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Jeder kannte die Risiken - aber die Renditen waren zu verführerisch. Banken, Fondsmanager und Ratingagenturen haben an dem Geschäft mit windigen Krediten bestens verdient. Kein Wunder, dass niemand aussteigen wollte, auch wenn irgendwann alles zusammenbrechen musste.
Hamburg - Es lief zu gut, um wahr zu sein. Jahrelang. Bis sich in diesen Wochen herausstellte, dass es tatsächlich nicht wahr war. Seit der Hypothekenmarkt in den USA zusammengebrochen ist, spielen weltweit die Börsen verrückt, brechen Fonds zusammen, gehen Banken pleite.
Jüngstes Beispiel ist die größte amerikanische Hypothekenbank Countrywide, die gestern angekündigt hatte, auf mehr als elf Milliarden Dollar Kredit angewiesen zu sein. Damit steht sie kurz vor der Insolvenz. Als "American Dream Builder" war die Bank bejubelt worden - und drückt damit ungewollt aus, welche Ursachen zu einer der größten Krisen an den Finanzmärkten in den letzten Jahren geführt haben. Der Traum vom eigenen Haus, vom steigenden Wert, von hohen Renditen - der Traum, trotz eines enormen Risikos Glück zu haben.
"Alle hatten ein Interesse daran, den Immobilienmarkt mit seinen günstigen Krediten am Laufen zu halten", sagt Dorothea Schäfer vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Die Kleinverdiener haben auf den Boom am Häusermarkt gehofft. Die Hypthekenbanken wollten ein Geschäft machen, indem sie möglichst viele Kredite vergaben, sich der mittel- bis längerfristigen Risiken aber durch Weiterverkauf schnell entledigten. Und die Fonds spekulierten auf hohe Gewinne, indem sie die Kredite möglichst billig kauften und dann die Rückzahlungen einzustreichen hofften."
Es hat funktioniert - weil das eigene Haus in den USA viel selbstverständlicher zum Leben gehört als etwa in Deutschland. "Die Amerikaner sind verrückt nach Häusern, sie haben eine hohe Einwanderungsquote und sind ein geburtenstarkes Land", sagt Schäfer. Alles Faktoren, die dazu beigetragen haben, dass der Häusermarkt über Jahre expandierte und selbst hochverschuldete Kleinstverdiener darauf hofften, ihr eigenes Haus zur Not mit Gewinn wieder verkaufen zu können.
"Dazu kommt, dass die Bereitschaft der Amerikaner, Risiken zu übernehmen, viel höher ist als bei uns", sagt Manfred Jäger vom Institut der deutschen Wirtschaft (IW) in Köln. "Viele Hausbesitzer wussten, das sie Risiken eingehen."
"Jeder hat gehofft, dass es noch mal gut geht"
Dass ein großer Teil dieser Kredite allerdings an Menschen vergeben wurde, die ihre Raten wegen steigender Zinsen nicht mehr zahlen konnten - das wussten viele Banken und Fondsmanager nicht. Oder sie wollten es nicht wissen.
"Viele haben gehofft, dass es sie nicht trifft, dass es immer noch mal gut gehen würde", sagt Jäger. Denn jeder wollte Geld verdienen - und das war in den letzten Jahren schwer. "Es hat sich kaum noch gelohnt, irgendwo am Finanzmarkt zu investieren. Die Zinsen waren niedrig, und selbst die Prämien auf riskante Papiere waren extrem gering", sagt Jäger. "Aber man musste ja irgendwo Geschäfte machen."
Was blieb, waren die Geschäfte mit Kreditpaketen, die zum Teil enorm hohe Risiken, aber eben auch Gewinne boten. "Die Gier und die Erwartung, dass das Geld billig bleibt, hat alle verleitet, immer weiter zu machen", sagt Schäfer vom DIW. Selbst als die Häuserpreise vor eineinhalb Jahren begannen zu stagnieren und sich in den letzen Monaten die Warnsignale häuften, habe man das an den Märkten nur als Atempause oder leichten Rückschlag gewertet. "Das Risiko, vielleicht zu früh aus dem Markt zu gehen und damit zusätzliche Gewinne nicht mitzunehmen, wollte keiner eingehen."
Dazu kommt: Die Beteiligten haben nicht nur an den Krediten, sondern auch an Gebühren, Provisionen und Prämien verdient. "Die Finanzindustrie hat dadurch eine enorme Blüte erfahren, auch Ratingagenturen haben unheimlich viel Geld verdient", sagt Schäfer. "Diejenigen, die ihre Gebühren bereits eingestrichen haben, sind die Gewinner dieser Krise - die Verlierer sind diejenigen Marktteilnehmer, die die Kreditausfälle zu tragen haben und natürlich auch die Kreditnehmer, die ihr ganzes Vermögen dabei verlieren."
Aber es war nicht nur das große Hoffen auf viel Geld, sondern auch handwerkliche Fehler, die von der Hypothekenkrise zum Taumeln der weltweiten Finanzmärkte geführt haben. "Es ist ein relativ neuer Mechanismus, dass Banken ihre Kredite weiterverkaufen", sagt Michael Schröder vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW). Dessen Handhabung müsse man überhaupt erst mal lernen. Die Banken verteilten das Risiko dadurch zwar auf viele Schultern - es wird ihnen aber egal, an wen sie Geld verleihen. "Sie haben kein Interesse mehr, die Schuldner genau zu überprüfen, da sie das Ausfallrisiko in einem zu geringen Maße tragen", sagt auch Jäger vom IW. "Eigentlich sind die Finanzinnovationen - insbesondere subprime Kredite und Verbriefungen - eine vernünftige Sache", ist Jäger überzeugt. Allerdings wurden zu viele Regeln ignoriert.
Außerdem hat die Krise gezeigt, dass bestimmte, computer-gestützte Verfahren nicht einwandfrei funktionieren. "Diese hochkomplizierten mathematischen Modelle sind für außergewöhnliche Stresssituationen oft ungeeignet. Insbesondere Illiquidität ist für diese Modelle ein Problem", sagt Jäger. Die jüngsten Marktbewegungen sollten nur ein mal in 100.000 Jahren geschehen. "Mathematisch gesehen hat es die Krise also gar nicht gegeben."
Und auch an den Ratingagenturen, die die Kreditwürdigkeit von Fonds und Unternehmen bewerten, übt Jäger Kritik: "Sie haben definitiv zu wenig gewarnt - und systemische Probleme in den vergangenen Jahren nicht erahnt." Das liege unter anderem daran, dass es nur drei große Agenturen gebe - die zu zu ähnlichen Einschätzungen tendieren.
Welches Ausmaß die Hypothekenkrise noch annehmen wird, das wagt keiner der Ökonomen vorauszusagen. "Das hängt alles davon ab, was jetzt noch in den Büchern steht", sagt Schröder vom ZEW. DIW-Expertin Schäfer gibt aber auch zu bedenken, dass die derzeitigen Kurskorrekturen an den Börsen bereinigende Wirkung hätten. "In den vergangenen sechs Jahren hat sich der Dax fast verdreifacht. Solche Renditen gibt es historisch eigentlich nicht."
Quelle : www.spiegel.de
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es gab zu Zeiten der DDR im Osten einen Spruch " wenn Nikita (Chrustschow) pfortzt, scheißt Walter (Ulbricht) in die Hose.
Was ist heute anders. Wenn Onkel Sam 'nen Magenwind hat ..., anders gesagt, als Billy mit der Monika Zigarre geraucht hat krachte es weltweit an den Börsen.
Wieso starrt der Rest der Welt wie das Kaninchen auf die Schlange auf die Amis. Ein bisschen mehr Selbstbewußtsein bitte.
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Da gibt es nur einen Spruch:
Gier frisst Hirn
und wenns schief geht dann, ja dann solls Vater Staat, also wir alle, wieder richten.
Edit Ach ja, falls es beruhigt, (ích hoffe ich trete jetzt niemandem auf die Füße) das verlorene Geld an der Börse ist nicht nicht weg, das hat jetzt nur ein anderer.....Edit
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Sehr wahr, leider...
Und wie sich unermessliche Gier in die Gesichter einfrisst, kann man ohne Schwierigkeiten täglich in den Nachrichten erleben. Ich sage nur 'Topmanager'...
Nun sollte man aber nicht denken, dass das nur die Hausbesitzer betrifft.
Wie wir wissen, wird auch mit vermieteten Immobilien reger spekulativer Handel betrieben, und zwar hierzulande besonders gerne mit Plattenbauten und anderen ehemaligen Sozialwohnungen, nicht nur in Leipzig.
Und letztlich müssen dann die Mieter für die Gewinnerwartungen der Heuschrecken bluten, oder wenn das allein nicht reicht, das Sozialsystem und damit wieder der einzig wirkliche Steuerzahler, der Kleine Mann.
Verwunderlich ist das keinesfalls, denn bereits seit Anfang der Achtziger unter Kohl und seinen Spiessgesellen vom Drei-Punkte-Klüngel wird der Wohnungsmarkt durch die Politik, gezielt und sogar ganz offen, systematisch den 'Kräften des freien Marktes' (= dem Raubtierkapitalismus) ausgesetzt. Und das heisst, dass eine Refinanzierung von Immobilien-Investitionen nicht mehr in bis zu dreissig Jahren erwartet wird, sondern möglichst schon in drei bis fünf.
Jeder kann sich ausrechnen, was das schliesslich für die Mieten bedeutet.
Und für die Mieter, die ja meist deshalb zur Miete wohnen, weil sie sich kein bankfinanziertes Wohneigentum leisten können, für das die Kredite meist in zwischen etwa zehn bis über zwanzig Jahren abzutragen wären.
Oder weil sie zunehmend durch den Arbeitsmarkt zu unvorhersehbaren Umzügen gezwungen werden und dann auf untragbaren Verlusten bei der nicht eingeplanten schnellen Veräusserung sitzen bleiben.
Oder weil sie spätestens nach einem Jahr ohne Arbeit die Finanzierung nicht mehr aufrecht erhalten können und damit vor einer kompletten Katastrophe stehen und um die Früchte ihrer bisherigen Lebensleistung gebracht sind.
Wer aber keine fünf bis zehn Prozent im Jahr abtragen kann, der hat erst recht keine Chance, die Rückfluss-Erwartungen sogenannter Investoren von manchmal über dreissig Prozent p.a. zu erfüllen.
Und dann bleibt dem nur die Alternative, alle irgendwie verfügbare Kohle in völlig überteuerte ärmliche Löcher zur Miete zu stecken, und sich deren schnellem Verfall auszusetzen.
Selbst die elementarsten Erhaltungsmassnahmen kann sich ja die 'arme' Verwaltungsfirma auch garnicht leisten, weil die Eigentümer jeden Cent abziehen...
