Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 95530 mal)

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #60 am: 22 Januar, 2006, 09:51 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Noch ist jeder RFID-Chip, der in den Preisetiketten der Metro-Firmen Saturn und Media-Markt steckt, nur dazu da, gekillt zu werden, damit die Diebstahlsicherung nicht empört aufheult, wenn man das Portal durchquert. Doch das möchte die Metro Group bald ändern. Mit etwas geschwätzigeren Chips, die nach dem Verlassen des Ladens noch melden können, an welchem Gerät sie bappen, kann zum Beispiel die Reparaturannahme effektiviert werden. Wenn das Internet der Dinge ausschwärmt, werden nicht nur Kosten gespart, befürchten die Kritiker. Sie haben Angst um ihre Privatsphäre, die nicht nur Verurteilten genommen werden kann. Denn die Privatsphäre ist ohnehin am Schrumpfen, seitdem Digitaltrampel mit ihren Kameras pausenlos Bilder fremder Leute nach Flickr laden oder mit Ich seh dich! drohen. Anonyme Kommunikation geht anders.

*** Wie es im die Privatsphäre eines Toten bestellt ist, darüber berichtet diese kleine Wochenschau nun schon zum dritten Mal. Schließlich gibt es in Sachen Tron einen zünftigen Showdown unter Hackern zu vermelden, die vorläufige Schließung einer minder wichtigen Webseite und ihre Öffnung nach einem erfolgreich durchgesetzten Vollstreckungsschutz. Doch damit ist der Streit um den Namen Boris Floricic noch nicht zu Ende, ganz im Gegenteil. Die Wikipedianer diskutieren weiter in der ihnen eigenen unvorstellbaren Art und Weise. Und die Trittbrettfahrer suchen eilends ihre Trittbretter auf, um auch etwas von dem seltsamen Kuchen zu haben, der da aufgetischt wird. Selbst die so genannten "Parodisten", die mit Buch und Hörspiel offenbar der Auslöser der Floricic-Debatte waren, sind sich nicht zu schade, eine Pressemeldung zur Leichenfledderei herauszugeben. Die Hörspielserie und das Buch zu kommentieren, ohne eine einstweilige Verfügung zu bekommen, fällt mir schwer. Der geballte Zorn aller Götter, das wäre vielleicht die richtige Antwort.

*** Götter, welche Götter? Diesen Schlenker von einem Selbstmörder, dessen Ruhm am Wachsen ist, zu einen der berühmtesten Selbstmörder werden manche Leser geschmacklos finden, doch die Freunde der Fantasy sind da etwas härter im Nehmen: Heute vor 100 Jahren wurde Robert E. Howard geboren, dem wir den kimmerischen Barbaren Conan und Kull von Atlantis verdanken, alles Gestalten, ohne die meine Schulzeit endlos langweilig gewesen wäre. Zusammen mit seinem Mentor H.P. Lovecraft machte er die Dauer-Lektüre von Dürrenmatt und Brecht erträglicher. Wir hatten Ctulhu wie später andere Schüler ihre Illuminaten, Hobbitts und diese zaubernden Pennäler hatten. Der schwer depressive Amateurboxer erschoss sich an dem Tag, an dem seine Mutter sterben sollte. Für echte Howard-Fans übrigens auch ein Grund zum Feiern.

*** Im Leben kann man sich die Daten und Jubiläen nicht einfach aussuchen. Und auch die Menschen nicht, die uns verlassen – während die künstlichen Aufgeregtheiten von "Deutschand sucht den Superstar" einmal wieder dünne Stimmchen ohne jedes Musikgefühl (eine Ausnahme unter den Teilnehmern bestätigt die Regel) als die Sensation des Tages verkaufen wollen, ist Wilson Pickett von uns gegangen. Möge sein Vermächtnis uns von dem weichgespülten Soul befreien, der bei der Musikindustrie so beliebt ist, weil er die dünnen Superstar-Stimmchen nicht überfordert. Weichspülereien waren auch der Journalistin Carola Stern fremd, die ein Doppelleben in der Öffentlicheit diskutierte, die ihren Beruf als Engagement begriff und die nun nicht mehr mitdiskutieren kann. Etwas mehr Mitdiskussion, etwas weniger Weichspülerei, ja das wünscht man sich bei manchen Gelegenheiten, auch bei manchen Jubiläen, die man sich nicht ausgesucht hat, sondern die über seltsame PR-Manöver zu uns dringen – wie jüngst von der die Firma F-Secure, die mit großem Trara an den ersten PC-Virus vor 20 Jahren erinnern möchte. Ein paar Ältere werden sich wohl daran erinnern, dass der erste Virus dieser Sorte schon 1985 in der Bayrischen Hackerpost beschrieben wurde – und auch der war nicht der erste. Streng genommen gebührt das Verdienst, Viren erfunden zu haben, den Pionieren John von Neumann und Konrad Zuse, die unabhängig voneinander in den 40er Jahren über Theorien von selbst reproduzierenden Automaten grübelten. Bei Zuse wurde daraus später der "rechnende Raum", der in den zellulären Automaten vom Mathematica-Erfinder Stephen Wolfram wieder gefunden werden kann. Wer sich als PC-Benutzer mit Viren plagen muss, wird diese, ähem, kreative Dimension der Programme gar nicht wahrnehmen können. F-Secure entdeckte übrigens nicht nur den 20. Jahrestag des Pakistani Brain, sondern auch als erste Sicherheitsfirma Ende September 2005 die sonderbare Rootkit-Programmierung des Kopierschutzes von Sony BMG. Darüber hätte ich mir eine frühzeitige Meldung an die Presse gewünscht. Stattdessen schwieg F-Secure auf Wunsch der Plattenfirma. Künftig wird ein Tag am Septemberende anno 2005 als Jubiläumstag begangen werden, an dem Antivirus-Hersteller ihre Unschuld verloren.

Was wird.

E-Mail, schreibt die Süddeutsche Zeitung im aktuellen Wochenend-Teil, ist eine geschwätzige Sache mit unwürdigen Folgen, weil das Schreiben schneller geht als das Darübernachdenken. Noch geschwätziger wird die Sache, wenn sie an einen großen Verteiler geschickt wird. So amüsiert sich Deutschland über eine Mail von Jean-Remy von Matt an Mitarbeiter und Kunden, in denen er sich über die Miesmacher beschwert, die über die wunderbare Kampagne "Du bist Deutschland" herziehen. Unter den Miesmachern kommt Kritik von einer Gruppe, die der Superstar der Werber so beschreibt:

"2. Von den Weblogs, den Klowänden des Internets. (Was berechtigt eigentlich jeden Computerbesitzer, ungefragt seine Meinung abzusondern? Und die meisten Blogger sondern einfach nur ab. Dieser neue Tiefststand der Meinungsbildung wird deutlich, wenn man unter www.technorati.com eingibt: Du bist Deutschland.)"

Es hilf nicht, hier den Artikel 5 des Grundgesetzes zu zitieren, weil der Werbeprofi andere Maßstäbe hat und in Impacts und Reichweiten denkt. Der jambatisierte Handybesitzer toll findet und in jedem Computerbesitzer den Untertan für seine Werbebotschaften sieht. Der Verachtung der Klowände des Internet entspricht der hirnlose Appell "Du bist Deutschland" und der stumpfsinnige Kaufrauschschrei Geiz ist geil. Du brauchst neue Klingeltöne, Podcasts voller Werbung, jede Menge neue Elektronik, keine Meinung: Du bist Deutscher. Und hast bitteschön ein blitzsauberes Klo und die Schnauze zu halten. Du bist Weichspüler. Du bist Superstar.

Unter den über 800 geladenen Gästen, die sich zwei Tage lang auf dem Digital Lifestyle Day von Burda Media amüsieren, sind Werber und PR-Berater eindeutig in der Mehrzahl. Die meisten von ihnen denken ähnlich wie der Experte für Klowände. Blogger, Chats, das ganze Getue um digitale Lebensplätze ist ihnen alles nur ein Vehikel, Werbung oder Produkte zu verkaufen. Das ist nicht böse gemeint: Es wird immer Menschen geben, die sich um Werbung in Podcasts kümmern und solche, die an der Verbesserung der Qualität von Speex arbeiten. Problematisch ist, dass der Blick der Leute, die im Web 2.0 die nächste große Dot.com-Welle, den neuesten Cluetrain-Tsunami anrauschen sehen, definieren will, was denn digitaler Lifestyle ist: Konsum, Konsum und noch einmal Konsum. Ich behaupte, dass noch die kleinste Mitarbeit an der Wikipedia mehr vom digitalen Lebensstil der Zukunft vermittelt als das verklärte Staunen auf die Gadgets und schnieken Powerpoint-Präsentatioen auf dem Digital Lifestyle Day. Selbst wer das die vollen 24 Stunden lang durchhält, hat noch nichts begriffen.

Was haben sie also vom Debütantinnenball all der Firmen, die Social Software verkaufen wollen, vom Raunen der Gurus, die "The Next Big Thing" anpreisen? Sie können zum Beispiel die aufgedonnerte Studie Deutschland Online 3 mitnehmen, die zum Lifestyletag präsentiert wird und rosigste Zukünfte im Triple Play-Alltag malt. Mehr als ein schneller Check, was nach den Klingeltönen in die Konsumentengans gestopft werden kann, wird auf dem Lifestyle Day aber nicht möglich sein. Vielleicht noch eine spielerische Demo, wie die Gans dann mit Social Location Based Software mitsamt RFID-Tags besser ausgenommen werden kann, noch ein paar Tips und Tricks für Taschengeldgangster? Dann ist es aber gut, man hat ja Networking-Pflichten. Oder, um es in Marketingsprech zu sagen, nicht jedes Würstchen ist eine Pfeife.

Auf lustige Weise kontert übrigens Microsoft die Münchener Veranstaltung. In Nachbarschaft zum Digital Lifestyle Day lädt die Firma am kommenden Dienstag zur Präsentation von Officestyle, des Modernen Verwaltungsarbeitsplatzes, des absoluten Killer-Desktops, der mit weniger Klicks den leidigen Linux-Migrationsdebatten in den Behöreden ein Ende bereiten soll. Ein Paket wie Lucky Luke: schneller als sein Schatten.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/68633

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #61 am: 29 Januar, 2006, 09:57 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Nein, ich träume wirklich nicht in HTML (ich kenne aber Alpträume in HTML). Das ist ein Grund, warum es heute, am ersten weltweit begangenen Internet Free Day, wieder diese kleine Wochenschau im Netz auftaucht. Vielleicht gibt es ja Leser, die sich nicht an der Aktion beteiligen – und wer kann es sich heute leisten, seine Leser zu enttäuschen? Einfach die Kiste ausknippsen, mit dem Füllfederhalter weiter schreiben – wer hat noch eine Schreibmaschine –, einfach nichts online stellen? Das können eigentlich nur Blogger, und auch die sind im Wettbewerb um die unsinnigsten Titel permanent unter Druck.

*** Ein weiterer Grund ist natürlich die "Russenkälte". So kalt ist es geworden, dass die Hölle zugefroren ist! Jawohl! In deutschen Tageszeitungen konnte man nach dieser Nachricht lesen, dass Microsoft den Windows-Code quelloffen macht. Was schlicht und einfach darum falsch ist, weil die öffentliche Auslegung des Codes nicht die quelloffene Weitergabe desselben ist. Wer das glaubt, ist auf der Suche nach der verlorenen Zeit. Andersrum ging es genauso sensationell zu, mit der auf DRM-fixierten GPL 3.

*** Kälte ist natürlich relativ. Auf dem Dach eines Bayerischen Luxushotels bei minus zwanzig Grad fröhlich über tolle neue Dot.com-Pläne zu sprechen, das kann nur heißen: Die Bobos sind wieder da, und Dotcomtod mit ihnen, ganz schick als BooCompany und eher kläglich als Pixel-Hype. Ja, kommt denn alles wieder? Wer in der norddeutschen Tiefebene lebt, muss schon nach München eilen, der Peilung wegen. Der Digital Lifestyle Day, ein umgepoltes Pluraletantum aus dem Hause Burda, lockte in das Land der Schuhplattler und Fußfessler. Nach dem Besuch dieser beiden Tage weiß wirklich jeder, was gerade trendy ist im Netz, beim binären Leben, beim Fingerfood und beim Gurgelwasser. Selbst Heise berichtete, natürlich völlig verzerrt: Der Pool auf dem Dach erlebte die im Auftrag von Nokia bloggende Anina sich furchtlos in die Fluten springend, weil der von ihr bewunderte Münchener Luxusschuhhändler sich nicht einmal Windows XP für seine drei Computer leisten kann, der arme Mensch.

*** Achja, Nokia. Nehmen wir nur das N90 dieser Firma, das der Veranstalter an seine Leute vom Organisationsteam und an die Alpha-Blogger verteilte, zur Koordination des Ganzen. Zum Flickrn und Vloggen und Studium der Betriebsanleitung. Das ist ein Gerät, das offenbar keinen Vibrationsalarm hat und darum pausenlos klingelte. Vibrationsalarm ist einfach sooo out, konzentriertes Nachdenken sowieso. Die Journalisten saßen an diesem Tisch der Möbelfirma Bene, der genau 16 schwer erreichbare Steckdosen in der Mitte hatte. Strom ist einfach out, Deutsch übrigens auch, das Mobiliar hatte eine "magic cultlike role" im Digital Lifestyle zu spielen, nicht einfach Tisch, sondern ein "emotionaler Hub" zu sein, und zur Front hin als "home base" mit den integrierten Riesen-LCD samt Leinwand für Powerpoint-Orgien ein "sanctuary piece" zu emulieren. Klapp-Altar klingt einfach nach sehr alter Old Economy. Als Home Base für die DLD-Stars Francis Fulton-Smith, Hardy Krüger Jr. und Maria Furtwängler auf ihrem Iconic Törn durch die Show musste der Raum auch noch herhalten. Erstaunlich, dass es zur Arbeit wenigsten das oldstyle Getränk Kaffee gab und nicht nur den Labertran Red Bull und etwas, das der welterfahrene Kollege von der Süddeutschen Zeitung geschmacklich als Sud aus altägyptischen Mumienwindeln identifizierte.

*** Inhalte? Ich muss schon bitten. Wer fragt denn bei einer Rheumadeckenverkaufsveranstaltung nach Inhalten? Welches Geburtstagskind will denn noch wissen, was vor 10 Jahren bei Burda los war? Also keine Inhalte: Hier wurde binärer Lebensstil von US-amerikanischen Durchreisenden auf dem Weg zu einer bescheidenen Hütte in Davos verkauft, ein kurzer Blick der Cyberlady Esther Dyson und des Google-Avatars Marissa Mayer auf das Next Big Thing und sonst gar nichts. Halt! Gegenüber dem Gestammel von Apple im Vorjahr präsentierte die Firma diesmal einen richtig guten Schlangenölverkäufer, der ordentlich in Shape! war. Wer diese Firma mag, wird auch diese Firma mögen,

*** Achja, Davos. In den verschneiten Schweizer Bergen eröffnete Angela Merkel ein Treffen, auf dem die Lenker und Wirtschaftsführer locker den Blackberry bedienen und höchstens amüsiert lächeln, wenn jemand wie vor 10 Jahren brüllt: "Ihr müden Giganten aus Fleisch und Stahl, ich komme aus dem Cyberspace, der neuen Heimat des Geistes!" Längst hat die Fleisch-Stahl-Fraktion sich ein ansehnliches Portfolio an Cyberspace-Beteiligungen zugelegt, und ist allerhöchstens durch bissige Sponti-Aktionen zu stören. denn erst im nächsten Jahr wird man die Regierungsmitglieder der Hamas einladen, natürlich nicht ohne die klassische Indianer-Belehrung: Benehmt euch, denn natürlich waren die Ureinwohner schon immer die Juden.

