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Info Corner / Internet-via-Sat, Datendienste / IPTV / Videoportale / Internet TV & Radio => # News diverses ... => Thema gestartet von: spoke1 am 05 November, 2006, 12:40

Titel: Gericht verurteilt Hussein zum Tod durch den Strang
Beitrag von: spoke1 am 05 November, 2006, 12:40
BAGDAD

Ein Sondergericht in Bagdad hat den irakischen Ex-Diktator Saddam Hussein zum Tode durch den Strang verurteilt. In dem Prozess musste sich Hussein gemeinsam mit sieben anderen Angeklagten für das Massaker in der Stadt Dudschail verantworten, bei dem 1982 rund 150 Menschen ermordet wurden.

Bagdad - "Lang lebe die Nation!", "Tod ihren Feinden!", "Fahren Sie zur Hölle mit ihren Gesetzen und Paragrafen", brüllte Hussein von dem Moment an, als die Verlesung des Urteils begann. Zuvor musste der irakische Ex-Diktator schon gezwungen werden aufzustehen. In der linken Hand den Koran beschimpfte Hussein dann den Richter bis zum Ende der Urteilsbegründung. Der las, die Augen ständig auf seinem Dokument, mit lauter Stimme weiter ohne sich unterbrechen zu lassen. "Nun bringen Sie ihn hinaus", endete der Jurist. Ein BBC-Reporter berichtete später, Hussein sei an ihm vorbeigeführt worden und habe gelächelt - offenbar weil der Ex-Diktator diesen Auftritt lange vorbereitet habe.

Hussein auf der Anklagebank: Beschimpfte das Gericht noch am letzten Tag
Hussein solle wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit gehängt werden, so lautet das Urteil. Das Urteil bezieht sich auf ein Massaker von 1982 in der nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Dudschail, in der damals 148 Schiiten getötet wurden, offenbar als Vergeltung für einen Attentatsversuch auf Saddam Hussein. Seien Anwälte haben nun 30 Tage Zeit, Berufung gegen das Urteil einzulegen.

Neben Hussein mussten sich sieben weitere Angeklagte in dem Prozess für die unmenschlichen Verbrechen in Dudschail verantworten. Der frühere Vorsitzende des irakischen Revolutionsgerichts, Awad Hamed al-Bandar, sowie Husseins Halbbruder, Barsan Ibrahim, wurden ebenfalls zum Tode durch den Strang verurteilt. Der einstige Vize-Präsident Taha Jassin Ramadan muss lebenslänglich ins Gefängnis. Drei weitere Angeklagte wurden wegen Mordes und Folter schuldig gesprochen und zu bis zu 15 Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte Mohammed Asawi Ali wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen.

Bis zur Vollstreckung können Monate vergehen

Mit dem Todesurteil gegen den einstigen irakischen Machthaber wird automatisch ein Berufungsverfahren eingeleitet. Für die Prüfung zuständig sind die neun Richter der Berufungskammer des im Dezember 2003 eingerichteten Sondertribunals. Die Berufung kommt aber eher einer Revision gleich: Geprüft werden Urteil und Strafmaß auf mögliche Verfahrensfehler oder Gesetzesverletzungen.

Sollten die Richter auf Fehler stoßen, wird der Prozess neu aufgerollt. Sollten sie aber das Urteil bestätigen, muss es nach den Statuten des Tribunals binnen 30 Tagen vollstreckt werden. Bis zur Antwort der Richter könne es "zwei Wochen, aber auch zwei Monate dauern", sagt Chefankläger Dschaafar el Mussawi. Laut den Statuten sind die überprüften Urteile des Tribunals endgültig: Nicht einmal der Präsident kann die Todesstrafe umwandeln oder Verurteilte begnadigen.

Hussein machte den Prozess teilweise zur Farce

Während des rund einjährigen Prozess war es Hussein streckenweise gelungen, nochmals das Bild des "großen Führers" hervorzukehren: Mit unglaublicher Arroganz bügelte er die Richter ab, immer wieder provozierte er Unterbrechungen und nutzte den Gerichtssaal als Tribüne für seine Auftritte - stellenweise geriet das Verfahren zur Farce. Doch selbst seine Tobsuchtsanfälle konnten gegen die bewegenden Aussagen der Zeugen nichts ausrichten.

Nach und nach wurde er ruhiger - und wurde auch der Prozess geriet angesichts des alltäglichen Terrors auf den Straßen Bagdads in den Hintergrund des öffentlichen Interesses. Die eigentliche Verhandlung war schließlich im Juli nach neunmonatiger Dauer mit den Plädoyers der Pflichtverteidiger abgeschlossen worden.

Folgen für den Irak unklar

Die Folgen, die das jetzt gefällten Urteils gegen Hussein für den Irak haben wird, sind vollkommen unklar. Manche Experten erklärten im Vorfeld, dass die Spaltung des Iraks weiter vertieft und das Klima der Gewalt angeheizt werde. Sunnitische Extremisten dürften ihre Angriffe erheblich verstärken, da Saddam Hussein bei ihnen immer noch ein hohes Ansehen genießt. Andere Experten wiesen darauf hin, dass die Zahl der Anhänger Husseins keiner kenne. Unter Schiiten sei der frühere Machthaber verhasst, und auch die sunnitischen Aufständischen stünden nicht geschlossen hinter ihm. Ein BBC-Reporter berichtete nach der Urteilsverkündung, nahe Bagdad sei es in einem sunnitischen Gebiet bereits zu Ausschreitungen kommen.

Aus Furcht, die Lage in Bagdad könnte nach dem Urteil gegen den Ex-Diktator Saddam Hussein vollkommen außer Kontrolle geraten, hat die Regierung für heute eine Ausgangssperre in Bagdad und mehreren Provinzen verhängt. Zuvor war bereits ein Fahrverbot verhängt und die Armee in Alarmbereitschaft versetzt worden. Auch der Flughafen in Bagdad wurde für unbestimmte Zeit geschlossen.

Nur einer von zahlreichen Prozessen

Der Dudschail-Prozess war der erste Prozess, der gegen Hussein eröffnet worden war - und obwohl die dort verhandelten Verbrechen schon zum Todesurteil führten, sind sie nur ein Teil einer langen Liste. In einem zweiten Prozess, der im August begann, stehen jene Kriegsverbrechen im Mittelpunkt, die die irakischen Streitkräfte unter Husseins Herrschaft der Anklage zufolge 1987 und 1988 im nördlichen Kurdengebiet begingen. Bei der so genannten "Operation Anfal" wurden damals Tausende Dörfer zerstört und zwischen 50.000 und 100.000 Kurden getötet.

Auf der Anklagebank sitzt in diesem Prozess Husseins Cousin Ali Hassan al-Madschid, dessen zynischer Spitzname "Chemie-Ali" lautet. Der Prozess solle auch im Falle eines früheren Todesurteils für Hussein fortgesetzt werden, erklärte Experten vor der heutigen Gerichtssitzung. Auch wegen der Verfolgung und Ermordung von Regimegegnern, wegen der Besetzung Kuwaits und wegen des Kriegs gegen den Iran von 1980 bis 1988 waren Prozesse gegen Hussein angestrebt worden.

ase/AP/AFP/dpa/Reuters

Quelle: http://www.spiegel.de/politik/ausland/0,1518,446525,00.html
Titel: Reaktionen auf Urteil gegen Saddam
Beitrag von: spoke1 am 05 November, 2006, 14:23
Todesstrafe stößt im Ausland auf Kritik

Die britische Regierung hat sich zufrieden über das Todesurteil gegen Iraks Ex-Diktator geäußert. Für Italiens Ministerpräsident Prodi und andere europäische Politiker sehen die Strafe jedoch nicht mit demokratischen Prinzipien vereinbar.
 
Die internationalen Reaktionen auf das von einem irakischen Sondergericht verkündete Todesurteil gegen den früheren irakischen Diktator Saddam Hussein sind geteilt.

Die britische Außenministerin Margaret Beckett sagte am Sonntag, sie begrüße es, dass Saddam Hussein und die anderen Angeklagten für ihre Verbrechen zur Verantwortung gezogen würden. Das ehemalige irakische Regime habe gegen das Volk «abscheuliche Verbrechen» begangen.

Für den italienischen Ministerpräsidenten Romano Prodi ist das Todesurteil dagegen nicht akzeptabel. «So grausam ein Verbrechen auch sei, so wendet sich doch unsere Tradition und unsere Ethik vom Gedanken der Todesstrafe ab», sagte er im italienischen Fernsehen. Er fügte hinzu: «Natürlich verändert das (das Gerichtsurteil) nicht unsere Beurteilung des Irakkrieges.»

Prodis Mitte-Links-Lager lehnte den Irakkrieg ab. Seine Regierung hat den Rückzug aller italienischen Soldaten aus dem Irak bis zum Jahresende versprochen.

Die Regierung Frankreichs nahm das Urteil zur Kenntnis und drückte die Hoffnung aus, dass es deswegen nicht zu weiteren Spannungen im Irak komme. Außenminister Philippe Douste-Blazy erinnerte daran, dass Frankreich für die universelle Abschaffung der Todesstrafe eintritt. Paris werde zusammen mit den europäischen Partnern nach Wegen suchen, diese Position den Behörden in Bagdad deutlich zu machen, sagte er.

Führende niederländische Politiker zeigten Verständnis für die Entscheidung der Richter. Ministerpräsident Jan Peter Balkenende sagte, das Urteil passe zu der Schreckensherrschaft, die der frühere irakische Diktator ausgeübt habe. «Es wird dem gerecht, was er selbst getan hat», sagte der Christdemokrat Balkenende, Er unterstrich aber zugleich, dass die Niederlande die Todesstrafe ablehnen.

