Autor Thema: Was war. Was wird. (Die Wochenschau von Hal Faber)  (Gelesen 95640 mal)

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In der Politik werden "komplexe Fragestellungen" gewälzt und Gesetze möglichst kompliziert gemacht, wundert sich Hal Faber. Und Kritik wird "unzulässig".

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** "Hallo Alexa, mach ein Date mit dem Dealer, ich brauch ein paar Linien." Irgendetwas in der Art muss im Kopf eines Referenten der Abteilung CI im Bundesinnenministerium gewesen sein, als er oder sie sich mit der Antwort auf die Anfrage plagte, ob die Sicherheitsbehörden den Zugriff auf Daten von Alexa und Co. planen. Im besten Beamtengenuschel erfolgte dann die Antwort: "Die mit diesem Thema verbundenen rechtlichen Fragestellungen sind komplex und werden derzeit geprüft." Hach, wie dürfte diese schwabbelige Antwort seinen Chef Horst Seehofer erfreut haben, der doch gerade davon schwärmte, dass man Gesetze möglichst kompliziert machen muss, dann würden sie besser durchflutschen. Dank der Sprachspielchen war die Aufregung groß und Alexagate in der Welt, komplett mit Reaktionen der üblichen Warner. Dabei wollte die Innenministerkonferenz, die nächste Woche in Kiel stattfindet, doch nur beraten, wie gut die Sicherheitsbehörden aufgestellt sind, um bei Ermittlungen digitale Spuren zu behandeln. Tagesordnungspunkt 27, auf Antrag von Schleswig-Holsteins Innenminister Hans-Joachim Grote formuliert, ist sprachlich unzweideutig. Die Sicherheitsbehörden müssen "in der Lage sein, digitale Spuren zu erkennen, zu sichern und auszuwerten. Soweit noch nicht erfolgt, sollen in den Ländern spezielle Dienststellen die vorhandenen Kompetenzen in Kompetenzzentren bündeln und weiterentwickeln." Die Rede ist also vom umstrittenen Kompetenzzentrum Cybercrime, das im letzten Jahr vorgestellt wurde. Schon damals war von Alexa die Rede, doch bis auf eine Handvoll Kommentatoren im Heiseforum beschäftigte das Szenario nicht die Öffentlichkeit, die nun mit Alexa den großen Empörungsgrund hat: "Ein Staubsaug-Roboter, der einen nächtlichen Einbrecher mit seiner Kamera überführt, ein 'mithörender' Sprachassistent, der ein Alibi widerlegt?"

*** Vielleicht liegt es an der Nachricht, dass bei Amazon Mitarbeiter Alexa-Befehle abtippen, um die Fähigkeiten der Sprachassistenten zu verbessern, weswegen jetzt erst die Diskussion über die Sicherung digitaler Spuren in Gang kommt. Neu ist es jedenfalls nicht, dass bei Ermittlungen alle speichernden Gerätschaften analysiert und ausgelesen werden, vom Navi im Auto bis zum Staubsaugroboter in der Wohnung. Vielleicht liegt es aber auch an unserem Innenministerium für Satzbau und Heimat, das ganz bewusst Aufreger und Phrasen produziert. Man denke nur an die Nachricht, dass Messengerdienste zur Entschlüsselung gezwungen werden sollen oder an Überlegungen, wie Journalisten und Redaktionen überwacht werden können. Dementieren kann man ja immer noch, wenn man Seehofer heißt und "durch das dünne Eis der Aura des Amts gebrochen" ist. Oder man spricht bei der Debatte zum Hau-ab-Gesetz von einem unzulässigen Infragestellen, wenn Kritik aufkommt. Die Verachtung für demokratische Prozesse kann man so kaum deutlicher demonstrieren. Vielleicht bürgert sich so das Verb seehofern als Synonym für spöttisches Lügen in die deutsche Sprache ein. Ja, die mit diesem Thema verbundenen rechtlichen Fragestellungen sind komplex.

*** Noch ist Deutschland nicht Australien, nach Ansicht der New York Times nunmehr die "geheimnistuerischste Demokratie der Welt". Denn dort hat die Justiz den polizeilichen Ermittlern Durchsuchungsbefehle ausgestellt, mit denen die Büros des Nachrichtensenders ABC auf den Kopf gestellt wurden. Der Polizei war es dabei erlaubt, "auf ABC-Computern Dateien hinzuzufügen, zu kopieren zu löschen und zu verändern", um auf diese Weise Beweise für die "unautorisierte Weitergabe von Informationen zur nationalen Sicherheit" zu bekommen. Es ging um mutmaßliche widerrechtliche Tötungen von Zivilisten in Afghanistan, ausgeführt von australischen Elitetruppen. Beweise für diese Tötungen soll der Whistleblower David William McBride den ABC-Journalisten zugespielt haben. Der Frontalangriff auf die Pressefreiheit wurde immerhin live übertragen und so konnte man sehen, wie Beamte in aller Ruhe Dateien auf USB-Sticks kopierten, aber womöglich auch Programme von den Sticks auf die Computer der Journalisten installierten. In Seehofers neuer Behörde ZITiS müssen sie staunend und neidisch zugesehen haben.

*** Am Donnerstag war es soweit. Die Universität Tübingen stellte offiziell das wissenschaftliche Fehlverhalten der Hirnforscher Niels Birbaumer und Ujwal Chaudhary fest. Damit ist klar, dass Fake News nicht nur bei der Erforschung von Social Bots im Spiel sind, sondern auch in der Medizin eine trübe Rolle spielen. Nach der Überprüfung der Forschungsdaten durch den Informatiker Martin Spüler hat sich die Hoffnung von ALS-Patienten verflüchtigt, sich mit einem Brain Computer Interface verständigen zu können. Das ist traurig. Noch trauriger ist dieses Fazit eines Journalisten, der den Fall mit seinen Kollegen recherchierte: Vieles von dem, was man in dieser Affäre zu hören bekam, erinnerte an Recherchen in repressiven Systemen; an Gespräche mit Menschen, die Angst haben, ihre Meinung zu sagen, weil sie Nachteile befürchten – in diesem Fall versiegende Fördergelder oder die Verachtung der Kollegen.

*** Vor einem Jahr war sie noch Bloggerin des Jahres 2017, nun ist die bei Intel arbeitende Marie Sophie Hingst als Person enttarnt worden, die sich eine fiktive jüdische Biographie zugelegt hatte. In ihrem Blog hat sie von einer fiktiven jüdischen Großmutter erzählt und auch sonst "ein erhebliches Maß an künstlerischer Freiheit für sich in Anspruch genommen", wenn sie über die Stolpersteinputzkolonnen schimpfte, die "unsere Toten nicht in Ruhe lassen". Bei manchen Nachkommen der Tätergeneration regten sich Zweifel, doch die Kontaminierung der Wahrheit wurde schließlich entdeckt. Die goldenen Blogger sind erschüttert und fürchten sich vor düsteren und traurigen Antworten auf die komplexe Fragestellung: Warum? Die Antwort ist schlicht: Es gibt einen großen Bedarf an Medienjuden, besonders an weiblichen. Frau Hingst tritt damit in die Fußstapfen von Binjamin Wilkomirski und Misha Defonseca, von Edith Lutz und Irena Wachendorff. Man wird sicher bald wieder von ihr hören oder lesen.

Was wird.

Während der sächsische Außenminister Michael Kretschmer (CDU) den russischen Präsidenten Putin trifft und diesen überreden will, doch bitte wieder bei der KGB-Außenstelle Dresden die Geschicke von Robotron zu verfolgen, hat der Cyber-Sicherheitsrat ein ähnliches Problem. Auch dort ist man mit Russland verbandelt, in Gestalt des CDU-Politikers Hans-Wilhelm Dünn. Er hat einen Kooperationsvertrag mit der russischen Vereinigung für internationale Informationssicherheit abgeschlossen, die vom ehemaligen Geheimdienstler Vladislav Sherstyuk geleitet wird. Das geht einem anderen Geheimdienstler zu weit und so kritisiert Gerhard Schindler, der ehemalige Chef des BND, die Männer- und Cyber-Freundschaft. Schließlich ist die deutsche Cybersicherheitspolitik eine echte Herausforderung, die gemeistert werden will. Das gilt nicht nur für die Cyber-Kontakte mit Russland. Das US-amerikanische Außenministerium hat in dieser Woche für 20,8 Millionen Dollar das Bureau of Cyberspace Security and Emerging Technologies (CSET) gegründet, in dem bald die ersten Cyber-Diplomaten daran arbeiten, mit anderen Staaten im Cyberraum friedlich zu koexistieren. Glaubt man den US-Strategen, ist die Gefahr groß, dass China auf einen Hackerangriff zum kinetischen Gegenschlag ausholen will, sollte es Angriffe zum 30. Jahrestag des Tiananmen-Massaker bemerken.

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Was war. Was wird. Vom endlich Verantwortung übernehmen.
« Antwort #781 am: 16 Juni, 2019, 08:09 »
Verantwortung? Sollten auch IT-Spezialisten übernehmen, meint Hal Faber. Der Rückzug auf wertneutrale Technik ist zu einfach.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Donald Trump hat seine Zölle, wir hatten unsere 5G-Auktion und alle zusammen die Illusion, dass der Staat jetzt ein wenig reicher geworden ist. Bei uns kommt das viele Geld in einen eigenartigen Topf namens "Sondervermögen digitale Infrastruktur", in dem bislang nur das Unvermögen steckt, eine flächendeckende Netzversorgung aufzubauen. Dafür haben wir eine Staatsministerin für Digitalisierung, die im SZ-Magazin zum 50. Geburtstag des Internet einen Flunsch mit Shruggy bei der Frage zieht, ob sie schon einmal im Darknet war. Dazu gibt es weiter hinten im Blatt Katzencontent und die Geschichte der ehemaligen Vorgesetzten von Edward Snowden: Lori Stroud arbeitete erst für die NSA, dann für die Vereinigten Arabischen Emirate und spionierte in Abu Dhabi mit NSA-Tools Oppositionelle wie Ahmed Mansoor aus. Das war ein extrem gut bezahlter Job. Bedenken kamen ihr erst, als sie US-Amerikaner bespitzeln sollte. So sind die Zeiten, ¯\_(?)_/¯. Wer redet da schon von der Verantwortung der IT-Spezialisten?

*** Die Innenministerkonferenz hat getagt und verschiedene Maßnahmen im Kampf gegen die Kinderpornografie beschlossen. Festgehalten wurde auch der Zugriff des Staates auf digitale Spuren im Rahmen geltender Gesetze. Die große Aufregung um das Abhören mit Alexa hat sich gelegt, denn der so durchgeführte große Lauschangriff ist dank CDU/CSU und SPD seit 1998 eine anerkannte polizeiliche Maßnahme. Für sie wird jetzt halt ein IT-Fachmann benötigt und nicht mehr ein Spezialist für das Verwanzen von Wohnungen. Wer im Auftrag der Polizei hacken kann, darf ruhig pummelig gebaut sein, heißt es in Kiel: "Ein IT-Spezialist muss nicht in Rekordzeit einen Fitnessparcours bewältigen. Er lässt sich aber nur für den Dienst in der Landespolizei gewinnen, wenn ihm ein gut bezahlter und sicherer Arbeitsplatz geboten wird!" Muss man ein Fragezeichen hinter gut bezahlt und dem Gerede vom sicheren Arbeitsplatz machen? Was bleibt, ist das Fünkchen Hoffnung, dass die dort antretenden IT-Spezialisten so etwas wie die Verantwortung des Informatikers kennen und nicht die Anschrift einer Anwältin herausrücken, damit sie terrorisiert werden kann. Schicke neue Ausweise mit eingebautem Login bekommen die IT-Fahnder übrigens auch noch, wenn dieser Vorschlag Gehör findet: "Mit entsprechenden digitalen Funktionen eines solchen einheitlichen Dienstausweises könnten auch ein sicherer, Datenschutzerfordernissen gerecht werdender Zugang zu IT-Systemen ermöglicht und Zeiterfassungen vereinfacht werden."

*** Ob sich auch die Frage der Entschlüsselung von Messenger-Nachrichten erledigt hat, gegen die in einem offenen Brief protestiert wurde, steht auf einem anderen Blatt im Blätterwald des Internet. Eine Reaktion auf diesen Einschüchterungsversuch ist die Antwort des Chaos Computer Clubs mit der hübschen Formulierung zu den "Eckpunkten der deutschen Kryptopolitik". Schließlich waren diese "Eckpunkte der deutschen Kryptopolitik", anno 1998 niedergelegt von einem fortschrittlichen FDP-Minister, anno 2015 mal dokumentiert in einem feinen Sommerrätsel, viel logischer zu Ende gedacht, als alles, was heute zu Messengern und Mails gesagt und geschrieben wird. Man könnte glatt anno 2019 erneut rätseln, wer da den Verstand verloren hat mit seinen Überwachungsphantasien des Internet. Darauf gibt es natürlich einen ¯\_(?)_/¯.

*** Ein anderes Thema, das ganz schnell in die Sommerpause verschwinden will: Rechte Polizisten und Bundeswehrangehörige sollen auf Telegram in Chat-Gruppen wie "Nordkreuz" sich verbal auf den "Tag X" vorbereitet haben. Nun steht der Verdacht im Raum, dass vier ehemalige und aktive SEK-Polizisten Munition entwendet haben. Sie sollte womöglich am "Tag X" von Preppern benutzt werden, um Waffenterror auszuüben. Gelagert wurde die Munition beim Administrator von Nordkreuz, der Kontakt mit einem Bundeswehr-Soldaten hatte, der einen islamistischen Anschlag vortäuschen wollte. Alles Einzelfälle? Oder gibt es Zusammenhänge, die gar nicht ermittelt werden konnten? Schon die Ermittlungen in Meckpomm mussten extern erfolgen, weil man ein Geflecht von Informanten vermutete.

*** Auch auf ganz anderer Seite wird eine bessere Verzahnung von Polizei und Bundeswehr gefordert. Kaum war die letzte Wochenschau mit dem Ausblick auf die Cybersicherheitspolitik im Kasten, da meldete sich der Kommandeur des Kommandos Cyber- und Informationsraum mit Gedanken zum "digitalen Verteidigungsfall". Bei solch einem Fall müsse schnellstens ein Lagebild erstellt werden, wobei Bundeswehr, Polizei und Geheimdienste zusammenwirken müssten. Ohne das Trennungsgebot anzuzweifeln, müssten neue Befugnisse her. Nach all den Plänen zum Cyberabwehrzentrum Plus klingt der Vorstoß des Bundeswehr-Kommandeurs wie der Aufbau eines "Cyberabwehrzentrum Doppelplus", das unterhalb der "Schwelle des klassischen Verteidigungsfalles" rund um die Uhr von allen Diensten und Polizeien die digitale Wache im Cyber- und Informationsraum besetzt hält. Schließlich geht es beim ach so niedrigschwelligen "digitalen Verteidigungsfall" um Minuten, da muss der doch das Sagen haben, der die Lizenz zum Zurückschlagen hat. BND oder Bundeswehr, das ist die Frage im Cyberraum.

Was wird.

Die Rede vom digitalen Verteidigungsfall kommt alles andere als zufällig, mitten im schönsten sonnig verhagelten Juni: Denn wenn der Juni zu Ende geht, wird der "zweite Korb" des IT-Sicherheitsgesetzes zu den kritischen Infrastrukturen aktiviert. Zur Vervollständigung des IT-Lagebildes werden etliche Branchen meldepflichtig. Ab dem 30. Juni zählen nach der gesetzlichen "Anordnungsverordnung KRITIS" alle Krankenhäuser mit mehr als 30.000 vollstationären Fällen im Jahr als Betreiber im Sinne von KRITIS. Sie müssen IT-Vorfälle dem BSI melden, ein Funktionspostfach unterhalten und alle zwei Jahre den Nachweis führen, dass ihre IT-Sicherheitsvorkehrungen nach den BSI-Kriterien zertifiziert sind. Apotheken gelten ab einer Zahl von 4.650.000 abgegebenen Packungen im Jahr als kritische Infrastrukturen, für ein medizinisches Labor kommt die Meldepflicht ab einer Anzahl von 1.500.000 Aufträgen pro Jahr. Doch nicht nur der Gesundheitssektor, auch die Transportbranche hat zu tun. Den dicksten Brocken stemmt die Deutsche Bahn, denn die Hauptbahnhöfe von Berlin, Dortmund, Dresden, Düsseldorf, Frankfurt am Main, Hamburg, Köln, Leipzig, München, Nürnberg und schließlich Buddel-Stuttgart sind zu kritischen Infrastrukturen erklärt worden.

