkehr von der "Speicherorgie" in Frage komme. "Datenschutz light" sei "kein gangbarer Weg".

Der von den Grünen als Bundesdatenschützer nominierte Schaar wollte sich dagegen nicht das Recht absprechen lassen, auch von der Meinung einzelner Bürgerrechtler abweichende Ansichten hegen zu dürfen. "Man kann nicht wegdiskutieren, dass das Internet als Tatmittel und Tatort eine zunehmende Rolle" spiele, betonte er. Wenn Strafverfolgung als legitimer Anspruch der Gesellschaft ermöglicht werden solle, müsse man fragen, "wie das funktionieren kann mit minimalen Ansprüchen". Nach seinem Kenntnisstand halte er es für ausgeschlossen, dass in der EU eine Mehrheit zum Kippen der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zu organisieren sei. Schon unter den europäischen Datenschützern gelänge dies nicht. Der Damm sei also längst gebrochen und es gehe nun darum, "Inseln aufzurichten in einem Gebiet, in dem wir schon sind". Die Front der Befürworter einer anlasslosen Aufbewahrung der Nutzerspuren lasse sich nur aufbrechen, wenn man "neue Argumente" vorbringe.

Zugleich bezeichnete Schaar die Aktion "Verschollene Häuser" als "hochproblematisch", die es sich zum Ziel gesetzt habe, Widersprüche von Mietern oder Hausbesitzern gegen eine Darstellung ihrer Straßenfassaden in Google Street View zu ignorieren und Fotos ihrer Anwesen ins Netz zu stellen. Dies sei ein "Ausdruck totalitärer Gesinnung", monierte der Datenschützer. Es sei zu akzeptieren, dass die Öffentlichkeit unterschiedliche Dimensionen habe. Das Interesse von Menschen, nicht nur Gegenstand von Datenverarbeitung zu sein oder ausgeforscht zu werden, müsse gewahrt bleiben.

Quelle : www.heise.de
Titel: AK Vorrat schreibt offenen Brief an BfDI Peter Schaar
Beitrag von: SiLæncer am 16 November, 2010, 19:10
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat sich in einem offenen Brief an den Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar gewandt. Darin kritisierte er den kürzlichen Vorschlag Schaars für eine eingeschränkte Vorratsdatenspeicherung und forderte ihn auf, sich weiterhin gegen eine verdachtsunabhängige Speicherung einzusetzen.
Die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung reißt nicht ab. 2006 trat die EU-Richtlinie in Kraft, 2007 verabschiedete der Bundestag das entsprechende Gesetz. Anfang 2008 schränkte das Bundesverfassungsgericht die Nutzung aufgrund von Verfassungsbescherden stark ein. Und im Jahr 2010 kippte es die Vorratsdatenspeicherung in ihrer bisherigen Form. Seitdem wird in Deutschland über das Für und Wider einer verdachtsunabhängigen Speicherung von Verbindungsdaten auf Vorrat gestritten. Die neueste Schlagzeile machte dabei der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar. Er schlug zuletzt eine ein- bis zweiwöchige Vorratsdatenspeicherung vor, da diese weniger in die Grundrechte eingreifen würde. Gegner wiesen den Vorschlag vehement zurück, Befürworter der Speicherung forderten prompt längere Speicherungsfristen. Nun wandte sich der AK Vorrat in einem offenen Brief an den Bundesdatenschutzbeauftragten.

Der Arbeitskreis weist darin auf die großen Gefahren des Konzepts der Vorratsdatenspeicherung an sich hin. Es gäbe unabhängig von der Dauer einen erheblichen Eingriff. Jegliche Form einer ausnahmslosen Speicherung der Verbindungsdaten setze "vertrauliche Tätigkeiten und Kontakte etwa zu Journalisten, Beratungsstellen oder Geschäftspartnern dem ständigen Risiko eines Bekanntwerdens durch Datenpannen und -missbrauch aus." Außerdem seien die Bürger so dauerhaft der Gefahr ausgesetzt, "unschuldig einer Straftat verdächtigt, einer Wohnungsdurchsuchung oder Vernehmung unterzogen oder abgemahnt zu werden, denn Verbindungsdaten lassen nur auf den Inhaber eines Anschlusses rückschließen und nicht auf dessen Benutzer." Dadurch würden Menschen in sensiblen Situationen, wie etwa "anonyme Information von Journalisten", "anonyme Meinungsäußerung im Internet", "vertrauliche Koordinierung politischer Proteste" oder "psychologische, medizinische und juristische Beratung und Selbsthilfegruppen von Menschen in besonderen Situationen wie Notlagen und Krankheiten", von der Nutzung moderner Kommunikationsmittel abgeschreckt. Außerdem würde es Menschen mit Gefahrenpotential davon abhalten, auf diesen Wegen Hilfe zu suchen, wodurch Menschenleben gefährdet würden.

Zudem widerlegt der AK Vorrat das Argument, die Vorratsdatenspeicherung würde die Strafverfolgung erleichtern. So wurden ohne die Vorratsdaten 70 Prozent der Internetdelikte aufgeklärt, im Vergleich zu 55 Prozent bei anderen Verbrechen. Daneben würden überhaupt nur 3 Prozent aller Straftaten in Internet begangen, und es wurde in nur 0,01 Prozent aller Strafverfahren auf die gespeicherten Daten zugegriffen. Bei den Ermittlungsverfahren mit erfolgreicher Verbindungsdatenabfrage kam es laut einer vom Bundesjustizministerium in Auftrag gegebenen Studie des Max-Planck-Instituts in 72 Prozent der Fälle nicht zu einer Verurteilung.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung rief dementsprechend den Bundesdatenschutzbeauftragten dazu auf, "jeder verdachtsunabhängigen Speicherung von Kommunikations- und Verbindungsdaten, die der grundgesetzlich geschützten Sphäre privater Lebensführung zuzurechnen sind, unabhängig von der Dauer der Speicherung entschieden entgegen zu treten."

Der vollständige offene Brief findet sich hier (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/index.php?option=com_content&task=view&id=407&Itemid=55).

Quelle: www.gulli.com
Titel: Kniehoch im Wasser: Peter Schaar zunehmend in Seenot
Beitrag von: SiLæncer am 17 November, 2010, 08:23
Berlin. Steife Brise für den obersten Datenschützer der Republik, Peter Schaar. Während letztes Wochenende manche Referenten wie etwa Professor Reto Hilty aufgrund ihrer fundierten Aussagen Aufsehen erregten, erlebten andere im Angesicht der Spree ihren ganz persönlichen R(h)einfall.

Dazu gehört unter anderem der Bundesdatenschutzbeauftragte (BfDI) Peter Schaar, der mit einem derartigen Gegenwind aus den eigenen und fremden Reihen nicht rechnen wollte oder konnte. Er als Ex-Mitglied des Landesvorstandes der Hamburger GAL und als populärer grüner Politiker dachte offenbar, dass ihm im Paul-Löbe-Haus des Deutschen Bundestages nichts Derartiges passieren könnte. Und eigentlich standen für ihn die Vorzeichen recht gut, denn die Veranstaltung fand nur einen Steinwurf vom Zentrum der Macht entfernt statt. Neben der grünen Prominenz waren dort auch weniger bekannte Grüne und zahlreiche politikinteressierte Bürgerinnen und Bürger vertreten.

Trotzdem fiel der Auftritt des Bundesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit (BfDI), Peter Schaar, recht stürmisch aus. Nur einen Tag vor seiner Keynote hatte er sich öffentlich für die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) in abgeschwächter Form ausgesprochen. Aber eines muss man ihm lassen: zumindest das Timing war bühnenreif. Ausgerechnet kurz vor Ende der Prüfung der europäischen Richtlinie in Brüssel trat Schaar mit seinem Vorstoß in Richtung „VDS light“ ins Rampenlicht. Auch Ralf Bendrath, wissenschaftlicher Mitarbeiter des Europaabgeordneten Jan Philipp Albrecht (Die Grünen), konnte dem gewählten Zeitpunkt nur wenig abgewinnen.

Nicht nur auf der Bühne war für den leitenden Datenschützer Land unter. Wie man hört, findet auch hinter den Kulissen ein argumentativer Schlagabtausch zwischen den verschiedenen Fronten statt. Die Meinungsverschiedenheiten machen sich demnach nicht nur innerhalb der Partei, sondern auch bei den anderen Datenschutzbeauftragten bemerkbar. Ihm, Schaar, eine Einschränkung de Datenschutz vorzuwerfen, empfindet er als absurd. Neben Dr. Thilo Weichert sollen auf Landesebene noch weitere Datenschutzbeauftragte wenig begeistert über Schaars VDS-Vorstoß gewesen sein. Der politische Gegenwind blies ihm aber nicht nur aus dem Büro des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein ins Gesicht, sondern er kam aus verschiedenen Himmelsrichtungen, wie wir aus gut informierten Quellen erfuhren. Selbst Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) hat kürzlich der taz mitgeteilt, sie sei seinem Vorschlag gegenüber negativ eingestellt.

Nach Berlin eingeladen hatten die jungen Grünen um Malte Spitz und Konstantin von Notz. Vor allem Konstantin war die Erschöpfung am Ende deutlich anzusehen, da er sich als Moderator, Panelteilnehmer und Workshop-Sprecher fortwährend an vorderster Front betätigt hatte. Die Grünen wollten den Besuchern und vor allem den restlichen Parteien zeigen, wie netzaffin sie sind. Dem Parteinachwuchs hingegen ging es darum, der eigenen Führungsriege zu beweisen, wie sehr sie sich ins Zeug legen können, was auch gelang. Das unermüdliche Engagement hat am Ende zweifellos seine Früchte getragen.

Das Bundeskriminalamt als auch eher konservativ eingestellte Parlamentarier hatten sich im Verlauf der letzten Monate häufiger darüber beschwert, dass sie aufgrund der fehlenden Telekommunikationsdaten nicht oder nur sehr erschwert an die Identität möglicher Krimineller kommen könnten. Auf der Website des BFDI bewarb der oberste deutsche Datenschützer das US-amerikanische Quick Freeze-Verfahren. Ihm erscheine es plausibel, dass Online-Straftaten nur schwerlich aufgeklärt werden können, „wenn die Zuordnung von dynamischen IP-Adressen zu Verursachern nicht möglich“ sei. Herr Schaar im O-Ton: „Mir leuchtet insbesondere nicht ein, wieso ein vergleichbares Verfahren, das sich bei der Verfolgung von Urheberrechtsverstößen bewährt hat, bei der Strafverfolgung nicht funktionieren soll. Insbesondere erscheint es mir als wenig plausibel, dass Strafverfolgungsbehörden so viel länger brauchen als die Film- und Musikbranche, entsprechende Daten auszuwerten.“

Das ist für ihn ausreichend als Begründung, um die Erprobung dieser Vorgehensweise in der Praxis anzuregen. Seine Argumentation beinhaltet aber mehrere Haken und Ösen. Das angepriesene Wundermittel aus den USA (Quick Freeze) ist eben keine Vorratsdatenspeicherung in Masse, sondern lediglich die Verpflichtung der Internet-Provider, dass sie auf Zuruf der Behörden die Daten von Verdächtigen aufbewahren müssen. Schaar warnt: „Wer derartige Alternativen generell ausschließt und stattdessen auf Maximalforderungen beharrt, ist letztlich mitverantwortlich dafür, dass Straftaten nicht aufgeklärt werden.“ Und dann erinnert der BfDI an „überzogene Forderungen nach mehr Überwachung“ und fordert im gleichem Atemzug die Einführung einer (zunächst zeitlich begrenzten) VDS, um genau dieser Forderung nach mehr Überwachung nachzukommen. Eine interessante Argumentation ist dies allemal.

Warum Strafverfolgungsbehörden länger brauchen, als Rechteinhaber, liegt auf der Hand. Während beim illegalen Datenaustausch augenblicklich die IP-Adresse des Urheberrechtsverletzers bekannt ist, so dauert es bei Straftaten der organisierten Kriminalität mehrere Wochen, bis von den Opfern die entsprechenden Straftaten zur Anzeige kommen. Wenn also jemand erst nach vielen Tagen bemerkt, dass seine Kreditkarte oder sein Girokonto von Cyberkriminellen leergeräumt wurde, so ist es wenig verwunderlich, warum die Ermittlungen erst so viel später beginnen können, als beim illegalen Tausch von Musikstücken oder anderen urheberrechtlich geschützten Werken. Denn da klinken sich die IP-Ermittler der Plattenlabels, Filmindustrie und Pornofirmen unmittelbar in den Transfer der Werke ein, um die Schwarzkopierer dingfest zu machen.

In seiner Keynote verglich er aber noch mehr Äpfel mit Birnen. So verglich er soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter mit der VDS, weil im ersten Fall private Unternehmen massenhaft und ohne jede Kontrolle Daten sammeln und auswerten könnten. Doch auch hier kommen seine Argumente nicht zum Tragen. Denn während sich jeder Anwender bei sozialen Netzwerken auch mit einem Pseudoym anmelden und somit seine Identität verschleiern kann, so möchte er diese Möglichkeit allen deutschen Anschlussinhabern nehmen. Statt uns die Wahlfreiheit zwischen der Angabe des Namens und der Anonymität zu lassen, sollen gleich alle Internetadressen der Surfer protokolliert werden. Manchen mag dies wie die Behandlung von potentiellen Kriminellen vorkommen, selbst wenn die Daten nur für 14 Tage gespeichert bleiben. Nur das dieses Vorgehen eben auf alle Bundesbürger mit einem internetfähigen Gerät zutreffen würde und nicht nur auf Cyberkriminelle oder sonstige Tatverdächtige.

Man sieht, manches Rezept ist schlichtweg zum Scheitern verurteilt. Äpfel schmecken eben wie Äpfel. Und Birnen schmecken einfach anders. Manche Dinge sollte man halt besser nicht zusammen in einen Topf tun. Auch Herr Schaars Ratschlag, seine politischen Mitstreiter sollen doch mehr tun, als sich wiederholt zu ihren Grundsätzen zu bekennen, erscheint mitunter hilflos. Gerade an einer festen und möglichst unveränderbaren Haltung erkennt man jemanden mit Rückgrat. Ein Wesensmerkmal, welches viele Bürgerinnen und Bürger gerade in der heutigen Zeit bei den Politprofis schmerzlichst vermissen. Und sicher auch ein Grund, weswegen die Wahlbeteiligung immer weiter schrumpft.

Auf seinen faux pas angesprochen poltert der frühere GAL-Chef zurück. Er schreibt, ein Teil der netzpolitischen Szene würde sich darin gefallen, seinen „angeblichen Abfall von der korrekten Linie anzuprangern.“ Schaar weiter: „Auch ein Zeit-Artikel spekuliert darüber, warum ich den Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung aufgegeben hätte – und zwar ohne Not. Ich fände es besser, wenn über über die Argumente diskutiert würde, die etwa in einem Artikel von Stefan Krempl in Heise Online wiedergegeben sind. Politik – jedenfalls erfolgreiche – hat zum Kennzeichen, dass sie um Lösungen ringt. Gerade deshalb fand ich es doch schade, dass während meiner Rede auf dem Netzpolitischen Kongress von Bündnis 90/Die Grünen am 14. 11. 2010 in Berlin manchen Aktivisten nichts besseres einfiel, als mir „Verrat“ an Prinzipien vorzuwerfen.“ Und kurz vor Ende seiner Ausführungen: „Eine Bewegung, die nicht in der Lage oder bereit ist, auf Gegenargumente einzugehen, läuft Gefahr, sich sektenähnlich zu verhärten und ist auf dem besten Wege, sich ins politische Abseits zu bewegen.“

Mit dem „Verrat“ war der vielfache Vorwurf aus dem Publikum, auch von meiner Wenigkeit, gemeint, dass sich der oberste Datenschützer der Republik leider nicht um Datensparsamkeit bemüht, sondern vielmehr um eine enorme Anhäufung von Daten. Das erscheint schon aufgrund der Bezeichnung der von ihm bekleideten Position wenig stimmig. Der AK-Vorrat hat heute mit einem offenen Brief reagiert.Dort wird auch erwähnt, dass das Bundesverfassungsgericht den Quick Freeze als Alternative keineswegs verworfen hätte. Auch und vor allem deswegen, weil eine gezielte Aufbewahrung im Einzelfall (bei Indizien für ein Delikt) anders zu bewerten sei, als eine globale und pauschale Aufbewahrung der Daten. Im offenen Brief steht: „Schon viele Ihrer Kolleginnen und Kollegen in der Datenschutzkonferenz hat der Vorschlag nicht überzeugt.“ Und die Skeptiker unter den Beobachtern haben „bloß mit der Forderung nach weitaus längeren Speicherfristen geantwortet.“ „Sehr geehrter Herr Schaar, wir schätzen Ihre Arbeit als Bundesbeauftragter für den Datenschutz und haben großen Respekt davor. (…) Bitte fallen Sie uns bei unserem europaweiten Werben für gezielte Strafverfolgung nicht zur Unzeit in den Rücken.“ Der AK Vorrat würde es sehr begrüßen, wenn man ein gemeinsames Gespräch und Strategietreffen veranstalten könnte. „Seien Sie sich unserer Unterstützung versichert, wenn es um die Entwicklung von und Werbung für Alternativen zu einer globalen und pauschalen Erfassung unserer Kommunikation geht.“ Viel deutlicher kann eine Einladung für ein konstruktives Gespräch nicht ausfallen.

Und was passierte sonst noch auf dem Netzpolitischen Kongress der Grünen?

An weniger positiven Ereignissen sei schließlich noch die Moderation von Jan Engelmann, von der Grünen-nahen Heinrich-Böll-Stiftung, genannt. Herr Engelmann ließ sich kaum eine Gelegenheit entgehen, die Vorzüge seiner Politfreunde zu erwähnen. Malte Spitz sei der rasende ICE-Politiker unter den Nachwuchsaktivisten. Und der „Shootingstar“ unter den Grünen, der Hamburger Justizsenataor Dr. Till Steffen, behauptete dann auch im Verlauf der von Herrn Engelmann moderierten Diskussion, dass diverse Punkte des internationalen Handelsabkommens ACTA nicht realisiert werden würden. Komisch. Entweder Herr Steffen verfügt über geheimes Wissen, das er mit dieser Aussage preisgab. Oder aber seine Aussage liegt völlig daneben, wovon eher auszugehen ist. Erst gestern Abend teilte die EU-Kommission in Brüssel mit, dass die Details zu den Inhalten der Verträge noch immer nicht öffentlich seien.

Moderator Engelmann zauberte dann exakt die hochgradig intellektuellen Luftschlösser in den Berliner Himmel, deren Erzeugung Professor Dr. Reto Hilty in seiner mitreißenden Rede bewusst unterlassen hatte. Nebenbei wären noch lobend die Diskussionsbeiträge von Frau Dr. Jeanette Hofmann zu erwähnen. Beide Wissenschaftler verstanden es, komplizierte Sachverhalte auf einfachste Worte herunter zu brechen, ohne dass daraus unvollständige oder gar falsche Aussagen entstanden sind. Eine Fertigkeit, der man bedauerlicherweise in der Öffentlichkeit immer seltener begegnet.

Bleibt zu hoffen, dass nächstes Jahr auf dem #nk11 wieder derartige Fachleute anwesend sein werden. Bis dahin wird noch ein wenig Wasser die Spree hinabfließen müssen. In der Zwischenzeit wird es auch in Brüssel zu einer Entscheidung bezüglich der Vorratsdatenspeicherung gekommen sein. Langeweile wird für Schaar als auch für die Netzkultur keine aufkommen, das steht schon mal fest.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Terrorwarnung lässt Debatte über Vorratsdatenspeicherung aufflammen
Beitrag von: SiLæncer am 18 November, 2010, 16:07
Mehrere Innenpolitiker aus Bund und Ländern sowie Polizeivertreter halten nach der Heraufsetzung der Terrorwarnstufe durch Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) für unerlässlich, die verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren rasch wieder einzuführen. "Wer sich jetzt noch gegen die Vorratsdatenspeicherung wehrt, hat die Bedrohungslage nicht verstanden", sagte der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, der Financial Times Deutschland. "Wenn ein Terrorist erst einmal mit einer Bombe auf dem Bahnhof steht, ist es zu spät", meinte der CSU-Politiker. Daher sei es unbedingt erforderlich, Kommunikationsstränge von "Gefährdern" zu kontrollieren. Auch müssten Polizei und Geheimdienste enger zusammenarbeiten. In die von der Großen Koalition beschlossene Anti-Terror-Datei fließen bereits seit Jahren Erkenntnisse aus allen Bereichen der Sicherheitsbehörden ein.

Auch SPD-Innenminister halten eine Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung angesichts der Neubewertung der Sicherheitslage für geboten. Die derzeitige Situation sei "brisanter als 2009", erklärte Berlins Innensenator Ehrhart Körting im Deutschlandfunk. In bestimmtem Umfang sei die Vorratsdatenspeicherung sinnvoll, um besonders schwere Delikte verhindern zu können. Körtings Kollege in Nordrhein-Westfalen, Ralf Jäger, meinte laut Rheinischer Post: "Datenschutz ist selbstverständlich. Allerdings dürfen wir im Sinne der Opfer nicht so weit gehen, dass Straftaten nicht mehr ordentlich ermittelt und Straftäter nicht zur Rechenschaft gezogen werden können."

Innenminister vor allem der CDU/CSU hatten sich bereits vor Wochen für die Vorratsdatenspeicherung eingesetzt. Der Chef der Deutschen Polizeigewerkschaft (DPolG), Rainer Wendt, meinte nun, nur mit Hilfe der Vorratsdatenspeicherung könnten Terrornetzwerke effektiv ausgespäht werden.

Die Leiter der Innenressorts von Bund und Ländern beraten am heutigen Donnerstag in Hamburg auf ihrem Herbsttreffen über die Hinweise auf Anschläge und eine neue Anti-Terror-Strategie. Dort warnte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) davor, die Terrorwarnung als Anlass für neue Sicherheitsgesetze zu nehmen. "Ich möchte für mich jeden Eindruck vermeiden, dass die Situation (...) in irgendeiner Weise instrumentalisiert wird für rechtspolitische Vorhaben". Es sei "jetzt nicht die Stunde, auf dem Rücken dieses Themas rechtspolitische Auseinandersetzungen zu verschärfen oder abzumildern". Jetzt gehe es um die Sicherheit der Bürger.

Auch andere Stimmen aus der Spitze der schwarz-gelben Koalition plädieren für Zurückhaltung. "Keinen Grund für gesetzgeberischen Aktionismus" sieht Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach (CDU). Gefragt sei das richtige Maß an Aufmerksamkeit und Gelassenheit, sagte er der Neue Osnabrücker Zeitung. FDP-Fraktionsvize Gisela Piltz ergänzte, dass die Behörden über "eine Vielzahl wirksamer Möglichkeiten" verfügten, "um die Sicherheit der Menschen in Deutschland zu gewährleisten".

De Maizière hatte gestern mitgeteilt, es gebe "konkrete Ermittlungsansätze", die auf einen Anschlag hinwiesen. Ausdrücklich nannte er dabei die Terrororganisation al-Qaida. Er sprach von Hinweisen eines ausländischen Partners, nach denen ein Anschlag möglich sei. Es lägen aber auch eigene Erkenntnisse über solche Bestrebungen islamistischer Gruppen vor. Die Bundesbürger müssten sich bis auf Weiteres auf eine sichtbare Polizeipräsenz einstellen. Darüber hinaus werde es eine "Vielzahl an Maßnahmen" geben, die nicht zu sehen seien: "Wir zeigen Stärke, lassen uns aber nicht einschüchtern", gab der Minister als Parole aus. Es gebe "Grund zur Sorge", aber keinen zu Hysterie.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Terrorwarnung lässt Debatte über Vorratsdatenspeicherung aufflammen
Beitrag von: stuart am 18 November, 2010, 18:25
Tja, für was solche Warnungen alles nütze sind...
Wenn man in diesem Winter mal wieder Tabletten verkaufen will, könnte man doch mal vor der gefährlichen Mäusegrippe warnen... Mäuse gibts überall...  ;)
Titel: Re: Terrorwarnung lässt Debatte über Vorratsdatenspeicherung aufflammen
Beitrag von: SiLæncer am 18 November, 2010, 18:44
Traurig ...aber wahr ...

Erinnert mich auch spontan an die Netzsperrendebatte ....wo einer der Anwälte mal sagte "Pornografie ist toll" ...so als Vorwand dafür damit das Internet immer mehr kontrolliert und zensiert werden kann ...
Titel: Neue Rufe nach Vorratsdatenspeicherung und schärferer Netzüberwachung
Beitrag von: SiLæncer am 20 Dezember, 2010, 18:44
Der Streit um die Vorratsdatenspeicherung macht auch kurz vor Weihnachten keine Pause. So haben sich übers Wochenende der Deutsche Richterbund (DRB) und die Gewerkschaft der Polizei (GDP) für eine rasche Neuregelung stark gemacht. Generalbundesanwältin Monika Harms forderte darüber hinaus Befugnisse für Ermittler für heimliche Online-Durchsuchungen und die Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) auch zur Strafverfolgung. Bisher ist dem Bundeskriminalamt (BKA) der verdeckte Zugriff auf IT-Systeme nur zur Terrorabwehr erlaubt. Die technisch ähnlich gelagerte Quellen-TKÜ zum Abhören von Internet-Telefonaten vor der Ver- beziehungsweise nach der Entschlüsselung erfolgt größtenteils in einer rechtlichen Grauzone.

Der DRB-Vorsitzende Christoph Frank erklärte gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung, dass auf nahezu allen Feldern mittlerer bis schwerer Kriminalität Telefon- und Internetverbindungsdaten häufig der einzige Ansatz für Ermittlungen seien. Mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts liegt eine "Blaupause" für eine Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung auf dem Tisch. Der Gesetzgeber müsse diese jetzt endlich umsetzen. Der von der FDP vorgeschlagene Ansatz der Speicherung bei Bedarf sei keine taugliche Alternative. Diese "Quick Freeze"-Regelung liefe ins Leere, weil Verkehrsdaten in der Regel nur noch wenige Tage gespeichert würden.

Der neue GDP-Vorsitzende Bernhard Witthaut betonte gegenüber der Agentur dapd, dass die Vorratsdatenspeicherung "sehr viele Ermittlungsmöglichkeiten, um Straftaten aufzuklären und zu verhindern" biete. Deswegen müssten sich die Liberalen und Bundesjustizministern Sabine Leutheusser-Schnarrenberger bewegen, damit die Polizei die notwendigen Instrumente zur Verfügung gestellt bekomme. Harms hob in Karlsruhe hervor, dass die Strafverfolger islamistischen Terroristen "auf Augenhöhe" begegnen können müssten. Dafür bräuchten sie technische Mittel wie den Bundestrojaner und die anlasslose Aufzeichnung von Nutzerspuren. Es sei "bemerkenswert", dass Online-Durchsuchungen derzeit lediglich zur Gefahrenabwehr erlaubt seien. Sie hoffe auf neue Einsichten zu diesem Thema.

Leutheusser-Schnarrenberger hält derweil am Einfrieren von Verbindungs- und Standortinformationen in konkreten Verdachtsfällen fest und kündigte gegenüber Spiegel Online an, dass derzeit die von der FDP-Bundestagsfraktion verabschiedeten Eckpunkte "verfeinert" würden. Der Polizei solle es auch ohne pauschale Überwachung aller Telekommunikationsbewegungen möglich sein, "in engeren grundrechtsschonenden Grenzen Erkenntnisse aus bestimmten Daten" zu gewinnen. Es komme jetzt darauf an, dass ihre Partei beim Umgang mit der Kommunikation von Bürgern trotz des "Geplänkels in der Öffentlichkeit" an Prinzipien orientiert agiere, sagte die FDP-Politikerin laut Handelsblatt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Kompromisse möglich
Beitrag von: SiLæncer am 22 Dezember, 2010, 13:15
Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) will die Vorratsdatenspeicherung schnell wieder einführen. Dafür ist er auch zu Kompromissen bereit.

"Mir ist sehr daran gelegen, dass wir beim Thema Vorratsdatenspeicherung fast zehn Monate nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts endlich zu einer Lösung kommen", sagte der Minister gegenüber der 'Neuen Osnabrücker Zeitung'.

Den Kritikern will er dabei zumindest ein wenig entgegenkommen. So ist es seiner Ansicht nach möglich, sowohl den Zeitraum für die Speicherung von Verbindungsdaten als auch den Umfang des Zugriffes für die Strafverfolgungsbehörden einzuschränken.

So sei es beispielsweise denkbar, dass Ermittler nur bei schweren Straftaten Zugriff auf sämtliche Informationen erhalten. Auch die Speicherung von Standortdaten bei Mobiltelefonen könnte wegfallen. In den meisten Fällen gehe es ohnehin darum, IP-Adressen einem Anschlussinhaber zuordnen zu können.

Die alternative Quick-Freeze-Regelung, nach der Verbindungsdaten für bestimmte Anschlüsse auf Beschluss erhalten bleiben, hält de Maizière hingegen für unzureichend, da die Telekommunikationsunternehmen Informationen inzwischen nur noch wenige Tage vorhalten.

Ein Gesetz mit den entsprechenden Kompromissvorschlägen müsste allerdings mit der EU abgestimmt werden. Deren Richtlinie sieht aktuell noch eine Vorratsdatenspeicherung im vollen Umfang vor.

Quelle : http://winfuture.de
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung: Kompromisse möglich
Beitrag von: berti am 22 Dezember, 2010, 18:29
Zitat
So sei es beispielsweise denkbar, dass Ermittler nur bei schweren Straftaten Zugriff auf sämtliche Informationen erhalten. Auch die Speicherung von Standortdaten bei Mobiltelefonen könnte wegfallen. In den meisten Fällen gehe es ohnehin darum, IP-Adressen einem Anschlussinhaber zuordnen zu können.

ein schelm, der jetzt böses denkt.
natürlich kann man anhand der IP adresse gleich schwere straftaten erkennen.
wie soll das denn gehen: aha, dieser Ali ist schon wieder mit der IP 192.168.1.1 unterwegs, das ist sicher ein Terrorist .  
und dieser Berti: der hat ne verbinding zu 159.148.14X.XXX, das ist sicherlich wieder so ein subversiver revolutzer.

Könnte es nicht eher sein, das man da eher einen bestimmten Geschäftsmodell der Content-industrie unter die arme greifen will ?
Titel: Keine Einigung bei Vorratsdatenspeicherung in Sicht
Beitrag von: SiLæncer am 24 Dezember, 2010, 13:36
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat den Kompromissvorschlag von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Vorratsdatenspeicherung vorerst zurückgewiesen. Es liege kein Konzept des Ressortkollegen im eigenen Hause vor, erklärte ein Sprecher der FDP-Politikerin gegenüber heise online. Falls es ein solches gäbe, könne man es genauer prüfen. Die Ministerin sei aber nach wie vor gegen eine anlasslose und verdachtsunabhängige Protokollierung von Nutzerspuren. Sie bevorzuge als Alternative die unter anderem von der Telekommunikationswirtschaft ins Spiel gebrachte "Quick Freeze"-Regelung, bei der Verbindungs- und Standortdaten in konkreten Verdachtsfällen auf Zuruf der Strafverfolger "eingefroren" werden sollen.

Ähnlich äußerte sich Hartfrid Wolff, Vorsitzender der Arbeitsgruppe Innen und Recht der FDP-Bundestagsfraktion. Er sei zwar für konstruktive Lösungen zu haben, sagte der Liberale. Wichtig sei es aber, von der allgemeinen Speicherung aller Daten wegzukommen. Von der von seiner Partei hochgehaltenen "Quick Freeze"-Methode wolle er sich daher noch nicht verabschieden. Der parlamentarische Staatssekretär im Justizministerium, Max Stadler, betonte, dass die Telekommunikationsbewegungen der Bürger nicht ohne konkrete Verdachtsmomente gespeichert werden dürften. Lasse Becker, Bundesvorsitzender der Jungen Liberalen (JuLis) forderte eine "eindeutige Ablehnung der Vorratsdatenspeicherung" durch die FDP.

Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar sagte heise online, er fände es prinzipiell gut, wenn Bewegung in die Debatte käme. Es wäre aber zuwenig, wenn der Innenminister nur eine abgestufte Aufbewahrung von Standortdaten und Zugriffsbeschränkungen anböte. Schaar hat sich ebenfalls für ein Einfrieren von Verbindungsinformationen ausgesprochen. Dabei plädiert er für eine Plus-Variante, die mit der anlasslosen Speicherung der Telekommunikationsdaten für ein oder zwei Wochen verknüpft ist, um den Sorgen der Strafverfolger aufgrund mangelnder Datenbestände entgegenzuwirken.

Derweil griff Niedersachsens Innenminister Uwe Schünemann die Bundesjustizministerin scharf an. Er warf der FDP-Politikerin "Verantwortungslosigkeit" im Kampf gegen Kindesmissbrauch und islamistische Terroristen wegen "Untätigkeit" im Streit um die Vorratsdatenspeicherung vor. "Auch wer nicht handelt, macht sich schuldig", erklärte der CDU-Politiker gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung. Längst erkannte Sicherheitslücken müssten geschlossen werden. Daraufhin hielt Petra Pau, Mitglied im Vorstand der Bundestagsfraktion der Linken, Schünemann vor, ein "Verfassungsrisiko" darzustellen. Was er wolle, sei "wider die Demokratie und den Rechtsstaat". Grünen-Parteichefin Claudia Roth bezeichnete Schünemanns "Keulereien" als "politische Entgleisung gegenüber dem eigenen Koalitionspartner".

Der Vizepräsident des Bundesverfassungsgerichts, Ferdinand Kirchhof, sagte dem "Hamburger Abendblatt", ein "anlassloses pauschales Speichern von Daten" sei verfassungswidrig. Eine Protokollierung von Nutzerspuren für sechs Monate könne "unter strengen Voraussetzungen" aber durchaus im Einklang mit dem Grundgesetz stehen, "etwa wenn es um die Aufklärung besonders schwerer Straftaten oder um die Gefahrenabwehr geht". Prinzipiell möglich sei auch das Einfrieren von Verbindungsdaten aus konkretem Anlass.

Klar gegen die Neueinführung der vom Bundesverfassungsgericht zunächst gekippten Vorratsdatenspeicherung mit nur geringfügigen Änderungen wandte sich der Deutsche Journalisten-Verband (DJV). Die Überwachungsmaßnahme sei mit der Notwendigkeit eines umfassenden Informantenschutzes nicht vereinbar, erklärte der DJV-Vorsitzende Michael Konken. De Maizières Kompromissansatz, die Speicherdauer je nach elektronischem Medium zu staffeln, mache die Maßnahme für die Presse und ihre Informanten nicht besser. Wenn der Zugriff auf die Verbindungsdaten für die Strafverfolgung wirklich unverzichtbar sei, könnten diese auch kurzfristig sicher gestellt werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Offener Brief: Richter sehen keinen EU-Zwang zu Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 06 Januar, 2011, 15:25
Befürworter der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland berufen sich gerne darauf, dass eine EU-Richtlinie diese vorschreibe. Eine Richterorganisation widerspricht.

Christine Nordmann, Sprecherin der Neuen Richtervereinigung, sieht keinen Zwang durch die EU-Richtlinie, die Vorratsdatenspeicherung in Deutschland wieder einzuführen. Nordmann sagte Golem.de: "Der vermeintlichen Pflicht zur Umsetzung der EU-Richtlinie kann man gelassener begegnen. Das ist im EU-Vertrag geregelt, im Artikel 114, Absatz 4. Darin steht, dass die Mitgliedstaaten nicht alle Harmonisierungen zwingend umsetzen müssen, wenn dies dem nationalen Recht entgegensteht und die nationalen Regelungen dem Grundrechtsschutz dienen."

Am 2. März 2010 wurde die Ausgestaltung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland für verfassungswidrig und nichtig erklärt. Eine EU-Richtlinie aus dem Jahr 2006 schreibt jedoch europaweit die Vorratsdatenspeicherung vor und soll in Deutschland wieder für die Wiedereinführung der verdachtslosen Datensammlung sorgen, um die Kommunikationsdaten von 82 Millionen Menschen dauerhaft zu speichern. Jüngst forderten CSU-Landesgruppenchef Hans-Peter Friedrich und Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) eine schnelle Wiedereinführung. Deutscher Richterbund, Bundeskriminalamt und die Generalstaatsanwaltschaften argumentierten in die gleiche Richtung, so die Neue Richtervereinigung. Die in der Neuen Richtervereinigung zusammengeschlossenen Richter und Staatsanwälte lehnen diese Forderungen jedoch ebenso ab wie der Deutsche Anwaltsverein und der Deutsche Journalistenverband.

In einem offenen Brief (http://www.nrv-net.de/main.php?id=151&vo_id=520) appelliert die Neue Richtervereinigung erneut an die deutschen Justiz- und Innenminister, sich von den Forderungen zu distanzieren und sich stattdessen auf europäischer Ebene klar für eine Abschaffung der EU-Mindestvorgaben zur Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Die Aufklärungsquote in der Strafverfolgung habe sich zu der Zeit, als die Vorratsdatenspeicherung angewendet wurde, nicht nennenswert erhöht. Speziell im Bereich der Internetkriminalität sei sie im Jahre 2009 sogar rückläufig gewesen. "Mithin könnte eine Vorratsdatenspeicherung die Strafverfolgung sogar erschweren und zusätzliche Gefahren schaffen", erklärte Nordmann weiter.

In jedem Fall solle der Gesetzgeber abwarten, ob die EU-Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung überhaupt Bestand hätten, forderte die Richterin. Die Richtlinie 2006/24/EG wird auf europäischer Ebene weiterhin diskutiert und der irische High Court wird sie dem Europäischen Gerichtshof zur Überprüfung vorlegen. Sieben weitere europäische Staaten setzen die EU-Richtlinie derzeit nicht um.

Quelle : www.golem.de
Titel: Neues "Quick-Freeze" Gesetz geplant
Beitrag von: SiLæncer am 16 Januar, 2011, 16:12
Die Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger beschreibt in einem Eckpunktepapier einen Gesetzesentwurf, mit dem sie die Diskussionen über die Vorratsdatenspeicherung beenden will. Laut dem Blatt, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, will sie eine bedingungslose Vorratsdatenspeicherung auf jeden Fall verhindern. Mit dem Quick-Freeze Verfahren will sie einen Kompromiss schließen.

Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat entschieden, dass es in Deutschland zu keiner Vorratsdatenspeicherung kommen soll. Eine Sicherung sämtlicher Telefon- und Internetdaten zur Terror- und Verbrechensbekämpfung wird es laut einem Eckpunktepapier, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, nicht geben. Im Schreiben versucht die Ministerin die Wünsche der Kriminalbehörden mit den Rechten der Bürger in Einklang zu bringen.

In der vorläufigen Gesetzesvorlage heißt es, dass Behörden bei einem recht geringen Verdachtsfall die fraglichen Daten einer Person beim Provider einfrieren lassen können. So ist es vorerst ausgeschlossen, dass der Internet- beziehungsweise Telefonanbieter die Informationen löscht. Nach dem sogenannten „Einfrieren“ muss dann ein zuständiger Richter entschieden, ob die gesicherten Daten von den Ermittlern untersucht werden dürfen. Geschieht dies nicht, muss das Material vom Provider wieder gelöscht werden. Nur „im Internetbereich“ plant Sabine Leutheusser-Schnarrenberger eine „eng befristete Speicherung von Verkehrsdaten" für sieben Tage zu erlauben. Auf dieser Weise soll eine Zuordnung dynamischer IP-Adressen zu Personen ermöglicht werden, insbesondere zur Bekämpfung der Kinderpornografie im Internet. Mit diesem Lösungsansatz der „gezielten Speicherung“ will die Justizministerin die Menge der zu speichernden Daten auf ein notwendiges Maß begrenzen.

Jedoch ist davon auszugehen, dass einige Anhänger der bedingungslosen Vorratsdatenspeicherung mit dem Vorschlag der Justizministerin nicht einverstanden sind. Bundesinnenminister Thomas de Maizière forderte Leutheusser-Schnarrenberger immer wieder dazu auf, einen Gesetzesentwurf vorzulegen, nachdem das Bundesverfassungsgericht die bedingungslose Vorratsdatenspeicherung für rechtswidrig erklärte. Der Innenminister und die CDU/CSU wollen zunächst alle Daten speichern, um dann irgendwann auf verdächtige Daten zugreifen zu können. Die FDP will als Koalitionspartner jedoch den Weg ihrer Justizministerin gehen und eine unbegründete Speicherung der Verbindungsdaten verhindern. Nun deutet alles daraufhin, dass es im Streit um die Kommunikationsdaten-Speicherung zu einigen Diskussionen innerhalb der Koalition kommen wird. Bereits auf dem Dreikönigstreffen in Stuttgart gab FDP-Chef Westerwelle zu verstehen, dass es sich bei der Speicherfrage um eine substanzielle Koalitionsfrage handele.

Quelle : www.gulli.com
Titel: Viel Kritik am FDP-Kompromissvorschlag zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 17 Januar, 2011, 16:12
Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger hat sich mit ihrem Vorstoß für ein Modell "Quick Freeze Plus" mit einer siebentägigen Speicherung von IP-Adressen erwartungsgemäß zwischen alle Stühle gesetzt. Das Eckpunktepapier (PDF-Datei) zur "Sicherung vorhandener Verkehrsdaten und Gewährleistung von Bestandsdatenauskünften im Internet" greife zu kurz, erklärte ein Sprecher des Bundesinnenministeriums laut dpa. Ressortchef Thomas de Maizière (CDU) sei aber diskussionsbereit.

Ein Sprecher der Bundesjustizministerin verteidigte den Vorschlag derweil gegenüber heise online. Darin werde eine klare "rote Linie" aufgezeichnet, die eine Verknüpfung unterschiedlicher Datenarten verhindere. So müssten etwa Anhaltspunkte zur E-Mail-Kommunikation oder Verbindungs- und Standortdaten, die beim Telefonieren anfallen, nicht sieben Tage lang von den Providern aufbewahrt werden. Hier bleibe die Initiative auch hinter dem Vorstoß des Bundesdatenschutzbeauftragten Peter Schaar für Quick Freeze Plus zurück. In den Eckpunkten selbst heißt es, dass mit dem Verfahren die von Karlsruhe nicht beanstandete Auskunft über Bestandsdaten wie Name und Adresse von Kunden gewährleistet werden solle. Dabei teile ein Zugangsanbieter mit, welchem Teilnehmer eine bestimmte, einer Polizeibehörde bereits bekannte IP-Adresse zu einem gewissen Zeitpunkt zugewiesen gewesen sei. In Kreisen der FDP-Bundestagsfraktion wird der Vorschlag als "geeignete Diskussionsgrundlage" erachtet.

Der innenpolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, betonte gegenüber dem Kölner Stadtanzeiger, dass die Union den Vorschlag "so mit ziemlicher Sicherheit nicht übernehmen" werde. Das Einfrieren von Verbindungs- und Standortdaten funktioniere nicht. Man gewinne dabei nicht genügend Informationen, um einen Sachverhalt aufklären zu können. Der Bundesvorstand der CDU hatte zuletzt am Wochenende im Rahmen einer "Mainzer Erklärung" (PDF-Datei) gefordert, die Vorratsdatenspeicherung "zügig" zu ermöglichen. Der Terrorismus müsse auch in Zukunft "mit einem starken Staat" bekämpft werden. Anfang des Jahres hatte sich bereits die CSU dafür eingesetzt.

Teilen der Opposition, zivilgesellschaftlichen Organisationen und Bürgerrechtlern geht der Vorschlag der FDP-Politikerin zu weit. Die Justizministerin sei "umgekippt", monierte etwa Konstantin von Notz, Sprecher der Bundestagsfraktion der Grünen für Netz- und Innenpolitik. Die Liberale habe offenbar dem Druck aus den konservativen Reihen nicht standhalten können. Ihr Kompromissvorschlag komme einem "Paradigmenwechsel" gleich. Obwohl die vorgeschlagene Speicherfrist kurz sei und sich allein auf die IP-Adresse beziehe, wende sich die Ministerin von der generellen rechtsstaatlichen Unschuldsvermutung ab. Sie verabschiede sich von ihrem Bekenntnis gegen die Vorratsdatenspeicherung, ergänzte Malte Spitz vom Bundesvorstand der Grünen. Leutheusser-Schnarrenberger bereite "in vorauseilendem Gehorsam" einen Kompromiss mit der Union "auf Kosten der Bürgerrechte" vor.

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zeigte sich den Plänen der Justizministerin gegenüber ebenfalls skeptisch. "Das wäre eine Vorratsdatenspeicherung light", bemängelte der DJV-Bundesvorsitzende Michael Konken. Es bleibe bei ähnlichen Problemen wie bei der "Vorgängerversion", die das Bundesverfassungsgericht gekippt habe. Der Informantenschutz werde mit der Initiative keineswegs gewährleistet.

Mit "Unverständnis und Bestürzen" reagierte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf den Schritt Leutheusser-Schnarrenbergers. In einem offenen Brief (PDF-Datei) appellierte er an die Ministerin, "die Idee einer einwöchigen Vorratsspeicherung aller Internetverbindungen aufzugeben". Es würde "völlig unverhältnismäßig" in die Freiheitsrechte eingegriffen. Ohne Verdachtsmoment dürfe es keine Überwachung von Bürgern geben. Alle Statistiken belegten, dass eine Vorratsdatenspeicherung keinen Zuwachs an Sicherheit vor Kriminalität bedeute. Der Arbeitskreis hat "Korrekturvorlagen" für die Beschlüsse von CDU und CSU zur Protokollierung von Nutzerspuren online bereit gestellt. Besorgte Surfer sollten diese an die Unionsabgeordneten ihres Bundeslands als Protestnote schicken.

Quelle : www.heise.de
Titel: Neues von der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 24 Januar, 2011, 19:44
So allmählich entwickelt sich die Diskussion um die Speicherung von Verbindungsdaten auf Vorrat zu einer unendlichen Geschichte. Die Union bleibt weiter stur und lehnt Quick Freeze ab, die FDP beginnt sich Unterstützung auf EU-Ebene zu holen und der AK Vorrat hat alte Aussagen unter anderem auch der Justizministerin zu Tage gefördert.

Allen Argumenten zum Trotz besteht die CDU weiterhin auf einer umfassenden Vorratsdatenspeicherung. Auf einen Vorschlag wie den der Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, Daten nur bei konkreten Verdachtsfällen zu speichern, will man sich nicht einigen. So wandte sich auch der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl, gegen diesen Vorschlag des Koalitionspartners. "Die Pläne der FDP stehen im eklatanten Widerspruch zum Europarecht", so Uhl. "Mit ernsthaften Verhandlungen können wir erst beginnen, wenn Frau Leutheusser-Schnarrenberger auf den Boden des EU-Rechts zurückkehrt". Auch Bundesinnenminister de Maizière besteht anscheinend auf einer verdachtsunabhängigen Speicherung. Zur Lösung der Differenzen soll nun die Vorratsdatenspeicherung zusammen mit der Visa-Warndatei, den Internetsperren und den Terrorismusgesetzen verhandelt werden - und zwar ohne direkte Beteiligung der Minister.

Währenddessen sucht die FDP auf der europäischen Ebene nach Unterstützern für ihr Quick-Freeze-Verfahren. "Zum Schutz der Grundrechte gehört es auch, dass wir bei Maßnahmen der Strafverfolgung nur so weit in die Privatsphäre der Bürgerinnen und Bürger eingreifen, wie es unbedingt erforderlich ist", so der Parlamentarische Staatssekretär im Bundesjustizministerium, Dr. Max Stadler. Auch die Aussage der EU-Justizkommissarin Viviane Reding, dass der Vorschlag ein "Schritt in die richtige Richtung" sei, wurde zufrieden aufgenommen.

Währeddessen hat der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung die Beschwerdeschrift aufgetan, mit der vor drei Jahren Frau Leutheusser-Schnarrenberger und andere jetzige Bundestagsabgeordnete der FDP gegen die Vorratsdatenspeicherung vor das Bundesverfassungsgericht gezogen waren. Einige Aussagen lesen sich sehr interessant, besonders vor dem Hintergrund der derzeitigen Debatte und mancher Vorschläge dazu. So heißt es da, die "Vorratsdatenspeicherung stellt jeden Einwohner der Republik unter potentiellen Verdacht. Sonst wäre sie sinnlos. Man legt sich einen Vorrat nicht aus Spaß an, sondern weil man ihn nutzen will". Es gäbe "keine freie Gesellschaft ohne das Vertrauen des Bürgers in eine vertrauliche Kommunikation, bei der er weiß oder selbst bestimmen kann, wer von ihr Kenntnis erlangt". Außerdem sei ein Bürger "nicht schon dadurch gefährlich und polizeipflichtig, daß er mit anderen Menschen kommuniziert und daß er sich dafür auch technischer Hilfsmittel bedient, eines Telefons, eines Handys oder eines Computers, den er ans Internet anschließt. In einer freien Gesellschaft können das keine Anknüpfungspunkte für staatliches Handeln und staatliche Kontrolle sein". Es wäre "in einer freien und demokratisch verfaßten Gesellschaft undenkbar und nicht hin­nehmbar, daß jedes Kommunikationsmittel wie ein gefährliches Werkzeug überwacht und jeder Bürger, der ein solches gefährliches Werkzeug besitzt, wie ein potentieller Straftäter in seiner Kommunikation [...] vorsorglich verdatet und gespeichert wird". Da mag schon der Wunsch entstehen, manch einer der Unterzeichner würde sich auf diese Worte zurückbesinnen.

Quelle : www.gulli.com
Titel: BKA-Untersuchung weist nach: Vorratsdatenspeicherung ineffektiv
Beitrag von: SiLæncer am 28 Januar, 2011, 06:04
Am Mittwoch veröffentlichte das Bundeskriminalamt eine Untersuchung der deutschen polizeilichen Kriminalstatistik, die nach einer Analyse des AK Vorratsdatenspeicherung die Ineffektivität der Vorratsdatenspeicherung offenbart. Die umstrittene EU-Richtlinie wird aufgrund ihrer Verhältnismäßigkeit bereits in mehreren EU-Staaten gerichtlich geprüft.

Im vergangenen Jahr entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, dass die 2008 von der Bundesregierung beschlossene Umsetzung des in Brüssel beschlossenen Gesetzes verfassungswidrig ist. So griff die deutsche Auslegung unverhältnismässig tief in die Grundrechte der Bürger ein. Nun belegt eine vom BKA veröffentlichte Untersuchung, dass die Aufklärung schwerer Straftaten während dieser Zeit sogar leicht rückläufig gewesen ist. Ironischerweise stieg die Zahl der registrierten schweren Internetverbrechen um rund 40.000 auf 206.909 im Jahr 2009, als die Behörden die Vorratsdatenspeicherung praktizierten.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung erklärt diese Entwicklung mit einer Verhaltensanpassung. So würden die Menschen auf Internetcafés, Anonymisierungsdienste, öffentliche WLAN-Zugänge sowie Telefone ausweichen und nicht zuletzt zur nicht-elektronischen Kommunikation zurückkehren, wenn sie im Bewusstsein einer akut stattfindenden Vorratsdatenspeicherung leben. Dadurch würde den erhobenen Daten ihre Aussagekraft entzogen. Außerdem sei die gezielte Überwachung erschwert. Insgesamt kommt man zu dem Fazit, dass zwar eine kleine Anzahl an Ermittlungen erleichtert wurden, weitaus mehr  jedoch gänzlich vereitelt.

Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) sprach sich ebenfalls für eine Änderung der in 2006 eingeführten EU-Richtlinien aus. So sollen nur noch in konkreten Verdachtsfällen Daten gespeichert werden. Sie spricht sich für eine Einführung des Quick-Freeze-Verfahrens aus, welches als Alternative zur Vorratsdatenspeicherung gilt. Zuspruch erhielt die Bundesministerin bereits von Viviane Reding, einem Mitglied der Europäischen Komission. Sie bezeichnete diesen Vorschlag als "vielversprechenden Lösungsansatz". Ein endgültiges Urteil in dieser Angelegenheit wird vom Europäischen Gerichtshof frühestens 2012 erwartet.

Quelle : www.gulli.com
Titel: Provider gegen Vorratsdatenspeicherung light
Beitrag von: SiLæncer am 28 Januar, 2011, 16:16
Der Verband der deutschen Internetwirtschaft eco hält nichts von einem Verfahren "Quick Freeze Plus", das unter anderem Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar jüngst in unterschiedlichen Abstufungen vorgeschlagen haben. Anfragen der Strafverfolger bei den Zugangsanbietern könnten enorm zunehmen und "immense Folgekosten" entstehen, meinen die Provider. Die Wirtschaftspolitik müsse innovative deutsche Branchen vor solchen "unglaublichen und überflüssigen Belastungen schützen".

Verkehrsdaten wie IP-Adressen sollten bei einer solchen Vorratsdatenspeicherung light "nicht sechs Monate, sondern im Wochenbereich gespeichert werden", erläuterte der eco-Vorstandsvorsitzende Michael Rotert die Haltung des Verbands am gestrigen Donnerstag in Berlin. Polizeidienststelle könnten aber bei jedem Verdacht die Daten vorsichtshalber einfrieren lassen, bevor sie weg sind – egal ob sie später gebraucht würden. So müssten Provider würden erneut unverhältnismäßig als Hilfssheriffs herhalten.

In der Zeit, in der die Zugangsanbieter zur verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren für sechs Monate gezwungen gewesen seien, hätten die Ermittler "weniger schwere Verbrechen" aufklären können als ohne dieses Instrument, erläuterte Rotert. Trotzdem werde die Datenspeicherei jetzt so angepriesen, als ob Verbrechensbekämpfung ohne sie "gar nicht mehr möglich" sei. Je länger das Thema diskutiert werde, desto "abstruser" würden die Ideen dazu.

Schaar bezeichnete das "Einfrieren" von Verbindungs- und Standortdaten im Verdachtsfall nebst einer zusätzlichen pauschalen Vorhaltung dieser Nutzerspuren für mehrere Tage derweil in einem Interview mit der Berliner Morgenpost zum Europäischen Datenschutztag als "sehr viel geringeren Grundrechtseingriff als die Vorratsdatenspeicherung". Der Datenschützer begrüßte daher die Initiative der Justizministerin für eine "wenige Tage umfassende Speicherungsverpflichtung", da diese den Argumenten der Strafverfolger Rechnung trage und die Bürgerrechte wahre.

Hans-Jörg Albrecht, Direktor am Max-Planck-Institut für Strafrecht in Freiburg, hält die "Quick-Freeze"-Methode für praktikabel, das Modell funktioniere in einigen Ländern, erklärte der Kriminologe. In den USA dürften Ermittler rasch auf Verbindungsdaten zugreifen und müssten erst im Nachhinein eine Richtergenehmigung einholen. Außerdem sei bei dem Verfahren verfassungsrechtlich nicht einzuwenden. Albrecht war der EU-Kommission vor, den Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung unterschätzt zu haben und sich mit der laufenden Evaluation der EU-Vorgaben angesichts einer fehlenden Datenbasis aus den Mitgliedsstaaten schwer zu tun. Nach wie vor sei ungeklärt, ob die Datenspeicherei überhaupt mit der europäischen Grundrechtecharta vereinbar sei.

Quelle : www.heise.de
Titel: Kurzfristige IP-Speicherung nicht grundsätzlich unzulässig
Beitrag von: mtron am 09 Februar, 2011, 11:22
[Deutschland] Kurzfristige IP-Speicherung nicht grundsätzlich unzulässig

Mit Beschluss vom 13. Januar 2011 hat der Bundesgerichtshof ein Urteil [1] des OLG Frankfurt/Main zur Zulässigkeit der kurzfristigen Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen aufgehoben. Der BGH vertritt dabei die Auffassung, dass eine siebentägige Speicherung angemessen sein kann.
Ist die anlasslose Vorratsdatenspeicherung von IP-Adressen durch Internetprovider zur Bekämpfung von Spam oder Denial-of-Service-Angriffen zulässig oder nicht? Um diese Frage dreht sich ein Streit zwischen einem DSL-Anschlussinhaber und seinem in Darmstadt ansässigen Internetprovider.


Der Kunde verlangt unter Verweis auf das Telekommunikationsgesetz vom Provider die sofortige Löschung seiner IP-Adressen. Der Provider hat das abgelehnt und verwies auf die Notwendigkeit, die IP-Adressen zu Abrechnungszwecken und zur Aufrechterhaltung eines ungestörten Betriebs seines Angebots für wenige Tage speichern zu müssen.

Der Kunde sah die behauptete Notwendigkeit nicht gegeben und klagte gegen seinen Provider. Sowohl das Landgericht Darmstadt (Entscheidung vom 06.06.2007, Az. 10 O 562/03) als auch das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (Entscheidung vom 16.06.2010, Az. 13 U 105/07) entschieden in der Sache zugunsten des Providers. Der Kläger verfolgte die Sache allerdings weiter und so landete der Fall schließlich beim Bundesgerichtshof.

Der BGH gab mit Beschluss vom 13. Januar 2011 dem Kläger teilweise recht, hob die Urteile der Vorinstanzen wegen Verfahrensfehlern auf und verwies den Fall zurück an die Berufungsinstanz. Der BGH bemängelte, dass der Berufungsrichter leichtgläubig den Ausführungen des Providers Glauben geschenkt habe und keine Beweise erhoben habe, um die Einwände des Klägers angemessen würdigen zu können.

Schon aus diesem Grunde müsse die Vorinstanz nun erneut prüfen, ob die vom Provider zur Begründung der präventiven Vorratsdatenspeicherung vorgebrachten Argumente zutreffend seien. Dabei schloss der BGH nicht aus, dass diese unter Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes gerechtfertigt sein kann. Das setzt jedoch "ihre technische Erforderlichkeit für die Zwecke des § 100 Abs. 1 TKG" voraus, was zu prüfen ist.

Benötigt der Provider die Daten tatsächlich, "um abstrakten Gefahren für die Funktionstüchtigkeit des Telekommunikationsbetriebs entgegenzuwirken", so wäre die "in Rede stehende Datenerhebung und -verwendung" nach Auffassung des BGH sowohl europarechtlich zulässig als auch durch das TKG gedeckt.

In ihrem Beschluss sparen die BGH-Richter nicht mit Kritik an der Vorinstanz. Sie halten dem Berufungsrichter vor, er hätte seine eigene Kompetenz im Hinblick auf den komplizierten technischen Sachverhalt überschätzt: "Die Würdigung eines schwierigen technischen Sachverhalts, wie hier die Beurteilung, ob für die Zuordnung abrechnungsrelevanter Internetsessionsdaten zu den einzelnen Kunden der Beklagten die Speicherung der IP-Adressen erforderlich ist, setzt besondere technische Kenntnisse voraus und wird nicht schon durch die Beherrschung allgemeiner Erfahrungssätze ermöglicht." Der Richter hätte daher einen Gutachter hinzuziehen müssen. [von Robert A. Gehring]

[1] http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=en&Datum=Aktuell&Sort=12288&nr=54979&pos=3&anz=643

Quelle: golem.de (http://www.golem.de/1102/81276.html)
Titel: Vorratsdatenspeicherung visualisiert
Beitrag von: SiLæncer am 24 Februar, 2011, 17:41
Ich zitiere mal: “Sechs Monate seiner Vorratsdaten hat der Grünenpolitiker Malte Spitz von der Telekom eingeklagt und ZEIT ONLINE zur Verfügung gestellt. Auf Basis dieser Daten können Sie all seine Bewegungen dieser Zeit nachvollziehen (http://www.zeit.de/datenschutz/malte-spitz-vorratsdaten). Die Geodaten haben wir zusätzlich mit frei im Netz verfügbaren Informationen aus dem Leben des Abgeordneten (Twitter, Blogeinträge und Webseiten) verknüpft.”

(http://img402.imageshack.us/img402/6654/1984550x298.jpg)

Krasser Kram, nicht wahr? Klar, bei Twittermeldungen und Blog-Gedöns ist man selber schuld. Aber das mitgetrackte Bewegungsprofil via Handy ist schon sehr erschreckend.
Titel: Neuer Innenminister will rasch neue Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 04 März, 2011, 20:21
Der neue Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich drängt auf eine baldige Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Er sei in dieser Frage der gleichen Auffassung wie sein Vorgänger Thomas de Maizière (CDU), sagte der CSU-Politiker kurz nach seiner Amtseinführung am Donnerstag. Die Sicherheitsbehörden bräuchten dieses effiziente Instrumentarium zur Bekämpfung des Terrorismus und schwerer Straftaten. Der frischgebackene Chef des Innenressorts kündigte an, über die Neuauflage der verdachtsunabhängigen Protokollierung von Nutzerspuren mit Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) verhandeln zu wollen. Dabei strebe er "möglichst schnell" ein Ergebnis an.

Die Liberale legte kürzlich ein Konzept für das anlassbezogene Einfrieren von Telekommunikationsdaten gemäß dem "Quick Freeze"-Ansatz vor. Zusätzlich plädierte sie für eine einwöchige pauschale Speicherung von Verbindungsdaten im Internet. De Maizière lehnte diesen Vorschlag aber als "zu kurz greifend" ab und bestand auf einer umfassenden Neuregelung der Vorratsdatenspeicherung. Friedrich wiederum betonte Anfang des Jahres in seiner damaligen Funktion als Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, dass sich die FDP in Fragen der inneren Sicherheit "bewegen" müsse. Die Christsozialen forderten parallel neben der schnellen Rückkehr zur Vorratsdatenspeicherung auch eine stärkere Nutzung der Quellen-Telekommunikationsüberwachung (Quellen-TKÜ) und die Einrichtung einer Visa-Warndatei.

Auch in der heiß umkämpften Frage von Websperren im Kampf gegen Kinderpornographie hatte der neue Innenminister bislang konträre Auffassungen zum Koalitionspartner im Bund. So stimmte er 2009 für das Zugangserschwerungsgesetz. Die darin festgehaltenen Regelungen zu Blockaden von Webseiten mit sexuellen Kindesmissbrauchsbildern setzte de Maizière im Einklang mit den Liberalen und den Verabredungen in der Koalitionsvereinbarung zwar zunächst aus. Theoretisch könnte Friedrich den entsprechenden Erlass an das Bundeskriminalamt (BKA) aber jederzeit rückgängig machen und damit die Linie seines Vorläufers konterkarieren.

Leutheusser-Schnarrenberger kündigte trotzdem an, dass sie sich auf die Kooperation mit Friedrich freue. Sie wolle in Zusammenarbeit mit ihrem Landsmann "die bewusste Entscheidung der Koalition für eine neue Balance zwischen Freiheit und Sicherheit fortschreiben", sagte die FDP-Politikerin der "Mitteldeutschen Zeitung". Ein Stakkato immer neuer Sicherheitsgesetze werde es nicht mehr geben, die Durchsetzung bestehender Gesetze behalte Vorrang. Die Ministerin zeigte sich auch zuversichtlich, dass sie mit dem neuen Kollegen im Innenressort "die große Aufgabe einer Modernisierung des Datenschutzes erfolgreich zum Abschluss" bringen könne. Dabei müssten etwa "klare Grenzen für die Profilbildung" gezogen und ein Widerspruchsrecht der Bürger gegen unbegrenzte Veröffentlichung ihrer Daten im Internet eingeführt werden.

Der Obmann der FDP-Bundestagsfraktion in der Enquete-Kommission "Internet und digitale Gesellschaft", Jimmy Schulz, erklärte gegenüber heise online ebenfalls, dass in der CSU spätestens mit den jüngsten Vorschlägen des Netzrates der Partei ein "ernsthaftes Umdenken" in der Netzpolitik eingesetzt habe. In der Koalition entstehe derzeit ein "gemeinsames Verständnis" auch in bislang kontrovers diskutierten Angelegenheiten. Es komme den Liberalen daher entgegen, wenn Friedrich bei der Regelung der Strafverfolgung im Netz, bei der Reform der Bundespolizei und bei der Evaluierung der Anti-Terror-Gesetze Nägel mit Köpfen machen wolle. Er habe den Eindruck, dass es dem Franken wie de Maizière nicht um "große Effekthascherei", sondern um das gemeinsame Voranbringen einer effizienten Politik im ruhigen und sachlichen Ton gehe.

Quelle : www.heise.de
Titel: EU-Kommission droht mit Verfahren wegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 16 April, 2011, 13:57
Die EU-Kommission hat die Bundesregierung aufgefordert, "schnellstmöglich" ein neues Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung auf den Weg zu bringen. Wie der Spiegel berichtet, droht die Kommission sogar mit Einleitung eines Verfahrens wegen Verletzung des EU-Vertrags.

Als Begründung verweist die Kommission auf ihre Evaluierung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung. Die Speicherung sei "ein wertvolles Instrument" für Strafverfolger und in manchen Fällen "unverzichtbar für die Verhinderung und Bekämpfung von Verbrechen", heißt es. Die Kommission will den Bericht am Montag vorstellen.

Sie stärkt damit Bundesinnenminster Hans-Peter Friedrich den Rücken, der ein neues Gesetz über die Vorratsdatenspeicherung fordert. Zu Friedrichs Kontrahenten gehört Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die Verbindungsdaten von den Providern für einige Tage verdachtsunabhängig aufbewahren lassen möchte. Bei konkretem Verdacht soll die Polizei einen Sicherungsantrag stellen können (Quick Freeze Plus).

Leutheusser-Schnarrenberger hatte noch als Oppositionspolitikerin erfolgreich gegen die ursprüngliche deutsche Regelung geklagt, derzufolge Verbindungsdaten und Handy-Standortdaten sechs Monate lang gespeichert werden mussten. Seit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts dürfen Provider Daten nicht mehr auf Vorrat speichern.

Unabhängig vom deutschen Streit attestiert die Kommission in der EU-Richtlinie schwere Mängel. Die Vorgabe lasse den Mitgliedsstaaten sowie Providern und Strafverfolgern zu viel Spielraum und stelle den Datenschutz nicht ausreichend sicher. Die Kommission will die Richtlinie deshalb überarbeiten. Der EU-Abgeordnete Alexander Alvaro kritisiert deshalb die Forderung, die Richtlinie umzusetzen. Die Bundesregierung müsse statt dessen auf die Revision der mangelhaften Richtlinie warten. Andernfalls führe sie einen "Zustand unhaltbarer Rechtsunsicherheit für alle Beteiligten" herbei.

Quelle : www.heise.de
Titel: AK Vorrat und Campact starten Online-Petition gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 07 Mai, 2011, 17:59
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat mit der Unterstützung des Netzwerkes Campact eine Online-Unterschriftenkampagne gegen die zur Zeit heftig diskutierte Vorratsdatenspeicherung gestartet. Bereits knapp 40.000 Bürger sprachen sich in kurzer Zeit ausdrücklich gegen die Wiedereinführung der umstrittenen Praktik aus.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) hat in Zusammenarbeit mit der Organisation Campact eine Onlinepetition gegen die stark umstrittene Vorratsdatenspeicherung ins Leben gerufen. Die Aktivisten wollen so die deutsche Politik davon überzeugen, sich national und auf EU-Ebene gegen das anlasslose Speichern von Telekommunikationsdaten auszusprechen.

Gegenstand der Aktion ist das Sammeln von Unterschriften unter einem Brief an Bundesinnenminister Friedrich und Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger.  In diesem weisen die Initiatoren der Kampagne daraufhin, dass durch die Speicherung von allen telekommunikationsbezogenen Standort- und Verbindungsdaten sowie IP-Adressen das Recht der Bürger auf ein selbstbestimmtes und privates Leben ausgehöhlt werde. Überdies widerspreche die jüngst beschlossene EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung der Europäischen Grundrechte-Charta, weshalb es an der Politik liege, die Umsetzung der Regelung zu widersprechen. „Sorgen Sie für eine Änderung der Richtlinie, die unser Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung achtet“, fordern die bereits 39.068 Teilnehmer weiter.

Wer an der Aktion des AK Vorrat und der Organisation Campact teilnehmen will, kann dies wie für eine Online-Petition üblich auf schnellem Wege tun, indem er schlichtweg seine Adresse in das Formular (http://www.campact.de/vorrat/sn1/signer) eintippt und daraufhin seine virtuelle Unterschrift unter das Forderungsschreiben setzt. Für eine „medienwirksame Übergabe“ seien überdies Gelder notwenig, für die man auf der Seite ebenfalls spenden kann.

Ob die bislang knapp 40.000 deutschen Unterschriften, die sich gegen eine Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung aussprechen, tatsächlich die erhoffte Wirkung erzielen, ist natürlich nicht abzusehen. Jedoch zeigt die rege Beteiligung an der Aktion einmal mehr, dass die deutschen Bürger nicht alle mit der Umsetzung einer Vorratsdatenspeicherung zufrieden sind.

Quelle : www.gulli.com
Titel: Zoff um Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 10 Juni, 2011, 17:35
Der Entwurf für das neue "Gesetz zur Sicherung vorhandener Verkehrsdaten und Gewährleistung von Bestandsdatenauskünften im Internet" ist Im Internet veröffentlicht worden. Unions-Politiker zeigen sich entrüstet und bezeichnen den Entwurf als nicht akzeptabel. Ein von Polizeiverbänden verlangtes Machtwort von Kanzlerin Merkel ist allerdings ausgeblieben. Regierungssprecher Seibert betonte, dass es für die Kanzlerin klar sei, dass man "dieses Instrument der Vorratsdatenspeicherung" brauche und die Vorgaben des Beundesverfassungsgerichtes "in absehbarerer Zeit umsetzen" müsse.

Der Gesetzentwurf besteht im wesentlichen aus zwei Änderungen der Strafprozesspordnung, einer Änderung des Telekommunikationsgesetzes und einer Änderung des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes. Sie besteht in einer detaillierten Auflistung, was TK-Unternehmen und Provider bei einem Anordnung von Quick Freeze und bei der 7-tägigen Speicherung von IP-Adressen an Aufwandsentschädigung verlangen können.

Die wesentliche Neuerung des Gesetzentwurfes ist der §100j StPO zur richterlich angeordneten Sicherungsverordnung. Mit ihr wird das TK-Unternehmen angewiesen, alle vorhandenen, bereits erzeugten oder verarbeiteten sowie künftig anfallenden Verkehrsdaten eines Kunden zu speichern. Dieses Quick Freeze-Verfahren ist auf einen Monat befristet und kann jeweils um einen Monat verlängert werden, wenn die Strafverfolger die Maßnahme begründen können. Das Einfrieren der Daten ist allein auf die Daten beschränkt, die ein TK-Unternehmen selbst erzeugt und verarbeitet.

Neben dieser Sicherungsanordnung wird mit dem §100k StPO eine Bestandsdatenabfrage von IP-Adressen eingeführt, die ausdrücklich für die Bekämpfung von Kinderpornographie im Internet gedacht ist. Betroffene Personen müssen nach dem Gesetzentwurf von dieser IP-Adressauskunft unterrichtet werden, sofern der Zweck der Auskunft dadurch nicht gefährdet ist.

Im Telekommunikationsgesetz schlägt der Gesetzentwurf vor allem einen §113a TKG vor, der die Speicherungspflicht von IP-Adressen auf 7 Tage begrenzt. Außerdem ist hier von einer Marginalgrenze die Rede, die durch ein sachverständiges Gutachten ermittelt werden soll. Internet-Provider als Kleinstunternehmen, die vielleicht nur 100 bis 200 Kunden haben, sollen so von der Speicherungspflicht befreit werden. Schließlich enthält der neue §113a den nicht unwichtigen Passus, dass der Zugriff auf die IP-Daten zum Zwecke der Verfolgung von Ordnungswidrigkeiten nicht erlaubt ist.

In einer ersten Stellungnahme der CDU-Fraktion hat sich Wolfgang Bosbach, der Vorsitzende des Bundestags-Innenausschusses, ablehnend geäußert. Auf dieser Basis sei eine Verständigung mit der FDP nicht möglich, sagte er dem Kölner Stadtanzeiger. Noch drastischer ist in dieser Hinsicht die Gewerkschaft der Polizei, die ähnlich wie die Konkurrenzgewerkschaft den Gesetzentwurf ablehnt. Sie befürchtet, dass das Thema sang- und klanglos untergehen wird: "Eine Abstimmung im Parlament würde die kurze Restlaufzeit dieser Koalition für jeden sichtbar machen," erklärte ihr Bundesvorsitzender Bernhard Witthaut.

Während vom Bundesinnenminister Friedrich (CSU) noch keine Reaktion vorliegt, hat der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) gegenüber der Nachrichtenagentur dpa den Gesetzentwurf als völlig unakzeptabel bezeichnet. Herrmann schilderte den konkreten Fall eines Mannes, der eine Vielzahl von kinderpornographischen Dateien mit 62 weiteren Personen im Internet getauscht haben soll. Nach einem Richterbeschluss konnte die Polizei laut Herrmann noch 27 IP-Adressen von Computern und Anmeldedaten identifizieren. Bei den anderen 35 seien aber keine Daten mehr vorhanden gewesen, weil es derzeit keine Vorratsdatenspeicherung mehr gibt.

Bürgerrechtler und Rechtsexperten haben sich derweil in einem Offenen Brief an die Mitglieder der FDP-Bundestagsfraktion gewandt, in dem sie die Abgeordneten unter dem Motto "Intelligente Strategien für ein sicheres Netz – IP-Vorratsdatenspeicherung stoppen!" auffordern, "jede anlasslose Vorratsspeicherung von Internet-Verbindungsdaten strikt abzulehnen". Die Freiheit und Sicherheit von 51 Millionen Internetnutzern in Deutschland dürfe für die FDP als Bürgerrechtspartei nicht verhandelbar sein. In dem Brief führen die Unterzeichner, zu denen auch Joerg Heidrich, Justiziar des Heise-Verlags, gehört, im Detail die Argumente gegen die Vorratsdatenspeicherung auf. Gleichzeitig illustrieren sie Vorgehensweisen für ein sicheres Netz, die ihrer Ansicht nach Bürgerrechte und freies Internet nicht in Frage stellen.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/Zoff-um-Vorratsdatenspeicherung-1259179.html
Titel: EU: Think Tank plädiert für Aufhebung der Richtlinie zur VDS
Beitrag von: SiLæncer am 19 Juni, 2011, 20:07
Eine Denkfabrik der Europäischen Union hat sich in die Diskussion um die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung eingeschaltet. Sie hat sich gegen eine Umsetzung und für den Einsatz des Quick-Freeze-Verfahrens ausgesprochen. Damit gerät die Richtlinie weiter in die Kritik, nachdem schon Datenschützer und sogar die Kommission selbst Probleme angesprochen hatten.

Es scheint, als hätten Befürworter der Vorratsdatenspeicherung im Augenblick keinen leichten Stand. Von Datenschützern bereits von Beginn an kritisiert, musste die Kommission, nachdem mehrere nationale Verfassungsgerichte ihre Verfassungswidrigkeit feststellten, eingestehen, dass die Richtlinie aus dem Jahr 2006 "gravierende Mängel" aufweist. Daher will man sie überarbeiten.

"Deswegen ist es meine Absicht, die Richtlinie zu überprüfen und klar zu regeln, wer auf die Daten zugreifen darf, zu welchem Zweck und welche Verfahren dabei zu beachten sind", so Eu-Innenkommissarin Cecilia Malmström. Warum man offenbar solche Dinge nicht eindeutig festlegt, bevor man eine Richtlinie erlässt, bleibt schleierhaft. Bis diese Überarbeitung Ende 2011 vermutlich zu einem Ende gekommen ist, bleibt die alte Richtlinie jedoch in Kraft und soll umgesetzt werden.