Die mitregierende rechtsliberale Partei VVD ging weiter. Ihr Abgeordneter Hans van Baalen sprach von der «einzig richtigen Strafe für jemanden, der so viele Tote auf dem Gewissen hat.» (nz)

Quelle: http://www.netzeitung.de/spezial/irak/451017.html
Titel: Re: Gericht verurteilt Hussein zum Tod durch den Strang
Beitrag von: spoke1 am 05 November, 2006, 17:43
Todesurteil für Saddam Hussein
Der irakische Ex-Präsident ist zum Tod durch den Strang verurteilt worden. Die Verteidiger legen Berufung ein. Die Schiiten jubeln, die Sunniten schwören Rache.

Die Schiiten im Irak freuen sich über den Prozessausgang.
Ein Sondertribunal in Bagdad hat den irakischen Ex-Staatschef Saddam Hussein am Sonntag zum Tod durch Erhängen verurteilt. Er wurde der Verbrechen gegen die Menschlichkeit schuldig befunden. Das Gericht gab dem durch die US Militärintervention 2003 entmachteten früheren Diktator die Hauptschuld für ein Massaker an Schiiten in Dujail, das 1982 fast 150 Tote forderte. Ebenfalls zum Tod verurteilt wurden Saddams Halbbruder Barzan al-Tikriti und der frühere Richter Awad Ahmed al-Bandar.

Anklage
Saddam Hussein und sieben Exponenten seines Baath-Regimes standen seit Oktober 2005 unter der Anklage, 1982 in einem Racheakt in dem Dorf Dujail 148 Schiiten getötet zu haben. In dem Ort war zuvor ein Anschlag auf den Präsidentenkonvoi verübt worden. Der Anklage zufolge wurden Hunderte Frauen und Kinder aus dem Ort jahrelang in Internierungslagern in der Wüste festgehalten. Die Regierung zerstörte die Palmenhaine des Dorfes und damit die örtliche Wirtschaft. So verloren die Einwohner ihren Lebensunterhalt.
Berufung und zweiter Prozess

Ex-Vizepräsident Taha Yassin Ramadan wurde zu lebenslanger Haft verurteilt. Die Staatsanwaltschaft hatte auch für ihn die Todesstrafe gefordert. Drei weitere Angeklagte wurden wegen Mordes und Folter schuldig gesprochen und zu 15 Jahren Haft verurteilt. Der Angeklagte Mohammed Asawi Ali, der damals ein Funktionär der regierenden Baath-Partei in Dujail war, wurde aus Mangel an Beweisen freigesprochen. Saddam Husseins Verteidiger hatten vor der Urteilseröffnung angekündigt, man werde Berufung einlegen. Dafür haben sie vier Wochen Zeit. Wird die Berufung abgewiesen, muss die Todesstrafe innerhalb von 30 Tagen vollstreckt werden.

Nächste Woche soll ein zweiter Prozess gegen Saddam Hussein beginnen. Dabei ist er des Völkermords an 180.000 Kurden in den Jahren 1987 und 1988 angeklagt. Auch hier droht ihm die Todesstrafe.

"Lektion für alle Verbrecher"
Ministerpräsident Nuri al-Maliki hat das Todesurteil als "Lektion für alle Verbrecher und Terroristen" bezeichnet. Er sei sehr erstaunt gewesen, dass seine Regierung von mehreren Staaten aufgefordert worden sei, Saddam freizulassen, erklärte Maliki am Sonntag in einer vorbereiteten Rede, die von arabischen Fernsehsendern live übertragen wurde. Darüber habe jedoch nur das Gericht zu entscheiden gehabt. Im Irak stehe heute niemand mehr über dem Gesetz. An die Adresse der Sympathisanten des Ex-Präsidenten in den sunnitischen Regionen sagte der schiitische Regierungschef: "Die Herrschaft Saddams und seiner Partei gehören nun endgültig der Vergangenheit an."

Jubel und Rache
Die Schiiten im Irak haben am Sonntag das Todesurteil gegen den früheren Staatschef in öffentlichen Kundgebungen bejubelt. In seiner Heimatstadt Tikrit zogen dagegen rund 1000 Sunniten durch die Stadt und drohten ihn zu rächen. Das von der Regierung verhängte Ausgehverbot für Sonntag zeigte damit nur wenig Wirkung. In Sadr City, einer schiitischen Hochburg im Nordosten von Bagdad, tanzten Jugendliche auf den Straßen und riefen: "Richtet Saddam hin!". In Bagdad waren nach der Urteilsverkündung Freudenschüsse zu hören.

Möserangriff
Bei einem Mörserangriff auf Wohnhäuser in dem vorwiegend von Sunniten bewohnten Stadtteil Adhamiya starben laut Augenzeugen mindestens 20 Menschen. Dutzend weitere Menschen wurden verletzt. Auch in Bagdad, in Mossul und Bakuba war in Erwartung des Urteils eine Ausgangssperre verhängt worden. Bei einem Angriff amerikanischer und irakischer Soldaten sind südöstlich von Bagdad mehr als 50 Aufständische getötet worden, wie die irakische Polizei am Sonntag mitteilte. Ziel des Angriffs sei ein Gebiet mit Obstplantagen in der Nähe der Stadt Madain gewesen, in dem irakische und amerikanische Einheiten wiederholt angegriffen worden seien. Es habe Informationen gegeben, wonach sie Aufständische in dem Gebiet gruppiert hätten, um bei der erwarteten Verkündung des Urteils gegen Saddam Hussein Anschläge zu verüben.

Quelle: http://www.kurier.at/nachrichten/ausland/37336.php
Titel: Re: Gericht verurteilt Hussein zum Tod durch den Strang
Beitrag von: spoke1 am 06 November, 2006, 09:37
Reaktion auf Saddam-Urteil:
Ex-UN-Diplomat nennt Prozess «Zirkus»
06. Nov 07:27

Das Verfahren gegen Saddam Hussein wird von Irak-Experten als Schauprozess gesehen. Das Urteil habe schon im vornherein festgestanden, sagten ein Wissenschaftler sowie ein ehemaliger ranghoher UN-Mitarbeiter der Netzeitung.
 
Von Timo Hoffmann

Irak-Experten haben den Prozess gegen den ehemaligen irakischen Staatspräsidenten Saddam Hussein nach dem verhängten Todesurteil scharf kritisiert. Der frühere ranghohe UN-Diplomat Hans-Christof von Sponeck sowie der Hamburger Friedensforscher Hans-Joachim Gießmann bemängelten, das Urteil habe schon beim Beginn des Verfahrens festgestanden. «Zyniker würden sagen, es sah wie ein Zirkus aus. Zweifellos sah es aber wie ein Schauprozess aus», sagte der ehemalige UN-Mitarbeiter im Irak, von Sponeck, der Netzeitung.

«Es wäre besser gewesen, den Prozess nicht in Bagdad durchzuführen. Man hätte Saddam Hussein auch nach Den Haag bringen können», den Ort des Internationalen Strafgerichtshofes, urteilte von Sponeck, der von 1998 bis 2000 für die Uno in Bagdad arbeitete. Zuletzt hatte er den Rang «Beigeordneter Generalsekretär» inne und trug die Oberverantwortung für das UN-Programm «Öl für Nahrungsmittel» im Irak.

«Kein rechtsstaatlichen Verfahren

Der Prozess und das Urteil stünden in der «Tradition der Rache in der gesamten Region», so der Ex-Diplomat. Das Todesurteil sei «keine Überraschung». Von Sponeck ist unter anderem Autor der Bücher «Ein anderer Krieg. Das Sanktionsregime der Uno im Irak» und «Irak – Chronik eines gewollten Krieges».

Auch für den Wissenschaftler Gießmann, stellvertretender Leiter des Instituts für Friedensforschung und Sicherheitspolitik an der Universität Hamburg, war das Ergebnis des Verfahrens vorhersehbar: «Es gab kaum einen Prozess in den vergangenen Jahren, wo das Urteil von Anfang an schon so feststand», so Gießmann im Gespräch mit der Netzeitung. Es bestehe zwar kaum Zweifel an der Mitschuld Saddam Husseins für die ihm zur Last gelegten Taten. «Es war aber nach unseren Maßstäben kein rechtsstaatliches Verfahren.»

Ein Sondertribunal in Bagdad hatte Saddam Hussein am Sonntag wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum Tode durch den Strang verurteilt. In dem ersten Prozess gegen ihn und sieben Ex-Funktionäre seines Regimes ging es um den Tod von 148 angeblichen Verschwörern. Diese waren 1982 in der schiitischen Kleinstadt Dudschail nach einem fehlgeschlagenen Attentat auf den damaligen Diktator hingerichtet worden.

«Ein Zeichen setzen»

Eine unterschiedliche Auffassung vertreten die beiden Experten betreffs der Folgen des Urteils für die Lage im Irak. Gewaltausbrüche erwartet von Sponeck nach dem Urteil nicht zwangsläufig. Zwar habe die bis zum Sturz Husseins im Irak regierende Baath-Partei schon vor kurzem angekündigt, bei einem Todesurteil Attacken gegen das amerikanische Militär zu intensivieren. Doch moderate Kräfte im Land dürften dies ausgleichen, vermutet der Experte. «Es wird versucht werden, ein Zeichen zu setzen, aber das wird durch inner-irakische Friedensbemühungen in jüngster Zeit neutralisiert werden.» Das von manchen Beobachtern befürchtete Auseinanderbrechen des Irak in drei Teile erwarte er nicht.