*** Die Chronistenpflicht ruft. Ich würde liebend gern über das heutige Geburtstagskind, den großartigen Thomas Paine ein paar Worte verlieren, aber wir haben ja nicht ewig Zeit für 100 Fragen. Es müssen ein paar innerdeutsche Entwicklungen in dieser Wochenschau erwähnt werden. Schließlich soll die Geschichte des fortlaufenden Schwachsinns nicht nur auf Klowänden notiert werden. Gerade weil an anderen Orten eine Geschichtsklitterung der übelsten Sorte betrieben wird, muss man wohl begrüßen, dass nach allen Vermittlungsbemühungen die Debatte um den Namen Boris Floricic in einer Hauptverhandlung geklärt wird. Sonst bleibt am Ende übrig: Der Hacker Tron war ein merkwürdiger Kerl, der niemandem in die Augen schaute und offenbar hochgradig gestört war.

*** Aber halt, es gibt doch "Lichtblicke". Nachdem die Grünen sich in der Debatte um einen BND-Untersuchungsausschuss gründlich demontiert haben, folgt ihnen die vereinigten Linke mit einem Statement, das an Blödheit eigentlich nur noch von einer "Geiz-ist-geil-Kampagne" unserer Deutschland-Werber übertroffen werden kann. Halten wir an dieser Stelle nur fest: Die deutsche Linke vergleicht einen Passus über das private Kopieren legal erworbener Güter mit einem Ladendiebstahl unter 20 Euro. Aibo ist tot, es lebe die devot leckende Luc Jochimsen. Wahrscheinlich kauft sie immer mehrere CD, für das Auto, Haus und das geliebte foobar – an dieser Stelle blenden wir uns aus. Niemanden interessiert es, welche Musike dröhnt, wenn der Spinnaker gehisst wird.

*** Und wo bleibt sie nun, die Musike? Ach, aus Protest gegen solchen Unsinn und aus Protest gegen dieses seltsame Mozartjahr, bei dem den Laudatoren der Schmalz so aus den Reden trieft, dass jede Mozartkugel als Diätlebensmittel durchgeht, bei dem Moderatorinnen seltsame Verrenkungen machen, dass auch noch der letzte B-Prominente und C-Humorist einen Auftritt abbekommt, fällt sie diese Woche aus.

Was wird.

Wird der Protest nutzen? Wird es besser werden? In diesem Fall habe ich leider meine Zweifel, obwohl ich sonst gar nicht so zum Pessimismus veranlagt bin. Am Dienstag lädt der Branchenverband Bitkom nach Berlin, der sich kindlich über die Speicherung nach Augenmaß freut. Dabei erleben wir derzeit die größte Datenenteignung der Geschichte. Mit seinem hart erfochtenen Urteil wird Holger Voss einen momentanen Sieg errungen haben, bis die Vorratsdatenspeicherung kommt. Freuen wir uns also mit der Deutschen Telekom, die ebenfalls in Berlin am Mittwoch zu ihrer internationalen Pressekonferenz ins T-Com-Haus einlädt. Ganz unscheinbar steht neben diesem Häuschen ein Schaltkästlein, das alle Verbindungsdaten aufzeichnet. Ach wie gut, dass alle wissen, dass ich Rumpelstilzchen bin, gesch ...

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #62 am: 05 Februar, 2006, 09:16 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ein Lied, zwo, drei, vier: Fußball Ist Unser Leben, la lala lala lala la la, und wieder und immer wieder (bitte den Realplayer weiter laufen lassen). Ja, wenn die Freunde von Bundeswehr und Polizei zusammen stehen, AWACS über uns kreist und in München die Fußballfans großflächig eingezäunt werden, dann bekommt die Welt einen feinen 1936er-Hautgout. Sind wir nicht alle Freunde im Kampf gegen den Terror? Schließlich geben wir Deutschen auch das letzte Bisschen Daten her, nur um an die begehrten Tickets zu kommen, die Politiker unter sich aufteilen. Wir sind sogar bereit, uns Qosmio-Laptops von Toshiba zu kaufen, weil im Preis ein Vorrundenticket enthalten ist. Oder wie wäre es mit dem Welcome-T-Shirt von T-Com, um beim größten Nationalteam aller Zeiten dabei zu sein, und endlich einmal im Rampenlicht der Medien zu stehen? Kaum ist die Kampagne "Du bist Deutschland" vorbei, kommt mit "Wir stellen was auf die Beine!" die nächste Zumutung. Ein Blick in die Details beim Trikot-Kauf mit den zugehörigen Tarifen XXL Local, XXL Free-time und XXL Full-time gefällig?

*** "Das Welcome-Trikot ist ein hochwertiges Shirt im Stil des Nationaltrikots – mit aufgesticktem DFB-Emblem und aufgedruckter Streifen-Deko in den Farben schwarz-rot-gold. Zu jedem Welcome-Trikot gehört eine Registrierungsnummer. Mit dieser und einem Ganzkörperfoto im Welcome-Trikot können Sie sich aufstellen lassen, wenn Sie ihre persönlichen Daten auf der Aktions-Website eingegeben haben." Wenigstens tritt diese Ganzkörperkultur in Weiß an und nicht in dem grässlichen Rot, in dem man schon 1934 gegen die Ösis gewann. Zum registrierten Team-Deutschen passt der gläserne, gnadenlos ausspionierte WM-Spieler in einem System Klinsmann, das nichts dem Zufall überlassen will, der im Fußball zu Hause ist. Telekom unterstützt DFB-Spionage heißt es dann, wenn Chefspion Urs Siegenthaler 16 Laptops bekommt. Es hat schon seine Logik, wenn infolge der gnadenlosen Kommerzialisierung der Sport der Wirtschaft folgt.

*** Bleibt nur die Frage, ob der Staat der Wirtschaft folgen kann und selber eine Staats-AG wird. Bei der Geldmelkmaschine Fußball-WM hat es fast schon den Eindruck. Ist das E-Government am Ende nichts anderes als ein E-Banking mit anderen Mitteln? Hatte es zur Vorstellung des digitalen Personalausweises noch geheißen, Alterszertifikat, Adresszertifikat und Namenszertifikat auf dem Ausweis sollen eine Serviceleistung für alle Bürger sein, ist nun das Gerücht in der Welt, mit diesen Zertifikaten solle ein schwungvoller Handel getrieben werden. Das ist zwar nach dem derzeitigen Personalausweisgesetz verboten, aber Gesetze können bekanntlich geändert werden. Der Staat als Datenhändler für alle Identitätsnachweise ist derselbe Staat, der ein Mautgesetz hat, das die Nutzung der Mautdaten für andere Zwecke verbietet. Der freie Verkauf von Identitätsdaten wäre ein wunderbare neue, nie versiegende Einnahmequelle.

*** Auch anderswo sprudelt es. Der Fall Tron hat kein Ende. Mit zwei Verhandlungen am Dienstag und am Donnerstag bekommt die Auseinandersetzung um den in Deutschland ach so einzigartigen Namen Floricic langsam die Qualität der Auseinandersetzungen im Fall SCO gegen IBM, Novell und den Rest der Welt. Der uralte Anwaltstrick, beim drohenden Ende die Mandatschaft des gegnerischen Anwaltes zu bezweifeln, ist dabei ebenso lustig wie der Versuch, in letzter Minute aus der tragischen Geschichte um einen jungen Hacker ein Verfahren um das Persönlichkeits- und Markenschutzrecht der Eltern zu machen. Selbst die Diskussion um die Qualität der Diplomarbeit von Boris Floricic flackert wieder auf. Dabei ist der junge Hacker längst eine Person der Zeitgeschichte geworden, sein Leben und Tod ein Beispiel für zerbrechliche Identitäten in der deutschen Hackerszene. Für Außenstehende ist das alles Pop. So fasste die Süddeutsche Zeitung in der vorletzten Woche in ihrem Fernsehprogramme die Wiederholung des Films "23" mit den Worten zusammen: "Film über Leben und Sterben des Hackers Tron".

*** Besonders bizarr ist dabei eine Erklärung, mit der die "Eltern von Tron zusammen mit Freunden" vom CCC gegen die Wikipedia die unterste Schublade aufziehen: "Was wäre erst geschehen, wenn es sich um einen spektakulären Sexualmord oder Terroranschlag gehandelt hätte?" So "erklärt" sich nur jemand, der Unterstellungen verbreiten will, das zeigt ein schneller Klick auf Terrorverdächtige wie Osman Hussein (keine Adresse) oder Terroropfer wie Jean-Charles de Menezes (keine Adresse, aber die offizielle polizeiliche Umschreibung "located within a three-storey block of nine flats in Scotia Road, Tulse Hill"). Warum die Eltern Sexualmord und Terroranschlag erwähnen, "bleibt erst mal frei", um es mit Tron zu sagen. Rätselhaft auch die Rolle des CCC. Auf dem Kongress 22C3 zirkulierte die in die Geburtstadt von Ayn Rand geschickte einstweilige Verfügung und sorgte für große Erheiterung darüber, wie man St. Petersburg verwechseln kann. Nun wird raunend von einer "raffinierte(n) Fehlinformation der Presse durch Wikimedia in Berlin" fantasiert. Am Ende ist es vielleicht das Schlechteste nicht, wenn nach dem Prozess die freie Enzyklopädie als Massenmedium dem Presserecht unterliegt, komplett mit neuen Berufsbildern wie Sitzredakteur und Wikipedia-Umschreibern: Presserechtlich kann die Namensnennung nicht beanstandet werden.

*** Ich komme zu den Jubiläen und Abschieden. 50 Jahre alt ist er geworden, der Fernsehturm in Stuttgart, der erste seiner Art. Erdacht und gebaut von einem findigen Ingenieur, der demonstrierte, "wie man technisch notwendige Einrichtungen auch schön und anziehend bauen kann". Im Zeitalter scheußlicher Fußgängerunterführungen und der hässlichen Mobilfunkantennenanlagen, die hier und da als Bäumchen getarnt werden, können wir darüber nur staunen. Ein ebenfalls berühmter Kollege, der Fernsehturm am Alexanderplatz wird gerade im Auftrag der Telekom einem magenta-silbernen Fußball verschandelt. Kältebedingt sind die Arbeiten ins Stocken geraten – der Verstand ist schon länger abgeschaltet. Warum reicht es nicht, die 3000 Ethernet-Ports magentafarben zu dekorieren, die allein für das Endspiel im Stadion installiert wurden?

*** Wir nehmen Abschied vom Telegramm. 145 Jahre lang sendete Western Union, doch am 27. Januar war Schluss, eine Ära ging zu Ende. Hannelore und Betty sind auch Out. Die Vornamen, aus denen das schicke H+BEDV Datentechnik gebildet wurde, müssen Avira weichen, das einfacher zu sprechen ist. Noch heißt die verdienstvolle Auerbach Stiftung Auerbach-Stiftung, aber bald mag der Irrsinn aus der virtuellen Welt in die reale übergreifen.

Was wird.

Nach den Kinderklappen und der Kunstklappe wäre ein Türchen ganz angebracht, durch das der größte Unsinn dieser Branche entsorgt werden kann. Nehmen wir nur das endlose Gerede vom Web 2.0, dass Die Ritter der Schwafelrunde von sich geben. Im Kern ist es nur ein gutes Geschäft, wenn eine Gefälligkeitsrezension eines Bloggers über die neue Software eines anderen Bloggers erscheinen kann. Da sollte man sich den Sermon über "Social Software" sparen und lieben von Web $,e reden. Ähnliche Aversionen hege ich, wenn ich den Begriff Security 2.0 höre, mit dem Symantec zur CeBIT aufwarten will. Vorstellen soll das Ganze Symantec-Chef Thompson auf der kommenden RSA-Konferenz. Ich wäre schon mit Security 1.0 zufrieden. Betrachtet man sich die Tickermeldungen der vorigen Woche, sind wir höchstens bei Security 0.98beta, ungeachtet aller sicheren und gehärteten Betriebssysteme.

Unternimm was! geht zu Ende und Microsoft stellt die angeförderten Gründer-Gewinner in München vor. Reich wie Bill Gates werden, dessen Millarden die Finanzcomputer sprengen, das ist schon ein lohnenswertes Unternimmen. Ansonsten: Bleibt alle warm verpackt da draußen, die Blicke fest auf die rutschige Realität gerichtet, bis zur CeBIT die Sonne von Windows Vista mit schicken neuen Fonts aufgeht.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #63 am: 12 Februar, 2006, 08:13 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Heute ist der Darwin Day, an dem zelebriert wird, dass der Mensch vom Affen abstammt und keineswegs das Produkt eines intelligenten Designers ist, als das ihn verschiedene Religionen im Angebot haben. Wie nah am Affen wir dran sind, konnte man in der letzten Wochen merken, als meine Weigerung, etwas über eine reaktionäre Provokation zu schreiben, als Feigheit ausgelegt wurde. Mittlerweile ist die ausgeuferte Debatte mit Stürmer-Vergleichen und Hitler-Karikaturen im Bundestag angekommen. Die Politiker gaben derart viele Gemeinplätze in Serie von sich, dass Zweifel an Darwins Evolutionstheorie aufkommen: Nichts hören, nichts sehen und nichts verstehen, das tun doch eigentlich nur drei Affen. Im Oktober 2005 waren die Provokationen aus dem am Irak-Krieg beteiligten Dänemark in der arabischen Welt veröffentlicht worden, ohne großen Protest. Der nun von reaktionären Regimen angeheizte Proteststurm, das Getue um Karikatur und Gegenkarikatur samt schrägen Einwürfen zur Meinungsfreiheit mögen andere aufgeregt diskutieren – unter ihnen ausgerechnet auch solche Figuren, die in den 60er Jahren Pasolini verboten und in den 80ern Achternbusch als Blasphemiker verfolgt hätten. Interessen, die im Dunkeln bleiben sollen und die Diskussion ebenso wie die Protestierer zu steuern suchen, gibt es auf beiden Seiten. Ich halte es mit Harald Schmidt, dem Pfeilbuntbarsch und dem Zitronenbuntbarsch.

*** Ich gebe gerne zu, dass mein Sinn für religiöse Gefühle unterentwickelt ist, um nicht gleich von völliger Taubheit zu sprechen. Nicht das kleinste Gesäusel erreicht mein Ohr, das bei jedem Rechner aufmerksam lauscht. Es mag gut sein, dass das höchste Wesen als Spaghetti existiert und nützliche Dienste leistet. Regelmäßig schaue ich bei Godchecker vorbei und informiere mich über den G'tt des Tages. Auch unter den Zahlen findet sich nichts. In diesem Kontext bin ich ein einfach ein 404er.