Dieser Modus Operandi wird jedoch nicht nur von Datenschützern kritisch gesehen. Auch für das Centre for European Policy (CEP) ist es "nicht nachvollziehbar, warum die Kommission Vertragsverletzungsverfahren gegen Mitgliedstaaten einleiten will, die die unzureichende Richtlinie noch nicht umgesetzt haben". Das CEP beschreibt sich selbst als "europapolitischen Think-Tank der Stiftung Ordnungspolitik. Es analysiert die volkswirtschaftlich relevanten Vorhaben der EU und entwickelt Strategien für die europäische Politik". Es hat einen Bericht zur Richtlinie für die Vorratsdatenspeicherung verfasst, in dem es deutlich Kritik übt. "Die Nachteile, die mit der Vorratsdatenspeicherung verbunden sind, stehen völlig außer Verhältnis zu den Vorteilen, die sie bewirkt", heißt es in dem Papier. "Die Regelungen verstoßen daher gegen die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens, auf Datenschutz und auf die Berufs- und wirtschaftliche Betätigungsfreiheit". Daher gibt das CEP die Empfehlung ab, die Richtlinie aufzuheben und das sogenannte "Quick Freeze"-Verfahren einzuführen.

Quelle : www.gulli.com
Titel: Datenschützer: 86 Cent pro Person für ein Jahr ohne Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: ritschibie am 19 Juli, 2011, 12:15
(http://static.gulli.com/media/2011/07/thumbs/370/800px-Flag-of-Europe.svg.jpg)
Die EU-Kommission will Deutschland belangen, wenn dessen Regierung die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht zeitnah umsetzt. Die Datenschützer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung warnen jedoch davor, auf diese Androhung mit "kopflosem Gehorsam" zu reagieren. Stattdessen sollte man die Initiative ergreifen und auf Mängel in der Direktive hinweisen, so die Aktivisten.

Wie die Aktivisten berichten, bestätigte die EU-Kommission auf Nachfrage, im Juni ein Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nichtumsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung eingeleitet zu haben. Ein entsprechendes Mahnschreiben (ein sogenanntes "Letter of formal notice") mit einer Aufforderung, binnen zwei Monaten Stellung zu nehmen, wurde bereits verschickt. Die Befürworter der Vorratsdatenspeicherung sehen drohende Strafen der EU als zusätzliches Argument für eine rasche Wiedereinführung der umstrittenen Sicherheitsmaßnahme. Für eine Vorratsdatenspeicherung sind momentan insbesondere Vertreter der CDU/CSU, der SPD und der Ermittlungsbehörden. Die neben den Unionsparteien an der Regierung beteiligte FDP lehnt eine Vorratsdatenspeicherung ab, kommt jedoch angesichts der Drohung der EU zunehmend unter Druck.

Die Aktivisten des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung warnen die Bundesregierung und insbesondere die FDP jedoch davor, "nun mit kopflosem Gehorsam zu reagieren". Es sei, so die Datenschützer, "widersinnig, dass die EU-Kommission einerseits die Notwendigkeit einer umfassenden Änderung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung betont, andererseits aber noch die Umsetzung der alten, als Fehlschlag erkannten Richtlinie fordert." In einem Evaluierungsbericht hatte die EU-Kommission tatsächlich erhebliche Mängel bei der Direktive festgestellt. Insbesondere wurden mangelnde Rechtssicherheit für die Provider, fehlende Einheitlichkeit innerhalb der EU und die Gefahr missbräuchlicher Nutzung der gespeicherten Daten kritisiert. EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström kündigte daher eine Überarbeitung der EU-Direktive an. Wann genau diese abgeschlossen wird, steht derzeit noch nicht fest.

Die Datenschützer fordern daher, die Bundesregierung solle "dem Spuk des Vertragsverletzungsverfahrens jetzt ein Ende setzen, indem sie aus wichtigen Gründen des Grundrechtsschutzes eine Befreiung von der Pflicht zur Umsetzung der Richtlinie beantragt und nötigenfalls einklagt." Diese Möglichkeit bestünde laut Artikel 114 des EU-Vertrags.

Zudem halten die Datenschutz-Aktivisten es für unglaubwürdig und inkonsequent, dass die Möglichkeit eines Vertragsverletzungsverfahrens tatsächlich ein derart starkes Argument für die deutschen Politiker darstellt. Dem Europäischen Gerichtshof lägen bereits etwa 20 derartiger Klagen gegen Deutschland vor, berichten die Mitglieder des Arbeitskreises. Diese würden also offenbar von der deutschen Bundesregierung auch nicht um jeden Preis vermieden.

Der Arbeitskreis befürchtet, dass durch eine Umsetzung der EU-Richtlinie höhere Rechtsgüter gefährdet würden. "Mit einer Umsetzung der verfehlten EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung würde Deutschland gegen die Europäische Menschenrechtskonvention und die EU-Grundrechtecharta verstoßen, wie der Rumänische Verfassungsgerichtshof, das Centrum für Europäische Politik und der Wissenschaftliche Dienst des Bundestags festgestellt haben. Bei dieser Pflichtenkollision zwischen EU-Umsetzungspflicht und Menschenrechtskonvention müssen unsere Grund- und Freiheitsrechte Vorrang haben, bis die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung geändert oder vom Europäischen Gerichtshof gekippt wird," erklären die Aktivisten.

Von den von einigen Politikern vorgeschlagenen Kompromisslösungen - beispielsweise einer Internet-Vorratsdatenspeicherung oder einer drei- statt sechsmonatigen Vorratsdatenspeicherung - halten die Datenschützer nichts. Diese seien "die schlechteste aller Lösungen", sind die Aktivisten überzeugt. "Einerseits würden unsere Menschenrechte verletzt und die Vertraulichkeit unserer Telekommunikation aufs Spiel gesetzt. Eine deutsche Vorratsdatenspeicherung bliebe bestehen, selbst wenn die EU-Richtlinie gekippt wird. Zum anderen würde eine Teilumsetzung nichts an dem EU-Vertragsverletzungsverfahren ändern," begründen die Datenschützer ihre Ablehnung derartiger Optionen. Zudem, so der Arbeitskreis, sei "eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über eine Klage wegen Vertragsverletzung nicht vor Ablauf eines Jahres zu erwarten." Man gehe davon aus, dass "der Europäische Gerichtshof auf Vorlage des irischen High Court die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zu diesem Zeitpunkt bereits für grundrechtswidrig und ungültig erklärt haben wird, so dass es zu keiner Strafzahlung kommen wird oder etwaige Zahlungen zurückerstattet werden."

Unabhängig von dieser äußerst optimistischen Prognose machten sich die Aktivisten die Mühe, auszurechnen, wieviel eine etwaige Strafe der EU - deren Höhe in den Anwendungshinweisen der EU-Kommission festgelegt ist - die deutschen Bürger kosten würde. Zum Ergebnis schreibt man: "Nach Berechnungen des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung würde eine etwaige Strafzahlung an die EU nicht mehr als 86 Cent pro Bürger und Jahr betragen." "Eine gute Investition, denn nur nicht gespeicherte Kontakte, Bewegungen und Interessen sind sicher vor Datenmissbrauch wie bei der Deutschen Telekom und Generalverdacht wie bei der Dresdener Polizei", erklärt Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Eine Umsetzung der teuren flächendeckenden Vorratsdatenspeicherung würde Wirtschaft und Bürger ein Vielfaches dieser Strafzahlung kosten." "Es wäre erbärmlich, wenn der Bundesregierung die unbefangene Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetnutzung keine 86 Cent pro Person wert wäre", erklärt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis. "Wer mit drohenden Geldstrafen für die Umsetzung einer Vorratsdatenspeicherung argumentiert, will, dass wir unser Recht auf Privatsphäre für Geld verkaufen. Menschen- und Bürgerrechte sind aber unveräußerlich, so steht es im ersten Artikel des Grundgesetzes."

Quelle: www.gulli.com
Titel: Re: Datenschützer: 86 Cent pro Person für ein Jahr ohne Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: ritschibie am 19 Juli, 2011, 12:18
Öfter mal was Neues  :)

Jetzt kann man sich Ungehorsam auch "erkaufen". Wohlan...
Titel: Re: Datenschützer: 86 Cent pro Person für ein Jahr ohne Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Jürgen am 19 Juli, 2011, 23:19
Ich finde, die EU-Kommission soll erst einmal ihre demokratische Legitimation unter Beweis stellen, bevor sie meint, gewählten Volksvertretern Vorschriften machen zu können.
Jedenfalls kann ich mich nicht erinnern, jemals zu irgendeiner Wahl der EU-Kommission oder deren Mitgliedern eingeladen gewesen zu sein.
Mein Abgesandte sind das also ganz sicher nicht.
Und von mir aus können die gerne versuchen, mich für 86 Cent zu verklagen...
Titel: Neue Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 25 August, 2011, 16:03
Auf der Webseite des Bundestags ist am Mittwoch eine neue, im März eingereichte Petition (https://epetitionen.bundestag.de/index.php?action=petition;sa=details;petition=17143) gegen die Vorratsdatenspeicherung veröffentlicht worden. Die Abgeordneten sollen demnach die verdachtsunabhängige Datensammlung als "nicht zulässig" ablehnen. Darüber möchte der Petent, Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, die Bundesregierung aufgefordert wissen, sich für eine Aufhebung der entsprechenden EU-Richtlinie und für ein europaweites Verbot der Vorratsdatenspeicherung einzusetzen.

Der Bürgerrechtler begründet sein Anliegen damit, dass durch die verdachtsunabhängige Datenerfassung sensible Informationen über die sozialen Beziehungen, die Bewegungen und die individuelle Lebenssituation von 500 Millionen Europäern gesammelt würden. Eine derart weitreichende Protokollierung sei inakzeptabel. Die Maßnahme höhle nicht nur Berufsgeheimnisse aus, sondern begünstige auch Datenpannen und -missbrauch. Sie untergrabe zudem den Schutz journalistischer Quellen und beschädige damit die Pressefreiheit im Kern. Andererseits sei nicht schlüssig nachgewiesen worden, dass die Daten für den vorgesehenen Zweck der Verfolgung schwerer Straftaten zwingend erforderlich sind.

Die EU-Vorgaben zur Protokollierung von Nutzerspuren sollen laut der Petition bis zur Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs über ihre Gültigkeit auch trotz einer drohenden Geldbuße gegen Deutschland wegen Vertragsverletzung nicht umgesetzt werden, was in der schwarz-gelben Regierungskoalition derzeit heftig umstritten ist. Parallel möge die Bundesregierung sich eine Abweichung von der Richtlinie genehmigen lassen beziehungsweise eine solche gegebenenfalls einklagen. Eine Einschränkung der persönlichen Freiheitsrechte durch die Vorratsdatenspeicherung würde eine ernste Gefahr für Deutschland darstellen, da die unkontrollierte Nutzung der Telekommunikation einen Grundpfeiler der freiheitlichen Gesellschaftsordnung darstelle.

Die Petition steht bis Anfang Oktober zur Mitzeichnung offen. Eine öffentliche Anhörung leitet der zuständige parlamentarische Ausschuss in der Regel aber nur ein, wenn innerhalb von drei Wochen 50.000 Unterzeichner zusammenkommen. Verbindliche Vorschriften zur weiteren Behandlung von Petitionen gibt es nicht. 2008 verwarf der Petitionsausschuss eine von 12.560 Personen mitgetragene Eingabe gegen die Vorratsdatenspeicherung. Damals ging es etwa um die Frage, ob die Maßnahme wegen der Verfügbarkeit von Anonymisierungsdiensten unzweckmäßig sei. Das zuständige Gremium des Bundestags verwies damals darauf, dass damals auch deutsche Internetanbietere zur Aufbewahrung von Nutzerspuren verpflichtet gewesen seien. 2010 kippte das Bundesverfassungsgericht die ursprüngliche Regelung und legte die Hürden für eine Neuauflage hoch.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Befürworter erhöhen den Druck
Beitrag von: SiLæncer am 09 September, 2011, 12:32
In der Diskussion über die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland verschärfen die Unionsparteien den Ton gegenüber dem Koalitionspartner FDP. Die jüngsten Festnahmen mutmaßlicher Terroristen zeigten, wie groß die Gefahr nach wie vor sei, sagt Fraktionschef Kauder und bezeichnet Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) als "Problem".

In Berlin wurden am gestrigen Donnerstag zwei Männer festgenommen, die von den Ermittlungsbehörden verdächtigt werden, Anschläge geplant und illegal mit Explosivstoffen hantiert zu haben. Diese Festnahmen zeigten, "dass die terroristische Bedrohung in Deutschland nach wie vor sehr hoch ist", sagte Unionsfraktionschef Volker Kauder den "Ruhr Nachrichten". "Die FDP muss endlich ihren Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung aufgeben", sagte der CDU-Politiker und griff Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, eine erklärte Gegnerin der Vorratsdatenspeicherung, direkt an. "Eine Justizministerin, die die Umsetzung einer verbindlichen EU-Richtlinie verweigert, ist ein Problem", sagte er. "Wir müssen hier im Herbst in der Koalition zu einem Ergebnis kommen."

Der innenpolitische Sprecher der Unions-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, äußerte sich ähnlich positiv über die Vorratsdatenspeicherung. Er sagte der "Mitteldeutschen Zeitung": "Ich hoffe, dass die Verbindungsdaten der Verdächtigen noch gespeichert und nicht dem Wegfall der Vorratsdatenspeicherung zum Opfer gefallen sind." Er hofft, dass über die gespeicherten Verkehrsdaten Informationen über mögliche Hintermänner der Verdächtigen gewonnen werden könnten. Nur so könne festgestellt werden, ob hinter den Tätern Netzwerke stehen, erklärte der konservative Politiker.

Daneben kommen auch von der SPD Forderungen nach einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Auch der frühere Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) hielt Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger vor, sie liege mit ihren Argumenten "völlig daneben".  Er frage sich, was an der Speicherung solcher Daten verwerflich sei, sagt er der "Welt". "Es werden ja keineswegs alle Bürger überwacht, sondern auf diese Daten wird nur im Fall eines Verdachts zugegriffen". Auch Schily forderte dringend eine Neuauflage der umstrittenen Sicherheitsmaßnahmen. Der SPD-Innenpolitiker Dieter Wiefelspütz warnte in der "Mitteldeutschen Zeitung" dagegen davor, den "sehr erfreulichen Fahndungserfolg" umgehend mit politischen Forderungen zu verbinden. Dies sei eine "vorschnelle Reaktion". "Wenn die Verdächtigen Handys haben, dann hat die Polizei sie längst und kann damit jede Menge Daten zurück verfolgen - unabhängig von der Vorratsdatenspeicherung." Tatsächlich hatte sich erst kürzlich herausgestellt, dass Mobilfunk-Anbieter eine große Menge an Verkehrsdaten speichern, obwohl dies momentan rechtswidrig ist. Er glaube aber auch, dass die Vorratsdatenspeicherung kommen müsse und kommen werde, sagte Wiefelspütz weiter.

Der Druck auf die FDP und auf Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger wächst somit weiter. Neben vielen deutschen Politikern drängt auch die EU auf eine schnelle Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung, da diese per EU-Direktive für alle Mitgliedsstaaten festgeschrieben ist.

Quelle: www.gulli.com
Titel: 50.000 zeichnen Petition gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 14 September, 2011, 17:12
Die von Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung eingereichte Petition an den Deutschen Bundestag gegen das anlasslose Sammeln von Telekommunikationsdaten hat am Mittwoch die Marke von 50.000 Mitunterzeichnern erreicht. Damit muss sich der Petitionsausschuss in einer öffentlichen Anhörung mit dem Anliegen beschäftigen.

(http://www.heise.de/imgs/18/7/1/1/6/3/2/nt-akv-4dd410364b2b12b9.gif)
Der Deutsche Bundestag soll nach Meinung des Petenten und der Mitunterzeichner beschließen, dass die verdachtlose Vorratsdatenspeicherung nicht zulässig ist. Der Bundestag soll auch die Bundesregierung auffordern, sich für eine Aufhebung der entsprechenden EU-Richtlinie und für ein europaweites Verbot der Vorratsdatenspeicherung einzusetzen. Die Petition läuft noch bis zum 6.[ ]Oktober 2011.

Die Netzpolitik-Lobbyvereinigung "Digitale Gesellschaft" kommentierte, dies sei "die zweite große erfolgreiche Petition gegen die Einschränkung digitaler Bürgerrechte" nach der Petition gegen Websperren. "Das Signal an die Politik ist eindeutig: Über 50.000 Menschen wenden sich gegen die anlassunabhängige Speicherung ihrer Daten."

Quelle : www.heise.de
Titel: TKG-Novelle: Unbegrenzte Speicherung der Verkehrsdaten durch neues Gesetz
Beitrag von: SiLæncer am 27 Oktober, 2011, 17:28
Die heute im Bundestag verabschiedete Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) erlaubt es, die Verkehrsdaten der Nutzer zeitlich unbegrenzt aufzuzeichnen. Die Ermittlungsbehörden haben darauf Zugriff.

Die Bundesregierung hat die Speicherung der Verkehrsdaten der Kunden durch die Netzbetreiber weiterhin zeitlich unbefristet ermöglicht. Der Bundestag hat in seiner Sitzung vom 27. Oktober 2011 die Novelle des Telekommunikationsgesetzes (TKG) beschlossen.

"Kurz vor der Beschlussfassung im Bundestag an diesem Donnerstag hat die Bundesregierung die Beschränkung der Speicherung der Daten auf weniger als drei Monate aus dem Entwurf des Telekommunikationsgesetzes gestrichen", sagte Michael Schlecht, Chefvolkswirt der Fraktion der Linkspartei. Schlecht kritisierte, dass auch die FDP dies mitgetragen habe.

Auch der Chef der Piratenpartei, Sebastian Nerz, kritisierte, dass die TKG-Novelle es ermöglicht, "Telekommunikationsdaten unbegrenzt zu speichern, die für die Abrechnung der Diensteanbieter untereinander benötigt werden." Zudem hätten die Ermittlungsbehörden Zugriff darauf. Das komme einer unbegrenzten Vorratsdatenspeicherung der Verkehrsdaten gleich und sei ein massiver Eingriff in die Grundrechte, sagte Nerz. Gleichzeitig sei die Novelle so knapp vor der Abstimmung veröffentlicht worden, dass eine echte Debatte im Bundestag kaum stattfinden konnte.

Andere kritisierten, dass eine wirksame Absicherung der Netzneutralität im Internet und eine Pflicht zur Breitbandversorgung durch einen Universaldienst nicht in der Gesetzesnovelle enthalten sei. "Unverständlich ist vor allem, dass die Koalition sich auch weiterhin einer gesetzlichen Absicherung der Breitband-Grundversorgung verweigert, die inzwischen Teil der Daseinsvorsorge geworden ist", sagte Martin Dörmann von der SPD-Bundestagsfraktion. Damit verweigere die Regierungskoalition vielen Menschen die Teilhabemöglichkeiten am technischen Fortschritt und lasse wirtschaftliche Potenziale ungenutzt.

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (VZBV) betonte, dass die Regelungen zu kostenlosen Warteschleifen sowie zu Telefonverträgen und Anbieterwechsel im TKG gut für die Verbraucher seien. Künftig dürfen Anbieter keine Entgelte für die Zeit verlangen, die ihre Kunden bei einem Anruf in einer Wartschleife verbringen. Der Bundestag beschloss eine Regelung, die sowohl erste als auch weiterleitende Warteschleifen erfasst und zwar für Festnetz- und Mobilfunk. Zudem gibt es künftig eine Ansagepflicht über die voraussichtliche Wartezeit. Für die praktische Umsetzung haben die Anbieter aber zwölf Monate Zeit.

Zieht ein Telefonkunde um, kann er seinen alten Vertrag nun mitnehmen, ohne dass dessen Mindestlaufzeit von vorne beginnt. Beim Telefonanbieterwechsel muss die Umschaltung auf den neuen Anbieter innerhalb eines Kalendertages erfolgen. Kommt es zu Problemen, muss der alte Anbieter die Versorgung des Kunden weiterhin gewährleisten. Sanktionen für den Fall, dass Anbieter dem nicht nachkommen, gibt es allerdings nicht.

Quelle : www.golem.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: EU-Mahnschreiben veröffentlicht
Beitrag von: SiLæncer am 22 November, 2011, 13:03
Die Aktivisten vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung veröffentlichten am heutigen Dienstag das - von Bundesregierung und EU bislang vertraulich behandelte - zweite Mahnschreiben der EU-Kommission an Deutschland zur Vorratsdatenspeicherung. Deutschland setzt die entsprechende EU-Richtlinie derzeit nicht um, weswegen ein Vertragsverletzungsverfahren läuft. Die Datenschützer wollen dieses stoppen.

In dem auf den 27.10.2011 datierten Schreiben (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/509/55/lang,de/#schreiben) werden zunächst noch einmal die Versäumnisse Deutschlands aufgelistet. Deutschland hatte die Vorratsdatenspeicherung zunächst umgesetzt. Nachdem jedoch im März 2010 die bis dahin gültige Umsetzung vom Bundesverfassungsgericht für verfassungswidrig erklärt wurde, gab es kontroverse Diskussionen darüber, ob und wie die Richtlinie erneut - und verfassungskonform - umgesetzt werden sollte. In der Folge ist die Vorratsdatenspeicherung bis heute nicht in Kraft. Das erregte bereits vor Monaten die Aufmerksamkeit der EU, die ein Vertragsverletzungsverfahren einleitete.

Eine "Teilumsetzung" der Richtlinie, etwa in Form der von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vorgeschlagenen sieben-tägigen "Mini-Vorratsdatenspeicherung", lehnt die EU in dem Schreiben erneut ausdrücklich ab. Diese verletze eine Reihe von in der Richtlinie festgelegten Bestimmungen, heißt es.

In der Folge kommt die EU-Kommission - vertreten durch EU-Kommissarin Cecilia Malmström - zu dem Schluss, dass Deutschland seinen Verpflichtungen gegenüber der EU nicht nachgekommen ist. Deutschland wird daher eine zweimonatige Frist gesetzt, die Direktive umzusetzen. Geschieht dies nicht, kann die EU-Kommission Klage vor dem Europäischen Gerichtshof erheben. Dieser kann dann eine Strafzahlung verhängen.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung erklärt, dass die Bundesregierung laut Mahnschreiben in einem früheren Schreiben die Absicht mitgeteilt habe, die Richtlinie umzusetzen. "Demgegenüber hat die Bundesregierung der EU nicht mitgeteilt, dass eine Beibehaltung des geltenden Verbots einer Vorratsdatenspeicherung beabsichtigt sei. Eine solche Meldung wäre nach dem EU-Vertrag jedoch Voraussetzung dafür, von der 2006 beschlossenen Richtlinie zur mindestens sechsmonatigen verdachtslosen Vorratsdatenspeicherung abweichen zu können," so die Aktivisten. Es hätten im Oktober jedoch 64.704 Bürgerinnen und Bürgern eine Petition unterzeichnet, die forderte, eine "Abweichung Deutschlands von der EU-Richtlinie 2006/24 zur Vorratsdatenspeicherung genehmigen zu lassen (Art. 114 Abs. 4 AEUV) und nötigenfalls die Genehmigung einzuklagen." Daher erwarte der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung - wie auch viele Bürger - von der Bundesregierung, "dass sie sich endlich auf eine Nichtumsetzung einigt und eine entsprechende Genehmigung der EU-Kommission beantragt."

"Insbesondere CDU und CSU müssen einsehen, dass es in der Koalition, in der Bevölkerung und selbst unter ihren eigenen Wählern keine Mehrheit für eine verdachtslose Speicherung aller unserer Verbindungen ins Blaue hinein gibt", fordert Michael Ebeling vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Stattdessen versucht man die Vorratsdatenspeicherung mit Hilfe jedes inhaltlich noch so fadenscheinigen Arguments gegen vielfach geäußerte Sachkenntnis durchdrücken zu wollen. Das war auch bei der Einführung der Vorratsdatenspeicherung Ende 2007 schon so und endete in der Nichtigerklärung durch das Bundesverfassungsgericht..."

Eine Einigung in dieser Frage zeichnet sich innerhalb der Bundesregierung nach wie vor nicht ab. Auch die Parteien sind zunehmend gespalten. Somit ist fraglich, dass innerhalb der zweimonatigen Frist - die Ende Dezember ausläuft - eine Einigung erreicht wird.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Friedrich schlägt viermonatige Vorratsdatenspeicherung vor
Beitrag von: ritschibie am 30 November, 2011, 12:00
In der Frage der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland wollen die Unionsparteien so schnell wie möglich eine Einigung erzielen. Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) bietet daher der FDP, die die Vorratsdatenspeicherung ablehnt, einen Kompromiss an. Statt sechs sollen die Verbindungsdaten nur noch vier Monate gespeichert werden - aber nur, wenn die EU zustimmt.

Insbesondere angesichts des laufenden EU-Vertragsverletzungsverfahrens wegen Deutschlands Nichtumsetzung der EU-Direktive zur Vorratsdatenspeicherung ist den Unionsparteien an einer schnellen Einigung gelegen. Dazu ist man nun offenbar auch zu Kompromissen bereit. Friedrich kann nicht versprechen, dass die viermonatige Speicherung tatsächlich umgesetzt wird. "Derzeit müssen wir die EU-Richtlinie umsetzten. Sie sieht eine Speicherfrist von sechs Monaten vor. Ich schlage der FDP vor, dass wir in Brüssel gemeinsam für eine Verkürzung dieser Frist auf vier Monate kämpfen", sagte der Minister gegenüber dem Nachrichtenmaganzin FOCUS Online, "Darüber hinaus sollen die Zugriffsmöglichkeiten der Behörden auf die Daten nur auf Fälle schwerer Kriminalität begrenzt werden."

Friedrich, der die Vorratsdatenspeicherung unter anderem vor dem Hintergrund der Neonazi-Morde für notwendig hält (gulli:News berichtete) erklärt, er wolle mit seinem Kompromissvorschlag "der FDP […] eine Brücke bauen, ihre Vorbehalte überwinden zu können." Er nehme die Einwände und Vorbehalte des Koalitionspartners ein, betonte der Minister.

Kritiker, darunter Internetnutzer und Datenschutz-Aktivisten, sind allerdings der Ansicht, dass eine Verkürzung der Speicherfrist nicht die grundsätzlichen Probleme mit der Vorratsdatenspeicherung löst. Bei ihnen dürfte dieser Vorschlag daher auf wenig Gegenliebe stoßen. Wie die FDP reagieren wird, bleibt abzuwarten.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Gegner planen Aktionstag am 14. Dezember
Beitrag von: SiLæncer am 04 Dezember, 2011, 15:00
(http://static.gulli.com/media/2011/12/thumbs/370/Spinnennetz01.jpg)
Am 14. Dezember - dem sechsten Jahrestag der zugrunde liegenden EU-Richtlinie - planen Gegner der Vorratsdatenspeicherung einen deutschlandweiten Aktionstag. Sie wollen an den Beschluss der Richtlinie erinnern und gleichzeitig den Stopp der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland und Europa fordern.

Im Rahmen des Aktionstages wollen die Datenschützer vor Abgeordnetenbüros möglicher Befürworter der Vorratsdatenspeicherung in ganz Deutschland große "Spinnennetze" aufstellen/aufhängen. Diese sollen die Vorratsdatenspeicherung visualisieren, in deren Netz, wie die Aktivisten erklären, "unsere Kontakte, Bewegungen, Vorlieben und Interessen hängen bleiben". Passend dazu haben die Organisatoren das Motto "Lasst euch nicht einwickeln - Stoppt die Vorratsdatenspeicherung!" gewählt. Die genaue Ausgestaltung der Aktionen wird der Kreativität der jeweiligen Aktivisten überlassen; in einem Wiki werden bereits Ideen gesammelt. Entsprechendes Material will der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung den Aktivisten zur Verfügung stellen.

Auf nationaler Ebene fordern die Aktivisten, "in Deutschland keinerlei verdachtslose Vorratsspeicherung von Informationen über jedes Telefonat, jede SMS, jede E-Mail oder jede Internetverbindung wieder anzuordnen". Die EU soll die Richtline zur Vorratsdatenspeicherung aufheben und "jede verdachtslose Vorratsspeicherung von Verbindungsdaten europaweit […] verbieten."

Bislang planen sechs regionale Gruppen, darunter Gruppen aus Hamburg, Regensburg und Berlin, sich an der Aktion zu beteiligen. Außerdem unterstützt das Büro des grünen Abgeordneten und Netzpolitik-Experten Konstantin von Notz die Aktion. Die Organisatoren hoffen auf weitere Teilnehmer.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Weiter keine Einigung in Sicht
Beitrag von: SiLæncer am 11 Dezember, 2011, 20:12
CDU/CSU und SPD wurden sich auf der gestern in Wiesbaden abgehaltenen Innenministerkonferenz offenbar in der Frage der Vorratsdatenspeicherung einig. Diese Einigkeit erhöht den Druck auf die FDP. Die jedoch bleibt bislang standhaft: Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger und andere namhafte FDP-Mitglieder bleiben bei ihrem Nein zur umstrittenen Sicherheitsmaßnahme.

SPD-Politiker hatten sich in den letzten Monaten zunehmend als Befürworter der Vorratsdatenspeicherung positioniert. Auch auf der Inneministerkonferenz zeigten sich die SPD-Minister in dieser Hinsicht durchaus weitgehend auf einer Linie mit der CDU. Schnell kam es zu einer Einigung in den wichtigen Fragen rund um die Vorratsdatenspeicherung. Die Unionsparteien lobten die SPD hinterher demonstrativ für ihre Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung im Namen der Terrorismusbekämpfung - und erhöhten damit den Druck auf die FDP, die als kleinerer Partner in der Regierungskoalition die Vorratsdatenspeicherung bislang stets ablehnte.

Insbesondere an Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger richtet sich die Aufforderung der Union, angesichts der rechtsextremistisch motivierten Mordserie des Nationalsozialistischen Untergrunds (NSU) den Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung aufzugeben. Leutheusser-Schnarrenberger zeigte sich bislang jedoch unbeeindruckt. "Zwölf Jahre haben die Sicherheitsbehörden bei der Fahndung nach den NSU-Mitgliedern versagt - das kann mit Hilfe der Vorratsdatenspeicherung nicht aufgearbeitet werden", sagte die Ministerin am heutigen Samstag gegenüber der Süddeutschen Zeitung. Sie warnte davor, den Eindruck zu erwecken, die Vorratsdatenspeicherung sei ein "Allheilmittel".

Auch Behauptungen, bei Nichtumsetzen der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung drohten Strafzahlungen ab Ende Dezember wies die Ministerin zurück, ohne allerdings auf die Hintergründe ihrer gegenteiligen Einschätzung näher einzugehen. Ihre Aussage deckt sich mit der Einschätzung von Datenschützern, die ebenfalls davon ausgehen, dass "auch wenn die von der EU-Kommission gesetzte Frist bis zum 27.12. verstreicht, keinesfalls gleich Strafzahlungen zu leisten sind." Es gebe nach Verstreichen der Frist "keinen 'Strafbescheid', sondern allenfalls eine Ankündigung, in welcher Höhe Strafzahlungen beim Gerichtshof beantragt werden sollen". Bis zur Entscheidung des Gerichtshofes werde es voraussichtlich etwa ein Jahr dauern.

Breyer verweist außerdem darauf, dass Deutschland eine Genehmigung zur Nichtumsetzung der Richtlinie bei der EU beantragen könnte. Dies wurde bereits in einer im Oktober eingereichten, von 67.000 Bundesbürgern unterzeichneten Petition gefordert. Darüber hinaus, so der Jurist und Datenschutz-Aktivist, würde eine etwaige Strafzahlung an die EU nach Berechnungen des Arbeitskreises Vorratsdatenspeicherung nicht mehr als 86 Cent pro Bürger und Jahr betragen. Dies liege deutlich unter den Kosten, die für eine Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung anfallen würden (beispielsweise aufgrund der notwendigen Infrastruktur). Außerdem, so ergänzt Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, wäre es "erbärmlich, wenn der Bundesregierung die unbefangene Telefon-, Handy-, E-Mail- und Internetnutzung keine 86 Cent pro Person wert wäre".

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Datenschützer protestierten in zahlreichen Städten
Beitrag von: SiLæncer am 15 Dezember, 2011, 19:01
In mehr als 20 Städten erfolgten gestern Protestaktionen gegen die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung. Anlass des Aktionstages war der sechste Jahrestag des Beschlusses des EU-Parlaments. Der Forderung der EU zur Wiedereinführung ist die Regierung der Bundesrepublik Deutschland nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom März 2010 bis jetzt nicht nachgekommen.

Am gestrigen Mittwoch fanden zahlreiche Protestaktionen in Deutschland, Luxemburg und Österreich statt. Vor dem Brandenburger Tor, den Büros mehrere Abgeordneter - darunter der Landtagsabgeordneten Margit Wild (SPD) und des MdB Peter Aumer (CSU) - und an weiteren Orten wurde gegen die anlasslose und flächendeckende Überwachung aller Kommunikationsdaten protestiert. Die Teilnehmer spannten vielerorts Datennetze auf, in denen symbolträchtig die Begriffe Freiheit, Privatsphäre, Unschuldsvermutung und viele mehr eingefangen wurden. Zum Schluss der Aktion wurde das Datennetz durchtrennt.

Mit der Übergabe von mehr als 4.000 Unterschriften an das Parlament versuchte man in Wien das geplante Inkrafttreten der Umsetzung der EU-Richtlinie durch Österreich zu verhindern. In Deutschland setzt sich der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung dafür ein, dass sich die Bundesregierung auf EU-Ebene mit Hilfe rechtlicher Schritte für eine „Wahrung der Grundrechte“ aller Bürgerinnen und Bürger stark machen soll. Aus diesem Grund wurde ebenfalls eine gemeinsame Erklärung veröffentlicht, die insgesamt 34 Verbände unterzeichnet haben.

Zahlreiche Fotos des Aktionstages aus Düsseldorf, Berlin, Würzburg, München, Potsdam und anderen Städten können hier im Wiki des AK Vorrat eingesehen werden.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Brüssel bei der Vorratsdatenspeicherung in Erklärungsnot
Beitrag von: SiLæncer am 05 Januar, 2012, 21:00
Die EU-Kommission fühlt sich in Sachen Vorratsdatenpeicherung von den Mitgliedsstaaten nicht ausreichend unterstützt. Brüssel beklagt in einem Bericht, dass nur elf von 27 EU-Ländern Daten geliefert hätten, die einen Mehrwert der umstrittenen Maßnahme nahelegten. Man habe daher mit der Wahrnehmung zu kämpfen, dass die Vorratsdatenspeicherung für die öffentliche Sicherheit und die Strafverfolgung wenig bringe. Das nach Konsultationen mit betroffenen Interessengruppen gezogene Zwischenfazit (http://quintessenz.at/doqs/000100011699/2011_12_15,Eu_Commission_data_retention_reform.pdf) (PDF-Datei) hatte die österreichische Bürgerrechtsorganisation Quintessenz veröffentlicht.

Rechtliche Unsicherheiten, die bei der Abfassung der Richtlinie noch in Kauf genommen worden waren, stellen die Kommission laut dem Papier nun vor Probleme. So bewahren Diensteanbieter auch Informationen etwa zu Chats, Instant Messaging oder Filesharing auf, obwohl diese größtenteils nicht zu den von der Direktive erfassten "Verkehrsdaten" zählen. Abgrenzungsschwierigkeiten gibt es ferner beim Mailverkehr, wo es sowohl die klassische E-Mail als auch webbasierte Services gibt. Hier zeigt sich, dass Inhalts- und Verbindungsdaten nicht klar zu trennen sind.

Trotz zahlreicher Bemühungen der Standardisierungs-Organisation (ETSI) gibt es zudem nach wie vor keinen einheitlichen Zugang zu den Vorratsdaten gewährleisten. Vielen Beobachtern ist zudem nach wie vor unklar, ob die begehrten Verbindungs- und Standortdaten von vielen Telcos nicht auch ohne die EU-Vorgaben aufbewahrt werden. Für die Bürger ist darüber hinaus schwer nachvollziehbar, dass die von der Kommission erwarteten Vorteile der Vorratsdatenspeicherung tatsächlich bestehen. Für eventuelle Datenschutzpannen besteht keine Meldepflicht, was das Vertrauen der Bevölkerung in die Maßnahme nicht stärkt.

Es rächt sich auch, dass Brüssel den Zugriff auf die Datenhalden auf "schwere Straftaten" beschränkt hat, da dieser Begriff im EU-Recht nicht definiert ist. "Mittels Telekommunikation" begangene Delikte und "Hacking-Straftaten" ließen sich so nicht fassen, meint die Kommission. Zugleich weiß sie von andauernden Forderungen von Rechteinhaber, die Vorratsdaten auch zur Verfolgung von Copyright-Verstößen freizugeben. Andererseits sitzen Brüssel die Datenschutzbeauftragten im Rücken, die schon jetzt eine "schleichende Ausweitung" der Richtlinie fürchten. Strafverfolger wiederum monieren, dass Vorratsdaten nur schwierig grenzüberschreitend ausgetauscht werden können.

Nicht zuletzt beklagen die betroffenen Unternehmen Unklarheiten bei den vorzuhaltenden Daten. Einige Mitgliedsstaaten setzen die Maximalvorgaben der Richtlinie als Mindestanforderung um. Ein großes Minus aus Wirtschaftssicht bleibt, dass die Richtlinie keine Vorgaben zur Kostenerstattung macht. Business-to-Business-Anbieter und mittelständische Provider haben ferner fast keine Anfragen von Sicherheitsbehörden, aber fast die gleichen Kosten wie größere Konkurrenten.

Der Bericht fügt sich an die im vergangenen Frühjahr veröffentlichte Evaluierung der EU-Vorgaben an. Sie hatte ergeben, dass die Umsetzung in den Mitgliedsstaaten chaotisch und willkürlich erfolgt. Die Kommission, die trotz der Misere auf die Implementierung der Richtlinie in Ländern ohne derzeitige Vorratsdatenspeicherung wie der Bundesrepublik drängt, möchte bis zum Mai nun weitere Studien auch über weniger in die Grundrechte einschneidende Alternativen durchführen und im Juli einen Vorschlag zum weiteren Vorgehen machen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Studie zu Effekt von Vorratsdaten
Beitrag von: Jürgen am 27 Januar, 2012, 12:37
aus dem Videotext der ARD:
P110 ARDtext Fr 27.01.12 12:00
      Nachrichten tagesschau
Studie zu Effekt von Vorratsdaten     
                                       
Die Vorratsdatenspeicherung hat laut einer Studie keine messbaren Auswirkungen auf die Aufklärung von Straftaten.
                                       
Das Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht in Freiburg fand auch keine Hinweise, dass eine solche Datenauswertung Terroranschläge verhindert hätte.
Die Autoren der vom Justizministerium in Auftrag gegebenen Studie verwiesen darauf, dass ihr Ergebnis eine Momentaufnahme sei. 
                                       
Staatssekretär Stadler sieht die Position des Justizministeriums im Streit mit dem Innenministerium gestärkt. 