Gießmann rechnet dagegen mit einer weiteren Eskalation: «Man kann sich eine Verschärfung der Lage im Irak kaum noch vorstellen. Aber dieses Urteil wird kaum zur Befriedung beitragen.» Die radikalen Kräfte des sunnitischen Teils der Bevölkerung ließen sich von den Sicherheitsmaßnahmen der irakischen Regierung «sicher nicht davon abhalten, ihre Reaktion zu zeigen. Die Autorität der irakischen Regierung ist nicht groß genug». Entscheidend sei nach dem Urteil die Frage: «Gelingt es den radikalen Kräften, eine Märtyrerrolle Saddam Husseins zu etablieren?»


Quelle: http://www.netzeitung.de/spezial/irak/451034.html
Titel: BERUFUNG VERLOREN - Saddam soll binnen 30 Tagen gehenkt werden
Beitrag von: SiLæncer am 26 Dezember, 2006, 21:17
Iraks höchstes Berufungsgericht hat das Todesurteil gegen Saddam Hussein bestätigt und verfügt, dass er binnen 30 Tagen hingerichtet wird. Der Ex-Diktator soll durch den Strang sterben. US-Präsident Bush begrüßte die Entscheidung als "Meilenstein für das Land" - Kritiker sehen das anders.

Bagdad - Das höchste irakische Berufungsgericht entschied, dass das Todesurteil gegen den früheren Diktator Saddam Hussein Bestand haben soll. Der Vorsitzende Richter Aref Abdul Rassak al-Schahin sagte, der Verurteilte müsse nun binnen 30 Tagen gehenkt werden: "Saddam Hussein wird innerhalb dieser Zeit hingerichtet." Das Urteil könne "ab Mittwoch zu jedem Zeitpunkt" vollstreckt werden. Der Sprecher von US-Präsident Bush sprach von einem "Meilenstein für den Irak". Die Entscheidung ersetze die "Herrschaft der Tyrannei durch die Herrschaft des Rechts".

Saddam Hussein war am 5. November wegen eines Massakers an 148 Schiiten 1982 in den achtziger Jahren zum Tod verurteilt worden. Er hatte dagegen Berufung eingelegt.

Eigentlich müssen nun Präsident Dschalal Talabani und seine beiden Stellvertreter das Urteil noch unterschreiben; danach soll das Urteil innerhalb von 30 Tagen am Galgen vollstreckt werden. Doch selbst falls sie sich weigern, kündigt die irakische Justiz an, die Hinrichtung durchführen zu lassen. Raed Juhi, Sprecher des Tribunals: "Wir werden das Urteil mit der Kraft des Gesetzes durchsetzen." Der Richter sagte dazu, nach seiner Auffassung der irakischen Gesetze sei die Staatsgewalt nun zu der Vollstreckung binnen 30 Tagen verpflichtet.

Talabani ist zwar Gegner der Todesstrafe, hat aber in der Vergangenheit einen Stellvertreter mit der Aufgabe betraut, solche Urteile an seiner Stelle zu unterschreiben. Talabani ist Kurde, seine beiden Stellvertreter sind ein Sunnit und ein Schiit.

Der irakische Premierminister Nuri al-Maliki, Vertreter der schiitischen Mehrheit, hat schon den Wunsch geäußert, dass Saddam bis zum Jahresende hingerichtet werden solle. Er wurde daraufhin kritisiert, er greife dem Urteil vor.

Saddams Verteidiger reagierten auf die Entscheidung nicht überrascht. "Dies sind politische Gerichte, die mit Rechtmäßigkeit nichts zu tun haben, denn sie wurden von Invasoren eingesetzt", sagte Chalil al-Duleimi, der Leiter des Verteidigerteams. Weder das Todesurteil noch die Bestätigung durch das Berufungsgericht seien überraschend: "Das Urteil ist Ausdruck von Siegerjustiz." Wenn die Hinrichtung vollzogen werde, "wird das eine Katastrophe für die Region sein und die Kämpfe zwischen den Glaubensrichtungen im Irak nur vertiefen."

Sunniten verärgert über den Prozess

Tatsächlich zeigten sich Sunniten im Irak verärgert. "Jeder Kriminelle sollte bekommen, was er verdient, ob Saddam oder ein anderer - aber mit einem fairen Prozess. Doch sie haben das Saddam-Verfahren in eine Show verwandelt", sagte Salim al-Jibouri von der Islamischen Partei, der größten Sunniten-Gruppierung im irakischen Parlament. Saddam ist Sunnit.

Amnesty International zeigte sich "sehr enttäuscht über diese Entscheidung", sagte eine Sprecherin. "Wir sind prinzipiell gegen die Todesstrafe, aber in diesem Fall kommt dazu, dass es ein fehlerhafter Prozess war."

Diesen Vorwurf wies Bushs Sprecher zurück: "Saddam Hussein hat einen ordentlichen Prozess und Rechte erhalten, die er dem irakischen Volk für lange Zeit verwehrt hat."

Viele Kurden fordern, dass das Todesurteil erst nach Abschluss des zweiten Prozesses gegen Saddam vollstreckt wird. Dabei geht es um die Giftgasangriffe auf die kurdische Minderheit im Norden des Iraks in den achtziger Jahren. Bei der "Operation Anfal" wurden der Anklage zufolge 1987 und 1988 mehr als 180.000 Kurden getötet wurden. Saddam ist hier wegen Völkermords angeklagt, was den irakischen Gesetzen zufolge ebenfalls mit dem Tod bestraft werden kann. Im ersten Prozess wegen des Massakers an Schiiten wurde der Ex-Präsident für Verbrechen gegen die Menschlichkeit verurteilt.

Saddam will lieber Tod durch Erschießen

Saddam hatte einen Tod durch Erschießen verlangt und damit eine Bestrafung, wie sie einem Armeeoffizier gebühre. Die Erste Instanz hat sich jedoch ausdrücklich für eine Hinrichtung durch Erhängen entschieden. Dies ist nach dem irakischen Strafgesetzbuch möglich, das in diesen Teilen noch aus der Zeit der britischen Herrschaft über das Land nach dem Ersten Weltkrieg stammt.

Auch die Todesurteile gegen zwei weitere Angeklagte wurden bestätigt - dabei geht es um Saddams Halbbruder Barzan Ibrahim und den früheren Richter Awad Hamed al-Bandar. Sicher scheint, dass jetzt auch einem weiteren Angeklagten die Todesstrafe droht: Das Berufsungsgericht verwarf die lebenslange Haftstrafe gegen den früheren Vizepräsidenten Taha Yassin Ramadan als zu milde. Sein Fall muss nun von der Vorinstanz nochmals verhandelt werden.

Der neunmonatige Prozess gegen Saddam war im Irak gespannt verfolgt worden. Drei Verteidiger und ein Zeuge wurden in seinem Verlauf ermordet.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Hunderte Iraker bewerben sich als Henker
Beitrag von: SiLæncer am 27 Dezember, 2006, 11:37
Das Todesurteil gegen Saddam Hussein ist besiegelt, binnen 30 Tagen soll er am Galgen hingerichtet werden - international stieß die Entscheidung auf Kritik. Im Irak dagegen sehen viele der Exekution mit Spannung entgegen. Hunderte bewerben sich als Henker.

Bagdad/Washington - Offiziell gebe es keinen Henker, die Regierung habe eine solche Position auch nicht ausgeschrieben, sagte ein Berater von Ministerpräsident Nuri al-Maliki dem US-Fernsehsender ABC. Den Angaben zufolge gehörten die Interessenten für das Amt des Henkers allen drei großen Religionsgemeinschaften - Sunniten, Schiiten und Kurden - und allen ethnischen Gruppierungen an.

Ein irakisches Berufungsgericht hatte gestern das Todesurteil gegen den früheren irakischen Machthaber Saddam Hussein und zwei seiner Gefolgsleute bestätigt. Das Urteil werde nun innerhalb von 30 Tagen vollstreckt, erklärte der Vorsitzende Richter des Berufungsgerichts, Munir Haddad, auf einer Pressekonferenz in Bagdad. Eine neue Berufung ist nicht möglich. Die US-Regierung lobte die "mutigen Anstrengungen" der irakischen Richter. Ein Sprecher des Weißen Hauses begrüßte das Urteil als "Meilenstein" auf dem Weg des Landes zu einem Rechtsstaat. Dagegen sprachen die Verteidiger Saddam Husseins von "Siegerjustiz".

Der italienische Außenminister Massimo D'Alema lehnte das Todesurteil gegen Saddam scharf ab. "Als Italiener ebenso wie als Europäer sind wir gegen die Todesstrafe", erklärte D'Alema laut der italienischen Nachrichtenagentur Ansa. Er zeigte sich besorgt über die Auswirkungen auf den "schwierigen Versöhnungsprozess" im Irak, sollte das Urteil vollstreckt werden.

Die Menschenrechtsbewegung Human Rights Watch rief die irakische Regierung auf, das Urteil nicht zu vollstrecken. Die Todesstrafe sei prinzipiell unmenschlich, bekräftigte der Vertreter von Human Rights Watch, Richard Dicker, in New York. Er kritisierte zudem, der Prozess gegen Saddam und seine Mitangeklagten sei unfair, fehlerhaft und politisch beeinflusst gewesen.

Der Ex-Präsident und die beiden weiteren Angeklagten waren am 5. November wegen ihrer Mitverantwortung für die Ermordung von 148 Einwohnern des Dorfes Dudschail in den achtziger Jahren zum Tode verurteilt worden. Saddam Hussein soll nun binnen 30 Tagen gehenkt werden.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Re: Gericht verurteilt Hussein zum Tod durch den Strang
Beitrag von: Jürgen am 27 Dezember, 2006, 21:52
Sollte die Todesstrafe im Irak überhaupt nicht mehr vollstreckt werden, dann wäre auch S.H. zu verschonen.
Wenn aber grundsätzlich an Todesstrafe und Hinrichtung festgehalten werden soll, dann kann nur gelten:
Gleiches Recht für Alle!

