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Info Corner / Internet-via-Sat, Datendienste / IPTV / Videoportale / Internet TV & Radio => # News diverses ... => Thema gestartet von: SiLæncer am 22 Februar, 2009, 14:37

Titel: Angepasst, gleichgültig, unpolitisch
Beitrag von: SiLæncer am 22 Februar, 2009, 14:37
Angepasst, gleichgültig, konzeptlos, beliebig, unpolitisch, unsolidarisch – so sind die Studenten von heute. Dieses düstere Bild zeichnet die Studie der Arbeitsgruppe Hochschulforschung der Universität Konstanz, die im Auftrag des Bundesforschungsministeriums knapp 9000 Studenten befragte.

Waren die Studenten der 70 bis 90er-Jahre noch beseelt von politischen und gesellschaftlichen Utopien, bezeichnet die Untersuchung die heutigen Studenten als „die ratlose Generation”. Tino Bargel, Autor der Studie, wertet die Ergebnisse als Aufforderung, die politische Bildung an Schulen und Hochschulen zu stärken.

Teilnahmslos und verstärkt konservativ

Seit 16 Jahren befragt die Konstanzer Arbeitsgruppe regelmäßig die Studierenden der Republik. Die neue Überblicksstudie zum Wandel politischer Orientierungen von 1983 bis 2007 belegt eine deutliche Entwicklung. Sie sei gekennzeichnet „durch mehr Teilnahmslosigkeit und den zunehmenden Verzicht auf Alternativen”, so die Studie. Zugleich rücken die Studierenden politisch mehr nach rechts. Die Autoren erkennen in den Antworten „Züge eines verstärkten Konservatismus”.

Was Merkel und Co in Berlin so treiben, interessiert nur noch eine Minderheit der jungen Bundesbürger. Zeigten 1983 noch 54 Prozent ein „starkes Interesse” am politischen Geschehen, sank dieser Wert über 46 Prozent (1993) auf 37 Prozent (2007). Von den Studentinnen sind nur 29 Prozent stark an Politik interessiert. Der Rückzug ins Private vollzog sich zeitgleich: Für 72 Prozent der Studenten ist die Familie sehr wichtig, in den 80er-Jahren galt dies etwa für die Hälfte.

Distanz zur Demokratie wächst

Die Abkehr von den etablierten Parteien ist unter Studenten kein neuer Trend, dafür wurden Umweltschutzgruppen, Menschenrechtsorganisationen oder die Globalisierungsgegner von Attac für die Jugend attraktiver. Aber auch das stimmt offenbar nicht mehr: „Die Beteiligung an Bürgerinitiativen und anderen politischen Gruppierungen hat stark nachgelassen”, stellt die Erhebung fest. Fazit: „Es ist eine gestiegene Teilnahmslosigkeit in allen politischen Feldern zu beobachten.”

Insgesamt stellt die Studie mehr Entscheidungslosigkeit fest, auch die Haltung zu demokratischen Prinzipien sei von wachsender Distanz geprägt. Die Zahl der „sattelfesten Demokraten” sinke, viele Studierende müssten hingegen als „labile Demokraten” bezeichnet werden. Einer Autokratie, also einer Herrschaft durch eine feste politische Elite, „würden die Studierenden keinen Widerspruch oder Widerstand entgegensetzen”, meinen die Autoren, und zwar, weil die Studenten „selbst Träger solcher Entwicklungen geworden sind”.

Bereitschaft zum Protest nimmt ab

Gegenkonzepte oder Alternativen für ein „anderes Leben” oder eine „andere Politik” entwickeln die Studenten kaum noch. Dazu passt: die Protestbereitschaft sinkt, die Anpassungsneigung steigt. Auch der Umweltschutz genießt nicht mehr Priorität, nur noch 51 Prozent sehen das so, 1993 waren es 76 Prozent. Dafür gewinnt die Förderung von technologischen Entwicklungen an Zustimmung.

Den Autoren ist klar, dass eine solche Etikettierung der Jugend problematisch ist. Natürlich gebe es unter den Studenten „auch die anderen mit hohem politischen Engagement und alternativen Ideen”. Doch insgesamt seien die Trendaussagen zutreffend.

Die Autoren fordern von der Politik, diese Befunde als Appell zu verstehen, der Entwicklung mit mehr politischer Bildung an Schulen und Hochschulen zu begegnen. Auch die jüngsten Hochschulreformen hätten die Apathie der Studenten befördert: „Für die politische Partizipation erweist sich die Zuschneidung der studentischen Rolle auf die eines Kunden als besonders nachteilig. Sie drängt ihn geradezu aus der Verantwortung hinaus.” Mit dem Hinweis, der Student könne künftig als Kunde auftreten und von seiner Universität mehr Qualität verlangen, wurde die Einführung der Studiengebühren begründet.

Quelle : www.derwesten.de