Man vergleiche bitte, in welchem Umfang den Besitzenden masslose Profit-Erwartungen zugestanden werden, während der abhängig Beschäftigte / Besitzlose / Arbeitslose immer weiter unter massiven Druck gesetzt und letztlich ausgequetscht wird wie eine Zitrone.
Auch die Aufgabe der Währungs-Hoheit durch den Euro und die damit verbundene Entmachtung der Bundesbank, und die wahnhafte Privatisierung aller erdenklichen vorherigen staatlichen Einnahmequellen wirkt in dieselbe Richtung, und die Beschneidung der Sozialsysteme ist eine unvermeidbare Folge genau dieser Politik, die vom grössten Teil des Parteien-Spektrums von der CSU bis zu den Grünen eifrig betrieben wird.
Wer eine sozialere Gesellschaft wünscht, als die Abart, die die Gierigen hier installieren, muss wohl dringendst selbst aktiv werden und deutlich anders wählen und / oder auswandern. Andere Mittel zur Gegenwehr hat der Kleine Mann offensichtlich nicht.
Die Sozialverpflichtung des Eigentums, das Sozialstaatsprinzip, der besondere Schutz von Ehe und Familie, der Schutz des Wohnraums, Menschenrechte und -würde, alles nichts mehr wert, im Lande des Heuschrecken-Kahlfrasses...
Das Perverseste ist, dass in den USA die Bevölkerung immer noch einen gewissen rudimentären Schutz ihrer lebenswichtigen Interessen geniesst, gegen die Welten-Plünderer, weil die Mächtigen noch Angst vor der nächsten Wahl haben, und vor Volksaufständen und sogar Gerichtsentscheidungen oder Konzern-Zerschlagungen.
Aber ausserhalb von God's Own Country gibt's derlei Hemmungen für die kriminelle Vereinigung aus Abzockern, Lobbyisten und korrupter Politik garnicht, da wird eher bombardiert als irgendwelche Rücksicht genommen...
Wen wundert's da noch, dass kaum Gegenwehr von der EU kommt, zumal deren wichtigste Gremien nicht einmal demokratisch legitimiert oder wenigstens kontrolliert sind.
Wie gesagt, die meisten eigenen wirtschaftlichen Machtmittel hat unser Land ja bereits eifrig aufgegeben >:(
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@ Jürgen (und alle die es interessiert)
ich habe in einem Wirtschaftsforum einen kleinen Text über diverse Hintergünde gefunden den wollte ich hier nicht vorenthalten:
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Reminiszenz: Lewis (Lou) Ranieri & die Folgen
(August 2007)
1968 nahm ein junger 21-jähriger New Yorker Student (mit dem Hauptfach
Englisch) einen Ferienjob in der Poststelle, der nun - über diverse Umwege - in
Citigroup aufgegangenen Investmentbank Salomon Brothers Inc. (Nick Name
„Solly“). 1987 verließ dieser abgebrochene Student Salomon Brothers als Vice
Chairman und als vermögender Mann. (Tatsächlich wurde er von dem
damaligen Solly-CEO John Gutfreund gefeuert.) Der damals 40-Jährige war im
Lauf seiner Kariere bei Solly die Speerspitze einer nachhaltigen Veränderung
des US Kreditmarktes – jedenfalls soweit es das Spielfeld der privaten Baken
betrifft. Sein Name: Lewis Ranieri (Photo:
[http://ca.com/media/apr26_announce/images/lewis_lg.jpg]); er verhalf Salomon
Brothers in der Mitte der Achtziger zu einer einzigartigen Markstellung in den
US-Bond-Märkten. Ein PR-Bonmot von Salomon Brother aus dieser Zeit lautete
„ Eine liquide Anleihe ist jede Anleihe, die von Salomon Brothers gehandelt
wird.“
Ranieris Kariere war mit seinem Rausschmiss nicht zu Ende. Von 1988 bis zum
Jahr 2000 bauten Ranieri und sein Bruder zusammen mit einer Investoren-
Gruppe (Hyperion Partners) die United Bank Corp. (ehemals - United Savings
Association of Texas) zu einer stattlichen und profitablen mittelgroßen
Hypotheken-Bank aus, deren Marktwert zum Zeitpunkt der Fusion mit der
Washington Mutual (Seattle) immerhin bei knapp USD 1,5 Mrd. lag. Der
seinerzeitige Kaufpreis der United Saving betrug USD 90 Mio.
Nein, Ranieri hat ABS (Asset Backed Securities) nicht erfunden. Das war der
zweifelhafte Verdienst der 1968 vom US-Department of Housing and
Urban Development gegründeten Government National Mortgage
Association (GNMA oder Ginnie Mae), die den Auftrag hatte einen
Sekundärmarkt für solche Hypotheken zu schaffen, die von der US-Regierung
versichert waren (z. B. die von der The Federal National Mortgage Association
FNMA oder Fannie Mae, die – 1938 gegründet – die Hypotheken der
Kriegsveteranen versicherte). Weil der Finanzmarkt der USA bis in die weit in
die Achtziger und Neuziger durch Gesetze und Einzelvorschriften der
Bundesstaaten sehr fragmentiert war, gründete man schließlich 1970 eine dritte
Government Agency – die Federal Home Loan Mortgage Corporation (FHLMC
oder Freddie Mac). Freddie Mac hatte die gleiche prinzipielle Aufgabe wie
Ginnie Mae – allerdings für nicht von der US-Regierung versicherte
Hypotheken. Dies hielt man für notwendig, weil das Sparvolumen der einzelnen
Bundstaaten sehr unterschiedlich war und zu spürbaren Engpässen und hohen
Hypothekenzinsen in diversen Regionen geführt hatte. Schließlich erhoffte man
sich von Freddie Mac, dass die Sparkassen durch diesen Sekundärmarkt das
Portfoliorisiko Ihrer Hypotheken geographisch besser diversifizieren konnten.
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(Aber der Feind der US-Savings & Loan Industrie stand später in einer ganz
anderen Ecke!)
Jedenfalls wurde von Ginnie Mae im Februar 1970 die erste Mortgage Backed
Security (MBS) - mit nämlichen mit von der US-Regierung versicherten
Hypotheken – platziert. Ein Jahr später kamen die ersten MBSs von Freddie
Mac auf den Markt. Beide Anleihen waren simple „pass-through“ Produkte, die
den Cash-Flow aus den gebündelten Hypotheken an die Käufer der Anleihen
weiterleiteten – nicht zu vergleichen mit den extrem komplexen Produkten, die
heute von den Investmentbanken „gestrickt“ werden.
Die großen Money-Center-Banks und Investmenthäuser in NYC erkannten sehr
bald, dass mit der Bündelung und Marktplazierung durch Ginnie Mae und
Freddie Mac eine Geschäftsidee geboren war, die hohes laufendes
Gebühreneinkommen versprach (immer noch das Lieblingseinkommen der
Banken). Aber, der sog. Interstate-Banking Markt war versperrt für private
Banken und solche Produkte. Die Vorschriften erlaubten es einfach nicht. [Der
sog. McFadden Act von 1927 und der Banking Act of 1933 [aka Glass-Steagall
Act] in Verbindung mit dem Bank Holding Company Act of 1956 erlaubten es
seinerzeit jedem Staat den Zugang Bundestaatsfremder Banken innerhalb seines
Hoheitsgebietes zu untersagen. Der McFadden Act wurde erst 1994, der Glass-
Steagall Act 1999 und der Bank Holding Company Act 1994 aufgehoben.]
Es ist der unbestreitbare „Verdienst“ von Ranieri – mittlerweile bei Salomon
zum Head of Mortgage Department avanciert – diesen Markt für das private
Bankgewerbe in den USA gegen alle legalistischen Widerstände aufgebrochen
zu haben. 1977 konnte Ranieri einen Deal mit der Bank of America machen, der
den Markt mit der ersten MBS einer privaten Bank in den USA beglückte.
„Sekuritisation“ als Produkt und Gebührenbringer im privaten Bankgeschäft war
geboren.
Zunächst war die Entwicklung moderat, aber dann kam Ranieri und dem ABSMarkt
die sog. „Savings & Loan Crisis“ in den USA zu Hilfe. Von 1976 an
stiegen die Zinsen bis Ende 1980 auf Schwindelerregende Höhen von über 20
Prozent (Prime Rate). Von den S&L Banken (Sparkassen) wanderten die
Einlagen an die Geldmarktfonds und langfristige Hypotheken wurden von den
Sparkassen mit kurzfristigen Einlagen finanziert – ein Spiel mit vorhersehbarem
Ausgang. Nun konnten sich die Money-Center-Banks und andere Initiatoren als
Retter der Sparkassen positionieren: „Bringt uns Eure Hypotheken – wir
platzieren diese Hypotheken im Markt (als MBS) und geben Euch Cash.“
Wenige Jahre später schon dehnte man das Konzept der „Sekuritisation“ auf
andere Verbraucher-Kredite aus. Pkw-Kredite und daraus resultierende ABS
waren ein willkommenes Mittel die Aktivseite der Bilanzen gerade der großen
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Automobil-Hersteller (bzw. ihrer Finanztöchter) zu verflüssigen. Kreditkarten-
Forderungen folgten schnell. Heute lässt sich jeder Vertrag „sekuritisieren“ aus
dem man einen annähernd sicheren und regelmäßigen Cash-Flow quetschen
kann. „Intellectual Property“ also Patente und Ähnliches sind das neueste
Versuchsfeld.
Nun sind diese neuen Produkte nicht mehr mit den einfachen „pass-through“
Konstruktionen der Anfangsjahre vergleichbar. „Structural Enhancements“ (die
Spielwiese auf der sich die „Structured Debt-Abteilungen“ der Banken u. a.
tummeln) kreieren heute Produkte, die mit dem ursprünglichen Kreditpool keine
Ähnlichkeit mehr haben.
Dabei ist das Prinzip immer das gleiche: Ein Pool gleichartiger Kredite mit
vertraglich fixierten Zahlungsströmen und Sicherheiten wird (mittels rechtlicher
Konstruktionen) so in Scheiben aufgeteilt, dass sich verschiedene Risikoklassen
innerhalb des ursprünglichen Kreditpools bilden lassen. Jede einzelne dieser
unterschiedlichen Risikoklassen wird dann separat als „Security“ verpackt und
trägt neben dem zugeordneten wirtschaftlichen Risiko auch einen spezifischen
(risikoadäquaten?) Zinssatz. Auf diese Weise lassen sich dann aus einem
einzigen ursprünglichen Kreditpool verschiedene Klassen von Wertpapieren
bilden deren Rating von AAA bis NR (Not Rated) reicht. Deshalb ist
„subprime“ nicht gleich „subprime“ selbst wenn der ursprüngliche Kreditpool
nur aus „subprime“ Hypotheken bestand.
