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Feinsicherung im KFZ-USB-Ladegerät?
Joutungwu:
Hallo zusammen,
mir wurde folgendes defektes Hama KFZ-USB-Ladegerät überlassen: https://www.hama.com/00093533/hama-kfz-ladekabel-roll-up-micro-usb
Trotz gleicher Artikel-Nr. weicht das Gehäusedesign etwas von dem Foto auf der Herstellerseite ab, wie auf folgendem Foto sichbar ist:
Das Öffnen war relativ einfach, sobald ich herausfand wie es geht. Am mittigen Pluspol lässt sich der schwarze Deckel abschrauben, das restliche Gehäuse wird durch Plastik-Clips zusammengehalten. Letzteres zu öffnen, ist für die Entnahme der Schmelzsicherung nicht notwendig. Jedoch kann man so erkennen, dass das aufgerollte Micro-USB-Kabel über Schleifkontakte mit der Platine verbunden ist. Außerdem ist nur eine Masseklemme leitend verbunden, die andere dient als einfache Halterung in der 12 V KFZ-Anschlussbuchse für den Zigarettenanzünder. Das Gerät ist nach Herstellerangabe für einen Ladestrom von max. 1000 mA ausgelegt. Mein angeschlossenes Smartphone (Moto G) wurde mit 1 A geladen. Da bin ich mir relativ sicher, weil es bei Anschluss an USB 3.0 (900 mA) auf den Modus "langsames Laden" zurückfällt, was wahrscheinlich 500 mA (USB 2.0) entspricht.
Das Gerät selbst war eigentlich nicht defekt, nur die Glasrohrsicherung wurde ausgelöst, welche sich ja leicht ersetzen lässt. Diese hat die Bezeichnung 5JF1AL250V. Nach Wikipedia bedeutet das wohl:
F: flink (Abschaltzeit < 20 ms)
L: niedriges Ausschaltvermögen bei 250 V Wechselstrom (10 fache Nennstromstärke (min. 35 A))
1A: Nennstrom: 1000 mA
https://de.wikipedia.org/wiki/Schmelzsicherung#Kennzeichnung
Folgende Fragen habe ich zu dieser Sicherung:
1. Wofür steht 5J?
2. Ist die Sicherung richtig dimensioniert? Bei welcher Stromstärke wird sie ausgelöst? 10 A oder 35 A? Diese Angaben beziehen sich wohl auf 250 V Wechselstrom. Aber wie verhält sich die Sicherung bei der 12 V Gleichspannung aus der Autobatterie? Zitat Wikipedia:
--- Zitat ---Das Schaltvermögen für Gleichstrom ist wesentlich geringer als für Wechselstrom. Schmelzsicherungen, die für Gleichstrom vorgesehen sind, können bedenkenlos auch für Wechselstrom verwendet werden, jedoch nicht umgekehrt.
--- Ende Zitat ---
Die vorgeschalltete Flachsicherung des Zigarettenanzünders ist für 15 A (Nennstrom?) ausgelegt.
Vielleicht könnt ihr mir da weiterhelfen? (Jürgen? ;D)
Gruß
Joutungwu
Jürgen:
Die Nennbelastbarkeit der Sicherung beträgt 1 A, bedeutet daß bei 1 Ampere definitiv noch nicht ausgelöst wird.
Je nach Auslösecharakteristik gibt es eine Zeitspanne, innerhalb derer bei einer bestimmten prozentualen Überschreitung ausgelöst werden muss, je höher, desto schneller. Bei 2 A hier binnen etlicher Sekunden.
Wenn der Ausgangsstrom (nach Typenschild bzw. Herstellerangaben) bis 900 mA zugesichert ist, entspricht das bei 5 Volt (USB) einer Leistungsabgabe von 4,5 Watt. Etwa 10% Aufschlag wegen endlichem Wirkungsgrad des Spannungswandlers zugegeben, rechnen wir mit einer Aufnahmeleistung von maximal etwa 5 Watt, was bei 12 Volt am Bordnetz etwas über 400 mA Stromaufnahme entspricht, bei laufender Lichtmaschine mit ca. 14 Volt noch weniger.