Somit entfällt wohl jede Rechtfertigung für solche erheblichen Eingriffe in unsere Rechte.
In die der überwachten Bürger ebenso wie in die der Kommunikationsanbieter, die die Daten erfassen, speichern und weitergeben müssen.
Staatliche Eingriffe müssen stets verhältnismäßig sein, und die Staatsorgane haben die Freiheit der Bürger zu schützen, nicht zu zerstören.

Wenn beispielsweise die Zusammensetzung von Lebensmitteln oder Medikamenten von unseren Behörden oft als Betriebsgeheimnis angesehen wird, und daher staatliche Einblicke in Rezepturen und den tatsächlichen und detaillierten Materialeinsatz am jeweiligen Produkt nur in besonders begründeten Einzelfällen erfolgen, dann muss für unsere Provider im Grunde dasselbe gelten. Und so wie jedermann sein Brot frei kaufen und unprotokolliert beleibig verzehren darf, muss das auch für seine Kommunikation gelten.

Weder Stasi noch Gestapo hatten je den Zweck oder irgendeinen Erfolg, Terroranschläge oder andere schwere Angriffe auf die Bevölkerung zu verhindern.
Der Schoß. aus dem das kroch, ist fruchtbar noch. (Bertolt Brecht)

Jürgen
Titel: Vorratsdatenspeicherung vs. Grundrechte
Beitrag von: SiLæncer am 28 Januar, 2012, 21:20
Knapp zwei Jahre nach einer ersten Ankündigung hat der irische High Court jetzt den Europäischen Gerichtshof (EuGH) wegen der Brüsseler Vorgaben zur Vorratsdatenspeicherung angerufen. Laut irischen Medienberichten sollen die Richter in Luxemburg prüfen, ob diese EU-Richtlinie Grundrechte der Nutzer respektiert, wie sie in der europäischen Grundrechtecharta verbrieft sind. Das Oberste Zivil- und Strafgericht Irlands möchte zudem wissen, ob eine nationale Umsetzung der Bestimmungen auch die Datenschutzartikel der Europäischen Menschenrechtskonvention beachten muss. In diesem Fall könnte zusätzlich der Straßburger Menschengerichtshof eingeschaltet werden.

Der EuGH beschäftigte sich auf Antrag der irischen Regierung schon einmal mit der umkämpften Richtlinie. Damals galt es aber nur die Frage zu klären, ob die Vorgaben unter formellen Gesichtspunkten auf Basis der angemessenen Rechtsgrundlage zustande gekommen seien. Grundrechtsfragen sparten die Richter in ihrem Urteil von 2009 komplett aus.

Der Berliner Datenschutzbeauftragte Alexander Dix betonte am Freitag auf einer Konferenz zum heutigen Europäischen Datenschutztag, dass die Menschenrechtskonvention nicht nur die Inhalte, sondern auch die Begleitumstände von Kommunikation schütze. Ausnahmen würden nur gestattet, wenn sie in einer demokratischer Gesellschaft notwendig für die Sicherheit seien. Dix zeigte sich überzeugt, dass die durch eine pauschale Aufzeichnung von Verbindungs- und Standortdaten verursachten tiefen Grundrechtseingriffe nicht mit dieser Bestimmung in Einklang zu bringen sei.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung appellierte ans Bundesjustizministerium, sich aktiv in das Verfahren einzubringen und "die Unwirksamkeit und Unverhältnismäßigkeit von Vorratsdatenspeicherungen" aufzuzeigen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Großbritannien goes Vorratsdatenspeicherung heavy
Beitrag von: SiLæncer am 19 Februar, 2012, 20:20
(http://static.gulli.com/media/2012/02/thumbs/370/Ueberwachung-Surveillance-Leduc.jpg)
Wie der "Telegraph" berichtet, soll in Großbritannien eine überaus umfangreiche Vorratsdatenspeicherung eingeführt werden. Neben allen Telefonnummern, Kurznachrichten und E-Mails will man dort sogar alle angesurfte Webseiten speichern, was den Geheimdiensten eine direkte Kontrolle aller sozialen Netzwerke eröffnen würde. Die Internet-Provider sollen die Daten für ein ganzes Jahr speichern.

Die Gesetzesinitiative soll auf Druck der Sicherheitsdienste umgesetzt werden, die dann auf zahlreiche Informationen zugreifen könnten. Die Ermittler sollen sogar einen "Echtheit"-Zugang auf alle Telefon- und Online-Daten erhalten. Der Vorschlag zur VDS heavy kam vom britischen Inlandsgeheimdienst MI5, dem Auslandsgeheimdienst Mi6 und der Regierungsbehörde Government Communications Headquarters (GCHQ).

Zumindest der Inhalt der Telefongespräche, SMS oder E-Mails ist von der neuen Regelung nicht betroffen. Die jetzige Regierung hatte sich im geltenden Koalitionsvertrag klar gegen derartig radikale Überwachungsmaßnahmen ausgesprochen. Mit der in dieser Form angedachten Vorratsdatenspeicherung würde die Regierung eine Drehung um 180 Grad vollziehen.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Kritisches Gutachten manipuliert?
Beitrag von: SiLæncer am 11 März, 2012, 22:00
Aktuellen Medienberichten zufolge gibt es in Deutschland eine neue Kontroverse um die Vorratsdatenspeicherung. Demnach wirft die CSU Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) vor, das viel diskutierte Gutachten des Max-Planck-Instituts über die Wirksamkeit der umstrittenen Sicherheitsmaßnahme manipuliert zu haben.

Das Gutachten "Schutzlücken durch Wegfall der Vorratsdatenspeicherung?" des renommierten Forschungs-Instituts kam zu dem Schluss, dass der Verzicht auf eine Vorratsdatenspeicherung in Deutschland die Aufklärung schwerer Verbrechen nicht signifikant erschwert habe. Dementsprechend wurde das Dokument von vielen Vorratsdatenspeicherungs-Gegnern - darunter auch der Bundesjustizministerin -  als Beleg der ablehnenden Haltung gegenüber einer Wiedereinführung der umstrittenen Sicherheitsmaßnahme herangezogen.

Nun gibt es aber Streit um das Gutachten: die CSU wirft der FDP vor, das Ergebnis der Forschung des Max-Planck-Instituts beeinflusst zu haben. Wie das IT-Newsportal "heise online" unter Berufung auf die neueste Ausgabe des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" berichtet, sollen verschiedene Versionen des Gutachtens erheblich voneinander abweichen. Demnach soll eine 200 Seiten lange erste Fassung des Gutachtens, die dem Ministerium bereits im August 2010 übermittelt wurde, zu komplett anderen Ergebnissen gekommen sein als die spätere Version. Der Spiegel hat das Dokument nach eigenen Angaben vorliegen und berichtet, in diesem sei "Kritik an der Vorratsdatenspeicherung nicht zu finden". Vielmehr hätten die Autoren regelrecht "auf eine Neuregelung der umstrittenen Speicherpflicht gedrängt".  Auf das Instrument zu verzichten sei eine "politische Abwägung zu Lasten der Strafverfolgung", zitiert der Spiegel die ältere Fassung des Gutachtens.

Zur Erklärung dafür, dass nicht die erste Version des Gutachtens als Entscheidungsgrundlage herangezogen wurde, heißt es im heise-Bericht: "Als das Max-Planck-Institut das Papier 2010 präsentierte, forderte das Bundesjustizministerium laut Spiegel umfangreiche Nachbesserungen und verwies auf vertraglich vereinbarte Leistungen, die nicht erbracht worden seien." Demnach habe das Ministerium verlangt, zusätzliche Daten aus dem Jahr 2009 mit einzubeziehen sowie den neuen Schwerpunkt "Ermittlungseffizienz und Aufklärungsquote" mit in das Gutachten aufzunehmen. Dies führte letztendlich zu der aktuellen, mittlerweile im Internet einsehbaren Version des Gutachtens, auf die sich Leutheusser-Schnarrenberger beruft.

Ein Sprecher des Justizministeriums wies die Manipulationsvorwürfe zurück. Die Ergebnisse des renommierten Max-Planck-Instituts sprächen für sich. Das Max-Planck-Institut kommentierte die Vorgänge bislang nicht. Die Unionsparteien dagegen zeugen sich empört. Der CSU-Innenexperte Stephan Mayer bezeichnete das Gutachten als "Gefälligkeitsgutachten auf Kosten der Steuerzahler". Der Vorfall müsse aufgeklärt werden. Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Wolfgang Bosbach, erklärte: "Offensichtlich war der Bundesjustizministerin die Originalstudie zu positiv." Darum habe sie Nachbesserungen in ihrem Sinne erwartet.

Bekanntermaßen lassen sich viele Statistiken in die eine oder andere Richtung auslegen, was auch und gerade in der Politik viel und gern getan wird. Ob hier allerdings, wie es die CDU/CSU unterstellt, über die übliche Interpretationsfreiheit hinaus manipuliert wurde, wird aufgeklärt werden müssen. Gegner der Vorratsdatenspeicherung dürften die Vorgänge mit Besorgnis zur Kenntnis nehmen, würde doch eine Manipulation wie die von der Union unterstellte ihre Glaubwürdigkeit merklich herabsetzen. Genau deswegen darf allerdings auch die Möglichkeit nicht außer acht gelassen werden, dass es sich hier um einen politisch motivierten Versuch handelt, Leutheusser-Schnarrenberger als entschiedene Gegnerin einer Vorratsdatenspeicherung zu diskreditieren, um die seit rund zwei Jahren kontrovers diskutierte Wiedereinführung doch noch durchzusetzen.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherungs-Studie: Datenschützer sieht keine Manipulation
Beitrag von: SiLæncer am 12 März, 2012, 06:00
In einem Blogeintrag nimmt der Jurist und Datenschutz-Aktivist Patrick Breyer Stellung zur aktuellen Diskussion um die angeblich manipulierte Studie des Max-Planck-Instituts zur Vorratsdatenspeicherung. Breyers Fazit: es habe keine Manipulation gegeben; die zweite Version weiche lediglich von der ersten ab, da zuvor wichtige Fakten nicht berücksichtigt worden seien.

Die Unionsparteien werfen Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), einer erklärten Gegnerin der Vorratsdatenspeicherung, vor, das Gutachten in ihrem Sinne beeinflusst zu haben. Zwischen einer ersten Version des Gutachtens und der endgültigen, auf Betreiben der Ministerin nachgebesserten Version gibt es erhebliche Diskrepanzen. Viele Unions-Politiker begründen dies damit, dass Leutheusser-Schnarrenberger ein "Gefälligkeitsgutachten" habe anfertigen lassen, nachdem die erste Version zu positiv gegenüber einer Vorratsdatenspeicherung ausgefallen sei.

Breyer hält diese Unterstellungen für unzutreffend. Er erklärt, die Unterschiede zwischen der ersten und der zweiten Version des Gutachtens seien logisch erklärbar, wenn man die Hintergründe kenne. Er berichtet, die erste Version des Gutachtens sei schlicht zu subjektiv gewesen: "Dass sich die erste Fassung tendenziell noch für eine Vorratsdatenspeicherung aussprach, ist kein Wunder, wenn man ihre Grundlage berücksichtigt: Grundlage waren damals noch einzig Gespräche der Forscher mit Polizei und Staatsanwälten. Polizisten und Staatsanwälte behaupten seit jeher unbeirrt von allen Zahlen die Erforderlichkeit einer Vorratsdatenspeicherung. Als Grundlage für eine wissenschaftliche Evaluierung waren diese 'Experteninterviews' schlichtweg ungeeignet. BKA und Staatsanwälte können nur ihre subjektive Wahrnehmung schildern. Ob und in wievielen Fällen die Vorratsdatenspeicherung tatsächlich Einfluss auf Ermittlungsverfahren hatte, können sie nicht wissen, weil ihnen ein statistisch valider Überblick fehlt."

Diese begrenzte, subjektive, wie Breyer schreibt "unkritische" Perspektive - und nicht etwa der Wunsch nach einem Gefälligkeitsgutachten - sei der Grund gewesen, weswegen das Bundesjustizministerium eine Nachbesserung der Studie verlangt habe, betont Breyer. Wichtige empirische Daten zur Aufklärungsquote seien erst in die zweite Version des Gutachtens eingeflossen. In diesem Zuge sei dann auch die mangelnde empirische Aussagekraft der Experten-Interviews berücksichtigt worden. "Folgerichtig kam diese Fassung dann zu dem richtigen Ergebnis, dass das Ende der verdachts- und wahllosen Vorratsdatenspeicherung keinen erkennbaren Einfluss auf die Zahl der begangenen und den Anteil der aufgeklärten Straftaten in Deutschland hatte," berichtet der Datenschützer.

Dem Bundesjustizministerium, so Breyer, sei allenfalls vorzuwerfen, zunächst eine ungenügende Studie in Auftrag gegeben zu haben. "Nachdem dieser Ansatz zu einem erwartungsgemäß untauglichen Ergebnis führte, erweckt es den Eindruck einer politischen Einflussnahme auf unliebsame Forschungsergebnisse, dass die Untersuchung nachträglich auf eine wesentlich andere Grundlage gestellt werden musste und davon ausgehend - richtigerweise - zu einem anderen Ergebnis gekommen ist. Leider beschädigt dieses Hin und Her das Vertrauen in das Ergebnis. Hätte das Ministerium sogleich den richtigen Untersuchungsauftrag erteilt, wäre das nicht passiert," schreibt der Jurist. Um derartiges Hin und Her, ebenso wie politische Einflussnahme und "Auftragsforschung", in Zukunft zu verhindern, fordert er, dass "künftig anstelle von Regierungsbehörden eine dem Bundestag unterstellte, unabhängige Deutsche Grundrechteagentur Evaluierungen durchführt."

Quelle: www.gulli.com
Titel: AK Vorrat sucht Kläger für Verfahren gegen Telekommunikationsanbieter
Beitrag von: SiLæncer am 13 März, 2012, 20:40
(http://static.gulli.com/media/2012/03/thumbs/370/akvorrat.jpg)
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung sucht Freiwillige, die gegen ihren Festnetz- oder Mobilfunkanbieter klagen möchten. Denn nach Angaben der Aktivisten speichern etliche Unternehmen die Verbindungsdaten ihrer Kunden über einen längeren Zeitraum, obwohl dies aus Abrechnungsgründen nicht notwendig ist. Hierin sieht der Verband eine Verletzung des Telekommunikationsgesetzes.

Ein teilweise veröffentlichter Leitfaden der Generalstaatsanwaltschaft München sorgte bereits im Juni vergangenen Jahres für Diskussionen über die Speicherpraktiken bei Telekommunikationsanbietern. Aus dem Blatt ging hervor, dass die Anbieter Telekom Mobil, Vodafone, Telefonica/O2 Mobil und E-Plus Daten ihrer Kunden teilweise weit über den notwendigen Zeitraum speichern. Dies wertet der AK Vorrat als eine Verletzung des Telekommunikationsgesetzes wonach Anbieter "für die Abrechnung nicht erforderliche Daten [...] unverzüglich zu löschen" haben. Auch die umstrittenen Funkzellenabfragen in Berlin und Dresden wurden durch diese Praktiken möglich gemacht.

Entsprechend planen die Aktivisten nun auf rechtlichem Wege, gegen diesen Sachverhalt vorzugehen. Für ein Gerichtsverfahren werden jedoch Bürger benötigt, die sich gerichtlich gegen ihren Anbieter durchsetzen wollen. „Wenn Sie einen Telefonvertrag und eine Rechtsschutzversicherung haben und mitklagen möchten, melden Sie sich bitte bis zum 31. März bei uns“, heißt es in einem offiziellen Aufruf des Vereins. Besondere Voraussetzungen für die Teilnahme an der Aktion gibt es nicht. Lediglich der abgeschlossene Mobilfunk- oder Festnetzvertrag bei einem der Anbieter sollte noch einige Zeit laufen, sodass die Gegenpartei das Geschäftsverhältnis nicht zur nächsten Frist beendet und so einem Verfahren entgeht. Um die rechtliche Betreuung kümmert sich der Arbeitskreis mit einem Anwalt, der bereits die Verfassungsbeschwerde gegen die Vorratsdatenspeicherung erfolgreich durchsetzen konnte.

Interessenten werden angehalten, sich bis zum 31. März beim Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung zu melden. Wer sich nicht gegen eines der Unternehmen gerichtlich zur Wehr setzen möchte, kann ferner mittels einer Musteranfrage Auskunft über die von ihm gespeicherten Informationen einfordern.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: EU will Deutschland Ultimatum setzen
Beitrag von: SiLæncer am 21 März, 2012, 16:46
Die EU-Kommission hat Deutschland eine Frist gesetzt, die Vorratsdatenspeicherung zügig wieder einzuführen. Innerhalb der nächsten vier Wochen muss die Bundesrepublik die umstrittene EU-Richtlinie umgesetzt haben, anderenfalls drohen rechtliche Konsequenzen. Viele Befürworter der Vorratsdatenspeicherung sehen sich in ihrer Position bestärkt.

Einem Bericht der Süddeutschen Zeitung in ihrer Ausgabe vom heutigen Mittwoch zufolge will die in Brüssel ansässige EU-Kommission der Bundesregierung im Laufe dieser Woche, wahrscheinlich noch heute oder morgen, ein entsprechendes Ultmatum setzen. Vier Wochen soll Deutschland dann Zeit haben, um die seit dem März 2010 ausgesetzte Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen. Wird diese Frist nicht eingehalten, droht Deutschland eine Klage vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) und letzten Endes eine Geldstrafe. Dies zeichnete sich bereits seit einer Weile ab.

Einige Befürworter der Vorratsdatenspeicherung nehmen den Bericht erwartungsgemäß zum Anlass, ihre Forderung nach einer schnellen Wiedereinführung noch einmal zu untermauern. So sagte etwa der Niedersächsische Justizminister Bernd Busemann (CDU): "Seit März 2010 hat [Bundesjustizministerin] Leutheusser-Schnarrenberger den klaren Auftrag vom Bundesverfassungsgericht bekommen, die Vorratsdatenspeicherung neu zu regeln. Geschehen ist seither so gut wie nichts. Nun bekommt sie die Quittung aus Brüssel und der Steuerzahler wird in Haftung genommen." Der Minister setzt sich auch tatkräftig für die Wiedereinführung ein, wie er berichtet: Er selbst habe gemeinsam mit seinem Kabinettskollegen, dem Niedersächsischen Innenminister Uwe Schünemann, der Bundesjustizministerin eine Formulierungshilfe für eine verfassungskonforme Neuregelung übersandt, auf die sie gern zurückgreifen könne. "Man kann es nicht oft genug wiederholen. Das Bundesverfassungsgericht hat im März 2010 die Vorratsdatenspeicherung ausdrücklich für zulässig erklärt und lediglich die damals geltenden Umsetzungsregelungen aufgehoben", betonte Busemann. Deshalb stehe einer neuen, angepassten Regelung nicht nur nichts im Wege. "Sie ist zwingend geboten, wenn Justiz- und Polizeibehörden nicht weiterhin an der effektiven Aufklärung schwerer und schwerster Straftaten gehindert werden sollen", so Busemann. Die Vorratsdatenspeicherung sei insbesondere für die Bekämpfung von organisierter Kriminalität und Terrorismus, aber "auch und gerade bei der Verfolgung von sexuellem Missbrauch und Kinderpornographie, die heutzutage fast ausschließlich über das Internet erfolgen, unverzichtbar", betonte der CDU-Politiker. Der derzeitige Verzicht auf eine Vorratsdatenspeicherung schütze die Täter. Zudem sei der Eingriff in die Privatsphäre kleiner als von vielen Kritikern angenommen, da lediglich Verbindungsdaten und nicht die Inhalte der Kommunikation protokolliert würden.

Ähnlich hatte sich kürzlich auch schon Bayerns Justizministerin Dr. Beate Merk (CSU) geäußert. Diese nahm die Ankündigung der EU-Sanktionen zum Anlass, um ihre Forderung nach einer Vorratsdatenspeicherung noch einmal zu bekräftigen. "Es ist ein Unding, dass Deutschland sich erst vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen lassen muss, bevor etwas geschieht. Letztlich muss dann der Steuerzahler auch noch dafür bezahlen, dass seine Sicherheit vernachlässigt wird", so Merk. "Ein Rechtsstaat macht sich auch unglaubwürdig, wenn er vom Bürger verlangt, sich an die Gesetze zu halten, selbst aber hartnäckig Europarecht missachtet." Merk erhebt schwere Vorwürfe gegen die Vorratsdatenspeicherungs-Gegner. Sie beschuldigt diese, aus ideologischen Gründen bei den Menschen unberechtigte Ängste zu schüren. Auch Merk betonte noch einmal, dass lediglich Verbindungsdaten gespeichert würden und der Zugriff auf diese juristisch eng beschränkt sei.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung: EU will Deutschland Ultimatum setzen
Beitrag von: Jürgen am 22 März, 2012, 01:12
Meine Idee dazu:
- Frist ignorieren, denn Vorratsdatenspeicherung widerspricht unserer Verfassung, und derartige schwere Eingriffe stehen der EU schlicht nicht zu
- verklagen lassen bis der Arzt kommt, gut zehn Jahre in die Instanzen gehen
- notfalls die Zuständigkeit der EU und ihrer Gerichte abstreiten
- Strafen keinesfalls zahlen, "dann schmeißt uns doch raus"  :rauch

Was die Franzosen in der Nato konnten und u.a. die Briten in der EU, das sollte Deutschland auch gelingen.
BTW, sollte es zum "Schlimmsten" kommen, dann könnte die EU von mir aus auch gleich den Euro samt Rettungsschirmen mitnehmen.
Und den Gürtel deutlich enger schnallen   :ha

Jürgen
Titel: Streit über Vorratsdatenspeicherung geht weiter
Beitrag von: SiLæncer am 24 März, 2012, 13:30
In der Auseinandersetzung über das Thema Vorratsdatenspeicherung ist eine Einigung von Union und FDP nicht in Sicht – auch nach dem Ultimatum der EU-Kommision, das verlangt, binnen vier Wochen für die Umsetzung der 2006 beschlossenen Richtlinie 2006/24/EG zur Vorratsdatenspeicherung zu sorgen.

Der CSU-Innenpolitiker Hans-Peter Uhl beharrte in der Tageszeitung "Die Welt" darauf, eine anlasslose Speicherung von Telefon- und Internet-Verbindungsdaten einzuführen, was die FDP strikt ablehnt. Uhl betonte, die Ermittlung des Todesschützen von Toulouse, Mohamed Merah, sei nur dadurch möglich gewesen, dass die Behörden den Computer von dessen Mutter anhand der IP-Adresse ausfindig gemacht hätten. "Bei uns wäre die Ermittlung des Mörders nicht möglich gewesen", sagte er. Für Uhl ist der französische Ermittlungserfolg ein Beleg dafür, dass die Vorratsdatenspeicherung Leben retten könne. Der Druck auf Justizministerin Leutheusser-Schnarrenberger wachse.

Dagegen lehnte der FDP-Vorsitzende Philipp Rösler das Unions-Modell erneut ab: "Eine anlasslose Speicherung von Daten würde bedeuten, dass der Staat pauschal seine Bürger verdächtigt, sie könnten irgendwann einmal Straftäter werden." Rösler verwies erneut auf das Konzept von Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP), das nur eine Datenspeicherung bei einem konkreten Anlass vorsieht ("Quick-Freeze").

Rösler nannte das Verfahren in der Samstagsausgabe des "Hamburger Abendblatts" einen "tragfähigen Vorschlag" und fügte hinzu: "Wir erwarten, dass die Union jetzt ihren Widerstand gegen das konstruktive 'Quick-Freeze'-Modell aufgibt." Die Union hingegen hält dieses Verfahren für völlig unzureichend.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Streit über Vorratsdatenspeicherung geht weiter
Beitrag von: Jürgen am 25 März, 2012, 00:34
Der "Innenpolitiker" verdreht die Tatsachen bis zum Gegenteil.
Das wirft ein ganz seltsames Licht auf seine Wahrnehmung und / oder Absichten.

Der Täter war, wie sein familiäres Umfeld, den Diensten (mindestens) in Frankreich und den USA längst bekannt, und seine Aufenthalte in Afghanistan und Pakistan sollten ausreichend Anlass gegeben haben, eine durch Verdacht begründete Überwachung durchzuführen. So hätte auch auffallen müssen, dass er sich Waffen und Munition verschaffte, wahrscheinlich damit trainierte und schließlich zum Zeitpunkt der ersten Mordtat mit seinem Motorrad unterwegs war.

Wenn allerdings genau diese Dienste trotz allem nicht gehandelt haben, ist es geradezu absurd, anstelle solcher Figuren lieber alle anderen Einwohner pauschal überwachen zu wollen.

Hinzu kommt, dass der Täter höchstwahrscheinlich nur deswegen so leichtfertig war, den Upload seines Tatvideos von zuhause aus durchzuführen, statt vom nächsten Internetcafe oder übers nächste offene WLAN, weil er davon ausgegangen sein dürfte, die Aktionen letztlich nicht zu überleben.
Und seine IP hätte ihn bei seinen erhofften 72 Jungfrauen sicher nicht mehr gefährdet...

Das muss auch diesem Politiker klar sein.
Dem aber und vielen anderen zuständigen Stellen liegt, ähnlich lässt das auch die unsägliche Geschichte der ostdeutschen Terrorgruppe vermuten, offenbar nicht viel daran, die Bevölkerung vor solchen Terroristen zu schützen, sondern eher sich und ihre Klientel vor der Bevölkerung.

Ich empfehle ihm und Gleichgesinnten, sich zügig nach Nordkorea abzusetzen, denn dort hat man sehr ähnliche Einstellungen zu Bürgerrechten...


Jürgen
Titel: Re: Streit über Vorratsdatenspeicherung geht weiter
Beitrag von: Micke am 25 März, 2012, 10:03
Ich empfehle ihm und Gleichgesinnten, sich zügig nach Nordkorea abzusetzen, denn dort hat man sehr ähnliche Einstellungen zu Bürgerrechten...
...oder warum nicht nach Schweden?
Hier wurde dieses "EU-Gesetz" gleich ohne Aber übernommen! :O
Wer das nun zukünftig (ab 1. Mai) alles bezahlen soll ist jetzt ´ne andere Frage?
Sehr wahrscheinlich wird´s wohl mal wieder der Endverbraucher sein. :hmm
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Mahnung aus Brüssel auf Berliner Wunsch?
Beitrag von: SiLæncer am 26 März, 2012, 20:30
Bundesjustizministerin Leutheusser-Schnarrenberger sieht im Streit um die anlasslose Protokollierung von Nutzerspuren die Europäische Kommission in der Pflicht, rasch Vorschläge zur Reform der heftig umstrittenen Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung zu unterbreiten. Die überfällige Änderung der EU-Vorgaben dürfe nicht auf den Sankt-Nimmerleinstag verschoben werden, sagte die FDP-Politikerin der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. Während die Kommission mit "Brachialgewalt die Umsetzung eines Auslaufmodells" fordere, komme sie mit der angekündigten Überarbeitung der Direktive "keinen Schritt voran". Dies sei erklärungsbedürftig.

Die EU-Kommission hatte Deutschland am vergangenen Donnerstag eine Frist von vier Wochen gesetzt, um einen mit dem EU-Recht vereinbaren Gesetzesvorschlag zur Vorratsdatenspeicherung vorzulegen. Unterstützung erhielt die Ministerin in ihrem Kurs aus der Opposition. Die bisherige Linie Brüssels sei "alles andere als überzeugend", erklärte der innenpolitische Sprecher der Grünen im Bundestag, Konstantin von Notz. Zum jetzigen Zeitpunkt gerichtlich gegen die Bundesrepublik vorgehen zu wollen, sei angesichts der erwarteten grundlegenden Novelle der einschlägigen Richtlinie "Symbolpolitik mit der Brechstange".

Die Kommission wäre laut von Notz stattdessen gut beraten, "zunächst die eigenen Hausaufgaben zu erledigen". Der Nachweis der Notwendigkeit beziehungsweise Nützlichkeit der verdachtsunabhängigen Aufbewahrung von Telekommunikationsdaten und eine Vereinbarkeit dieser mit EU-Grundrechten stehe bis heute aus.

Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat derweil die Behauptung des Innenexperten der CDU/CSU-Bundestagsfraktion, Hans-Peter Uhl, zurückgewiesen, wonach die Ermittlung des Todesschützen von Toulouse nur dank der französischen Regeln zur einjährigen Vorhaltung von IP-Adressen durch die Provider möglich gewesen sei.

Laut der Darstellung Breyers habe sich die französische Justiz erst zum Zugriff auf die Wohnung des Täters entschlossen, nachdem ein Motorradhändler angegeben habe, dass sich der Gesuchte bei ihm nach Möglichkeiten zum Entfernen eines Ortungschips erkundigt hatte. Da der Schütze seit Jahren Kunde des Geschäftsmanns gewesen sei, habe dieser aus seiner Kundendatei den Namen des Beschuldigten heraussuchen und der Polizei übergeben können.

Der Jurist der Bürgerrechtsvereinigung riet der Bundesregierung, kühlen Kopf zu bewahren, eine Befreiung von der Umsetzungspflicht zu beantragen und die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) über die Vereinbarkeit der Richtlinie mit den Grundrechten abzuwarten.

Rätselraten herrscht weiter darüber, warum die Mahnung der EU-Kommission ausgerechnet zum jetzigen Zeitpunkt erfolgte: Von Seiten der FDP gab es bereits Spekulationen, dass Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich als Befürworter der Vorratsdatenspeicherung das Brüsseler Ultimatum quasi selbst bestellt habe. Auf netzpolitik.org tauchte nun ein Schreiben (http://netzpolitik.org/wp-upload/schreiben_friedrich_eu-kommission.pdf) (PDF-Datei) des CSU-Politikers an die federführende EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström vom 28. Februar auf. Friedrich beklagt darin, dass aufgrund eines Grundsatzurteils des Bundesverfassungsgerichtes "keine statistisch belastbaren Erfahrungen zu den Auswirkungen der Vorratsdatenspeicherung" vorlägen. Parallel lieferte er eine Statistik des Bundeskriminalamts (BKA) mit, wonach dieses auf rund 85 Prozent aller Anfragen nach Verbindungs- und Standortdaten keine Angaben von den Providern erhalten habe. Eine aktuelle Studie des Max-Planck-Instituts für Strafrecht geht dagegen nicht davon aus, dass das Kippen der Vorratsdatenspeicherung zu Schutzlücken führen würde.

Friedrich selbst hatte in einem Interview (http://ondemand-mp3.dradio.de/file/dradio/2012/03/22/dlf_20120322_0718_e1cc6126.mp3) (MP3-Datei) mit dem Deutschlandfunk vergangene Woche erklärt, dass sich die Kommission von niemandem drängen lasse, etwas zu unternehmen. Natürlich gebe es eine "heftige Korrespondenz" zwischen der Bundesregierung und Brüssel, und dort werde das Vorgehen Berlins genau beobachtet. Es stehe daher außer Frage, dass sich auch das Innenministerium trotz der Federführung des Justizressorts geäußert habe. Druck aus Brüssel entstehe durch das Drängen von Sicherheitsbehörden aller europäischen Länder. Diese wüssten, wie wichtig es sei, über IP-Adressen und Kontaktdaten Kriminellen auf die Spur zu kommen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung: Mahnung aus Brüssel auf Berliner Wunsch?
Beitrag von: Jürgen am 27 März, 2012, 01:56
Sollten diese Vermutungen zutreffen, wäre dringend die Frage abzuklären, ob der Minister hiermit erheblich gegen seinen Amtseid verstoßen hätte und er daher aus dem Amt zu entfernen und seine Immunität aufzuheben und er wegen Landesverrat zu verfolgen sei  :x
Geschworen hat er auf unsere Verfassung, nicht auf irgendwelche Wunschträume aus Brüssel...

Jürgen
Titel: Gegner der Vorratsdatenspeicherung ziehen vor österr. Verfassungsgericht
Beitrag von: ritschibie am 30 März, 2012, 12:39
Der österreichische Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AKVorrat) zieht im Kampf gegen das anlasslose Datensammeln vor den Verfassungsgerichtshof (VfGH) des Landes. Dieser soll die zum 1. April in Kraft tretende Vorratsdatenspeicherung für verfassungswidrig erklären und aufheben. Der Verein ruft gemeinsam mit dem Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser dazu auf, bei der "Verfassungsklage" beziehungsweise Individualbeschwerde mitzumachen.

Die Kosten übernimmt der Verein. Erforderlich ist eine Vollmacht für den AKVorrat-Mitgründer und Anwalt Ewald Scheucher, die bis 18. Mai eingeschickt werden muss. Im Unterschied zur parallel laufenden Bürgerinitative beim Parlament muss der Mitbeschwerdeführer kein österreichischer Staatsbürger sein, aber in Österreich einen mobilen oder festen Internet- oder Telefonanschluss auf den eigenen Namen angemeldet haben.

Individualbeschwerden beim VfGH sind in Österreich nur zulässig, wenn eine Person durch die Verfassungswidrigkeit unmittelbar in ihren Rechten verletzt ist und sofern die Norm "ohne Fällung einer gerichtlichen Entscheidung oder ohne Erlassung eines Bescheides für diese Person wirksam geworden ist" (Artikel 140 Absatz 1 B-VG). Diese Voraussetzungen werden vom VfGH streng geprüft, weshalb erfolgreiche Individualbeschwerden selten sind.

Dieses Problem haben die österreichischen Bundesländer nicht, da sie jedes Bundesgesetz abstrakt auf seine Verfassungsmäßigkeit prüfen lassen dürfen. Die von der rechtsgerichteten Partei FPK geführte Kärntner Landesregierung hat schon am Dienstag beschlossen, beim VfGH einen Antrag auf Aufhebung der Vorratsdatenspeicherung einzubringen. Die Landesräte von SPÖ und ÖVP hatten gegen den Antrag gestimmt.

Quelle: www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung; Nach wie vor keine Einigung in Sicht
Beitrag von: SiLæncer am 16 April, 2012, 20:30
Der Streit um die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland ist nach wie vor nicht beigelegt, sondern steuert im Gegenteil immer weiter auf eine Eskalation zu. Kurz vor Ablauf der letzten von der EU-Kommission gesetzten Frist herrscht in der Regierungskoalition zwischen Unionsparteien und FDP nach wie vor Uneinigkeit.

Zwar hatte Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) die Hauptkontrahenten Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Hans-Peter Friedrich (CSU) erst kürzlich ermahnt, sich zu verständigen und zu einer Einigung zu kommen. In einem privaten Gespräch hatte sie auf Leutheusser-Schnarrenberger eingewirkt, von ihrer seit zwei Jahren aufrecht erhaltenen strikten Ablehnung einer Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung abzurücken. Dies blieb jedoch einem aktuellen Bericht des Nachrichtenmagazins "Der Spiegel" zufolge bislang erfolglos; eine Einigung ist nach wie vor nicht in Sicht.

Leutheusser-Schnarrenberger bleibt bei ihrer Position, eine "Quick Freeze"-Lösung - also eine Speicherung von Telefon-Verbindungsdaten nur bei einem begründeten Tatverdacht - statt der Vorratsdatenspeicherung durchsetzen zu wollen. Für Internet-Verbindungsdaten schlägt die Ministerin eine anlasslose Speicherung vor. Die Speicherfrist soll aber nur eine Woche statt wie bei der Vorratsdatenspeicherung sechs Monate betragen. Friedrich betont dagegen, diese Lösung entspreche nicht der EU-Richtlinie und sei daher abzulehnen. Somit sieht es nicht so aus, als könne eine Strafzahlung Deutschlands an die EU-Kommission durch eine zügige Neuregelung verhindert werden. Datenschützern zufolge wäre diese Strafzahlung allerdings insgesamt weniger teuer als die für eine Umsetzung der Richtlinie notwendige Infrastruktur. Zudem ist die EU-Richtlinie selbst alles andere als unumstritten und soll überarbeitet werden.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Neue Vorratsdatenspeicherung: Auch für die Identifizierung von Filesharern
Beitrag von: SiLæncer am 19 April, 2012, 13:30
Ein noch interner Gesetzentwurf soll belegen, dass in Deutschland weitreichende Verschärfungen bei der Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung geplant sind.

Nach einem neuen Gesetzentwurf des Bundesjustizministeriums soll die Identifizierung von Internetnutzern ohne richterliche Anordnung künftig schon zur Aufklärung von Bagatelldelikten wie Filesharing zulässig sein. Das berichten die Bürgerrechtler vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) unter Berufung auf einen Gesetzentwurf (https://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/574/1/lang,de/), der ihnen zugespielt worden sei.

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) trafen sich laut Leipziger Volkszeitung am 18. April 2012 gemeinsam mit ihren Staatssekretären zu einem Klärungsgespräch über die Vorratsdatenspeicherung. Die Quellen der Zeitung weisen jedoch darauf hin, dass von der FDP vor den Landtagswahlen in Schleswig-Holstein am 6. Mai 2012 und in Nordrhein-Westfalen am 13. Mai 2012 "keinerlei substanzielle Bewegung" zu erwarten sei.

Laut AK Vorrat soll den Gesetzesplänen des Justizministeriums zufolge im Regelfall sieben Tage lang jede Internetaktivität nachvollziehbar sein. Ausgenommen von der Vorratsdatenspeicherung sollen kleine Internet Service Provider mit weniger als 100.000 Kunden sein.

Das Bundesinnenministerium wolle zusätzlich zum Internet auch die Verbindungsdaten aus der Sprachetelefonie im Festnetz, Mobilfunk und für SMS aufzeichnen. Auch die Nutzung von Anonymisierungsdiensten soll sechs Monate gespeichert werden.