20 Jahre nachdem John Gutfreund Lewis Ranieri an die Luft gesetzt hatte – am
14. März 2007 veröffentlichte die Washington Post ein redaktionelles pro forma
Quiz mit etwa folgenden eher rhetorischen Fragen –
Welches der nachstehenden Produkte macht ihrer Ansicht nach Sinn?
- Eine „Balloon Mortgage“ bei der der Kreditnehmer 10 Jahre lang nur
Zinsen und abschließend eine einzige Rückzahlung macht?
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- Eine „Liar Loan“ bei der Angaben des Kreditnehmers über Einkommen
und Sicherheiten nicht überprüft wird?
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- Eine „Option ARM“ (ARM = Adjustable Rate Mortgage), die dem
Kreditnehmer erlaubt weniger als vereinbart zu zahlen wobei der fehlende
Teil der Zahlung dem Kreditbetrag hinzugerechnet wird?
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- Eine „Piggyback Loan”, die es dem Kreditnehmer erlaubt de facto auch
seinen Eigenkapitaleinsatz beim Kauf eines Hauses fremd zu finanzieren?
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- Eine „Teaser Loan“ bei der die anfänglichen Zinsen sehr niedrig sind
obwohl klar ist, dass der Kreditnehmer eine in zwei Jahren vereinbarte
Zinserhöhung („reset“) aus seinem laufenden Einkommen nicht mehr
bezahlen kann?
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- Eine „Stretch Loan“, die dem Kreditnehmer mehr als 50 Prozent seines
verfügbaren Einkommens abverlangt?
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- Eine „Ninja Loan“ (meine absoluter Liebling) – bei der weder laufendes
Einkommen, ein Job oder sonstiges Vermögen gefragt ist (No Income, No
Job, No Assets)
Wie konnte es so weit kommen? Gier der Banken? Versagen der Rating-
Agenturen? Zu lange zu billiges Geld?
Man wird viele Schuldige finden, wenn sich der Staub gelegt hat. Ich möchte
abschließend nur auf einen prinzipiellen „Konstruktionsfehler“ sekuritisierter
Produkte hinweisen, den niemand vergessen sollte, der sich in diesem
Produktumfeld engagiert:
Bei einem klassischen Kredit, den eine Bank bis zur Fälligkeit hält, ist die
Interessenlage des Kreditgebers transparent. Die Bank wird die überlassenen
Sicherheiten des Kreditnehmers und sein Einkommen und seine sonstigen
Zahlungsverpflichtungen sorgfältig prüfen und die damit verbundenen Risiken
abwägen, denn ihr Überleben ist lange – bei einer Hypothek vielleicht
Jahrzehnte – von der Zahlungsfähigkeit dieses Kreditnehmers abhängig.
Weiß die Bank hingegen a priori, dass die Hypothek, die sie heute vergibt,
bereits morgen verkauft wird und in einem Kreditpool mit diversen
Risikokategorien verschwindet, ändert sich ihr Risikoverhalten gegenüber dem
Kreditnehmer. Nun ist die Bank vorrangig nicht mehr daran interessiert, ob die
Sicherheiten oder ob sein Leumund und seine Einkommensverhältnisse die
Rückzahlung des Kredites wahrscheinlich erscheinen lassen. Das Interesse der
Bank konzentriert sich vielmehr ausschließlich auf die Frage – können wir diese
Hypothek verkaufen?
Auch die darüber liegende Ebene, die Ebene der „Originator“, die den
Hypotheken-Pool strukturiert und marktfähig verpackt, ist an dem jedem Kredit
inhärenten Risiko gar nicht interessiert. Die „Originators“ leben nicht von
Zinsen und Tilgungen sondern von Gebühren! Denn schließlich werden auch sie
die schön verpackten Hypotheken wieder an „den Markt“ verkaufen, der dann
das wirkliche Kreditrisiko tragen muss.
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Mit anderen Worten - weder die Kreditgebende Bank noch die „Verpacker“ und
Vermarkter der Kredite sind so an dem inhärenten Kreditrisiko interessiert wie
eine Bank in dem traditionellen Kreditmodell.
Deshalb - caveat emptor - Securitization is defined as the legal manifestation of
the greater fool theory!
Danke für’s Lesen!
@Brennus
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Dem lässt sich noch hinzufügen, dass solche Luftblasen nicht nur im Immobilien- oder 'Klein'kredit-Bereich mit schöner Regelmässigkeit zum Platzen neigen, sondern ebenso in allen jeweils 'Neuen' Märkten, wie z.B. bei'm legendären DotCom-Missgeschick...
Nun ist ja allgemein bekannt, dass das Altersversicherungs-System der USA weitgehend auf Fond-Vermögen beruht, welche sich aufgrund dieser Strukturen hin und wieder scheinbar in Luft aufzulösen pflegt, tatsächlich aber meist unkontrolliert in andere Kanäle der Heuschrecken abfliesst.
Jedes andere Land der Welt wäre dann vom Zusammenbruch und Staatsbankrott bedroht, aber die USA finden bislang immer wieder Auswege, indem sie die gigantischen Schäden dem Ausland bzw. der Weltwirtschaft aufzubürden verstehen.
Und somit zahlen wir (und noch viel mehr die Dritte Welt) immer wieder für die wirtschaftliche Unvernunft der Gierigen.
Ohne eigenen Einfluss wenigstens auf Geldmenge und Wechselkurse ist auch dafür gesorgt, dass das so bleibt.
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Sehr wahr, leider...
...Ich sage nur 'Topmanager'...
Bitte nicht immer nur die, Ackermann und Konsorten will ich nun wirklich nicht verteidigen, aber Ackermanns 12 Mio im Jahr als die Spitze der Topmanager was ist das gegen 25 Mio Transfer für einen Fußballprofi, oder 50 Mio einen Formel 1 Piloten. Da würden auch genug Idioten einsteigen DEUTLICH weniger, um dann nur im Kreis zu fahren, überholt wird an der Box. Liese sich fortsetzen bei Golf- und Tennisprofis...
Da gibt es wenigstens auch 'Topmanager', die Verantwortung für mehrere Hunderttausend Mitarbeiter tragen und ihren Job gut machen. Und wenn man denen DEUTLICH weniger geben will, OK - das juckt die nicht, denn für die gibt es einen weltweiten Markt und dort können sie teilweise mehr verdienen als in deutschen Konzernen!
...vermieteten Immobilien reger spekulativer Handel betrieben...
... (= dem Raubtierkapitalismus) ausgesetzt. Und das heisst, dass eine Refinanzierung von Immobilien-Investitionen nicht mehr in bis zu dreissig Jahren erwartet wird, sondern möglichst schon in drei bis fünf.
Welcher private Investor würde sein Geld investieren bei Amortisation in 30 Jahren? Denkt mal wie ihr entscheiden würdet, wenn ihr über große Investitionen (am besten mit eigenem Geld) entscheiden müsstet/dürftet. Würdet ihr das in den sozialen Wohnungsbau stecken, um den Hartz IV`rern was Gutes zu tun?
...durch den Arbeitsmarkt zu unvorhersehbaren Umzügen gezwungen...
Oder weil sie spätestens nach einem Jahr ohne Arbeit die Finanzierung nicht mehr aufrecht erhalten können und damit vor einer kompletten Katastrophe stehen und um die Früchte ihrer bisherigen Lebensleistung gebracht sind.
Wohl wahr, ein Zusatz:
Oder zu dumm waren sich das vorher richtig auszurechnen und besser gleich in Hartz IV gegangen wären, als zum arbeiten noch Geld mitzubringen? Kenne einige, denen es an Rechenkünsten fehlen muss, sonst würden sie nicht um die 3 - 4 € pro Stunde arbeiten gehen.
... in welchem Umfang den Besitzenden masslose Profit-Erwartungen zugestanden werden...
...maßlos ist auch in diesem Zusammenhang wie so vieles immer relativ. Firmen/Anleger/Investoren, die eine Rendite Erwartung von unter 5 v.H. ansetzen, sollten doch gleich ihr Geld auf der Sparkasse lassen. Sonst kauft man sich Arbeit, das fällt mir besseres ein!
Auch die Aufgabe der Währungs-Hoheit durch den Euro und die damit verbundene Entmachtung der Bundesbank...
Tja, hier liegt natürlich eine große Ursache der Misere. Als größter Nettozahler in der EU müssen die Deutschen gerade stehen. Die deutsche Einheit musste da nochmal erkauft werden. Na, wer glaubt denn bitte, dass die Italiener, Franzosen oder Briten in ihrem Nationalbewusstsein so viel für Europa tun würden wie die Deutschen. Und die Deutschen beschweren sich noch nicht mal, sind ja auch nach dem Krieg gut erzogen wurden!
[/quote]
...muss wohl dringendst selbst aktiv werden und deutlich anders wählen und / oder auswandern. Andere Mittel zur Gegenwehr hat der Kleine Mann offensichtlich nicht.
Wählen und zwar richtig (wieder relativ) = sehr gut. Auswandern, das machen ja schon viele, immer mehr Leute verlassen Deutschland, nur das sind nicht die Hartz IV Leute, nicht die Problemfälle, die Alten, die schlecht Ausgebildeten. Das sind die Jungen, Mutigen, die sich was zu trauen, die woanders mehr Geld verdienen können und weniger Steuern für das Sozialsystem in Deutschland (Staatsquote um die 50 v.H.) zahlen müssen. Und die gehen vielfach auch in die Selbständigkeit im Ausland, versichern sich privat, sind bereit Risiken einzugehen und verdienen dafür auch eine höherer Rendite, wie ich finde. Denn das geht auch oft schief und die haben dann meist ein Vielfaches verloren, als so ein Daheimgebliebener.
Sozialsysteme im Ausland, bitte? Wie, Wo, Was? Und Zuwanderung in solche? Da würde die Meckerei über Hartz IV mit bezahlter Wohnung schnell aufhören. Und Menschenwürde wird in anderen Teilen dieser Welt ganz anders definiert. So etwa, hab ich noch nie von gehört...
Wie gesagt, die meisten eigenen wirtschaftlichen Machtmittel hat unser Land ja bereits eifrig aufgegeben >:(
Ja, und das wird dann immer mit Erhalt von Arbeitsplätzen in D begründet, als ob die uns Produkte abkaufen würden, weil sie aus D sind und wir in der EU sind.
Ich denke eher, weil sie qualitativ besser und im Preis-Leistungsverhältnis im Weltmarkt konkurrenzfähig sind!