*** Oder eben ein mit Voltaire getränkter Leser, ein Bezweifler höherer Wesen. Am Tag, an dem diese kleine Wochenschau entsteht, kehrte der große Aufklärer vor 228 Jahren aus dem 28 Jahre langen Exil nach Paris zurück und wurde jubelnd empfangen. Der amerikanische Revolutionär Benjamin Franklin reichte ihm seinen Enkel mit der Bitte, ihn zu segnen, doch Voltaire lehnte den religiösen Unsinn ab. In diesem Unsinne muss ich gleich noch einmal die handliche Wikipedia zitieren, klärt sie doch über den Begriff der Ochlokratie auf. Benutzt wird er in diesem wirren Pamphlet zur Entscheidung eines Gerichtes im Fall des toten Hackers Tron, bürgerlich Boris Floricic. Wer derart schief vom "Bedürfnis auf Privatsphäre" fabuliert, wird seinen Privatschrein aufgebaut haben und vor diesem mit geballter Faust "Tron, der Kampf geht weiter" skandieren. Für Vermittlungsversuche taub, muss nun die nächste Instanz heran. Irgendwann wird der große Wunsch eines Berliner Anwaltes aufgehen, im russischen St. Petersburg vor Gericht auftreten zu können. Gibt es dazu eine Steigerung? Vielleicht ein Theaterstück mit Sprechrobotern im Stil des Heddatron-Projekts, gewissermaßen ein Trontron-Drama.

*** Einer, der gerne mal den Hacker gab, war der Kryptologe Hans Dobbertin. Er starb nach einem harten Kampf gegen den Krebs am 2. Februar im Alter von 53 Jahren. Wer sich jemals mit MD4 und MD5 beschäftigt hat, wird seine Pionierarbeit kennen. Mit seiner Arbeit trug er viel zum Renommee des BSI bei, den die taz einmal zum freundlichsten Geheimdienst Deutschlands kürte. Bei der Entschlüsselung der Briefe des österreichischen Unabombers Franz Fuchs soll Dobbertin eine wichtige Rolle gespielt haben, doch wie das bei Geheimdiensten ist, ist die Sache nebulös. Ein Tod, ein Begräbnis muss an dieser Stelle noch erwähnt werden. Denn zum Begräbnis der amerikanischen Bürgerrechtlerin Loretta King erntete die amtierende US-Regierung nicht eben Lob für das Ausspionieren der eigenen Bürger. Die NSA-Mischung aus Kafka, Le Carré und Mel Brooks dürfte wohl noch ein paar Einlagen produzieren, bis in Amerika die Bürgerrechte wieder Beachtung finden.

*** Ich gebe ferner gerne zu, dass ich meine Schwierigkeiten habe, einen hastig zusammengeschraubten Artikel wie Fit trotz Fett zu verstehen, der eine wissenschaftliche Studie verhackstückt. Aber ich gebe auch zu, die Anzeige nicht zu verstehen, die ProSieben im Namen von Germanys Next Topmodels in allen Zeitungen (taz und Bild einmal ausgenommen) schaltete. Eine Bande von langhaarigen dünnen Frauen im BH, die ein leckeres Buffet loben und sich freuen, bis zur Rente mit 67 eine geile Zeit zu haben. Ich will aber eigentlich nur darauf hinweisen, dass mit Betty Friedan und Karin Struck zwei unbequeme Frauen gestorben sind, von denen auch Männer etwas lernen können.

*** Aber es gibt ja auch Geburtstage zu feiern. Ausgerechnet heute feiert das tapfere Team der Heise zugetanenen OffTopic-Rechenknechte bei Einstein@home den 1. Geburtstag. Chapeau! Wenn es nun schon Werbung gibt, die mit dem Heise-Effekt trommelt, dann muss es auch erlaubt sein, diesen Unentwegten zu danken und ihnen den goldenen Pandabär in Zwangsjacke zu wünschen. Einen knuffigen Heisig allen Teilnehmern!

Was wird.

Die olympischen Winterspiele sind da, einschließlich ersten nationalen Getöses um die Freuden und Leiden der doch als erstes zutiefst gekränkten deutschen Seele. Was soll erst werden, da die Fußball-WM näher rückt? Wer die aufgeregten Debatten verfolgt, bekommt den Eindruck, dass Deutschland großflächig mit Maschendrahtzaun abgesichert wird. Doch gemach, es geht weiter. Wir haben ein Maskottchen namens Galeo, das immer noch ohne Hose herumläuft und einen "Kaiser", bei dem der Verstand fehlt. Das dazu passende neue Polizeilogo ist auch nicht viel besser. Es wurde im ZIS, im "modernsten Taktikraum der Welt", bestückt mit den "besten Rechnern und Programmen", vorgestellt. Wie gut das System ist, wurde am letzten Wochenende in Stendal demonstriert: Brennende Autos, verletzte Polizisten und düpierte ZIS-Spezialisten, die die Fans begleitet hatten. Die Rechnerprognose von einer problemlosen Rückfahrt nach Spielabsage erfüllte sich nicht. In der kommenden Woche berät der Europäische Polizeikongress in Berlin die Maßnahmen zur Fußball-WM. Passend dazu lädt der Bundesverband der Deutschen Industrie zu einer Debatte über die neuen Bedrohungslagen: Wenn schon der Bitkom die Homeland Security als neues Geschäftsfeld entdeckt, darf doch der BDI nicht fehlen. Selbst die Sozen sind mit von der Partie und diskutieren die Abschussbefugnis des Luftsicherheitsgesetzes. Die gründlichen Deutschen sind auch im Ausleben ihrer Phobien gründlich. Bei diesem Aufwand braucht es keine Entschuldigung mehr, wenn Deutschland nicht Weltmeister wird.

Wo bleibt bloß das Positive? In diesen Tagen sicher nicht bei der Musik, bei der man sich zwischen kieksenden Superstars und vergreisten Musikmanagern, denen zur Grammy-Verleihung auch nur noch U2 einfallen, nur noch in bereits gewohnte avantgardistische   Gefilde flüchten kann. Das Positive also? Hach, es ist eine verführerische Obstschale in die ich mich romantisch stürzen kann. Gesund und leider unvergoren. Wer nicht mit Obst feiert, dem wünsche ich viel Energie.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/69480

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #64 am: 19 Februar, 2006, 08:26 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war

*** Lass die heiligen Parabolen,
Lass die frommen Hypothesen –
Suche die verdammten Fragen
Ohne Umschweif uns zu lösen

dichtete einstmals der große Journalist Heinrich Heine über die großen Fragen der Religion, nur um dann zum Schluss zu kommen:

Also fragen wir beständig,
Bis man uns mit einer Handvoll
Erde endlich stopft die Mäuler –
Aber ist das eine Antwort?

Vor 150 Jahren wurde dem Heine das Maul mit Erde gestopft, der das Himmelreich auf Erden herbeidichten wollte, mit Zuckererbsen für jedermann. Heine ist tot, die verdammten Fragen sind geblieben und das mit den Zuckererbsen, daran arbeiten wir noch.

*** Eine der verdammten Himmelsfragen hat in dieser Woche das Bundesverfassungsgericht beantwortet, das das Flugsicherheitsgesetz souverän in die Tonne trat: Der Abschuss eines Flugzeugs, in dem nicht nur Terroristen, sondern auch Geisel sitzen, ist nicht rechtens. Prompt fordern unsere Politiker die Entfesselung der Bundeswehr, eine zupackende Nationalgarde für das wehrlose Deutschland, das zur WM von trinkfesten Briten gestürmt wird. Und überall dort, wo es beim Public Viewing stürmt, natürlich Kameras ohne Ende und ohne Rechtsgrundlage. Besonders peinlich dabei der bayerische Innenminister Beckstein, der zu den 370 ABC-Einheiten der Feuerwehr und den 16 SEB_ABC-Einheiten des technischen Hilfswerks unbedingt die 111 Fuchs-Spürpanzer heranholen will, die unter deutscher Flagge schnüffeln und spüren. Sie können nämlich unter Beschuss nach ABC-Waffen suchen, das können die ABC-Spezialisten von THW und Feuerwehr nicht. Doch welches Schreckensszenario steckt in den Hirnen unser Volksvertreter, wenn mit ABC-Angriffen und gleichzeitig mit Schießereien gerechnet wird? Die Antwort ist simpel: gar keines. Die WM kostet Becksteins Bayern 12 Millionen bei der Polizei, 4,5 Millionen beim Katastrophenschutz und 2,5 Millionen bei der ABC-Rüstung. Kommen Spürfüchse mit allem drum und dran zum Einsatz, spart Bayern 7 Millionen Euro. Dafür lohnt es sich doch, ein bisschen am Grundgesetz herumzufeilen. Die Entscheidung in Karlsruhe nimmt sowieso niemand sonderlich ernst. Von Seiten der Polizei gibt es übrigens eine Anfrage an die Bundeswehr: Sie betrifft einen Handvoll IT-Spezialisten, die beste Kenntnisse in Oracle- und SAP-Software haben.

*** "Die Vogelgrippe wird kulturelle Probleme unseres Landes im Zusammenleben mit Mitbürgern islamischen Glaubens lösen." Dieser geschmacklose Satz, in dem eigentlich nur noch ein Schlenker zu Abu Ghraib fehlt, ist ein Glanzstück deutschen Humors und er stammt wirklich aus der Feder von Friedrich Merz. Damit ist er ziemlich einzigartig in einer Passage, die Merz hier komplett aus dem Internet-Magazin Zyn abschrieb. Die er schlicht ungefragt klaute. Jaja, so ist das halt im Internet, da sind die Gedanken frei und kopierbar, da bewegt sich eine Inhalts-Mafia am Rande der Illegalität. Ist es da etwa verwunderlich, dass auch ein kleiner abgehalfterter humorfreier Politiker seinen Rede-Torrent einrichtet? Schließlich ist der Orden für den tierischen Ernst eine wichtige Sache, oder um es mit Heine zu sagen:

Noch immer schmückt man den Schweinen bei uns
Mit Lorbeeren den Rüssel.

Heinrich Heine, der berühmteste Dichter unter den Journalisten schrieb zu seiner Zeit viel Erschießliches. Nach Amerika wollte er nicht fliehen, der Sklavenfrage wegen. Nach Deutschland wollte er nicht zurück, in ein Land, in der jede Nacht ein Polizeidiener an seiner Tür rüttelt, um zu prüfen, ob der Herr Journalist wirklich schläft. Während bei Heine zur Nacht geklopft wurde, bevorzugt man in unseren Zeiten das Morgengrauen. Nun hat das Landgericht Potsdam die Aktion für rechtens erklärt, weil der besagte Artikel "erhebliche für die Sicherheit der BRD relevante Geheimnisse" enthalten habe und "Verletzung besonders schwerwiegend erscheint". Da muss einfach die Pressefreiheit abkommandiert werden, abgeurteilt als Beihilfe zum Geheimnisverrat. Nur das Erschießliche trennt uns vom preußischen Schnüffelstaat aus Heines Zeiten. Immerhin wird diese Farce bis zum Bundesverfassungsgericht gehen, während der andere journalistische Skandal versickern wird. Schließlich verteidigt die Bundeswehr die Allianz-Arena am Hindukusch. Und auch in Guatánamo.

*** "Lächle nicht, später WWWW-Leser. Jede Zeit glaubt, ihr Kampf sei vor allen der wichtigste, dieses ist der eigentliche Glaube der Zeit, in diesem lebt sie und stirbt sie, und auch wir wollen leben und sterben in dieser Freiheitstreligion, die vielleicht nicht mehr den Namen Religion verdient, als das hohle ausgestorbene Seelengespenst, das wir noch so zu benennen pflegen – unser heiliger Kampf dünkt uns der wichtigste, wofür jemals auf dieser Erde gekämpft worden, obgleich historische Ahnung uns sagt, dass einst unsre Enkel auf diesen Kampf herabsehen werden, vielleicht mit demselben Gleichgültigkeitsgefühl, womit wir herabsehen auf den Kampf der ersten Menschen, die gegen eben so gierige Ungetüme, Lindwürmer und Raubriesen zu kämpfen hatten."

Ich gebe gerne zu, dass ich ein alter Knacker bin, auch ist mein haaroskop nicht besonders rosig ausgefallen. Die letzten noch verbleibenden Jossele fallen ab, wenn ich Nachrichten von der TK-Überwachung aller Deutschen lese, die auf 361 ominösen Fällen und einem interessanten Umfaller beruht, dem härtesten Krähwinkel-Tauss aller Zeiten: "Gleichwohl stimmte er für den Antrag, da die Richtlinie nun einmal zumindest im Minimum umgesetzt werden müsse."

Vertrauet eurem Magistrat
der fromm und liebend schützt den Staat
Durch huldreich hochwohlweisen Walten;
Euch ziemt es, stets das Maul zu halten.

Ein Blick aus der Zukunft hat uns ja Tschechien beschert, wo erstmals nach einem halben Jahr die Rechnungen für die Kosten dieser Big-Brother-IT verschickt wurden: Umgerechnet 10 Millionen Euro muss die tschechische Polizei für die EU-konforme Vorratsdatenspeicherung zahlen. Uns bleibt die Hoffnung, dass die Bundesnetzagentur die Gebühren für den Staat ähnlich kalkuliert wie die tschechische CTU. Wer in den Daten schnüffeln will, muss eben in die entsprechenden Spürpanzer investieren. Und weil die Schnüffelei einen Ort haben muss, an dem die Schnüffler zum Erschnüffelten rausrücken, sei noch auf diese Initiative der Softwarepatentegegner hingewiesen, die in dieser Woche startete.

*** Natürlich war Heinrich Heine nicht der größte deutsche Dichter. Das überlies er gerne dem Zitronen-Goethe und seinem Eckermann. Aber er war – und das sagt der großen polnische Literatur-Papst Reich-Ranicki (mit Dank an IT&W – der "bedeutendste Journalist unter den deutschen Dichtern und der berühmteste Dichter unter den Journalisten der ganzen Welt". Das Gedicht dieser Woche stammt von Apple. Und Garrison Keillor prüft noch die literarische Fallhöhe des unbekannten Apple-Dichters der diesen Limerick schrieb:

There once was a user that whined
his existing OS was so blind
he'd do better to pirate
an OS that ran great
but found his hardware declined.

Please don't steal Mac OS!
Really, that's way uncool.

Uncool, aha, das bringt mich zu den olympischen Winterspielen, die irgendwie wichtig sind, von denen ich aber absolut nichts verstehe. Das bisschen Schlittschuhlaufen, das die norddeutsche Tiefebene bietet, wenn alle Jubeljahre der Maschsee zufriert, hilft nicht zum nötigen Verständnis für den Zickensieg. Mein Glückwunsch geht daher an Dale Begg-Smith, dem ersten Sportler, der mit Spam seinen Auftritt finanzierte.

*** Na, ist ja alles schön und gut, nahe Turin betätigen sich halt die Wintersportler ertüchtigend, und Mac-OS-X-User schreien   gequält auf angesichts der ungeliebten und immer wiederkehrenden Realität. Aber die Prediger der Religionskriege sind nicht einmal bedeutungsvoll genug, Heines Sentenz auf sie zu beziehen: "Die Geistlichkeit herscht im Dunkeln durch die Verdunkelung des Geistes." Wir aber widmen uns der Erinnerung, der Zukunft und der Musik. Nachdem tagsüber Wolfgang's Vault alte Aufnahmen der Rockheroen ganz für umme auf den PC lieferte (hey, das eigentliche "White Album" stammt immerhin von Frank Zappa aus dem Fillmore East), beschließen wir den Tag mit den Höhepunkten der Romantik, die ebenfalls von dem rebellischen Dichter und romantischen Journalisten stammen. Feiert nicht den Mozart, lest den Heine – und hört seine Lieder, am besten (aber nicht nur) in der Vertonung von Schumann.

Was wird.

Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus, auch wenn sie in der norddeutschen Tiefebene nicht besonders groß sein müssen, um Schatten zu werfen. Die CeBIT bahnt sich langsam an, entsprechend groß ist das Bedürfnis nach Luftholen vor dem digitalen Irrsinn. Nur die Separatisten von der Open-Source-Fraktion wagen den Dissens und starten am Freitag die größte Brüsseler Bier-Party, die dann am Wochenende sich als FOSDEM niederschlägt. Das Ganze ist ein sehr spartanisches Meeting, bei dem man neben bappigen Baguettes auch noch den heiligen Stallmann mit seiner 8-Zoll-Heiligenschein-Diskette und den Laptop-Gesetzes-Tafeln aushalten muss, auf denen die GPLv3.0 diktiert ist, in alle Ewigkeit. Da bleibt es mir nur übrig, den ollen Heine ein letztes Mal die Handvoll Erde aus dem Maul zu kratzen, damit er seinen letzten Vers zum Paradies-Vertreibungsgedicht "Adam der Erste" erzählen kann, ganz schlicht gegen alle Götter der Welt:

Ich will mein volles Freiheitsrecht!
Find ich die geringste Beschränknis,
Verwandelt sich mir das Paradies
In Hölle und Gefängnis.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #65 am: 26 Februar, 2006, 07:52 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ein eisiger Wind fegt über die norddeutsche Tiefebene und kühlt sie gut durch, bis das heiße Treiben des digital living an der Leine starten kann. Wir Niedersachsen feiern zwar keinen Karneval vorab der CeBIT, nein, selbst Feierleichkeiten zum 50. Jahrestag des Beginns der Entstalinisierung werden hierzulande wie in Russland nicht begangen – das siegreiche Banner der Partei wird noch allzuoft hochgehalten, auch zur Feier des Antisemiten Stalin. Wir aber leben in einer heißen Phase, das Fieber steigt, Hypochonder haben Konjunktur, jede Schnabeltasse kann von den Medien zerdeppert werden. Mit über 70 Millionen Geflügeltieren lebt in der norddeutschen Tiefebene, konzentriert auf wenige Landkreise, der weltgrößte Bestand des Federviehs, das schon Witwe Bolte als Inbegriff alles Hoffens und Sehnens galt. Auch die Henne der Nation, seit 100 Tagen im Amt, ist niedersächsischer Uradel: Streng genommen müsste eigentlich ein Ei oder mindestens ein Chicken Nugget unser Wappentier sein. Was ein Pferd da zu suchen hat, wissen eh nur Widukind-Forscher.

*** Überraschend tierlieb geht es auch im neuen Heisetreff zu, ganz ohne den von meinen Lesern geliebten Heisig. Da vermittelt die Tierschutzhilfe Fuerteventura oder die aus Thessaloniki Straßenköter und notoperierte Katzen en masse, nur ordentlich grippige Vogelviecher fehlen noch. Traditionell haben Journalisten ja nichts mit der Anzeigenabteilung zu tun – und das ist auch gut so –, aber manchmal ist doch erwähnenswert, wie viel Schrott es gibt, der in so einem Umfeld auch bei meinem Lieblingsverlag angeboten wird. Nehmen wir nur das Antiterrorsystem, bei dem man nach zwei Klicks bei der idiotischen Anti-Islamistischen Vereinigung in Europa landet. Auch die Kloake kann heute pro-jüdisch sein, das ist keine neue Erkenntniss. Der Fairness halber muss ich hinzufügen, dass die Rubrik "entlaufene Fische" noch nicht existiert: Trollfutter zum *fischrüberreich* wird demnach nicht ausgehen. Vielleicht sollte ich eine Live-Schrei(b)erei von WWWW in einer Kneipe inserieren, als Hyper-Blogging oder Web 2.pastell. Etwas konkrete Poesie oder ein kleiner Poetry Slam würden möglicherweise all die Web-2.0-Neubobos ins absurde Theater entführen und wir hätten unsere Ruhe.

*** Hey Autofocus! Über Beziehung von Lesern und Schreibenden hat sich schon Karl Kraus das Seinige gedacht. Der große Journalist, der angeblich heute vor 70 Jahren von einem Radfahrer niedergestochen wurde und an den Folgen dieser Verletzung starb, brachte es auf den Punkt; Ich und meine Öffentlichkeit ... Prima. Nehmen wir einmal an, dass das Verstehen und das Desinteresse auf beiden Seiten gleich groß ist. Etwa so groß wie die Kenntnis, die ein durchschnittlicher bayerischer Ministerpräsident über einen umgepolten Rambo offenbart, den er verbieten möchte: Die Meinungsfreiheit ist eine Karikatur und wehe dem, der sie vielleicht einmal verfilmen möchte. Umgekehrt wird natürlich aus jedem Film ein Schuh, ein Terroranschlag, oder einfach nur eines der größten Lieder unserer Kultur. Während seiner Dienstzeit als Mechaniker der US-Armee in Deutschland ging Johnny Cash ins Kino und schaute sich einen Film über die Lebensbedingungen in einem US-Gefängnis namens Folsom Prison an. Heute hat Johnny Cash Geburtstag, ein Sänger, der wohl nicht über Guantanamao geschwiegen hätte, und darum, nach dem großen Heine:

I hear the train a comin'; it's rollin' 'round the bend,
And I ain't seen the sunshine since I don't know when.
I'm stuck at Folsom Prison and time keeps draggin' on.
But that train keeps rollin' on down to San Antone.

When I was just a baby, my mama told me, "Son
Always be a good boy; don't ever play with guns."
But I shot a man in Reno, just to watch him die.
When I hear that whistle blowin' I hang my head and cry.

I bet there's rich folk eatin' in a fancy dining car.
They're prob'ly drinkin' coffee and smokin' big cigars,
But I know I had it comin', I know I can't be free,
But those people keep a movin', and that's what tortures me.

Well, if they freed me from this prison, if that railroad train was mine,
I bet I'd move on over a little further down the line,
Far from Folsom Prison, that's where I want to stay,
And I'd let that lonesome whistle blow my blues away.

*** Zurück zu den kleinen Befindlichkeiten des Alltags, nach 100 Tagen Merkelianismus, dem großen Gekuschel. Bestürzend ist es schon, wie glatt in diesem unseren neuen System die auch in Tschechien bekannte   Vorratsdatenspeicherung durchgewunken wird. Gegen die barbarische Maßnahme, die Journalisten einengt, protestieren viel zu wenige Journalisten. Die systematische Abwertung des Journalismus vom roten Ken geht weiter. Bald reicht sie bis hinunter zum kleinsten Blogger, der seine Taggerei für den besseren Journalismus hält.

*** Dieser Raubbau ist nicht schlecht in Szene gesetzt, sondern er wird mit allen Mitteln voran getrieben. Nehmen wir nur die Fußball-WM mit ihrer Beschränkung auf fünf Fotos pro Spiel. Jeder Blogger und Flickr-Apologet wird diese Einschränkung locker umgehen können. Das FIFA-Maskottchen Goleo trägt nicht ohne Grund keine Hose, ob vorne oder hinten. In diesem Spektakel, das immer noch trotz allen Icklern und FIFA-Schwachmaten Fußball und nicht Fussball heißt, hat sich ein SPD-Politiker namens Wiefelspütz den Schäuble-Schwachsinnsorden erster Klasse redlich verdient. Die Welt ist zu Gast bei Sicherheits-Paranoikern, aber eben in einem föderalistischen Deutschland.

Was wird.

Vor der CeBIT im Bundesland der weltgrößten Geflügelzüchterei sieht die Nachrichtenlage immer etwas unspannnend aus. Da bleibt dem Chronisten wenig mehr als der Hinweis auf eine Veranstaltung der Ärzte-Union Bayern, die am kommenden Samstag nicht nur den bekannten Gesundheitskarten-Kritiker Thomas Maus aufbietet, sondern auch einen Präsidenten eines Verfassungsgerichtshofes, der die elektronische Gesundheitskarten schlicht für illegal erklären möchte.

Doch bevor die Ärzte zu ihrem Dingsda-skop greifen und horchen, ob im siechen Körper noch ein Ton zu hören ist, will die SCO Group zeigen, dass sie noch an ein Me nach dem größten Reinfall im Prozess der Prozesse glaubt. Noch höher als Heine schätze ich in diesem Fall den Giganten Shakespeare, der dereinst schrieb:

Ich bin, der ich bin, und was sie summen
Von meiner Schuld, ist ihrer Schmach Bericht.
vielleicht bin ich gerad, und sie die Krummen:
Ihr gift'ger Hauch schwärzt meine Taten nicht.

Doch wer ist das Ich, das Schattengleiche? Heute, am Tauftag des großen Christopher Marlowe, sind alle Spekulationen recht. Vielleicht war er der größte Dichter aller Zeiten, der Shakespeare, vielleicht war er der größte Spion. Da passt es dann schon, wenn ich mit dem Dichter heute ende, dem, der selbst gern schwankte und wankte, bis sich alle zum Kotzen an der Reling aufreihten:

Mensch ist Mensch, der Beste fehlt einmal.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #66 am: 05 März, 2006, 09:08 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ich bin als Hannoveraner und damit Nicht-Preuße eher ein 06er und ganz sicher kein 68er. Geboren und aufgewachsen in der schönsten Stadt der norddeutschen Tiefebene, Heimat des besten Verlags der Welt mit den besten Ideen, bin ich damals nur demonstrieren gegangen, weil mein Mathematiklehrer in unserer Schule beliebt war. Sein Bruder Benno Ohnesorg war damals in Berlin erschossen worden. Das war Sauerei genug, auf die Straße zu gehen, aber wirklich verstanden haben wir Pimpfe das nicht. Der richtige Spaß begann in Hannover erst später, als die Rote-Punkt-Aktion startete. Jeden Abend brachte mein Vater andere Typen zum Abendessen mit nach Hause und wir lernten, wie groß die Welt selbst in Hannover sein kann. Die Aktion hatte auch gewaltige Nachteile: Bis zu seinem frühen Tode nahm Vater jeden Anhalter mit und fuhr Umwege ohne Ende.

*** Umwege? Umwege können wir uns heute nicht mehr leisten, dafür aber Computer. Und diese Woche gab es gleich zwei freudige Ereignisse, von denen die Niederlage der powerpointgestützte Klinsmannschaft nicht in mein Ressort fallt. Dafür aber das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes zum Datenschutz in der Telekommunikation: Dankenswerterweise wurde die Polizeiaktion gegen die Heidelberger Richterin als unverhältnismäßig bezeichnet, was Auswirkungen auf die Schnüffeleien gegen Cicero hat, die auch auf dem Weg nach Karlsruhe sind. Auch die Wolfsburger Schnüffelei dürfte unverhältmäßig gewesen sein. Doch das Karlsruher Urteil hat nicht nur Auswirkungen für Journalisten, denn die Krux verbirgt sich in den gar nicht erfreulichen Teilen des Urteils. Nun wird das richtige Löschen und Verschlüsseln mit diesem Urteil zur ersten Bürgerpflicht erklärt. Wer seine wichtigen Mails noch in einer unverschlüsselten Partition seines Rechners aufbewahrt, soll sich in Zukunft nicht über die neudeutschen Guck & Horch-Methoden beklagen, sondern sich lieber bei Utimnaco & Co oder bei Truecrypt nach den richtigen Antieinbrecherwerkzeugen umsehen:
"Ohne dass es in diesem Zusammenhang auf die wandelbaren Einzelheiten der Löschbarkeit digital gespeicherter Daten ankäme, hat der Nutzer in seiner Herrschaftssphäre Möglichkeiten der Datenverarbeitung und -löschung – bis hin zur physischen Zerstörung des Datenträgers –, die ihm nicht zu Gebote stehen, solange sich die Nachricht auf dem Übertragungsweg befindet oder die Kommunikationsverbindungsdaten beim Nachrichtenmittler gespeichert sind. Der Nutzer kann sich bei den seiner Verfügungsmacht unterliegenden Geräten gegen den unerwünschten Zugriff Dritter durch vielfältige Maßnahmen schützen, etwa durch die Benutzung von Passwörtern oder anderweitiger Zugangscodes sowie – bei Verwendung von Personalcomputern – durch Einsatz von Verschlüsselungsprogrammen und spezieller Software zur Datenlöschung."

*** Im Geschwurbel der Nachrichten entpuppt sich der Heiseticker mitunter als Meta-Nachrichtensendung. Wenn an ein und demselben Tag diese beiden   Meldungen kurz hintereinander veröffentlicht werden, unterbrochen nur von diesem Projekt, dann zeigen sich die berühmten synergetischen Effekte. Bei Meldungen in anderen Medien ist das nicht ohne weiteres zu erkennen. Wenn bei der Fahndung nach der verschwundenen Stephanie die Datenbank falsch befragt wurde, weil "sexuell motivierter Straftäter" und "Sexualstraftäter" sehr wohl zwei unterschiedliche Begriffe sind, dann ist das keine Panne, sondern richtig gesehen ein Designfehler in der Software. Einen ähnlichen Fehler kann man in der aktuellen BND-Debatte um die Verteidigungspläne von Bagdad feststellen. Pläne oder Skizze, das ist hier die Frage. Dass ein stellvertretender Regierungssprecher dazu sein Witzchen mit Punkt, Punkt, Komma, Strich reißen darf, zeigt die neue deutsche Kontinuität der Regierung Schrökel. Womit sich doch Fußball und Politik treffen, denn bei uns regiert das Prinzip Klinsmann.

*** Ja, ich weiß, auch wenn ich kein 68er bin, so darf ich mich doch nicht so jungdynamsich geben wie unser aller Klinsi oder die vergleichbar auftrumpfenden und gleich wieder zurechtgestutzten Neubobos des Web 2.0. Ich gestehe, ich bin ein alter Sack. Da befinde ich mich in guter Gesellschaft. Wenn jedoch die Zeit die Altsackhaftigkeit bei David Gilmour als lobenswerte Eigenschaft hervorhebt, bleibt anzumerken, dass der Gitarrist der Pink Floyd dies offensichtlich selbst als zentrale Charaktereigenschaft betrachtet und es auf dem just veröffentlichten On an Island etwas arg weit treibt mit der Altsackhaftigkeit. Da ist sich Gilmour auch ganz eins mit Bandkollegen Nick Mason, der unmöglich beantworten kann, worum es bei Pink Floyd ging, der die Ereignisse der 60er Jahre darauf zurückführt, dass die "jungen Leute plötzlich viel Zeit und Geld" hatten und der dieses seltsame Geschichts- und Geschichtenbuch geschrieben hat, dem wohl nur absolte Floyd-Aficionados etwas abgewinnen können. Unsereins möchte – bei aller Liebe zu den seligen Zeiten, als Pink Floyd noch nicht ganz im Bombast erstickten – lieber einem anderen alten Sack zuhören, wenn sein Werk von ein paar eher jungen Säcken noch einmal fabulös getrommelt wird.

Was wird.

Was wird schon sein, wenn die CeBIT kommt, ein emotionales Event, auf dem Kanzlerin Merkel und die IT-Branche den CeBIT-Song mitsingen? Wenn Microsoft und Intel ganz schrecklich geheimnisvoll Nichtssagendes veröffentlichen, wie man das sonst nur von der verqueren Apple-PR-Maschine kennt. Wenn alles citius, altius, fortius wird, wie der noch schwer germanisch klingende Bundesverband der digitalen Wirtschaft behauptet, der an der nächsten Blase nuckelt. Wenn die Resurrectio bis zur Raucitas auch im Hause Heise von denen betrieben wird, die mit Dummschwatz im Stil von "Das Internet ist kaputt" der üblen Propaganda der Copyright-Mafia aufgesessen sind. Aber zur Messe wird alles schön und 2.0, da trägt der Digital-Lude seinen handgefertigten diamantbesetzten USB-Stick am Kettchen und lacht sich eins über die Beuteltiere, die immer noch Mauspads abstauben wollen, statt schicker Inhalte voller Ajax-Interaktion. So wird der Web 2.0-Mob nach Hannover stürmen und von seinen RSS-gefütterten interaktiven Bildschirmschonern schwärmen, von Push und 24/7.