Der Hals eines Diktators und erwiesenen Völker- und Massenmörders ist nicht wertvoller, als der irgendeines "gewöhnlichen" Schwerverbrechers.
Oder soll man ihm etwa durch Milde danken, z.B. für tausende vergaste Kurden, zahllose politische Morde u.s.w. ? ? ?
Oder in den Verdacht geraten, stets die Kleinen zu hängen, aber die Grossen laufen zu lassen?

Auf gar keinen Fall eignet sich gerade dieser Fall für Mitleid ausgerechnet mit dem Täter, wie hierzulande von gewissen Gruppen stets geübt.
Und wenn's einer wirklich verdient hat zu hängen, dann der.

Hooray and up he rises  :P

Allerdings wäre die Liste anderer Grosser schier endlos, die letztlich genau dieselbe Behandlung verdient haben...
Titel: IRAK - Vereinte Nationen warnen vor übereilter Hinrichtung Saddams
Beitrag von: SiLæncer am 29 Dezember, 2006, 08:43
Die Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein steht offenbar kurz bevor: Dem US-Sender Fox News zufolge ist die irakische Regierung "bemüht, die Hinrichtung Saddams hinter sich zu bringen". Uno-Menschenrechtskommissarin Arbour warnte dagegen vor einer übereilten Vollstreckung.

Bagdad/ Zürich - Der Irak und die internationale Gemeinschaft hätten ein Interesse sicherzustellen, dass die Todesstrafe nach einem glaubwürdigen und unparteiischen Verfahren verhängt worden sei, erklärte Uno-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour. "Das trifft besonders in einem so außergewöhnlichen Fall wie diesem zu", fügte sie hinzu.

Die umfangreiche und komplexe Bestätigung des Todesurteils durch das Berufungsgericht müsse genau erörtert und die Zweifel an der Fairness des Prozesses müssten ausgeräumt werden, forderte Arbour. Zudem habe Saddam nach internationalen Vereinbarungen, die der Irak anerkannt habe, das Recht auf ein Gnadengesuch.

Die US-Regierung stellt sich nach der Bestätigung des Todesurteils gegen Saddam offenbar auf eine Hinrichtung des irakischen Ex-Dikators vielleicht schon am morgigen Samstag ein. Entsprechendes verlautete gestern aus Regierungskreisen in Washington. Die Einschätzung basiere auf Informationen, die US-Vertreter in Bagdad von der irakischen Regierung erhielten, hieß es. "Ich habe gehört, dass es wahrscheinlich nur noch zwei weitere Tage sein werden", sagte ein hochrangiger Mitarbeiter von US-Präsident George W. Bush am Donnerstag.

Wie der US-Sender NBC berichtete, haben die irakischen Behörden bereits die Überstellung Saddams aus US-Gewahrsam beantragt. Der Rundfunksender Fox News berichtete, die irakische Regierung sei "bemüht, die Hinrichtung Saddams hinter sich zu bringen".

Die für den Heimatschutz zuständige Beraterin des US-Präsidenten, Frances Fragos Townsend, sagte in einem Interview mit dem US-Sender CNN, dass Saddam den irakischen Behörden auf Antrag überstellt würde. Ob ein solcher Antrag bereits gestellt sei, sagte sie jedoch nicht. Saddam befindet sich in Bagdad in Gewahrsam des US-Militärs.

Die irakische Regierung hat erklärt, sie wolle das Todesurteil möglichst rasch vollstrecken. Die Frist von 30 Tagen werde nicht voll ausgeschöpft, sagte ein Vertrauter von Ministerpräsident Nuri al-Maliki. Wegen eines Massakers an Schiiten in den achtziger Jahren wurde der frühere Machthaber am 5. November zum Tod durch den Strang verurteilt. Ein Berufungsgericht hatte am Dienstag das Todesurteil bestätigt, das im November gegen den ehemaligen Machthaber wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhängt worden war.

Angesichts seiner drohenden Hinrichtung hat sich Saddam Hussein nach Angaben eines seiner Anwälte nochmals mit Angehörigen getroffen und seiner Familie Botschaften übermittelt. Saddams Treffen mit seinen Halbbrüdern Sabawi und Watban Ibrahim Hassan al-Tikriti, die sich beide in US-Haft befinden, habe in seiner Zelle in einem Bagdader Gefängnis stattgefunden, teilte ein Anwalt Saddams mit. Wachmänner des Gefängnisses hätten ihm dies berichtet.

Demnach sei Saddam guter Dinge und bereit, als Märtyrer zu sterben. Obwohl er keine Einzelheiten wisse, spüre Saddam, dass etwas im Zusammenhang mit dem Urteil geschehe, sagte Anwalt Badie Aref.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Re: Gericht verurteilt Hussein zum Tod durch den Strang
Beitrag von: Jürgen am 29 Dezember, 2006, 12:37
Ich nehme an, ein Gnadengesuch würde sich mit seiner Auffassung von Ehre nicht vereinbaren lassen.

Obwohl, wer kurdische Frauen und Kinder mit Kampfgas umgebracht hat, kann eigentlich nicht über allzuviel Ehre verfügen ::)
Titel: Irakischer Premier kündigt zügige Saddam- Hinrichtung an
Beitrag von: SiLæncer am 29 Dezember, 2006, 13:12
Der irakische Premier Maliki schafft nach widersprüchlichen Meldungen jetzt Klarheit über Saddam Husseins Hinrichtung: Es werde keine Verzögerung bei der Exekution geben. Begründung: Der Respekt vor den Menschenrechten gebiete die zügige Vollstreckung des Todesurteils.

Bagdad - Erstmals nach der von einem Berufungsgericht bestätigten Todesstrafe für Saddam Hussein hat sich Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki geäußert: Es werde keine Verzögerung bei der Vollstreckung des Urteils geben, sagte er heute einem Berater zufolge. Auch werde es keine Überprüfung des Todesurteils geben. "Der Respekt vor den Menschenrechten" gebiete eine Hinrichtung Saddams, sagte Maliki. Wer die Hinrichtung des Ex-Diktators ablehne, würde "die Seelen der irakischen Märtyrer beleidigen", fügte er hinzu.

Das irakische Berufungsgericht hatte am Dienstag verfügt, dass Saddam Hussein binnen 30 Tagen gehenkt werden müsse.

Der irakische Ministerpräsident reagierte mit seinen Äußerungen auf widersprüchliche Meldungen zu dem Hinrichtungstermin: Noch am Morgen hatten sich die Hinweise auf eine baldige Vollstreckung des Urteils verdichtet: Nach Auskunft eines Anwalts wurde Saddam Hussein inzwischen irakischen Behörden übergeben. Die Amerikaner hätten ihn aufgefordert "die persönlichen Dinge von Saddam und seinem Halbbruder Barsan Ibrahim al-Tikriti" in Empfang zu nehmen, sagte auch Saddams Verteidiger Chalil al-Dulaimi - Saddams Halbbruder ist ebenfalls zum Tode verurteilt.

Das Dementi von irakischer Seite folgte postwendend: "Das ist nicht wahr", Saddam sei weiter in den Händen der USA, sagte ein Vertreter des irakischen Justizministeriums. Saddam werde nicht vor dem 26. Januar hingerichtet. Und auch Verteidiger Dulaimi präzisierte: Noch sei Saddam Hussein nicht an die irakischen Behörden übergeben. Er schließe aber aus der Aufforderung, jemanden zur Entgegennahme der persönlichen Dinge zu autorisieren, dass eine Übergabe der beiden zum Tod Verurteilten an die irakischen Behörden bald bevorstehe.

Zuvor hatte es in US-Regierungskreisen geheißen, die Vollstreckung des Todesurteils könne möglicherweise bereits morgen erfolgen. "Ich habe gehört, dass es wahrscheinlich nur noch zwei weitere Tage sein werden", sagte ein hochrangiger Mitarbeiter von US-Präsident George W. Bush am Donnerstag. Ein irakisches Regierungsmitglied hatte allerdings erklärt, mehrere Feiertage könnten die Exekution verzögern. Sie fallen mit dem Pilgerzug nach Mekka zusammen und dauern von Freitag bis zum 7. Januar. Im Irak sind Hinrichtungen an religiösen Feiertagen verboten.

Der Rundfunksender Fox News berichtete, die irakische Regierung sei "bemüht, die Hinrichtung Saddams hinter sich zu bringen". Saddam wird auf dem US-Stützpunkt Camp Cropper festgehalten. Vor seiner Hinrichtung muss er an die irakischen Behörden überstellt werden.

Die für den Heimatschutz zuständige Beraterin des US-Präsidenten, Frances Fragos Townsend, sagte in einem Interview mit dem US-Sender CNN, dass Saddam den irakischen Behörden auf Antrag überstellt würde. Ob ein solcher Antrag bereits gestellt sei, sagte sie jedoch nicht.

Die Vereinten Nationen warnten vor einer übereilten Vollstreckung des Todesurteils: Der Irak und die internationale Gemeinschaft hätten ein Interesse sicherzustellen, dass die Todesstrafe nach einem glaubwürdigen und unparteiischen Verfahren verhängt worden sei, erklärte Uno-Menschenrechtskommissarin Louise Arbour. "Das trifft besonders in einem so außergewöhnlichen Fall wie diesem zu", fügte sie hinzu.

Die umfangreiche und komplexe Bestätigung des Todesurteils durch das Berufungsgericht müsse genau erörtert und die Zweifel an der Fairness des Prozesses müssten ausgeräumt werden, forderte Arbour. Zudem habe Saddam nach internationalen Vereinbarungen, die der Irak anerkannt habe, das Recht auf ein Gnadengesuch.