Schönes WE
lucky
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Die Kernfrage aller globalisierungsbedingter Probleme, auf die Du hier in meinen Augen durchaus anspielst, ist, ob man sich als Volk und Staat diesen ungeschützt ausliefern und damit
- widerstandslos der Gier der Heuschrecken und ihrer Kapital- / Finanzmacht ergeben
- den menschenverachtenden Lebens- und Arbeitsbedingungen der dritten Welt anpassen
und zudem
- den gesamten Planeten und all' seine Ressourcen der Plünderung und Zerstörung aussetzen
muss.
Wie ich schon öfters erwähnt habe, müssen wir hier winters heizen, um nicht zu erfrieren.
Und von uns werden hohe Abgaben verlangt, extreme Produktivität, Qualifikation und ständige Lernbereitschaft, Kreativität, Flexibilität und Mobilität.
All dies ist nicht leistbar, wenn man in Laubhütten lebt und sich von Kräutern oder Abfall ernährt.
Insofern ist schon der Gedanke irrsinnig, sich mit Biafra, Vietnam, oder welchem anderen Elendsgebiet auch immer, in Wettbewerb um die billigsten Arbeitskräfte zu begeben.
Ich wüsste von keinem anderen Land auf der Welt, wo ein gesunder Protektionismus als Schimpfwort angesehen wird, oder das sich selbst aller zur Gegenwehr geeigneter Mittel beraubt.
Es ist 'was faul im Staate D...
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sehr gut jürgen, kann ich nur zustimmen !
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Die Kernfrage aller globalisierungsbedingter Probleme, auf die Du hier in meinen Augen durchaus anspielst, ist, ob man sich als Volk und Staat diesen ungeschützt ausliefern ...
Das ist wohl wahr, nur sind die Möglichkeiten doch sehr begrenzt oder?
Eine Währung wie die Ostmark, nichts wert und ne Mauer rund um Deutschland, dann wären wir vor dieser Konkurrenz der Welt geschützt. Das will doch ernsthaft niemand nochmals machen.
- den menschenverachtenden Lebens- und Arbeitsbedingungen der dritten Welt anpassen
und zudem
- den gesamten Planeten und all' seine Ressourcen der Plünderung und Zerstörung aussetzen
muss.
Nein, die sollten unsere Sozialstandards einführen und lernen mit Menschenwürde umzugehen, wenigsten erst mal Mindeststandards, wie Krankenversicherungen einführen.
Aber das machen sie nicht, leider -
... winters heizen, um nicht zu erfrieren.
Und von uns werden hohe Abgaben verlangt, extreme Produktivität, Qualifikation und ständige Lernbereitschaft, Kreativität, Flexibilität und Mobilität.
All dies ist nicht leistbar, wenn man in Laubhütten lebt und sich von Kräutern oder Abfall ernährt.
Nehmen wir mal das Heizen, oder gleich die Energiekosten mit Benzin und Strom, die uns aufgebürdet werden. Mittlerweile sind allein beim Benzinpreis 83 v.H. Steuern. Rasen für die Rente usw... Bei Gas, Strom, Heizöl ist das ähnlich, wir werden abgezockt und wofür braucht dieser Staat so viel Geld?
Wir zahlen alle viel zu viel Steuern, Abgaben ect.
Früher musste der Bauer seinem Herren den Zehnten abliefern und heute arbeiten wir bis in den Juli hinein für das Gemeinwesen.
Nur wenn ich das alles beklage, ich tue das, dann werde ich nicht nach noch mehr Staat rufen, der so viel wie möglich regeln soll und nach Möglichkeit so viel wie möglich Risiken des Lebens absichern soll. Wovon denn bitte, von denen die sich anstrengen, was erreichen, denen man was wegnehmen kann?
Die hauen heute schon ab, es gehen nicht die Sozialhilfeempfänger.
Ich wüsste von keinem anderen Land auf der Welt, wo ein gesunder Protektionismus als Schimpfwort angesehen wird, oder das sich selbst aller zur Gegenwehr geeigneter Mittel beraubt.
Es ist 'was faul im Staate D...
Nicht nur im Resümee stimmen wir überein Jürgen. Wenn man mal längere Zeit im Ausland gelebt hat, die Sichtweise dort aufnimmt und von draußen auf Deutschland geschaut hat, wird das alles viel differenzierter. Einfache Antworten auf die Probleme gibt es nicht mehr.
lucky
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Einfache Antworten auf die Probleme gibt es nicht mehr.
Man macht uns weis, die Welt wäre heute so kompliziert, dass sie nicht mehr zu erklären sei.
Aber: 99% aller Antworten heisst "GELD". Hat man das einmal richtig begriffen, ist es sehr wohl einfacher, die Dinge zu durchschauen. Letztlich geht es um die Verteilung des (von der gesamten Gesellschaft von früher bis heute) erarbeiteten Reichtums. Und da eignet sich eben eine kleine Oberschicht ihren Reichtum auf Kosten der grossen Mehrheit an, und die Politik sorgt dafür das es auch so bleibt auch durch Kriege.
Und weil viele auf dieser (Verteilungs-)Pyramide nach oben wollen, machen sie mit beim Tanz ums goldene Kalb. Das grosse Kapital ist aber nicht gewillt, zu teilen, sodass die Masse z.B. der kleinen Aktienanleger auf die Fresse fällt. Konnte man z.B.bei der T-Aktie besichtigen.
Strompreise steigen? Tja, da haben sich eben die paar Stromanbieter auf der Strombörse abgesprochen .
Preise steigen? für Milchprodukte? beim Kaiser hiess das: Kanonen statt Butter.
Dein Chef verlangt (unbezahlte) Mehrarbeit oder Lohnverzicht weil es ja um "unser" Unternehmen geht? Der kommt abends vor Lachen nicht in den Schlaf!
Der grossen(dummen?) Mehrheit -egal ob mit oder ohne Arbeitsstelle,ob faul oder fleissig egal- wird erzählt es ist kein Geld mehr da für mehr Lohn oder ein anständiges Grundeinkommen oder Rente oder ein ordentlicher Lebensstandard oder allgemein für die Absicherung grundlegender Lebensbedürfnisse. Nur ist es nicht verblüffend als die EZB vorige Woche mal eben 210 Milliarden Euro "in den Geldkreislauf" gespritzt hat( geworfen?zum Fenster raus?).
Wie sind die aus dem Kapitalismus resultierenden Probleme zu lösen? Frau A.M. und Frau M.T. sagen TINA (there is no alternative) zu ihrer Politik. Aber A.M. ist promovierte Physikerin. Sie müsste mindesten dazu sagen: "innerhalb dieses Systems".
So, ich hör jetzt auf, für die älteren Ossis muss sich das sonst wie Staatsbürgerkunde anhören.
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TINA (there is no alternative)
...ist ja die dreisteste aller Lügen.
Solange ein Land die Währungs- und Zoll-Hoheit besitzt und nutzt und auch seine Gesetzgebung keinen undemokratischen externen Gremien á la EU-Kommission oder WTO unterwirft, kann es eigene Regeln aufstellen und zumindest teilweise auch durchsetzen.
Auch eine Zusammenarbeit mit Staaten gleichen Interesses ist dafür ohne Probleme möglich, wenn wirklich gewollt.
Aber fragen wir uns doch einmal, wer in den beiden erwähnten Gremien heute tatsächlich das Sagen hat...
Und welche Grossmacht sich am wenigsten um internationales Recht, Verträge usw. schert, wenn eigene Interessen berührt werden...
Letztlich wirtschaftet genau die am unvernünftigsten, hat sich aber hintenherum überall soviel Macht gesichert, dass der gesamte Rest der Welt dafür geradestehen muss. Neokolonialismus nennt man das wohl, und der betrifft zunehmend auch uns.
Und für das planvolle und geradezu hörige Verhalten deutscher Politik in dieser Hinsicht kenne ich eigentlich nur noch einen Begriff: Hochverrat.
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die Menschen wehren sich doch schon massiv. Was denkt ihr worauf die geringe Geburtenquote zurückzuführen ist. Ich bin vor ca 2 Jahren Opa geworden, da hab ich mal live die Probleme junger Eltern miterlebt. Da ist die Reaktion, nicht noch ein Kind, nachvollziehbar. Und das sind nur die unmittelbaren Erfahrungen. Die diffusen, in der Ferne liegenden Unsicherheiten sind da noch gar nicht berücksichtigt.
Was uns heute geboten wird hat mit Marktwirtschaft überhaupt nichts mehr zu tun. Denn Markt bedeutet, einfach gesagt, reagieren auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Menschen. Was heute läuft ist ein künstliches erzeugen von Bedürfnissen, das einreden von der Notwendigkeit bestimmter Dinge. Dabei wird bis zum Betrug gegangen. Wenn das ein Einzelner tut ist es kriminell, tuts ein Konzern ist es "Marktwirtschaft".
Auch wenn es sich nach Staatsbürgerkunde anhört, die Erkenntnisse von Marx und Engels wurden an Westunis nicht umsonst gelehrt, denn sie sind im Kern richtig.
Und nun möchte ich keinen Bezug auf die DDR hören, das ist ne gaaaanz andere Geschichte.
kater
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...
Und nun möchte ich keinen Bezug auf die DDR hören...
Wieso eigentlich nicht?
Erstens leben zahlreiche Bürger zunehmend unter Restriktionen, die wirtschaftlich kaum anders bezeichnet werden können, als mit 'Planwirtschaft', die Wohn- und Lebensverhälnisse des sogenannten Präkariats ähneln denen des DDR-Proletariats immer mehr.
Selbst von einer Reisefreiheit kann nicht mehr wirklich die Rede sein, sobald Hartz IV im Spiel ist.
Arbeits-Zwang gibt's hier jetzt auch, wenngleich immer noch kein Recht auf Arbeit.
Zwar gibt' keine Mangelwirtschaft, aber in der Praxis macht es für Arme keinen Unterschied, ob das Angebot fehlt, oder schlicht die passende Kohle.
Für ersteres gab's ja 'drüben' Intershops, für den anderen Aspekt sind's eben Aldi, Suppenküche, Möbellager...
Der Überwachungsstaat á la Stasi ist überholt, das kann man hier längst besser...
Und eine Art Schiessbefehl gibt's nicht nur an Kasernenmauern, Schäuble hat ja neulich von einem flächendeckenden fabuliert...
Toten macht's keinen Unterschied, ob der Verdacht auf Grenzverletzung oder Terror-Aktivitäten lautet.
Zum Schluss möchte ich noch daran erinnern, dass eine ganz erhebliche Anzahl an Blockflöten inzwischen gesamtdeutsch mitregiert.
Dass diese kaum als geläutert anzusehen sind, erschliesst sich aus der gegenwärtigen Politik.