Beim Einstecken des Laders wie beim Anschluß einer Last an dieses entstehen sehr kurzzeitig Stromspitzen, die durch das Aufladen verbauter Kondensatoren verursacht werden, das erfordert eine gewisse Reserve.
Also ist die 1 Ampere Sicherung durchaus passend dimensioniert.
Solche Glasrohrsicherungen sind tatsächlich für Gleich- und Wechselströme gleichermaßen geeignet, ebenso für Audiofrequenzen (wie z.B. als Lautsprechersicherung).
Der Text über das Schaltvermögen für Gleichstrom gilt eigentlich nicht für Feinsicherungen in Anwendungen wie hier, sondern z.B. zuhause für die Automaten im Sicherungskasten, oder ganz allgemein Schalter. Da geht es aber um die verwendeten Materialien der Schaltkontakte, nicht um einen Draht, der durchzubrennen hat oder eine Lötverbindung, die bei Überlastung durch Überhitzung aufgehen soll.
Hier dient die Feinsicherung hauptsächlich dazu, im Fehlerfall des Ladegeräts zu verhindern, das es selbst in Flammen aufgeht. Gegen Überlastung oder Kurzschluss am Ladeport sollte eigentlich der verbaute Wandler selbst elektronisch geschützt sein.
Direkt am 230 Volt Wechselstromnetz sollte man allerdings bevorzugt solche Feinsicherungen mit Sandfüllung anwenden, um im Auslösefall Lichtbogen- / Plasmabildung und dadurch sogar später eventuell leitfähige Metalldampfkondensate innen am Röhrchen zu vermeiden. Letztere könnten das wirksame Abschalten u.U. dauerhaft verhindern. Das gilt insbesondere für induktive Lasten, wie Transformatoren oder magnetische Vorschaltgeräte.
Die erwähnten KFZ-Flachsicherungen dienen tatsächlich als Vorsicherung zum Schutz der Bordverkabelung usw., nicht zum Geräteschutz. Und die sind allgemein viel träger als die Glasröhrchen, und natürlich nur für Niederspannung.
Joutungwu:
Vielen Dank, Jürgen! Das war wieder sehr aufschlussreich! :jo
Ich hatte immer nur 1 A im Kopf, aber klar, da war ja noch diese Spannungswandlung von 12 V am Eingang auf 5 V am Ausgang mit entsprechend höherer Ausgangsstromstärke. :rg
So muss die Sicherung natürlich nur ca. 0,46 A Eingangsstromstärke bei 12 V Eingangsspannung konstant ertragen.
Was Ausschaltvermögen ist, habe ich jetzt verstanden. Die Sicherung soll bei 250 V AC einem Kursschlussstrom von mindestens 35 A abschalten können. Bei 250 V DC muss die Stromstärke deutlich geringer sein, sonst gibts schon vorher Lichtbogen, Plasma und später leitendes Metallkondensat auf der Glasinnenoberfläche(, sofern das Röhrchen nicht platzt).
Auslösen tut die Sicherung dagegen gemäß ihrer Charakteristik.
--- Zitat von: Jürgen am 15 Mai, 2017, 01:26 ---Gegen Überlastung oder Kurzschluss am Ladeport sollte eigentlich der verbaute Wandler selbst elektronisch geschützt sein.
--- Ende Zitat ---
Kannst du anhand der sichtbaren Bauteile auf der Platine erkennen, ob das hier der Fall ist? An die Rückseite komme ich wahrscheinlich nicht so einfach dran, weil die Platine in die Gehäusehälfte eingeklebt/geschweißt ist.
Ich spekuliere immer noch darüber, was die Sicherung ausgelöst haben könnte:
- Überspannung in der Fahrzeugelektronik wäre eine Möglichkeit.
- Der Vorbesitzer hat mir glaubhaft versichert, dass er das Gerät nicht unmittelbar nach Benutzung des Zigarettenanzünders angeschlossen hatte, obwohl er damals noch ge- :rauch hat. Hitze sollte es also nicht gewesen sein.