Strafverfolger sollen die Daten zur Aufklärung von "gewichtigen Ordnungswidrigkeiten" nutzen können. Auch "zur Abwehr von Gefahren" sollen die Vorratsdaten abrufbar sein. Die deutschen Geheimdienste sollen Zugriff auf die Vorratsdaten erhalten.

Neue Entwürfe schärfer als EU-Richtlinie

"Beide Gesetzentwürfe gehen weit über eine Umsetzung der zweifelhaften EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung hinaus", so der AK Vorrat. Gemeint sind die Zugriffsmöglichkeiten auf die Daten und die Überwachung von Anonymisierungsdiensten.

Im März 2010 hatte das Bundesverfassungsgericht die Vorratsdatenspeicherung in der damals bestehenden Form für teilweise verfassungswidrig erklärt und gestoppt. Bislang blockiert Leutheusser-Schnarrenberger in der Merkel-Regierung eine Neueinführung. Sie befürwortet inzwischen aber die Vorratsdatenspeicherung bei konkretem Anlass im Rahmen des sogenannten Quick-Freeze-Verfahrens für sieben Tage.

Quelle : www.golem.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung in Deutschland vorerst auf Eis gelegt
Beitrag von: SiLæncer am 23 April, 2012, 21:00
Medienberichten zufolge wird es in Deutschland vorerst keine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung geben. Entsprechende Pläne seien aufgrund der anhaltenden Streitigkeiten innerhalb der Regierungskoalition vorerst auf Eis gelegt worden, berichtet die "Bild"-Zeitung unter Berufung auf Angaben aus deutschen EU-Kreisen.

Deutschland droht mit dem Ablaufen der letzten Frist am 26. April ein EU-Vertragsverletzungsverfahren wegen der Nichtumsetzung der umstrittenen EU-Initiative. Dies hatte die Diskussion in den letzten Wochen noch einmal erheblich angeheizt. Nun scheint es aber so, als wolle die Bundesregierung nicht mehr versuchen, die drohende Klage noch abzuwenden. Die Pläne für eine zügige Wiedereinführung der seit dem Bundesverfassungsgerichts-Urteil vom März 2010 ausgesetzten Überwachungsmaßnahme wurden demnach vorerst auf Eis gelegt. Ganz vom Tisch sind sie damit aber nicht, wie im Laufe des Tages viele Datenschützer zu bedenken gaben.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Aktivisten kritisieren Unterdrückung von Fakten
Beitrag von: SiLæncer am 25 April, 2012, 14:15
Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung wirft dem damaligen Bundesjustizministerium unter Brigitte Zypries (SPD) vor, im Jahr 2007 "massiv politischen Einfluss auf einen kritischen Forschungsbericht zur damals geplanten Vorratsdatenspeicherung genommen" zu haben.

Unter Berufung auf einen Bericht des ZDF-Magazins "Frontal 21" (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/1627280/Umstrittene-Datenspeicherung#/hauptnavigation/startseite) erklären die Datenschützer, das Ministerium habe 2007 "einen kritischen Forschungsbericht geheim gehalten, bis der Bundestag das verfassungswidrige Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung verabschiedet und die Wissenschaftler ihre Kritik daran abgeschwächt hatten." Die Datenschützer veröffentlichten am gestrigen Dienstag erstmals Aktenauszüge (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/images/BMJ-MPI-Aktenauszug.pdf), die belegen, dass sich "das mit dem Forschungsprojekt beauftragte Max-Planck-Institut für internationales und ausländisches Strafrecht gegenüber dem Bundesjustizministerium als Auftraggeber massiv für seine inhaltlichen Aussagen und Schlussfolgerungen zur staatlichen Telekommunikationsverbindungsüberwachung rechtfertigen musste." Es sei an "praktisch jeder Seite" des Forschungsberichts massive Kritik durch das Ministerium geübt worden, berichten die Datenschützer. Empfehlungen der Wissenschaftler seien als "inakzeptabel" verworfen worden. Alleine an den ersten zehn Seiten des Berichts hätten die von den Wissenschaftlern als "Bürokraten" bezeichneten Ministeriums-Mitarbeiter rund 40 Kritikpunkte angebracht. Zudem sei ein Teil der versprochenen Vergütung zurückgehalten worden, solange der Bericht nicht abgeändert wurde.

Das Max-Planck-Institut, so die Aktivisten, habe daraufhin der Kritik und dem politischen Druck "teilweise nachgegeben und seine Kritik an der geplanten Vorratsdatenspeicherung deutlich entschärft". So sei etwa die Formulierung gestrichen worden, "dass im Internet Daten über 'persönliche Präferenzen' anfallen" (wie genau die Wissenschaftler dies bei einer reinen Speicherung von Verbindungsdaten begründeten, geht aus der Stellungnahme des Arbeitskreises nicht hervor). Zudem sei in der überarbeiteten Fassung im Gegensatz zur ersten Fassung des Berichts das Volkszählungsurteil nicht mehr als Hinderungsgrund für eine Vorratsdatenspeicherung dargestellt worden. Zudem habe die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung "ihre Ziele in der Endfassung des Forschungsberichts nicht mehr 'deutlich verfehlt', sondern nur 'noch nicht erreicht'". Auch andere Formulierungen seien entschärft worden "Die Verbindungsdatenabfrage war in der Endfassung des Forschungsberichts nicht mehr 'auf dem Wege zu einer Routineermittlungsmaßnahme' und die Funkzellenabfrage wies zuletzt plötzlich nicht mehr 'deutliche Merkmale der Rasterfahndung' auf", berichten die Datenschützer. Letztendlich dürfte es schwer nachzuweisen sein, dass diese Änderungen keine inhaltlichen Gründe hatten, sondern auf den politischen Druck des Bundesinnenministeriums hin zustande kamen. Unter kritischen Beobachtern dürften die dokumentierten Vorgänge jedoch für Aufsehen sorgen.

Der veröffentlichte Aktenauszug ergebe außerdem, dass das Bundesjustizministerium der Projektleiterin des Forschungsinstituts unter Beruf auf "rechtspolitische Bedenken" im Juni 2007 untersagt habe, Schaubilder zu veröffentlichen, die "den dramatischen Anstieg der staatlichen Identifizierung von Internetnutzern (IP-Adressen) schon ohne Vorratsdatenspeicherung offenbart hätten". Die Aktivisten vermuten, dass dies mit den massiven Protesten gegen die Vorratsdatenspeicherung und andere Überwachungsmaßnahmen im Jahr 2007 in Zusammenhang stand.

"Ich bin entsetzt darüber, wie politisch gesteuert vermeintlich unabhängige Ergebnisse regierungsfinanzierter Überwachungsforschung in Deutschland sind", kommentiert Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Politisch unliebsame Forschungsergebnisse wurden von der damaligen schwarz-roten Bundesregierung zensiert und bis nach der Verabschiedung von Überwachungsgesetzen geheim gehalten – ein Skandal! Eine unabhängige Überprüfung aller bestehenden Überwachungsbefugnisse in Hinblick auf ihre Wirksamkeit, Verhältnismäßigkeit, Kosten, schädliche Nebenwirkungen und Alternativen, wie sie zehntausende von Bürgern auf unseren jährlichen Demonstrationen gegen Überwachungswahn fordern, ist unter diesen Bedingungen nicht möglich. Wir fordern den Bundestag daher auf, eine neu zu schaffende, unabhängige Grundrechteagentur mit dieser Aufgabe zu betrauen. Außerdem müssen Entwurfsfassungen von Forschungsberichten künftig sofort und unverändert veröffentlicht werden." Ob diese Forderungen Anklang finden werden, bleibt abzuwarten.

Obwohl die Diskussion über eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung derzeit auf Eis liegt scheint das Thema also weiterhin für Kontroversen zu sorgen. Befürworter wie Gegner stellen es dabei gerne so dar, als hätten sie die Wissenschaft auf ihrer Seite - eine Tatsache, die bereits mehrfach zu gegenseitigen Manipulationsvorwürfen beider Seiten führte.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung: Aktivisten kritisieren Unterdrückung von Fakten
Beitrag von: Jürgen am 26 April, 2012, 01:08
Zitat
So sei etwa die Formulierung gestrichen worden, "dass im Internet Daten über 'persönliche Präferenzen' anfallen" (wie genau die Wissenschaftler dies bei einer reinen Speicherung von Verbindungsdaten begründeten, geht aus der Stellungnahme des Arbeitskreises nicht hervor).
Das zu begründen ist im Grunde banal.
Allein die IP-Adressen von angesurften Seiten oder empfangenen Mails lassen häufig unmittelbar auf solche 'persönliche Präferenzen' rückschließen.
So haben viele große Webseiten exklusive IPs, die also direkt zu einer einzigen Domain führen, oder manchmal auch zu einer begrenzten Anzahl artverwandter Angebote.

Früher warben gewisse Spezialversender vom Nordrand der Republik mit Lieferung in unverfänglicher neutraler Verpackung.
Und das in Zeiten, wo Briefträger und Paketboten stets vereidigt waren...
Schon die Tatsache des Empfangs einer solchen Sendung galt als vertraulich, und hätten irgendwelche Dritte sich erdreistet, darüber Buch führen zu wollen, hätte man wohl einen Volksaufstand gegen solche StaSi- oder GeStaPo-Methoden riskiert.

Heute sollte der Schutz der Privatsphäre keinesfalls geringer geschätzt werden.
Gelegenheit macht Diebe.
Politiker, Berufsschnüffler, Verfassungsbeschmutzer, Rechteentehrer, es gibt viele gewissenlose Übeltäter, die nur darauf warten, bald so einfach auf diese Daten zugreifen zu können, wie wir es inzwischen z.B. von denen aus den Mautbrücken kennen...

Dafür kommen kriminelle schwerreiche Steuerhinterzieher und Millionenbetrüger mit ihrer Beute in der Schweiz weiterhin straflos davon, allenfalls durch eine einmalige und viel zu niedrige Pauschalabgabe als Ablass betroffen.
Im Gegenzug wird man nie wieder gewisse CDs ankaufen   umpf
Deren Daten sind es also mehr wert, hartnäckig geschützt zu werden, als die eines ehrlichen Otto Normalverbraucher oder der harmlosen Erika Mustermann  :Kopf

Jürgen
Titel: EU bleibt Nachweis über Nutzen der Vorratsdatenspeicherung schuldig
Beitrag von: SiLæncer am 26 April, 2012, 20:50
(http://static.gulli.com/media/2012/04/thumbs/370/Ueberwachung-Surveillance-Leduc.jpg)
Nach Ansicht der Partei Die Linke konnte bislang weder EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström noch die restlichen Befürworter die Notwendigkeit und den Nutzen der Vorratsdatenspeicherung nachweisen. Linke-Vorstandsmitglied Jan Korte beurteilt die Aussagen vieler Befürworter als reine "Propaganda und Panikmache".

In Bezug auf den Ablauf der EU-Frist erklärte Korte, dass es sich ebenso mit den angekündigten Strafzahlungen verhalte. Es sei "unverantwortlich", eine grundrechtswidrige Richtlinie umzusetzen, durch die auch der volkswirtschaftliche Schaden sehr viel höher ausfällt als die möglichen Strafzahlungen, argumentiert Korte. Er sieht dies als eine "einzige bürgerrechtliche Katastrophe" an. Korte geht davon aus, der Europäische Gerichtshof komme zu dem Schluss, dass die Vorratsdatenspeicherungen einen nicht zu rechtfertigenden unverhältnismäßigen Eingriff in die Bürgerrechte darstellen. Auch ökonomisch betrachtet seien die Forderungen von CDU/CSU nach einer schnellen Wiedereinführung schlicht fahrlässig. Nachdem das Gesetz bei seiner Einführung die Internet-Provider bereits 330 Millionen Euro "für die Umsetzung verfassungswidrigen Gesetzes kostete, wird der nächste Versuch garantiert noch teurer. Und dies obwohl die EU-Kommission eine Änderung der Vorgaben für Sommer 2012 angekündigt hat." Es sei jetzt an der Zeit, endlich die Hausaufgaben zu erledigen, statt die EU-Staaten zu immer neuen Schritten in Richtung Überwachungsstaat zu drängen.

Bemerkenswert ist übrigens auch die Tatsache, dass es bislang noch nie zu einer Strafzahlung der Bundesrepublik Deutschland kam. Zwar wird die Strafe immer wieder als ein über den Bürgern hängendes Damoklesschwert dargestellt. Es ist aber eher unwahrscheinlich, dass die Strafe tatsächlich fällig wird. Die SPD stellt die Sachlage völlig anders dar. Der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion Burkhard Lischka kündigt erneut die Gefahr der Strafzahlungen in "Millionenhöhe" an. Diese Situation war für die SPD "vorhersehbar", weil Kanzlerin Angela Merkel monatelang nicht aktiv in den Streit in ihrer eigenen Koalition eingegriffen hat. "Zaghaft hat sie ein Machtwort angekündigt, es ist ihr jedoch nicht ansatzweise gelungen, ihre Streithähne in den Griff zu bekommen." Lischka stellt zudem in Frage, ob es die Koalition noch bis ins Wahljahr 2013 schaffen wird, zu einer gemeinsamen Regelung zu kommen.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Re: EU bleibt Nachweis über Nutzen der Vorratsdatenspeicherung schuldig
Beitrag von: dada am 26 April, 2012, 21:21
brave new world! So werden wir unter dem Einfluß der Politik ( besonders der amerikanischen Version) alle zu potentiellen Verbrechern, sowie wir einen Flug buchen. Aber Verbrecher sind wir ja alle sowieso, wenn es um die Vorratsdatenspeicherung geht! :Kopf
Titel: Re: EU bleibt Nachweis über Nutzen der Vorratsdatenspeicherung schuldig
Beitrag von: Jürgen am 27 April, 2012, 01:56
In meinen Augen wären alle diejenigen Verbrecher, die zum zweiten Mal und wieder wider besseres Wissen in derselben Angelegenheit ein verfassungswidriges Gesetz erließen.

Hinzu kommt, dass Deutschland durchaus nicht das einzige EU-Mitglied ist, das bisher noch nicht gehorcht hat.
Das merkt inzwischen sogar die EU-Kommission, und so besteht durchaus Hoffnung, dass sich eben diese noch besinnt.

Hollywood ist nicht die Welt-Regierung, nicht demokratisch legitimiert, und deren Profitinteressen rechtfertigen keine Grundrechtseinschränkungen der Allgemeinheit.
Und Sicherheit vor Terroranschlägen bringt die Vorratsdatenspeicherung ganz sicher nicht, solange die Behörden solche brisanten Erkenntnisse, die sie schon längst haben, trotzdem monate- oder jahrelang nicht nutzen, wie jüngst bei den Neonazi-Mördern aus Dunkeldeutschland nachgewiesen.
Der nicht vollkommen bekloppte Übeltäter wird ohnehin wissen, wie er kommunizieren kann, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen.
Zum Beispiel per Telefonzelle, PMR, Internetcafe, das nächste offene WLAN usw.

Jürgen
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Neue EU-Richtlinie womöglich schon im Sommer
Beitrag von: SiLæncer am 30 April, 2012, 18:20
Die EU-Kommission wird womöglich noch diesen Sommer einen neuen Entwurf für die Vorratsdatenspeicherungs-Direktive vorlegen. Das berichtet das Nachrichtenmagazin "Der Spiegel". Dabei soll keine Aufhebung der umstrittenen Sicherheitsmaßnahme, sondern eine Reihe von Modifikationen, die mehr Datenschutz und Rechtssicherheit bringen sollen, geplant sein.

Dem Spiegel-Bericht zufolge verschickte die EU-Kommission kürzlich einen Bericht an die Bundesregierung (der aufgrund der derzeitigen Nichtumsetzung der Richtlinie ein Strafverfahren bevorsteht). Dieser liegt dem Magazin nach eigenen Angaben vor. Aus dem Bericht gehe hervor, dass nahezu alle EU-Mitgliedstaaten den Nutzen der Vorratsdatenspeicherung bestätigt hätten, wird berichtet. Es gehe lediglich um Verbesserungen "im Bereich des Schutzes der gespeicherten Daten und der Datensicherheit", heiße es in dem dreiseitigen Papier.

Mit der geplanten Überarbeitung der EU-Direktive will die EU auf einen Evaluationsbericht reagieren, der der bisherigen Direktive gravierende Mängel vor allem im Bereich des Datenschutzes, aber auch der Rechtssicherheit für alle Beteiligten bescheinigte.

Derweil gehen die Diskussionen über eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland weiter. Die Gegner der Maßnahme berufen sich unter anderem auf die unklare Situation in der EU. So sagte etwa FDP-Generalsekretär Patrick Döring am vergangenen Samstag, es sei "schlicht und ergreifend Humbug", in Deutschland ein Gesetz zu erzwingen, das am Ende nur eine Zwischenlösung wäre. Angesichts dieser Argumentation ist zu erwarten, dass die Vorlage eines neuen Entwurfs auf EU-Ebene bereits im Sommer die Diskussion erheblich beeinflussen wird.

Ein Kommissionsprecher warnte die Bundesregierung am Freitag aber davor, wegen der laufenden Überarbeitung der Richtlinie das EU-Recht nicht zu befolgen: "Die Evaluierung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung kann keine Entschuldigung sein, sie nicht umzusetzen." Deutsche Befürworter der Überwachungsmaßnahme, allen voran Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich, schlossen sich der Argumentation an.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Justizministerin will auf EU einwirken
Beitrag von: SiLæncer am 09 Mai, 2012, 17:00
Im Streit um eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland gibt es eine neue Entwicklung. Offenbar wandte sich Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) in einem Brief an Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) und forderte diesen zu einem gemeinsamen Einsatz für eine zügige Überarbeitung der EU-Direktive auf.

Die der Vorratsdatenspeicherung zugrunde liegende EU-Richtlinie weist laut einem im vergangenen Jahr veröffentlichten Evaluationsbericht erhebliche Mängel vor allem bei der Rechtssicherheit für die Beteiligten aber auch bei der Sicherstellung der Bürgerrechte der EU-Bürger auf und soll daher überarbeitet werden. Unter anderem mit Verweis auf diesen Sachverhalt lehnte die FDP eine erneute Umsetzung der Direktive in Deutschland bislang ab. Leutheusser-Schnarrenberger und Friedrich waren in dieser Diskussion die Haupt-Kontrahenten. Letztendlich wurde die Vorratsdatenspeicherung auf Eis gelegt, weswegen Deutschland ein Strafverfahren der EU droht.

Nun strebt die Justizministerin jedoch offenbar ein gemeinsames Vorgehen an. "Ich möchte Sie darum bitten, mit mir gemeinsam auf die Europäische Kommission zuzugehen und darauf zu drängen, zeitnah einen Entwurf für eine Überarbeitung der Richtlinie vorzulegen," heißt es wörtlich in dem am gestrigen Dienstag ans Bundesinnenministerium verschickten Brief. Leutheusser-Schnarrenberger ist allem Anschein nach um eine gemeinsame Position bemüht: "Abgesehen von umstrittenen Punkten wie der Anlasslosigkeit oder Anlassbezogenheit der Speicherung und der Speicherdauer dürfte Einigkeit darüber bestehen, dass die Richtlinie erhebliche datenschutzrechtliche Mängel aufweist und auch der Anwendungsbereich zu unbestimmt ist." Es sei "dringend erforderlich, die Richtlinie zügig und gründlich zu überarbeiten".

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Friedrich ist zufrieden mit EU-Richtlinie
Beitrag von: SiLæncer am 09 Mai, 2012, 20:30
Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) hat Medienberichten zufolge die Bitte von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger um einen gemeinsamen Einsatz für eine Überarbeitung der EU-Vorratsdatenspeicherungs-Richtlinie "strikt zurückgewiesen". Seine Partei sehe keine Probleme mit der aktuellen Richtlinie, so der Minister.

Leutheusser-Schnarrenberger hatte sich in ihrem Brief um eine gemeinsame Position der beiden in dieser Frage zerstrittenen Ministerien bemüht. Die Ministerin verlieh der Hoffnung Ausdruck, sie und Friedrich könnten sich bei der EU-Kommission gemeinsam für eine zügige Überarbeitung der umstrittenen EU-Direktive einsetzen.

Friedrich will davon jedoch offenbar nichts wissen. "Wir sehen keinen Anlass, darauf näher einzugehen", sagte Friedrichs Sprecher, Jens Teschke, über die Pläne Leutheusser-Schnarrenbergers. Techke betonte, dass sowohl ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts als auch die EU-Richtlinie als Grundlage für einen deutschen Gesetzentwurf vorlägen. "Von unserer Seite aus ist die geltende Richtlinie völlig in Ordnung," so der Ministeriums-Sprecher.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Brüssel verringert Druck auf Berlin
Beitrag von: SiLæncer am 10 Mai, 2012, 13:06
Reinhard Priebe, Leiter der Direktion "Innere Sicherheit" bei EU-Innenkommissarin Cecilia Malmström, unterstrich am Mittwoch in einer nicht-öffentlichen Sitzung des Bundestagsinnenausschusses, dass die Kommission gegen die Bundesregierung klagen wolle, weil sie die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung nicht umgesetzt hat. Dabei wolle sie aber nicht auf höchstmögliche Sanktionen setzen, um den Druck aus dem Verfahren auf die Bundesregierung abzuschwächen. Das erfuhr heise online aus Regierungskreisen.

Geplant sei zwar, beim Europäischen Gerichtshof (EuGH) ein Zwangsgeld gegen die Bundesrepublik zu beantragen, hieß es in Berlin. Damit solle erreicht werden, dass nach einem EuGH-Urteil schnellstmöglich ein mit dem EU-Recht vereinbarer Zustand hergestellt werde. Strafzahlungen würden so vom Tag des Beschlusses bis zum Abstellen der Vertragsverletzung berechnet. Wenn schnell ein neues Gesetz zur Datenspeicherung erlassen werde, das den Segen der Kommission erhalte, hielte sich der Strafbetrag im überschaubaren Rahmen. Parallel prüft der EuGH, ob die bestehende Richtlinie mit der EU-Grundrechtecharta vereinbar ist – das Ergebnis könnte die Rechtslage noch komplett verändern.

In bisherigen Schätzungen einer Sanktion in Höhe von 32,5 Millionen Euro wurde davon ausgegangen, dass Brüssel einen sogenannten Pauschalbetrag beantragen werde. Er wird berechnet vom Ablauf der Umsetzungsfrist einer EU-Vorgabe bis zum EuGH-Urteil, hier die Zeit von 2008 an. Von diesem Mittel will die Kommission laut Priebe absehen.

Vertreter der CDU/CSU sowie der SPD-Fraktion im Innenausschuss sprachen sich am Mittwoch dafür aus, rasch eine Neuauflage der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung einzuführen. Die Bundesregierung solle dazu "endlich" einen Entwurf vorlegen, forderten die Sozialdemokraten. Die FPD wiegelte dagegen ab, dass sie das Problem zwar im Blick habe, eine Lösung aber nicht einfach sei. Priebe betonte, dass die Kommission einen Vorschlag zur Verbesserung der Richtlinie unterbreiten werde. Es sei aber fraglich, ob es bei dem zunächst angekündigten Termin vor der Sommerpause bleiben werde.

Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich hat unterdessen postwendend den Appell seiner Justizkollegin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) zurückgewiesen, in Brüssel gemeinsam auf die rasche Änderung der Direktive zu drängen. "Wir sehen keinen Anlass, darauf näher einzugehen", sagte ein Sprecher des Ministers der dpa. Er betonte, dass ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts Hinweise für einen deutschen Gesetzentwurf gebe. Nach Ansicht des Innenressorts sei die geltende Richtlinie, nach der Verbindungs- und Standortdaten mindestens sechs Monate vorgehalten werden müssen, zudem "völlig in Ordnung". Die Justizministerin will die Telekommunikationsinformationen dagegen nur bei konkretem Verdacht und IP-Adressen sieben Tage pauschal speichern lassen.

Quelle : www.heise.de
Titel: CCC, FoeBuD, AK Vorrat: Gemeinsam gegen Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 23 Mai, 2012, 13:01
Mit einem Video und einer neuen Website (http://www.stop-vds.de/) wollen der Chaos Computer Club (CCC), der FoeBuD und der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung (AK Vorrat) dem Widerstand gegen die Vorratsdatenspeicherung neuen Schwung verleihen. Die Kampagne "Verdachtsfrei – anlasslos – nutzlos" soll zum heutigen Jahrestag des Inkrafttretens des Grundgesetzes daran erinnern, dass die Vorratsdatenspeicherung die Grundrechte bedrohe.


Die Kampagne wendet sich gegen das Begehren von Bundesinnenminister Friedrich (CSU), die Vorratsdatenspeicherung schnell umzusetzen. Außerdem soll sie darauf aufmerksam machen, dass sich der Petitionsausschuss des Bundestages noch nicht mit der von 64.000 Bürgern unterzeichneten E-Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung befasst hat.

Das von den Aktivisten produzierte Video mit animierten Grafiken soll eine möglichst große Verbreitung auch deshalb erfahren, weil viele glauben, die Vorratsdatenspeicherung sei erledigt. In dem Video wird erklärt, wie die Vorratsdatenspeicherung funktioniert, welche Daten gespeichert werden sollen und welche Motive die Bundesregierung treibe, die durch eine EU-Richtlinie geforderte Speicherung durchzusetzen. Dabei würden Bewegungsprofile möglich und insgesamt die gesamte Lebenssituation erkennbar. Abgesehen von möglichem behördlichen Missbrauch könnten die Daten auch von den speichernden Unternehmen widerrechtlich benutzt werden, um damit Geld zu verdienen.

Auf lange Sicht planen die Aktivisten zusammen mit anderen europäischen Organisationen die Einrichtung einer europäischen Bürgerinitiative zu diesem Thema. Kommen mehr als 3 Millionen Unterschriften in Europa zusammen, könnte mit dieser neuen Form der Bürgerbeteilung das europäische Parlament zur Aufnahme einer neuen Debatte um die Vorratsdatenspeicherung bewegt werden.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Klage vor dem EU-Gerichtshof steht kurz bevor
Beitrag von: SiLæncer am 26 Mai, 2012, 14:40
Berichten zufolge steht eine Klage gegen Deutschland vor dem EU-Gerichtshof wegen der Nichtumsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung kurz bevor. Nach eigenen Angaben will die EU-Kommission am kommenden Donnerstag (31. Mai) in dieser Sache den Europäischen Gerichtshof (EuGH) anrufen.

Die Klage könnte für Deutschland ein Bußgeld in Millionenhöhe bedeuten, das allerdings nach Ansicht von Datenschützern noch immer billiger wäre als eine Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung. Mit dem nun angekündigten Schritt der EU-Kommission war seit Ablauf der letzten Frist Ende April zu rechnen. In Deutschland wurde die Vorratsdatenspeicherung aufgrund anhaltender politischer Meinungsverschiedenheiten zur Notwendigkeit, Effektivität und Rechtmäßigkeit dieser Maßnahme seit dem März 2010 nicht wieder eingeführt. Damals hatte das Bundesverfassungsgericht die bis dahin gültige Umsetzung für verfassungswidrig erklärt.

Datenschützer betonen, dass ein EU-Vertragsverletzungsverfahren nichts ungewöhnliches sei und derzeit auch gegen Deutschland zahlreiche weitere Verfahren liefen.

Quelle: www.gulli.com
Titel: "Enkeltrickbetrüger" als Argument für Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 27 Mai, 2012, 17:01
Im Kampf gegen den sogenannten Enkeltrickbetrug fordern Staatsanwaltschaften und Polizei im Südwesten, Verbindungsdaten zu speichern. Das geht aus einer Antwort des Innenministeriums zu einem Antrag aus der SPD-Fraktion hervor [PDF-Link (http://www2.landtag-bw.de/WP15/Drucksachen/1000/15_1568_d.pdf)]. Das Verfahren müsse im Einklang mit dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Vorratsdatenspeicherung stehen, heißt es in der Stellungnahme von Minister Reinhold Gall (SPD) weiter.

Immerhin weisen die Behörden darauf hin, "dass diese Maßnahme alleine nicht sämtliche Ermittlungsprobleme lösen kann". Der Auslandsbezug der Taten und der Umstand, dass dafür häufig wechselnde Mobiltelefone mit unter falschen Personalien erworbenen Prepaidkarten verwendet werden, erschwere die Ermittlungen wohl auch in Zukunft.

Nach dem Wegfall der gesetzlichen Verpflichtung zur anlasslosen Speicherung würden entweder gar keine Verbindungsdaten mehr gespeichert oder bei den Unternehmen sei die interne Speicherfrist schon abgelaufen, die gespeicherten Daten gelöscht. Mitunter seien die Daten auch in einer für die Ermittlungsbehörden nutzlosen Form gespeichert, etwa wenn die letzten Ziffern der Rufnummern durch "xxx" ersetzt wurden. "Ob die benötigten Daten (noch) verfügbar sind, hängt daher derzeit vom Zufall ab, insbesondere von der individuellen Vertragsgestaltung mit den Endkunden."

Im vergangenen Jahr fielen 276 meist ältere Menschen in Baden-Württemberg Trickbetrügern zum Opfer. Die Kriminellen rufen als vermeintliche Enkel mit finanziellen Sorgen an und lassen das Geld anschließend von einem Mittelsmann abholen. Dadurch entstand ein Schaden von mehr als 400 000 Euro. 2010 waren es sogar rund 1,1 Millionen Euro bei 311 Geschädigten. Die Polizei führt regelmäßig Aufklärungskampagnen durch, um vor dem Trickbetrug zu warnen.

EU-weit ist die Vorratsdatenspeicherung weiterhin ein heißes Eisen. Einige Länder haben die von der EU vorgeschriebenen Gesetze umgesetzt, andere sperren sich weiterhin. In Deutschland ist unter der derzeitigen Regierung kein Konsens zu erwarten – einer Abmahnung durch die EU-Kommission zum Trotz. Das deutsche Innenministerium ist für eine Umsetzung, das Justizministerium weiterhin dagegen. Beide Seiten führen immer wieder Argumente zur Stützung ihrer Positionen ins Feld.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: EU-Vertragsverletzungsverfahren beginnt morgen
Beitrag von: SiLæncer am 30 Mai, 2012, 22:00
Die EU-Kommission will Deutschland aufgrund der Nichtumsetzung der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung am morgigen Donnerstag offiziell wegen Vertragsverletzung verklagen. In Deutschland wird derweil weiter über die Frage, ob und wie die Richtlinie umgesetzt werden soll, diskutiert.

Die EU-Kommission leitet regelmäßig Verfahren gegen EU-Mitgliedsstaaten ein, die Richtlinien des Staatenbundes nicht umsetzen. Morgen soll darunter auch das Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen der Nichtumsetzung der Vorratsdatenspeicherung sein. Derweil wird in Deutschland weiter diskutiert, ob es eine neue Umsetzung der Richtlinie geben soll oder ob stattdessen der als "Quick Freeze Plus" titulierte Kompromissvorschlag von Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) - der einen Verzicht auf die anlasslose Speicherung von Telefon-Verbindungsdaten und eine lediglich siebentägige Internet-Vorratsdatenspeicherung vorsieht - umgesetzt werden soll.

Die EU-Kommission lehnt Leutheusser-Schnarrenbergers Vorschlag ab. Diese sei nicht mit der EU-Richtlinie kompatibel, so die Meinung der Kommissions-Mitglieder. Daran wird wohl auch die geplante Überarbeitung der EU-Richtlinie nichts ändern - Michele Cercone, Kommissionssprecher für den Bereich Justiz, schloss in einer Stellungnahme aus, dass die überarbeitete Richtlinie mit den Plänen der deutschen Ministerin kompatibel sein wird. Das Prinzip der Vorratsdatenspeicherung werde auf jeden Fall beibehalten, da man die Ermittlungsbehörden sonst bei ihrer Arbeit behindern würde, so Cercone. Leutheusser-Schnarrenberger nahm zu diesem Thema bislang nicht Stellung.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Brüssel klagt gegen Berlin
Beitrag von: SiLæncer am 31 Mai, 2012, 16:20
Die EU-Kommission hat im Streit um die Vorratsdatenspeicherung Klage gegen Deutschland vor dem Europäischen Gerichtshof erhoben. Das teilte die Kommission am Dienstag in Brüssel mit. Berlin habe die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung immer noch nicht umgesetzt. Verzögerungen könnten aber negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation sowie auf Strafverfolgung durch Justiz und Polizei haben.

Die Richtlinie zur Terrorabwehr und Strafverfolgung von 2006 besagt, dass die Mitgliedsländer für die Speicherung von Telekommunikationsdaten für die Dauer von sechs Monaten sorgen müssen. In Deutschland ist sie bisher nicht in der nationalen Gesetzgebung umgesetzt worden, weil das Bundesverfassungsgericht das 2008 in Kraft getretene Gesetz im März 2010 als verfassungswidrig kassiert hatte.

Nach Ansicht der Richter war der Datenschutz nicht ausreichend und die Hürden für den staatlichen Zugriff zu niedrig. Die EU-Richtlinie selbst stellten die Richter dabei nicht infrage und sprachen sich für eine Neufassung des deutschen Gesetzes aus. Deshalb mahnt die Kommission mahnt seither eine verfassungsgemäße Umsetzung an.

"Deutschland wurde hinlänglich Zeit für die Umsetzung der Richtlinie in innerstaatliches Recht eingeräumt", heißt es dazu aus Brüssel. Die Kommission will mit dem Gang vor den EuGH nun den Druck erhöhen und fordert vom Gericht, ein Zwangsgeld in Höhe von gut 300.000 Euro täglich gegen Deutschland zu verhängen.

Die erneute Umsetzung ist bisher am Widerstand der Liberalen in der Koalition gescheitert. Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) weigert sich, die weitreichende Speicher-Richtlinie in vollem Umfang umzusetzen und schlägt stattdessen eine bedarfsorientierte Lösung vor.

Das von der Justizministerin bevorzugte "Quick Freeze Plus"- Verfahren, bei dem die Daten bei konkretem Ermittlungsbedarf und nicht auf Dauer gespeichert werden sollen, hält Brüssel nicht für ausreichend. Dies sei "nicht als vollständige Umsetzung der Richtlinie anzusehen", betonte die Kommission am Donnerstag erneut.

Zudem argumentieren die Gegner der EU-Direktive damit, dass die Kommission selbst eine Überarbeitung der Richtlinie angekündigt hat. Auch in anderen Ländern setzt die Diskussion über eine mehr grundrechtsschonende Lösung ein. Der EuGH muss sich darüber hinaus auf Initiative Irlands mit der Grundrechtfrage beschäftigen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung: Brüssel klagt gegen Berlin
Beitrag von: Jürgen am 31 Mai, 2012, 23:42
Wie sollen denn ohne Vorratsdatenspeicherung
Zitat
negative Auswirkungen auf den Binnenmarkt für elektronische Kommunikation
entstehen können?
Eher wäre doch wohl der Markt für Überwachungstechnik betroffen...
Die unvermeidlichen und nicht eben gering einzuschätzenden Kosten für Erfassung, Speicherung und Verfügbarmachung aller Verbindungsdaten würden definitiv den Nutzern aufgebürdet, was den Markt in jedem Fall behindert.

Und eine permanente verdachtslose Überwachung aller elektronischen Kommunikationswege scheint mir eher geeignet, die Märkte für Kommunikationsdienstleistungen und für Kommunikationstechnik auch indirekt nachhaltig zu behindern, wg. "Feind hört mit"...
Wachsen dürften dadurch bloß Nischenbereiche, wie für elektronische Verschleierungsmittel, Telefonzellen mit Bargeldannahme, Briefmarken und billige Speicherkarten...

Noch einmal:

Wer diesem Volk pauschal so sehr misstraut, dass er meint, jedermann intensiv überwachen zu müssen, der sollte möglichst bald einen guten Psychiater aufsuchen und seinen Verfolgungswahn behandeln lassen.
Alternativ steht es ihm frei, sich unverzüglich ein anderes Volk zu suchen  ;wusch

Niemand hat ohne richterliche Anordnung oder sehr erhebliche Gefahr im Verzug ein Recht zu erfassen, mit wem ich Kontakt pflege, aus welchen Quellen ich mich informiere oder mit wem / aus welchen nicht.
Andere Nationen schon gar nicht, Bündnisklausel hin oder her.
Und ich weiß unsere Verfassung auf meiner Seite.

Jürgen
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Anhörungsprotokoll geleakt
Beitrag von: SiLæncer am 11 Juni, 2012, 17:45
Der Jurist und Datenschutz-Aktivist Patrick Breyer vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung berichtet vom Leak des Protokolls der nicht-öffentlichen Anhörung des Innenausschusses des Bundestags zur Vorratsdatenspeicherung am 02.05.2012. Bei der Sitzung ging es neben der Maßnahme selbst auch um das EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland.

In einem Blogeintrag berichtet Breyer (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/index.php?option=com_content&task=view&id=684&Itemid=55), das Protokoll sei ihm zugespielt worden. Es ist im Original-Wortlaut im Blog zu lesen (http://www.vorratsdatenspeicherung.de/content/view/684/55/lang,de/#Protokoll).

Bei der betreffenden Sitzung war Dr. Reinhard Priebe, Direktor für Innere Sicherheit in der Generaldirektion Inneres der EU-Kommission, eingeladen, über das EU-Vertragsverletzungsverfahren zur Vorratsdatenspeicherung zu informieren (gulli:News berichtete). Priebe habe im Rahmen der Sitzung die Aufhebung des bisherigen deutschen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung ausdrücklich bedauert, berichtet Breyer unter Berufung auf das Protokoll. "Priebe bedauerte die Nichtigerklärung des verfassungswidrigen Gesetzes zur Vorratsdatenspeicherung durch das Bundesverfassungsgericht. Das Gericht habe Deutschland 'in den Zustand der Vertragsverletzung ... versetzt'. Deutschland verstoße gegen geltendes Recht. Nach Meinung des AK Vorrat ist das Gegenteil der Fall: Eine Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung würde gegen geltendes Recht verstoßen. Deshalb ist Deutschland eine Umsetzung untersagt," so der Datenschutz-Aktivist.