Jürgen
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Danke Jürgen, könnte ich nicht besser formulieren, auch wenn -
Auah, Auah, das so manchem Alt"DDR"-ler weh tut. Dieses System wird heutzutage sehr verklärt dargestellt, nur vergessen diejenigen, dass öffentliche Kritik damals nach Bautzen geführt hätte. Hier gäbe es noch vieles aufzuzählen, was niemand zurück haben will... Leider wird das oft im Blick zurück ausgeblendet. Ich hab schließlich auch lange Zeit meines Lebens in diesem Willkürregime leben müssen.
Man kann keine Diktatur mit einer Demokratie gleichsetzen. Aber Vergleiche sind schon zugelassen...
Doch zurück zum heutigen Deutschland. Die Einschränkungen von Bürgerrechten, wirtschaftliche Entmachtung der Mittelschicht, Schaffung eines Präkariats erinnern doch sehr an den Mauerstaat. Immer mehr Unterschicht, denen es allen gleich gut auf niedrigem Niveau geht (oder gleich schlecht), Leistung lohnt nicht mehr und regiert von einer Clique, die immer keine Alternative hat - klar in diesem System.
Warum müssen wir denn in NATO die Freiheit am Hindukusch verteidigen?
Warum müssen wir denn in der EU den Wohlstand in Portugal bis Rumänien mit erarbeiten?
Warum müssen das denn die Schweizer nicht?
Aber der Unterschied zur "DDR" ist halt, wir haben diese uns REGIERENDEN mit diesen Entscheidungen in Mehrheit gewählt, also sind wir wohl selbst schuld.
lucky
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Aber der Unterschied zur "DDR" ist halt, wir haben diese uns REGIERENDEN mit diesen Entscheidungen in Mehrheit gewählt, also sind wir wohl selbst schuld
nee lucky, haben wir ebend nicht. Ich bin 100% kein Ostalgiker aber ein denkender Mensch. Du hast ebend nicht die WAHL. Du kannst ebend wählen was du willst, im Endeffekt kommt die Politik ob schwarz, rosa, grün, gelb oder rot nicht an der Macht der Industrie vorbei und die bestimmt wo es langgeht. Du hast bestenfalls die Wahl gehste wählen oder nicht. Und das das Demokratie sein soll, da lachen doch die Hühner.
Wenn ich manchmal den Ossie anklingen lasse ist das, zumindestens bei mir, keine Verklärung, sondern Ausdruck dafür, daß ich in meinem Leben eine Enttäuschung reicher bin. Und das es DIE Gesellschaftsordnung nicht gibt, auch wenn uns das immer wieder eingeredet werden soll. Und freie Meinungsäuserung, wen interessiert deine Meinung. Auser du sagst, daß dein Cheff ein Trottel ist, dann ist es damit auch vorbei.
Und wenn ich bei Jürgen als geborenen Demokraten so manchmal die Verbitterung raushöre fühle ich mich in meiner Meinung bestärkt. Also machen wir das beste draus.
kater
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@kater,
mir hat mal ein guter Freund aus dem Westen in den endsiebziger Jahren gesagt, die Demokratie wäre auch nicht so toll... Das hab ich damals im Osten nicht verstanden, als jemand der sich wünschte endlich mal frei seine Stimme bei einer geheimen Wahl abzugeben. Er, aus dem Westen, wünschte sich eine Demokratur, ähnlich wie in Singapur. Nun ist so ein Stadtstaat sicher leichter in so einer Form auch zum Wohle der Bevölkerung auszurichten. Ich möchte auch diese Regularien nicht nach meinem heutigen Kenntnisstand hier übertragen wissen.
OK, die Wahl haben wir schon, nur ist das Volk wohl nicht aufgeklärt genug, zu manipuliert.
Wir lassen uns doch sicher viel zu viel Konsum einreden, für den wir dann immer mehr rennen müssen, um ihn bezahlen zu können. Und weil der das hat, brauch ich das auch.
Verweigerung und NICHT Wählen kann doch keine Lösung sein, jedenfalls sollte man dann nicht noch meckern über die Verhältnisse. Natürlich weiß ich auch, dass Deine oder meine Stimme keinen Ausschlag geben. Nur weil zu viele so denken ändert sich ja auch nix, oder?
Wahltag ist Zahltag, auch das hör ich bei Jürgen oft heraus.
Vielfalt ist mir lieber als Einfalt, wer die Wahl hat, hat die Qual - da lass ich mich gerne quälen. Auch ich brauche keine 75 Sorten Schokolade, aber ich wähle lieber aus denen, als nur aus 5.
Ich denke schon, wir haben es als Volk und auch als Einzelner in der Hand unser Leben zu gestalten.
"Es gibt nichts Gutes, außer man tut es."
Erich Kästner
lucky
Edit: War wieder ein netter Wochenend Diskurs mit Euch (http://www.schmaili.com/smileys/-76.gif)
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Ohne jetzt 15 Zitate aufzuführen -- Jungs, Ihr habt ja sooo was von Recht.
Am Schlimmsten trifft mich die Ohnmacht, nichts dagegen unternehmen zu können.
Meine derzeitige Lektüre "Der Deutschland Clan" von Jürgen Roth hebt meine Stimmung auch nicht gerade.
Was kam heute im Radio? SPD und Union wollen Parteien mehr Geld geben, jährlich 20 Millionen mehr?
Ich glaub, mein Badetuch langt nicht mehr um den Hals!!!!!!!!
Judgeman
Ja,ja, konnte mir eigentlich denken, dass das mit den Parteien schon im Forum war, aber hab halt von oben angefangen zu lesen...
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am anfang mal zwei quotes:
Am Schlimmsten trifft mich die Ohnmacht, nichts dagegen unternehmen zu können.
(...) Verweigerung und NICHT Wählen kann doch keine Lösung sein, (...)
Ganz im gegenteil, mit stillschweigen und nichtwählen machst du das nur noch schlimmer. Die einzige alternative ist,
sich AKTIV einzumischen, denn noch kannst du deine meinung öffentlich sagen.
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...und noch ist es möglich, selbst politisch aktiv zu werden, ohne gegenüber irgendjemandem dafür Rechenschaft ablegen zu müssen.
Allerdings ist's um die so geliebte Demokratie nicht allzu gut bestellt, wenn sich nach Wahlen meist die Verlierer zusammenrotten und Koalitionen bilden, die noch kurz vor der Wahl wider besseres Wissen als niemals beabsichtigt erklärt wurden.
Á la 'Niemand hat es vor eine Mauer zu errichten'...
Dem Wählerwillen entspricht das oft keineswegs.
Und somit tut sich die Frage auf, ob es nicht einen Weg geben sollte, eine Regierung (oder Koalition) direkt zu wählen, oder zumindest Einen direkt mit der Bildung zu beauftragen. So kann man die Bildung einer Nationalen Front am besten verhindern, hoffe ich, auch in Verbindung mit einem möglichen Mehrstimmen-Wahlrecht.
Auf gar keinen Fall möchte ich jetzt aber erleben, dass sich hier die Leute gedrängt fühlen könnten, ihre eigenen politischen Aktivitäten zu outen.
Derlei ist (zumindest anfangs) rein persönlich und hat hier grundsätzlich als streng vertraulich zu gelten.
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denn noch kannst du deine meinung öffentlich sagen
wie ich schon sagte, wen interessierts, auser du stellst dich mit 'ner Granate in der Hand vor den Bundestag. Aktiv einmischen. Mit einem Leserbrief, einem Bürgerbegehren, ner Demo, dem "unterwandern" einer etablierten Partei mit dem Ziel alles besser zu machen oder einer Parteineugründung, oder etwa mit ner Knarre?
kater
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Hast die Lichterkette vergessen... >:(
Judgeman
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U. a. auch von innen aushöhlen, sicher.
Aber keinesfalls schon im Ortsverein oder in einer Jugendorganisation korrumpieren lassen, dem Aufstieg zuliebe... >:(
Und sowieso auch im Kleinen seinen geringen Einfluss als Multiplikator nie unterschätzen.
Es kann schon helfen, irgendeinen Zweifler doch wieder zur Teilnahme an der nächsten Wahl zu bewegen, auch indem man ihm die Angst vor einer 'falschen' Entscheidung nimmt.
Das ist unser aller verdammtes Recht, bislang noch...
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Auch wenn es sich nach Staatsbürgerkunde anhört, die Erkenntnisse von Marx und Engels wurden an Westunis nicht umsonst gelehrt, denn sie sind im Kern richtig.
stimme ich im Prinzip zu.(Marx: "Über Sieg oder Untergang einer Gesellschaftsordnung entscheidet letztendlich die Arbeitsproduktivität" ist 1989ff. doch voll bestätigt worden)
..Aaber...was mich schon zu DDR-Zeiten am "wissenschaftlichen" Marxismus gestört hat:
wenn das wissenschaftlich ist, muss es in der Sprache der Mathematik auszudrücken sein. Wo sind die Formeln und
Zahlenkolonnen? Es gibt keine. Marx selber hat meines Wissens versucht, das Wertgesetz in Formeln zu giessen, es ist ihm nicht gelungen.
Der mathematische Apparat fehlte wahrscheinlich. Heute hat man modernere Mathe (z.B. Chaostheorie, Spieltheorie) und
vor allem eine riesige Rechnerkapazität (siehe SETI-Projekt u.ä.). Trotzdem ist noch keiner auf die Idee gekommen, ein mathematisches Modell der Gesellschaft mit wenigen Grundformeln aufzustellen, die einfach keiner anzweifeln kann. So etwas wie die Maxwellschen Gleichungen eben.
Wenige grundlegende Formeln, der Rest ist Ingenieurkunst und schon kann man PW glotzen(grins).
Keinem Politiker würde es einfallen, diese Gleichungen (die Maxwellschen) anzuzweifeln oder dem Wahlvolk etwas anders zu
erzählen. So müsste es auch mit diesen "Gesellschaftsformeln" sein. Diese Gleichungen so abgeleitet, dass alle Probleme
komplex und zufriedenstellend gelöst werden können.
OK...War nur so ne Idee von mir...
Warum müssen wir denn in der EU den Wohlstand in Portugal bis Rumänien mit erarbeiten?
Wohlstand? welcher Wohlstand? in Rumänien? wohl wieder nur für wenige!
Es ist doch so, dass die Ostblockländer für den Kapitalism...Verzeihung, die Marktwirtschaft zugerichtet wurden, um sie besser aussaugen zu können.
Nicht "die"(auch die Länder des Südens) leben auf unsere Kosten, sondern die Industrieländer leben auf ihre Kosten.
Man nennt es auch Neokolonialismus.
Und das es DIE Gesellschaftsordnung nicht gibt, auch wenn uns das immer wieder eingeredet werden soll.