Wegen eines Massakers an Schiiten in den achtziger Jahren wurde der frühere Machthaber am 5. November zum Tod durch den Strang verurteilt. Ein Berufungsgericht hatte am Dienstag das Todesurteil bestätigt, das im November gegen den ehemaligen Machthaber wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit verhängt worden war.

Angesichts seiner drohenden Hinrichtung hat sich Saddam Hussein nach Angaben eines seiner Anwälte nochmals mit Angehörigen getroffen und seiner Familie Botschaften übermittelt. Saddams Treffen mit seinen Halbbrüdern Sabawi und Watban Ibrahim Hassan al-Tikriti, die sich beide in US-Haft befinden, habe in seiner Zelle in einem Bagdader Gefängnis stattgefunden, teilte ein Anwalt Saddams mit. Wachmänner des Gefängnisses hätten ihm dies berichtet.

Demnach sei Saddam guter Dinge und bereit, als Märtyrer zu sterben. Obwohl er keine Einzelheiten wisse, spüre Saddam, dass etwas im Zusammenhang mit dem Urteil geschehe, sagte Anwalt Badie Aref.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Saddam- Anwalt rechnet mit Hinrichtung am Samstag
Beitrag von: SiLæncer am 29 Dezember, 2006, 16:14
Die Hinweise auf eine baldige Hinrichtung von Saddam Hussein verdichten sich: Nach ersten entsprechenden US-Berichten rechnet jetzt auch ein Anwalt des irakischen Ex-Diktators mit einer raschen Vollstreckung des Todesurteils. Vieles deute auf den morgigen Samstag als Exekutionstermin.

Bagdad - Wann wird Saddam Hussein gehängt? Das ist die Frage, über die in Bagdad sowie im gesamten Irak derzeit am meisten spekuliert wird. Einen offiziellen Termin gibt es nicht, um so mehr kursieren die Gerüchte. Und vieles spricht mittlerweile dafür, dass das Todesurteil für den irakischen Ex-Diktator schon sehr bald vollzogen werden könnte.

Die US-Amerikaner haben Saddams Anwälte bereits aufgefordert, dessen persönliche Gegenstände in Empfang zu nehmen. "All diese Anzeichen sprechen dafür, dass er möglicherweise morgen hingerichtet wird", sagte Najib Naimi, früherer Justizminister Katars, unter Berufung auf Saddams Anwalt Khalil al-Dulaimi dem arabischen TV-Sender al-Dschasira.

Schon seit Tagen wird über den Termin der Exekution spekuliert. US-Berichten zufolge stellt sich die Regierung in Washington auf eine Exekution am Wochenende ein. "Ich habe gehört, dass es wahrscheinlich nur noch zwei weitere Tage sein werden", sagte ein hochrangiger Mitarbeiter von US-Präsident George W. Bush am Donnerstag. Ein irakisches Regierungsmitglied hatte allerdings erklärt, mehrere Feiertage könnten die Exekution verzögern. Sie fallen mit dem Pilgerzug nach Mekka zusammen und dauern von Freitag bis zum 7. Januar. Im Irak sind Hinrichtungen an religiösen Feiertagen verboten.

Nach den widersprüchlichen Berichten über den Exekutionstermin hatte sich heute auch Iraks Ministerpräsident Nuri al-Maliki zu Wort gemeldet. Es werde keine Verzögerung geben, sagte Maliki. Das irakische Berufungsgericht hatte am Dienstag verfügt, dass Saddam Hussein binnen 30 Tagen gehenkt werden müsse. Wer sich der Hinrichtung widersetze, beleidige die Ehre seiner Opfer, sagte Maliki. Der Respekt vor den Menschenrechten gebiete es, die Todesstrafe zu vollstrecken. "Nichts und niemand kann die Gerichtsentscheidung außer Kraft setzen."

Aus Malikis Büro hieß es weiter, eine Hinrichtung in den kommenden Tagen sei unwahrscheinlich: Während des viertägigen Opferfestes, das von den Sunniten ab Samstag und von den Schiiten ab Sonntag gefeiert wird, würden dem Brauch zufolge keine Hinrichtungen vollstreckt.

Am Vormittag befand sich der frühere irakische Machthaber noch in amerikanischem Gewahrsam, wie der stellvertretende Justizminister Boscho Ibrahim und Saddam Husseins Anwalt Dulaimi übereinstimmend erklärten. Saddam wird auf dem US-Stützpunkt Camp Cropper nahe des Flughafens Bagdad festgehalten. Vor seiner Hinrichtung muss er an die irakischen Behörden überstellt werden.

Widersprüchliche Angaben gab es auch über einen Besuch von Verwandten bei Saddam Hussein. Einer seiner Verteidiger, Badi Issat Aref, sagte unter Berufung auf einen anderen Saddam-Anwalt, die Halbbrüder des Inhaftierten hätten ihn gestern besucht. "Saddam hat seinen Brüdern seine persönlichen Sachen ausgehändigt." Während das Treffen im irakischen Verteidigungsministerium bestätigt wurde, kam vom Sondertribunal, das das Todesurteil verhängt hatte, ein Dementi.

Saddams Hauptverteidiger Dulaimi sagte, US-Vertreter hätten ihn angerufen und darum gebeten, dass er jemanden damit beauftrage, die persönlichen Dinge seines Mandanten entgegenzunehmen. Das habe er bislang aber nicht getan. Doch zeige der Anruf, dass die Amerikaner Saddam Hussein bald den irakischen Behörden überstellen wollten.

Nach internationaler Kritik an dem Verfahren gegen den gestürzten Machthaber erklärte ein Sprecher des Weißen Hauses gestern, nach Einschätzung der US-Regierung habe der Prozess weder das Völkerrecht noch das irakische Gesetz verletzt. Das Urteil gründe sich auf Fakten, sagte der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Tom Casey.

Wegen eines Massakers an Schiiten in den achtziger Jahren war Saddam am 5. November zum Tod durch den Strang verurteilt worden. Ein Berufungsgericht hatte das Urteil am Dienstag bestätigt.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Saddams Hinrichtung im Morgengrauen?
Beitrag von: SiLæncer am 29 Dezember, 2006, 19:47
Immer verwirrendere Meldungen aus Bagdad: Mehrere Quellen besagen, dass Saddam Hussein spätestens bis zum Morgengrauen hingerichtet wird. Ein Sprecher des US-Außenministeriums dementierte Berichte, wonach der Ex-Diktator an irakische Behörden übergeben worden ist.

Bagdad - Die Meldungen überschlagen sich: Nach Angaben seiner Anwälte wurde Saddam Hussein am Abend den irakischen Behörden übergeben. Ein Sprecher des amerikanischen Außenministeriums dementierte den Bericht. Saddam befinde sich seines Wissens nach noch in amerikanischem Gewahrsam, zitiert die Nachrichtenagentur Reuters den Sprecher.

Die Exekution Saddams soll nach Angaben des irakischen Richters Munir Haddad spätestens morgen stattfinden. Aus Kreisen der Regierung zitiert Reuters eine Quelle, die besagt, das Urteil können binnen Stunden vollstreckt werden. "In den vergangenen Stunden haben sich die Dinge geändert." Einer von Husseins Verteidigern sagte der Agentur AFP, Saddam solle im Morgengrauen sterben.

Ein enger Mitarbeiter des irakischen Ministerpräsidenten Nuri al-Maliki hatte dagegen zuvor erklärt, die Regierung in Bagdad sei noch damit beschäftigt, die weitere Vorgehensweise zur Vollstreckung des Todesurteils gegen den ehemaligen Machthaber zu klären. Der genaue Zeitpunkt der Hinrichtung sei noch völlig offen, fügte der Vertraute Malikis hinzu, der namentlich nicht genannt werden wollte. Unterdessen sandte die irakische Regierung nach Angaben eines Parlamentsabgeordneten eine Anfrage an Religionsgelehrte, ob eine Hinrichtung auch während des am Samstag beginnenden islamischen Opferfests möglich sei.

Aus Angst vor einem Ausbruch der Gewalt nach der Hinrichtung des früheren Staatschefs Saddam Hussein hat die irakische Regierung die Sicherheitskräfte in Alarmbereitschaft versetzt. Die irakischen Sicherheitsbehörden sind gewarnt: Schon bei der Verkündung der Todesstrafe Anfang November war es zur Gewalt in Teilen des Landes gekommen. Eine Ausgangsperre, wie sie damals für drei Tage verhängt worden war, wurde auch jetzt nicht ausgeschlossen. Die Entscheidung darüber liege allein bei Ministerpräsident Nuri al-Maliki, sagte der Leiter der Einsatzführung im Innenministerium, Abdel Karim Chalaf. Die Sicherheitskräfte stünden zum Eingreifen bereit, sobald sie über den Zeitpunkt der Hinrichtung informiert würden.

Wegen eines Massakers an Schiiten in den achtziger Jahren war Saddam am 5. November zum Tod durch den Strang verurteilt worden. Ein Berufungsgericht hatte das Urteil am Dienstag bestätigt. Über den Zeitpunkt der Vollstreckung des Todesurteils gegen den Ex-Machthaber und weitere Verurteilte herrschte in den vergangenen Tagen Verwirrung.