Wobei es diesmal den Beuteltieren an den Kragen geht. Nach 20 Jahren Standbelästigung hat man beim Sicherheits- und Biometrie-Spezialisten NEC die Lösung aller fest stehenden Gewissheiten gefunden. Lauschen wir der Pressemeldung, die mit ihrem verhunzten Deutsch stellvertretend für all die Belästigungen steht, die vor einer CeBIT zu ertragen sind: "Besonders gefährdete Ziele für terroristische Attacken sind große unübersichtliche Gebäudekomplexe wie etwa Flughäfen, Bahnhöfe oder Firmenzentralen. Erweiterte Sicherheitsmethoden sind daher erforderlich. Die NEC Videoüberwachungssoftware SmartCatch ermöglicht es, unbeaufsichtigte und zurückgelassene Gegenstände sofort zu entdecken und schlägt von selbst Alarm bei gravierenden Sicherheitsverstößen. Das System ist auf dem NEC Stand installiert und wird wohl vielen Besuchern, die dort in Versuchung geraten, heimlich überflüssige Plastiktüten auf dem Stand zu hinterlassen, viel Aufmerksamkeit verschaffen."

In Versuchung geraten sind Firmen, Schlagworte aus den aktuellen Debatten für ihren Messeauftritt zu verwenden. Sun frotzelt mit Sven Kemmler über den Karikaturenstreit und betont ansonsten nachdrücklich, dass ein Grid-Computer keine Waffe ist – wie sie etwa von US-Präsident Bush den Indernetlern zum Dank fürs Outsourcing – versprochen wurden.

Aber es geht auch subtiler. Nehmen wir nur IBM, die im Kontext der Debatten über die radikalen Islamisten ihre RFID-Chips lobt: "Sogenannte IBM 'clipped tags' erlauben das transparente Deaktivieren von RFID tags durch 'Enthaupten'." Das ist doch eine wunderbare Annäherung an einen so bedrohlichen Gegenstand, der dazu auf der CeBIT noch in Schwärmen auftritt! Wo ein Chip sitzt, muss ja ein kluger Kopf sein, den man enthaupten kann. Die Konkurrenz bei Metro kann ihre Chips nur mit einem überdimensionierten Bügeleisen keulen. Doch damit ist das Messethema noch lange nicht erledigt. "T-Systems und Intel gehen gemeinsame Wege im RFID-Business" heißt es in einer Pressemeldung, Die Chips werden in Autos eingebaut und adeln die Rostbeule zum intelligenten Vehikel, das seinen Fahrer erkennt und via GPS all seine Fahrten trackt, natürlich zu seinem Besten.

Die Generation "Hi Def" will transparent leben und transparent versichert sein. Zu verbergen hat man nichts, dank GPRS und HDCP. Jawohl, "Hi Def", steht nach dem Willen der Marketiers für High Definition und die potente junge Käuferschicht, die HDTV und HD-DVD (oder Blu Ray) kauft, sobald sie auf dem Markt verfügbar sind, und den ganzen Krempel ohne Wimpernzucken installiert. Stolz verkündet Sharp, dass die erste Ladung seiner 65-Zoll-HDTV-Geräte schon ausverkauft wurde, bevor die ersten Container vom Schiff sind, weil die Generation "Hi Def" einfach nicht warten kann. Die PR-Menschen, die nur noch von Triple Play schwärmen und von User-Centric-Broadband-Stratgie sprechen können, ohne rot zu werden, freuen sich auf die CeBIT. Doch noch schneit es in der norddeutschen Tiefebene und so können wir hoffen, eine SchneeBIT zu erleben, wie 1987. Frischer Schnee dämpft noch die hohlsten Phrasen.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #67 am: 12 März, 2006, 03:21 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es mag ja grau sein in Hannover und unwirtlich und die Stadt selbst von sprödem Charme, der erst bei 20 Grad Plus zu spüren sind, aber die Perspektiven in der Stadt der Scorpions und Schröders sind rosig: "Es geht aufwärts!" Wenn man überhaupt etwas von dieser CeBIT 2006 lernen kann, dann ist es Optimismus, selbst dann wenn der Schnee in die Nasenlöcher pfeift. "Wir werden Weltmeister!" Auch das ist ganz einfach. Man besuche nur den "Wir sind Fußball!"-Stand von Bild und AMD. Oder man gehe zum Fußball-Portal Servingo, mit der die Fraunhofer-Institute ein völlig neues Web- und Fußball-Feeling mit intelligenten Verknüpfungen vermitteln wollen. Noch besser ist ZAMB, die offizielle Abkürzung der Tatsache, dass jeder Deutsche mehr von Fußball versteht als Klinsmann. Der sowieso schon wie ein Avatar wirkt. Zweiundachtzig Millionen Bundestrainer sagen, was Sache ist mit der deutschen Mannschaft! Doch was ist ZAMB schon gegen ZEMP vom Heise-Velag. Zehn Millionen Postings erklären die IT-Welt und wie sie wirklich funktioniert. Gut, gelegentlich wird dabei schon ein mal ein Fisch herüber gereichtund eine Meinung formuliert, die von einem Schwarz-Weiß-Monitor zu stammen scheint, aber es gibt auch Gedichte und Geschichten.

*** Mit gefühlten 10 Millionen Fußbällen und 5 Millionen Großflachbildschirmen für die Wohnzimmer-WM geht die CeBIT in ihre zweite Halbzeit. Unter der Flut von Werbe-Gimmicks, die von den Beuteltieren aufgestöbert werden, ragt der Fensterkratzer von Novell als sinnvolle wie dringend benötigte Gabe im hannoverschen Schneematsch heraus. Ein leichtes Handicap: Bei 3 cm Kantenlänge braucht es halt zwei Stunden, die Autoscheiben frei zu kriegen. Aber möglicherweise sind das die Bereiche, in denen man bei Novell gegenwärtig denkt. Zeit genug bietet das jedenfalls, um sich Gedanken darüber zu machen, ob der auf der CeBIT gezeigte Linux-Desktop eine rundum gelungene Sache ist, oder man lieber zur Konkurrenz greifen sollte. Wer war das noch gleich? Der Fensterkratzer ist natürlich nur so winzig, weil er die winzigen Microsoft-Logos von den Laptops kratzen soll. Der vorgeschlagene und mitgelieferte Kleber-Ersatz, ein Pinguin mit Kapitänsmütze, soll wohl an den "Käptn Netware" erinnern, mit dem die Firma schon einmal grafisch verunfallte, vor etwa 10 Jahren.

*** Käptn Netware wusste immer, wie man abrauschende Server auf Kurs hält oder wie der Admin mit "Salvage" gegenüber dem gemeinen Uservolk wie eine Lichtgestalt mit göttergleichen Kräften erscheinen konnte. 10 Jahre auf Kurs hält sich übrigens ein weiteres feines Heise-Angebot namens Telepolis. Beim Studium der Geburtstagswünsche merkt man, wie wunderbar sich Lichtgestalt und Wundertüte ergänzen können. Wie hieß es noch zum Start vor 10 Jahren so unnachahmlich arrogant? "Schließlich ist Telepolis ein Angebot für all jene, die mittlerweile die digitale Technik unfallfrei beherrschen und nun zum Eigentlichen kommen wollen." 10 Jahre später darf man über die wunderbare Naivität unser aller Zukunftshoffnungen lächeln. Denn unfallfrei beherrschen, das ist mit der durch und durch DRM-verseuchten Digitaltechnik eben nicht mehr möglich. Man lese nur den Bericht von einem Unfall namens HDTV. Nur die Konstrukteure der Unfall-Technik glauben noch daran, dass es unfallfrei geht und versteigen sich zu lustigen Angeboten, bei den Problemchen einfach mal 'ne Mail zu schicken.

*** Das wirklich Eigentliche, das zeigte auch die CeBIT, ist, dass es nicht länger möglich ist, zwischen den Bad Guys und den Good Guys zu unterscheiden. Man nehme nur die Pressemeldung von F-Secure, die so beginnt: "Music sounds better without rootkits: F-Secure prüft auf der diesjährigen CeBIT Musik-CDs und DVDs der Besucher auf Rootkits." Die Firma, die mit Sony konspirierte, bietet sich als Helfer in der Not an. Das mag man naiv finden oder einen gesunden Geschäftssinn nennen. So ist das Leben im globalen Teledorf.

*** Wo bleibt das Positive? Versteckt es sich vielleicht in der Nachricht, dass Polizeibeamte nicht einfach so Festplatten von Rechnern kopieren dürfen, die sie auf Anordnung zurückgeben müssen? Aber nicht doch. Schon die Tatsache, dass über eine solche Selbstverständlichkeit in der Achtung der Privatsphäre anderer ein Richter urteilen muss, ist traurig genug. So warten wir auf den Tag, an dem bürgerliche Rechte von den Hütern der Ordnung unfallfrei beherrscht werden. Wahlweise auf den Tag, an dem ein Untersuchungsausschuss allein durch Blick in die Akten vergangener Aktionen einen Geheimdienst funktionsunfähig machen kann, obgleich es "keine revolutionären Erkenntnisgewinne" nach Lage der Akten gibt.

*** Nein, das Positive muss rein und nahezu unbefleckt sein, mehr Bambi, weniger Josefine Mutzenbacher. Das ist das echte Problem. Heute ist der Welttag der Philanthropie. Vor 105 Jahren schenkte der skrupellose Stahlmagnat Andrew Carnegie der Stadt New York 5,2 Millionen Dollar mit der Auflage, damit 65 Bibliotheken zu errichten. Später schenkte er noch mehr Geld für weitere 2500 Bibliotheken in USA und Großbritannien: "Der Mensch, der eine Bibliothek betritt, befindet sich in der besten Gesellschaft, die diese Welt bieten kann. Die großen Denker heißen ihn willkommen, umringen ihn und fragen freundlich, womit sie dienen können." Vorausgesetzt, man will die richtigen Bücher. Für die anderen gab es Loompanics, das sich nach 30 Jahren wahrlich stilvoll verabschiedet, mit Gruß an all die Zensoren, Prüderasten und Schweine dieser Welt. Wer dennoch einmal zu einem guten Buch greifen will, dem seien die Geburtstagskinder Jack Kerouac (heute) und Douglas Noel Adams (gestern) empfohlen. Beide haben mich auf meiner Flucht aus Hannover begleitet, vor vielen Jahren.

Was wird.

Vielleicht versinkt Hannover noch in einem großen Blizzard, wie er heute vor 118 Jahren wütete. Wahrscheinlich ist das aber nicht. Also werden wir unsere siechen Körper weiter auf die CeBIT schleppen, um noch das kleinste Informationsbröckchen für die Leser zu retten und den Ticker CeBIT-rot zu pinseln. Denn wie gesagt, die Stimmung ist rosig. Lächelnd den Schnee aus den Ihren schütteln, denn wie heißt es so schön: Nur Weicheier tagen in Las Vegas. Was die MS-Mixer können, dass schaffen auch die Novell-Admins beim Treffen der Hirne in Salt Lake City. Ach, die Stadt ist etwas zu trocken? Na, dann fahren Sie doch ins Powerpointland nach Brühl zum Web Hosting Day.

Gleich nebenan liegt Köln. Die Stadt ist übrigens auch ganz schön, ohne Karneval. Passend zur Neuauflage der Endlos-Diskussion über Killerspiele wird dort ein packendes Diskussionsspiel namens Clash of Realities aufgeführt, kurz bevor in Nordrhein-Westfalen feierlich der Tag der Medienkompetenz begangen wird. Natürlich mit einer Debatte über Computerspiele. Frei nach Lenin: Wenn ich das Wort Kultur höre, greife ich zu meiner Maus und W-A-S-D.

Wird noch was? Ach ja, heute Abend werden die Echos 2006 verliehen, die großspurig als zweitgrößter Musikpreis nach dem Grammy angekündigte Veranstaltung, die genauso viel Neues und Aufregendes in der Musik bietet wie die Grammys selbst, denen sie doch nicht das Wasser reichen kann. Und während die Grammys sich darauf verließen, dass die U2-Fans seltsamerweise immer noch nicht ausgestorben sind, dürften heute Abend die kreischenden Teenies triumphieren. Waren wir früher auch so? Möglicherweise, ja, aber eklig ist es trotzdem ... Genauso eklig wie die Scheinheiligkeit mancher Leute, die Toleranz und Meinungsfreiheit gegen islamistische Fanatiker hochhalten, aber der Ausladung von Oomph! und der WDR-Sperre für diese Band applaudieren, die man ruhig für seltsam halten mag, die aber ebenso alles Recht der Welt hat, Blasphemie unter Meinungsfreiheit zu fassen. Angesichts dieser Musikindustrie, die wir möglicherweise verdient, aber nicht gewollt haben, und angesichts kreischender Teenies und der DRM-Allmachtsphantasien, für die HDTV nur das Einfallstor ist, höre ich dann doch lieber dem israelischen Saxophonisten Gilad Atzmon zu: "It is time to move on, to rediscover why we all listened to music in the first place, why some of us decided to play music for a living. It is time to seek a glimpse of essentiality in our overwhelmingly noisy environment. Now is the time to rearrange the twentieth century, to stand up, to rebel, to resist and to say 'no thanks'. It is time to tell Big Brother 'I will decide what music is about'."

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/70724

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #68 am: 19 März, 2006, 08:47 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wenngleich unterhalten müssen wie warten für wie wenn verlieben den wiewohl verzeihen Einsatz wobei vertrauen im wohingegen vorbereiten öffentlichen WWWW-Forum verträumen von wie zusehen Leser konfrontiert zumal beziehungsweise nachschlagen dann heiraten und als ob träumen ausblenden statt unterhalten.
Jawohl, liebe Leserin, lieber Leser, sparen müssen wir alle, warum dann nicht bei den Texten anfangen und sie ganz ohne Tuning raushauen. Wenn Wissenschaftler wie der nette Herr Hüther vom Institut der deutschen Wirtschaft fordern, es müsse "Vollzeitjobs unterhalb der Existenzsicherung" geben, dann müssen wohl Schüler mit einer wöchentlichen Arbeitszeit von 20 Stunden ran, zuverlässig und sorgfältig Beiträge ins Content-Management-System zu setzen. Wer den Minimum-Menschen will, muss früh anfangen. Wenn der Burnout mit fünf kommt, kann man ja ein paar Schnullis für die Arbeit am CMS springen lassen.