Allerdings hat es schon Alternativen gegeben. Von dem vergeigten Sozialismusversuch nach 1917 will ich gar nicht reden,
das ist untergegangen, weil es u.a. auch nur auf hierarchischen Strukturen aufgebaut war. Oder wie meine Oma immmer sagte:
"Fett schwimmt immer oben".
Nein, ich denke bei "Alternativen" (in Bezug auf die Form der Herrschaft) an die akephalen (geiles Wort akephal= ohneKopf= herrschaftslos) Gesellschaften des vorkolonialen Afrika.
Und vor allem an den Irokesenstaat (Irokesenbund) der sehr lange Zeit ohne grossen Machtstrukturen funktionierte. Einiges davon hat sogar Eingang in die amerikanische Verfassung gefunden.
Ne ideale Gesellschaft wird es vielleicht nicht geben, aber man muss es doch irgendwie versuchen auch wenn es sehr mühsam (Erich Mühsam?) sein wird, aber so wie es jetzt ist kann es nicht mehr lange weitergehen.
Solche Finanzzusammenbrüche s.o. wird es in diesem Krisensystem immer wieder geben, im Durchschnitt alle 8-10 Jahre mit allen negativen Folgen für die kleinen Leute.
Es kann schon helfen, irgendeinen Zweifler doch wieder zur Teilnahme an der nächsten Wahl zu bewegen.
Wahlen ändern leider nichts, sonst wären sie verboten.
Es ist tatsächlich so, dass egal wer drankommt, immer dieselbe Art von Politik gemacht wird von Nuancen abgesehen.
Man könnte sich Wahlen und Politiker sparen und gleich Dieter Hundt (der beste Freund des Menschen), oder wer auch immer jetzt "Arbeitgeberpräsident" ist zum König (Kaiser, Zar, GrosserBruder) von Deutschland ausrufen.
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Es ist der Sommer der Affären und Krisen - Siemens, IKB, SachsenLB. Die Häufung ist kein Zufall, sie ist systembedingt: Der Druck, Erfolge zu produzieren, veranlasst die Manager, immer höhere Risiken einzugehen.
Was ist los in der (deutschen) Unternehmenswelt? Haben wir es nur noch mit einer Horde von Zockern und Halbkriminellen in den Führungsgremien zu tun?
Beim einstmals langweiligen Siemens-Konzern tauchen immer neue schwarze Kassen auf, die Bestechungssummen erreichen inzwischen schwindelerregende Höhen. Mit der SachsenLB hat sich nun, nach der Mittelstandsbank IKB, das zweite deutsche Geldhaus bei der Hypothekenfinanzierung verhoben. Vorher schon hat es, nach fehlgeschlagenen Spekulationen mit Aktien, bei der WestLB mächtig gekracht.
Hier die Korruptionsaffäre, dort gerade noch mal abgewendete Bankencrashs - beide Ereignisse haben auf den ersten Blick nichts miteinander gemein. Solche Unfälle sind nun mal, könnte man meinen, unvermeidlich im realen Wirtschaftsleben, das schließlich von Menschen mit all ihren Defiziten gestaltet wird.
Doch das ist zu kurz gesprungen. Es drängt sich Verbindendes auf: Die Siemens-Affäre wie die Beinahe-Crashs in der Bankenszene erscheinen als Indiz für eine zunehmende Verrohung der Sitten im Geschäftsleben; für eine wachsende Neigung im Management, unternehmerische Ergebnisse mit Mitteln zu erzielen, die jenseits bisher allgemein akzeptierter Standards liegen.
Performance um jeden Preis
Performance heißt das neudeutsche Schlüsselwort - Performance muss gezeigt werden, um beinahe jeden Preis. Entscheidend ist nur noch das Ziel, eine immer bessere Rendite, nicht mehr der Weg dorthin.
Was wir in diesem Sommer verschreckt registrieren, ist das Resultat einer Radikalisierung in der Unternehmenswelt. Der Wettbewerb um die guten Plätze - zwischen den Unternehmen und innerhalb der Unternehmen - hat kriegerische Ausmaße erreicht, und im Krieg gibt es bekanntermaßen nur Sieger und Verlierer.
Moral und Ethik sind Themen für feierliche Symposien. Im geschäftlichen Alltag gewinnt der, der vor nichts zurückschreckt, auch nicht vor dem höchsten Risiko und der ultimativen Grenzüberschreitung. Die Kollegen beim Wettbewerber handeln ja nicht anders. Wer in diesem Kampf nicht mithält, der hat schnell ein Problem - je nach seiner Position im Unternehmen gegenüber dem Vorgesetzten, gegenüber dem Vorstand oder, bei denen ganz oben, gegenüber den Analysten, der Börse, den Medien.
Zunächst zur Finanzkrise. Es macht einen fassungslos, wenn man erfährt, dass milliardenschwere Kredite aus den Bankbilanzen herausgenommen und in Gesellschaften mit so blumigen Titeln wie "Rhineland Funding Global Corporation" oder "Ormond Quay" versteckt werden. (Eine Frage, nur nebenbei: Wussten eigentlich die Wirtschaftsprüfer und die Bankenaufsicht nichts von diesen Ablegern?)
Kontrollen werden immer schwieriger
Seit Jahren verfolgen wir schon mit Staunen, mit welcher Kreativität die Finanzingenieure immer neue Instrumente basteln. Viele dieser Schöpfungen sind durchaus hilfreich, um Risiken breiter zu streuen. Aber offenkundig ist das globale Finanzsystem durch den Erfindungsreichtum nicht sicherer geworden: Die neuen Methoden erschweren die Kontrolle; und vor allem: Sie haben die Akteure zu immer waghalsigeren Engagements verleitet.
Anstand und Spielregeln gibt es in diesen Kreisen nicht mehr. Keiner bezweifelt, was in der Frankfurter Bankenszene kolportiert wird und worüber die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" dieser Tage berichtet hat: Dass die Deutsche Bank, gesteuert von ihren Londoner Investmentbankern, erst das zweifelhafte Kreditportefeuille an die IKB verkauft und treuhändisch verwaltet habe, alsdann die Kreditlinie gesperrt sowie die Finanzaufsicht informiert habe und schließlich als eine der Ersten "zu Ramschpreisen" zugriff.
Kreditausfälle und Bankenzusammenbrüche haben die Wirtschaftswelt immer schon in regelmäßigen Abständen erschüttert, sie gehören zum kapitalistischen System.
Was es in dieser Dimension bisher nicht gab, und was die aktuelle Finanzkrise so bedrohlich erscheinen lässt, das ist nicht nur die immer engere Verflechtung und die Undurchschaubarkeit der globalen Geldindustrie. Das sind vor allem die Spieler, die sich dort tummeln: Getriebene, ohne jedwede Skrupel; Zeitgenossen, für die nur die Erfolgszahlen von Belang sind.
Wettbewerbsdruck hat zugenommen
Nun zur Siemens-Korruptionsaffäre. Die Menschen, die bei den Münchnern Kraftwerke oder Telefonnetze verkaufen, sind sicher ein anderer Typus als jene, die ihr Geld bei Goldman Sachs oder dem Investmentableger der Credit Suisse verdienen. Am Landgericht Darmstadt waren jetzt zwei dieser Siemens-Herren zu besichtigen, die wegen Beihilfe zur Bestechung verurteilt wurden: bieder-deutsch, nichts Verruchtes, eher der Typus des soliden Oberstudienrats aus der Provinz.
Helle Empörung allerorten über deren und ihrer Kollegen Tun. Zu Recht. Aber: Was treibt solche Menschen von nebenan dazu, alle internen Vorschriften zu ignorieren, schwarze Kassen anzulegen und mittels Scheinrechnungen Millionen an Schmiergeldern zu überweisen?
Hier kommt wieder das Zauberwörtchen Performance ins Spiel. Aufträge müssen reingeholt werden, hochprofitable Aufträge, um die Renditevorgaben der Konzernspitze zu erfüllen. Was zählt, ist allein der Erfolg, die Mittel interessieren nicht. Und die Herren im Vorstand haben im Zweifel weggeschaut: Die Drecksarbeit sollen andere erledigen.
Was also lernen wir, vielleicht, in diesem Sommer der Affären und Krisen? Digitalisierung, Globalisierung und die Eigendynamik der Finanzmärkte treiben die Menschen in den Unternehmen mit immer höherem Tempo voran: speed, speed, speed. Der Druck steigt kontinuierlich. Wer Erfolg haben will, muss immer mehr wagen - und zuweilen riskiert er mehr als erlaubt oder vernünftig ist.
"Zwischen Profit und Moral"
Dabei ist es ja nicht einmal immer nur die nackte Gier der Gordon Gekkos, die die Unternehmenswelt in Krisen und Skandale stürzt. Natürlich, die Investmentbanker jagen zunächst einmal hinter ihren millionenschweren Bonuszahlungen her; und manch einer der Siemens-Leute soll ja der Versuchung nicht widerstanden haben, sich ein wenig selbst aus der schwarzen Kasse zu bedienen. Aber häufig geht es bei den riskanten bis kriminellen Geschäften vor allem darum, die hohen Erfolgsvorgaben zu erfüllen, wer auch immer sie setzt.
In einem kleinen, lesenswerten Buch mit dem Titel "Zwischen Profit und Moral" aus dem Jahr 2003 hat der damalige Siemens-Chef Heinrich von Pierer einen Aufsatz geschrieben, in dem der Satz zu lesen ist: "Leider ist in der öffentlichen Wahrnehmung der Eindruck entstanden, die auf Shareholder-Value getrimmte Welt der Manager führe zum Verlust tradierter Werte." Das bezog sich damals hauptsächlich auf Fälle von Bilanzfälschungen wie Enron und Worldcom. Heute, vier Jahre später, müssen wir leider konstatieren, dass der Eindruck von damals so falsch wohl nicht war; dass es vielleicht doch so etwas wie eine "systembedingte breite moralische 'Erosion'" gibt, die von Pierer damals bestritt.
An dieser Entwicklung sind viele beteiligt. Jene, beispielsweise, die dafür sorgen, dass an den Börsen nur noch in kurzen zeitlichen Dimensionen gedacht und gehandelt wird, dass kleine Misserfolge dort sofort gnadenlos mit Kursverfall abgestraft werden. Auch wir von den Medien, wenn wir die Erfolgreichen des Wirtschaftslebens zu Superstars aufbauen und wenn wir, umgekehrt, aus einem gut erklärbaren, nachvollziehbaren Ergebnisrückgang gleich einen "Gewinneinbruch" machen.
