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Generelles => # Klatsch & Kotz...Off-Topic => Thema gestartet von: Joutungwu am 05 September, 2017, 20:48

Titel: Vemurkstes Stromkabel...
Beitrag von: Joutungwu am 05 September, 2017, 20:48
Folgendes Verlängerungskabel für den Außenbetrieb wurde durch eine Elektro-Heckenschere angesäbelt. Nicht von mir, aber ich darf es nun um ca. 50 cm kürzen, um es zu reparieren. Also habe ich die Buchse auseinandergeschraubt. Nun fiel mir auf, dass die Klemmschraube der Lüsterklemme der Schuko-Buchse in die braune Isolierung des Phasenleiters reingeschraubt wurde, wie deutlich am Eindruck zu erkennen ist. Statt eines Klemmkontaktes lag also die ganze Zeit eher ein Schleifkontakt vor, bei einem Kabel an das gewöhnlich > 2 kW Verbraucher angeschlossen wurden. Das Kabel stammt nicht aus dem fernen Osten, sondern ist die "Wertarbeit" eines deutschen Herstellers. :x
(https://i.postimg.cc/286JC7vw/Murks-Kabel.jpg)

Titel: Re: Vemurkstes Stromkabel...
Beitrag von: Jürgen am 05 September, 2017, 23:03
Gratulation, da habt Ihr beide zusammen ein ganz übles Risiko aufgedeckt.
Kabelbrände, einmal richtig losgegangen, breiten sich nämlich oft schneller aus, als ein Mensch (weg)laufen kann.
Und bloß, weil irgendwann doch die Sicherung in der Verteilung für die Steckdose herausspringen wird, hört der Kabelbrand nicht freundlicherweise auf, wenn er schon richtig ingange ist...

Waren denn die beiden anderen Pole richtig verarbeitet, also ordentlich abisoliert und mit Aderendhülsen versehen?
Oder verdrillt in einer speziellen Klemme mit flächiger Kontakteinlage, der einzigen Art, in der u.U. ohne eine solche Hülse verarbeitet werden darf?

Falls ja, darf ein gewöhnlicher Arbeitsfehler angenommen werden, der zwar vorkommen kann, aber bei solchen sicherheitsrelevanten Arbeiten nicht unentdeckt bleiben darf!
Dann wäre hier also das Vier-Augen-Prinzip auch nicht eingehalten worden.

Du hast hoffentlich eine passende Aderendhülse fachgerecht nachgerüstet und dann das andere Ende auch gleich nachkontrolliert, wg. besser isses.

Grüße

Jürgen
Titel: Re: Vemurkstes Stromkabel...
Beitrag von: Joutungwu am 06 September, 2017, 18:28
Danke, Jürgen! Deine Antwort hat mir in mehrfacher Hinsicht zu Denken gegeben.  :jo
Waren denn die beiden anderen Pole richtig verarbeitet, also ordentlich abisoliert und mit Aderendhülsen versehen?
Oder verdrillt in einer speziellen Klemme mit flächiger Kontakteinlage, der einzigen Art, in der u.U. ohne eine solche Hülse verarbeitet werden darf?
Alle Litze lagen nach der Entnahme aus den Klemmen so vor wie sie oben auf dem Foto zu sehen sind, also ohne Adernhülsen dran. Nullleiter und Schutzleiter waren korrekt eingeklemmt. Die verwendeten Schraubklemmen sind auf dem Bild unten zu erkennen.

... und dann das andere Ende auch gleich nachkontrolliert, wg. besser isses.
Habe ich jetzt gemacht und es war tatsächlich besser. Denn am Steckerende wurde genauso gemurkst. Diesmal wurde die blaue Isolierung des Nullleiters statt der Litze angeklemmt. Die anderen Pole waren wieder korrekt geklemmt, von fehlenden Adernhülsen abgesehen.  >:(
(https://i.postimg.cc/fTbcfLDb/Murkskabel-Steckerseite.jpg)

Ich weiß nicht genau wie alt dieses Kabel ist, möglicherweise um die 20 Jahre. Galten damals evt. andere Vorschriften, was die Adernhülsen angeht? Der Stecker ist mit VDE-Kennzeichnung versehen.