Weitere KRITIS-Betreiber sind Passagierflugplätze, die mehr als 20.000.000 Passagiere im Jahr abfertigen und der öffentliche Nahverkehr, wenn er den Schwellenwert von 125.000.000 Fahrgästen pro Jahr übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Fahrzeuge werden alle Verkehrsleitsysteme an den Autobahnen zu kritischen Infrastrukturen. Und damit die Bargeldversorgung der Bevölkerung auch im dicksten Hagel gewährleistet ist, sind auch Banken mit mehr als 100 Geldautomaten bei der Umsetzung von KRITIS dabei. Wenn all diese Angriffe zusammen mit den ohnehin schon meldenden Energieversorgern, Wasserbetrieben und Kommunikationsunternehmen künftig gemeldet werden, kommt ein genaues Echtzeit-Lagebild der Bundesrepublik zustande, aus dem man den von Kommandeur Leinhos bemühten Verteidigungsfall extrahieren kann.

Ein Verteidigungsfall der anderen Art muss an dieser Stelle noch einmal erwähnt werden. Wie gemeldet, soll am 24. Februar 2020 das fünftägige Hearing zwischen Julian Assange mit seinem Anwälten und dem Crown Prosecution Service zur möglichen Auslieferung an die USA stattfinden. Die Auslieferung hatte zuvor der britische Minister Sajid Javid formal genehmigt, der sich im Wahlkampf um die Nachfolge von Theresa May gegen den Außenpolitiker Boris Johnson als Hardliner präsentiert. Assange und seine Anwälte haben damit die von ihnen geforderte Zeit bekommen, sich auf die Anhörung vorzubereiten. Assange, der am Freitag per Videolink zugeschaltet war, wollte für die Zeit einen Computer, was ihm verweigert wurde.

Was fehlen wird, ist ein beweiskräftiges Video zu den Angriffen auf Tanker, bei denen sich US-Präsident Donald Trump und Boris Johnson sicher sind, dass sie von Iran aus erfolgten. "Nun ja, Iran war's und ihr wisst, dass sie es getan haben, weil ihr das Boot gesehen habt." Möglicherweise sind dies die folgenreichsten Sätze in der Präsidentschaft von #45. Möglich ist auch das Gegenteil und Wikileaks veröffentlicht ein etwas anderes Video. Bis die Untersuchungen der beiden Tanker im Hafen von Fudschaira möglich sind, vergeht noch einige Zeit. Bis dahin gibt es Krieg mitsamt einem NATO-Bündnisfall oder Nachrichten von Sammy am Baggersee. Aber wir bleiben lieber beim Catcontent.

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Ach, immer diese Einzelfälle. Schrecklich, nicht? Hal Faber hält aber eigentlich die Positionsbestimmung in solchen Fällen für recht einfach

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Vierunddreißig Kilometer vor der iranischen Küste haben iranische Streitkräfte eine langsam fliegende HALE-Drohne der Global Hawk-Serie in 14.000 Meter Höhe abgeschossen. Die Drohne der US-Navy mit der internen Bezeichnung BAMS-D war erst am 15. Juni in den Nahen Osten überführt worden und zu Aufklärungsflügen entlang der iranischen Küste eingesetzt. Abgeschossen wurde sie am 19. Juni durch das Raad genannte Raketenabwehrsystem, dass der Iran auf Basis des russischen Buk-Systems baut.

Ob sich der Vorfall in der Straße von Hormuz über iranischem Hoheitsgebiet ereignete, wie der Iran behauptet, oder eben 34 Kilometer außerhalb der iranischen Zone, wie die USA behaupten, ist schwierig zu sagen. Die juristischen Implikationen dieser Aktion sind nicht einfacher zu beantworten. Unmittelbar nach dem Abschuss der Drohne bereiteten die USA einen Vergeltungsschlag vor, der möglicherweise 150 Menschen das Leben gekostet hätte. Wenige Minuten vor diesem Angriff blies US-Präsident Donald Trump das Unternehmen ab, so viele Menschen gegen eine Drohne aufzurechnen, das wäre schon eine weitere Eskalation gewesen. Erinnerungen an den Tonkin-Zwischenfall werden wach.

*** Willkommen zurück im Cyberkrieg! Angeblich hat Präsident Trump dem Cyber-Kommando einen umfassenden Marschbefehl gegeben. Bekannt ist ja, dass der Iran die Uran-Anreicherung wieder anfahren will. Fast schon ein alter Wurmgefährte ist Stuxnet, die 2010 bekannt gewordene Cyber-Attacke auf genau diese Anreicherungsanlagen. Etwas weniger bekannt ist Nitro Zeus, der 2016 entwickelte Plan der USA, mit einem Cyber-Angriff das gesamte Stromnetz und die Telekommunikationssysteme des Iran zu zerstören. Die Existenz von Nitro Zeus flog im Laufe der Recherche zum Stuxnet-Dokumentarfilm Zero Days auf, als der ehemalige NSA-Chef Michael Hayden die Existenz dieses Angriffsplanes bestätigte. Angeblich wäre Nitro Zeus gestartet worden, wenn sich der Iran geweigert hätte, einem Nuklearabkommen zuzustimmen. Nun hat die USA genau dieses Abkommen unter der Regierung Trump gekündigt und könnte drauf und dran sein, eine neue Variante zu aktivieren. So könnte der Konflikt zwischen Sicherheitsberater Bolton (will Krieg) und den US-Militärs (wollen keinen Krieg) entschärft werden, wenn das "Kampfführungsrecht" der USA im digitalen Raum ausgeübt wird. "Mit dem Funktionsverlust kritischer Infrastruktur wird die Grenze völkerrechtlicher Gewaltanwendung überschritten", heißt es im Talinn Manual 2.0.

*** Prompt ist es wieder da, das Gerede von den Massenvernichtungswaffen, die diesmal dem Iran zur Verfügung stehen wie weiland all das böse Zeug, das Saddam Hussein im Irak hortete oder auf Lastwagen durch die Gegend fahren ließ. Trumps Haussender Fox News hatte schon vor Tagen einen Bericht über ein Papier deutscher Geheimdienste in die Welt gesetzt, nach dem der Iran daran arbeitet, sein Arsenal an Massenvernichtungswaffen auszubauen. Die ach so hoch geheime wie brisante Quelle ist der bayerische Verfassungsschutzbericht! Das hat natürlich seine Richtigkeit, denn in Deutschland ist die Gefahrenabwehr bei Bedrohungen aus dem Cyberraum so lange Ländersache, bis der Verteidigungsfall ausgerufen ist und Flecktarncyber ausrückt. Im Bericht steht keine Sensation, sondern eine Berichtsfloskel: "Sog. Risikostaaten wie Iran, Nordkorea, Syrien und Pakistan sind bemüht, ihr konventionelles Waffenarsenal durch die Herstellung von Massenvernichtungswaffen zu ergänzen. Um sich das dafür notwendige Know-how und entsprechende Bauteile zu beschaffen, versuchen diese Staaten, Geschäftskontakte zu Unternehmen in den hochtechnologisierten Ländern wie Deutschland herzustellen." Ja, also wenn das kein voll krasser Beweis für die Existenz von Massenvernichtungswaffen ist, dann verputze ich glatt einen Curveball!

*** Nach so viel Text zu "ausländischen" Problemen wenden wir uns dem Inland zu, mit 196 Toten, die durch rechte Gewalt gestorben sind. Natürlich alles Einzelfälle wie Walter Lübcke, hübsch in ihrer ganzen Einzelfallartigkeit beobachtet durch den Verfassungsschutz. Dass dieser Politiker auch auf der Liste des NSU stand, ist natürlich noch ein weiterer Einzelfall. Wer noch einen längeren Text verkraften kann, sei auf diese Folge von Nerds retten die Welt verwiesen, ein Interview mit dem Bielefelder Soziologen Wilhelm Heitmeyer, dessen "Deutsche Zustände" in dieser kleinen Wochenschau schon mehrfach erwähnt wurden. Es gibt schließlich nicht nur Luhmann oben und Habermas unten, sondern auch eine Soziologie, die die Fußarbeit macht. Für die ganzganz Eiligen, denen bekanntlich auch die kleine Wunschfee nie das Passende parat hat, muss diese Passage reichen: "Es gibt eine ganze Reihe politischer Fehlentwicklungen, die sich zum einen im Zusammenspiel des globalen Kapitalismus mit seinen ständigen 'Land­nahmen' und dem Eindringen in alle Poren der Gesellschaft zeigen; weiter eine Demokratieentleerung, wie ich sie nenne, bei der der Apparat zwar wie geschmiert läuft, aber das Vertrauen in Lösungskapazitäten und auch in die Wahrnehmung von Bürgern durch politische Eliten abgenommen hat und weiter abnimmt. Und drittens sind es die Statusängste aufgrund der schnellen technologischen Entwicklungen." Read on, my dear!

*** Die Debatte um die Verschlüsselung reißt nicht ab. Da will das Innenministerium selbstredend keine Verschlüsselungsverbote will aber selbst ein bisschen schwanger sein mit der Forderung, dass Provider einen "staatlichen Zugriff als gesetzlich geregelte Ausnahme" ermöglichen müssen. Auf einer Tagung zur Cybersicherheitspolitik schwärmte ein hoher Beamter des Innenministeriums davon, wie geräuschlos und patent De-Mail laufen würde, wo ja für einen kurzen Zeitpunkt entschlüsselt und dann umgeschlüsselt werde. Die Frage, ob De-Mail überhaupt noch läuft oder mangels Zuspruchs wie Rosinante nur noch röchelt und bereit für den Gnadenschuss ist, wurde gnädig übergangen. So bleibt das Kuriosum zu berichten, dass sich ausgerechnet der evangelische Kirchentag für die Verschlüsselung der Kommunikation stark macht. Potzblitz, haben denn nicht die Verehrer höherer Wesen einen besseren Draht, ihren G^tt zu erreichen? Und wenn es nur auf diesem Wege geht, wo liegt dann der himmlische Keyserver?

Was wird.

Es steht dieser Tage nicht gut um John Searle, dem wir das Experiment des chinesischen Zimmers als Ergänzung zum Turing-Test verdanken. Die aufgeregten Zwischenrufe, man müsse zwischen dem Menschen und dem Wissenschaftler unterscheiden, wirken hilflos. Unbestritten bleibt ja seine in der Wissenschaft getroffene Unterscheidung zwischen schwacher Künstlicher Intelligenz, die menschliches Denken simuliert, und starker Künstlicher Intelligenz mit Wissenschaftlern, die auf den denkenden Computer bauen. Wie gut, dass in Zukunft das aufsteigende Bewusstsein einer künstlichen Intelligenz wissenschaftlich begleitet wird, ganz ohne sich einen "wissenschaftlichen Reputationsschaden" einzuhandeln. Eines Tages wird sich das emergente KI-Bewusstsein entfalten; ein Twitter-Konto hat es jetzt ja schon. Einen wissenschaftlichen Reputationsschaden kann man jedoch jetzt schon vermelden. Nein, damit ist nicht die "amerikanische Zitierweise" in einer deutschen Dissertation gemeint.

Im großen Stil zeigen wissenschaftliche Arbeiten zu den Social Bots, die angeblich die Kommunikation in sozialen Medien wie Twitter beeinflussen, wie da geforscht wird, besonders wenn über Social Bots im Wahlkampf berichtet wird. Die Sokal-Affäre lässt schön grüßen. Das wäre alles nicht so bedenklich, wenn nicht von all dieser Pseudo-Wissenschaftlichkeit politische Forderungen wie die Klarnamenspflicht im Internet abgeleitet würden. Denn damit, so das Kalkül der Expertïnnen, würde sich das Problem der Social Bots lösen. Zum Lachen bitte sofort ab in den hoffentlich kühlen Keller.

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« Antwort #783 am: 30 Juni, 2019, 00:16 »
Hoppala, ein Netzwerk! Wer hätte das gedacht! Hal Faber ist umständehalber erstaunt. Nicht wirklich.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Auf dem Boden der Tatsachen liegen überall Fakten herum: Am Dienstag gestand der in Haft sitzende Rechtsextremist Stephan Ernst, den Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ermordet zu haben. Als Grund nannte Ernst die Haltung Lübckes zu Merkels Flüchtlingspolitik. Nach weiteren Vernehmungen zum Kauf und zum Verbleib der Waffe verwandelte sich der Einzelfall Stück für Stück in die Erkenntnis, dass ein rechtsextremes Netzwerk dem Mörder geholfen hat. Am Freitag trat dann der oberste deutsche Verfassungsschützer Thomas Haldenwang vor die Presse. Zusammen mit seinem Dienstherr Horst Seehofer stellte er den Verfassungsschutzbericht vor. In ihm findet sich die Zahl von 21.400 gewaltbereiten Rechtsextremen. Dazu sagte Haldenwang: "Dass wir ein Erstarken des Rechtsextremismus in den letzten Jahren wahrnehmen mussten, das hängt an vielerlei Umständen. Das ist insgesamt ein Thema für die gesamte Gesellschaft; ich glaube das hängt sehr viel mit aktuellen politischen Entwicklungen zusammen und möglicherweise natürlich auch mit der Flüchtlings- und Migrationspolitik seit 2015."

*** Für sich genommen klingt das harmlos, doch im Detail stecken die Fakten, die tückischen: Wer ist das "wir" von dem Haldenwang da spricht? Es sind wohl die Mitarbeiter der Landesämter für Verfassungsschutz, die die rechte Szene beobachten sollten und verharmlosend von Preppern und Reichsbürgern sprachen, die sich auf einen Tag X vorbereiten und schon mal Leichensäcke für diesen Tag bestellen. Und was ist mit der Migrationspolitik, dem Thema "Merkel und die Flüchtlinge", das in den rechten Kreisen als Begründung für den "Kampf gegen die Umvolkung" zirkuliert? Wie war das noch mit dem hessischen AfD-Politiker Martin Hohmann, der da behauptete, Walter Lübcke wäre noch am Leben, hätte es den "unkontrollierten und bis heute andauernden Massenzustrom an Migranten nicht gegeben"? Der von dem „Massenzustrom nach der illegalen Grenzöffnung mit seinen vielen Morden und Vergewaltigungen" schwadronierte, als "notwendiges Glied in der Ursachenkette, die zum Tod von Walter Lübcke führte." Martin Hohmann kann sich nun auf die Aussage von Thomas Haldenwang berufen, ein Trauerspiel. Zu dem auch der bei dem Gedenken an Lübcke sitzen gebliebene bayerische AfD-MdL Ralph Müller gehört, der einfach nur ein Moment "abwesend" war. Noch trauriger: ein ehemaliger Verfassungsschutzpräsident, der von 1,8 Millionen Arabern fabuliert und die Zahl von 21.400 Rechtsextremen "nicht besorgniserregend" findet. Das wären ja nur die Gewalttätigen unter ihnen, eine verschwindend geringe Anzahl.

*** Ja, in den Landesparlamenten sind sie zum Gedenken an Walter Lübcke aufgestanden, auch im Bundesrat und im Bundestag. Dennoch wird diskutiert, ob die Diagnose von der Unfähigkeit zu trauern auch 50 Jahre nach der Feststellung der "auffallenden Gefühlsstarre" durch Alexander und Margarete Mitscherlich zutrifft. Mit der Unfähigkeit zu trauern war ja der "geliebte Führer" gemeint, über dessen Tod man nicht trauern durfte, der "einst intakte Staat" und die Dominanz der deutschen Sprache in Europa, die ein Björn Höcke gerne bei seinen Reden heraufbeschwört. In diesem Zusammenhang ist es ganz aufschlussreich, dass die Analyse der US-amerikanischen Psychoanalytikerin Barbara Spofford Morgan aus dem Jahre 1935 als Wiedervorlage veröffentlicht wird. Sie zeigt, wie das Gerede vom einst intakten Staat und der einst geachteten Armee in den Anfängen der nationalsozialistischen Diktatur funktioniert hat. "But, whatever the outcome of the German revolution, a mystical romantic quality is its vital core. It is national in the first place, the profound longing of a sovereign people to cast out foreign elements and regain their own cultural and spiritual sovereignty."