Noch einmal, zum Schluss, der ehrenwerte Heinrich von Pierer: "'Restoring trust', also die Wiederherstellung des Vertrauens in ein Wirtschaftssystem, dessen Spielregeln akzeptiert und eingehalten werden, ist das Gebot der Stunde", schrieb der Siemens-Mann 2003 in seinem Aufsatz. Wo er Recht hat, hat er Recht. Leider auch noch 2007.
Quelle : www.spiegel.de
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Washington half den Banken, die Banker nutzten die Gelegenheit und machten Kasse: Manager des Geldhauses Goldman Sachs haben nach Auszahlung der Hilfsmilliarden für die US-Finanzindustrie massiv eigene Aktien auf den Markt geworfen. Der Gesamterlös: rund 700 Millionen Dollar.
Hamburg - Vor wenigen Monaten noch drohte ihnen eine Katastrophe, doch schon jetzt hoffen Investmentbanker wieder auf satte Gewinne. Am Dienstagnachmittag präsentiert Goldman Sachs Geschäftszahlen für das zweite Quartal - und aller Voraussicht nach wird das Bankhaus wieder glänzende Geschäfte vermelden.
Doch pünktlich zum Berichtstermin stehen die New Yorker Banker wieder am Pranger: Nach Informationen der "Financial Times" (FT) haben Goldman-Führungskräfte rund 700 Millionen Dollar mit Aktienverkäufen verdient, während die Bank kurz zuvor nur dank Staatshilfen vor dem Zusammenbruch gerettet wurde. Das gehe aus Mitteilungen an die US-Börsenaufsicht SEC hervor, schreibt die Zeitung.
Die Aktiendeals könnten Folgen haben. Nach Auffassung der "FT" würden die ungewöhnlichen Verkaufsaktivitäten zu Unmut bei US-Regierung und Kongressabgeordneten führen.
Dem Bericht zufolge geht es um Verkäufe von Goldman-Aktien nach dem Zusammenbruch des Konkurrenten Lehman Brothers im September des vergangenen Jahres. Damals habe die Bank von rund zehn Milliarden Dollar Staatshilfe profitiert. Gleichzeitig verkauften Goldman-Manager nach Informationen der "FT" Aktien im großen Stil. In einer vergleichbaren Periode von September 2007 bis April 2008 war das Verkaufsvolumen dagegen wesentlich geringer: Nach Angaben der Zeitung veräußerten Führungskräfte damals lediglich Aktien im Wert von 438 Millionen Dollar. Dabei habe der Aktienkurs weit höher gelegen.
Das Finanzinstitut lehnte eine Stellungnahme zu den Verkäufen ab. Ein Sprecher habe lediglich darauf hingewiesen, es sei üblich, dass führende Mitarbeiter von Goldman zum Teil mit Aktien entlohnt würden. Sie würden die Anteile verkaufen, um ihre Anlagen breiter zu streuen und Risiken zu mindern.
In den vergangenen Wochen hatte es außerdem immer wieder Gerüchte über hohe Bonuszahlungen der Bank gegeben - die von Goldman Sachs allerdings energisch dementiert wurden. Die Zahlungen sind in der Finanzbranche inzwischen umstritten. Der G-20-Gipfel im April hatte eine Beschränkung der Millionenanreize beschlossen. Schwindelerregende Ausschüttungen gelten als einer der Gründe dafür, dass Banker in den vergangenen Jahren extrem riskante Geschäfte tätigten - und so die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise auslösten.
Dennoch sind die Finanzkonzerne offenbar zu keiner Kurskorrektur bereit. Die Banken wollen sich Beschränkungen entledigen, die mit der Annahme der Gelder aus dem Bankenrettungsfonds TARP einhergehen - etwa die Begrenzung bei der Zahlung von Managerboni.
Um den staatlichen Kontrollen und strikteren Auflagen zu entgehen, hat die US-Geldindustrie bereits im Juni gewährte Staatshilfen in großem Umfang zurückgezahlt. Allein die Bank JP Morgan Chase erstattete nach eigenen Angaben 25 Milliarden Dollar zurück. Morgan Stanley und Goldman Sachs überwiesen jeweils zehn Milliarden Dollar, US Bancorp 6,6 Milliarden, American Express 3,39 Milliarden und die BB&T Corporation 3,1 Milliarden Dollar.
Quelle : www.spiegel.de (http://www.spiegel.de)
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Nasdaq 5133 Punkte, Nemax 9666 Punkte – an einem Freitag im März heute vor zehn Jahren erreichte die Dotcom-Blase ihre maximale Ausdehnung. Hunderte von Firmen, die auf dem Papier Milliarden "wert" waren, obwohl ihre Inhaber "schwarze Zahlen" nur vom Hörensagen kannten, sonnten sich in der Gunst der Anleger. Jeder wollte mit dem Pürzel in den Talerseen schwimmen wie weiland Dagobert Duck. Die Börsenindizes hatten sich in zwei Jahren verzehnfacht, ein Ende der Rallye wollte niemand sehen. Am Montag nach dem Gipfelsturm entwich die heiße Luft, der große Ausverkauf begann. Was übrig blieb, wer überlebte, backte fortan kleine Brötchen im Web 1.0.
Vor zehn Jahren endete die Kunst, mit großem Blafasel über Geschäftsmodelle im Internet den Anlegern das große Geld für "Startups" aus der Tasche zu ziehen. Eine Woche nach dem Allzeithoch zum Börsenschluss am Freitag, 10. März 2000, befanden sich die Kurse vieler Dotcoms im freien Fall. Noch im Dezember 1999 hatte ein Investor "Business.com" für 8 Millionen US-Dollar gekauft. Der Business-"Plan": den Namen bis Ende März für 30 Millionen zu verscherbeln.
Junge Unternehmen, die das für unermesslich gehaltene wirtschaftliche Potenzial des Internets mit scheinbar soliden Plänen ausschöpfen wollten, konnten sich nicht mehr halten. Nach anderthalb Jahren mussten die britisch/schwedischen Newcomer von Boo.com ihren gar Plan begraben, Mode über das Internet zu verkaufen. In nur sechs Monaten hatte dieser "Nicht-Laden" (so die Eigenwerbung) 188 Millionen US-Dollar verbraten. Etliche der verschwendeten Taler kamen von der Deutschen Post, die das Mode-Versandhaus der Welt werden wollte.
300 Millionen US-Dollar "verschwanden" mit Pets.com, dem Versuch, Tierfutter über das Internet zu verkaufen. Noch zum Super-Bowl des Jahres 2000 gab die Firma 1,2 Millionen US-Dollar für eine wenige Sekunden dauernde Werbung aus und schaffte als letzte der Dotcom-Gründungen den Börsengang im Februar 2000. Im November 2000 dann das Aus, als einem Werbebudget von etwa 12 Millionen US-Dollar Einnahmen von 619.000 US-Dollar gegenüberstanden. Ähnlich erwischte es Webvan beim Versuch, Obst und Gemüse über das Netz zu vertickern. Zu den spektakulären US-Pleiten gehörten noch Govworks mit 160 Millionen Dollar Schmelzkapital und der Absicht, Parkscheine via Internet auszugeben sowie Flooz, das "Internet-Geld".
In Deutschland ist die Dotcom-Blase ganz wesentlich mit der T-Aktie verbunden. Zwar startete der Börsengang der deutschen Telekom mit der "Volksaktie" bereits im Jahre 1996, doch der Verkauf von 200 Millionen T-Aktien im Jahr 2000 stand ganz im Lichte der wilden Dotcom-Phantasien: vor zehn Jahren notierte die T-Aktie mit 100 Euro. Deutsche Anleger glaubten, mit der T-Aktie sehr reich werden zu können und verkauften das aufgeblasene Papier viel zu spät: vom deutschen Dotcom-Boom profitierte der Staat, der anno 2000 an der Börse 13 Milliarden Euro einnahm. Heute notiert das Papier unter zehn Euro.
Insgesamt wechselten über die Startup-Firmen des Nemax 200 Milliarden Euro den Besitzer oder "lösten sich in Luft auf", wie dieser Vorgang von staunenden Wirtschaftsjournalisten gerne beschrieben wird. Die deutschen Dotcom-Pleiten waren vielleicht nicht so spektakulär wie die amerikanischen, dafür erwischte es die deutsche Wirtschaft gründlicher. Zu den Stars unter den Pleitiers gehörten Firmen wie Brokat, Gigabell oder Infomatec – letztere mit einem satten Konkursbetrug, der Rechtsgeschichte schrieb.
Im Vergleich zu den USA wurde die deutsche Dotcom-Blase stark von kriminell agierenden Unternehmern geprägt, wie der Fall Biodata ("Weltmarktführer") zeigte, das zwar einen hauptberuflichen Philosophen für angewandte Lebensführung beschäftigte, aber ganz unethisch Code klaute und ebenfalls die Gerichte beschäftigte, wie auch die Dotcom-Starfirma Comroad. Zur Pflichtlektüre in diesen Zeiten gehörte das legendäre Fuckedcompany.com, das tägliche Wasserstandsmeldungen aus den Sümpfen der US-New-Economy lieferte. Für deutsche Startups leisteten wachsame Sentinels bei der inzwischen umfirmierten Berliner Hausfrauengründung Dotcomtod einfühlsame Sterbebegleitung.
Natürlich gab es auch Firmen, die die turbulente Zeit überlebten, wenn auch selten als eigenständiger Betrieb. Erwähnenswert die Firma Consors, gestartet als "Turnschuh-Banker" aus Nürnberg mit dem Slogan "Die Schnellen schlagen die Langsamen". Ehemalige Dotcom-Stars wie Pixelpark haben sich über die Jahre einigermaßen berappelt, andere wie ID Media ereilte die Insolvenz erst spät. Zu den Überlebenden darf auch Intershop gezählt werden, die Jenaer Firma, die mit einem ständigen Strom von Krisenmeldungen der Liebling von heise online geworden ist. Man gönnt sich ja sonst nix.
Quelle : www.heise.de
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Gegen mehr als 280 Banken in Deutschland hat das Bundeskartellamt Ermittlungen wegen Verdachts auf Wettbewerbsbeschränkung, verbotener Diskriminierung und Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung eingeleitet.
Geprüft wird, ob die Banken bei Bargeldabhebung an fremden Geldautomaten überhöhte Gebühren von den Kunden oder anderen Banken verlangen. "Dem Bundeskartellamt liegen Beschwerden von Personen und Kreditinstituten über die Höhe der Entgelte vor", sagte ein Kartellamtssprecher der Wirtschaftszeitung Euro am Sonntag für die heute erscheinende Ausgabe. "Diese Beschwerden werden geprüft." Die Beschlussabteilung habe zur Aufklärung des Sachverhalts Fragebögen an mehr als 280 Institute verschickt, so der Sprecher.