Du hast hoffentlich eine passende Aderendhülse fachgerecht nachgerüstet...
Nein, habe ich noch nicht. Habe die Litze verdrillt und korrekt eingeklemmt, da ich erstmal davon ausging, dass der Hersteller wenigstens das gemäß der Vorschriften gemacht hätte. Gut, dass Du das erwähnt hast! Habe mich darüber mal ein wenig informiert und möchte nun auch Adernhülsen anbringen. Die Litze konnte ich mit der 0,75 mm² Kerbe meiner primitiven Presszange sehr gut abisolieren. Kann ich die Presszange dazu benutzen, um die Hülsen dran zu crimpen oder brauche ich dafür eine dieser teureren Crimpzangen, deren Preise bei ca. 35 € anfangen und im dreistelligen Bereich enden?
Was ich hier habe ist ziemlich genau sowas: https://www.conrad.de/de/presszange-isolierte-steckverbinder-15-bis-6-mm-brueder-mannesmann-1092-s-844519.html

Wären die folgenden Hülsen korrekt?
https://www.conrad.de/de/aderendhuelse-1-x-075-mm-x-6-mm-unisoliert-metall-conrad-components-1091259-100-st-1091259.html
Titel: Re: Vemurkstes Stromkabel...
Beitrag von: Jürgen am 07 September, 2017, 01:12
Moooooment mal!

Ein Verlängerungskabel mit Schutzkontaktbuchse daran muß zwingend 16 Ampere vertragen, wenn es nicht selbst geringer abgesichert ist, z.B. mit einer Schmelzsicherung im Stecker, oder z.B. bei einer Kabeltrommel als Überhitzungsschutz.

Kabel mit 0,75 mm² dürfen dagegen maximal mit 6 Ampere belastet und müssen entsprechend niedrig abgesichert werden.
Zwar können auch die bei nicht zu großer Länge bei Kurzschluß noch eine 16A Sicherung in der Verteilung auslösen, aber bei Strömen, die längere Zeit zwischen 6 und 16 Ampere betragen, können sie bis zum Kabelbrand überhitzen.

Deshalb müssen z.B. Deckenlichtanschlüsse immer mit 1,5 mm² ausgeführt werden, selbst wenn die Leuchten regelmäßig nur mit 0,75 mm² verdrahtet sind.

Nur in ganz besonderen Spezialfällen sind Ausnahmen möglich, wie z.B. in der Luftfahrt. Da ist dann aber stets das gesamte elektrische System individuell zugelassen und abgenommen und darf nur mit erneuter Zulassung verändert werden. 

Dünnere Verlängerungen waren gaaanz früher auch im Haushalt üblich, aber damals wurden Licht- und Steckdosenkreise auch nur mit 6 oder maximal 10 Ampere abgesichert.

Leider gibt es auch heute noch Mehrfachsteckdosen, die keine 16 A (= 3680 Watt bzw. VA) vertragen, aber die müssen dauerhaft entsprechend gekennzeichnet sein und ihre Zuleitungen dürfen nur kurz sein, soweit ich erinnere, maximal 1,5m bei 1mm². Und ebenfalls extrem bedauerlich ist, daß sich heutzutage sehr viel echter Dreck im Umlauf befindet, wo das Kupfer tatsächlich sogar viel dünner ist als angegeben, meist aus China oder Ost-/Südosteuropa.

Die Häufigkeit von Bränden durch technisches Versagen nimmt hierzulande in den letzten Jahren leider wieder deutlich zu!

Die verlinkte Zange ist für KFZ-Crimpverbinder, nicht für Aderendhülsen. Suche nach "Aderendhülsen-Presszange", z.B. bei Reichelt(.de)
Bis 2,5 mm² wird für Deine Zwecke reichen.
Heißt da z.B. "PRESSZANGE AEH", für 9,85 € inkl. MwSt. zzgl. Versandkosten.
Mit genau sowas arbeite ich seit Jahrzehnten...   

Zitat
Alle Litze lagen nach der Entnahme aus den Klemmen so vor wie sie oben auf dem Foto zu sehen sind, also ohne Adernhülsen dran.
Sorry, das ist und war so immer absolut verboten. Die eine Klemme, die ich sehen kann, hat keine spezielle Einlage für die direkte Verwendung mit Litze. Daher müssen hier Kabelenden mit passenden Aderendhülsen versehen sein.

Der Aderquerschnitt (für die Hülsen) muß eigentlich aus dem laufenden Bedruck des Kabels selbst hervorgehen.
Die Hülsen müssen dazu passen und mit der richtigen Vorrichtung der Zange aufgepresst werden.

Warnung zum Schluß: NIEMALS statt dessen verlöten! Noch schlimmer ginge es wirklich nicht, das wäre eine echte Zeitbombe...