"Vermutlich geschieht die Hinrichtung in aller Stille"

In den letzten Stunden hatten sich die Hinweise auf eine baldige Hinrichtung von Saddam Hussein verdichtet: Nach ersten entsprechenden US-Berichten rechnete auch ein Anwalt des irakischen Ex-Diktators mit einer raschen Vollstreckung des Todesurteils. Vieles deute auf den morgigen Samstag als Exekutionstermin, erklärte er. Ministerpräsident Nuri al-Maliki schloss einen Aufschub der Hinrichtung aus. Ein enger Mitarbeiter Malikis erklärte allerdings am Abend, die Regierungsmitglieder seien sich in der Frage uneins, ob für die Exekution ein Dekret des Präsidenten notwendig sei oder nicht. Laut CNN gab es am Abend eine Krisensitzung der Regierung.

Der Direktor des Deutschen Orientinstituts, Udo Steinbach hält die Vollstreckung des Todesurteils für konsequent. "Vermutlich geschieht dies in aller Stille, weil ein Schauspiel international einen schlechten Eindruck machen würde", sagte er der "Stuttgarter Zeitung". Zum einen wünsche die Mehrheit der Iraker, dass der Gerechtigkeit auf diese Weise genüge getan werde. Zum anderen könne die irakische Regierung so Handlungsfähigkeit beweisen und ihre Stellung festigen, sagte Steinbach. Die Appelle, die Exekution aufzuschieben, gehen laut Steinbach an der Wirklichkeit im Nahen Osten vorbei: "In Bagdad ist die Vollstreckung der Todesstrafe zutiefst Teil der politischen Kultur."

Widersprüchliche Angabenüber einen Besuch von Verwandten

Widersprüchliche Angaben gab es über einen Besuch von Verwandten bei Saddam Hussein. Einer seiner Verteidiger, Badi Issat Aref, sagte unter Berufung auf einen anderen Saddam-Anwalt, die Halbbrüder des Inhaftierten hätten ihn gestern besucht. "Saddam hat seinen Brüdern seine persönlichen Sachen ausgehändigt." Während das Treffen im irakischen Verteidigungsministerium bestätigt wurde, kam vom Sondertribunal, das das Todesurteil verhängt hatte, ein Dementi.

Nach internationaler Kritik an dem Verfahren gegen den gestürzten Machthaber erklärte der stellvertretende Sprecher des Weißen Hauses, Tom Casey, gestern, nach Einschätzung der US-Regierung habe der Prozess weder das Völkerrecht noch das irakische Gesetz verletzt. Das Urteil gründe sich auf Fakten. Ministerpräsident Nuri al-Maliki erklärte nach Angaben seines Büros gegenüber Familienangehörigen von Opfern der früheren Regimes, der Hinrichtung könne sich niemand entgegenstellen, weil dies "die Würde der Märtyrer des Iraks" verletzen würde.

Unterdessen hat der Jemen an die USA und den Irak appelliert, die Hinrichtung des früheren irakischen Machthabers Saddam Hussein zu verhindern. Die Vollstreckung der Todesstrafe werde zu mehr Unfrieden im Irak führen und das Leiden der Bevölkerung vermehren, schrieb der jemenitische Ministerpräsident Abdul-Kader Bagammal in einem Brief an US-Präsident George W. Bush. In einem Schreiben Bagammals an den irakischen Präsidenten Dschalal Talabani hieß es: "Wir appellieren an ihre Weisheit und ihren politischen Scharfsinn, die angemessene Atmosphäre zu schaffen, um der Einheit des irakischen Volkes und der Stabilität willen die Wunden zu heilen."

Die Europäische Union bekräftigte heute ihre Ablehnung der Exekution. Die EU sei gegen die Todesstrafe, die auch in diesem Fall nicht angewendet werden solle, sagte in Helsinki Außenminister Erkki Tuomioja für den finnischen EU-Ratsvorsitz. Auch der spanische Regierungschef José Luis Rodriguez Zapatero sprach sich in Madrid gegen die Todesstrafe aus.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Saddam Hussein hingerichtet
Beitrag von: Jürgen am 30 Dezember, 2006, 04:38
S116 ARDtext Sa.30.12.06 4:30:00
    Nachrichten tagesschau
 
 Saddam Hussein hingerichtet           
                                       
 Der frühere irakische Diktator Saddam Hussein ist tot. Wie der irakische Sen-
 der Al-Hurra berichtete, wurde das Todesurteil gegen den 69-Jährigen um 6.00
 Ortszeit vollstreckt.                 
                                       
 Auch der arabische Satellitensender Al-Arabija meldete, die Hinrichtung habe 
 stattgefunden.                         
                                       
 Hussein war Anfang November wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit zum   
 Tod durch den Strang verurteilt worden.
 Ein Berufungsgericht hatte das Urteil vor wenigen Tagen bestätigt.
Quelle: Videotext der ARD
Titel: Indirekte Kritik an Saddam-Exekution in Europa
Beitrag von: SiLæncer am 30 Dezember, 2006, 10:50
Nach der Hinrichtung des früheren irakischen Diktators Hussein haben zahlreiche Regierungen in Europa - darunter Deutschland - ihre Ablehnung der Todesstrafe bekräftigt. Sie zeigten jedoch Verständnis für die Position des Irak.
 
Nach der Hinrichtung des irakischen Ex-Diktators Saddam Hussein hat die Bundesregierung ihre grundsätzliche Ablehnung der Todesstrafe bekräftigt. Der Staatsminister im Auswärtigen Amt, Gernot Erler (SPD), äußerte zwar Verständnis für die Zustimmung von betroffenen Irakern. Die Bundesregierung habe immer erklärt, an den Verbrechen Saddam Husseins könne kein Zweifel bestehen, sagte Erler am Sonnabend im RBB-Inforadio. Er fügte jedoch hinzu: «Aber wir wenden uns gegen die Todesstrafe, egal wo sie angewandt wird.»

Ähnlich äußerte sich die britische Regierung. «Wir treten für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe ein, unabhängig von dem jeweiligen Verbrechen», sagte Außenministerin Margaret Beckett. Großbritannien habe seine Ablehnung der Todesstrafe «der irakischen Regierung sehr deutlich klar gemacht, allerdings respektieren wir deren Position», erklärte die Ministerin.

«In die Zukunft zu blicken«

Ein Sprecher von Premierminister Tony Blair, der zurzeit in Florida Urlaub macht, sagte später, die Außenministerin habe die Haltung der gesamten britische Regierung zum Ausdruck gebracht. Großbritannien war von Anfang der wichtigste militärische und politische Partner der USA im Irak-Krieg. Rund 7000 britische Soldaten sind im Süden des Irak im Gebiet der Hafenstadt Basra eingesetzt. Seit Beginn der Invasion im März 2003 fanden 152 britische Militärangehörige im Irak den Tod. Weite Teile der britischen Bevölkerung sind gegen den Militäreinsatz an der Seite der USA.

Frankreich rief alle Iraker auf, «in die Zukunft zu blicken und an der Versöhnung und der nationalen Einheit zu arbeiten.» Das französische Außenministerium betonte in einer Stellungnahme zur Vollstreckung des Todesurteils am Samstag, dass Paris wie alle seine europäischen Partner für die weltweite Abschaffung der Todesstrafe eintrete. Die Entscheidung habe jedoch beim irakischen Volk und der politischen Führung des Landes gelegen. «Mehr denn je muss das Ziel jetzt die Rückkehr zur vollen Souveränität und zur Stabilität des Landes sein», teilte das Ministerium mit.

«Wichtiger Schritt»

Australien nahm die Hinrichtung von Saddam Hussein positiv auf. Der australische Außenminister Alexander Downer bezeichnete den Tod des früheren irakischen Präsidenten als «wichtigen Schritt» auf dem Weg zu einer historischen Beurteilung seines «tyrannischen Regimes». Jetzt könne der Prozess der Versöhnung fortgesetzt werden. Saddam Hussein war in der Nacht zum Samstag in Bagdad hingerichtet worden.

Der Vatikan verurteilte die Exekution scharf. Es handele sich um «eine tragische Nachricht» und es bestehe «das Risiko, dass dies den Geist der Rache noch anstachelt und neue Gewalt säht», sagte Vatikansprecher Federico Lombardi. Die Vollstreckung des Todesurteils gebe «auch dann Grund zur Traurigkeit, wenn es sich um einen Menschen handelt, der schwerer Verbrechen schuldig ist.»

Die Position der Kirche, die schon mehrmals ihre Ablehnung der Todesstrafe betont habe, sei klar, fügte Lombardi hinzu. «Die Tötung des Schuldigen ist nicht der Weg, um Gerechtigkeit wiederherzustellen und die Gesellschaft und vereinen.»

Quelle : www.netzeitung.de
Titel: ANALYSE - Nur mit Saddams Tod ist dem Irak noch nicht geholfen
Beitrag von: SiLæncer am 30 Dezember, 2006, 18:27
Saddam Hussein mag den Tod verdient haben. Doch den Irak macht das allein noch nicht friedlicher. Denn für die geschichtliche Aufarbeitung der Herrschaft des Despoten ist seine Hinrichtung nicht förderlich.

Berlin - "Ich habe vor niemandem Angst": Das sollen die letzten Worte des hingerichtet Saddam Hussein gewesen sein. Nach anderer Darstellung verabschiedete sich der gestürzte Despot dagegen mit zwei islamischen Formeln aus dem irdischen Leben.

Was auch immer der Mensch Saddam Hussein auf seinem letzten Weg wirklich fühlte: Es ist irrelevant. Aber auch die Beurteilung der Vollstreckung des Todesurteils zwischen Washington und Brüssel ist letztlich nicht mehr als Ansichtssache. Sie folgt dem eingespielten diplomatischen Floskelaustausch, je nachdem, ob eine Regierung prinzipiell für oder gegen die Todesstrafe ist.