*** Während Angela Merkel bei G20-Gipfel weilte und Komplimente von Donald Trump kassierte, hat sich ihre Nachfolgerin als Parteivorsitzende versprochen und dafür Häme kassiert. Sie sprach über die 7 Plagen, unter denen Ägypten leiden musste, ehe die Juden davon ziehen durften. Dafür gab es angeblich Spott im Netz. Dabei ist es keineswegs eindeutig. Nach dem Buch Mose waren es 10 Plagen, nach Psalm 105 nur sieben. Möglicherweise liegt auch eine Verwechslung mit den sieben Plagen der Endzeit vor oder den sieben Tugenden, die das Leben eines Christen in der CDU prägen sollen: Glaube, Liebe, Hoffnung, Weisheit, Gerechtigkeit, Tapferkeit und Mäßigung. Ist es gutes Christenwissen, dass im alten Ägypten 10 Plagen aufeinander folgten? Ich habe keine Ahnung, doch wenn selbst die Bibelwissenschaftler sich darüber streiten, welche Plagen zuerst da waren und welche später nachgedichtet wurden, ist Spott eigentlich fehl am Platz. Aber im Netz und in der IT-Branche sitzen die Assoziationen locker, wie es die Rede von einer Katastrophe biblischen Ausmaßes zeigt, die über die Spielebranche herein bricht. Sie erhält nur einmalig etwas Förderknete, weil Spielminister Andreas Scheuer 700 Millionen für die gescheiterte Ausländermaut zusammenkratzen muss.

*** Erinnert sich noch jemand an #FreeDeniz und den Aufenthalt des Journalisten Deniz Yücel in einem türkischen Gefängnis? Jetzt hat das türkische Verfassungsgericht in Ankara entschieden, dass mit der Inhaftierung die persönliche Sicherheit, Freiheit und Meinungsfreiheit des Journalisten verletzt wurde und ihm einen Schadensersatz von umgerechnet 3800 Euro zugesprochen. Das ist noch keine Gerechtigkeit, aber schon besser als die frühere Ablehnung, sich mit der Klage zu befassen. Damals gab es Kritik an Journalisten, die sich mit dem Hashtag #FreeDeniz solidarisierten. Journalisten sollten schreiben, nicht unterschreiben, befand das Fachblatt für kluge Köpfe. Das Spielchen wiederholt sich nun mit #FreeCarola. Gemeint ist Carola Rackete, die mutige Kapitänin der Sea Watch 3, die in Lampedusa festgenommen wurde. Prompt ist der Vorwurf da, die Seenotrettung würde dem rechtsextremen Innenminister Matteo Salvini helfen, dem der Trubel "auf die Eier" geht. Wir lernen: es gibt laute und leise humanitäre Interventionen. Nur die letzteren sind schicklich, das Absaufen im Meer ist halt persönliches Risiko.

Was wird.

Wenn es in den Sommerferien geht, räumt man üblicherweise auf. Die große Koalition hat hingegen abgeräumt und viel auf Wiedervorlage gelegt. Erstaunlich viele Gesetzesvorlagen, die noch vor der Sommerpause verabschiedet werden sollten, sind auf den kühlen St.Nimmerleinstag verschoben worden. Vor allem die Cyber-Gesetze gehören zu denen, bei denen Eile um Weile ergänzt wurden. Dazu gehört das IT-Sicherheitsgesetz 2.0 mit verschärften Befugnissen, gegen Hacker aller Art vorzugehen, der Aufbau des Cyber-Abwehrzentrums Plus mit engerer Kooperation von Geheimdiensten und Ermittlern sowie die Verzahnung der täglichen Cyber-Lage mit dem Cyber-Abwehr- und -Angriffszentrum der Bundeswehr. Auch die Sache mit den angedachten Hintertüren in Messenger-Diensten und der Ausleitung verschlüsselter E-Mail durch Provider liegt auf der langen Bank und sonnt sich. Sommer ist halt Sommer, wo alles etwas langsamer geht, auch die Cyber-Sicherheit im schwitzenden Cyber-Raum. Das gilt nicht nur für unsere kleine Bundesrepublik. Auch in den Vereinigten Staaten vertagte man bei der gemeinsamen Sitzung der Sicherheitsbehörden und Geheimdienste im National Security Council die Frage, ob nicht die Ende-zu-Ende-Verschlüsselung von Staats wegen verboten werden müsste. Auch der Krypto-Krieg macht Sommerpause.

An diesem schönen Sonntag endet die Frist für den Online-Anschluss von Arztpraxen an die telematische Infrastruktur. Glaubt man diesem Service-Tweet einer Krankenkasse, so sind nicht einmal 50 Prozent der Ärzte und Zahnärzte angeschlossen. Wie es weitergeht, ist eine gute Frage. Immerhin haben ratlose Techniker, die den VPN-Router in der Praxis installieren, nun ein Muster-Installationsprotokoll von der Projektgesellschaft Gematik bekommen, das sie abarbeiten können. Und für die ratlosen Ärzte gibt es auch etwas, nämlich eine Klarstellung von der Gematik, dass sie nicht für IT-Sicherheitsrisiken in den Praxen haftbar gemacht werden können. Das neue Informationsblatt stellt klar: Wenn alles seine BSI-gerechte Ordnung hat und etwas nicht klappt, ist der "Datenverarbeiter" dran, nicht der medizinische "Leistungserbringer". So ist das im Sommer. Summertime, and the livin'is easy, Fish are jumpin', and the cotton is high ...

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Es gibt Träume, die, sind sie verwirklicht, zum Alptraum werden, grummelt Hal Faber, der dann doch lieber die Wahl hat.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Toll, es ist Damenwahl in Europa: Spiel mir das Lied von der Leyen und es schrammelt und knackt ganz gewaltig. Die Platte hat einen Sprung. Nach all den Kommentaren über die gestiegene Wahlbeteiligung zur Europawahl mit angetretenen "echten" Spitzenkandidaten wie Manfred Weber ist die "Einigung" auf die deutsche Verteidigungsministerin eine Lektion in dem Geschachere europäischer Realpolitik und nebenbei eine hübsche Sammlung einschlägiger Memes. "Noch nie wurde so viel gelogen" wie in dieser Stunde, das ist als Beschreibung der Hinterzimmerei noch eine glatte Untertreibung. Wer sich über die Trolle der Brexit-Hansel belustigt, die zur Europa-Hymne ihre Rückseiten vorzeigten, kann die Regierungschefs wie Merkel und Macron gleich mit einbeziehen. Auch sie zeigten auf ihre Weise den EU-Bürgern die Hinterseite, natürlich mit allem demokratischen Anstand, wie prompt versichert wird. Dabei wird ein "Deal" präsentiert, der offenbar ganz nach dem Drehbuch von "The Art of the Deal" entstanden ist, der anderswo bewundert wird. Es ist eben alles eine Frage des Haltungsproblems, wie es Ursula von der Leyen einstmals in der Debatte um einen Offizier ihrer Truppe kenntnisreich formulierte. Der aufrechte Gang sieht sowieso anders aus.

*** So mancher hätte gerne auch außerhalb Europas die Qual der Wahl, wird aber vor vollendete Tatsachen gestellt. Aus dem American Dream ist zum 4. Juli ein Salute to America geworden und die frisch gewaschenen Panzer standen artig Spalier auf ihren Tiefladern. Das aus den Häfen, die die Amerikaner eroberten, bei Trump wegen einem ausgefallenen Teleprompter kurzerhand Flughäfen wurden, ist doch eine schöne Geste Richtung Air Force One gewesen. Die Maschine flog aus Sicherheitsgründen über Washington hinweg, als Trump noch gar nicht mit der Rede begonnen hatte. Danach kam verschiedenes Fluggerät im Regen zum Einsatz, jedoch leider keine 737 Max, dieses Merkstück einer verkorksten Firmenkultur. Anno 1776 hatte Amerika seine eigenen High Tech Trends, bis hin zum biblischen Multitasking von Thomas Jefferson, dem Autor der Unabhängigkeitserklärung.

*** Das amerikanische Drama spielte sich jedoch woanders ab, im kalifornischen Ridgecrest oder eben auch im Fernsehstudio. Dabei warnen Seismologen, dass das the big one, das große Beben erst noch kommen könnte. Nun heißt es warten und das geht in Kalifornien am besten in aller stoischen Abgeklärtheit, dieser ganz besonderen Gelassenheit der Reichen und Mächtigen. Sieht man vom Schönheitsfehler ab, die griechische stoische Philosophie auf den Einfluss des Buddhismus zurückzuführen, ist der Gedanke interessant, dass die kalifornische Ideologie nicht allein auf die Hippies und Wellensurfer zurückzuführen ist. CONFIG.SYS und lebe damit, basta.

*** Ich weiß nicht, was "basta" auf Chinesisch bedeutet. Doch der Bericht über die chinesische Honigbiene als Topmeldung dieser Woche gibt auf vielen Ebenen zu denken. Einreise oder Ausreise nur mit staatlich anerkannter Sicherheits-App, das ist ein Gedanke, auf den auch andere Staaten kommen können, die kein Sozialkreditsystem unterhalten. Der Kampf gegen den Terror muss schließlich mit allen Hashwerten geführt werden. Da ist nicht nur die Diskussion um die Gutartigkeit oder Schlechtigkeit von Huawei, die für einen Deal an- oder ausgeknipst werden kann, wenn Xi Jinping und Trump ihn wollen. Man sollte nicht vergessen, wie in China die Unterzeichner der Charter 8 als Wiedergängerin der Charta 77 behandelt wurden. So ist die Charter 8 ein brandgefährliches Dokument geworden, das von der App in vielen Fassungen und Sprachen aufgespürt wird. Für sie wanderten viele Menschen ins Gefängnis und einige wie Liu Xiabo bezahlten ihren Mut mit dem Leben. Seine Witwe Liu Xia lebt mittlerweile in Deutschland. Sie führte vor ein paar Monaten ein wunderbares Gespräch mit Ai Weiwei und Perry Link, das man nur mit Bauchschmerzen lesen kann. Die dazu gehörige Ausstellung ist vorüber.

*** Ach, ihr wachsamen Honigbienchen, es gibt viel zu blocken und noch mehr zu installieren, wie dieses Update für Samsung, das nach der Kreditkarte fragt und bereits auf 10 Millionen Downloads gekommen sein soll. Wer sein Smartphone auf diese Weise auf dem neuesten Stand halten will, wird sicher keine Bedenken haben, eine staatliche App bei Ein- oder Ausreise aufzufrischen. Schließlich steckt im schönen Wort vom harmonisch zu entwickelnden Bundestrojaner eine Andeutung vom innigen Bund, den der Staat da mit seinen Bürgern schließt.

*** Nach "Windows 10 for Dummies" und "Microsoft Excel for Dummies" ist nun auch Bruce Schneiers angewandte Kryptographie in einigen US-amerikanischen Gefängnissen verboten worden. Kryptographie ist einfach zu gefährlich. Erinnert sei daran, dass Pioniere wie Martin Hellmann mit einem Bein im Gefängnis standen, als sie ihre Entdeckung der vertraulichen Gespräche von Alice und Bob veröffentlichten. Hellmann und drei seiner Studenten sollten für ihre preiswürdige Arbeit verhaftet werden, da sie die nationale Sicherheit der USA gefährdeten. Später wurde das Argument aufgetischt, dass Verschlüsselung nur von bösen Menschen genutzt wird, was einfach nicht stimmt. So leben wir mit der Erkenntnis, dass eine Ende-zu-Ende Verschlüsselung nicht nur im Bundesinnenministerium nicht verstanden wird. Doch halt, es geht noch besser: In dieser Woche hat Arvato Systems, die IT-Tochter des Bertelsmann-Konzerns, den Zuschlag in einer europaweiten Ausschreibung gewonnen, die telematische Infrastruktur des deutschen Gesundheitswesens bis zum Jahre 2027 zu betreiben, inklusive dem Betrieb des Rechenzentrums, in dem unsere Gesundheitsdaten zusammenlaufen. Arvato spricht darum in der Pressemitteilung zur gewonnenen Ausschreibung von einer "Ende-zu-Ende Verantwortung beim Datenaustausch über alle Sektoren des Gesundheitswesens", die der Konzern übernommen habe. Das ist eine sprachliche Neuerung, für es einen Neusprech-Award geben müsste.

Was wird.

Genug davon, das ist ja doch alles frustrierend. Dabei wird's Sommer. Und – bei allen kritischen Hinweisen über Hitzewellen, Dauer-Dürre und den grundsätzlich sich darin äußernden Klimawandel – ist der in der norddeutschen Tiefebene gefangene Westeuropäer doch froh, dass man mal scheinende Sonne und richtig schöne Hitze genießen kann, ohne dafür den Klimawandel durch die eine oder andere Flugreise anzutreiben. Also freuen wir uns erst einmal: Sommer wird's. Genießen wir's, solange die Hitze nicht in Dimensionen steigt, die kein Mensch mehr angenehm finden kann. Und genießen wir das Sommerrätsel, das nun auch wieder ansteht. Dieses Mal trennen wir uns von der alten Dreieinigkeit von Hard-, Soft- und Wetware und gehen ganz modernistisch in dieses komische Internet (vom dem manche Leute ja sagen, das werde sich nie durchsetzen ...) und schauen nach Cat-, Dog- und Alien-Content. Immerhin wurde das Internet ja für Katzenvideos erfunden – und nun stellt sich heraus, dass schon viel früher der eigentliche Grund für die Erfindung des Computers die Erstellung von nativem Cat-Content war! So seien die geneigten Leser zur Stimulierung der Vorfreude auf das Sommerrätsel schon mal gefragt, wann denn der in dem folgenden Video gezeigte Cat-Content produziert wurde und auf welchem Computer. In diesem Sinne: Genießt die Sonne!

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Was war. Was wird. Von Vorbildern und Vordenkern
« Antwort #785 am: 14 Juli, 2019, 00:17 »
Der Kampf geht weiter? Fragt sich nur welcher, und wohin er denn so geht, grübelt Hal Faber und schaudert angesichts mancher Kampfaufrufe.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Wie gut ist es doch, wenn man Vorbilder hat, große Vorbilder, ruhmreiche Vordenker und Vortexter. Die französische Nationalversammlung hat in dieser Woche ein Gesetz gegen den Hass im Internet verabschiedet, das sich ausdrücklich am deutschen Netzwerk-Durchsetzungsgesetz orientiert, aber in einigen Punkten weit über das hiesige Gesetz hinausgeht. Neben allen rassistischen, sexistischen und religionskritischen Äußerungen, die Menschen in ihrer Würde verletzten, fallen Inhalte wie das Verherrlichen von Attentaten und Kriegsverbrechen unter das Gesetz. Zudem gelten die "lois mémorielles", die Erinnerungsgesetze wie etwa das Leugnen von Gaskammern und Konzentrationslagern oder das Leugnen des Völkermordes an den Armeniern nun auch im Internet. Ob das Gesetz, dass noch vom Senat verabschiedet werden muss, so fantastisch funktioniert wie in Deutschland, soll ein "Observatorium zur Beobachtung des Online-Hasses" untersuchen. Doch damit nicht genug. Cédric O, Macrons Minister für Digitalisierung, hat die Journalisten-Verbände aufgefordert, eine Journalistenkammer nach dem Vorbild der Anwaltskammer einzurichten, die Berufsverbote aussprechen kann, wenn Journalisten Hass verbreiten. Sie soll außerdem bei dem Gesetz gegen Fake News aktiv werden und Journalisten bestrafen, die Fake News verbreiten. Journalisten und Juristen sehen in dem Vorschlag von O einen Angriff auf die Pressefreiheit, doch den kümmert das nicht. Notfalls will sein Digitalministerium eine solche Journalistenkammer gründen: Was im Internet gilt, muss auch in der Realität gelten, wird ein sattsam bekanntes Argument einfach umgedreht. Wobei das Gesetz gegen Fake News sich als ziemlich wirkungslos erwiesen hat, als Frankreichs Innenminister Christophe Castaner ungeniert Fake News vom Angriff der Gelbwesten auf die Intensivstation eines Krankenhauses twitterte und nach einer halben Entschuldigung ungestraft davonkam. Dazu passt, dass die le Monde-Journalistin Ariane Chemin und ihr Chef Louis Dreyfus vom französischen Inlands-Geheimdienst DGSI verhört wurden. Nein, Frankreich sollte da kein Vorbild sein; dass man das ausgerechnet am 14. Juli und ausnahmsweise betonen muss...