Priebe informierte bei der Sitzung außerdem über das drohende EU-Vertragsverletzungs-Verfahren und betonte, dass ein eventuelles Zwangsgeld für Deutschland wohl deutlich geringer ausfallen wird, als zunächst angenommen. Zu diesem Thema erklärte Jan Korte von der LINKEN, die vom Bundesverfassungsgericht gekippte Einführung der Vorratsdatenspeicherung habe die deutsche Wirtschaft "das Zehnfache" der denkbaren Zwangsgelder gekostet. Dementsprechend sei der Verzicht auf eine Vorratsdatenspeicherung auch in finanzieller Hinsicht sinnvoller. Ähnlich argumentiert auch der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung.

Jimmy Schulz von der FDP sprach sich dafür aus, ein noch ausstehendes Urteil des EU-Gerichtshofes zu diesem Thema abzuwarten. Diesbezüglich zeigte sich Priebe jedoch optimistisch: er erklärte, die Kommission habe keine Zweifel an der Grundrechtskonformität der Maßnahme.

Im Rahmen der Sitzung nahm Priebe auch auf die angekündigte Überarbeitung der bei einem Evaluationsbericht als mangelhaft insbesondere in Bezug auf Rechtssicherheit und Grundrechtsschutz aufgefallenen EU-Direktive Bezug. Er erklärte, es sei nicht sicher, dass die überarbeitete Version der Richtlinie, wie von einigen Politikern erhofft, bereits im Sommer vorgelegt werde. FDP-Abgeordnete kritisierten daraufhin, dass die EU-Kommission Deutschland wegen Umsetzungsverzugs verklage, selbst aber mit dem angekündigten Änderungsvorschlag in Verzug sei. Priebe rechtfertigte dies mit dem Argument, ohne Vorratsdatenspeicherung genössen die deutschen Telekommunikationsunternehmen einen Wettbewerbsvorteil im Vergleich zu den übrigen EU-Unternehmen. Breyer spricht sich in einem Blogeintrag dafür aus, dieses Problem durch eine Kostenerstattung für die zum Speichern verpflichteten Provider zu lösen.

Priebe machte noch einmal die Überzeugung der zuständigen EU-Kommissarin Cecilia Malmström deutlich, dass nicht zu erwarten sei, dass die Kommission einen Vorschlag mache, die Richtlinie aufzuheben. "Dieser Vorschlag würde keine Mehrheit im Rat finden," betonte der EU-Innenexperte. Auch die Implementierung einer Quick-Freeze-Lösung, bei der nur bei begründetem Verdacht gespeichert wird, statt einer anlasslosen Vorratsdatenspeicherung werde die neue Direktive aller Voraussicht nach nicht vorsehen. Er begründete dies unter anderem damit, dass ein Quick Freeze "im Fall der Morde in Norwegen und Toulouse nicht weiter geführt" hätte. Breyer hält diese Aussage für sachlich falsch: "In Wahrheit trat das norwegische Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung erst lange nach den Massakern in Kraft (im April 2012) und wurde der französische Täter nicht aufgrund von Vorratsdaten festgenommen. Dies wusste oder sagte im Innenausschuss leider niemand," so der Jurist und Datenschützer.

Durchaus interessant ist die dem Protokoll zu entnehmende Aussage Priebes, dass sich England und Frankreich sogar für eine Ausweitung der Vorratsdatenspeicherung aussprechen. Der britische Premier David Cameron will demnach die anlasslose Datenspeicherung auch auf die Nutzung sozialer Netzwerke ausdehnen. Dies ist besonders auffallend, als Camerons konservative Partei, die Tories, im letzten Wahlkampf unter anderem mit Kritik an den ausufernden Überwachungsmaßnahmen der damaligen Labour-Regierung an die Öffentlichkeit ging.

Zustimmung zur Vorratsdatenspeicherung kam im Rahmen der Ausschuss-Sitzung auch aus den Reihen der SPD. Dabei erklärte SPD-Innenexperte Dieter Wiefelspütz (SPD) gar, der damalige Bundeskanzler Schröder (SPD) und der damalige Außenminister Fischer (Grüne) hätten die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung "mit betrieben". Er schlug als Kompromiss vor, dass die nächste Bundesregierung "einen Gesetzentwurf in dieser Richtung mit drei Monaten [Speicherdauer] und mit einem abgespeckten Datenkranz" vorlegen solle und erkundigte sich, wie die EU dieser Idee gegenüber stehe.

Überraschenderweise sprach sich im Rahmen der Anhörung auch der innenpolitische Sprecher der Grünen Wolfgang Wieland für eine Umsetzung der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland aus. Er argumentierte dabei formal: Er lehne die Vorratsdatenspeicherung zwar ab, aber europäisches Recht sei auf jeden Fall umzusetzen, da könne es "keinen vernünftigen Zweifel geben".

Es sieht so aus, als werde die Zahl derjenigen in der deutschen Politik, die die Vorratsdatenspeicherung erneut umsetzen wollen, stetig größer. Somit dürfte es nur eine Frage der Zeit sein, bis diese Frage erneut auf die Tagesordnung kommt.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Brüssel bleibt bei der Vorratsdatenspeicherung hart
Beitrag von: SiLæncer am 15 Juni, 2012, 17:40
Brüssel hält eisern an der Vorratsdatenspeicherung fest, selbst die diskutierte Neufassung der umstrittenen Richtlinie ist offenbar noch nicht sicher: Auf dem European Dialogue on Internet Governance (EuroDIG) am Donnerstag in Stockholm erklärte Rosa Barcelo von der Generaldirektion Informationsgesellschaft (INFSO) der EU-Kommission, dass noch nicht einmal die Notwendigkeit einer Neufassung beschlossene Sache sei. Vielmehr könne die Richtlinie auch in ihrer aktuellen Fassung Bestand haben.

Von den Strafverfolgungsbehörden werde die Vorratsdatenspeicherung für unverzichtbar gehalten, betonte Barcelo. Trotz möglicher Ideen zur Nachbesserung, etwa in der Frage verbindlicher Kostenerstattungen oder aber einheitlicher Speicherzeiten in den Mitgliedsstaaten, blieben "die historischen Daten erforderlich". Dem Vorschlag aus dem deutschen Justizministerium, die Daten bei konkretem Bedarf zu speichern, erteilte die Juristin eine Absage: "Das Einfrieren von Daten auf Zuruf reicht nicht".

Der Liberale Alexander Alvaro kann dagegen nicht verstehen, warum "sich die Kommission so gegen die Idee des Quick Freeze" sperrt. Der FDP-Mann verwies auf "zahlreiche Beispiele", dass es erhebliche rechtliche, gesellschaftliche und technische Probleme mit der Richtlinie gebe. Alvaro, der 2005 Berichterstatter für die Richtlinie war und ihr am Ende selbst nicht zugestimmt hat, verwies dabei unter anderem auf die gigantischen Zugriffszahlen in Polen.

Die polnische Aktivistin Katarzyna Szymielevicz forderte für die Organisation European Digital Rights (EDRI), die Zugriffsrechte klar zu stellen, damit die bereits gesammelten Daten nicht ausufernd genutzt werden. Die EDRI-Mitglieder wollen darüber hinaus weiter auf die Abschaffung der Vorratsdatenspeicherung drängen. Vertreter der Providerbranche, darunter eco-Vorstandsmitglied Oliver Süme und Pat Walshe vom Verband der Mobilfunkunternehmen (GSMA), kritisierten scharf, dass Strafverfolger und Regierungen auch nach fünf Jahren der Diskussion die Notwendigkeit und Erfolge der Richtlinie nicht nachweisen konnten.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Petition wird im Oktober behandelt
Beitrag von: SiLæncer am 27 Juni, 2012, 20:20
Mit einer im März 2011 eingereichten E-Petition gegen die Vorratsdatenspeicherung will sich der Deutsche Bundestag im Herbst dieses Jahres in einer öffentlichen Anhörung befassen. Dies gab der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, der die Petition mit ins Leben rief, am heutigen Mittwoch bekannt.

An der Petition, als deren Hauptpetent Kai-Uwe Steffens vom Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auftrat, beteiligten sich insgesamt über 64.000 Bundesbürger. Die Zahl von 50.000 Unterzeichnern, ab der sich der Bundestag mit einer Petition befassen muss, wurde somit deutlich überschritten.

Wie der Arbeitskreis mitteilt, soll die geplante Anhörung am 15.Oktober 2012 vor dem Petitionausschuss des Bundestages stattfinden. Dabei soll auch der Hauptpetent, Kai-Uwe Steffens, angehört werden.

Die Datenschützer kritisieren Verzögerungen bei der Bearbeitung der Petition. Der Vorgang habe sich "über Monate hinweg" verzögert, schreiben sie.

Wer Interesse daran hat, die Anhörung vor Ort zu verfolgen, wird sich in Kürze unter Angabe von Namen, Vornamen und Geburtsdatum direkt beim Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages anmelden können.

Quelle: www.gulli.com
Titel: AK Vorrat ruft zum Protest gegen Vorratsdatenspeicherung auf
Beitrag von: SiLæncer am 11 Oktober, 2012, 18:20
Am 15. Oktober soll im Petitionsausschuss des Bundestags eine öffentliche Anhörung stattfinden, die sich unter anderem mit einem Begehren gegen die Vorratsdatenspeicherung befasst. Im Vorfeld ruft die Initiative AK Vorrat zu bundesweiten Protesten auf. Unter dem Motto "Rote Karte für die Vorratsdatenspeicherung" sind laut Mitteilung der Aktivisten für Samstag, den 13. Oktober Aktionen in rund 20 Städten geplant. Am Tag der Anhörung soll zudem eine Kundgebung vor dem Marie-Elisabeth-Lüders-Haus in Berlin stattfinden, in dem der Ausschuss tagt.

Die August 2011 eingereichte E-Petition, die auf das AK-Vorrat-Mitglied Kai-Uwe Steffens zurückgeht, konnte bereits im September 2011 die Marke von 50.000 Mitunterzeichnern überschreiten, ab der der Petitionsausschuss zur einer öffentlichen Anhörung zur Sache verpflichtet ist. AK-Vorrat-Mitglied padeluun erklärte dazu: "Die Bundesregierung muss sich nun auch auf EU-Ebene mit Nachdruck für die Abschaffung der Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung einsetzen"

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/AK-Vorrat-ruft-zum-Protest-gegen-Vorratsdatenspeicherung-auf-1727662.html)

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Anhörung für Datenschützer enttäuschend
Beitrag von: SiLæncer am 29 November, 2012, 05:15
Im österreichischen Parlament fand am heutigen Mittwoch eine Anhörung zur Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" statt, die von mehr als 100.000 Österreichern unterstützt wird. Die Datenschützer des "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung Österreich" zeigten sich von dem Ergebnis der Anhörung allerdings enttäuscht.

Die Anhörung fand unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Es nahmen 16 Experten teil, die sich Berichten zufolge Krisch überwiegend kritisch zur Vorratsdatenspeicherung äußerten. Lediglich Vertreter des Justiz- und Innenministeriums verteidigten die umstrittene Sicherheitsmaßnahme.

"Das Ergebnis ist sehr enttäuschend", sagte Andreas Krisch, Sprecher des Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, heute nachmittag im Rahmen einer Pressekonferenz in Wien. Die vom Arbeitskreis initiierte, von 106.067 österreichischen Bürgern unterstützte Bürgerinitiative "Stoppt die Vorratsdatenspeicherung" fordert, dass sich die österreichische Bundesregierung auf EU-Ebene aktiv gegen die umstrittene Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung einsetzen soll. Zudem tritt die Bürgerinitiative für eine Evaluierung sämtlicher österreichischer Überwachungsgesetze bezüglich ihrer Notwendigkeit und Verhältnismäßigkeit ein.

Der ganze Artikel (http://www.gulli.com/news/20337-vorratsdatenspeicherung-anhoerung-fuer-datenschuetzer-enttaeuschend-2012-11-28)

Quelle: www.gulli.com
Titel: Ruf nach Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung unredlich
Beitrag von: SiLæncer am 19 Februar, 2013, 14:00
Peter Schaar, Bundesbeauftragter für den Datenschutz, fordert mehr Gründlichkeit in der Debatte um die Vorratsdatenspeicherung. Er hält den "gebetsmühlenartig wiederholten Ruf, die Vorratsdatenspeicherung wieder einzuführen, für unredlich. Gegenüber der Bevölkerung werde durch "Hinweise auf einen vermeintlichen Verlust von Sicherheit und eine Beschränkung der effektiven Polizeiarbeit" ein einseitiges und falsche Bild gezeichnet, schreibt er in einem Eintrag in seinem Weblog. "Wer aber immer wieder hört, dass es ohne Vorratsdatenspeicherung nicht geht, fängt irgendwann an selber daran zu glauben, auch wenn es ein beweisbarer Irrglaube ist."

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Schaar-Ruf-nach-Wiedereinfuehrung-der-Vorratsdatenspeicherung-unredlich-1805664.html)

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Wiedereinführung unter Großer Koalition
Beitrag von: SiLæncer am 31 Oktober, 2013, 20:45
CDU und SPD wollen als neue Regierungskoalition die Vorratsdatenspeicherung wiedereinführen. Wie aus einem Bericht der Frankfurter Allgemeinen Zeitung hervorgeht, äußerte sich Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) optimistisch gegenüber eines neuen Datensammelgesetzes. In der vergangenen Legislaturperiode widersetzte sich besonders die FDP immer wieder einer Telekommunikationsüberwachung.

Vor allem die (Noch) -Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) kritisierte die Wiedereinführung einer Vorratsdatenspeicherung (VDS) immer wieder. SDP und CDU/CSU dürften sich als höchstwahrscheinlich baldige Regierungskoalition allerdings darüber einig sein, die VDS in Deutschland wiedereinzuführen. Gegenüber der Rheinischen Post erklärte der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU): "Mit dem früheren Koalitionspartner FDP haben wir keine Einigung hinbekommen, da bin ich bei der SPD optimistischer", und gab damit ein klares Signal in Richtung Mindestspeicherfrist von Telekommunikationsdaten. Ursprünglich wurde die VDS 2007 schon einmal unter einer Großen Koalition eingeführt. Das Bundesverfassungsgericht erklärte die Speichertechnik 2010 jedoch für unzulässig.

Wie zu erwarten, reagierte das liberale Lager nach dem Statement Friedrichs mit herber Kritik. Leutheusser-Schnarrenberger erklärte, dass es nicht sein könne, "dass Union und SPD jetzt einfach wieder zur Tagesordnung übergehen und die Vorratsdatenspeicherung beschließen". Das FDP-Präsidiumsmitglied Wolfgang Kubicki erinnert weiter, dass CSU-Chef Seehofer noch vor der Wahl eine Überprüfung der Haltung der Union bei der Vorratsdatenspeicherung angemahnt hatte. "Dass die Union jetzt in Vorfreude auf eine neue Koalition von einer direkt nach der Bundestagswahl wieder abrückt, zeigt deutlich, wie wenig Sensibilität CDU und CSU in dieser Frage an den Tag legen und wie wenig die eigenen Ankündigungen Wert waren", so der Liberale.

Auch wenn es sich anzubahnen scheint, dass sich zwischen SPD und CDU/CSU ein Konsens betreffend der VDS anbahnt, sind konkrete Fragen noch nicht geklärt. Unter anderem muss eine Frist gefunden werden, nach deren Ablauf anfallende Telekommunikationsdaten wieder gelöscht werden müssen. Leutheusser-Schnarrenberger hofft derweil, dass sich das öffentliche Bewusstsein durch die Abhöraffäre rund um Kanzlerin Angela Merkel noch verändert.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung: Wiedereinführung unter Großer Koalition
Beitrag von: Jürgen am 01 November, 2013, 05:30
Die NSA wird sich schon freuen, braucht sie sich doch dann weniger selbst um die Datenbeschaffung zu bemühen.

Der Bundesinnenminister Hans-Peter Friedrich (CSU) ist derzeit nur geschäftsführend im Amt.
Aber es ist m.e. davon auszugehen, dass die SPD im Streben nach Machtteilhabe diesen hardliner akzeptieren wird.

Merkel abhören, das wird wohl als Skandal angesehen.
Den Rest des Volkes ausschnüffeln, das ist den großen Parteien offenbar mindestens komplett egal, wenn nicht sogar von ihnen gewollt.

Pfui Deibel!

Jürgen
Titel: Große Koalition bringt die Vorratsdatenspeicherung zurück
Beitrag von: SiLæncer am 26 November, 2013, 19:15
Kurz nach Mitternacht am Dienstagmorgen haben sich Verhandlungsführer von CDU/CSU und SPD im Rahmen ihrer Koalitionsgespräche auf einen Kompromiss zum Dauerstreitthema Vorratsdatenspeicherung geeinigt. Schwarz-Rot will demnach die einschlägige EU-Richtlinie "über den Abruf und die Nutzung von Telekommunikationsverbindungsdaten" umsetzen und diese personenbeziehbaren Informationen sechs Monate von Providern aufbewahren lassen.

Ein Zeitpunkt für dieses Vorhaben wird aber nicht genannt. Genauso offen lässt die vage Formulierung, was mit Standortdaten aus dem Mobilfunk erfolgen soll. Diese werden von den Brüsseler Vorgaben eigentlich umfasst. Ihre verdachtsunabhängige Speicherung ist besonders umkämpft, da sich damit einfach Bewegungsprofile anfertigen lassen. Eigentlich hat sich Schwarz-Rot in anderen Teilen des immer stärker Form annehmenden Koalitionsvertrags darauf verständigt, eine personenbezogene Profilbildung nur in engen Grenzen zuzulassen.

Grundrechte

Die heise online vorliegende Passage zur Vorratsdatenspeicherung sieht weiter vor, dass ein Zugriff auf die gespeicherten Informationen "nur bei schweren Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter sowie zur Abwehr akuter Gefahren für Leib und Leben erfolgen" können soll. Die geplante Koalition möchte damit offenbar die Maßgaben des Bundesverfassungsgerichts gesetzlich verankern. Die Karlsruher Richter hatten den ersten Anlauf von Schwarz-Rot zur anlasslosen Protokollierung von Nutzerspuren von 2007 teils für verfassungswidrig erklärt und gekippt.

Die sich abzeichnende neue große Koalition möchte zudem den betroffenen Telekommunikationsfirmen vorschreiben, einschlägige Daten über Bundesbürger nur "auf Servern in Deutschland" aufzubewahren. Dies käme Juristen zufolge aber einem Verstoß gegen die Richtlinie gleich, da die Provider demnach die für Strafverfolger zu speichernden Daten im gesamten Binnenmarkt lagern dürften.

Spielraum

Union und Sozialdemokraten wollen schließlich auf EU-Ebene "auf eine Verkürzung der Speicherfrist auf drei Monate hinwirken". Insgesamt gehen Beobachter so von einem klassischen Kompromiss zwischen den Positionen der beiden Fraktionen aus: Zwar ist die Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung festgeschrieben, es komme nun aber auf die künftigen Justiz- und Innenminister an, die Luft nach vielen Seiten lassende Klausel aus der Koalitionsvereinbarung zu interpretieren.

Innenpolitiker der Konservativen wollten die Telcos und Zugangsanbieter eigentlich möglichst rasch dazu verdonnern, die elektronischen Nutzerspuren wieder sechs Monate lang aufzubewahren. Die SPD plädierte dafür, das im Frühjahr 2014 erwartete Urteil des Europäischen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit der EU-Richtlinie mit den Grundrechten abzuwarten und eine deutlich niedrigere Speicherfrist einzuführen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Heftige Kritik an Vorratsdatenspeicherung im Koalitionsvertrag
Beitrag von: SiLæncer am 27 November, 2013, 17:34
Während CDU/CSU und SPD ihre endlich geschaffte Koalitionsvereinbarung über den grünen Klee loben, sind andere Beobachter weitaus kritischer. Politiker wie die noch amtierende Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) und Bürgerrechtler kritisieren dabei vor allem die Wiederkehr der Vorratsdatenspeicherung und den angesichts der NSA-Affäre zahmen Kurs beim Datenschutz.

Leutheusser-Schnarrenberger bedauert, dass die vier Jahre ihres erfolgreichen Kampfes gegen die Wiedereinführung der verdachtsunabhängigen Protokollierung elektronischer Nutzerspuren mit dem Fahrplan der großen Koalition einfach weggewischt werden könnten. "Man hätte die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs abwarten sollen", erklärte die FDP-Politikerin. Schon jetzt zeige sich so, "wie sehr eine liberale Stimme fehlt".

Auch der Plan der Koalition, die noch junge Stiftung Datenschutz in die Stiftung Warentest "integrieren" zu wollen, gibt für Leutheusser-Schnarrenberger Anlass zur Besorgnis. Damit sei hoffentlich nicht "abwickeln" gemeint, führt die Juristin aus. Die Verbraucher und die deutsche Wirtschaft bräuchten ein Datenschutzgütesiegel "mehr denn je". Die vor allem von der FDP vorangetriebene Einrichtung müsse zu einem "Stützpfeiler für den Datenschutz werden".

Die von den Koalitionspartnern vorgenommenen Weichenstellungen lassen den Innenexperten der Grünen, Konstantin von Notz, "angst und bange um unsere Bürgerrechte" werden. Aus den Erfahrungen des NSA-Skandals hätten Union und SPD "nichts gelernt". Auf europäischer Ebene hintertreibe die Bundesregierung noch immer die dringend nötige Reform des EU-Datenschutzrahmens. Die Piratenpartei betonte, dass die Vorratsdatenspeicherung "die Unschuldsvermutung und damit das Fundament unseres Verständnisses von Recht außer Kraft setzt".

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung hat die SPD-Basis aufgefordert, die Pläne bei ihrem Mitgliederentscheid zu stoppen. "Alle unsere täglichen Kontakte und Bewegungen erfassen zu wollen, ist ein Vorhaben unerhörten Ausmaßes", moniert die Organisation. Die Digitale Gesellschaft beklagt ebenfalls, dass Schwarz-Rot "die Überwachungsinfrastruktur mit hohem Missbrauchspotenzial erneut einführen" wolle.

Mit "großer Zuversicht" hat dagegen die Deutsche Polizeigewerkschaft (DPolG) die Pläne zur Gestaltung der Inneren Sicherheit aufgenommen. Zentrale Forderungen seien aufgenommen worden und sollten nun "rasch umgesetzt" werden. Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) begrüßte, dass zur "Abwehr konkreter, erheblicher Gefahren und für die Aufklärung schwerer Straftaten" die Erfassung und Auswertung von Verbindungsdaten für die Polizei wieder möglich werden solle. Sonst habe Schwarz-Rot in diesem Bereich aber nur "Absichtserklärungen unter Finanzierungsvorbehalt" abgegeben.

Um eine "optimistische Lektüre" des Vertrags bemüht sich auch Mathias Schindler von Wikimedia Deutschland. Er lobt, dass die Koalition eine Urheberrechtsreform und ein gesetzliches Festschreiben der Netzneutralität angekündigt habe sowie auf Open Data sowie freie Lizenzen und Formate setzen wolle. Gegenüber vergleichbaren früheren Vereinbarungen in Bund und Ländern erstaune so der "große Anteil" netzpolitischer Themen und deren zunehmende Verzahnung.

Quelle : www.heise.de
Titel: EuGH-Urteil: Vorratsdatenspeicherung verstößt gegen EU-Recht
Beitrag von: SiLæncer am 08 April, 2014, 16:32
Der Europäische Gerichtshof hat heute darüber entschieden, ob Vorratsdatenspeicherung mit geltendem Recht vereinbar ist. Dabei kam der Richter zu dem Schluss, dass die EU-Richtlinien zur Sicherung von Telefon- und E-Mail-Informationen ungültig sind, da die Vorratsdatenspeicherung ohne Verdacht auf eine Straftat einen schweren Eingriff in "die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens" darstelle.

Die Vorratsdatenspeicherung, also die Erfassung sämtlicher Verbindungsdaten von Telefonie, Internet-Nutzung, SMS und E-Mail, sei absolut notwendig, argumentiert beispielsweise Clemens Binninger von der CDU, der ironischerweise den Vorsitz des Untersuchungsausschusses zur NSA-Affäre innehat. Bei seiner Argumentation bedient sich Binninger dabei dem üblichen Totschlag-Argument Kinderpornografie. "Wir haben zwar die IP-Adresse des Verbrechers, wir erfahren aber nicht von den Providern, wem diese IP-Adresse gehört, weil sie sie ja nicht speichern müssen", zitiert tagesschau.de den CDU-Politiker. Dies sei kaum zu ertragen, so Binninger.

Der Europäische Gerichtshof sieht das aber offenbar anders und kommt in einem heutigen Urteil zu dem Schluss, dass die Regelung "einen Eingriff von großem Ausmaß und besonderer Schwere in die Grundrechte auf Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten, der sich nicht auf das absolut Notwendige beschränkt" beinhalte. Folglich sei die Speicherung von Kommunikationsdaten ohne Verdacht auf eine Straftat nicht mit geltendem EU-Recht vereinbar, urteilte das Gericht (http://curia.europa.eu/jcms/upload/docs/application/pdf/2014-04/cp140054de.pdf) (.pdf).

Vorratsdatenspeicherung soll künftig "auf das absolut Notwendige beschränkt" werden

Deutschland ist seit dem Entscheid des Bundesverfassungsgerichts Anfang März 2010 das einzige Land in der EU, in dem es keine flächendeckende Vorratsdatenspeicherung gibt. Sehr zum Unmut der übrigen Mitgliedsstaaten, die der Bundesregierung mit Strafen drohten. Auch die CDU war nicht sonderlich begeistert und versuchte ein neues Gesetz auf den Weg zu bringen, was aber durch den damaligen Koalitionspartner FDP, der nun in der Versenkung verschwunden ist, verhindert werden konnte. Die Große Koalition aus SPD und CDU hat im Koalitionsvertrag festgelegt, eine "verfassungskonforme" Vorratsdatenspeicherung einführen zu wollen, was jedoch durch Bundesjustizminister Heiko Maas bislang unterbunden wurde. Allerdings nicht aus prinzipiellen Gründen. Der SPD-Politiker wollte vielmehr den Entscheid des Europäischen Gerichtshofs abwarten. "Es nützt nichts, ein entsprechendes Gesetz vorzulegen, wenn wir davon ausgehen müssen, dass die EU-Richtlinie, auf der dieses Gesetz basiert, für unzulässig erklärt wird", so Maas gegenüber tagesschau.de.

Als Folge der in Luxemburg getroffenen Entscheidung muss die Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung in der Europäischen Union nun reformiert werden, die verdachtlose Speicherung von Verbindungsdaten soll künftig "auf das absolut Notwendige beschränkt" werden. Da die gespeicherten Daten "sehr genaue Schlüsse auf das Privatleben" der Bürger zulasse, dürfte diese nur in Fällen "schwerer Kriminalität" zur Anwendung kommen und erfordere selbst dann die Zustimmung eines Gerichts.

Quelle: www.gulli.com
Titel: Streit um deutschen Alleingang bei der Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 23 April, 2014, 20:15
Immer mehr Unionspolitiker fordern den nationalen Alleingang bei der Vorratsdatenspeicherung, wenn sich die EU nicht auf eine Neuauflage der vom EuGH kassierten Richtlinie einigen kann.

In den Reihen von CDU und CSU mehren sich die Stimmen, die auf eine rasche Neuauflage der Vorratsdatenspeicherung drängen. Im Gegensatz zu Bundesinnenminister Thomas de Maizière und dem Chef der Unionsfraktion im Bundestag, Volker Kauder (beide CDU), hat sich jetzt etwa CDU-Vize Thomas Strobl für einen baldigen deutschen Alleingang ausgesprochen. Auch bei näherer Betrachtung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) bestehe Spielraum für den nationalen Gesetzgeber, sagte der Bundestagsabgeordnete der Stuttgarter Zeitung.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Streit-um-deutschen-Alleingang-bei-der-Vorratsdatenspeicherung-2175658.html)

Quelle : www.heise.de
Titel: EU-Juristen halten Vorratsdatenspeicherung wohl für abgehakt
Beitrag von: SiLæncer am 23 Juni, 2014, 19:12
Die Juristen des EU-Ministerrats sind der Meinung, dass eine Wiedereinführung der Vorratsdatenspeicherung nach dem jüngsten EuGH-Urteil nicht mehr möglich ist. Das geht offenbar aus einem Dokument hervor, das dem AK Vorrat zugespielt wurde.

Der juristische Dienst des Rates der Europäischen Union meint, das EuGH-Urteil zur Vorratsdatenspeicherung lege nahe, dass "eine eine allgemeine, voraussetzungslose Speicherung von Daten künftig nicht mehr möglich ist". Das berichtet zumindest der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung unter Berufung auf ein ein Dokument, das für eine nicht-öffentliche Sitzung der EU-Justizminister Anfang Juni ausgearbeitet worden sei. Entscheidend für diese Einschätzung sei Ziffer 59 des Urteils, wo bemängelt wurde, dass die EU-Richtlinie keine Begrenzung der zu sammelnden Daten vorsieht.

Als Konsequenz aus dieser juristischen Einschätzung müsse die Vorratsdatenspeicherung nun endgültig vom Tisch, fordert der Arbeitskreis. Die von deutschen Innenministern und Funktionären der Polizeigewerkschaften geforderte Wiedereinführung habe keine rechtliche Grundlage, erklärte Heiko Stamer für die Organisation. Stattdessen müssten sich die Justizminister, die sich diese Woche zu einer Konferenz treffen, darauf einigen, von gesetzgeberischen Maßnahmen zu einer solchen Wiedereinführung abzusehen.

Im April hatte der Europäische Gerichtshof die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung klar verworfen. Trotzdem hatten Unionspolitiker danach für eine Wiedereinführung getrommelt, nachdem die Richtlinie hierzulande zuvor nicht umgesetzt worden war. Bundesjustizminister Heiko Maas hatte jedoch erklärt, einen nationalen Alleingang werde es mit ihm nicht geben. Die negative Einschätzung der EU-Juristen kannte er da schon. Die zuständige EU-Kommissarin Cecilia Malmström hatte zuvor schon versichert, sie werde keinen neuen Anlauf für eine EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung unternehmen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundesrat gegen Vorratsdatenspeicherung durchs IT-Sicherheitsgesetz
Beitrag von: SiLæncer am 06 Februar, 2015, 22:15
Der Bundesrat hat sich gegen eine Änderung im geplanten Regierungsentwurf für ein Gesetz zum Erhöhen der IT-Sicherheit ausgesprochen, mit dem Telekommunikationsanbieter einfacher Nutzerdaten sammeln könnten.

Der Bundesrat fordert Nachbesserungen am umstrittenen Entwurf der Bundesregierung für ein IT-Sicherheitsgesetz. Die Länder wollen unter anderem die erweiterten Befugnisse streichen lassen, mit denen Telekommunikationsanbieter Nutzerdaten einschließlich Verbindungsinformationen zum Vermeiden von Störungen oder Fehlern an ihren Anlagen "erheben und verwenden" dürften.

Paragraph 100 Telekommunikationsgesetz erlaubt eine derartige "freiwillige Vorratsdatenspeicherung" prinzipiell bereits. Die Bundesregierung will diese Befugnis aber nun ausdehnen auf Störungen, die rein theoretisch zu einer Einschränkung von Diensten oder zu einem unerlaubten Zugriff auf Systeme "führen können". Der Pirat Patrick Breyer hatte gewarnt, dass die "vage neue Formulierung mit dem Bestimmtheitsgebot" unvereinbar und unverhältnismäßig sein dürfte.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundesrat-gegen-Vorratsdatenspeicherung-durchs-IT-Sicherheitsgesetz-2543526.html)

Quelle : www.heise.de
Titel: IT-Sicherheitsgesetz: Streit um Nutzung von IP-Adressdaten
Beitrag von: SiLæncer am 17 Februar, 2015, 18:19
Der AK Vorratsdatenspeicherung ist strikt dagegen, das IP-Adressen zu Sicherheitszwecken verarbeitet werden dürfen. Die Bürgerrechtler liegen mit Informatikern und Datenschützern über Kreuz, die darin keinen Einstieg in die Vorratsdatenspeicherung sehen.

Die Forderung des Forums InformatikerInnen für Frieden und gesellschaftliche Verantwortung (FIfF), im IT-Sicherheitsgesetz eine begrenzte Nutzung von IP-Adressdaten zu erlauben, stößt beim Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung auf strikte Ablehnung. Sprecher Patrick Breyer zeigt sich in einem Schreiben an FIfF-Vorstand Stefan Hügel „schockiert“ und spricht von „IT-Vorratsdatenspeicherung“. Der schleswig-holsteinische Landesdatenschützer Thilo Weichert hingegen stellt sich "hundertprozentig" hinter das FIfF-Konzept.

Zweistufiges Verfahren

Der Vorschlag des FIfF sieht vor, zunächst mit einem Intrusion-Detection-System aus den laufenden Verkehrsdaten etwaige Verdachtsfälle einzugrenzen und die restlichen Daten zu verwerfen oder zu pseudonymisieren. In einem zweiten Schritt soll ein auditierbares IT- Sicherheitsverfahren verwendet werden. Bei dem zweistufigen Verfahren zur IP-Adressdatenanalyse handelt es sich nach Ansicht der Informatiker nicht um Vorratsdatenspeicherung.

Das sieht auch ein prominenter Datenschützer so. Der schleswig-holsteinische Landesdatenschützer Thilo Weichert bezeichnete es gegenüber heise online als „dumm“ und „fundamentalistisch“, auf IP-Adressdaten kategorisch zu verzichten, da diese bei der Untersuchung von IT-Sicherheitsvorfällen durchaus hilfreich sein könnten. Da es das Ziel des IT-Sicherheitsgesetzes sei, die Korrelation von Anomalien festzustellen, müssten „zwangsläufig Daten verarbeitet werden, die vielfach einen Personenbezug haben.“ Weichert stellt sich daher „hundertprozentig“ hinter den FIfF-Vorschlag, der eine stufenweise, zweckgebundene und eingeschränkte Nutzung von IP-Adressen erlaube. Im Telemediengesetz müsse daher eine „deutlich bestimmte“ Regelung gefunden werden.

"Fundamentalistisch"

In einer aktuellen Stellungnahme zum Gesetzentwurf weist Weichert darauf hin, dass IP-Adressdaten nicht die einzigen personenbezogenen Daten sind. So könnten auch gescannte Port-Nummern, Internetadressen, Routing-Tabellen in BGP-Routern und Zeitpunkte von Ereignissen einzelnen Nutzern zugeordnet werden. Das ist das Ergebnis einer Untersuchung des Unabhängigen Landeszentrums für Datenschutz in Schleswig-Holstein (ULD) im Rahmen des Bundesforschungsministerium geförderten Projekts „Monitoring durch Informationsfusion und Klassifikation zur Anomalieerkennung“ (MonIKA).

Warnungen der Nutzer vor Sicherheitslücken, Schadprogrammen und Störungen seien überdies möglicherweise ohne IP-Adressdaten nicht machbar. So könnte etwa ein Routerhersteller erkennen, wenn ein Nutzer ein sicherheitskritisches Update nicht eingespielt hat. Falls der Nutzer mangels Registrierung nur über den Telekommunikationsdienstleister gewarnt werden kann, sollte dieser die relevante IP-Adresse dem Hersteller mitteilen dürfen. Dabei sei jedoch, so betont Weichert, eine strenge Zweckbindung erforderlich.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: IT-Sicherheitsgesetz: Streit um Nutzung von IP-Adressdaten
Beitrag von: Jürgen am 18 Februar, 2015, 02:00
Zitat
Warnungen der Nutzer vor Sicherheitslücken, Schadprogrammen und Störungen seien überdies möglicherweise ohne IP-Adressdaten nicht machbar. So könnte etwa ein Routerhersteller erkennen, wenn ein Nutzer ein sicherheitskritisches Update nicht eingespielt hat. Falls der Nutzer mangels Registrierung nur über den Telekommunikationsdienstleister gewarnt werden kann, sollte dieser die relevante IP-Adresse dem Hersteller mitteilen dürfen. Dabei sei jedoch, so betont Weichert, eine strenge Zweckbindung erforderlich.
Das ist der übliche an den Haaren herbei gezogene Blödsinn, mit dem Bevölkerung wie Politiker reingelegt werden sollen.

Dieser angenommene Routerhersteller braucht aus folgenden Gründen "den" Telekommunikationsdienstleister nicht nach der IP-Adresse fragen zu dürfen:

1.) (er)kennt er diesen nicht, weil der Router nicht gebrandet ist, und ist jede Fernwartung deaktiviert, dann weiß er gar nicht, wen er danach fragen müsste. Und eigentlich kann er dann auch nichts über den Software-Stand wissen.

2.) kennt er diesen schon, weil der Router gebrandet ist, kann er den Dienstleister informieren und auffordern, seinerseits mit dem Nutzer Kontakt aufzunehmen. Zwischen den beiden gibt es immerhin ein Vertragsverhältnis samt Schadenminderungspflichten.

3.) meldet sich die Box regelmäßig beim Hersteller, um nach verfügbaren Updates zu fragen, installiert diese aber nicht automatisch, so ist dies eine gezielte Einstellung bzw. Entscheidung entweder durch den Nutzer oder durch den Provider, was der Hersteller - als Nichtmitglied des Dienstleistungsvertrags - überhaupt nichts angeht.
Diese automatische Abfrage teilt dem (Server des) Hersteller(s) aber ohnehin die aktuelle IP zu diesem Zeitpunkt mit, und aus dieser geht letztlich sogar der Provider hervor, oder der eigentliche Anbieter, dessen IP-Bereich der nutzt. Man beachte die Gewaltenteilung nach Grundgesetz! Liegt eine erhebliche Gefahr vor, so ist das zuständige Staatsorgan einzuschalten, keine zweite oder dritte Firma. Und allein solche ein Staatsorgan hat dann ohnehin das Recht, Auskunft über Nutzerdaten anzufordern.

4.) hat, wie so häufig in Zeiten des Router-Zwangs, der Nutzer überhaupt keine Kontrolle über das genutzte Gerät, dann  geht den Hersteller die Identität des Nutzers erst recht gar nichts an. Dieser arme Abhängige kann ja gar dann kein Firmware-Update einspielen, sondern überhaupt nur sein Provider. Da in solchen Fällen der Anbieter als Einziger diese Kontrolle hat, ist er nicht nur in der Pflicht, sondern muss auch vom Hersteller angesprochen werden, um endlich tätig zu werden. Der Hersteller hat dazu einzig eine neue Firmware oder Patches dafür an den Provider zu liefern, sonst nix. Und dafür braucht er die IP oder daraus ableitbare Daten des Nutzers definitiv nicht.

