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Info Corner / Internet-via-Sat, Datendienste / IPTV / Videoportale / Internet TV & Radio => # WWW, Telefon, Provider & Co => Thema gestartet von: SiLæncer am 23 April, 2007, 16:59

Titel: EU-Parlament: Tauschbörsen-Nutzern drohen Haftstrafen
Beitrag von: SiLæncer am 23 April, 2007, 16:59
Proteste gegen EU-Richtlinie zum geistigen Eigentum

Am Mittwoch den 25. April 2007 könnte das EU-Parlament die umstrittene zweite Richtlinie zur Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte (IPRED2) verabschieden. Damit drohen auch für nicht kommerzielle Urheberrechts- und Patentverletzungen Haftstrafen. Die Electronic Frontier Foundation ruft zu Protesten in letzter Minute auf.
Am heutigen Montag den 23. April 2007 berät das EU-Parlament über die Frage der Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte. Die Beratung dient der Vorbereitung der Abstimmung über den von der EU-Kommission vorgelegten Richtlinienentwurf "COM(2005)276 final" (Proposal for a European Parliament and Council Directive on criminal measures aimed at ensuring the enforcement of intellectual property rights), die für den 25. April 2007 angesetzt ist.

Zur Rechtfertigung des Richtlinien-Entwurfs verweist die EU-Kommission neben dem Kampf gegen Piraterie und Organisiertes Verbrechen, den Schutz der Verbraucher vor gefährlichen Produktfälschungen und die Notwendigkeit der Harmonisierung von nationalen Strafrechtsvorschriften auf Artikel 17 (2) der EU-Grundrechtecharta, der den Schutz des geistigen Eigentums zum Inhalt hat: "Geistiges Eigentum wird geschützt". Die Berücksichtigung des öffentlichen Interesses ist in Artikel 17 (2) nicht ausdrücklich vorgesehen. Das Max-Planck-Institut für geistiges Eigentum weist in seiner Stellungnahme zu den EU-Plänen darauf hin, dass "ein unbegrenzter Schutz den Verpflichtungen aus dem TRIPS-Abkommen widersprechen würde, die ebenfalls fordern, das Interesse der Öffentlichkeit zu berücksichtigen".

Sollte die Richtlinie in der vorliegenden Fassung verabschiedet werden, würden in Zukunft auch im privaten Rahmen stattfindende Verletzungen von Urheber- oder Patentrechten als Verbrechen bestraft werden können. Darüber hinaus ist in Artikel 3 des Richtlinien-Entwurfs vorgesehen, "den Versuch, die Beihilfe, die Aufforderung oder Verleitung zu solchen Verletzungshandlungen" unter Strafe zu stellen. Als Abgrenzungskriterium zu nicht strafwürdigen Handlungen dient der EU-Kommission dabei die Formulierung "in gewerbsmäßigem Umfang" ("on a commercial scale") und der Verweis auf die Bedeutung dieser Formulierung im TRIPS-Abkommen ("Übereinkommen über handelsbezogene Aspekte der Rechte des geistigen Eigentums") von 1994 vor. Somit käme es nicht mehr auf eine Gewinnerzielungsabsicht an, um eine Verletzungshandlung zur Straftat zu machen.

Kritiker wie der britische Wissenschaftler Ross Anderson weisen darauf hin, dass durch solche vagen Formulierungen der Wettbewerb geschädigt, das Wirtschaftswachstum behindert und der Zensur Vorschub geleistet werden wird. Besonders gefährdet seien britische und europäische Software-Hersteller und Open-Source-Entwickler und -Anwender. Mit dem IPRED2-Entwurf wird der "historische Kompromiss zum Reverse-Engineering unterminiert", so Anderson. "Für neue, innovative Unternehmen wird es schwerer werden, existierende Software-Hersteller herauszufordern oder auch nur komplementäre Produkte anzubieten." Und auch Wissenschaftler sieht Anderson bedroht: "Akademiker veröffentlichen oft Aufsätze vorab auf ihren Websites. Technisch gesehen ließe sich daraus eine Urheberrechtsverletzung 'in gewerbsmäßigem Umfang' machen, sollte ein Verlag den Artikel später in einer Fachzeitschrift veröffentlichen, die solche Vorabveröffentlichungen verbietet".

Unter der Überschrift "Copy Crime" ruft die EFF Europe zu Protestaktionen in letzter Minute auf. Die Bürger Europas sollten sich an ihre Abgeordneten im EU-Parlament wenden und diese auffordern, dem Richtlinien-Entwurf nicht zuzustimmen. Auch eine Online-Petition soll dazu beitragen, den Protest wirksam zu kanalisieren.

Derweil hat ein Bündnis aus dem Förderverein für eine freie Informationelle Infrastruktur (FFII), der EFF, dem Europäischen Verbraucherverband und dem Europäischen Bibliothekenverband konkrete Vorschläge zur Überarbeitung des Richtlinien-Entwurfs unterbreitet, die auf der Copy-Crime-Website eingesehen werden können.