*** Hans-Georg Maaßen war einmal der Chef des deutschen Inlands-Geheimdienstes, der Verfassungsschutz genannt wird. Nunmehr entlassen, irrlichtert er mit Auftritten und Anmerkungen, die auch ein Licht auf den Verfassungsschutz werfen. In dieser Woche hat er einen Artikel der Neuen Zürcher Zeitung gelobt, in dem das Ende der deutschen Mehrheitsgesellschaft beschworen wird. Frankfurt als Vorhölle, schrieb die NZZ auf Basis statistischer Daten, doch auf den Irrtum setzte Maßen den Irrsin, als er die Berichterstattung der nach rechts abgedrifteten NZZ als Westfernsehen bezeichnete. Was selbst bei der NZZ nicht besonders gut ankam. Der historisch gedachte Vergleich weist darauf hin, dass Maaßen eine Meinung von der deutschen Presse hat, die nahe an dem rechten Spektrum ist, wo man gerne von Haltungsmedien redet. Natürlich könnte man das auch anders deuten: Wer meint, dass die deutsche Presse wie zu DDR-Zeiten gelenkt wird, könnte den Verfassungsschutz auch mit dem Staatssicherheitsdienst gleichsetzen. Wie sagte es der Journalist Eckart Spoo in seinen Bemerkungen über Joseph Goebbels, der das "Ministerium für Aufklärung und Propaganda" leitete: "Es kommt auf das richtige Wort an. Richtiger gesagt: auf das falsche. Das richtig falsche. So funktioniert Propaganda: verwirrend. Propaganda muss ihre Adressaten verwirren, das ist ihr Auftrag. Sie muss das Offensichtliche vernebeln und uns zu blindem Glauben und Gehorsam erziehen – zu dem Glauben, das Unwahre sei wahr, das Richtige falsch, das Gute böse, das Böse gut." Bitte weitergehen, hier gibt es kein Vorbild zu sehen.

*** Keine Lust auf Demokratie? Wie wäre es dann mit einer Monarchie? Kaum haben die Hohenzollern einen neuen Chef, legt dieser los und will Gemälde und Schlösser haben, eine ordentliche Entschädigung und Mitsprache und Interventionsrecht bei allen Ausstellungen, die die Geschichte von Preußen zum Thema haben. Schließlich war die Fürstenenteignung von 1926 ganz und gar unrechtmäßig. So soll im Schloss Charlottenburg "auf Kosten des Bundes" ein dynastisches Museum errichtet werden, in dem jegliche Änderung der Ausstellung durch das Haus Hohenzollern genehmigt werden muss und nicht der kleinste historische Schmutzfleck auf der reinen Weste strahlender Herrscher und Vorbilder prangen darf. Bis hin zum unbegrenzten Parkplatzrecht für Adelige im Auto ist alles im besten Juristendeutsch geregelt. Wie sagte es noch Wilhelm II: "Jetzt wolln wir sie dreschen!" Zurück in güldene Zeiten, als es noch Vordrescher gab? Lieber nicht. Dann doch lieber mehr Europa wagen. Manfred, der Kampf geht weiter.

*** Die IT-Welt verabschiedet sich derweil vom Turing-Preisträger und Multiuser-Vordenker Corby Corbató, dem Mitentwickler des Compatible Time-Sharing System. Später leitete er am Massachussetts Institute of Technology die Entwicklung von Multics, dem Vorläufer von Unix und startete zusammen mit Robert Fano das Project MAC als Multics-Anwendung, eine Multiuser-System mit 100 Terminals und ca. 1000 Nutzern. An diesem modifizierten IBM-Computer arbeiteten so unterschiedliche Leute wie Marvin Minsky und Joe Weizenbaum an ihren Projekten. Corbató erfand das, was damals "access isolation mechanism" genannt wurde und heute halt das Login mit Nutzername und Passwort ist. Der Vater des Passwortes loggte sich im Alter von 93 Jahren aus. Den Passwort-"Schutz" hielt er schon in den 90ern für ausgemachten Blödsinn. Neben dem Wissen sollte seiner Meinung nach die Komponente "Besitz" etwa als Smartcard mit elektronischer ID zum Einsatz kommen.

Was wird.

Angeblich ist die Mondlandung der größte Moment der Fernsehgeschichte gewesen, doch soweit ich mich erinnern kann, war das Fernsehbild ziemlich verwaschen und der Ton grauenvoll. Mit meinen Eltern sah ich das Geschehen in einem Genfer Hotel auf dem Rückweg von Andorra. In etlichen Zeitungen, Zeitschriften und werbenden Beilagen wirft das Ereignis 50 Jahre später seinen Schatten voraus, nicht nur als schnöde #Moonwatch. So lesen wir gerührt von der treuen Sekretärin des adeligen Westpreußen Wernher von Braun, die ihm in Peenemünde diente und später in Fort Bliss und noch später in Huntsville, als sie Hausfrau und als Privatsekretärin für die deutsche Korrespondenz zuständig war. Alles war ja so unpolitisch und nett und der stets schick gekleidete Herr von Braun zog seine Uniform doch nur an, wenn Besuch aus Berlin kam, das war schon Widerstand. Von Zwangsarbeitern soll ja nichts zu sehen gewesen sein und niemand wollte mit der V2 nach London, denn alle wollten ja nur die reine, edle Raumfahrt oder den schnellsten Flieger wie der Herr Dornberger oder eben die Saturn V-Rakete wie Herr Rudolph, der schon 1931 in die NSDAP eingetreten war.

Wer redet da schon vom Konzentrationslager Mittelbau, in dem die Vernichtung durch Fortschritt stattfand, nachdem die Air Force 1943 Peenemünde bombardiert hatte? 20.000 KZ-Häftlinge starben dabei, nur wenige überlebten die Schufterei, wie Stephane Hessel, dessen Empört Euch! eine altersweise Fassung dessen ist, was zeitgenössische Schnösel als Gretinismus verspotten. Damit schalten wir zu einer anderen französischen Stimme, dem ersten Countdown der Geschichte zu einem großen Wumms, der dank eines kleinen Rechnerfehlers nur zu einem Knällchen wurde – damals hatte man ja in der Phantasie von Jules Verne den Mond schon längst erreicht.

Apropos Berechnungen, das bringt uns zurück zur Abschluss-Frage in der letzten Wochenschau: Koschetschka, die auf einem BESM-4 Computer errechnete Bewegungssimulation eines Kätzchens, geschrieben 1968 von den Programmierern Nikolai Konstantinow, Viktor Minachkin und Wladidmir Ponomarenko, konnte damals nur entstehen, weil die Computer unbenutzt herumstanden. Mit dem Brief99 hatten 99 Mathematiker und Kybernetiker gegen die Inhaftierung des Mathematikers Alexander Jessenin-Wolpin protestiert. Sie wurden ihrerseits verhaftet und anschließend in psychiatrische Anstalten gesteckt, eine Methode, die seit der Stalinzeit nicht mehr praktiziert wurde.

Dies betraf auch die Programmierer, die die Flugbahn von Luna 15 berechneten, die dem Apollo-11 Projekt ein Schnippchen schlagen und vor den US-Amerikaner Mondgestein zur Erde bringen sollte. Sonde und Rakete schlugen hart auf, das Mondrennen war gelaufen. Sollte ich nicht ganz falsch gerechnet haben, startet das Sommerrätsel am nächsten Sonntag mit den Fragen zur Wetware, Hardware und Software und das im Zeichen eines ganz anderen Geburtstages: Das Internet ist irgendwie 50 Jahre alt geworden.

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Was war. Was wird. Vom Überqueren und Überwachen
« Antwort #786 am: 18 August, 2019, 08:32 »
Während Greta Thunberg idealerweise über das Wasser laufen können sollte, grübelt Hal Faber über gestrichene Zapfen und zertrampelte Grundrechte.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Greta Thunberg segelt mit einer Rennyacht über den Atlantik. Eigentlich wäre das eine Sommerloch-Geschichte wie die von Sammy, dem Kaiman im Baggersee. Aber die Zeiten ändern sich und das Nachrichtenklima wird rauer. Also muss erwähnt werden, dass es an Bord der Yacht keine Toilette gibt (britische Medien) und dass sich da eine Tragödie abspielt (deutsche Medien): "Greta Thunberg ist die tragische Heldin, die die Wahrheit zwar sieht und ausspricht, aber dennoch nur scheitern kann." Die Yacht muss zurück für ein anderes Rennen und deshalb wird gelästert. Es wird erst enden, wenn Frau Thunberg kein CO2 mehr emittiert. Klar, richtig wäre es gewesen, wenn Greta und die Fridays for Future-Bewegung im Stil von Boris Johnson einfach ein paar Antonovs 225 gechartert hätten und alle, alle nach New York zur Demo fliegen würden. Aber wer denkt da an die armen Lehrer, die vor leeren Klassen stehen und das zum Schulanfang. So warten wir also gespannt auf die Positionsmeldungen von Greta, die All watched Over by Machines of Loving Grace behütet über den Atlantik rauscht.

*** Sollte sie in New York der schönen PR-Bilder wegen an der Freiheitsstatue vorbei schippern, wäre ein Blick auf die Inschrift fällig, die bekanntlich von einem Trump-Anhänger in dieser Woche abgeändert wurde: "Gebt mir Eure Müden und Eure Armen, die auf ihren eigenen Füßen stehen können und nicht zu einer Belastung für die Öffentlichkeit werden." Gebt mir eure Mücken! Dazu passt vielleicht die Nationalhymne, die Jimi Hendrix mit seiner hastig zusammengestellten Band of Gypsies heute vor 50 Jahren in den Morgenstunden in Bethel zerfetzte. Er war der teuerste Musiker bei Woodstock und spielte, als die meisten Besucher schon auf dem Rückweg waren.

*** Ja, ja, das richtige Einwandern ist lukrativ geworden – für eine Firma wie Palantir Technologies. Stimmen die Angaben der Bürgerinitiative "No Tech for ICE", die nun in einem Report zusammengefasst wurden, dann hat allein der Auftrag für die Datenbank der Einwanderungsbehörde ICE einen Umfang von 42 Millionen Dollar. Dabei nicht eingerechnet die 52 Millionen für ein Vorgangsbearbeitungssystem Palantir ICM, das von der Homeland Security zur Einwanderungskontrolle genutzt wird. Natürlich vezwergt das alles vor der satten Milliarde, die das Verteidigungsministerium der Firma für zwei Dutzend Projekte überweist, die allesamt streng geheim sind. Insgesamt macht es deutlich, warum Palantir-Anteilseigner Peter Thiel einer der wenigen IT-Zaren ist, die Trump mögen. Ob das auch für den Firmenchef Dr. Alex Karp gilt, der in Frankfurt mit "Aggression in der Lebenswelt: die Erweiterung des Parsonsschen Konzepts der Aggression durch die Beschreibung des Zusammenhangs von Jargon, Aggression und Kultur" promovierte, ist schwer zu sagen. Schließlich arbeitet Palantir mit fast jeder Demokratie im Westen zusammen, da heißt es, Animositäten und Aggressionen im Zaum zu halten. Die einen haben einen Sumpf, die anderen pflegen ihren polizei/industriellen Komplex.

*** Zumindest in Deutschland ist eine Landespolizei schwer von Palantirs Technologie begeistert. Die Rede ist von Palantir ICM, bei uns als "Hessendata" bekannt und von aller US-amerikanischen Herkunft bereinigt. Nunmehr kann Hessendata auch mobil eingesetzt werden und die "hessenweite Ausflächung" steht bevor. Die Vorteile sind sa-gen-haft, wie man aus der Pressemitteilung einer Übung mit einem "fiktiven Bedrohungsszenario" entnehmen kann: "Dafür verknüpfen die Beamtinnen und Beamten ausschließlich bereits vorhandene Informationen aus polizeilichen Datenbanken und öffentlich zugängliche Informationen, um schnell gebündelte Erkenntnisse – zum Beispiel über islamistische Gefährder – zu generieren und polizeiliche Gegenmaßnahmen einleiten zu können." Dann generiert man schön, möchte man sagen, wäre denn da der stets mögliche Irrtum ausgeschlossen. Wie prägnant und schnell man in Hessen arbeitet, zeigt die aufregende Jagd auf Helene Fischer: 83 Mal in der Nacht wollten Polizisten ihre persönlichen Daten und damit verknüpfte öffentlich zugängliche Informationen sehen. Hessendata lieferte.

*** Was bei der Polizei nicht so besonders läuft, ist Polizei 2020, das "digitale Haus der Polizei", ein supertolles länderübergreifende Gemansche aller Daten in einer einzigen großen Polizeicloud. Im Sommerloch verschwand die Meldung, dass der Projektleiter von Polizei 2020, Kriminaldirektor Andreas Lezguz, nur noch Projektbegleiter ist. Die Leitung hat jetzt der Superstar der deutschen IT-Branche übernommen, jedenfalls der Superstar nach den Vorgaben des Bundesinnenministeriums. Das setzte die Einmannfirma Holger Gadorosi Consulting schon mehrfach ein, zuletzt nach Auskunft der Bundesregierung (PDF-Datei) für ein Honorar von schlappen 8,7 Millionen Euro bei dem umstrittenen Projekt Netze des Bundes.

*** Sollte Holger Gadorosi Polizei 2020 2020 in den Testbetrieb überführen können, kann er gleich die nächste millionenschwere Aufgabe vom Innenministerium übernehmen: Es läuft nicht wie gewünscht bei den Bodycams, wie ein Forschungsbericht aus Nordrhein-Westfalen zeigt. Eigentlich sollen die eingeschalteten Kameras gewalttätige Aktionen gegen Polizisten verhindern oder zumindest dokumentieren, doch lassen sich nur wenige Randalierer von ihnen beeindrucken. Stattdessen halten sich Polizeibeamte "unangemessen" zurück, eben weil sie wissen, das gefilmt wird. Der beherzte Griff zum Knüppel wird in Nordrhein-Westfalen vermisst. Erfolgreicher sollen Polizisten im hohen Norden sein, wo Bodycams auf dem Festival in Wacken eingesetzt wurden. Doch der Abschlussbericht steht noch aus. Gespannt warten wird noch auf Nachrichten vom Bahnhof Südkreuz, auf dem jeweils Dienstag und Mittwoch eigens engagierte Schauspieler nach einem Drehbuch gefährliche Situationen simulieren, die von Kameras und Software zur "intelligenten Verhaltensanalyse" entdeckt werden sollen. Ob Bundesinnenminister Seehofer wieder von der überragenden Leistung schwärmen wird, wie er das anlässlich der Gesichtserkennung am Südkreuz getan hat? Anderswo hat man ganz andere Ergebnisse bekommen.

Was wird.

Schwuppdiwupp sind wir mit Horst Seehofer in der Zukunft gelandet. Während andere sonnenbaden und zapfenstreichen, hat Seehofer mit seinen Juristen etwas geschnürt, das in den nächsten Wochen und Monaten für Gesprächsstoff sorgen wird. Eigentlich ging es nur um die Umsetzung von Empfehlungen, die die Innenministerkonferenz zur Rechtsvereinheitlichung des Verfassungsschutzrechts ausgesprochen hat. Herausgekommen ist ein Entwurf für eine weit reichende Stärkung des Geheimdienstes. Das geplante neue Gesetz zur Stärkung des Verfassungsschutzes ist nicht nur ein sprachliches Ungetüm, das möglichst kompliziert formuliert ist. Es zertrampelt auch Grundrechte, weil dem Geheimdienst weitreichende Befugnisse zur Hand gegeben werden. Das fängt bei der "privaten" Videoüberwachung in Kaufhäusern und Einkaufszentren an, auf die sich der Verfassungsschutz künftig bei Bedarf "live aufschalten" kann.