Es steht daher eher zu überlegen an, ob umgekehrt der Hersteller den Provider über die aktuelle IP wegen des Router-Softwarestandes informieren darf, damit der auf seinen Vertragspartner, also den Nutzer, gegebenenfalls Einfluss nehmen kann. Das mag, zur Abwehr einer aktuellen Gefahr bzw. zum Schutz möglicher höherer Rechtsgüter, schon längst ganz legal möglich und u.U. geboten sein. Die Verwalter von Zwangs-Routern müssen dafür verbindlich in die Pflicht genommen werden, und fallen diese einmal aus oder werden nicht (mehr oder zeitnah genug) mit Updates versorgt, dann sollte es dem Inverkehrbringer recht ungemütlich gemacht werden können, ggf. auch noch nach Jahren...

Nebenbei, eine regelmäßige Registrierung eines Routers beim Hersteller wäre meines Erachtens ein schwerer Datenschutzverstoß, spätestens beim nächsten Eigentümer- oder Providerwechsel. Damit fangen wir besser gar nicht erst an!

Natürlich möchten aber Hardware-Lieferanten auch gerne möglichst viele und umfangreiche Nutzerdaten speichern und nach Gutdünken werblich verwerten oder gar weiterverkaufen können. Und möglicherweise sind auch Dritte interessiert, insbesondere falls diese der Ansicht sein sollten, mangels direkten Vertrages mit dem Nutzer wären diese quasi Freiwild, für Werber oder staatliche Schnüffler.

Und das zusammen scheint mir die einzig plausible Erklärung für diesen Quatsch...

Jürgen
Titel: "Vorschlag zur Vorratsdatenspeicherung steht felsenfest"
Beitrag von: SiLæncer am 15 April, 2015, 16:11
Die vorgelegten Leitlinien für ein zehnwöchiges Aufbewahren von Verbindungsdaten seien "in der Substanz nicht mehr veränderbar", betont Justizminister Heiko Maas. Mit höchstrichterlichen Vorgaben sieht er sie vereinbar.

Bundesjustizminister Heiko Maas sieht kaum noch Spielraum für Änderungen an den Prinzipien für eine neue Vorratsdatenspeicherung, die er am Mittwoch in Berlin präsentiert hat. "Wir legen einen Kompromiss vor, um schwerste Straftaten künftig besser aufklären zu können", konstatierte der SPD-Politiker. Damit werde man auch höchstrichterlichen Urteilen gerecht. Es handle sich um eine gute Grundlage für die noch ausstehende parlamentarische Beratung, die "in der Substanz nicht mehr veränderbar ist".

"Gerichtsvorgaben eingehalten"

Das Bundesverfassungsgericht hatte erste hiesige Vorgaben zum verdachtsunabhängigen Protokollieren von Nutzerspuren 2010 gekippt, der Europäische Gerichtshof (EuGH) voriges Jahr auch die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung aufgehoben. Die Luxemburger Richter erteilten Sicherheitsmaßnahmen eine Absage, bei denen die Betroffenen sich nicht zumindest "mittelbar in einer Lage befinden, die Anlass zur Strafverfolgung geben könnte".

Maas versteht die Auflage des EuGH so, dass nur eine anlasslose Speicherung "aller Daten" aus der Telekommunikation unzulässig sei. Seine Leitlinien befänden sich so auf der sicheren Seite, da "IP-Adressen von E-Mails komplett ausgenommen" würden. "Die E-Mail-Kommunikation ist eine Massenkommunikation", führte der Sozialdemokrat seine Beweggründe aus. "Sie wird von völlig unbescholtenen Bürgern genutzt." Zudem liege man mit Höchstspeicherfristen von zehn Wochen bei Verbindungsdaten aus der Telefonie und IP-Adressen sowie vier Wochen bei Standortdaten aus dem Mobilfunk im europäischen Durchschnitt weit hinten.

Balance zwischen Sicherheit und Datenschutz

Insgesamt sprach der Justizminister von einer "ausgeglichenen Balance zwischen Sicherheit und Bürgerrechten". Bewegungs- und Persönlichkeitsprofile dürften nicht erstellt, auf die Daten nur mit Richterbeschluss zugegriffen werden. Bei der entsprechenden Prüfung der Verhältnismäßigkeit werde ein strenger Maßstab angelegt. So seien in einer Anordnung einzelfallbezogen die wesentlichen Aspekte zur Erforderlichkeit und Angemessenheit der Maßnahme darzulegen. Betroffene sind der Initiative nach im Nachhinein prinzipiell zu benachrichtigen.

Maas plant plant auch Löschauflagen nach Ablauf der maximalen Speicherfrist, die mit empfindlichen Sanktionen untermauert werden sollen. Bisher bewahren Provider Verbindungsdaten oft geraume Zeit auf, um Störungen entgegenzuwirken. Diesen "Wildwuchs" soll es offenbar nicht mehr geben. Den Bundesländern will es Maas ermöglichen, einen Zugriff auf die Datenhalden in ihren Polizeigesetzen zu regeln, wenn "tatsächliche Anhaltspunkte für bestimmte konkrete schwerste Gefahren vorliegen". Abrufmöglichkeiten für das Bundesamt für Verfassungsschutz oder andere Geheimdienste seien nicht vorgesehen.

Lob von SPD und Union

Maas unterstrich, dass der Vorschlag mit Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) "in Details abgestimmt ist". Die Gespräche mit dem Kollegen seien in den letzten Wochen "außerordentlich konstruktiv" verlaufen: "Wir werden jetzt zügig einen Gesetzentwurf vorlegen und ins Kabinett einbringen." Vor vier Monaten hatte der Justizminister eine Vorratsdatenspeicherung noch "entschieden" abgelehnt, da diese gegen das Recht auf Privatheit und Datenschutz verstoße. Er lenkte ein, nachdem SPD-Chef Sigmar Gabriel nach Anschlägen in Paris und Dänemark ein Machtwort gesprochen hatte.

De Maizière lobte die "fairen und geräuschlosen" Verhandlungen. Beide Seiten hätten Abstriche machen müssen, aber das Ergebnis könne sich sehen lassen. CSU-Landesgruppenchefin Gerda Hasselfeldt begrüßte die Einigung als "gute Nachricht für uns alle": "Wir haben lange gekämpft, jetzt ist es geschafft." Auch der CDU-Netzpolitiker Thomas Jarzombek zeigte sich mit dem Erreichten grundsätzlich zufrieden, etwa über Messenger-Daten sei aber noch zu reden. Der SPD-Digitalexperte Lars Klingbeil blieb dagegen bei seiner Ansicht, dass eine anlasslose Überwachung nicht verfassungsgemäß durchzuführen sei.

Kritik aus der Opposition

Die Opposition warf Maas vor, eingeknickt zu sein und die Bürgerrechte auf dem Altar vermeintlicher höherer Sicherheit zu opfern. "Die Vorratsdatenspeicherung gehört nicht ins Parlament, sondern auf die Müllhalde der Geschichte", befand der grüne Fraktionsvize Konstantin von Notz. Maas habe "massive verfassungsrechtliche Bedenken" nicht ausgeräumt. Jan Korte, stellvertretender Vorsitzender der Linken, beklagte eine "Grundrechtsverletzung mit Vorsatz", die alle unter Generalverdacht stelle. Ex-Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP) warf der Regierung vor, "die Privatsphäre aus Populismus zu verschachern". Die Vorratsdatenspeicherung bleibe trotz aller Augenwischerei ein "Überwachungsmonstrum".

Quelle : www.heise.de
Titel: Zehn Wochen Speicherfrist: Neue Vorratsdatenspeicherung vereinbart
Beitrag von: SiLæncer am 15 April, 2015, 19:44
Das Bundesjustizministerium und das Innenministerium haben sich auf eine erneute Einführung der Vorratsdatenspeicherung geeinigt. Die läuft nun unter dem Label "Höchstspeicherfristen für Verkehrsdaten", die maximal 10 Wochen betragen sollen.

Die zuständigen Bundesministerien haben sich auf Leitlinien für eine erneute Einführung der Vorratsdatenspeicherung geeinigt. Wie Justizminister Heiko Maas mitteilte, sollen Verkehrsdaten zehn Wochen von den Providern vorgehalten werden, Standortdaten vier Wochen.

Der gesamte Bereich E-Mails solle von dieser Speicherpflicht ausgenommen und Geheimnisträger besonders geschützt werden. Ein Abruf durch Sicherheitsbehörden soll nur in Bezug auf einzeln benannte schwere Straftaten und nach Genehmigung durch einen Richter erlaubt sein.

Datenflut

Gespeichert werden sollen demnach alle an einem Telefonat beteiligten Telefonnummern, das Datum und die Uhrzeit des Gesprächs, bei Mobilgesprächen außerdem die Funkzelle. Wenn es sich um Internet-Telefondienste handelt sollen auch die IP-Adressen protokolliert werden.

Ausgenommen werden sollen unter anderem Telefonangebote, die sich der Beratung in Notlagen widmen. Darüber hinaus würden auch zeugnisverweigerungsberechtigte Personen (Seelsorger, Rechtsanwälte, Ärzte, Apotheker, Beratungsstellen für Betäubungsmittelabhängigkeit und Schwangerschaftskonflikte, Abgeordnete, Presse) vor der Überwachung geschützt.

Ziele

Abgerufen werden dürfen die gespeicherten Daten nur "zu engdefinierten Strafverfolgungszwecken". Bundesländer sollen das Prozedere in ihren Polizeigesetzen regeln dürfen. Der Katalog der Strafen, bei denen der Zugriff auf die Vorratsdaten möglich sein soll, lehnt sich den Leitlinien zufolge an den Katalog zur Wohnraumüberwachung an. Gelistet werden unter anderem Delikte des Hochverrats, Landfriedensbruchs, Sexualdelikte, Straftaten in Zusammenhang mit Kinderpornographie und Mord.

Um die gespeicherten Daten angemessen zu schützen, setzen die Ministerien auf "besonders sichere Verschlüsselungsverfahren". Außerdem sollen gesonderte Speicher eingerichtet werden, die hinreichend vor Zugriffen aus dem Internet geschützt sind. Zugriffe sollen protokolliert werden und nach dem Vier-Augen-Prinzip erfolgen.

Sollte die Umsetzung für die Provider nachweisbar unverhältnismäßig teuer werden, würden sie finanziell entschädigt. Um den Missbrauch der gesammelten Daten "zu vermeiden", soll der Handel mit gestohlenen Daten unter Strafe gestellt werden. Dazu werde ein Straftatbestand "Datenhehlerei" eingeführt.

Hin zum Präventionsstaat

Insgesamt bedeuten die neuen Anforderungen an die Vorratsdatenspeicherung einen deutlich geringeren Eingriff in den Datenschutz als die von Karlsruhe gekippte Regelung. Vor allem hinter den Forderungen von Sicherheitspolitikern bleibt das Konzept zurück.

Aber trotzdem bedeutet dieser neue Anlauf einen Paradigmenwechsel: hin zu einem Präventionsstaat, der seine Bürger unter Generalverdacht stellt.

Quelle : www.heise.de
Titel: Kommentar: Die Vorratsdatenspeicherung gehört eingemottet
Beitrag von: SiLæncer am 15 April, 2015, 20:18
Die große Koalition hat sich auf eine Vorratsdatenspeicherung light geeinigt. Unser Autor Stefan Krempl meint, die Politik sollte endlich die Finger von nutzlosen Überwachungsinstrumenten lassen.

Eine Vorratsdatenspeicherung light soll es also hierzulande werden. Darauf haben sich Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) und sein CDU-Kollege im Innenressort, Thomas de Maizière, nach monatelangen Auseinandersetzungen verständigt. Beide können den schalen Kompromiss mit zehnwöchigem "Backup" von Verbindungsdaten nach außen hin als Erfolg verkaufen: Maas verweist darauf, dass keine Bewegungsprofile erstellt werden dürften und die äußeren Umstände der E-Mail-Kommunikation tabu seien. Nirgends in der EU gebe es so kurze "Höchstspeicherfristen". Der Innenminister wiederum hat endlich irgendetwas in der Hand, was er Sicherheitsfanatikern entgegenstrecken kann.

Doch schon der Wert der früheren "großen Vorratsdatenspeicherung" für die Strafverfolgung war mehr als umstritten. Eine Untersuchung des Max-Planck-Instituts für Strafrecht hat ergeben, dass sich mit der früher praktizierten halbjährigen Vollerfassung von Verkehrsdaten die Aufklärungsquote nicht wirklich steigern ließ. Auch die einstige EU-Kommission, die sich vehement für das verdachtsunabhängige Protokollieren von Nutzerspuren stark machte, konnte dem nicht viel entgegensetzen. Mit der abgespeckten Variante dürften sich die Ermittler auch nicht lange zufrieden geben und rasch mehr fordern. Wo ein Trog ist...

Schwerverbrecher und Terroristen, um die es nun nur noch gehen soll, werden sich beim Planen ihrer Taten aber wohl kaum ohne Verschlüsselung und Anonymisierungsdienste im Netz bewegen oder telefonieren. Spätestens die NSA-Enthüllungen dürften selbst den nachlässigsten Übeltäter darauf aufmerksam haben, dass schier alle im Netz anfallenden Bits und Bytes irgendwo gehortet und teils ausgewertet werden.

Anlasslos bleibt anlasslos

Die Massenüberwachung durch Geheimdienste wiederum kann kein Freibrief sein, alle Bürger offiziell unter Generalverdacht zu stellen und der Polizei einen Zugang zu den anfallenden Datenmengen zu geben. Die Urteile des Bundesverfassungsgerichts und vor allem des Europäischen Gerichtshofs haben klar gemacht, dass ein undifferenziertes Aufbewahren von Verbindungs- und Standortdaten aller Nutzer technisch und rechtlich praktisch nicht mehr möglich ist. Auch der Vorratsdatenspeicherung light droht so das Schicksal, höchstrichterlich wieder aufgehoben zu werden: sie bleibt trotz allen Lavierens anlasslos und richtet sich zunächst auch gegen Unverdächtige und sogar Berufsgeheimnisträger.

Unerträglich ist das ständig wiederholte "Argument" der Sammelbefürworter, dass doch gar keine Inhalte erfasst würden. Mit Metadaten lassen sich weitreichende Netzwerke von Kommunikationspartnern abbilden, mit Standortdaten prinzipiell binnen kürzester Zeit Bewegungsprofile erstellen: Die USA töten damit. Verbindungsinformationen verraten auch sehr viele höchst private Details wie Hobbies, Nachrichten- und Shoppingvorlieben, religiöse oder vergleichbare Überzeugungen, Gesundheitszustand, Finanzsituation oder sexuelle Interessen.

Finger weg!

Die Politik sollte daher endlich insgesamt die Finger von der heißen Kartoffel Vorratsdatenspeicherung lassen. Nicht umsonst ist inzwischen auch die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff von der Maßnahme abgerückt, obwohl sie in ihrer Zeit als CDU-Bundestagsabgeordnete noch dafür stimmte. Die Gefahren für die Grundrechte und den Rechtstaat, die das Instrument unweigerlich mit sich bringt, sind einfach zu groß und unüberschaubar.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung soll eilig beschlossen werden
Beitrag von: SiLæncer am 20 April, 2015, 13:20
Die große Koalition hat sich laut Unionsvize Thomas Strobl darauf verständigt, die neue Vorratsspeicherung noch vor der Sommerpause im Bundestag im Schnelldurchlauf verabschieden zu wollen.

Die geplante neue Vorratsdatenspeicherung könnte schneller kommen als vielfach erwartet. Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) hatte zwar bereits angekündigt, seine Leitlinien "zügig" in einen Gesetzentwurf gießen und durchs Kabinett bringen zu wollen. Das weitere Vorgehen war aber noch offen, da die SPD zunächst auf ihrem Parteikonvent am 20. Juni in Berlin über das Thema entscheiden wollte.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Vorratsdatenspeicherung-soll-eilig-beschlossen-werden-2613372.html)

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Abruf auch bei Internetstraftaten
Beitrag von: SiLæncer am 16 Mai, 2015, 18:28
Ermittler sollen auf Vorrat gespeicherte Verbindungs- und Standortdaten nicht nur nutzen dürfen, um etwa Terrorismus zu bekämpfen, sondern auch, um "mittels Telekommunikation begangene Straftaten" aufzuklären. Dies sieht ein Referentenentwurf vor.

Alter Wein in nur mühsam ausgebesserten Schläuchen? Manchem Aktivisten, aber auch vielen Juristen dürften die neuen Anläufe zur Vorratsdatenspeicherung in Deutschland überraschend bekannt vorkommen – überrachend vor allem, weil nun wieder Bestimmungen auftauchen, die das Bundesverfassungsgericht ausdrücklich gerügt hatte. Erneuter Schelte der Verfassungshüter aus Karlsruhe begegnen will man mit nur vorsichtig formulierten Einschränkungen

Dies zeigt der konkrete Vorstoß des Bundesjustizministeriums für eine neue Vorratsdatenspeicherung, der weit über die bisher publik gemachten Leitlinien hinaugeht. Laut dem Referentenentwurf aus dem Haus von Justizminister Heiko Maas (SPD), den Netzpolitik.org veröffentlicht hat, sollen Ermittler und andere auf die Gefahrenabwehr spezialisierte Behörden Verbindungs- und Standortdaten nicht nur abrufen dürfen, wenn sie Terrorismus bekämpfen oder höchstpersönliche Rechtsgüter schützen wollen. Ein Zugriff soll vielmehr auch erlaubt sein, um beim Verdacht auf "mittels Telekommunikation begangene" Straftaten tätig werden zu können.

Zweiter Versuch

Das Bundesverfassungsgericht hatte diesen Ansatz in seinem Urteil gegen ein erstes Gesetz der großen Koalition zum verdachtsunabhängigen Protokollieren von Nutzerspuren vor fünf Jahren ausdrücklich gerügt. Die Formulierung ist schließlich an sich so vage, dass Polizei und gegebenenfalls auch Geheimdienste bei jedem Delikt im Internet in den Datenbeständen der Provider schürfen dürften. Dem versucht das Justizressort nun einen Riegel vorzuschieben: Der Zugang zu den Informationen soll bei Netzstraftaten wie etwa Urheberrechtsverstößen nur zulässig sein, "wenn die Erforschung des Sachverhalts auf andere Weise aussichtslos wäre".

Jenseits von Cybercrime legt das Ministerium einen Straftatenkatalog fest, um überbordenden Datenabfragen entgegenzuwirken. Auch dieser ist aber recht weit gefasst. So geht es darin um Mord und Totschlag genauso wie um das Verbreiten, den Erwerb oder den Besitz kinder- und jugendpornographischer Schriften oder Verstöße gegen das Betäubungsmittelgesetz. In derlei Fällen dürften die Daten genutzt werden, "soweit die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten auf andere Weise wesentlich erschwert oder aussichtslos wäre" und die Erhebung "in einem angemessenen Verhältnis zur Bedeutung der Sache" stünde.

Profilbildung

Wie aus den Eckpunkten bereits hervorging, müssten Telekommunikationsfirmen Verbindungsdaten zehn und Standortdaten vier Wochen aufbewahren. Informationen und insbesondere IP-Adressen rund um die "elektronische Post" dürften nicht gespeichert werden. Im Mobilbereich sollen Netzbetreiber auch die Daten vorhalten müssen, "aus denen sich die geographischen Lage und die Hauptstrahlrichtungen der die jeweilige Funkzelle versorgenden Funkantennen ergeben". Diese beträfen Angaben zur Netzplanung, die nötig seien, um Funkzellenbezeichnungen bestimmten geografischen Bereichen zuordnen zu können. Erfasst sind von dem Entwurf auch die internationalen Kennungen für mobile Teilnehmer für den anrufenden und den angerufenen Anschluss (IMSI) sowie die Pendants der Endgeräte (IMEI).

Standortdaten dürften nur bei künftigen Verbindungen oder in Echtzeit abgerufen werden, soweit sie "für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes des Beschuldigten erforderlich" sind. Damit soll "wirksam" verhindert werden, dass Bewegungsprofile unbescholtener Bürger erstellt werden können. Zu diesem Zweck will das Ressort auch Funkzellenabfragen rechtlich etwas enger fassen, bei denen alle zu einer bestimmten Zeit eingebuchten Mobilgeräte unterschiedslos erfasst werden. "Verkehrsdaten" Unbeteiligter dürften dabei "nicht über das zur Strafverfolgung unerlässliche Maß hinaus erhoben werden", heißt es dazu.

Adresserfassung

"Gefahrenabwehrbehörden" sollen mithilfe der auf Vorrat aufbewahrten Angaben auch Nutzerinformationen über die "manuelle Bestandsdatenauskunft" bei Providern direkt abfragen dürfen. Eine Richtergenehmigung ist in derlei Fällen anders bei sonstigen Abrufen nicht vorgesehen. Nach der jüngsten Änderung der entsprechenden Norm werden von der Bestimmung auch dynamische IP-Adressen erfasst, nachdem das Bundesverfassungsgericht hier eine Regelungslücke gesehen hatte. Telekommunikationsfirmen dürfen seitdem Netzkennungen den Inhabern von Internetzugängen automatisiert zuordnen und dafür ins Fernmeldegeheimnis eingreifen. Nicht verwendet werden könnten die gespeicherten Daten in diesem Rahmen, um Ordnungswidrigkeiten zu verfolgen oder zu verhindern.

Das Justizressort begründet die Initiative damit, dass es bisher "vom Zufall abhängig ist, ob Verkehrsdaten zum Zeitpunkt der Anfrage noch vorhanden sind oder nicht". Dies führe zu Lücken bei der Strafverfolgung und bei der Gefahrenabwehr. "Im Einzelfall" könnten "strafrechtliche Ermittlungen ohne Erfolg bleiben". Der Vorstoß sei daher alternativlos. "Eine vorsorglich anlasslose Datenspeicherung" müsse aber "besonders strengen Anforderungen" unterliegen, denen der Entwurf etwa mit Sicherungs- und Protokollierungspflichten, der Ausnahme sozialer oder kirchlicher Stellen zur Telefonseelsorge oder einem Verwertungsverbot von Informationen über Berufsgeheimnisträger nachkomme.

Rechtswidrig? Ja ... Nein ... Doch ...

Soweit die Auffassung vertreten werde, dass der Europäische Gerichtshof eine anlasslose Speicherung von Verkehrsdaten per se für rechtswidrig halte, kann das Ministerium dem nicht folgen. Das einschlägige Urteil werde so verstanden, "dass bei einer Differenzierung der zu speichernden Daten und zugleich einer Reduzierung des Datenkranzes, bei der konkreten und restriktiven Benennung der Speicher- und Verwendungszwecke, der erheblichen Verkürzung des Speicherzeitraums sowie bei der Schaffung zusätzlicher, sachlicher und technischer Voraussetzungen eine Speicherung von Telekommunikationsdaten unionsgrundrechtskonform ausgestaltet werden kann".

Insgesamt werde die Maßnahme auf das "absolut Notwendige" beschränkt, verteidigt sich das Ressort gegen lautstarke Kritik. Sie stelle auch gar "kein neues Ermittlungsinstrument dar". Man gehe davon aus, dass Abfragen voraussichtlich im "gleichen Umfang wie bisher erfolgen, aber zu besseren Ergebnissen führen".

Betroffene Firmen

Betroffen von den Speicherpflichten sind dem Papier nach rund 1000 Unternehmen. Da sich die Lage bei diesen "sehr unterschiedlich gestalten dürfte", seien der Aufwand und die damit verknüpften Kosten "derzeit nicht bezifferbar". Das Übermitteln von Verkehrsdaten und die "Auskunftserteilung über Bestandsdaten" soll nach allgemeinen Justizvergütungsregeln veranschlagt werden. Unter den Zahlen findet sich das ein oder andere "Schnäppchen" für die Strafverfolger: So soll etwa eine Funkzellenabfrage nur mit 30 Euro zu Buche schlagen, eine weitere Zelle für vier Euro einbezogen werden.

Darüber hinaus sieht der Entwurf für die erforderlichen Investitionen und gegebenenfalls gesteigerten Betriebskosten eine Entschädigung vor, wenn diese für einzelne Unternehmen "erdrosselnde Wirkung" haben könnten. Damit sollen aber nur "unbillige Härten" ausgeglichen werden. Über einschlägige Anträge soll die Bundesnetzagentur entscheiden. Dort führen die neuen Aufgaben dem Papier nach zu einem Bedarf von 25 Stellen mit jährlichen Personalkosten in Höhe von 2,9 Millionen Euro.

Eilverfahren

Den Vorstoß zu befristen, hält das Ministerium nicht für sachgerecht, eine Evaluierung für entbehrlich. Der Entwurf sehe ja "eine statistische Erfassung der vorgenommenen Ermittlungsmaßnahmen vor". Sollte daran Änderungsbedarf erkennbar werden, würden "die Strafverfolgungsbehörden die Justizressorts informieren". Die Initiative soll nun im Eilverfahren binnen der nächsten zwei Wochen vom Bundeskabinett beschlossen und noch vor einem Parteikonvent der SPD im Juni erstmals im Bundestag beraten werden.

Angesichts der Eile der großen Koalition, der Mehrheitsverhältnisse im Bundestag und der heftigen Kritik auch von Juristen an dem erneuten Vorhaben zur Vorratsdatenspeicherung ist eine erneute Prüfung des dann vom Bundestag verabschiedeten Gesetzes vor dem Bundesverfassungericht wohl unausweislich. Die Richter werden sich die erneut aufgenommenen Bestimmungen mit ihren anscheinend nur schwammigen Einschränkungen wieder genau anschauen müssen – ganz abgesehen davon, dass viele Juristen die Entscheidung des Europäischen Gerichtshof gegen die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung als Abgesang auf die Maßnahme ansehen, da diese mit EU-Grundrechten nicht vereinbar sei.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung: Abruf auch bei Internetstraftaten
Beitrag von: Jürgen am 17 Mai, 2015, 16:41
Auch die Verabredung zu einer Straftat ist eine Straftat.

Der Verdacht, eine solche Verabredung geschähe also in irgendeiner Weise unter Nutzung von Mitteln der Telekommunikation, würde nach diesem Entwurf bereits die umfassende Nachforschung und Überwachung begründen können, ohne dass wie früher ein Richter dies genehmigen müsste.

Das ist m.e. nur als umfassende Ermächtigung zur Totalüberwachung zu verstehen, egal wie die Verbrecher in Politik und Behörden es anders darzustellen versuchen.
Es ist nämlich in der heutigen Zeit tatsächlich davon auszugehen, dass kaum noch eine Straftat begangen wird, ohne dass vorher, währenddessen oder nachher in irgendeiner Weise in dem Zusammenhang telekommuniziert wird.

Zudem ist einfach von "Verdacht" die Rede, nicht nur von "begründeten Verdacht". Ersterer ist jederzeit leicht zu konstruieren...  :wall

Wer an verantwortlicher Stelle an solchen verfassungswidrigen Aktivitäten gegen elementare Bürgerrechte teilnimmt oder meint, solchen im Parlament Vorschub leisten zu dürfen, der sollte sich lieber gleich ein anderes Land suchen, finde ich. Denn der Bevölkerung dieses Landes scheint ja nichts Gutes zuzutrauen zu sein.
Geht doch gleich nach Nordkorea...  ;wusch

Jürgen
Titel: Vorratsdatenspeicherung 2.0: Grundrechtsverletzung mit Zuckerguss
Beitrag von: SiLæncer am 19 Mai, 2015, 19:45
Justizminister Maas stellt am Dienstag den Entwurf zur "Speicherpflicht für Verkehrsdaten“ vor. Ein Frontalangriff auf die Freiheit – oder ein grundrechtsschonendes Instrument? Verfassungsrechtler Ulf Buermeyer bewertet den Entwurf für heise online.

Diesmal soll der Schuss wirklich sitzen: Das Bundesverfassungsgericht hat Version 1.0 der deutschen Regelung zur Vorratsdatenspeicherung 2010 verworfen, 2014 hat der Europäische Gerichtshof auch die zugrundeliegende Richtlinie gekippt. Nun möchte die Große Koalition aus CDU und SPD mit ihrem neuen Anlauf alles richtig machen.

Auf den ersten Blick haben die Autorinnen und Autoren aus dem Justizministerium solide Arbeit abgeliefert. In zahlreichen Vorschriften haben sie detaillierte Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts aufgenommen, mitunter gar per Copy & Paste. Vor allem das Thema Datensicherheit der Vorratsdaten bei den ca. 1000 verpflichteten Providern nimmt breiten Raum ein. Gleichwohl wird der Entwurf massiv kritisiert – zu Recht. Die Tücken liegen sowohl in den Details als auch in der Grundsatzentscheidung "pro VDS“.

Grundrechte zähneknirschend geachtet

Mit Händen ist zu greifen, dass der schwarz-rote Vorschlag wiederum Grundrechte nur gerade so weit schützen will, wie es Karlsruhe und Luxemburg zwingend verlangt haben. So schrammt der Entwurf konsequent an der Leitplanke dessen entlang, was die Gerichte gerade noch für zulässig gehalten haben. Es entsteht der Eindruck, als würden Grundrechte allenfalls zähneknirschend geachtet, von einer ehrlichen Abwägung zwischen den "Bedürfnissen einer wirksamen Strafrechtspflege“, wie das BVerfG formuliert, und den Freiheitsrechten der Bürgerinnen und Bürger ist hingegen nur wenig zu spüren – am ehesten noch bei der 4-Wochen-Frist für die Speicherung von Standortdaten.

Diese wenig grundrechtsfreundliche Grundhaltung zeigt sich in vielen Details: So ist der Abruf von Verkehrsdaten wie etwa Handy-Verbindungen und Standortdaten im Entwurf zwar eigentlich differenziert geregelt – nach einem Absatz sollen „sowieso“ bei Providern gespeicherte Daten abgerufen werden dürfen, nach einem anderen Absatz unter strengeren Voraussetzungen auch die Vorratsdaten. Der erste Absatz verweist allerdings auf eine weitere Verweisung, auf „andere gesetzliche Vorschriften“. Prompt fürchtete etwa der AK Vorrat, dass dieses Pingpong-Spiel des Gesetzgebers am Ende auch Vorratsdaten erfassen könnte. Das dürfte zwar letztlich nicht zutreffen – aber wem der Schutz der Grundrechte wirklich am Herzen liegt, der sollte so zentrale Fragen wie den Abruf der Vorratsdaten eindeutiger regeln.

Heißes Eisen Richtervorbehalt

Ein weiteres heißes Eisen: der Richtervorbehalt. Ja, über den direkten Abruf von Vorratsdaten soll stets ein Gericht entscheiden. In den meisten Fällen, in denen Vorratsdaten eine Rolle spielen werden, soll das aber nicht gelten: Wenn die Polizei wissen möchte, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt eine IP-Adresse genutzt hat, dann muss der Provider unter Rückgriff auf Vorratsdaten Auskunft geben – auch bei noch so geringfügigen Tatvorwürfen wie etwa Beleidigungen in einem Online-Forum. Hier sieht der Entwurf weder einen Richtervorbehalt noch eine Beschränkung auf erhebliche Straftaten vor. Zwar hatte das BVerfG diesen Freifahrtschein für die sogenannte Bestandsdatenabfrage in seinem Urteil von 2010 selbst ausgestellt. Es hat aber schon 2012 festgestellt, dass auch bei solchen Abfragen in das Telekommunikationsgeheimnis eingegriffen wird – der Entwurf übergeht dies.

Gravierender als die Kritik im Detail wiegen allerdings grundsätzliche Bedenken gegen eine anlasslose Speicherung im Hinblick auf ihre Verhältnismäßigkeit und die sogenannte "Überwachungs-Gesamtrechnung“. Letztere bedeutet nach dem BVerfG, dass der Gesetzgeber bei einer Entscheidung über neue Datenspeicherungen stets im Blick behalten muss, welche Daten bereits abgerufen werden können. Damit soll eine Salami-Taktik vermieden werden, bei der einzelne Maßnahmen für sich betrachtet in Ordnung gehen mögen, aber in der Gesamtschau eine Totalüberwachung ermöglichen.

Zweifel an der Wirksamkeit

Spätestens seit den Snowden-Enthüllungen wissen wir, dass die Five-Eyes-Staaten eine vollständige Erfassung des Internet- und Mobilfunkverkehrs weltweit anstreben; deutsche Stellen haben auf die Datenberge wenigstens teilweise Zugriff. Außerdem können Polizei und Justiz schon heute auf die von Providern freiwillig gespeicherten Verkehrsdaten und auf jede Menge Inhaltsdaten zugreifen, etwa auf E-Mails und Profile bei Google, Facebook und vielen anderen Telemediendiensten. Ist vor dem Hintergrund dieser bereits existierenden Möglichkeiten eine weitere nationale Vorratsdatenspeicherung zu rechtfertigen? Dieses Problem spricht der Gesetzentwurf erst gar nicht an.

Verhältnismäßig ist ein so massiver Eingriff in die Grundrechte der Bürgerinnen und Bürger außerdem nur, wenn er geeignet, erforderlich und angemessen ist. Das BVerfG hatte 2010 noch geurteilt, dass dies unter strengen Voraussetzungen der Fall sein könne. Seither ist wiederum viel geschehen: 2011 veröffentlichte das Max-Planck-Institut in Freiburg (MPI) eine Studie zu den Erfolgen der VDS 1.0 – Ergebnis: Ein positiver Effekt selbst einer sechsmonatigen Speicherung auf die Strafverfolgung lässt sich nicht nachweisen. Auch eine Evaluation der EU-Kommission zum Nutzen der VDS in allen EU-Staaten verlief ergebnislos. Der Gesetzentwurf geht auf diese gravierenden Indizien gegen den Nutzen einer VDS nicht ein, das entscheidende Gutachten des MPI wird auf 55 Seiten nicht einmal erwähnt.

Verräterisches Totschweigen

Das Totschweigen der eigentlichen verfassungsrechtlichen Probleme ist verräterisch. Denn scheinbar akribisches Abschreiben von ausgewählten Details aus den Urteilen des BVerfG und des EuGH kann eine überzeugende Antwort auf zwei Fragen nicht ersetzen: Warum eine nicht einmal nachweisbar wirksame Maßnahme verhältnismäßig sein soll und ob die Überwachungs-Gesamtrechnung nicht ergibt, dass unser Gemeinwesen längst weit in den roten Bereich gedriftet ist, was die Achtung der Privatsphäre angeht. Der Gesetzgeber hat zwar einen Spielraum einzuschätzen, welche Maßnahmen er für angemessen hält. Die Augen vor der Wirklichkeit verschließen darf er aber nicht: Auch mit 2/3-Mehrheit gibt 2+2 nicht 5.

Die Schwächen der Begründung des mit viel Mühe vorbereiteten Gesetzentwurfs machen deutlich: Es gibt keine überzeugenden Gründe für eine anlasslose verpflichtende Speicherung von Verkehrs- und Standortdaten. Polizei und Justiz haben in den fünf Jahren seit dem Ende der Vorratsdatenspeicherung in Deutschland keinesfalls vor „dem Verbrechen“ kapitulieren müssen. Im Gegenteil haben sie auch ohne Vorratsdaten in der digitalen Welt zahlreiche Ermittlungsmöglichkeiten, von denen ihre Kollegen noch in den 1990er Jahren nur träumen konnten. Dabei sollten wir es belassen: In einem Rechtsstaat dürfen Sicherheitsbehörden nun einmal nicht alles, was technisch möglich wäre.

Quelle : www.heise.de
Titel: Bundeskabinett beschließt Vorratsdatenspeicherung trotz Kritik
Beitrag von: SiLæncer am 27 Mai, 2015, 13:59
Das Bundeskabinett hat den höchst umstrittenen Entwurf für eine Vorratsdatenspeicherung 2.0 auf den Weg gebracht.

Die Bundesregierung will eine Speicherung von Telekommunikationsdaten für maximal zehn Wochen zulassen – nach Aussagen der zuständigen Ministerien "zur Bekämpfung von Terror und schweren Verbrechen" . Nach langen Auseinandersetzungen brachte das Kabinett am Mittwoch die Neuregelung zur umstrittenen Vorratsdatenspeicherung auf den Weg.

Telekommunikationsanbieter sollen IP-Adressen von Computern und Verbindungsdaten zu Telefongesprächen demnach maximal zweieinhalb Monate aufbewahren. Standortdaten bei Handy-Gesprächen sollen höchstens vier Wochen gespeichert werden, Daten zum E-Mail-Verkehr gar nicht. Inhalte der Kommunikation sind ohnehin nicht zur Speicherung vorgesehen.

Die Kritik an dem Vorhaben ist heftig: Nicht nur der Umfang einzelner Datenspeicherungen und die Unklarheiten bei einzelnen Regelungen, die umfangreichen Datenerhebungen Tür und Tor öffnen könnten, stehen unter Beschuss – grundsätzlich wird zudem kritisiert, dass mit der anlasslosen Vorratsdatenspeicherung alle Bürger unter Generalverdacht gestellt werden.

Mehr zu Stellungnahmen aus dem Kabinett und zu Reaktionen auf den vom Kabinett beschlossenen Gesetzentwurf in Kürze auf heise online.

Quelle : www.heise.de
Titel: Justizminister: Vorratsdatenspeicherung "hält Urteilen der Gerichte stand"
Beitrag von: SiLæncer am 27 Mai, 2015, 19:04
Bundesjustizminister Heiko Maas hat sich nach dem Beschluss des Regierungsentwurfs zur Vorratsdatenspeicherung überzeugt gezeigt, dass dieser mit der höchstrichterlichen Rechtsprechung vereinbar ist. Doch es gibt viele Angriffspunkte.