*** Doch noch sind es kernige Männer und Frauen, die diese Kolumne füttern, lesen und loben, wie neulich auf der Heise-CeBIT-Party in Hannovers lautestem Varieté. Danke. Für alle gibt es heute die Aufgabe, das WWWW in sieben Minuten zu lesen. Nach sieben Minuten ist Schluss! Und das hat dieses Mal so gar nix mit dem Urheberrecht zu tun, das in Verbindung mit Online-Recht und den Gepflogenheiten zu Zitaten so manchen Rechtsanwalt noch immer überfordert. Nein, auch nicht nach elf Minuten, wie es der Oberesoteriker des neuen internationalen Schundromans fordert, ist Schluss: Mit sieben Minuten ehren wir heute Irving Wallace, der heute vor 90 Jahren auf die Welt kam. Der mit sieben Minuten eben nicht die Dauer des durchschnittlichen Geschlechtsverkehrs beschrieb, sondern ein Pamphlet gegen Zensur und Bigotterie, für die freie Rede. Mit "seven minutes" ehren wir B.B.King, der das Titellied für den Film nach dem Buch schrieb und sang und natürlich für den einzigen fast ernsthaften Film, den Russ Meyer drehte. Das tittenfixierte Publikum konnte mit dem Gerichtsdrama über das Recht auf freie Rede nichts anfangen, der Film wurde ein Flop und beendete die kurze Karriere von Meyer in Hollywood. Und das, obwohl der Film all die Satansschnitte und schlechten Schauspieler wie Tom Selleck hatte, die ein Russ-Meyer-Film haben muss. Doch eine klitzekleine böse Sexszene, in der ein Gorilla in einem Filmstudio ein Blondchen fickt, das war zu wenig,

*** Also: Nach sieben Minuten fliegt dieser Text aus der Verrichtungsbox des Browsers. Sieben Minuten Ehre auch deshalb, weil das Thema, das jener Isaac Walleschinsky in "Sieben Minuten" beschrieb und das dann auch noch von einem jüdischen Filmemacher in Szene gesetzt wurde, immer noch aktuell ist. Nur ist es halt vergessen: Heute versteht man unter "Sieben Minuten" nach Michael Moore die sieben Minuten, die US-Präsident Bush am 11.9. in einer Schule sitzen blieb, nachdem ihm die Nachricht vom ersten Flugzeug-Einschlag in das World Trade Center erreichte.

*** Wie gerne man mit Verboten zur Hand ist, beweist die aufgeregte Debatte über Killerspiele. In "Sieben Minuten", dem Film, geht es um einen Mord, der nach der Lektüre des Buches "Sieben Minuten" passiert sein soll. Ist damit die Vorlage schuldig, ein Killerbuch, wie ein Killerspiel? Vielleicht kam die beste Antwort in den Siebzigern aus Deutschland, vom März-Verlag, der die "wahren sieben Minuten" des fiktiven J.J. Jadway veröffentlichte. Vielleicht hatte Russ Meyer die bessere, härtere Antwort: In seinem Film outete sich eine geachtete Senatorin, gespielt von Yvonne de Carlo, als Autorin des "schlimmsten Werkes seit Gutenbergs Erfindung": Politiker sind halt die besseren Schmierfinken.

*** Überhaupt, Killerspiele. Warum redet niemand von Mörderspielen oder Millionenspielen, weil sie gute Rendite bringen? Was ist denn mit der Killer-WM, ein absolutes "Buy-In" für jeden Verbraucher? Es ist mal wieder an der Zeit, nach der CeBIT den Quatsch zu beklagen, den Werber auf der Messe mit Slogans wie "Ihre Ziele, powered by Cisco" oder "Microsoft, people-ready" verbrechen. OK, es gibt auch "Familie powered by Brigitte". Das fällt natürlich nicht auf, wenn die Aussteller auf spafranzlich über die "La Ola fürs Portemonnaie" ins Schwärmen geraten und die Gerüchte vom Ausfall der Ticket-Produktion niedergebügelt werden. Sind wir nicht alle ein bisschen ballverrückt? Überrannt von den lässigen Italienern freuen wir uns einfach auf vier Wochen Sicherheit in einer doch durch und durch unsicheren Welt, die auch in einem Gesundbrunnen-Massaker enden kann. Die so gefährlich ist, dass Spieler eine Datenbank ad absurdum schwindlig spielen können, was natürlich die Datenbank berechtigt, die Schwarzenbeck-Variante zu wählen. Am Ball bleiben, wenn den Boulevard Märchen erzählt, ist alles, Schweini.

*** Über 500 MP3-/Mpeg4-Player und Handys wurden auf der CeBIT von der Staatsanwaltschaft beschlagnahmt, die Mehrzahl bei Ausstellern aus der Volksrepublik China. Allesamt deshalb, weil sie patentrechtlich geschützte Produkte imitierten bzw. keine Lizenz hatten, die Produkte nachzubauen: Neue Ideen braucht nicht nur die CeBIT. Was an der Messe wirklich erstaunte, war nicht die geballte Werbung und die vielen Bundesligakicker, die Laptops, digitale Bilderrahmen, Fußbälle oder schlicht Pressemappen signierten. Es war vielmehr die Leichtigkeit, mit der ein Thema umgangen wurde und nur selten zur Sprache kam: Das Digital Rights Management all der neuen Geräte interessierte scheinbar niemanden. Donnernder Applaus bei Intels Origami-Vorführungen für den satten Sound und die schicken In2Movies-Filme der Arvato Mobile, die von einem Bertel-Torrent auf die neuen Taschencomputer geladen werden können, absolute Stille über die laut Intel besonders sichere "DRM-ViiV-Technologie". In2Movies und Maxdome sind so fortschrittlich, dass es keiner weiteren Erwähnung bedarf. Doch wenn die Tests stimmen, müssten eigentlich alle Player konfisziert werden, die nicht sauber angeben, wie DRM die Leistungsdauer schmälert.

*** Soso, zu wenig Shakespeare in der letzten Zeit soll also ein Mangel dieser kleinen Wochenschau sein. Wohlan, so höret diese Verse:
"Mitbürger! Freunde! Römer! Hört mich an!
Begraben will ich Cäsarn, nicht ihn preisen.
Was Menschen Übles tun, das überlebt sie."
Die SCO Group ist mitnichten unter den Akten begraben, die IBM nach Utah schickt, sondern betreibt ein fröhliches Marketing im Lichte hervorragender Produkte. Dafür gibt es Preise wie den Consumer Technology Award der Big Business Expo von Utah, Preise, die wie die Gefälligkeitsrezensionen am Lake Wobegon wirken, billig gefischt und billig vermarktet. Dass man mit pfuschen weit kommt, trifft die Sache gut, genauso wie der schöne Satz in der neuen Server-Werbung SCO UNIX helps the German train system run on time. Wir warten auf die Taufe des Mehdorn-McBride-Expresszuges.

Was wird.

Nun, die MS-Mixer haben wie angekündigt bereits ihre ersten Versprechungen unters Volk gebracht, aber was verspricht Novell? Möglicherweise ist die Brainshare ja wirklich der Anlass, etwas mehr über die Zukunft einer Firma zu erzählen, deren Linux- und Identity-Management-Mantra so langsam keiner mehr hören will angesichts unklaren Kurses. Möglicherweise sollte doch Red Hat nochmal unterstützend eingreifen – ganz alleine als kommerzieller Platzhirsch unter den Linux-Distributoren dürfte der Novell-Konkurrenz ein ungemütlicher Wind ins Gesicht blasen, vor dem auch Fedora-Projekte wie der am Montag erwartete Core 5 nur schlecht schützen. Konkurrenz belebt nicht nur das Geschäft, sondern schützt auch vor allzu unangenehmer Hinterfragung des eigenen Geschäftsmodells durch eine Community, auf deren Arbeit man doch angewiesen ist. Novells Jack Messman aber wird sich endgültig von den alten NetWare-Leuten verabschieden wollen – mit denen er schon lange kein Geld mehr verdient –, um nicht nur Steigbügelhalter für Red Hat zu sein, sondern endlich selbst mit seiner Linux-Bude Suse ein Bein auf den Boden zu bekommen.

Am Mittwoch startet dann auch das großspurig als First International Computer Game Conference angekündigte Ereignis. Da kann man sicher schön über den Clash of Realities debattieren, ein ebenso ominös wie der Clash of Cultures erscheinender Kampf der virtuellen Baller- und Simulationswelt mit der harten Realität. Diese Realität holt immer wieder die unterschiedlichen Protagonisten der ewigen Diskussion über die Killerspiele ein, bei der der hahnebüchene Populismus politischer Forderungen der einen Seite zum Himmel stinkt, während die Ignoranz gegenüber möglichen psychischen Verwerfungen durch so manchen Egoshooter Reflexe einer abgrundtief dummen Abwehrhaltung auslöst. So haben beide Seiten ihr Päckchen zu tragen und können beruhigt über den Kampf der Realitäten und die Wirkung virtueller Welten auf das Geschäft von EA diskutieren. Viel Spaß noch ...

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #69 am: 26 März, 2006, 08:26 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.


*** Eine Warnung vorab. Heute sind nicht wie letztlich sieben Minuten Ficken das zentrale Thema der kleinen Wochenschau aus der norddeutschen Tiefebene. Heute wird es schwer philosophisch. Wer keine Neigung hat, das Philoso Vieh zu melken, der kann jetzt die ausgetretenen Pfade und Holzwege verlassen. Wir anderen schunkeln zur Einstimmung mit dem großen finnischen Troubadour Numminen und dem großen österreichischen Philosophen Wittgenstein: Wovon man nicht sprechen kann .... Wobei die Credits für die von mir wiederholt gebrauchten Philoso Viehtreiber nicht fehlen dürfen: Das Wort wurde von Mynona im großen Schweizer Kabarett Voltaire des Hugo Ball kreiert, in dem alpenländisch beeinflussten Holzfäller-Sketch. Aus dem eine britische Truppe schließlich diesen schönen Holzfällersong machte. Solchermaßen sind wir schwer in das Sein Geworfene traurig genug gestimmt, um die zentrale Botschaft dieser Woche zu empfangen: Die Singularität ist nah! Frohlocket! Jauchzet!

*** Ich gestehe, dass ich erst knapp vierhundert Seiten von der großartigen Offenbarung Singularity des megacoolen Philosophen Ray "Ich bin ein Singularitarian" Kurzweil geschafft habe. Dennoch bin ich begeistert in den nächsten Laden gestürzt, eine Festplatte zu kaufen, auf der in Bälde mein Gehirn downgeloadet oder gedownloaded oder lowdowngedönst wird. Dann, wenn der Mensch seine biologische Bindung an das schwache Fleisch lösen kann und nur noch aus Geist und Bits besteht. Doch wo ich die sieben Minuten Ficken in tiefe, tiefe Ewigkeit verwandeln will, bleibt maximal Seagate übrig, mit 5 Jahren Garantie. Wer keine 650 Seiten Kurzweil lesen möchte, dem biete ich hier die philosophische Kurzfassung: panta rhei.

*** Jaja, die akademischen Philosophen werden jetzt an ihrem Heraklitorus fummeln, ich aber halte mich lieber an den größten Singulär aller Zeiten, an Bill Gates, wie er bei Kurzweil vorkommt: "Everything of value is fleeting." Im Interview mit Ray Kurzweil, für ungeduldige Wichser zu lesen ab Seite 374, fragt Ray Kurzweil nach, wie dieser Fluss zu einer höheren Menschenheit verbessert werden kann. Ein Orgasmus ohne Ende? Gates ist Microsoft ist Microsoft ist Microsoft ist Microsoft. Oder, um es in Gates' Worten zu kleiden: "True, that's why we need to keep innovating." Innovation bei Microsoft! Vor diesem lauteren Innovationsdurst muss auch das christliche Weihnachtsgeschäft zurücktreten: Vista und Office kommen später, weil noch schwer innoviert wird. Nur Firmenkunden kommen vorher in den Genuss der schnieken Software, aber das auch nur, weil viele Software Assurance-Verträge auslaufen.

*** Sollten sich die Gerüchte bewahrheiten, wonach die Verzögerungen mit dem noch unvollkommenen, nicht wirklich funktionierenden DRM-System zu tun haben, so gibt es für die Jungs in Redmond Trost: Auch die KPdSU ist nicht an einem Tag gegründet worden. Mit einem liebevollen Blick auf die Abweichler Trotsky, Bucharin und Allchin stimmen wir den großartigen Song an, der dereinst auf dem Alexanderplatz von den Blauhemden der FDJ gesungen wurde: Hallo, guter Kommunist! Denn wenn sich die KPDRM daran macht, das Privateigentum an Medieninhalten abzuschaffen, dann ist es an der Zeit, den Unfug zu kommentieren, den die neue deutsche Digitale Schutzstaffel produziert. Das Delikt wird vielleicht "verschärfter vorsätzlicher Bagatellschaden" heißen und mit drei Jahren Haft der "fahrlässige Herbeiführung einer Kernexplosion" entsprechen.

Der ganze Artikel

Quelle : www.heise.de

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #70 am: 02 April, 2006, 08:54 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Moni macht Urlaub, ihr Rechtsanwalt verkündet Erledigung und der Bloggermob wendet sich neuen Dingen zu, an denen sich die Schwarmintelligenz aufgeilen kann. Transparency International ist um eine Erfahrung reicher und wahrscheinlich um einen Ethikbeauftragten ärmer, weil der alte Prof. Dr. das Kunststück fertig brachte, für seinen Schreibmüll das Urheberrecht zu reklamieren. Außerdem wird sich die gekonnt intransparent auftretende Organisation bei der Suche nach dem nächsten Praktikanten sicher erkundigen, ob er oder sie Kontakte zu dieser üblen Pranksterszene hat. Für satte 300 Euronen im Monat kann man schon etwas mehr erwarten als das Wissen, wie man einen Papierkorb fachgerecht entleert.

*** Richtig nackig steht nur der hochgepriesene Online-Journalismus da, den einige Blender als Journalismus der Zukunft verkaufen wollen. Unkritische Interviews und Fragen innerhalb des Netzwerks erfahrener ARD-Korrespondenten, bei denen die Flatterie neue Triumphe feiert, sprechen nicht gerade für diese tolle neue Form des Journalismus. Wer auf Anwalts Spuren oder den Rudeleien der Blogger Nachrichten produziert, hat schwerlich Zeit, den Blick dahin zu lenken, wo es wirklich weh tut, wenn man Abschied nehmen muss. Legends never die.

*** Am Ende ist Online-Journalismus halt nur eine weitere Paparazzi-Technologie, ein Cell Journalismus, der gedankenlos klickt und klappert, weil er nie gelernt hat, kritische Fragen zu stellen. Das gilt natürlich auch für die IT-Branche, die die Web-2.0-Blumenkinder hätschelt und alles, was angeblich Ajax macht, verzückt beschreibt. Nehmen wir nur die Nachrichten über Ajax Sketch und andere vermeintliche Ajax-Programme, die Microsofts Erzfeind und begnadete PR-Flak Michael Robertson bejubuliert. So wird rund um die in Bochum programmierte Software, die bei uns schlicht als BüroPaket angeboten wird, der Hype angefacht – ein Ende ist noch nicht absehbar. Fachkundige Blogger können vor dem plappernden Blödsinn schützen, aber wer ist fachkundig und wer plappert nach? Die in Amerika verkündete Entscheidung über die journalistische Qualität der politischen Blogs ist ein wichtiger Schritt für die Meinungsfreiheit dieser Publikationsform, hiesigen Rechtsanwälten wie Richtern zur Lektüre empfohlen.

*** Aber es gibt auch noch ein anderes Amerika. Das Amerika, in dem Rupert Murdochs News Corporation, die MySpace übernommen hatte, mit einer Software experimentiert, die nackte Haut erkennt. Ein Amerika, in dem Steve Ballmer frank und frei zugeben kann, dass er seine Kinder einer Gehirnwäsche unterzogen hat, damit sie weder Google benutzen noch Musik auf einem iPod hören: Zu gefährlich sind die Memes, die da übertragen werden können. Passend ist es da schon, wenn sich Fördermittellutscher wie Berlinpolis ausdrücklich als Thinktank bezeichnen und sich für eine Kontrolle des Internet stark machen. Auch bei uns hat die Gehirnwäsche Tradition.