Bekannt war schon der Passus, dass Verfassungsschützer in Wohnungen einbrechen dürfen, um einen Staatstrojaner oder sonst eine Überwachungssoftware aufzuspielen. Das ist jetzt noch einmal verschärft worden: "Das Bundesinnenministerium soll künftig IT-Unternehmen per Verordnung zwingen können, beim Aufspielen von Spähsoftware auf Handys, Computer oder andere Geräte mitzuhelfen." Was jetzt noch fehlt, ist ein schnuckeliger Name für diesen "Sofort Überwachbar Service" der Ich-bin-doch-nicht-blöd-Branche. Vielleicht wird dann man von Geräten sprechen, die geseehofert sind oder horstig gemacht wurden. Die vom Bundesverfassungsgericht angemahnte Vertraulichkeit und Integrität informationstechnischer Systeme wird ohnehin überbewertet. Schick ist auch, dass künftig eine einfache Verordnung genügen soll und die bisher geforderte richterliche Genehmigung für eine Überwachungsmaßnahme Makulatur ist. Dass der Verfassungsschutz künftig auch Redaktionen und Verlage mit Staatstrojanern ausspionieren darf, ist da nur konsequent.

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Ach, das ist so eine Sache mit diplomatischer Höflichkeit. Mancher steht nackt da. Und mancher bekommt zu viel Aufmerksamkeit, wundert sich Hal Faber.

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Was war.

*** Soso. Die Dänen haben also böse und unangemessen reagiert, als sie über ihre Ministerpräsidentin Mette Frederiksen den USA mitteilten, wie absurd der Vorschlag ist, Grönland zu kaufen. Beleidigt hat US-Präsident Trump seinen Dänemark-Besuch abgesagt und nutzt die freien Tage, um etwas Golf zu spielen. Dabei hatten doch Trumps Lieblingsbotschafter (die für die EU, Dänemark und Deutschland) erst vor kurzem das tapfere Volk der Dänen über den grünen Klee dafür gelobt, dass es sich dem Nordstream-2-Projekt in den Weg stellt mit seiner Diskussion, wie die Pipeline um Bornholm herum geführt werden kann. So war Dänemark der wichtigste Verbündete der USA, die Nordstream 2 verhindern wollen. Das müssen Trump und seine Berater missverstanden haben, als sie das fast unbewohnte Greenland kaufen wollten, irgendwelche naseküssenden Naturvölker und ihre Hunde inklusive. Wegen der Bodenschätze, nicht der Menschen, die im Weltbild des US-Präsidenten keine Rolle spielen. Da gibt es nur den Raketen-Kim und ihn, den Auswerwählten auf göttlicher Mission im Handelskrieg mit China. Wer so hoch über den Dingen schwebt, kann schon einmal allen Firmen befehlen, ihre Produktion aus China abzuziehen, auch wenn dies den Prinzipien einer freien Marktwirtschaft widerspricht: Niemand sagt diesem Auserwählten, dass er nackt ist. Weiter geht's im Handelskrieg.

*** Ob Donald Trump so einzigartig ist, kann bezweifelt werden. Heute vor 100 Jahren wurde George Wallace geboren, der genau wie Trump von sich und der Überlegenheit der weißen Rasse überzeugt war. In der demokratischen Partei schaffte er es bis zum Gouverneur von Alabama, scheiterte jedoch in vier Anläufen, Präsident der USA zu werden. Das böse Wort vom Ausniggern und sein Schwur, die Rassentrennung für immer beizubehalten, kamen im Amerika der 60er und 70er Jahre nicht besonders gut an, schließlich feierte man in Woodstock Friede, Freude, Eierkuchen. Heute hätte Wallace als Anwalt des kleinen weißen, vom Abstieg bedrohten Mannes beste Chancen bei den Wählern von Trump mit dem seit Wallace bekannten Versprechen, den "Sumpf in Washington" auszutrocknen und die Schnösel aus der Regierung zu verjagen. "Das Volk soll dieses Land regieren und nicht ein Haufen Pseudo-Intellektueller, die hochnäsig auf euch und mich herabschauen." Als der Spiegel 1968 in einer Titelstory über Wallace berichtete, fasste er die Stimmung unter den Anhängern von Wallace prägnant zusammen: "Amerikas NPD". Dem fanatischen Rassentrenner von damals würde die nunmehr propagierte Abschiebungskultur von heute sicher gefallen.

*** Apropos Abschiebung: Schon in der letzten Wochenschau war von der Firma Palantir Technologies, ihrer Arbeit für die US-amerikanische Armee und den Grenzschutz ICE sowie ihrer Software Hessendata die Rede. Nun gibt es Berichte, nach denen sich bei Palantir-Mitarbeitern das schlechte Gewissen meldet. In der Firma sollen offene Briefe oder E-Mails zirkulieren, in denen die Arbeit für die Einwanderungsbehörden kritisiert wird. Man möchte sich im freien Geiste des Silicon Valleys doch aus der Politik heraushalten. Vorbild soll Google sein, dass den Auftrag zum Projekt Maven zurückgegeben hat, unter Verweis auf die Firmenethik. Dabei kursiert dort ein Memo der Muttergesellschaft Alphabet, das politische Diskussionen am Arbeitsplatz oder im Mail-Verteiler der Firma ab sofort untersagt sind. Ganz so freiheitlich will man bei Alphabet und Google nicht mehr sein, weil es die Produktivität stört.

*** Anders bei Palantir? Auf "Town Hall Meetings" sollen Palantirianer das Thema der übergroßen Regierungsnähe diskutiert haben. Doch ethische Regeln sind in der mit finanzieller Unterstützung eines CIA-Inkubators gegründeten Firma bisher nicht bekannt geworden, dafür ein Interview mit Firmenchef Alex Karp, der Silicon-Valley-Firmen ächtete, die sich seiner Ansicht nach unpatriotisch verhalten. Insofern hat die Kritik an Firmen wie Palantir ihre Berechtigung, auch wenn der Vorwurf mit dem Killer-Roboter überzogen ist. Denn seit Karel Capeks Theaterstück über Rossums Universalroboter ist bekannt, dass Roboter sich dem Menschen überlegen fühlen und die Welt für sich beherrschen wollen. Die Menschen sterben von alleine aus, wenn der Regenwald niedergebrannt ist.

*** Wenn diese Zeilen im weltweiten Gewebe auftauchen, ist die Dresdener Demo unteilbar mit mehr als 10.000 Teilnehmern zu Ende gegangen, hübsch gefilmt von vielen Kameras der sächsischen Polizei. Wie teilbar die Demokratie sein kann, zeigte im Vorfeld der dort amtierende Ministerpräsident, der sich zuvor selbst in einem Interview als Antifaschist bezeichnet hatte. Demonstriert wurde nicht nur für die Stärkung der Demokratie, für Offenheit und Vielfalt, sondern auch gegen das fortlaufend ausgebaute Sicherheitstheater mit anlassloser Überwachung, Auto-Vorratsdatenspeicherung und einem Datenschutz, in dessen Namen Behörden die Herausgabe von Dokumenten verweigern. Noch dümmlicher ist die Argumentation, ein seit zwei Jahren erstellter Kommissionsbericht über die Prepper-Szene und Nordkreuz befinde sich noch im Entwurfsstadium. Immerhin gibt es jetzt eine telefonische Auskunft durch das Fräulein oder Männnlein vom Amt, wenn man in Hamburg wohnt.

Was wird.

Der in Deutschland hoch geschätzte und mehrfach ausgezeichnete Künstler Ai Weiwei wird mit seiner Familie ins britische Cambridge ziehen und hat nach seiner heftigen Kritik an Deutschland noch einmal nachgelegt. Besonders ärgerlich sei die angebliche moralische Überlegenheit, die Europäer für sich in Anspruch nehmen würden. Sie habe ihn in Deutschland krank gemacht. "Europa war eine zivilisierte, moderne Gesellschaft, die Humanismus, Demokratie, Freiheit und Menschenrechte hochhalten sollte. Europäer sollten sich nicht moralisch überlegen fühlen dürfen." Ganz schlimm sei es mit der Dankbarkeit gewesen, die man von ihm und anderen Flüchtlingen erwarte. Ob das in Großbritannien anders ist, wird sich zeigen. Weiwei kritisierte die Briten dafür, die Proteste in der ehemaligen Kolonie Hongkong nicht ausreichend zu unterstützen. In der Brexit-Krise sei man viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Zur Übersiedlung wird sich Europa in seiner ganzen Schönheit zeigen: Die Chips in den kommenden blauen Pässen stammen von der franko-niederländischen Firma Gemalto, gedruckt werden sie in Polen und müssen dann nur noch nach Britannien transportiert werden.

Und dann kommt der Endspurt zu den Landtagswahlen, bei denen die allgegenwärtigen Auguren Sachsen und Brandenburg schon (fast) ganz blau angepinselt sehen. In all dem öffentlichen Erschrecken geht allzu leicht unter, dass die AfD keineswegs eine Mehrheitspartei ist, auch nicht in den viel geschmähten östlichen Bundesländern. Und dass die Grünen möglicherweise auch endlich mal dort reüssieren können, wo sich historisch in der Bürgerrechtsbewegung gegen die DDR-Diktatur ein Teil ihres eigentlichen Parteinamens "Bündnis 90 / Die Grünen" herleitet. Die Unverschämtheit, dass sich rechtspopulistische bis rechtsradikale Besserwessies als "Vollender der Wende" und Erben der Revolution von 1989 aufspielen, ist eine der Volten der deutschen Demokratie, die sich kein Satiriker auszudenken gewagt hätte. Ach, man hat's schon schwer mit der Meinungsfreiheit. Was umso mehr für die gilt, die stets das beleidigte Opfer spielen, wenn man ihnen zu widersprechen wagt. Dass diese beleidigten Leberwürste in aller Regel gerade diesen rechtspopulistische bis rechtsradikale Besserwessies sind, macht's nicht einfacher.

Bei ihnen würde wohl auch die Intellektverbesserung durch Drogen und direkte Computerinterfaces nichts mehr helfen. Genießen wir lieber, statt uns mit den mit dem Flügel Schlagenden zu beschäftigen, den zu Ende gehenden Sommer in der Stadt, keinesfalls voller Wut. Feiern wir nicht nur den Sommer in der Stadt, feiern wir auch die Befreiung von Paris vor 75 Jahren. Man konnte ja damals hoffen, dass man all die offenen und verkappten Nazis endgültig loswerde. Aber nein, sie sind nur etwas weniger stahlgewittrig geworden. Aber nicht intelligenter oder gar menschenfreundlich.

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Was war. Was wird. Die Sommer-Abschieds-Edition
« Antwort #788 am: 01 September, 2019, 06:33 »
Alle Camps gehen mal zu Ende. Übrig bleiben zu scharfe Bilder und alternative Fakten, staunt Hal Faber. Und wo Transparenz herrscht, ist das Rettende nah.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Ende. Aus. Finito. Das Chaos Computer Camp war in diesem Jahr wieder ganz weit draußen, aber eine nach innen gekehrte Veranstaltung ohne Pressebespaßung. Einen Stream nach draußen hat es gegeben und viele Bilder der staubigen Veranstaltung und der nächtlichen Lichtspiele. Das alles war der Tatsache geschuldet, dass das Gelände auf 5000 Personen limitiert ist und nicht ins scheinbar Unendliche wachsen kann wie der Congress in Leipzig, der Stadt der Friedlichen Revolution. Immerhin: die Talks sind in der CCC-Mediathek verfügbar und können garantiert staubfrei konsumiert werden. So kann man sich darüber kundig machen, was da alles an Signalen aus dem Weltraum eintrudelt.

*** Etwas Ähnliches hat US-Präsident Trump getan. Er war beim schwer gesicherten G7-Camp in Biarritz, eine Art Lobbytrip mit Trump-Werbung für Putin, und flog dann schnell wieder zurück; große Aufgaben warteten auf ihn. Kaum hatte er am Donnerstag die ersten 287 Kämpfer der US Space Force begrüßt, die mit Kamikaze-Satelliten den Feind im Weltall bekämpfen sollen, da hatte er seinen Spaß mit einer Fotostrecke. Ihm wurden Satellitenaufnahmen vom Iran gezeigt, wo ein Raketenstart misslang. Dabei war Trump von der Schärfe der Aufnahmen so angetan, dass er ein Bild twitterte, um den Iran zu "trösten". Das dürfte die Geheimdienste anderer Staaten und auch den Iran selbst freuen, denn jetzt weiß man, das die Auflösung bei der US-Aufklärung aus einer Höhe von 380 Km bis auf 10 cm genau sein kann. Solch scharfe Bilder hat der Westen wie der Osten noch nie gesehen. Was für ein prächtiges Aufklärungs-Leck! Dazu passt die Meldung aus "US-Militärquellen", dass die USA einen Cyberangriff gegen den Iran durchgeführt haben, von dem sich das iranische Militär noch nicht "erholt" hat. Ganze Datenbanken sollen verschwunden sein. Vielleicht twittert Trump noch das eine oder andere Foto von ihnen, zum Trost der Mullahs.

*** Präsidenten-Mund tut Wahrheit kund? Auf einmal? Nicht ganz, denn mit der auf dem G7-Gipfel in Biarritz vorgetragenen Behauptung, dass es "High-Level-Calls" über die Begrenzung des Handelskrieges mit China
gebe, gehört zu den berühmten alternativen Fakten. So wird der politische Diskurs weiter vergiftet und das nicht nur in den USA. Mit Boris Johnson ist ein weiterer Führer der westlichen Werteunion dabei, der Demokratie einen Fußtritt zu geben. Er schickt das Parlament in den Zwangsurlaub, weil er irgendeinen Brexit durchziehen will, mit weiteren Verhandlungen in Brüssel. Gleichzeitig erzählt er, dass noch genügend Zeit da ist, den Brexit zu diskutieren. Während sein Chefstratege Dominic Cummings eine Kultur des Schreckens aufbaut und unliebsame Mitarbeiter von der Polizei eskortieren lässt, bleibt Johnson der Nette, der alles besser machen will. Nur Neuwahlen muss er nach allen ihm gebotenen Möglichkeiten vermeiden. Deshalb lässt er sich voll und ganz auf Trump ein, weil das Handelsabkommen als Chance präsentiert werden kann, Britannien wieder groß zu machen. Vielleicht verkauft Johnson ihm im Gegenzug, mit hübschen Satellitenbildern garniert, die Chagos-Inseln. Auf denen unterhalten die USA, genau wie in Grönland, einen großen Stützpunkt für Schiffe und Flugzeuge. Trump könnte damit geködert werden, den untergegangenen Kontinent Lemuria zu erwerben. Einen ganzen Kontinent! Schick würde auch das Wappen aussehen, so ein Sternenbanner zwischen Schildkröten.

*** Bleiben wir bei Spion & Spion. An diesem Wochenende verlässt der deutsche James Bond seinen Dienstposten. Okay, Gerhard Conrad bretterte nicht im Aston Martin durch die Gegend, warf sich nicht aus dem Flugzeug, um anderen den Fallschirm zu mopsen und war obendrein bodenständig verheiratet, natürlich mit einer BND-Agentin. Was er in zahlreichen Verhandlungen bei manchem Gefangenen- und Leichentausch erreichte, lässt sich selbst mit einem Daniel Craig nur schwer verfilmen. Dafür steigt die Spannung auf andere Art: Schafft es Ursula von der Leyen, im Gefolge von Conrads Abschied bei INTCEN, dem von den Deutschen so geliebten EU-Geheimdienst, weiter auszubauen? Braucht es nicht nach dem Wegfall der britischen Geheimdienste eine Neuausrichtung der gemeinsamen europäischen Überwachungsanstrengungen? Davon kann auch der Bundesnachrichtendienst profitieren, der Mutterdienst, den Gerhard Conrad im November verlassen wird, um künftig im neuen Master-Studiengang "Dipl-Sp." zu unterrichten. Ach halt, der neue Studiengang heißt viel schicker: "Intelligence and Security Studies". Ja, was waren das noch für Zeiten, als man beim BND nur deutsche Codenamen für laufende Operationen verwenden durfte. Auf ewig unerreicht bleibt Operation Hasenfuß mit der Ausforschung von Journalisten – die samt und sonders Hasenfüße sind. Nun wird die gute alte Namenstradition nur noch bei Europol fortgeführt: Man erinnere sich an die Operation Neuland, bei der Hersteller von Cryptotools zur Verbreitung von Malware festgenommen wurden.