Sichtlich erleichtert präsentierte sich Bundesjustizminister Heiko Maas am Mittwoch in Berlin, nachdem das Bundeskabinett seinen Referentenentwurf für eine neue Vorratsdatenspeicherung ohne große Veränderungen angenommen hatte. "Wir können sehr zufrieden sein, dass wir diesen vernünftigen Kompromiss gefunden haben", erklärte der SPD-Politiker. Die Bundesregierung habe einen "sehr ausgewogenen" Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, der "Urteilen der Gerichte standhalten" werde.

Die ursprüngliche Vorratsdatenspeicherung mit längeren Fristen hatte das Bundesverfassungsgericht 2010 kassiert. Voriges Jahr kippte der Europäische Gerichtshof (EuGH) auch die EU-Richtlinie, er zeigte sich zudem äußerst skeptisch gegenüber jegliche anlasslose Überwachung. Maas selbst hatte monatelang versucht, Forderungen aus den Reihen von CDU und CSU standzuhalten.

"Gratwanderung zwischen Grundrechten und Interessen der Polizei"

Hinter dem nun verabschiedeten Gesetzentwurf stehe er aber, versicherte der Sozialdemokrat, sonst hätte er ihn nicht vorgelegt. Dieser sei weit entfernt von dem, was in den vergangenen Jahren "unter Vorratsdatenspeicherung diskutiert worden ist". Dabei sei es um längere Fristen gegangen, es sei kein Katalog für schwerste Straftaten definiert worden, der Ermittlern einen Zugriff auf die Verbindungs- und Standortinformationen erlaube, zudem sei dafür kein Richtervorbehalt vorgesehen gewesen. Die Vorgaben der Gerichte seien eingeflossen.

Die Politik begebe sich bei dem "Symbolthema zum Datenschutz" auf eine "schmale Gratwanderung", räumte Maas ein. Man wolle schließlich nicht nur die Grundrechte der Bürger schützen, sondern auch der Polizei "etwas bieten". Ob das Gesetz nötig sei, könne er zwar nicht beweisen, da es dieses noch nicht gebe. Praktiker hätten ihm aber in vielen Gesprächen klargemacht, dass es bereits viele Fälle gegeben habe, in denen "aufgrund nicht vorhandener Daten Straftaten nicht aufgeklärt werden konnten".

Provider müssen laut Gesetzentwurf Verbindungsinformationen zehn Wochen und Standortdaten vier Wochen lang speichern. Der Bereich E-Mail soll ausgenommen werden. Anbieter, die ihren Kunden nur eine kurzzeitige Nutzung des Telekommunikationsanschlusses ermöglichen, müssen keine Daten speichern; also Betreiber von Hotels, Restaurants und Cafés, die ihren Kunden etwa einen WLAN-Hotspot zur Verfügung stellen. Die Regierung bezieht sich dabei auf eine Mitteilung der Bundesnetzagentur. Auch müssen nur Daten gespeichert werden, die direkt bei der Dienstleistung erzeugt oder verarbeitet werden.

"Größere Datenmengen"

Auch mit dem Kabinettsbeschluss bleibt es aber dabei, dass Provider und Anbieter von Internet-Telefonie nach dem neuen Paragraph 113b Telekommunikationsgesetz (TKG) neben IP-Adressen "eine zugewiesene Benutzerkennung" wie Port-Nummern speichern müssten. Kritiker gehen davon aus, dass damit eine deutlich größere Datenmenge als bei der ersten Vorratsdatenspeicherung und ein "echtes Internet-Nutzungsprotokoll" auch für besuchte Webseiten entstünde, abgesehen von großen technischen Schwierigkeiten und wenig faktischem Nutzen.

Um die Quelle eines Kommunikationsvorgangs besser rückverfolgen und identifizieren zu können, sei die zugewiesene Benutzerkennung erforderlich, beteuert die Regierung. Die in Internet aufgerufenen Adressen in Form von URLs würden nicht gespeichert, es werde nicht das gesamte "Surfverhalten" von Internetnutzern nachvollziehbar.

"An der Grenze zur Strafbarkeit"

Mobilfunkbetreiber müssen auch die "Bezeichnung der bei Beginn der Internetverbindung genutzten Funkzelle" vorhalten, sodass hier wohl jeder Online-Kontakt etwa beim Aufrufen einer Webseite oder Nachrichten aus sozialen Netzwerken einschließlich Standort zu protokollieren wäre. Die Regierung zieht sich dagegen auf die Ansage zurück, dass keine Bewegungsprofile erstellt werden dürften.

Im Zentrum der Kritik steht auch der Paragraph zur "Datenhehlerei": Journalistenverbände sehen damit den Schutz von Informanten und Whistleblower nicht gewährleistet und sich an die Grenze zur Strafbarkeit gerückt. Nicht korrigiert hat das Kabinett zudem die Ansage, dass Daten von Berufsgeheimnisträgern wie Abgeordneten, Anwälten, Ärzten oder Journalisten zunächst erhoben, im Anschluss aber nicht verwertet werden dürfen.

Das neue Gesetz ist nicht befristet. "Eine Evaluierung ist zum gegenwärtigen Zeitpunkt nicht vorgesehen", heißt es dann im Unterschied zum Referentenentwurf weiter, in dem das Justizministerium einen solchen Check im Nachhinein noch als "entbehrlich" bezeichnet hatte. Die Ermittlungen mit Hilfe der Vorratsdaten sollen statistisch erfasst werden, sodass eine spätere Überprüfung zumindest "ermöglicht" werde.

"Verfassungswidriger Dammbruch"

Die Vorsitzende des Rechtsausschusses im Bundestag, Renate Künast, bezeichnete den Beschluss als "verfassungswidrig" und "Dammbruch". "Die Freiheit und die Persönlichkeitsentfaltung sind dahin, wenn der Mensch davon ausgehen muss, immer überwacht zu werden", sagte die Grüne im ARD-Morgenmagazin. Künast warf der Koalition vor, das Gesetz bis Juli im Schnellverfahren durch den Bundestag bringen zu wollen und kündigte an: "Dann treffen wir uns vorm Europäischen Gerichtshof und in Karlsruhe beim Verfassungsgericht wieder."

Auch aus der Wirtschaft hagelt es weiter Kritik. Der Entwurf sei an vielen Stellen schlicht "nachlässig und ganz offenbar ohne den nötigen technischen Sachverstand formuliert", beklagt Oliver Süme, Rechtsvorstand beim Verband der deutschen Internetwirtschaft eco. Herausgekommen sei ein Text, "den die betroffenen Unternehmen so nicht werden umsetzen können". Die Anbieter müssten mit IP-Adressen eine Datenbank über sämtliche Kommunikationsverbindungen aufbauen, mit der Nutzerprofile erstellt werden könnten. Der Bundesverband IT-Mittelstand wendet ein, dass vor allem kleinere Provider mit der "insgesamt zweifelhaften" Initiative geschädigt würden. Das Parlament müsse den schädlichen Entwurf nun aufhalten, zumal derzeit keine ernsthafte "öffentliche Beteiligung" an dem Schnellverfahren vorgesehen sei.

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung : Kripo warnt vor "Pervertierung des Grundrechtsschutzes
Beitrag von: SiLæncer am 28 Mai, 2015, 18:51
Von schier allen Seiten kommen Proteste: Für die einen hebelt der Regierungsentwurf zum Protokollieren von Nutzerspuren die Freiheitsrechte aus, für die anderen stellt er diese weit über Belange der Strafverfolger.

Glücklich mit dem Beschluss des Bundeskabinetts zur neuen Vorratsdatenspeicherung scheint nur die CDU/CSU-Bundestagsfraktion zu sein. Einen "Quantensprung für die innere Sicherheit" verspricht sich zumindest Unionsvize Thomas Strobl (CDU) von dem Gesetzentwurf. Verbindungs- und Standortdaten könnten der Polizei künftig helfen, gegen "Einbrecherbanden, Kinderpornographie und Terrorismus" vorzugehen. Nur an einigen Stellen wie etwa den Speicherfristen "hätten wir uns mehr vorstellen können".

Lob und Schweigen

Auch Bundesinnenminister Thomas de Maizière lobte den Gesetzentwurf, den Justizminister Heiko Maas (SPD) ausarbeiten ließ, als "wirksam und maßvoll zugleich". Es sorge für mehr Sicherheit für die Bürger und schütze ihre Freiheit. Zugleich zeigte sich der CDU-Politiker genauso wie Maas überzeugt, dass "dieses Gesetz die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts und des Europäischen Gerichtshofs vollumfänglich einhält".

Die SPD-Fraktion schweigt offiziell zu dem Vorstoß, auch wenn es hinter den Kulissen brodelt. Die Gegner der Vorratsdatenspeicherung seien in den Reihen der Sozialdemokraten "zahlreicher als gedacht", meint ihr Netzexperte Lars Klingbeil. Er und Mitstreiter setzen nun auf den nicht-öffentlichen SPD-Parteikonvent am 20. Juni: Bislang haben sich rund 100 Parteikreise in Anträgen zu dem Treffen gegen das Regierungsvorhaben ausgesprochen.

Parteitagsregie

Doch noch ist unklar, ob es überhaupt zu einem Votum darüber kommt und welche Aussagekraft ein solches hätte. Ein bindender Beschluss müsste eigentlich auf einem richtigen Parteitag gefällt werden. Zuletzt sprachen sich die Sozialdemokraten bei einem solchen Anlass 2011 für die Vorratsdatenspeicherung aus. Auf jeden Fall dürfte ein Aufstand an der Basis bald verpuffen, glaubt der Ex-SPD-Bundestagsabgeordnete Jörg Tauss: "Die Helden werden wieder reihenweise kippen."

Von einem "schwarzen Tag für unsere Grund- und Freiheitsrechte", sprach Jan Korte, Vize der Bundestagsfraktion der Linken. Die bereits jetzt vorgetragenen Forderungen aus der Union, das Instrument deutlich auszuweiten, zeigten, wohin die Reise gehen solle. Für die Grünen gehört die Vorratsdatenspeicherung "endgültig auf die Müllhalde". FDP-Politiker unterstrichen, dass die Koalition dem Rechtsstaat einen Bärendienst erweise und eine neue Klage vor dem Bundesverfassungsgericht geradezu herausfordere.

Unzureichend

Der Entwurf "ist bei weitem nicht ausreichend und fernab der Anforderungen aus der Praxis", betont dagegen der Chef des Bunds Deutscher Kriminalbeamter (BDK), André Schulz. So könnten die Ermittler nicht einmal bei sexuellem Kindesmissbrauch und Vergewaltigung auf die Daten zugreifen.

"Die Polizei darf bei zahlreichen Delikten den Wohnraum technisch überwachen und Gesprächsinhalte aufzeichnen, darf aber nicht wissen, wer vor vier Wochen mit wem telefoniert hat", empört sich Schulz. "Das ist eine Pervertierung des Grundrechtsschutzes." Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einem "ersten ermutigenden Schritt für eine verbesserte Bekämpfung schwerster Kriminalität", bei dem die Politik es aber nicht belassen dürfe.

Schnell, schnell ...

Die Bundesdatenschutzbeauftragte Andrea Voßhoff widersprach de Maizière und Maas. Ihrer Ansicht nach entspricht die Initiative "nicht vollumfänglich dem, was das Bundesverfassungsgericht und der Europäische Gerichtshof in ihren Urteilen für die verfassungskonforme Ausgestaltung einer solchen Maßnahme gefordert haben".

Die frühere CDU-Abgeordnete rügte die Regierung für die an den Tag gelegte, inakzeptable Eile: "Für ein solches Gesetzgebungsverfahren, das massive grundrechtliche Eingriffe zur Folge hat und fundamentale datenschutzrechtliche Fragestellungen aufwirft, hätte es einer intensiven und gründlichen Prüfung bedurft." Ihrer Behörde seien "faktisch nicht einmal 30 Stunden zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt" worden. Hamburgs Datenschutzbeauftragter Johannes Caspar meldete erhebliche Zweifel an, ob die Vorratsdatenspeicherung zielführend, erforderlich und verhältnismäßig sei.

Profilbildung

Hart ins Gericht mit dem Vorhaben geht auch das Deutsche Institut für Menschenrechte: Selbst eine begrenzte Speicherdauer von wenigen Wochen ermögliche es im digitalen Zeitalter, aussagekräftige Persönlichkeits- und Bewegungsprofile zu erstellen und gruppenbezogene Einflussstrukturen und Entscheidungsabläufe zu entdecken.

Mit Ausnahme weniger Deliktsformen lägen die Aufklärungsquoten für die aufgelisteten Katalogstraftaten zudem bereits über 80 oder gar 90 Prozent. Diese Raten seien durch eine umfangreichere Datenauswertung wohl kaum zu steigern, zumal bereits andere Bestände etwa aus der Videoüberwachung Aktivitäten der Bevölkerung rekonstruierbar machten. Hier müsse die Regierung endlich eine solide Gesamtbilanz von Schnüffelaktivitäten vorlegen.

Ähnlich wie andere Journalistenvereinigungen wertete der Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) den Entwurf als "schädlich für die Pressefreiheit". Auch der Quellenschutz werde nicht wirksam garantiert.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Vorratsdatenspeicherung : Kripo warnt vor "Pervertierung des Grundrechtsschutzes
Beitrag von: Jürgen am 29 Mai, 2015, 04:25
Zitat
"Die Polizei darf bei zahlreichen Delikten den Wohnraum technisch überwachen und Gesprächsinhalte aufzeichnen, darf aber nicht wissen, wer vor vier Wochen mit wem telefoniert hat"
Schäm' er sich, Schulz!!!

Die Polizei darf definitiv erst dann Wohnraum überwachen und aufzeichnen, wenn VORHER ein Richter genau diesen Einzelfall genehmigt hat, und nur in dem genehmigten Umfang und gegebenenfalls mit individuellen und gesetzlichen Einschränkungen. 
Jede davon nicht gedeckte Wohnraumüberwachung wäre kriminell und verfassungswidrig, und nicht einmal die Behauptung von Gefahr im Verzuge ändert daran irgendetwas.

Brief- und Fernmeldegeheimnis sind aus exakt denselben Gründen von den Vätern des Grundgesetzes aufgenommen worden wie die Unverletzlichkeit der Wohnung. Selbst wenn schon vor Jahrzehnten der Artikel 10 eingeschränkt wurde, meiner Ansicht nach damals den Wesensgehalt antastend und insofern eigentlich unwirksam, hat sich die GeStaPo 2.0 jedenfalls aufgrund der Gewaltenteilung aus der Legislative komplett herauszuhalten.
Für Staatsorgane ist das Grundgesetz unmittelbar geltendes Recht und unantastbar.
Insbesondere sei dabei an den Beamteneid erinnert...

Setzen, 6
Und Ruhe auf den billigen Plätzen!

Jürgen
Titel: SPD stimmt Vorratsdatenspeicherung zu
Beitrag von: SiLæncer am 20 Juni, 2015, 18:05
Die SPD folgt ihrem Parteichef in der höchst heiklen Frage, Daten von Bürgern ohne konkreten Anlass zu sammeln. Aber widerwillig. Grüne und Linke rufen Verrat.

Die SPD sagt mit knapper Mehrheit Ja zur Vorratsdatenspeicherung und folgt damit nach langer und erbitterter Debatte der Linie von Parteichef Sigmar Gabriel. Ein kleiner SPD-Parteitag gab am Samstag in Berlin grünes Licht für das von der schwarz-roten Regierung auf den Weg gebrachte Gesetz. Damit sollen Internetprovider und Telekommunikationsunternehmen verpflichtet werden, im Kampf gegen Kriminalität und Terror vorsorglich sogenannte Verkehrsdaten zu speichern, aus denen sich etwa ablesen lässt, wer wann und wo mit wem telefoniert hat.

Es gab 124 Ja-Stimmen, 88 Delegierte lehnten das Vorhaben ab. Sieben Delegierte enthielten sich. Die Auszählung musste nach Protesten von Delegierten wiederholt werden. Gabriel sprach dann von einem "klaren Ergebnis". Er sagte: "60 Prozent in einer Partei, die diskutiert, sind besser als 100 Prozent in einer Partei, die nicht diskutiert." Das genaue Ergebnis beläuft sich allerdings auf 58,5 Prozent. Und das nur, weil die SPD Enthaltungen nicht mitzählt. Unter Einbeziehung der Enthaltungen wären es nur 56,6 Prozent.

Allerdings nahmen die Sozialdemokraten überraschend eine Forderung nach einer Überprüfung des Gesetzes nach einer bestimmten Frist auf. Justizminister Heiko Maas (SPD) teilte mit: "Die Prüfung sollte unter Einbeziehung wissenschaftlicher Sachverständiger erfolgen, die im Einvernehmen mit dem Deutschen Bundestag bestellt werden sollten."

Gabriel sagte, er habe mit Innenminister Thomas de Maizière (CDU) vor zwei Wochen darüber gesprochen. Der Parteichef mahnte: "Wir dürfen nicht zulassen, dass Freiheit und Sicherheit als Gegensätze gesehen werden. Es gibt keine Freiheit ohne Sicherheit und es gibt keine Sicherheit ohne Freiheit." Gabriel hatte im Frühjahr Maas, der eigentlich ein Gegner des Datensammelns ist, angewiesen, zusammen mit der Union einen Gesetzentwurf zu erarbeiten.

Maas zeigte sich zuversichtlich, dass das Gesetz nach der Sommerpause verabschiedet wird. Es könne auch Vorbild auf europäische Ebene sein. Nirgendwo sonst gebe es einen derartigen Ausgleich zwischen Sicherheit und Freiheit. "Was wir vorgelegt haben, ist nicht die alte Vorratsdatenspeicherung (...). Wir legen unser besonderes Augenmerk darauf, Bürgerrechte und Datenschutz zu wahren." Das Gesetz sieht vor, dass Handy-Standortdaten vier Wochen lang gespeichert werden sollen. Die restlichen Daten müssen die Anbieter zehn Wochen lang vorhalten. Der Inhalt der Kommunikation wird nicht aufgezeichnet.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: SPD stimmt Vorratsdatenspeicherung zu
Beitrag von: Joutungwu am 21 Juni, 2015, 08:22
Ich weiß nicht, ob unsere gewählten Dummschwätzer es vergessen haben oder absichtlich ignorieren, aber Terrorismus und Kriminalität sind etwas älter als das Internet und die Mobilfunknetze. Wer meint, dass Vorratsdatenspeicherung dagegen hilft, muss vorher noch die Terroristen und Kriminellen bitten, ihre Handys immer brav eingeschaltet zu lassen und ihre Kommunikation übers Neuland weder zu verschlüsseln noch zu anonymisieren.  :O


Titel: Gefährliches U-Boot im Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 10 Oktober, 2015, 05:49
Justizminister Heiko Maas legt ein Gesetz vor, das unvorhersehbare Auswirkungen auf alle Lebensbereiche haben würde, in denen abhanden gekommene Daten eine Rolle spielen. Vor allem der investigative Journalismus ist gefährdet, findet Ulf Buermeyer.

Demokratie funktioniert nur mit einer freien Presse, die Unternehmen und den anderen demokratischen Institutionen auf die Finger schaut. Das geht manchmal nur mit geleakten Informationen. Ein Beispiel: Ein Ministerialbeamter stellt haarsträubende Rechtsverletzungen in seinem Haus fest. Er wendet sich vertrauensvoll an eine Journalistin, die frei für ein Nachrichtenmagazin arbeitet, und schickt ihr eine PDF-Datei, aus der dieser Sachverhalt hervorgeht. Die Journalistin wiederum gibt die Datei mit weiteren Recherchen an den Redakteur ihres Magazins weiter. Derzeit kann der Redakteur diese Informationen völlig legal veröffentlichen, denn es gibt kein Strafgesetz, das sein Handeln unter Strafe stellt.

Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz hat jüngst allerdings den Entwurf eines neuen Straftatbestands vorgelegt, der den Namen "Datenhehlerei" tragen soll. Und diese "Datenhehlerei" soll nach der Vorstellung der Großen Koalition begehen, wer irgendwelche Daten, die jemand anderes auf rechtswidrige Weise erlangt hat, sich verschafft oder sie "einem anderen überlässt, verbreitet oder sonst zugänglich macht".

Wenn der Redakteur aus dem Beispiel sich das PDF also verschafft, indem er es auf einen USB-Stick kopiert, erfüllt er schon den Tatbestand, denn die Journalistin hat die PDF-Datei durch eine rechtswidrige Tat des Ministerialbeamten erlangt, nämlich zumindest die Verletzung des Dienstgeheimnisses. Es genügt also schon ein im Journalismus alltägliches Dreiecksverhältnis, und schon könnte der Redakteur "dran" sein.

Der Redakteur müsste nun nur noch handeln, um sich oder einen anderen zu bereichern, aber auch das stellt keine wirkliche Hürde dar, denn hier würde etwa eine Gehaltserhöhung wegen des Scoops für ihn selbst oder eine Umsatzsteigerung für seinen Verlag ausreichen. Als Strafmaß steht eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren im Raum – und das halbherzige Presse-Privileg, das das neue Gesetz nach einiger Kritik inzwischen vorsieht, wird Journalisten in vielen Fällen auch nicht schützen können.

Gut versteckt

Den Straftatbestand der Datenhehlerei hat das Ministerium im Gesetzentwurf zur Vorratsdatenspeicherung 2.0 – einem Dokument von über 50 Seiten – quasi versteckt: Fast sieht es so aus, als sollte verhindert werden, dass der Bundestag überhaupt zur Kenntnis nimmt, was hier unter Strafe gestellt werden soll.

Der Sinn dieses Gesetzes liegt im Dunkeln; mit dem Wesen der "normalen" Hehlerei jedenfalls hat die Datenhehlerei nichts zu tun. Die "normale" Hehlerei mit Sachen unter Strafe zu stellen, macht ja durchaus Sinn, denn mit jedem Schritt weg vom Eigentümer wird es bei gestohlenen Gegenständen unwahrscheinlicher, dass er sein Eigentum zurück bekommt. Bei Daten ist das anders: Man kann sie verlustfrei kopieren, also vertieft das "Sich-Verschaffen" als solches nicht den Verlust der Daten. Deswegen ist nicht zu erkennen, was genau das Handeln des Datenhehlers eigentlich zu strafwürdigem Unrecht machen soll.

Interessanterweise führt auch die Begründung des Gesetzes Beispiele an, in denen gerade nicht das bloße Kopieren zu einem Schaden führt, sondern erst eine bestimmte Art und Weise sie zu verwenden – beispielsweise wenn es sich um Kreditkarten-Daten handelt, mit denen man im Internet bezahlen kann. Hier aber ist bereits der Missbrauch der Daten zum Einkaufen strafbar, sodass es einen neuen Straftatbestand "Datenhehlerei" nicht braucht. Und wenn wirklich der "Besitz" von Zahlungsdaten der gesetzgeberische Grund für die "Datenhehlerei" sein soll, warum konzentriert sich das neue Gesetz dann nicht auf solche besonders missbrauchsanfälligen Daten?

Angst vor Whistleblowern?

Das Versäumnis des Justizministers, die "Datenhehlerei" auf bestimmte besonders "heikle" Daten zu beschränken, macht misstrauisch: Geht es der Bundesregierung etwa eigentlich um etwas ganz anderes? Dafür spricht jedenfalls, dass der geplante "Datenhehlerei"-Paragraph auch dazu führen würde, dass der Umgang mit Daten von Whistleblowern schnell zu einem Fall für den Staatsanwalt werden kann.

Wie kann es sein, dass ein Gesetz, das legitime journalistische Arbeit unter Strafe stellen würde, allen Ernstes seinen Weg ins Parlament findet? Das Justizministerium hat den Gesetzentwurf nach heftiger Kritik im Vorfeld geringfügig verändert und neben einem von vornherein geplanten Freibrief für Finanzbeamte, die sogenannte "Steuer-CDs" kaufen, auch eine halbherzige Ausnahme für Journalisten aufgenommen.

Dieses Presse-Privileg ist aber so eng gefasst, dass es in der Praxis oft nicht greifen dürfte: Journalisten sind nämlich nur dann nicht wegen "Datenhehlerei" strafbar, wenn sie "berufsmäßig" handeln. Was das im Einzelfall heißt ist eine Frage der Auslegung, und der unklare Begriff schafft die Gefahr, dass ehrenamtliche Blogger nicht geschützt sind – eine Beschränkung, deren Sinnlosigkeit spätestens der Landesverrats-Skandal um das Blog netzpolitik.org deutlich macht.

Journalisten müssen außerdem ausschließlich aus beruflichen Gründen handeln: Sobald sie sich auch privat für das Thema ihrer Recherchen interessieren, entfällt also das Presse-Privileg. Privates Interesse ist aber eine kaum zu widerlegende Unterstellung, die in der Praxis Ermittlungen auch gegen Journalisten ermöglichen würde, indem angenommen wird, sie handelten eben nicht ausschließlich aus beruflichen Gründen.

Große Grauzone

Diese offensichtliche Hintertür aber dürfte bereits genügen, um die Pressefreiheit auszuhöhlen: Ob sich das private Interesse letztlich nachweisen lässt und es wirklich zu einer gerichtlichen Verurteilung kommt, ist nicht unbedingt die entscheidende Frage – das Vertrauensverhältnis zu Informanten nimmt bereits Schaden, wenn die Polizei bei der Presse durchsucht und dabei Unterlagen sicherstellt, aus denen sich die Identität von Informanten ergeben kann. Den dafür notwendigen Verdacht gegen Journalisten zu konstruieren, macht die "Datenhehlerei" in ihrer derzeitigen Form nur allzu leicht.

Außerdem erfordert journalistisches Arbeiten mit geleakten Daten oftmals, dass externe Experten konsultiert werden. Dies zeigt etwa das aktuelle Beispiel der bei der Firma Lovoo gestohlenen Daten, aus denen sich offenbar ergibt, dass die Firma Fake-Profile verwendete, um Kunden zu kostenpflichtigen Angeboten zu locken: Ohne die Hilfe von IT-Spezialisten lässt sich kaum beurteilen, ob die angeblichen Mail-Postfächer der Manager manipuliert wurden oder nicht.

Auch müssen Juristen eingeschaltet werden, um zu prüfen, ob der entstandene Artikel presserechtlich zulässig ist. Dafür müssen die Journalisten jeweils wenigstens Teile der geleakten Daten von Journalisten an die Experten weitergeben – und ob für diese Experten das Presse-Privileg des Datenhehlerei-Paragraphen gelten würde, ist mehr als fraglich. In einer solchen Grauzone aber lässt sich nicht arbeiten: Der Schutz der journalistischen Recherche muss eindeutig sein, sonst können sich Informanten nicht darauf verlassen.

Das geplante Gesetz gegen "Datenhehlerei" ist also sowohl juristisch unsinnig als auch brandgefährlich für die Pressefreiheit, denn es würde den Umgang mit geleakten Daten zu einem strafrechtlichen Minenfeld machen. Der Bundestag sollte den unausgegorenen Paragraphen aus dem Hause Maas keinesfalls im Paket mit der Vorratsdatenspeicherung 2.0 durchwinken.

Quelle : www.heise.de
Titel: Re: Gefährliches U-Boot im Entwurf zur Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: Jürgen am 11 Oktober, 2015, 02:59
Wenn für den staatlichen Ankauf von sog. Steuer-CDs eine ausdrückliche Ausnahme in so einem Gesetz vorgenommen wird, ist das wahrscheinlich verfassungswidrig.
Siehe z.B. Grundgesetz Artikel 3.
Das gilt auch für Staatsbedienstete, genau für diese sogar als unmittelbar geltendes Recht.
Eine Schlechterstellung des Journalismus und seines Schutzes nach Artikel 5 gegenüber Mitgliedern staatlicher Einrichtungen lässt das Verfassungsgericht mit Sicherheit nicht zu. 
Finanzielles Interesse des Staates ist nämlich keinesfalls ein höheres Rechtsgut als die Meinungs-/Presse-/Informationsfreiheit.

Setzen, 6!

Jürgen
Titel: Bundestag führt Vorratsdatenspeicherung wieder ein
Beitrag von: SiLæncer am 16 Oktober, 2015, 13:45
Unter Protesten von Bürgerrechtlern und der Opposition hat das Parlament mit der Mehrheit der großen Koalition die umstrittene Gesetzesinitiative zum anlasslosen Protokollieren von Nutzerspuren verabschiedet.

Der Bundestag hat am Freitag den umstrittenen Regierungsentwurf für eine neue Vorratsdatenspeicherung abgesegnet. In der namentlichen Abstimmung haben 404 Abgeordnete für die neue Vorratsdatenspeicherung votiert, 148 waren dagegen bei 7 Enthaltungen (die Opposition verfügt lediglich über 127 Stimmen). In dem Gesetz enthalten sind jene Änderungen aus dem Rechtsausschuss, auf die sich CDU/CSU und SPD zuvor geeinigt hatten. Trotz großer Bedenken von Sachverständigen hat die Koalition die Vorgaben des Kabinetts inhaltlich nicht mehr überarbeitet. Es wird lediglich der Bundesregierung aufgegeben, die Vorschriften innerhalb von drei Jahren mithilfe eines externen Experten zu evaluieren.

Alle sind verdächtig

Ex-Verbraucherschutzministerin Renate Künast von den Grünen warf Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) bei der abschließenden hitzigen Lesung vor, er sei "vom Ast gefallen". Die Koalition mache "alle in dieser Bundesrepublik zu Verdächtigen". Alle drei, vier Minuten werde von jedem mit einem Mobilgerät festgestellt, wo er sich aufhalte. Dies habe selbst Orwell in 1984 nicht absehen können. Zudem habe niemand die Frage der Datensicherheit nach Snowden beantwortet. Keiner könne ausschließen, dass etwa Geheimdienste wie die NSA Zugang hätten.

"Diesmal gehen Sie vorsätzlich gegen das Grundgesetz vor, dagegen werden wir uns wehren", ergänzte der grüne Netzexperte Konstantin von Notz in Richtung Union und SPD. Die Vorratsdatenspeicherung stelle einen "Dammbruch par excellence" in einer Kernfrage der Bürgerrechte in der digitalen Welt dar, der "Gift für unsere Demokratie und unsere Wirtschaft" sei.

Schwarz-Rot stelle ideologiegetrieben die ganze Bevölkerung unter "Generalverdacht", warnte auch Halina Wawzyniak von der Linken. Dies gehöre sich in einer Demokratie nicht, zumal die von Karlsruhe geforderte Überwachungsgesamtrechnung fehle. Die Netzpolitikerin warnte: "Finger weg von der Einschränkung von Grundrechten".

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Bundestag-fuehrt-Vorratsdatenspeicherung-wieder-ein-2849174.html)

Quelle : www.heise.de
Titel: Vorratsdatenspeicherung: Die Polizei will mehr
Beitrag von: SiLæncer am 16 Oktober, 2015, 17:07
Während die Internetwirtschaft und Datenschützer den Beschluss der neuen Vorratsdatenspeicherung als zu weitgehend kritisieren, drängen Strafverfolger bereits auf längere Speicherfristen und einfacheren Zugang zu den Informationen.

Praktikern gehen die neuen Vorgaben zur anlasslosen Vorratsdatenspeicheurng, die der Bundestag am Freitag abgenickt hat, nicht weit genug. "Drei Monate Frist für gespeicherte Daten waren unser Vorschlag, zehn Wochen können da nur ein erster Kompromiss sein", kommentierte Dietmar Schilff von der Gewerkschaft der Polizei (GdP) die parlamentarische Entscheidung. Die Ermittler müssten "auch weiterhin die innere Sicherheit auf technischer Augenhöhe mit den Kriminellen wirksam schützen" können.

Ähnlich äußerte sich André Schulz vom Bund Deutscher Kriminalbeamter (BdK). Er räumte zwar ein, dass die Vorratsdatenspeicherung einen "Paradigmenwechsel" mit sich bringe. Dieser stelle aber "die logische und notwendige Konsequenz der Digitalisierung der Gesellschaft dar". Gerade der Katalog möglicher Straftaten, bei denen Ermittler Verbindungs- und Standortdaten einsehen dürften, greife viel zu kurz. Schulz forderte daher "endlich eine gesamtgesellschaftliche Diskussion über den Datenschutz".

"Nur Verlierer"

Anders sieht die Sache der eco-Verband der Internetwirtschaft, demzufolge das im Eiltempo verabschiedete Gesetz "letztlich nur Verlierer hervorbringen wird". Bürger müssten Einschnitte in ihre Grundfreiheiten ertragen, die betroffenen Unternehmen blieben auf Kosten von geschätzt 600 Millionen Euro allein für Speicherinfrastruktur sitzen, aber auch der Nutzen für die Strafverfolgung sei mehr als fraglich. Die "netzpolitische Fehlentscheidung" werde nun wie gehabt vor dem Bundesverfassungsgericht landen und dort "voraussichtlich keinen Bestand haben".

Der Digitalverband Bitkom stieß ins gleich Horn und bedauerte, dass die betroffenen Unternehmen bei der "praktischen Ausgestaltung des Gesetzes gar nicht gefragt" worden seien. Nun müssten sie sich angesichts der zu erwartenden Verfassungsbeschwerden "auf eine längere Phase der Rechtsunsicherheit einstellen". Auch der Präsidiumsarbeitskreis "Datenschutz und IT-Sicherheit" der Gesellschaft für Informatik bedauerte die Initiative des Gesetzgebers.

"Schwarzer Tag für Quellenschutz"

Von einem "schwarzen Tag für den journalistischen Quellenschutz in Deutschland" sprach Matthias Spielkamp von der Vereinigung "Reporter ohne Grenzen". Die Vorratsdatenspeicherung und der neue Straftatbestand der Datenhehlerei würden Informanten von der Kontaktaufnahme mit Journalisten abschrecken. Selbst der vorgesehene Schutz für Berufsgeheimnisträger sei so lückenhaft, "dass Rechtsstreitigkeiten und Missbrauch programmiert sind". Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) fürchtet ebenfalls einen "Keulenschlag gegen Informanten".

Auch mit der gesetzlichen Neuauflage werde "massiv in die Grundrechte eingegriffen", monierte die schleswig-holsteinische Datenschutzbeauftragte Marit Hansen. Aus den für zehn Wochen zu speichernden Verbindungsinformationen und den einen Monat lang aufzubewahrenden Standortdaten ließen sich "das soziale Beziehungsgeflecht einer Person und ihr Bewegungsprofil ableiten". Höchstrichterlichen Urteilen entspreche der Vorstoß so nicht.

"Schande für den Rechtsstaat"

Ex-Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger rügte die Entscheidung als "Schande für den Rechtsstaat", da "die anlasslose Massenüberwachung" wieder eingeführt werde. Die Liberale prophezeite: "Auch dieses Gesetz wird juristisch scheitern." Neben verschiedenen Organisationen und Parteien hat auch der Vize-FDP-Chef Wolfgang Kubicki Verfassungsbeschwerde angekündigt. Er stößt sich vor allem daran, dass sogar die Daten von Rechtsanwälten, Ärzten oder Journalisten erst einmal erfasst werden dürfen.

Quelle : www.heise.de
Titel: Gesetz zur neuen Vorratsdatenspeicherung tritt in Kraft
Beitrag von: SiLæncer am 17 Dezember, 2015, 16:38
Das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung tritt am Freitag, dem 18. Dezember offiziell in Kraft. Ab dann werden anlasslos Daten zur Kommunikation der Bundesbürger gespeichert. Der Bundesinnenminister ist zufrieden.

Am morgigen Freitag tritt das neuerliche Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung offiziell in Kraft. Das geht aus dem aktuellen Bundesgesetzblatt hervor, das am heutigen Donnerstag erschienen ist. Nach der Verabschiedung durch den Bundesrat Ende Oktober hatte der Bundesrat Anfang November seine Zustimmung zu der umstrittenen Überwachungsvorschrift gegeben.

Zugangsanbieter müssen nach einer Übergangsfrist von 18 Monaten Verbindungsinformationen ihrer Kunden zehn Wochen und Standortdaten einen Monat lang speichern. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zeigte sich nun zufrieden und erklärte gegenüber der dpa, "mit dem ausgewogenen Gesetz geben wir unserer Polizei ein wichtiges Instrument für die Verbrechensbekämpfung".

Heftige Kritik

Die Opposition hat das Gesetz scharf kritisiert, unter anderem auch die ehemalige Bundesjustizministerin
Sabine Leutheusser-Schnarrenberger (FDP). Die Vorratsdatenspeicherung öffne der totalen Überwachung Tür und Tor, befürchten deren Gegner. Bestätigt fühlen sie sich auch durch Bayerns Pläne, dem Verfassungsschutz Zugriff auf die gespeicherten Daten zu gewähren.

Die FDP hat bereits angekündigt, gegen das neue Gesetz vor dem Bundesverfassungsgericht klagen zu wollen. Das haben etwa auch die Datenschützer des Vereins Digitalcourage vor. Vorbereiten soll das der Berliner Anwalt Meinhard Starostik, der bereits die vormalige, 2007 in Kraft getretene Vorratsdatenspeicherung mit zu Fall gebracht hatte.

Quelle : www.heise.de
Titel: Erste Verfassungsbeschwerde gegen neue Vorratsdatenspeicherung
Beitrag von: SiLæncer am 19 Dezember, 2015, 16:00
Eine Berliner Anwaltskanzlei hat am gleichen Tag, an dem das neue Gesetz zum anlasslosen Protokollieren von Nutzerspuren im Netz und im Mobilfunk in Kraft trat, bereits Klage dagegen in Karlsruhe erhoben. Weitere solche Initiativen sind geplant.

"Wir haben soeben gegen die in Kraft getretene Vorratsdatenspeicherung Verfassungsbeschwerde erhoben", teilten die Rechtsanwälte Carl Christian Müller und Sören Rößner von der Berliner Kanzlei MMR am Freitag mit. Sie klagten vor dem Bundesverfassungsgericht zum einen "in eigenem Namen und aus eigener Rechtsbetroffenheit als Berufsgeheimnisträger", da sie nicht ausreichend vor der heftig umstrittenen Überwachungsmaßnahmen geschützt seien. Der Initiative hätten sich aber auch zahlreiche weitere Betroffene angeschlossen.

Der ganze Artikel (http://www.heise.de/newsticker/meldung/Erste-Verfassungsbeschwerde-gegen-neue-Vorratsdatenspeicherung-3049697.html)

Quelle : www.heise.de