Bedeutsam ist allein, wie die Hinrichtung im Irak und in der arabischen Welt aufgefasst wird, denn nur hieraus ergeben sich Konsequenzen für den Irak. Befeuert der Tod des Tyrannen den Aufstand? Treibt er den Bürgerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten noch weiter voran? Oder ist Saddams Tod geeignet, einen Prozess nationaler Aussöhnung und Aufarbeitung auszulösen?

Tod am Tag der traditionellen Amnestierung

Den ersten Reaktionen zufolge sind schlimmere Gewaltausbrüche zumindest unmittelbar nicht zu befürchten. Es blieb weitgehend ruhig zwischen Irbil und Basra heute, das heißt, es starben nicht mehr Menschen durch Bomben und Sprengsätze als an einem "normalen" Tag. Eher sogar weniger. Das bedeutet aber nicht, dass die Causa Saddam keine Sprengkraft mehr besitzt: Wie in der gesamten islamischen Welt wird auch im Irak gerade der erste Tag des Opferfestes begangen.

Dass Saddam ausgerechnet heute sterben musste, mag von Seiten der Vollstrecker dem Kalkül geschuldet sein, dass an diesem Tag die Feierlichkeiten die Politik in den Hintergrund drängen. Andererseits verbirgt sich hinter diesem Plan ein Risiko: Traditionell ist der erste Tag des sunnitischen Eid al-Adha der Tag, an dem islamische Herrscher Amnestien erlassen.

Bis nach Saudi-Arabien, wo sich im Moment wegen der Pilgerfahrt hunderttausende sunnitische Muslime aus aller Welt aufhalten, wurde das Timing der Exekution daher als Provokation verstanden. Auf islamistischen Diskussionsforen im Internet, wo sich Qaida-Anhänger und USA-Hasser austauschen, war es nicht anders: "Sie wollen die Sunniten trauern sehen", schrieb erzürnt ein Diskutant und verwies auf eine "Allianz" von Schiiten und USA. Sogar ein virtuelles Kondolenzbuch gibt es schon. Noch haben sich die sunnitischen Terrorgruppen von "al-Qaida im Zweistromland" bis "Ansar al-Sunna" nicht geäußert. Erst in ein paar Tagen wird man wohl sehen, ob sich der Tod Saddams für Gewaltakte ausschlachten lässt.

Die Gefahr, dass die Hinrichtung Saddams im Irak (und außerhalb) als Ergebnis einer schiitisch-amerikanisch-kurdischen Siegerjustiz aufgefasst wird, ist jedenfalls keineswegs gebannt. Die nicht universell akzeptierte Autorität des Gerichts tut dabei ein Übriges.

Im neuen irakischen Staat der Post-Saddam-Ära geben Vertreter der Kurden und Schiiten den Ton an, die Sunniten, über Jahrhunderte die dominierende Minderheit im Zweistromland, sehen sich an den Rand gedrängt.

Saddams Hinrichtung verschärft dieses Gefühl noch - denn die hehre Idee, der Prozess könne zum Beginn einer Art irakischer "Wahrheitskommission" werden, hat sich nicht erfüllt. Viel zu sehr blieb in dem Hochsicherheits-Verfahren im Verborgenen, wie die Befehlsketten zu den schlimmsten Verbrechen in Saddams Namen genau aussahen. Viel zu wenig waren, jenseits der Zeugenaussagen hinter Vorhängen, die Opfer beteiligt. Und schon gar nicht gab es einen Rahmen, in dem Opfer und Täter einander hätten begegnen können, wie ihn die Südafrikaner nach Ende der Apartheid schufen. Dessen aber hätte es bedurft, um die Hinrichtung aus dem Referenzrahmen des eskalierten Konflikts zwischen Sunniten und Schiiten herauszulösen und als Akt der Gerechtigkeit an allen erscheinen zu lassen.

Wie der Irak ohne eine solche Aufarbeitung jemals ein funktionierender, friedlicher, multikonfessioneller und multiethnischer Staat werden kann, bleibt aber schwierig vorzustellen. Vielleicht wäre es unter diesem Gesichtspunkt besser gewesen, noch ein paar Jahre mit dem Prozess zu warten.

Auch außerhalb des Irak, in der arabischen Welt, wird der Diktatoren-Tod kaum positive Auswirkungen haben. Zwar hat neben dem verstorbenen syrischen Präsidenten Hafis al-Asad kein anderer Araber in den letzten Jahrhunderten mehr Araber getötet als Saddam - als Herrscher einer der Kernländer der arabisch-islamischen Welt genoss er jedoch einen gewissen Respekt. Auch weil er, zumindest in seinen letzten anderthalb Jahrzehnten, so ein erklärter Feind der USA war, der immerhin zwei Krieg gegen die letzte verbliebene Weltmacht führte.

Keine abschreckende Wirkung

Sicher, Saddam Hussein war ein Diktator und Tyrann wie er im Buche steht: Er ließ seine Getreuen eigenhändig Hinrichtungen an "Verrätern" ausführen, er vergaste Zivilisten, entschied willkürlich über Leben und Tod seiner Untertanen.

Aber in Amman und Kairo, in Sanaa und Rabat und anderswo wird seine Hinrichtung von vielen vor allem als letztes Ergebnis einer nicht gerechtfertigten und aggressiven Einmischung der USA gewertet werden.

Der Westen mag hoffen, der Tod Saddams durch den Strang möge als Warnung an alle Despoten verstanden werden. Stattdessen wird er jedoch das demolierte Image der USA weiter schädigen. Das ist nicht so verwunderlich, schließlich müssen andere arabische Herrscher, die ihre Samthandschuhe schon lange verlegt haben, wie zum Beispiels Ägyptens Präsident Hosni Mubarak, den langen Arm der USA keineswegs fürchten. Genau wie der gesamte Irakkrieg ist auch die Hinrichtung Saddams nicht geeignet, Hoffnung in den Herzen der Araber keimen zu lassen oder diejenigen ihrer Herrscher abzuschrecken, die "pro-westlich" sind. Dass Saddam Hussein das auch einmal war und erst ins Visier geriet, als er es nicht mehr war, dürfte sie eher bestärken.

Bizarres Selbstbild

"Der König darf eben nichts übersehen, er muss die ganze Last der Verantwortung in seinem Amt tragen. Und das Volk darf nicht vergessen, wie schwer diese Verantwortung auf ihm lastet, denn nur dann kann es seine Pflichten gegenüber dem Staat erfüllen. Es muss die Bürde tragen, die ihm aus diesem Verhältnis zum Staat erwächst, und darf nicht unnötig murren": Diese Sätze ließ Saddam Hussein in seinem letzten Roman, "Zabibah und der König", sein Alter Ego sprechen, einen König im Zweistromland. Die Passage zeigt, wie bizarr verzerrt das Selbstbild des Despoten all die Jahre über war.

Im Roman findet dieser König ebenfalls einen gewaltsamen Tod, allerdings im Krieg. Danach ergreift dann bezeichnenderweise "das Volk" die Macht und führt eine Art Säuberung an allen "Verrätern" durch. Es schickt sich an, in Erinnerung an die Ideale des Königs, eine neue Regierungsform zu installieren. So wie Saddam sich während seines Verfahrens aufführte, scheint er bis zuletzt von dem Wunsch beseelt gewesen zu sein, die realen Iraker möchten es ihren seiner kranken Phantasie entsprungenen Gegenstücken gleich tun - und bis in alle Ewigkeit für ihn weiterkämpfen.

Das wird bis auf eine verschwindende Minderheit unter den Irakern Gottlob niemand tun. Aber einen friedlicheren Irak und einen hoffnungsfroheren Nahen Osten schafft seine Hinrichtung alleine auch noch nicht. Man kann deshalb nur hoffen, dass die Exekution sich als genau so irrelevant erweist, wie Saddams letzte Worte es waren.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: Mit der eiligen Exekution Husseins wird viel zugedeckt
Beitrag von: SiLæncer am 30 Dezember, 2006, 23:08
Das schnell und medienwirksam verhängte Todesurteil dient der irakischen und amerikanischen Regierung, aber ob das als unfair kritisierte Ende des Prozesses das Land versöhnen wird, darf bezweifelt werden

Die plötzliche Hinrichtung von Hussein zum Jahresende und nach Beginn der Mekka-Wallfahrt (Hadsch) sowie vor dem islamischen Opferfest war ein symbolischer Akt, der politisch motiviert war. Das Gericht war auch in dieser Sicht nicht unabhängig von der irakischen und der US-amerikanischen Regierung. Vermutlich sollte aus durchaus nachvollziehbaren Gründen die Ära Hussein damit abgeschlossen werden, um das neue Jahr auch neu in der Hoffnung angehen zu können, dass nach einem kurzen Aufflammen der Gewalt diese dann womöglich nachlässt. Das dürfte aber, wie die meisten Experten sagen, vermutlich nicht der Fall sein, weil sich die Gewalt bereits zu sehr verselbständigt und diversifiziert hat, längst nicht mehr nur von Anhängern des Hussein-Regimes getragen wird und auch mit lokalen und kriminellen Strukturen verschmolzen ist.

(http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24337/24337_2.jpg)
Saddam Hussein kurz vor seinem Tod. Bild: al-arabiya

Mehr... (http://www.heise.de/tp/r4/artikel/24/24337/1.html)

Quelle : www.heise.de
Titel: Saddam in seinem Heimatdorf beigesetzt
Beitrag von: SiLæncer am 31 Dezember, 2006, 11:48
Am frühen Morgen ist der hingerichtete Saddam Hussein in seinem Heimatort nördlich von Bagdad beigesetzt worden. An der Zeremonie hätten nur wenige Bewohner teilgenommen, berichteten Anwohner.