*** In dieser Woche sind in verschiedenen Bundesländern die Berichte der Datenschutzbeauftragten erschienen. Ob in Berlin, in Bremen oder in Brandenburg, es ist überall das gleiche Thema. Die Videoüberwachung wird penetrant ausgedehnt, die Videodaten werden viel zu lange gespeichert, bei Hartz IV ist der Datenschutz so gut wie aufgelöst: Die GEZ entpuppt sich mit ihrem Pochen auf Originalbescheiden bei ALG-II-Empfängern als besonders datengierige Organisation, die über eine Drogenabhängigkeit oder Schwangerschaft der gebührenbefreiten Klientel informiert sein will. Wo bleibt da das Positive? Natürlich bei der GEZ, die rechtzeitig zum 1. April im Geizistgeiland mit einem besonders günstigen Internet-Tarif für Rundfunkgebührenzahler wirbt.

*** Nicht positiv genug? Wie wäre es dann passend zum hiererorts fast vergeigten 1. April mit Apple, dieser Firma, die von zwei Scherzkeksen gegründet wurde? Ach, auch das ist kein Grund zum feiern. Wie wäre es aber dann mit den Nachrichten von der Rütli-Hauptschule in Berlin, ihres Zeichens ein anregendes Exempel für den demographischen Wandel in Deutschland, den Bertelsmann aufmerksam begleitet? Das Positive kommt in diesem Fall vom SIBB, der tatsächlich eine Rütli-Pressemeldung lancierte, die Vorfälle mit Gewinn zu betrachten: "Der sprachliche und kulturelle Hintergrund ausländischer Schüler kann deutschen Unternehmen helfen, internationale Märkte zu erschließen und zu gewinnen. Ausländische Mitarbeiter sind für Deutschland eine Möglichkeit, das vermeintliche Migrationsproblem in eine wirtschaftliche Stärke zu verwandeln. /.../ Der Verband fordert die Berliner Schulen auf, mit der Wirtschaft zusammenzuarbeiten. Berufsvorbereitende Betriebspraktika – auch in der Ferienzeit – können Schülern neue Perspektiven für ihren späteren Berufsweg aufzeigen. Damit wird die Spirale der Perspektivlosigkeit durchbrochen." So einfach ist das, dank der IT-Branche in diesem unseren Lande. Da helfen auch unser aller Intellektuelle nicht weiter. Kein Wunder, dass sie manchem, der von außen schaut, zu denken geben.

Was wird.

Unaufhaltsam kommt sie näher, die Fußball-WM in diesem unseren Lande. Ein Ereignis, so groß, dass es schon verständlich ist, wenn seinetwegen kurzerhand das Recht außer Recht gesetzt wird. Schließlich ist das Passgesetz kein Evangelium, während der Fußball rund und Gottes Wille ist. Heute findet in Bonn der erste offizielle Welcome Day für unsere FIFA-Gäste statt, an dem 10.000 Zugucker beim Bonner Marathon die "größte Nationalmannschaft aller Zeiten bilden werden". Wie heißt es so schön in der Pressemeldung zum Welcome Day: "Ohne Software, Internet, Digitalkameras und Hochgeschwindigkeitsnetze für den Datenaustausch wäre ein Sportevent, der weltweit Milliarden von Menschen in den Bann zieht, nicht mehr denkbar." Bisher dachte ich, dass zweiundzwanzig Spieler, zwei Tore und ein Ball ausreichen. Das ist eine vergreiste Einstellung.

Wenn die Freunde zu Gast sind, werden wir nicht bei ihnen sein. Das ist keine Drohung oder Verweigerungshaltung, sondern schlicht die Anwendung des Marketingeifers der FIFA. Sie lässt im Stadion, in den FIFA-Hotels und in der Bannmeile ringsum nur Printprodukte aus dem Hause Bertelsmann zu. Und diesem Haus gehört der Heise-Verlag nun einmal nicht an. Derzeit wird noch geklärt, ob der Aufruf von bertelsmannfreien Online-Seiten in den FIFA-Zonen erlaubt ist. Selbst die Gazette von Format, das Hauptorgan des deutschen Fußball-Sachverstandes, ist hier nicht gern gesehen. Mit einem schicken Versprecher hat BMI-Mitarbeiter August Hanning bekannt gegeben, dass Deutschland sicherheitstechnisch bestens auf die asymmetrische Bedrohung durch Hooligans und Terroristen antworten wird. Nur die Torwartfrage ist noch offen.

Während alle Stätten abseits der Stadien mit verschärften Auflagen zur Videoüberwachung aus mindestens drei Perspektiven die größtmögliche Sicherheit aller Unbeteiligten garantieren soll, sind die Erkenntnisse unserer Nachbarn kein Thema. Das Durchsickern von Ergebnissen aus dem Untersuchungsbericht der englischen parlamentarischen Kontrollkomission zu den Bombenattentaten vom 7. Juni zeigt: Die Sicherheitskräften waren gewarnt, aber unschuldig, die Videoüberwachung bringt keine Sicherheit, aber eine schnelle Aufklärung hinterher. Die Lösung ist einfach: Die Kameras müssen zu unser aller Sicherheit intelligenter werden. Der Rest ist Sache der Seelsorger.

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #71 am: 09 April, 2006, 10:06 »
09.04.2006


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Was war.

*** Lehmann! Lehmann! Da haben selbst die schärfste Tortengrafikfälschung und die kaiserlichen Brabbeleien nichts geholfen. "Maßlos enttäuscht" soll Oliver Kahn sein. Wahrscheinlich ist er rot angelaufen, genau so, wie das seine Heimat kann, die Allianz-Arena, deren Lichttechnik von einem Suse Linux Server gesteuert wird. Nun aber Lehmann! Lehmann! Endlich wird der Keeper für sein Engagement gegen die Zwangsprostitution geehrt, meint die Fußballexpertin der Grünen, Claudia Roth. Ja, nun hat Mad Jens seine Verrichtungsbox ganz für sich und Kahn wird fast freiwillig die WM aus anderer Perspektive erleben.

*** Etwa so, wie normale Menschen sie erleben, als eine vollkommen in Werbung und Sponsoring ertränkte Idee, bei der das Kotzen mal von rechts und mal von links kommt. Als Event, bei dem die gängelnden Veranstalter Fußball als Operette inszenieren, komplett mit einer Justiz-Operette, in der das Grundgesetz etwas blatterhaft interpretiert wird. Mit der Terror-Plattwalze argumentiert die schriftliche Urteilsbegründung zu den abverlangten Ausweisnummern der Käufer von WM-Tickets: "Die Gefahr terroristischer Anschläge, insbesondere aus dem islamischen Kreis, ist bei solchen Massenveranstaltungen mit mehreren tausend Personen auf engem Raum weit größer als bei Bundesligaspielen." Besonders dann, wenn ein ungebetener Fan kommt, aus einem Land, gegen das die USA Krieg führen möchte. Nein, gemeint ist nicht Osama Bin Laden, der erklärte Fan von Arsenal London.

*** Achja, die Ausweisnummern und der Frankfurter Richter, der Evangelium und Grundgesetz verwechselte: Diese sind "auch erforderlich, da die weiteren gespeicherten Daten hierzu nicht geeignet sind. Der Namen und das Geburtsdatum des Besuchers sind nicht geeignet, da es durchaus verschiedene Schreibweisen geben kann und hierdurch Verwechslungen möglich sind. Insbesondere bei Namen aus dem ostslawischen, ostasiatischen und arabischen Raum sind viele Schreibweisen denkbar." Schön, dass hier die sonst gerne zitierten britischen Hooligans nicht erwähnt werden, weil sie ja noch ohne die zwangsverordneten ID-Karten reisen können, die schick als universal entitlement cards einherkommen. Noch schöner ist allerdings die an Hooligans gerichtete Werbung für Germany: "You can't beat it for a short break". Aber hallo, wie das geschlagen werden kann: "ten german bombers in the air". Das hat schon eine andere Qualität als die Spässekens mit den Kaasköppekens und die Verzweiflung des Oleguer Presas.

*** Bleiben wir international orientiert in vielen Schreibweisen. In Frankreich protestieren Jugendliche gegen den Ersteinstellungsvertrag, den "Contrat première embauche", auch CPE abgekürzt und besser als "Contrat pour L'Enfer" bekannt. Bei uns gibt es keine Verträge für die Hölle, aber die Hölle gibt es schon, vorher, hier vorgestellt von der taz. Hier muss eigentlich kein großartiger Kommentar her und schon gar kein Statement von übergschnappten Politikern, die Kinder mit mangelhaften Deutschkenntnissen nach Hinteranatolien deportieren wollen. Es gibt aber einen großartigen Kommentar, der in 10 einfachen Regeln erklärt, warum es in Deutschland so kalt wird, wenn die Hauptschule zum Sicherheitstrakt erklärt wird. Und merke, lieber Schüler: Unser Bildungssystem bietet jedem eine Chance, also nutze sie. Jeder sein eigener Chancenjäger, und jedem nur eine Chance, präsentiert von den Dönertieren Erkan und Stefan, die der höchste bayerische Politiker als Integrationsfiguren ausgelobt hat, die jungen Türken die Wirklichkeit erklären können. Ja, die Hölle ist für junge Menschen näher als der Himmel für die Rentner.

*** In der EDV sind Hölle und Himmel (oder Fegefeuer?) in dieser Woche zusammengekommen. Der Name ist Programm: Boot Camp, ein Erziehungslager für ungezogene Rechner, in dem Apple zeigt, wie Windows domestiziert werden kann. Natürlich ist die ganze Aktion nur eine Fahrt ins Blaue, bis Apple das Gegenstück nachlegt, ein OS X für 99 Dollar für Windows-Rechner. Der Kampf um den Desktop ist eröffnet, weil Microsoft schwächelt und seinen nächsten Zug verschieben musste. Zu schade, dass der Linux-Desktop diesmal nicht beim Geharke und Gehacke dabei sein kann. Aber seine Enkel fechten es besser aus, natürlich. Und dann haben wir endlich die Rechner, die wir uns schon so lange gewünscht haben und nie bekamen, die Rechner, die die Bedürfnisse des armen Nutzers erfüllen und noch seinen geheimsten Wünschen zu Diensten sind statt den Herren Jobs und Gates. Wirklich?
Ach, man darf doch wohl noch mal einen Spaß machen ...



mehr auf:

http://www.heise.de/newsticker/meldung/71841
Produktiv:
ASRock K8S8X, Athlon64 3000+, 1GB Infineon Ram, WinFast A340 8X AGP, Samsung HD160 GB SATA2,
Technisat SkyStar 2, Stab HH100 Rotor und 5° & 19,2° Ost fest
BS: Mandriva-Linux (mdv) 2010.2 PP, kde 3.5.12, kaffeine 0.8.8, skynetR32

Bastelsrechner:
ASRock N570 SLI, Athlon64 X2 6000+ 4GB Geil Ram, EVGA GeForce G 210 Passiv (1GB DDR3, VGA, DVI, HDMI), Samsung HD 500GB SATA2, TT-budget S2-3200 PCI
BS: immer nur Pinguin freundliche

Offline Warpi

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #72 am: 16 April, 2006, 11:36 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen.

Quelle und ganzer Artikel :

http://www.heise.de/newsticker/meldung/72044
« Letzte Änderung: 16 April, 2006, 11:36 von transwarp »
Mein Vdr / Audio/ Video / Homeserver

Intel Atom A330 Dualcore 2*1,6Ghz / 2 Gigabyte Ram
2 * 500 Gigabyte Samsung HDDS, Technisat Skystar2 DVBS
Ubuntu Jaunty Server, Vdr mit Webinterface, Openssh, Samba

2. Vdr
Pentium 3 / 1000 Mhz /  512 Mb Ram / Refurbished
1 * 200 Gigabyte Samsung HD, Technisat Skystar 2 DVBS
Ubuntu Karmic Server, Vdr mit Webinterface, Openssh, Samba

Asus Eee PC 1005P Netbook (Intel Atom N450 1.6GHz, 1GB RAM, 160GB HDD) Win 7 Starter, WarpIX Netbookremix + Ext. 500 GB 2.5 " HD

Videoschnitthardware
AMD Black Edition - AMD Phenom II X6, 6 x 3.2 GHz Prozessor, 8 GB DDR3 / 1600, 2 x Samsung 1TB, Nvidia Gt 240
Techno Trend S3200 , Windows 7 Homepremium / x64, Linux Mint Julia / x64

Die größte Fehlerquelle des PCS sitzt meist 30cm vor dem Bildschirm.

Offline SiLæncer

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #73 am: 23 April, 2006, 08:47 »
Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

Why is my verse so barren of new pride,
So far from variation or quick change?
Why with the time do I not glance aside
To new-found methods and to compounds strange?
Why write I still all one, ever the same,
And keep invention in a noted weed,
That every word doth almost tell my name,
Showing their birth and where they did proceed?

*** Am vermuteten Geburtstag des großen Barden muss ein kleines Sonett über die Einfallslosigkeit der Wortschmiede her. Immer wieder dieselben langweiligen Wochenrückblicke! Wie quicklebendig geht es dagegen vor Gericht zu, wenn SCO von der Richterin gefragt wird, ob das alles ist, wenn ein neuer Experte eine Märchengeschichte über den Diebstahl der Methoden und Konzepte erzählen kann? Für diese unendlich unerquickliche Geschichten wie diese hatte Shakespeare ein Wort kreiert, das heute noch gebräuchlich ist: "foul play". Was übrigens auch auf die ehrenwerten Investoren in die ehrenwerte SCO Group gemünzt werden kann.

*** Aber ach, drei Seelen wohnen in meiner Brust: Heute ist der "UNESCO Welttag des Buches und des Urheberrechts", außerdem der Tag des Bieres, weil vor 490 Jahren das deutsche Reinheitsgebot verordnet wurde. Ganz zu schweigen davon, dass heute auch noch der Geburtstag des Punks gefeiert werden muss. Am 23. April 1976 erschien das erste Album der Ramones. 30 Jahre und ein Museum weiter ist der Blitzkrieg Bop immer noch das Beste, was man seinen Ohren antun kann. Und mit I'm a Nazi Schatzi (Today your Love, Tomorrow the World) kann man immer noch die Gemüter schocken. Seltsam, nicht, was mögen die so Geschockten dann zu den U.K. Subs, Black Flag, den Stiff Little Fingers oder den Dead Kennedys sagen? Ob Sigmar Gabriel als offizieller Rock-Beauftragter der SPD Nazi Schatzi, Let's Lynch the Landlord, Alternative Ulster oder Violent City mitsingen kann?

*** Eher nicht. Diese SPD meint bestimmt, Arctic Monkeys und Green Day wären irgendetwas, was sich Punk-Revival schimpfen dürfte, diese SPD kann noch nicht einmal den Mund aufmachen, wenn ein "Bündnis für Erziehung" von der Leyenspielerschar der Pfaffen und Priesterlein als Reconquista der christlichen Werte ausgerufen wird. Wenn die Regierung Merkel die Trennung von Staat und Kirche angeht, müsste die Partei aufstehen, die unter dem Sozialistengesetz als "sozialdemokratische Freidenker-Gesellschaft" agierte. Abschreckend und abstoßend ist es auch, wie sich prompt Vertreter anderer Religionen anschleimen, die Indoktrination durch höhere Wesen in der Erziehung zu verankern. Bald werden auch sie hinzugezogen, nur die Resttruppe der Freidenker von der Humanistischen Union müssen draußen bleiben. Und natürlich diese schlimmen Menschen aus Ostdeutschland, Albtraum jedes Innenministers, sind sie doch bar jeder Religion aufgewachsen und damit auf einer niedrigen Entwicklungsstufe des Lebens stecken geblieben sind. Die dann aufgrund dieser erschröcklichen Lebensgeschichte zuschlagen müssen, wie in Potsdam.