- Käme eine elektrostatische Entladung in Frage, sofern ein elektrisch geladener Mensch den Pluspol des Ladegeräts anfasst?
- Wäre eine entsprechende Aufladung des Gerätes durch die Aufwicklung mit den Schleifkontakten möglich? Das herausgezogene Kabel wird ziemlich schnell bei Betätigung der Entriegelung wieder reingezogen. Die Federspannung der Rolle ist ganz ordentlich. Man kann sich am umherschlagenden Stecker weh tun, wenn man nicht aufpasst.
Der Vorbesitzer erzählte mir außerdem, dass zunächst das Gerät nicht mehr funktionierte, worauf er es dann in der Buchse gedreht hatte, weil er glaubte, es würde nicht richtig drinstecken. Später funktionierte auch der Zigarettenanzünder nicht mehr, also die entsprechende Flachsicherung wurde ebenfalls ausgelöst. In einem Auto-Forum habe ich eine mögliche Erklärung dafür gefunden, nämlich dass im sehr ungünstigen Fall die Masseklemmen des Gerätes beim Drehen und/oder Verkanten die "Flügel" des Pluspols der 12 V Buchse mit der Masse kurzschließen könnten, sofern die Masseklemmen, wie bei dieser Bauart, relativ tief liegen bzw. lang sind. Nachdem ich mir die Verhältnisse in der 12 V Buchse meines Autos mal genauer angesehen hatte, klang dies sehr plausibel für mich. Ich achte seitdem ebenfalls darauf, solche Geräte nur so einzuklemmen, dass die Masseklemmen zu den beiden "Flügeln" des Pluspols der Buchse um 90° versetzt stehen, um eine Berührung auszuschließen.
dada:
Kleiner Board Kommentar von mir: Wir können auf Jürgen gar nicht verzichten, falls das Board wirklich sterben sollte. Wir bekommen so viele fachlich sichere Infos hier wie in keinem anderen Board! Danke Jürgen!
Jürgen:
--- Zitat von: Joutungwu am 16 Mai, 2017, 19:00 ---Kannst du anhand der sichtbaren Bauteile auf der Platine erkennen, ob das hier der Fall ist? An die Rückseite komme ich wahrscheinlich nicht so einfach dran, weil die Platine in die Gehäusehälfte eingeklebt/geschweißt ist.
--- Ende Zitat ---
Ich sehe auch nur die für Spannungswandler typischen passiven Bauelemente, insbesondere die Wandlerdrossel. Das aktive IC sitzt mit Sicherheit auf der Unterseite, mit diversem anderen Kleinkram.
--- Zitat von: Joutungwu am 16 Mai, 2017, 19:00 ---Ich spekuliere immer noch darüber, was die Sicherung ausgelöst haben könnte:
- Überspannung in der Fahrzeugelektronik wäre eine Möglichkeit.
--- Ende Zitat ---
...eigentlich nicht, weil solche Geräte meist deutlich weniger empfindlich sind, als z.B. klassische Leuchtmittel und allerlei KFZ-Elektronik.
BTW, auf dem Photo ist nicht die zulässige Betriebsspannung der beiden Elkos ablesbar. Der höhere der beiden Werte dürfte als Anhaltspunkt für Überspannungsfestigkeit dienen können.
Meist hat solche Elektronik auch einen Verpolungsschutz in Form einer kräftigen Diode in Sperrichtung, die ggf. die interne Sicherung auslösen soll. Diese Diode kann dabei aber auch defekt werden, insbesondere einen dauerhaften Kurzschluß erleiden. Dann stirbt die nächste Sicherung gleich wieder.
--- Zitat von: Joutungwu am 16 Mai, 2017, 19:00 ---- Der Vorbesitzer hat mir glaubhaft versichert, dass er das Gerät nicht unmittelbar nach Benutzung des Zigarettenanzünders angeschlossen hatte, obwohl er damals noch geraucht hat. Hitze sollte es also nicht gewesen sein.