*** Glaubt man Bellingcat, so ist die Ermordung des Georgiers oder Tschetschenen Zelimkhan Khangoshvili in Berlin die Tat eines russischen Geheimdienstlers oder eines Mannes, den der russische Geheimdienst angeworben hat. Die Herleitung ist lehrreich und zeigt, welche Quellen informierten Rechercheuren zur Verfügung stehen, doch der eigentliche Beweis ist dürftig. Der gefasste Täter reiste mit einem Ausweis ohne biometrische Merkmale mit einem Visum über Frankreich ein, das auf eine nicht-existente Adresse in Russland ausgestellt ist. Sein Name "Vadim Sokolov" ist nicht in der Datenbank enthalten, in der alle russischen Bürger gespeichert werden. So weit, so schlecht, doch die Attribuierung zu einem der Geheimdienste benötigt etwas mehr. Schließlich ist der Täter tätowiert, was Agenten in aller Welt untersagt ist. Somit könnte eine mafiöse Organsiation für den Auftragsmord verantwortlich sein – oder das Tattoo ist auch eine Finte. Auf alle Fälle ist es Lehrmaterial für die neue Sparte "Intelligence and Security Studies".

Was wird.

Alle Camps gehen mal zu Ende und der Sommer verduftet sich. Zurück zum Alltag und zur Alltagspolitik, wenn heute und morgen die Wahlen in Sachsen und Brandenburg kommentiert und viele Blumensträuße verteilt werden. Richtig mit Kawumm und Karacho los geht es aber erst am Mittwoch, wenn der 2. Nationale Aktionsplan Open Government vom Bundeskabinett beschlossen wird. Hurra, hurra, die GroKo liefert. Bereits im Vorfeld hat Bundeskanzlerin Merkel im Podcast weise Worte dafür gefunden, dass man sich über möglichst viele Zusammenhänge informieren kann. Ja, es ist eine Open Government Partnership als trauliche Zusammenarbeit von BehördInnen, PolitikerInnen und BürgerInnen: ..."sie hat ein ganz wichtiges Ziel. In einer Zeit, in der wir technologische Wandlungen erleben, insbesondere durch die Digitalisierung, in einer Zeit, in der die Welt immer enger zusammenwächst, in einer Zeit, in der wir vor großen Herausforderungen, zum Beispiel Korruption, stehen, ist es ganz wichtig, dass Regierungen transparent handeln und dass Bürgerinnen und Bürger sich über möglichst viele Zusammenhänge informieren können." Jede Ähnlichkeit mit FragDenStaat ist entweder zufällig oder Satire, versteht sich.

Wo Transparenz herrscht, ist das Rettende nah, könnte man herumgoethen. Im Fall der bayerischen Landesregierung führt sie zu einer Überraschung: Der seit 2017 mögliche Einsatz von elektronischen Fußfesseln zur Überwachung von Gefährdern mit terroristischen Absichten wird überwiegend bei Beziehungsterroristen eingesetzt. In 9 von 12 Fällen, in denen der Einsatz bisher verfügt wurde, ging es um Fälle häuslicher Gewalt, ausgehend von drohenden Männern. Diese kleine Randnotiz steht unter "Was wird", weil das bayerische Polizeiaufgabengesetz von Experten kritisiert wurde. Dieses Gesetz regelt unter anderem den Einsatz der Fußfessel. Die Kritik der Experten dreht sich vor allem um den Begriff der "drohenden Gefahr", wie sie etwa auch von einem Fußfesselträger gegenüber einer anderen Person ausgeht. Nun steht eine schnelle Korrektur an, wie Innenminister Joachim Herrmann versprochen hat. Das ist alles unabhängig von den juristischen Klagen gegen das Gesetz. Und wo wir schon beim Sportfach Korrektur sind: Wer in der Bayern-CSU korrigiert diesen Social Media-Müll?

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Was war. Was wird. – mit einem Requiem für die Volksparteien
« Antwort #789 am: 08 September, 2019, 08:30 »
Das Konzept Volkspartei ist tot, das Konzept IT-Großmesse noch nicht. Zum Glück zeigt uns jetzt ein Museum die Zukünfte, meint Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** An dieser Stelle müsste statt der Wochenschau eine Todesanzeige stehen: Nach den Wahlen in Brandenburg und Sachsen ist das Konzept der Volkspartei gestorben, mit dem die CDU wie die SPD über Jahrzehnte hinweg dem Wahlvolk ein Angebot zum Kreuzen machten. Wenn sich diese beiden Parteien nicht weglindnern wollen, müssen sie ein, zwei Themen finden, mit denen sie junge Wähler überzeugen können. Das Gerede von der "klaren Kante" hilft nicht weiter und wer vom Rückenwind der Regierungsarbeit spricht, hat angesichts der real exististierenden Lame Duck-Bundesregierung mehr als nur den Verstand verloren. Doch wayne interessiert's? Die ganze Woche über konnte man Artikel und Kommentare darüber lesen, was denn "bürgerlich" ist und warum ausgerechnet die AfD alles andere als bürgerlich daherkommt, sondern eine Aktionstruppe zur Vertreibung der Ausländer ist. Aus diesem Grunde sollte auch der Protestwähler beerdigt werden und der Überzeugungswähler ins Visier genommen werden, der wieder überzeugt werden muss. "Vielleicht braucht man weitere 30 Jahre, um diese Spaltung wieder zu kitten."

*** Einsamer Höhepunkt all dieser Debatten um Bürger und die wahre Bürgerlichkeit dürfte die Definition der Zombie-Bourgeoisie gewesen sein, bei der natürlich künstliche Intelligenz auch irgendwie mit im Spiel sein muss. So kriegen alle ihr Fett ab, auch die sogenannten Kreativen, die das Bild der Großstädte prägen. "Doch die Freiräume der Kreativität, die im späten 20. Jahrhundert noch Aufbruch bedeuteten, funktionieren heute nur noch als Dienstleister fürs Höchstpreissegment oder als Sprungbrett in die Verteilungskämpfe einer Industrie, die sich Kreative und Akademiker als intellektuelle Schoßhündchen hält, weil es einen guten Eindruck macht, über die Ethik der künstlichen Intelligenz zu debattieren, während man mit neuen Technologien gerade die weitreichendste Automatisierungswelle seit dem mittleren 19. Jahrhundert vorbereitet." Schoßhündchen diskutieren über die Ethik der künstlichen Intelligenz und die Karawane zieht weiter? Die bürgerlichen Werte sind jedenfalls futsch, wenn es heißt: "Eine Zombie-Bourgeoisie rührt sich da, die unter dem Deckmäntelchen aus feinem Zwirn und oberschulischer Bildung die fratzenhafte Antipodin des allzu freien Marktes bildet." Apokalypse jetzt.

*** In Berlin findet derzeit die letzte deutsche Großmesse statt, auf der Informationstechnologie ausgestellt wird. Star der IFA sollen "Premium TVs" mit 8K Auflüsung im 98 Zoll-Format sein, auch wenn das bezweifelt wird und für ausgedehnte Diskussionen im Forum sorgt. Viel innovativer sind da Firmen wie Siemens mit einem Backofen, der Sprachbefehle versteht. Fehlt nur noch das sprechende Brot, das "zieh mich raus, zieh mich raus" ruft. Und wo wären wir ohne die künstliche Intelligenz von LG, die mitteilt, wenn der Kühlschrank überladen ist oder in die Dosierung des Waschmittels in der Maschine falsch ist? "Proactive Consumer Care", so nennt sich die Technik der fürsorglichen Geräte, die uns umgeben werden. Wobei ganz Deutschland, ob Bürger, Arbeiter oder Privatier beim Digitalisieren an vorderster Front mit dabei ist. Wir sind ein Volk – von neugierigen Technik-Begeisterten. Sagt wer? Jeder Vierte hört Podcasts, allerdings selten bis zum Ende der Sendung, jeder Vierte besitzt WLAN-Lautsprecher, jeder Fünfte hat Augmented-Reality-Anwendungen ausprobiert. Jeder Mensch kennt Bitkom, den Bundesverband für Flugtaxi-Förderung mit seinen täglichen Pressemeldungen zum Wohle der deutschen Digitalwirtschaft. Wenn passend zum IFA-Gedröhne ausgerechnet mit der Frankfurter Allgemeinen Zeitung ein ausgewiesenes Finanzblatt die Frage stellt, Wer befreit unsere Daten? und dann beim Bitkom eine zögerliche Haltung zum Thema Open Source ausmacht, hat das was. Andererseits sind die Hoffnungen, dass die Plattform GAIA-X als Europa-Cloud mit KI-Einsprengseln diese Befreiung vorantreibt, etwas übertrieben. Genaueres wird man erst im Oktober wissen, wenn sich die Bundesregierung in Dortmund zu ihrem jährlichen "Digitalgipfel" trifft. Denn dort sollen deutsche digitale Plattformen den Schwerpunkt bilden.

*** Berlin hat aber noch mehr zu bieten, wenn die IFA 2019 vorüber ist. Denn Berlin hat seit dieser Woche ein Museum der Zukünfte, das Futurium. Hier finden sich Szenarien für mögliche Zukünfte von Mensch, Natur und Technik, ganz im Sinne der täglichen Inklusion in Netzwelten. Endlich kann man den Wünschespeicher von der CeBIT 2017 in voller Schönheit sehen. Digital Detox ist hier ein Fremdwort, dafür gibt es eine Roboterschau und eine überraschend ausführliche Darstellung der Atomkraft und der Kernfusion. Was immer die anstehende Energiewende sein soll, im Futurium möchte man zurück zur alten Großtechnologe und dafür halt "ein neues Verhältnis zur Utopie gewinnen", wozu eine strahlende Zukunft gehört. Für die fesselnde Beleuchtung der Ausstellung erhielt man bereits den Deutschen Lichtdesign-Preis, da wird doch für diese Art der Wiederaufbereitung die eine oder andere Medaille für die positive Darstellung der Atomkraft übrig sein.

*** Ein mit 10.000 Euro dotierter Preis für das schönste deutsche Buch geht nach Leipzig, wo mit Name Waffe Stern ein Buch über das Logo der RAF auzgezeichnet wurde. Das Buch soll eine zeichentheoretische Entzauberung sein, weil das RAF-Logo längst popkulturell eingemeindet sei und ahistorisch verwendet werde. Also nicht so wie der in Leipzig tagende Chaos Computer Club, der das abgeänderte Logo mittlerweile in die Ahnenreihe von Kabelsalat und Pesthörnchen gestellt hat. Wobei die 101er-Tastatur ganz ohne Stern für das hannöversche Hackover im Oktober wirbt.

Was wird.

Damit ist auch diese Wochenschau in der Zukunft angekommen – oder auch nicht: Im Oktober geht es munter zurück in die Vergangenheit, wenn zum 50. Jubiläum der Firma Robotron in Berlin Computer aus Deutschland den Schwerpunkt der jährlichen VCFB-Ausstellung bilden und die Computer der Apollo-11-Mission mit Vorträgen gewürdigt werden. Apropos Robotron: Zum Jubiläum gehört wohl auch die künstlerische Auseinandersetzung mit der Geschichte von Robotron.

Nicht nur Robotron, auch das Internet wird in diesen Tagen 50 Jahre alt, sofern man die ersten Hostrechner des Arpanets zum Internet zählt. Aus diesem Grund gibt es verschiedene Feiern. Auf der vom Hasso-Plattner-Institut in Potsdam parallel zum Digitalgipfel veranstalteten Geburtstagssause wird Vint Cerf, einer der "Väter" des Internet zugeschaltet. Neben den Anfängen soll auch die Zukunft des Netzes besprochen werden, von einer neuen Gesellschaft ist sogar die Rede.

Mit Patch gehabt gibt es das Ganze im September auch in chaotischer Form. In Dresden wird gefragt, ob die Gesellschaft einen Patch benötigt, ob etwas noch geflickt und verbessert werden kann. Oder bleibt es bei unsicheren Netzen wie dem "Internet of Crap" der Billig-Router, mit denen sich dann Bürger herumschlagen müssen. Auch die elektronische Gesundheitsakte soll bei den "Datenspuren" auf den Prüfstand kommen. Bis zu ihrer geplanten Einführung am 1. Januar 2021 ist nicht mehr viel Zeit. Schließlich ist gerade die Petition Gesundheitsdaten in Gefahr gestartet worden, die verhindern will, dass Patientendaten im Internet auftauchen.

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Was war. Was wird. – Zeit zum Achselzucken
« Antwort #790 am: 15 September, 2019, 09:51 »
Analysten-T(w)eenies als Massenüberwacher, eine Kultur am MIT die Hal Faber nicht versteht, und Marines ohne Tattoos, auch nicht unter zuckenden Achseln.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Juni 2013, das ist schon eine ganze Weile her. Damals trafen die Dokumentarfilmerein Laura Poitras und die Journalisten Glenn Greenwald und Ewen MacAskill im Mira Hotel von Hongkong den Whistleblower "Citizenfour", der sich zuvor als "senior member of the intelligence community" bei Poitras gemeldet hatte. Das Trio lernte den Whistleblower Edward Snowden kennen, der an diesem Wochenende eine Art Auferstehung feiert. Sein 432 Seiten starkes Buch "Permanent Record. Meine Geschichte." erscheint dieser Tage und ist eine Aufarbeitung seines Lebens abseits der Oscar-prämierten Doku oder des gefälligen Spielfilms von Oliver Stone. Snowdens Buch dürfte das 40. Buch zum NSA-Skandal sein, ist aber nicht nur als Autobiographie wertvoll. Denn wir leben in einer Zeit, in der die Snowden-Archive geschlossen wurden und die allgegenwärtige Überwachung durch Geheimdienste mit einem Achselzucken quittiert werden, weit entfernt von der allgemeinen Empörung, dass es gar nicht geht, wie Bürger ausspioniert werden.

*** Edward Snowden wirbt für sein Buch und so gibt es überall Exklusiv-Interviews, nicht nur im Guardian, auch im Spiegel oder in der Süddeutschen Zeitung, die meisten von einer Paywall geschützt. Der "freundliche, blasse und jungenhaft" wirkende Mann beantwortet in ihnen geduldig alle Fragen und wird nur einmal etwas bestimmter, als von seinen Depressionen die Rede ist. Die Frage ist wohl vom Spielfilm inspiriert, in dem der Schauspieler Joseph Gordon-Levitt einen schwer angeschlagenen Snowden mimte. Dem hat der lebende Snowden jetzt widersprochen: "Das ist wichtig fürs Protokoll: Weder bin ich noch war ich suizidal. Ich habe einen philosophisch begründeten Einwand gegen die Idee der Selbsttötung. Sollte ich jemals aus einem Fenster fallen, dann seien Sie sicher: Ich wurde geschubst." Das sollte man sich merken.

*** Sicher wird das Buch wieder eine Debatte darüber entfachen, ob der Mann mit dem Zauberwürfel nur ein einfacher Systemadministrator und Ingenieur war oder auf einem zentralen Posten in der Informationsverarbeitung der NSA Zugriff auf alle möglichen Informationen hatte. Als er noch für die CIA arbeitete, war er nach eigener Aussage für das gesamte Netzwerk der CIA im Raum von Washington zuständig und betrieb Aufklärung über menschliche Quellen, die im Visier der CIA waren. Erst auf seinem letzten Posten in Hawai arbeitete er als Infrastrukturanalyst mit "Werkzeugen der Massenüberwachung" und mit Kollegen zusammen, die Nacktbilder von (weiblichen) Zielpersonen sammelten. Neben HUMINT wurde so halt LOVEINT betrieben, wenn Snowdens Kollegen ihren Partner oder Liebhaber überwachten. "In Wirklichkeit sind die meisten Analysten zwischen 18 und 22 Jahren alt. Und wenn die gelangweilt sind und niemand hinschaut, überwachen sie eben ihre Partner."