Die Ermittlungen betreffen sowohl bundesweit als auch regional tätige Banken und private Institute ebenso wie Sparkassen und Genossenschaftsbanken. Bis Ende März solle entschieden werden, ob ein formelles Verfahren eingeleitet wird. Das Thema ist auch Gegenstand eines Spitzengesprächs, zu dem der Verbraucherschutzausschuss des Bundestags am 17. März Bankenrepräsentanten nach Berlin geladen hat. Michael Goldmann (FDP), Vorsitzender des Ausschusses, schloss gegenüber der Zeitung eine gesetzliche Regulierung nicht aus: "Ich will nicht gleich die Gesetzeskeule schwingen. Fakt ist aber, dass im Interesse der Verbraucher schnell gehandelt werden muss."
Quelle : www.heise.de
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Die Investmentbank soll in großem Stil Anleger hinters Licht geführt haben
Wie gestern bekannt wurde, wirft die US-Börsenaufsicht SEC der Investmentbank Goldman Sachs vor, absichtlich Anleger betrogen zu haben. Danach pries das Bankhaus im Jahr vor dem Ausbruch der Finanzkrise Abacus 2007-AC1 benannte hypothekengedeckte Anleihen, so genannte CDOs an, verschleierte aber dabei, dass es mit dem Hedgefonds-Manager John Paulson zusammenarbeitete – einem Mann, die auf ein "Wipeout-Szenario" wettete und die undurchschaubaren Anlagen auf entsprechend wertloser Grundlage zusammenstellte.
Paulsons Rechnung ging auf und die Papiere verloren binnen neun Monaten 99 Prozent ihres Werts. Bei den Machenschaften entstand den Anlegern angeblich ein Schaden von über einer Milliarde Dollar, der zum allergrößten Teil in die Taschen des Hedgefonds-Managers floss. Unter den Opfern befand sich auch die deutsche IKB, die dabei unbestätigte 150 Millionen Dollar verloren haben soll. Bei Goldman Sachs bestreitet man die Vorwürfe, will sich aber nicht zu Details äußern.
Der Obama-Administration und der Demokratischen Partei kommt die 22seitige Klageschrift, die das Geschäftsgebaren, das in die Finanzkrise führte, noch einmal eindringlich vor Augen führt, zum jetzigen Zeitpunkt nicht ungelegen. Beide wollen nämlich nach der verabschiedeten Gesundheits- auch die versprochene Finanzmarktreform angehen, wogegen sich nicht nur Banken, sondern auch Republikaner sträuben. Letztere zeigten sich aber auch nach dem Bekanntwerden der Vorwürfe unbeeindruckt und wollen weiter geschlossen gegen die so genannte Dodd Bill stimmen.
Quelle : http://www.heise.de/tp/
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Die Klage der SEC gegen Goldman Sachs dürfte eine Welle an Schadenersatzklagen auslösen und könnte dafür sorgen, dass sich der US-Kongress zu harten Regulierungsmaßnahmen durchringt
Der Wall Street stehen entscheidende Tage bevor. Denn diese Woche beginnen auch die Kongress-Anhörungen zum so genannten Valukas-Report zur Lehman-Pleite, mit dem die Demokraten eine härtere Regulierung der Finanzmärkte durchsetzen wollen. Insofern verwundert nicht, dass die US-Börsenaufsicht SEC gerade letzten Freitag überraschend die größte und mächtigste Investmentbank Goldman Sachs unter Anklage gestellt hat. Denn trotz der gewaltigen Summen, die die Wall-Street-Lobbyisten zuletzt eingesetzt hatten, um unangenehme Regulierungen zu unterbinden oder zu verwässern, scheinen viele Demokraten noch immer einen gesetzlichen Paukenschlag setzen zu wollen, der an die scharfen Finanzmarktregulierungen nach dem Crash von 1929 herankommt.
Und während sich Staatsdiener von Finanzminister Geithner und Notenbankchef Bernanke abwärts nun unangenehme Fragen gefallen lassen müssen, droht Investmentbanken wie Goldman nichts weniger als eine massive Beschränkung ihrer hauptsächlichen Profitquellen im Eigenhandel und im Derivativgeschäft.
Die traditionell Finanzmarkt freundlichen Republikaner, die jede demokratische Gesetzesinitiative niederstimmen, konnten schon im Board der SEC nicht verhindern, dass Goldman unter Anklage gestellt wird und wurden von der demokratischen Mehrheit mit drei zu zwei überstimmt. Und was da in der Anklageschrift und im Valukas-Report (Was führte zur Lehman-Pleite?) an pikanten Details herauskam, scheint nun auch einige Republikaner zu einem Umdenken in Hinsicht auf die "Selbstregulierung" der Märkte veranlasst zu haben, zumindest beobachten das Bloomberg TV und CNBC.
mehr ... (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/32/32487/1.html)
Quelle : http://www.heise.de/tp/
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Der Franzose Kerviel soll fünf Jahre in Haft und fast fünf Milliarden Euro zurückzahlen
Der französischen Société Générale ist es heute in Paris gelungen, die Verantwortung für das verantwortungslose Geschehen in dem Institut vor Gericht ganz auf den Ex-Wertpapierhändler Jérôme Kerviel abzuschieben. Der Bretone soll allein, in Unkenntnis aller Kontrollinstanzen, vor zwei Jahren mit Börsenspekulationen im Umfang von rund 50 Milliarden Euro die Bank an den Rand des Ruins gebracht und den größten Bankenskandal in Frankreich ausgelöst haben. Dafür soll Kerviel nun fünf Jahre in Haft, zwei davon auf Bewährung, und er soll 4,9 Milliarden Euro Schadensersatz leisten. Er wurde wegen Vertrauensmissbrauchs, Betrugs und Computerbetrugs schuldig gesprochen.
Dass es sich um ein "sinnloses" Urteil handelt und das Strafmaß "außerordentlich" sei, wie sein Anwalt erklärt, dafür gibt es tatsächlich etliche Hinweise. Der Staranwalt Anwalt Olivier Metzner hatte auf Freispruch plädiert und wird das Urteil anfechten, weshalb Kerviel, der fast fünf Wochen in Untersuchungshaft verbracht hat, zunächst auf freiem Fuß bleibt. Doch dass die Bank nichts von den Vorgängen gewusst und sie nicht einmal stillschweigend geduldet habe, darf doch ernsthaft bezweifelt werden. Es scheint, dass hier ein Bauernopfer abgeurteilt wurde.
Das Gericht hat nur Mängel in den Überwachungsprozessen der Société Générale kritisiert. Doch kann man es Mängel nennen, wenn ein Broker zeitweise mit 50 Milliarden Euro auf steigende Kurse, auch des deutschen Leitindex Dax, wettet? Dabei hatte die gesamte Abteilung, in der Kerviel tätig war, ein Limit von 125 Millionen Euro. 50 Milliarden sind zudem 150 Prozent des gesamten Eigenkapitals der Bank. Das soll er also eingesetzt haben, ohne dass das jemandem aufgefallen sein soll.
Wenn die Kontrollen tatsächlich so schwach waren, sollte man annehmen, dass auch die Bank eine wesentliche Schuld trifft. Stimmt das, würde es ein noch dramatischeres Bild über die Vorgänge in den Finanzinstituten werfen, als man es ohnehin schon gewöhnt ist. So zum Beispiel, wenn an Pleitebanken, wie im Fall der Lehman Brothers, von der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW) noch schnell 300 Millionen Euro überwiesen werden. Ein guter Teil davon sind wohl für immer verloren.
Ohnehin war Kerviel mit 50.000 Euro Jahreseinkommen bei der Societé General ein kleines Licht. Auch seine Boni fielen, trotz der riesigen Gewinne, die er über Jahre mit seinen Wetten für die Bank gemacht hatte, deutlich bescheidener aus, als die, die sich Banker gewöhnlich gewähren. Doch auch hier wollen die, die eigentlich die Verantwortung haben, sie nicht tragen. Dabei brachte das Jonglieren mit den Riesensummen seinem Chef deutlich mehr ein. Der Société Générale-Vorstand Daniel Bouton musste zwar vier Monate nach der Affäre seinen Hut nehmen, doch ohne Sonderleistungen ist sein Lebensabend mit 730.000 Euro jährlich weich abgefedert, ohne Sonderleistungen versteht sich. Ihm hätten die Spielereien zudem 300.000 Euro eingebracht, wären sie nicht aufgefallen. Aufgeflogen sind die Wetten nur, weil sich auch das Institut über die US-Krise mit schlecht abgesicherten Subprime-Krediten verspekuliert hatte. Als die Krise nach Europa schwappte forderte die Banque de France eine detaillierte Auflistung der Positionen auch von der Société Générale, womit das gefährliche Spiel aufflog.
Dass sich aus der fehlenden Kontrolle eine große Verantwortung der Bank oder der Chefs ableitet, wollte der vorsitzende Richter Dominique Pauthe aber nicht sehen: "Mit seinen vorsätzlichen Handlungen setzte er die Existenz der Bank aufs Spiel, die 140.000 Menschen beschäftigte, von der er ein Teil war, und deren Zukunft bedroht war", erklärte er. Er folgte damit der Argumentation der Staatsanwaltschaft. Staatsanwalt Philippe Bourion hatte auf die Hinweise auf das "laissez faire" in der Bank entgegnet, ein Dieb könne auch nicht erklären, der Geschädigte sei mitschuldig, weil er keinen Wachhund und keine Alarmanlage habe. Dass dieser Vergleich mehr als hinkt, ist klar.
Kerviel wurde zum Beispiel keine persönliche Bereicherung vorgehalten. Logisch weiter gedacht, sind also in Zukunft in Frankreich die Beschäftigten für alle Schäden verantwortlich, die sie über ihre Firma anrichten, auch wenn es keinerlei Kontrolle für ihr Tun gibt. Wäre also ein Arbeiter eines Atomkraftwerks für den Supergau verantwortlich, weil er versehentlich im Kontrollraum einen Schalter berührt hat, danach alle Notfallelemente ausfallen und es zur Kernschmelze kommt, obwohl der Arbeiter ohnehin nie in Kontrollbereich hätte gelangen dürfen?
Kerviel, der nun als Informatiker in einem Kleinbetrieb arbeitet, wird den Schaden niemals zurückzahlen, dass weiß auch die Bank, die vor allem die Verantwortung von sich weisen wollte. Er verdient nun monatlich 2.300 Euro. Er müsste also knapp 180.000 Jahre arbeiten, ohne einen Cent für sich zurückzubehalten, um den Schadensersatz zu leisten. Die Bank kam dagegen wegen der fehlenden Kontrolle recht glimpflich weg. Sie musste vier Millionen Euro an die Bankaufsicht zahlen.
Quelle : http://www.heise.de/tp/