--- Ende Zitat ---
Ohnehin sollte die Elektronik kurzfristig Temperaturen von weit mehr als 70° aushalten, und so heiß wird's da durch den Anzünder gar nicht.
--- Zitat von: Joutungwu am 16 Mai, 2017, 19:00 ---- Käme eine elektrostatische Entladung in Frage, sofern ein elektrisch geladener Mensch den Pluspol des Ladegeräts anfasst?
--- Ende Zitat ---
Kaum. Die Funkentstörung des Wandlers müsste das wirksam verhindern, und die CE-Konformität verlangt das auch.
--- Zitat von: Joutungwu am 16 Mai, 2017, 19:00 ---- Wäre eine entsprechende Aufladung des Gerätes durch die Aufwicklung mit den Schleifkontakten möglich? Das herausgezogene Kabel wird ziemlich schnell bei Betätigung der Entriegelung wieder reingezogen. Die Federspannung der Rolle ist ganz ordentlich. Man kann sich am umherschlagenden Stecker weh tun, wenn man nicht aufpasst.
--- Ende Zitat ---
Nein, vergiss es.
--- Zitat von: Joutungwu am 16 Mai, 2017, 19:00 ---Der Vorbesitzer erzählte mir außerdem, dass zunächst das Gerät nicht mehr funktionierte, worauf er es dann in der Buchse gedreht hatte, weil er glaubte, es würde nicht richtig drinstecken. Später funktionierte auch der Zigarettenanzünder nicht mehr, also die entsprechende Flachsicherung wurde ebenfalls ausgelöst. In einem Auto-Forum habe ich eine mögliche Erklärung dafür gefunden, nämlich dass im sehr ungünstigen Fall die Masseklemmen des Gerätes beim Drehen und/oder Verkanten die "Flügel" des Pluspols der 12 V Buchse mit der Masse kurzschließen könnten, sofern die Masseklemmen, wie bei dieser Bauart, relativ tief liegen bzw. lang sind. Nachdem ich mir die Verhältnisse in der 12 V Buchse meines Autos mal genauer angesehen hatte, klang dies sehr plausibel für mich. Ich achte seitdem ebenfalls darauf, solche Geräte nur so einzuklemmen, dass die Masseklemmen zu den beiden "Flügeln" des Pluspols der Buchse um 90° versetzt stehen, um eine Berührung auszuschließen.
--- Ende Zitat ---
Ich kann nicht für alle heutzutage verbauten Ausführungen solcher Buchsen sprechen, komme viel zu selten damit in Kontakt. Allerdings weiß ich, dass die Buchsen vor Jahrzehnten weit solider gebaut und zuverlässiger waren. Aber dickes Kupfer, fettes Stahlblech und Porzellan gelten heute als viel zu teuer...
Den Stecker in der Buchse zu drehen, ist sicher nicht mehr ratsam.
Schlusswort in dieser Sache:
Solche Auto-Lader kosten allgemein nur wenige Euros, mit HAMA drauf "nur" etwa doppelt so viel.
Auch ich fasse sowas innen eher aus Neugierde an, als aus Sparsamkeit.
Ausnahme, wenn ich eine Kiste voller Retouren extrem billig bekomme und das Zeug binnen Minuten durchchecke.
Meist ist dann die Hälfte ohnehin heil, weniges wird schnellstens repariert, der Rest ist zum Ausschlachten.
Da ich kein Auto habe, haben sich bei mir schon diverse ähnlicher 12V-Lader angesammelt.
Jürgen
p.s.
@ dada
Danke für die Blumen...
Diese Möglichkeit möchte ich wirklich gerne weiterhin offenhalten, und auch daher das Board ebenso.
Könnte man auch als eine Art Bildungsarbeit auf Anfrage verstehen.
Gerade bei einem doch recht überschaubaren Teilnehmerkreis wie hier ist das nämlich durchaus praktikabel, unter wahren Menschenmassen dagegen nicht.
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