*** Schwerpunkt von Snowdens Arbeit soll der SIGINT-Bereich gewesen sein, die Signal Intelligence. "Wir versuchten herauszufinden, was andere uns antun, ohne Namen oder Nummern zu haben. Du beobachtest nicht Leute, sondern Geräte." Während Snowden vor der Massenüberwachung auch durch Google, Facebook und Co. warnt, kann man sich fragen, ob dies erst der Anfang einer echten Überwachung eines jeden Menschens ist. Parallel zu den Interviews mit Snowden mag man das Interview mit dem bangenden Optimisten Nick Bostrom lesen, der eine Antwort auf die Existenz billiger Massenvernichtungswaffen sucht und sie in der Totalüberwachung findet, komplett mit der Möglichkeit, "in Echtzeit eingreifen" zu können. Kameras, die schießen können, wären in letzter Konsequenz ein technologischer Fortschritt für den Warner vor der Superintelligenz.

*** Für Edward Snowden ist derzeit das einzig vorstellbare Szenario, dass die Aufenthaltsgenehmigungen von ihm und seiner Ehefrau Lindsay Mills von Russland verlängert werden. "Letztendlich hoffe ich aber weiterhin, dass mir eine andere Regierung politisches Asyl oder einen sicheren Aufenthalt in Europa gewährt. Unter Angela Merkel wird das wohl nicht mehr der Fall sein. Aber vielleicht erbarmt sich eine andere euopäische Regierung? Es liegt jetzt in der Hand der Weltöffentlichkeit." Doch die ist längst über die Geschichte mit den Snwoden-Files hinweg. Das letzte politische Asyl gewährte Ecuador dem Australier Julian Assange. Bekanntlich wurde Assange dieses politische Asyl entzogen und der Prozess gemacht, da er seine Meldeauflagen ignorierte und in die Botschaft von Ecuador flüchtete, gefilmt von Laura Poitras. Diese Flucht ist nun von einer britischen Richterin als Argument genommen worden, Assange nach Ablauf seiner Haftstrafe bis zur Verhandlung über eine Auslieferung an die USA oder nach Schweden weiterhin inhaftiert zu halten. Die Fluchtgefahr soll zu groß sein. Das in der Haft die Möglichkeiten von Assange beschränkt sind, sich auf die Verhandlung im Februar 2020 vorzubereiten, wird achselzuckend in Kauf genommen. Ein Fall für Shruggie, Aldi.

*** In Berlin hat Larry Lessig auf der Geburtstagsfeier von netzpolitik.org schöne Worte über eine Wiki-Kultur gefunden, die das Netz freundlicher machen und den Hass im Netz reduzieren kann. Ein Aufschrei sei fällig und ein Innehalten. Zuvor hatte derselbe Lessig einen sehr verstörenden Text über die Kultur der Spendenpraxis am MIT Media Lab verfasst. Joi Ito, der Leiter des Media Lab, hatte sowohl für das Media Lab wie auch für seinen eigenen Tech Fund Spenden von Jeffrey Epstein akzeptiert. Wegen dieser Spendenannahmen, die inzwischen offiziell bestätigt wurden, musste Ito seinen Posten räumen. Das wiederum brachte Lessig auf die Palme und führte zu einer indirekten Verteidigung der institutionellen Korruption, die bei der Einwerbung von Drittmitteln durch eine Forschungseinrichtung fast zwangsläufig sei. Lessigs Vorschläge, unter anderem die Möglichkeit, nur anonyme Spenden zuzulassen sind eine Art Freundschaftsdienst für Joi Ito. Sie zeigen aber auch, wie fragwürdig die Kultur am MIT war, die einen "Wissenschafts-Philantropen" wie Epstein akzeptierte. Ob weitere Anschuldigungen, etwa gegen den am MIT arbeitenden Forscher Marvin Minsky zutreffen, muss noch geklärt werden. Inzwischen hat sich der derzeit am MIT forschende Richard Stallman zu Worte gemeldet und Minsky verteidigt. Das führte dazu, dass ältere Zitate von Stallman ausgegraben werden, in denen dieser den Sex mit "reiferen" jungen Mädchen verteidigte. Irgendwie muss dies die angemahnte Wiki-Kultur sein, doch ich verstehe sie nicht.

Was Wird.

Ist es eine Trendwende oder doch nur soldatischer Stolz? Die US-amerikanische Marineinfanterie, die Elitetruppe unter den sieben Teilstreitkräften, will keine Cyber-Krieger als Marines. Schließlich sitzen die hinter Bildschirmen und haben auch nicht den harten Drill der Marine-Grundausbildung hinter sich. Vielmehr möchte man sich auf "Contractors" verlassen, wie Edward Snowden einer war oder über Hackathons und Bug Bounties Zivilsten anwerben, die aus zivilen Mitteln bezahlt werden. "Sie werden nicht den Adler, Globus und Anker tragen und erwarten das auch nicht." Derweil rüstet sich die Bundeswehr um, damit eine aktive Cyberabwehr mit Hackbacks den Feind in die digitale Flucht schlagen kann. Das alles wird mit einer Übung "Netzwerke schützen Netzwerke" am nationalen Cyber-Sicherheitstag der Allianz für Cyber-Sicherheit demonstriert. Der deutsche Sicherheitstag wird von einem noch größeren Ereignis überschattet, denn den ganzen Oktober über wird der Europäische Aktionsmonat für Cyber-Sicherheit begangen. Auch das Brexit-geplagte Großbritannien ist mit dabei, denn im Cyberraum gibt es noch keine Backstop-Wall. "So ond ned anderscht!" geht Cyber. Und den 7. Sinn gibt es auch wieder, nur eben als Digiknow. Wir sind ja längst nicht mehr im Neuland und Angsthasen sind wir auch nicht. Bleibt nur noch die Frage, was IT-Sicherheit zum Gruseln sein könnte. Aber die wird ja zur "Night of the Living Lab" beantwortet.

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4W: Von homöopathischen Dosen und anderen Stilmitteln der Polemik
« Antwort #791 am: 22 September, 2019, 09:41 »
"Drecks Fotze" als Stilmittel verpackt und ein Klimapaket zum Klima-Päckchen umgepackt. Hoffentlich werde ich nicht palantirmäßig gepackt, denkt Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Als die Spitzenpolitiker der Regierungsparteien sich zu den Beratungen über ein Klimapaket trafen, lag ein Vorschlag des Regierungsberaters Ottmar Edenhofer auf dem Tisch, beim Emissionshandel von CO2 mit einem Einstiegspreis von 50 Euro pro Tonne zu beginnen und diesen Preis bis 2030 auf 130 Euro steigen zu lassen. Dann verhandelte man 18 oder 20 Stunden lang in die Nacht hinein, wie das bei allen wichtigen politischen Entscheidungen Usus ist: Schlafmangel muss sein. Dann war ein "kraftvolles Paket" geschnürt, wie es die SPD-Politikerin Malu Dreyer ausdrückte. Das Klimapäckchen beginnt im Jahre 2021 mit dem Emissionshandel, aber mit einem homöopathisch verwässerten Festpreis von 10 Euro pro Tonne, der bis 2025 irgendwo zwischen 35 und 60 Euro liegen soll. Zum Vergleich: Im europäischen Emissionshandelssystem liegt der Preis derzeit bei 25 Euro pro Tonne, wobei Strafzahlungen fällig werden, wenn ein Land unter dieser Marke bleibt. Zum Start des Klimapäckchens wäre das eine Belastung von 3 Cent pro Liter an der Tankstelle. "Wir fangen niedrig an, um die Menschen mitzunehmen", erklärte Bundeskanzlerin Merkel dazu. Ob damit diejenigen gemeint sind, denen Klimaschutz vor Wirtschaftswachstum geht? Das Kratzbuckeln vor dem Autofahrer mit dem Leckerli einer höheren Pendlerpauschale hinderte sie nicht daran, den Demonstranten beim Klimastreik für ihr Engagement zu danken. Life comes at you fast, Bundesregierung.

*** Doch die noch amtierende Regierung war auch in anderer Hinsicht sehr tätig. Sie veröffentlichte ein Strategiepapier zur Blockchain, das die einen als Bullshit-Bingo sehen, die anderen als brillianten Höhepunkt von Digital made in de. Wieder andere, die sich das Strategiepapier für den "Einstieg in die Token Ökonomie" in seiner ganzen digitalisierten Pracht auf ihre Rechner luden, konnten in den Metadaten lesen, dass es sich um einen "Entwurf des integrierten nationalen Energie- und Klimaplans" gehandelt haben muss. Irgendwie hängt ja alles mit allem zusammen und so kann es ein kleiner Schlag eines Schmetterlingsflügel sein, der das Dokument veränderte. An dieser Stelle sei auf den Vorschlag eines Heise-Foristen hingewiesen, die Blockchain-Technologie für Wahlkampfversprechen umzusetzen. Auch wenn dem Vorhaben die Gewissensfreiheit der gewählten Politiker entgegensteht, ist das ein hübscher Gedanke für eine wahrheitsliebende Datenbank.

*** Ob die Grünen im Wahlkampf davon profitieren werden, dass sich bei vielen Menschen das Lenor-Gewissen gemeldet hat, steht auf einem ganz anderen Blatt. In dieser Woche hat ein Berliner Gericht ein bemerkenswertes Urteil zu einem Auskunftsbegehren der Grünen-Politikerin Renate Künast gefällt. Es befand, dass üble Schimpfworte wie "Sondermüll" oder "Drecks Fotze" ein Stilmittel der Polemik sind und in einem Sachzusammenhang zu einer vor 33 Jahren gemachten Äußerung benutzt werden dürfen. Der Sprachmüll, der sich da auf Facebook angesammelt hatte, sei legitim, weil Politiker etwas härter im Nehmen sein müssen. Damit haben ein Richter und zwei Richterinnen den Persönlichkeitsschutz von PolitikerInnen auf Null gesetzt. Gegen sie darf man hetzen, wüten, ihre Worte verdrehen. Dieser Beschluss zeugt von einer Verachtung der politischen Klasse. Denn für den Hass im Netz wird man immer einen "Sachzusammenhang" konstruieren können, wenn die Ausgangslage ein verdreht wiedergegebenes Zitat sein darf. Wer hier von einem gehirnamputierten Gericht spricht, hat den Ernst der Lage erkannt.

*** Es war nicht nur die Woche der Greta Thunberg oder von Renate Künast, sondern auch die von Edward Snowden. Er veröffentlichte sein erstes Buch. Den längsten Auftritt mit dem größten Beifall hatte er hier, wo ihm der Snowden-Spezialist Holger Stark mit knallharten Fragen zum NSA-Komplex zusetzte. Snowdens Wandlung vom loyalen Mitarbeiter bei der CIA und NSA zum Whistleblower begann im Jahre 2009, als er ein Dokument in einem besonders geschützten Bereich für Exceptionally Controlled Information (ECI) fand, das TOPSECRET//STLW//HCS/COMINT//ORCON/NOFORN klassifiziert war, wie es auf Seite 225 der deutschen Ausgabe heißt. Mit dem Abdruck dieser Zeichenfolge soll Snowden gegen seine geschworenen Treuepflichten verstoßen haben, weswegen der Verkaufserlös am Buch wie auch die Honorare für seine Videoauftritte von der US-Regierung beschlagnahmt werden sollen. Man darf gespannt sein, ob diese Argumentation vor Gericht verfängt, denn solche Meta-Hinweise werden von der US-Regierung selbst nach dem Freedom of Information Act veröffentlicht und auf einschlägigen Seiten diskutiert. Wie sieht es beispielsweise mit TOP SECRET VRK11 TK AG DC MC N O F O R N aus, das die Geheimdienstkenner von Electrospaces gerade zu entschlüsseln versuchen?

*** In seinem Buch dankt Snowden seinen Anwälten wie dem mutigen Robert Tibbo und erzählt von der umwerfenden Hilfsbereitschaft einer Vanessa Rodel. Irgendwann möchte er all seine Helfer in Kanada in Sicherheit sehen. Schwer beeindruckt zeigt er sich auch von der Tatkraft der Journalistin Sarah Harrison, die ihn im Auftrag von Wikileaks in Hongkong aufsuchte und auf dem Flug nach Russland begleitete. Weniger gut kommt Julian Assange weg: Nach wenigen Wochen im Exil brach Snowden die Verbindung nach einem Streit ab. Aktuell ist Assange im britischen Gefängnis Bellmarsh untergebracht, in dem gerade die Haftbedingungen gelockert werden, wie Wikileaks-Sprecher Kristin Hranffson in diesem Interview erzählt. Bald soll sein Status geändert werden, vom Häftling zum Auslieferungskandidaten. Ob das ausreicht, sich auf die Verhandlung im Februar vorbereiten zu können, darf man bezweifeln.

Was wird.

Derweil laufen in den USA die Vorbereitungen beim Prozess gegen den an dieser Stelle schon einmal erwähnten Whistleblower Daniel Everett Hale weiter, der Details zum Drohnenprogramm der US-Armee weitergab. Während die Regierung Obama auf eine Anklage verzichtete, geht die Regierung Trump einen Schritt weiter und weist die Juristen an, die Motive eines Whistleblowers nicht zu beachten. Wer da mit seinem Gewissen argumentiere, lügt mit so einer Schutzbehauptung herum. Bleibt nur noch die Frage zu klären, was den noch unbekannten Whistleblower bewegte, der sich beim offiziellen Whistleblower-Kanal der Geheimdienste gemeldet hat, der aber von den Kongressabgeordneten ferngehalten wird. In Trumps Augen ist er ohnehin ein ehrloser Lump. Irgendetwas stimmt da nicht.

Sofort auf Bewährung freigelassen wurde der Iraker Deday A., wie das Oberlandesgericht Frankfurt/Main urteilte. Er bekam eine Jugendstrafe von zwei Jahren auf Bewährung, obwohl das Gericht im Laufe der Verhandlung seine Volljährigkeit feststellte. Er wurde für schuldig befunden, auf Facebook für eine terroristische Vereinigung geworben und via Messenger eine Anleitung zur Begehung einer schweren Straftat verbreitet zu haben. Außerdem soll er einen nicht näher konkretisierten Anschlag in Deutschland geplant und sich dafür Schwarzpulver in Gestalt von Chinaböllern besorgt haben. Soweit, so schlecht, doch eines fehlt: Deday A. ist der einzige islamistische Gefährder, der dank der Palantir-Software Hessendata "unmittelbar vor einem bevorstehenden Anschlag" verhaftet wurde, gewissermaßen vor der frischen Tat. Das jedenfalls behauptete Hessens Innenminister Beuth im Juli 2018, als im Wiesbadener Parlament über die Anschaffung der Software für die vorausschauende Polizeiarbeit diskutiert wurde. Derweil ist Palantir auf Geldsuche. Mindestens 1 bis 3 Milliarden Dollar sollten es schon sein, die man bei Wagniskapitalisten eintreiben will. Die neue Finanzierungsrunde ist notwendig, wenn man Software wie Hessendata zum symbolischen Preis von 1 Cent verkauft und der eigentliche Preis geheim bleiben muss, wie das zur Verleihung eines Big Brother Awards für Hessendata bekannt wurde.

Wäre nicht ein kostenloser öffentlicher Nahverkehr eine prima Klima-Sache, die den Autoverkehr eindämmt? Aber was wird dann aus dem Delikt des Schwarzfahrens, das unbedingt als Straftat verfolgt werden muss, wie die Deutsche Polizeigewerkschaft im Beamtenbund passend am Tag des Klimastreiks forderte? Schwarzfahren ist polizeimäßig gesehen ein erstklassiges Delikt, weil "die Tat den Täter gleich mitliefert", so ganz ohne Palantir-Software. Außerdem ist die Tat gut für den Bürgersinn: "Und gerade weil es sich um eine Straftat handelt, haben auch Kontrolleure und Bürger das sogenannte Jedermannsrecht, mit dem sie Täter festhalten können bis die Polizei kommt." Ja, so wünscht man sich den deutschen Bürger, ganz wie früher. "Sie! Bürger, kommen Sie sofort zurück! Das ist Ihre Pflicht!".