Grüße

Jürgen

p.s.
Als fachlich unterwiesene Person bleibt mir nicht anderes übrig, als so deutlich und ausführlich zu antworten, um mich vom möglichen Vorwurf von Fahrlässigkeit freizuhalten.
Titel: Re: Vemurkstes Stromkabel...
Beitrag von: Joutungwu am 07 September, 2017, 19:30
Habe mich auf der KFZ-Presszange verlesen. Die Adern haben einen Querschnitt von 1,0 mm². Da stehen 6 Querschnitte leider nach oben versetzt neben den Abisolierungskerben, so dass der Wert 0,75 neben der 1,0 Kerbe steht. Hätte ich mal abzählen müssen. Sorry, mein Fehler!  :embarassed:
Soweit ich gelesen habe, reichen 1,0 mm² aber trotzdem nicht für 16 A, sondern nur für 10 A. Ich gehe nun davon aus, dass sowas heute nicht mehr verkauft werden dürfte, aber wenn man es weiß, kann man einen Verbraucher bis 2,5 kW anschließen. Auf dem Stecker selbst steht noch 10-16 über 250.

Der Aderquerschnitt (für die Hülsen) muß eigentlich aus dem laufenden Bedruck des Kabels selbst hervorgehen.
Die Hülsen müssen dazu passen und mit der richtigen Vorrichtung der Zange aufgepresst werden.
Auf dem Kabel selbst steht fortlaufend NMHöu. Sonst nichts. Das ist eine veraltete Bezeichnung für Gummischlauchleitung nach VDE 0250 von 1983: https://www.letronic.de/themes/letronic/assets/pdf/Starkstromkabel%20und%20Leitungen%20nach%20VDE%200250.pdf

N:VDE-Typ
MH: Anschlußleitung, mittlere mechanische Belastung
ö: erhöht ölbeständig
u: flammwidrig

Ich werde mir dann bald diese Presszange für AEH zusammen mit 1,0 mm² AEH besorgen. Die Zange kann ich bestimmt nochmal irgentwann gebrauchen. Vielen Dank für den Hinweis!  :)

Warnung zum Schluß: NIEMALS statt dessen verlöten! Noch schlimmer ginge es wirklich nicht, das wäre eine echte Zeitbombe...
Klar, verlöten darf man sowas auf gar keinen Fall. Vor einigen Jahrzehnten wurde das tatsächlich so falsch gelehrt, habe ich von einem damals ausgebildeten Elekriker erfahren.

Als fachlich unterwiesene Person bleibt mir nicht anderes übrig, als so deutlich und ausführlich zu antworten, um mich vom möglichen Vorwurf von Fahrlässigkeit freizuhalten.
Absolut verständlich. Vielen Dank nochmals für Deine hilfreichen und ausführlichen Antworten!
Titel: Re: Vemurkstes Stromkabel...
Beitrag von: Jürgen am 08 September, 2017, 00:17
Die Angaben auf dem Stecker gelten nur für diesen selbst.
Gleiches gilt auch für die Kupplung.
Die Zahl 250 bezieht sich da auf die höchstzulässige Betriebsspannung von 250 Volt.

Hierzulande ist die Nennspannung zwischen Phase und Null heutzutage bei 230 Volt, damit ist zu berechnen.
Also sind bei einer Belastbarkeit des Kabels von 10 Ampere bei rein ohmscher Last maximal 2,3 kW zulässig.

Und weil hier eigentlich allein der Strom maßgeblich ist, auch Blindstromkomponenten eingeschlossen, geht's genau genommen um höchstens 2,3 kVA Anschlußwert, der allenfalls sehr kurzfristig mäßig überschritten werden darf, z.B. durch die erhöhten Anlaufströme von vielen Motoren.
Am 110 Volt Netz wären es entsprechend nur 1,1 kVA.

Grundprinzip:
Der Stromfluß verlangt nach entsprechend dickem Kupfer.
Die Spannung verlangt nach entsprechender Isolierung, Berührschutz und Abständen.
Titel: Re: Vemurkstes Stromkabel...
Beitrag von: Joutungwu am 09 September, 2017, 14:07
Ja, stimmt natürlich. Mit 2,5 kW würden bei 230 V ein Strom von 10,9 A über die Leitung gehen, also 9 % zu viel.  ;ah

Habe eben mal ein billiges Strommessgerät in die Steckdose gesteckt und das misst im Moment eine Netzspannung von nur 215 V.  :hmm

Ich denke, ich sollte die Kupplung mal mit "Maximal: 10 A" beschriften. Mal schauen ob ich irgentwo einen weißen wasserfesten Stift finden kann...

Nochmals danke!