Quelle : www.golem.de
Titel: Re: EU-Parlament: Tauschbörsen-Nutzern drohen Haftstrafen
Beitrag von: SiLæncer am 25 April, 2007, 16:00
EU-Parlament schränkt Strafrechtssanktionen zum Schutz geistigen Eigentums ein

Das EU-Parlament in Straßburg hat sich heute in erster Lesung mehrheitlich für eine EU-Richtlinie zu strafrechtlichen Sanktionen zum Schutz geistigen Eigentums (IPRED2) ausgesprochen. Allerdings wurde der von der EU-Kommission vorgelegte Vorschlag in mehreren Punkten zurückgestutzt. Urheberrechtsverletzungen, die im persönlichen und nicht auf Gewinn abzielenden Bereich vorkommen, wurden beispielsweise von Strafrechtssanktionen ausgeschlossen. Patente sollen anders als bei den 2004 verabschiedeten zivilrechtlichen Maßnahmen (IPRED1) nicht erfasst werden. Im mehrheitlich beschlossenen Positivkatalog der von den Strafrechtsmaßnahmen erfassten geistigen Eigentumsrechte ist neben dem klassischen Urheberrecht auch der Schutz von Datenbanken, Halbleitertopographien, Markenrechten- und Geschmacksmusterrechten, geographischen Herkunftsbezeichnungen und Firmennamen eingeschlossen.

Bei der Free Software Foundation ist man trotz der Einschränkungen nicht beruhigt über die möglichen Effekte der geplanten Richtlinie, die hohe Geld- und Gefängnisstrafen für Verletzer geistiger Eigentumsrechte vorsieht – im Parlament wurde vor allem gegen die Fälschung von Arzneimitteln gewettert. "Wir hatten allerdings auf eine stärkere Einschränkung bei den Tatbeständen Beihilfe und Anstiftung gehofft," sagte Ciaran O'Riordan von der Free Software Foundation Europe unmittelbar nach der Abstimmung. Dadurch könnten Dritte, auch Provider, erneut in die Verantwortung genommen werden, fürchten die Kritiker. Auch bei der Einschränkung hinsichtlich der Verletzung durch Privatnutzer bleibt O'Riordan skeptisch: Streng ausgelegt könnte etwa der Tausch von urheberrechtlich geschütztem Material unter Freunden als nicht mehr schlicht persönliche Nutzung definiert werden. Auch beim Reverse Engineering von Software sei man in einer "Grauzone".

"In der vorliegenden Form nach wie vor eine Katastrophe" ist das Gesetz nach Ansicht von Julian Finn vom Netzwerk Freies Wissen/Fairsharing Network. "Begriffe wie 'Piraterie' und 'gewerbliche Nutzung' sind nach wie vor nicht ausreichend definiert," kritisierte Finn. Wie O'Riordan sieht auch er das Damoklesschwert des Strafrechts über Filesharern baumeln.

Auf jugendliche Filesharer haben es viele Parlamentarier aber nach ihren Aussagen gerade nicht abgesehen. Das betonten verschiedene Redner bereits in der Debatte am Montagabend. Vielmehr geht es laut dem federführenden Berichterstatter Nicola Zingaretti um Piraterie in großen Stil, insbesondere in der Verbindung mit organisierter Kriminalität. Einen Änderungsantrag, der im Richtlinientext explizit auf die organisierte Kriminalität und besonders schwerwiegende Fälle verweisen sollte, wurde allerdings am heutigen Mittwoch in Straßburg nicht angenommen. Man hoffe letztlich auf die nationalen Parlamente für eine klare Präzisierung und Einschränkung der Reichweite, erklärte Finn.

Die Kritiker hoffen überdies nach wie vor, dass der Ministerrat sich gegen die Richtlinie ausspricht, liefert sie doch einen Präzedenzfall für die Anwendung des Strafrechts durch die EU. Die Regierungsvertreter könnten hier, so die Hoffnung der Kritiker, nationale Souveränität reklamieren. Überdies sieht O'Riordan bei der zweiten Lesung durchaus bessere Chancen für einen von den Grünen eingebrachten Antrag, der die Notwendigkeit der Richtlinie komplett in Frage stellt. Die Idee, dass man auf eine EU-weite Harmonisiserung von Strafen gegen Verletzer geistiger Eigentumsrechte verzichten könne, habe erst in den letzten Tagen vor der heutigen Abstimmung noch Raum gewonnen, meint O'Riordan. Die Nicht-Regierungsorganisationen (NGOs) wollen für diese Sichtweise bis zur zweiten Lesung weiter werben.

Malte Spitz vom Bundesvorstand von Bündnis 90/Die Grünen in Berlin schloss sich der Kritik der NGOs mit Blick auf die Gefahr einer Kriminalisierung privater Filesharer an. "Während in Berlin gerade noch über die erste Richtlinie verhandelt wird, hat sich das Europaparlament heute fatalerweise dem Lobbydruck gebeugt und der zweiten Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzbarkeit von geistigen Eigentumsrechtsverletzungen zugestimmt", kritisierte Spitz. Gleichzeitig sei die Regelung ein klarer Angriff auf den IT-Standort Europa, da Dritte durch die Richtlinie strafrechtlich verfolgt und haftbar gemacht werden könnten.

Quelle : www.heise.de