Bagdad - Saddam wurde den Angabe zufolge in einem Familiengrab in der Ortschaft Udscha nahe Tikrit beigesetzt. In dem Dorf, 130 Kilometer nördlich der Hauptstadt Bagdad, war der frühere irakische Machthaber geboren worden. An der Zeremonie hätten nur wenige Menschen teilgenommen, berichteten die Bewohner.

Eine der Familie Saddams nahestehende Person bestätigte, dass der ehemalige Machthaber in der Nähe seiner Söhne Udai und Kussai in Audscha liege. Diese wurden 2003 vom US-Militär getötet. Aus der Region Tikrit stammten viele Mitglieder der unter Saddams Herrschaft dominierenden Elite.

Saddam Husseins Leichnam war gestern Abend aus Bagdad nach Tikrit gebracht worden, wo er heute am frühen Morgen eintraf. Der Leichnam wurde laut einem Bericht des Senders Al Arabija vom Anführer von Saddam Husseins Albu-Nassir-Clan, Scheich Ali al Nidawi, und dem Gouverneur der Provinz Salahuddin, Hamad Hamud Schagtti, eskortiert. Sie hätten in Gesprächen mit den Amerikanern und der irakischen Regierung die Beisetzung in Tikrit ausgehandelt.

Nach muslimischem Brauch werden Tote meist innerhalb eines Tages beigesetzt. Der 69 Jahre alte irakische Expräsident war gestern im Morgengrauen gehängt worden, knapp zwei Monate nach dem Todesurteil wegen Verbrechen gegen die Menschlichkeit.

Quelle : www.spiegel.de
Titel: DENKMAL FÜR SADDAM - Gaddafis Krokodilstränen
Beitrag von: SiLæncer am 06 Januar, 2007, 11:30
Revolutionsführer Gaddafi will Saddam Hussein mit einer Statue ehren, die den Iraker am Galgen zeigt. Ein Rückfall in Zeiten, als Libyen als Schurkenstaat galt? Die Antwort ist einfacher.

Hamburg/Berlin - Sie waren keine persönlichen Freunde, und oft genug politische Gegner. Trotzdem hat sich der libysche Revolutionsführer Muammar al-Gaddafi bis zuletzt vehement für den irakischen Ex-Diktator eingesetzt: "Saddam Hussein ist ein Kriegsgefangener", erklärte der Oberst zwei Tage vor dessen Exekution in der vergangenen Woche. "Er wurde von einer ausländischen Invasionsarmee gestürzt, nicht von der irakischen Armee oder dem irakischen Volk." Deswegen müsse er auch vor ein US-amerikanisches oder britisches Gericht gestellt werden.

Natürlich verhallte Gaddafis Forderung ungehört. Der Oberst hat zwar, ausgelöst unter anderem durch den erzwungenen Sturz Saddams 2003, sein Schurkenstaat-Gebaren beendet, alle Programme für Massenvernichtungswaffen eingestellt und die zerrütteten Beziehungen zum Westen neu geordnet. Seitdem aber verharrt er in einem merkwürdigen Zwischenstadium: Noch ist Libyen kein vollkommen rehabilitiertes Mitglied der Staatengemeinschaft; den Ruf eines Staatsterroristen ist Gaddafi jedoch losgeworden.

Dass er nun ankündigte, er werde eine Statue bauen lassen, die Saddam Hussein am Galgen zeigt, wirkt auf den ersten Blick, als habe der für seine Exzentrik berüchtigte Revolutionsführer sich eines Schlechteren besonnen und die Annäherung an den Westen wieder einkassiert. Aber es steckt wohl nicht viel mehr dahinter als das altbekannte Aufmerksamkeitsdefizitsyndrom des Machthabers von Tripolis.

Denn in schöner Regelmäßigkeit meldet sich Gaddafi mit kurios anmutenden Vorschlägen zu Wort. Mal will er die Fifa abschaffen, mal fordert er seine Landsleute auf, Hühner zu halten, um unabhängig von Eier-Importen zu werden. Und oft genug hat er Staatsgästen und anderen Würdenträgern vollmundig versprochen, sie in Stein meißeln zu lassen.

Gaddafi, die Eidechse

Doch meistens passiert gar nichts. Denn de facto werden in der libyschen Diktatur nur zwei Personen mit Denkmälern und Propagandaplakaten geehrt: Der Volksheld Omar al-Muchtar, der den antikolonialen Widerstand gegen die italienischen Besatzer führte und im Jahr 1931 hingerichtet wurde. Und natürlich Gaddafi selbst. Sein Konterfei ist in dem Wüstenstaat allgegenwärtig. Spruchbänder, Statuen, Plakate und seit einigen Jahren sogar hochmoderne elektronische Werbetafeln, die alle paar Minuten ihre Motive wechseln: Gaddafi beliebt, sich seinen Untertanen allerorten zu präsentieren, sei es mit Sonnenbrille, mit Kalaschnikow oder mit zum Revolutionsgruß erhobenen Fäusten. Hinter vorgehaltener Hand nennen die Libyer ihren Staatsführer "die Eidechse" - weil er auf jeder Mauer ist.

Höchstens noch in Syrien zu Zeiten des verstorbenen Hafis al-Assad und eben im Irak unter Saddam Hussein gab es zuletzt in der Arabischen Welt noch einen derart massiven, staatlich verordneten Personenkult. Saddam plante bis vor wenigen Jahren den Bau eine Giganto-Moschee, deren Grundriss seinem Fingerabdruck abgeschaut war. Diese Idee dürfte Gaddafi gefallen haben.

Politisch allerdings verband den libyschen Machthaber jenseits einer gewissen panarabischen Rhetorik nicht allzu viel mit Saddam. Zwar arbeitete seine Tochter Aischa zeitweise für das Anwaltsteam des Irakers, und auch die dreitägige Staatstrauer, die Gaddafi nach der Exekution des irakischen Diktators verordnete, spricht für eine gewisse Wertschätzung.

Doch Gaddafi lag, seit er 1969 de facto die Macht übernahm, öfter mit seinen arabischen Brüdern über Kreuz als dass er Seit an Seit mit ihnen schritt. Manchmal konnte man auch nicht ganz sicher sein: Saddam verketzerte er 1991 etwa als "Unmenschen", weil er in Kuwait eingefallen war. Nachdem aber 1992 ein Luftfahrt- und Waffenembargo gegen Libyen verhängt wurde, suchte Gaddafi plötzlich den Schulterschluss mit Bagdad: "Von Ihren Erfahrungen können wir viel lernen", schrieb der Libyer in einem Brief an Saddam.

Viel Ärger gab es auch mit den anderen Nachbarn, gleich mehrfach trat Libyen sogar demonstrativ aus der Arabischen Liga aus. Lange beanspruchte der Oberst eine ideologische Führungsrolle, weil er meinte, mit seinem höchstpersönlich ersonnenen islamischen Mitmach-Sozialismus den dringend gesuchten "dritten Weg" aus der arabischen Misere gefunden zu haben.

Folgen wollte ihm in seinen kruden Ideen jedoch fast niemand, abgesehen von einigen afrikanischen Aktivisten und den Libyern - aber die verloren über die Jahre die Begeisterung und jubeln auf den alljährlichen Paraden am Revolutionsfeiertag eher pflichtschuldig als euphorisch ihrem "Großen Bruder" zu. Im ganzen Land hat sich eine beispiellose Apathie ausgebreitet, die auch die aufkeimende Privatwirtschaft blockiert - obwohl Libyen ein kostenloses Gesundheits- und Bildungssystem aufbaute und per Lohnangleichungen die egalitärste Gesellschaft der arabischen Welt geschaffen hat. Weil auch die Araber anderer Länder ihn zunehmend ignorierten, wandte Gaddafi sich zuletzt stärker der panafrikanischen Politik zu - ebenfalls nur mit leidlichem Erfolg.

Land voller Apathie

Innenpolitisch hat er zwar mittlerweile einige Reformen zugelassen und erlaubt seinen Untertanen nahezu ungehinderten Zugang zu Satellitenkanälen und dem Internet. Doch herrscht er nach wie vor mit eiserner Hand. Gaddafi ist nicht, wie Saddam Hussein, für den Tod Hunderttausender verantwortlich. Aber auch in Libyen verschwinden Oppositionelle und werden Islamisten gefoltert. Amnesty International hat der Regierung in Tripolis darüber hinaus vorgeworfen, sie unterstütze willkürliche Festnahmen und Hinrichtungen. Häftlinge würden mit Elektroschocks gequält, von Polizeihunden gebissen oder müssten wochenlang in schmerzhaften Körperpositionen verharren.

Was Gaddafi nun zu seiner steinernen Solidaritätsbekundung mit Saddam hinreißt, ist deshalb wohl am ehesten als Ausdruck einer Art Phantomschmerz zu verstehen: Der Oberst entstammt derselben Generation wie Saddam, hat sich genau wie dieser unter Einsatz von Gewalt den Weg nach oben erkämpft, kommt ebenfalls aus dem Militär und ist - last but not least - genau wie der Gehenkte ein Despot mit vielen Feinden im Inneren wie im Äußeren.

In seinem "Grünen Buch", in dem Gaddafi Mitte der siebziger Jahre seine Ideologie verkündete, steht im Kapitel zum Thema Recht, dass traditionelles und religiöses Recht zu bevorzugen seien. "Traditionelles Recht setzt Moral durch und keine materiellen Strafen... Die meisten materiellen Strafen im religiösen Recht werden auf den Jüngsten Tag verschoben... Diese Art Recht zeigt den angebrachten Respekt für den Menschen." Hier ist die Angst des Diktators fast zu greifen, er könnte eines Tages zur Rechenschaft gezogen werden. Auch diese Sorge dürfte der Revolutionsführer mit Saddam geteilt haben.

Quelle : www.spiegel.de