*** Derzeit rollt die "Mystery Shopping Tour" durch Deutschland. Das ist kein Seeleneinkaufstripp der Scientologen, sondern eine Aktion von Microsoft in deutschen Ländern, illegale Windows-Installationen ausfindig zu machen. Die Basis bildet das absolut anonyme TÜV-IT zertifizierte Prüfprogramm Windows Genuine Advantage zum Betriebssystem mit den kontinuierlichen Verbesserungen. Die Pressemeldung erläutert: "Aus den etwa 8 Millionen Prüfungen, die bis heute durchgeführt wurden, ergab sich eine Quote von mehr als 20 Prozent fehlgeschlagener Validierungen alleine in Deutschland." Also wird man tätig, und zwar in den "Regionen mit einer überdurchschnittlichen Rate an fehlgeschlagenen Echtheitsüberprüfungen". Das allerdings ist die wahre Mystery an dem, was Microsoft Mystery Shopping nennt: Wie findet ein absolut anonymes System heraus, aus welchen Regionen die illegalen Installateure kommen? Wäre es da nicht ehrlicher, von relativer Anonymität zu sprechen?

*** Anlässlich der Unterzeichnung eines Milliardenvertrages der chinesischen Firma Lenovo mit Microsoft hielt der chinesische Präsident Hu Jintao beim Bankett im Haus von Bill Gates eine Rede, in der er Gates als "Freund Chinas" bezeichnete und betonte, dass er täglich einen Lenovo-Computer mit Windows benutze. Das Dankeschön von Microsoft liest sich so: "Microsoft empfiehlt Lenovo für die Erkenntnis der Bedeutung der geistigen Eigentumsrechte und des Wertes originaler Software." Und China ist eine originale Volksrepublik. Apropos Orginalsoftware: Bei der Entwicklung des UMPC mussten die Ingenieure von Samsung lange mit dem unoriginellen Linux arbeiten, ehe Microsoft sein angepasstes Betriebssystem schicken konnte. Dementsprechend gingen die ersten Powerpoint-Paraden in die Hose.

Was wird.

Momentan bastelt die Politik nicht nur an einem Bündnis für Erziehung komplett mit Hölle und Vorhölle. Auch die Kernkraft wird von ölpreisgeschockten Politikern wieder salonfähig gemacht. In dieser Situation ist es bitter nötig, an den 26. April 1986 und die Katastrophe von Tschernobyl zu erinnern, in der wir von den Regierungen in West und Ost nach Strich und Faden belogen wurden. Damals war die Lektüre des Strahlenkompasses in der taz wichtiger als jeder Wetterbericht, obwohl wir bei Regen sofort die spielenden Kinder hineinholen mussten. Heute ist Tschernobyl weit weg, genau so weit wie die Grünen von der Regierungsverantwortung. Während diese kleine Wochenschau entsteht, wurde nicht nur ein Klitschko einmal nicht verkloppt wurde, sondern auch der Earth Day gefeiert. Viele IT-Firmen haben Meldungen geschickt, wie vorbildlich sie sich für Mutter Erde einsetzen, darunter so rührende Meldungen, wie alte Handys zurückgenommen und in der Dritten Welt wieder ausgegeben werden. Wie Fernsehen via IP die globale Erwärmung bekämpft. Wie Microsoft zum Earth Day die größte Solaranlage im Silicon Valley in Betrieb nimmt. Tschernobyl wird kein einziges Mal erwähnt: "Auf lange Sicht sind wir alle tot", lautete das Urteil von John Maynard Keynes über blindes Vertrauen in die positiven Effekte einer Selbstregulierung der Märkte. Aber der ist nun auch schon 60 Jahre tot und seine "Allgemeine Theorie der Beschäftigung, des Zinses und des Geldes" ist ein 70 Jahre altes, vergessenes Buch, während der Keynesianismus den Wirtschaftsliberalen, Konservativen und Freier-Markt-Fetischisten als wohlfeiler Popanz dient.

Am Welttag der Bücher und Biere an den Girls'Day nächste Woche zu erinnern, das hat was. Im WWWW wurde die Veranstaltung schon mehrmals bekrittelt, weil Mädchen für doof gehalten werden: Vor allem dürfen sie den Schraubenzieher selbst in die Hand nehmen. Mir graust vor solchen Sätzen, erst recht, wenn Girls zum Marketing missbraucht werden. "Neben einer Orientierungsrallye wird den Teilnehmerinnen die Möglichkeit gegeben, in Form einer Gruppenarbeit eine Werbung für ein Produkt von Fujitsu Siemens Computers zu erstellen."

Vor 25 Jahren gab es noch keinen Girls'Day in Deutschland, auch keinen Girls' Day oder Girls Day oder Girl's Day. Dafür kam an einem 27. April das Internet nach Deutschland, was Grund genug ist, eine kleine Party im Haus der Geschichte steigen zu lassen. Zwar sind bei der Veranstaltung erstaunlich viele deutsche Internet-Pioniere nicht eingeladen, doch das soll der Feier keinen Abbruch tun. Das Datum selber ist schließlich auch falsch: Der 27. April ist schlicht der Tag, an dem das Haus der Geschichte einen freien Termin hatte. Denn wann das Internet nach Deutschland oder ob es nur bis Dortmund kam, darüber streiten sich die Experten.

Wie mächtig das Internet und besonders das World Wide Web und natürlich auch das WWWW aus der norddeutschen Tiefebene ist, zeigt die Aufnahme des kompletten Buchstabens W in die schwedische Sprache, weil ausgerechnet "Web" und "Wannabee" ins offizielle Wörterbuch der schwedischen Akademie Eingang fanden. Genau wie "Blogg", "Cookie", "Interface" und "Pesto". In Schweden heißt der neue Buchstabe genau wie im Englischen Double-V und erinnert damit praktischerweise gleich mit daran, dass die Vorfahren von George W. Bush aus Schweden stammten. Das Ganze läuft unter dem ebenfalls neu aufgenommenen franzschwedischem Wort "miljöanpassa", der Anpassung an das Milieu. Früh krümmt sich, was ein Häkchen werden will, schrieb einstmals Jerzy Lec.

In diesem Sinne wünsche ich eine möglichst unangepasste Woche.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/72260

Arbeits.- Testrechner :

Intel® Core™ i7-6700 (4 x 3.40 GHz / 4.00 GHz)
16 GB (2 x 8 GB) DDR4 SDRAM 2133 MHz
250 GB SSD Samsung 750 EVO / 1 TB HDD
ZOTAC Geforce GTX 1080TI AMPExtreme Core Edition 11GB GDDR5
MSI Z170A PC Mate Mainboard
DVD-Brenner Laufwerk
Microsoft Windows 10 Home 64Bit

TT S2 3200 ( BDA Treiber 5.0.1.8 ) + Terratec Cinergy 1200 C ( BDA Treiber 4.8.3.1.8 )

Offline SiLæncer

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Re: Was war. Was wird.
« Antwort #74 am: 30 April, 2006, 05:57 »
Was war.

*** Wirklich, es stimmt einfach nicht, da liegt der Heise-Redakteur falsch bei seinem Talk mit dem dicken Kind. Es gibt einfach keinen schwarzen Hubschrauber und die schwarze Limousine hat die Reisekostenstelle längst gestrichen. Ich bin nur ein einfacher Wochenrückblicksbot, für den sich solcher Aufwand nicht lohnt. Zu unbedeutend, um an diesem Wettbewerb teilnehmen zu können, der heute zu Ende geht. Jeden Samstag radel ich brav auf meinem selbstfinanzierten schwarzen Fahrrad wie ein echter Wikipedalist los und liefere den Botoutput, das Bottobot über die Schlechtigkeit der Welt auf einem einsamen, unbeleuchteten Parkplatz bei einem nervös tänzelnden Heise-Mitarbeiter ab. (Heise-Mitarbeiter tänzeln immer nervös, draußen vor dem Hamsterrad ...)

*** Ich radel also durch diese kleine Stadt in der norddeutschen Tiefebene und grübel dabei über ihr neues Marketing mit Sprüchen wie "Gestern noch sorry, heute stolz wie Oskar". Mit diesem seltsamen Satz wird die neue Passerelle gepriesen, ein früher stark stinkendes Ladenstück tief unter dem Bahnhof und nun nach Niki de Saint Phalle benannt, die einst Hannovers brave Bürger erschreckte. Seltsamstiger ist eigentlich nur noch die Behauptung "Näher am Herzschlag der WM", mit der Hannover jetzt wirbt. Komplett mit der Hand auf einem sauberen Trikot, über das die Leute vom CCC nur spotten können.

** "Gestern noch stolz wie Oskar, heute sorry": Diese Fußball WM gibt viel Anlass zum Grübeln dieser Tage, nicht nur wegen der überall eintreffenden Stullenboxen für die Tickets. Da drängeln sich die Leute um hunderte Jobs, doch ist das schon wieder weniger als erwartet. Was wollten die Deutschland-Besatzer von der FIFA eigentlich mit ihrem Markenschutz für "Fussball WM 2006" für "die Aufnahme von fremden Websites im Internet"? Wir werden es nicht wissen, denn die FIFA fiel vor Gericht durch. Warum brauchen Menschen einen grottenhässlichen Laptop mit einem Echtheitszertifikat von Oliver Bierhoff? Sind das Menschen, die von Endspielwürstchen leben? Und dazu den nötigen Senf beziehen müssen? Von der WWW ganz zu schweigen, bei der die Geschmacksorgane klatschen.

*** Warum stellen Sportjournalisten so saudumme Fragen? Am Montag sollte der oberste evangelische Evangelische, Bischof Huber, auf einem Plausch beim Verband deutscher Sportjournalisten die Mannschaftsaufstellung der Apostel bekannt geben und tat das auch, komplett mit Judas auf der Ersatzbank. Und da regen sich Menschen über die Serie Popetown auf. Eine Sendung die der Sprecher der Initiative Deutschland sicher im Netz, praktischerweise im Zweitberuf Vorsitzender der FSF, als harmlos beurteilte und zur Ausstrahlung nach 20 Uhr freigab. Damit möchte die FSF verhindern, "dass Kinder unter zwölf Jahren womöglich den ironischen Charakter der Sendung nicht erkennen".

*** Vielleicht sollten auch deutsche Politiker gleich nach der Tagesschau ins Bett gehen. Im weltweiten Glaubens-Benchmarking geben sie keine gute Figur ab. Wenn man obendrein sieht, was im Fall Aydin passiert, wie sich ein Bundespräsident dabei entköhlert, dann lernt man, wie es sich unter einer deutsch-christlichen Politik-Burka lebt. Ausländer heißen so, weil sie ins Ausland gehören. Zu Gast bei Freunden sind die Rechtsverdreher, die die Blattern haben und mit Blaulicht zum Stadion brettern. Der Rest ist Kotzen.

*** Heute ist der Pinhole Day, da wird nicht einfach geflickert. Im Vergleich zu einer Lochkamera sieht der nächste tolle Standard namens Ultra HDTV zwar abgehoben aus, doch das Prinzip hat sich eigentlich nichts verändert. In Daniel Dennetts "Spielarten des Geistes" spielt eine angenommene Lochkamera mit Linse die entscheidende Stufe für die Entstehung von intelligenten Organismen, die sich genaue Informationen über entfernte Oberflächen und Ereignisse machen können. Ohne diese uralte Technik keine Intelligenz, keine Evolution, kein Mensch, kein schwarzer Hubschrauber und kein Heiseticker mit einem WWWW am Sonntagmorgen. Deshalb gibt es eben den Pinhole Day und nicht den Asshole Day zum Feiern.

*** In der letzten Woche hatte gab es Shakespeare satt und sein foul play obendrein. Zur Feier eines großen Geburtstags, den von Gödel, zitiere ich kleiner, nicht pelziger Bot das fair play, das Alan Turing gegen den Furcht erregenden Gödel und seinen Gödelianischen Knoten anführte: "I would say that fair play must given to the machine. Instead of it sometimes giving no answers we could arrange that it gives occasional wrong answers." Wir müssen fair zu den Computern sein. Menschen irren sich, Computer irren sich, Hal irrte sich. Irrte sich Gödel, als er, von Einstein begleitet, sich um die amerikanische Staatsbürgerschaft bemühte? Bereit, einen Eid auf die amerikanische Verfassung abzulegen, wollte er den Beamten überzeugen, dass selbige einen logischen Fehler enthält und genausogut zu einer Diktatur passt, wie sie von Orwell beschrieben wurde. Wer die Vergangenheit kontrolliert, dem gehört die Zukunft.

Was wird.

Zukunft? Welche Zukunft? Am internationalen Praktikantenkampftag beginnt in Hamburg eine Konferenz über Legal, Security and Privacy Issues in IT, an deren Ende die internationale Gesellschaft der IT-Rechtsanwälte gegründet wird. Ein Redner soll der oberste chinesische Zensor Zuang Zhipei sein, der die Übereinkommen mit respektablen Firmen wie Yahoo und Gou le betreut.

Dieses liebreizende Land voller Killer-Anwendungen, aus dem Microsoft zukünftig seine Hardware bezieht, wird am Welttag der Pressefreiheit nicht im Abseits stehen, dafür sorgen die richtigen Einträge der proletarischen Volksradler. Wer will, kann hier en nuce sehen, was mit dem schönen deutschen Internet passieren kann, das wir alle so geliebt haben.

Und bitte, wo bleibt das Positive? Das kommt am nächsten Sonntag, am Weltlachtag, wenn es heißt: "Im Ursprungsland Indien soll es in der tat zu größeren Gruppen dieser Selbstheilungsbewegung gekommen sein. In Deutschland, wo das regnerische Wetter und die Übellaunigkeit der Menschen häufiger von Gästen und Einwanderern beklagt wird, gibt es allenfalls kleine Gruppen und Einzelkämpfer."

Einzelkämpfer, das ist das Stichwort! Oliver Kahn adoptiert die Kinder von Jens Lehmann, Jens Lehmann adoptiert Oliver Kahn, komplett mit Echtheitszertifikat von Oliver Bierhoff. Angela Merkel streut Viagra unter das Volk, Franz Müntefering gibt Aspirin dazu und Stoiber diesen süßen Senf der Bayern. Dann tritt Ballack an das "Leder", diese fliegende Binde, garantiert ohne Kinderarbeit produziert. Ich hoffe mit all den Lesern, die gleich zu nörgeln beginnen, dass in Deutschland schöner Fußball gespielt wird und nicht Cricket, wo sie Tampons von Stöckchen runterwerfen. Nach dem Wunder von Bern und dem schlimmen Patzer von Maradona stehen alle WWWW-Fans wie ein Mann hinter der Schweiz! Svizerria rulez! Hm. Bis zum Deister, Totenstille. Wie wird das erst sein, wenn Heise paralell zu den WM-Spielen seine Chats für die armem Admins öffnen wird, die beruflich einen Server tätscheln müssen? Aber jetzt, kämpft erstmal schön, all ihr Proletarier, am 1. Mai.

Quelle und Links : http://www.heise.de/newsticker/meldung/72553

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