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Was war. Was wird. – Es geht völlig in Ordnung, überall
« Antwort #792 am: 29 September, 2019, 09:36 »
Fehlende Wort-Protokolle aus einem Computersystem gelöscht, einfach weg? Vielleicht hilft eine Suchmaschine aus Europa, totally fine, lacht Hal faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Es ist weg. Futschikato. Gelöscht. Im Sumpf versunken. Liest man die Schilderung des US-amerikanischen Whistleblowers (PDF-Datei), so wurde das genaue Wort-Protokoll eines Telefonats, das US-Präsident Donald Trump mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskij am 25. Juli führte, gelöscht. In dem Computersystem, in dem üblicherweise solche Protokolle für alle Mitarbeiter auf dem "cabinet level" zugänglich sind, ist das Protokoll nicht mehr vorhanden. Wer es gelöscht und in ein anderes System übertragen hat, das nur Mitarbeitern mit der höchsten Sicherheitsklassifikation zugänglich ist, kann der Whistleblower nicht sagen. Das besonders vertrauliche Computersystem soll auch die Wort-Protokolle von Gesprächen mit anderen Politikern enthalten. Allein die Löschung und das Wegspeichern im anderen System soll aber ein Missbrauch der internen E-Mail im Weißen Haus darstellen. Die Geschichte erinnert an die Iran-Contra-Affäre, als der Sicherheitsberater Oliver North versuchte, sämtliche belastenden E-Mails der US-Regierung zu löschen, um US-Präsident Ronald Reagan aus der Schusslinie zu nehmen. Ein Backup des IBM PROFS-Systems brachte die Daten wieder zum Vorschein, was heute umfassend dokumentiert ist.

*** Vielleicht finden sich noch die Log-Files der Löschung und des Datei-Transfers auf Servern der CIA oder beim Tag der Offenen Tür dort, wo Edward Snowden zuletzt gearbeitet hat. Oder die Demokraten können im anstehenden Impeachment-Verfahren den Blick auf das Serversystem erklagen, wie dies mit den Tonbändern in der Watergate-Affäre gelang. Denn es dürfte interessant sein, ob "noch andere Gespräche dort archiviert sein könnten, die nicht dort hingehören, weil sie keine Staatsgeheimnisse sind, sondern vielleicht unlautere Absprachen des Präsidenten enthalten." Wie brenzlig die Sache ist, zeigt der Rücktritt des Sondergesandten Kurt Volker, der in der Ukraine vermittelte. Er soll, wenn das Impeachment öffentlich geführt wird, vor einem Untersuchungsausschuss aussagen, genau wie Gordon Sondland, der als US-Botschafter bei der EU mit der Ukraine befasst war. Volker, im Hauptberuf Präsident des McCain Institute, hatte noch einen zweiten Nebenjob. Er arbeitete für die BGR Group, eine Beraterfirma, die die Ukraine als Kunde betreute. Selbst Außenminister Mike Pompeo soll darüber befragt werden, wo das Wort-Protokoll in der Regierungs-Cloud gelandet ist. Auf dem anderen Blatt steht, dass Trump die Sache eskaliert und von einem "Spion" spricht, mit dem man früher ganz anders umgegangen sei. So hat die USA den größten Skandal seit Watergate, mit einem Senat, der völlig in Ordnung findet, was Trump da gemacht hat.

*** Totally fine ist es natürlich auch, wenn Trumps persönlicher Anwalt und Korruptions-Suchhund Rudy Giuliani in Russland auf einer Konferenz auftritt, auf der er laut der Agenda über "digitale Finanztechnologien" in Eurasien spricht. Eurasien ist der Oberbegriff für eine europäisch-asiatische Sphäre unter russischer Führung. Passenderweise hält Giuliani seinen Vortrag in einem Workshop, der von Sergei Glasjew geleitet wird, dem Ukraine-Berater von Präsident Putin. Die USA haben Glasjew mit einem Einreiseverbot belegt, aber was kümmert das einen Giuliani? Der Jurist soll bei der "Transkription" des Telefonats zwischen Trump und Selenskij beratend tätig geworden sein und das ohne vorgeschriebene Sicherheitsüberprüfung. Da das Wort-Protokoll derzeit nicht verfügbar ist, kann seine Leistung bei der Transkription noch nicht gewürdigt werden.

*** Es ist sicher total in Ordnung, was in dieser Woche in London passiert ist. Nach einer souveränen Präsentation britischer Gerichtsbarkeit – oder verhimmele ich da die Justiz? – hätte der britische Premierminister Boris Johnson für den illegalen Akt, das Parlament in den "Urlaub" zu schicken, zurücktreten müssen. So etwas macht ein Demokrat, aber kein Hulk. Hulk macht weiter. Hulk spricht eine Sprache mit Begriffen wie "Verrat" und "Betrug", die klarmachen soll, dass er in eine Art Krieg ziehen will, um den "reinen Brexit" zu retten. So tagt das Parlament und die Demokratie ist gerettet, doch Johnson ist nicht mehr der Alte, sondern auf dem Wege zum Diktator im Namen eines "Willens des Volkes", ganz nach eigenem Geschmack definiert. Wie war das noch mit Hulk, diesem mit geheimnisvollen Strahlen beschossenen grünen Monster? Es wacht als Bruce Banner in zerfetzten Klamotten auf und fragt sich, was eigentlich gewesen war. Das passt zu einem Brexit mit Backstop oder ohne Backstop bei voller Freizügigkeit für irische Agrarprodukte, wie Hulk das will. It's totally fine.

*** Doch zurück nach Deutschland, wo "im echten Norden" Computer und Festplatten des Polizeigewerkschafters Thomas Nommensen von der Polizei beschlagnahmt wurden und nun analysiert werden. Es geht dabei um die Frage, ob der Gewerkschafter im Zuge der norddeutschen Rocker-Affäre "sicherheitsrelevante Informationen" an Journalisten der Kieler Nachrichten und der Lübecker Nachrichten weitergegeben hat. Im Kern geht es bei der Affäre um den rechtlich problematischen Einsatz von V-Leuten bei der Polizei, um Informationen über Rockerbanden zu gewinnen. Die neue Durchsuchung empört nun erst einmal seine Gewerkschaft, die Deutsche Polizeigewerkschaft. Sie kritisierte eine Videobotschaft des Innenministers Grote über den Vorfall. Grote spricht im Video von einem klaren Verdacht, der die Durchsuchung von Wohnung und Gewerkschaftsbüro auslöste. Stimmen die Angaben der Gewerkschaft, so hat ausgerechnet ein Polizeiseelsorger die Kommunikation des Beschuldigten mit Journalisten beobachtet und diese Informationen dann weitergegeben. Der Fall verdeutlicht, dass der Schutz vertraulicher Kommunikation in Deutschland keinen hohen Stellenwert hat. Aber das geht in Ordnung, sowieso.

*** Richard Stallman und seine problematischen Kommentare zur Causa Epstein auf einer Mailingliste waren in dieser kleinen Wochenschau ein Thema. Mittlerweile hat Stallman die Konsequenzen gezogen und ist von seinen Funktionen bei der Free Software Foundation und dem MIT zurückgetreten. Das freilich schmälert nicht seine Verdienste, auf die hier noch einmal hingewiesen werden soll: Vor genau 36 Jahren veröffentlichte Stallman seinen Aufruf "Free Unix! Starting this Thanksgiving I am going to write a complete UNIX-compatible software system called GNU (for GNU's Not Unix), and give it away free to everyone who can use it. Contributions of time, money, programs and equipment are greatly needed...." Daran sollte man sich erinnern, wenn bei der Diskussion um die digitale Souveränität unserer Regierung Schmerzpunkte lokalisiert werden.

Was wird.

Der europäische Gerichtshof hat ein sehr interessantes Urteil gefällt: Das "Recht auf Vergessenwerden" gilt in Europa, aber nicht weltweit. Suchmaschinenbetreiber wie Google müssen Links aus ihren Ergebnissen nicht weltweit löschen, sondern nur bei Anfragen, die erkennbar aus EU-Ländern kommen. Außerdem müssen sie sicherstellen, dass europäische Fragesteller nicht aktiv das "Vergessen" umgehen können, indem sie Ergebnisse aus Nicht-EU-Ländern anzapfen. Wie das umgesetzt wird, ist Sache der Betreiber. Mit dieser Antwort dürfte Google sehr zufrieden sein und das Bußgeld von schlappen 100.000 Euro akzeptieren, das von den französischen Datenschützern nach einigen fehlerhaften Vergessens-Fällen verhängt wurde. Immerhin zeichnet sich ein neues Geschäftsmodell ab, das man "Vergessen as a Service" (VaaS) nennen könnte. Sollte Google deutsche Kommentare über Google lesen, liegen sie bestimmt rollend auf dem Boden, lachend: Der Appell an die leistungsschutzverrückten Verleger, eine eigene Suchmaschine zu bauen, sorgt für großes Gelächter. Wie war das nochmal mit Quaero oder früher mit Lycos oder noch noch früher mit Fireball und Paperball? Alles mit bester Verlegerknete umgesetzt und vergessen, ganz ohne das Recht auf Vergessenwerden. Eher düfte Twitter nach der Schnippselidee des deutschen Leistungsschutzrechtes verklagt werden.

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4W: Von genauen Bezeichnungen und Tobsuchtsanfällen.
« Antwort #793 am: 06 Oktober, 2019, 09:43 »
So mancher macht sich durch Kopieren erst kenntlich, während der Mob aggressiv Gestörter ungehemmt durch die Netze tobt. Was Hal Fabers Skepsis nur anstachelt.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Nein, nein. Ausnahmsweise hat Karl Kraus die Sache falsch gesehen: Ich höre und lese schon, was meine Öffentlichkeit so vermutet, verärgert, kritisiert und belächelt. Schließlich schreibe ich nicht, was sie hören will, sondern arbeite an einer Wochenchronik des laufenden Schwachsinns. Diesmal gibt es eine Ausnahme, eben weil Wünsche auch mal wahr werden sollen. In umgekehrter Reihenfolge: Frau Mahlzahn geht es nicht gut, sie hat wieder Krebs links der Hüfte, der mittlerweile nicht mehr operabel ist. Sie hält sich mit Kortison und Schmerzmitteln aber ganz gut, ist insoweit gut aufgelegt und liegt friedlich in der Wohnung ihres Personals herum.

*** Karl Marx, laut Wikipedia der "Protagonist der Arbeiterbewegung", hat es da schon schlechter. Erstens ist er schon tot und zweitens mochte er keine Katzen. Was insofern bedauerlich ist, weil der real existierende Kapitalismus natürlich am besten mit Katzenvideos erklärt werden kann. Man nehme nur den so verstörenden Begriff der entfremdeten Arbeit, den heute niemand mehr versteht, weil alle Welt ein Startup sein will. So gesehen sind Katzen die besten Marxisten, dank einem eigenen Schulungsprogramm. So wissen sie wie einst die Sozialdemokraten im Kaiserreich, dass der große Kladderadatsch unweigerlich kommt und regen sich deshalb nicht auf. Lieber arbeiten sie an der Beziehung zu ihrem Dosenöffner. Das ist schon schwer genug, schließlich können die Abläufe beim Öffnen nicht häufig genug trainiert werden

*** Die Gedenkfeiern zum Tag der deutschen Einheit liegen hinter uns, auch das Gedenken an die Feierlichkeiten zum 40. Geburtstag der DDR, als genau diese DDR zu verschwinden begann. Die zu diesen Anlässen bestens passende Einheitswippe kann endlich gebaut werden, damit sich Ostdeutsche und Westdeutsche austarieren können. Passend dazu sei das Urteil eines Berliner Gerichtes erwähnt, dass das Mobbing eines Mitarbeiters mit ostdeutscher Herkunft kein Mobbing im Sinne des Mobbing-Verbotsgesetzes ist, weil keine Benachteiligung wegen einer ethnischen Diskriminierung oder der Zugehörigkeit zu einer Religionsgruppe vorliegt. Typisch Ossi, wird jetzt wieder in den Kommentaren kommen.

*** Dann wäre da noch das bemerkenswerte Urteil gegen den Wessi und AfD-Ideologen Björn Höcke. Im Rahmen eines Aufrufes zu einer Demonstration darf er als "Faschist" bezeichnet werden, weil dies eine zulässige Äußerung im Rahmen der Meinungsfreiheit ist und es um eine öffentliche Auseinandersetzung in der Sache und nicht um eine Diffamierung einer Person geht. Das sollte man beherzigen, wenn gegen den "rechten Flügel" demonstriert wird. Das ist notwendig, meint Philipp Ruch vom Zentrum für politische Schönheit, denn sonst könnte die AfD im Jahre 2025 an die Macht kommen. Immerhin ist Höcke ein begabter Plagiator, wie die Schönheits-Spezialisten herausfanden. Er bediente sich beim Jörg, dessen Partei gerade eine krachende Niederlage einfuhr.

*** Whistleblower haben dieser Tage scheinbar Konjunktur. In den USA soll sich im Rahmen der Voruntersuchung zum Impeachment eine weitere Person gemeldet haben, die eine Aussage über das Vorgehen des Landes in der Ukraine machen will und über noch genaueres Wissen verfügen soll. Vielleicht sogar eine, die Zugriff auf das Computer-System NICE hat, über das in der letzten Wochenschau spekuliert wurde. Mit dem Laundromat kommt überdies ein Film in die Kinos und nach Netflix, der versucht, die Geschichte der Panama Papers zu erzählen. Aber schon bei dieser Umsetzung kommt einer richtig schlecht weg: der Whistleblower. Seine Perspektive ist eine gänzlich andere, wie es in einem Kommentar über die stillen Revolutionäre wie Edward Snowden in eben jener Zeitung beklagt wird, die die Panama Papers veröffentlichte. Er schließt mit großen Worten: "Jede Demokratie sollte sich verpflichtet fühlen, Gesetze zu erlassen, die das Alarmschlagen im Dienste der Allgemeinheit zum Grundrecht erklären. Und wenn sie es ernst meint, sollte sie allen, die das in Ländern tun, wo es verfolgt wird, Zuflucht und Asyl anbieten." Wie war das noch mit den Kommentaren zur ach so naiven Kampagne Ein Bett für Snowden? Und muss nicht, wer so den Klokkenluider huldigt, auch dem Soldaten in einer demokratischen Parlaments-Armee eine Chance einräumen, der über Rechtsextreme bei der Bundeswehr Alarm schlug? Stattdessen gibt es einen Ausschluss, weil Prüfungen nicht bestanden wurden, an denen der Soldat nicht teilnehmen konnte, weil ein Verfahren gegen ihn lief.

*** In den USA möchte Präsident Donald Trump einen eigenen Nachrichtenkanal installieren, weil ihn die Fake-News-Presse mit Geschichten rund um das Impeachment-Verfahren wütend macht. Dafür gibt es Vorbilder. Auch Richard Nixon schimpfte beim Watergate-Skandal ausgiebig über die Presse, nur eben nicht vor laufenden Kameras und nicht auf Twitter. Damals machten sich seine Berater Gedanken darüber, was man den liberalen Medien entgegensetzen könnte. Roger Ailes, einer von ihnen, erfand das Konzept von Fox News, dem derzeitigen Lieblingssender von Trump. So wiederholt sich die Geschichte, nur eben nach einem anderen Muster. Daniel Ellsberg hat es auf den Punkt gebracht: Dieser Whistleblower hat sich an den Dienstweg gehalten und ist einstweilen vor Verfolgung geschützt. Und Trump ist kein Mann, der nachts durch das Weiße Haus geistert und mit den Bildnissen früherer Präsidenten Gespräche führt. Bleibt der Hass auf die liberale Presse, ein Hass, der nicht nur bei Populisten tief sitzt, auch bei den Faschisten: "Ein Baum, ein Strick, ein Pressegenick", war ein Slogan, der auf einer Demo in Berlin gerufen wurde. Soviel zu dem, was man in Deutschland sagen kann.

Was wird.

Zwei große Konferenzen haben in dieser Woche enthüllt, unter welchem Oberthema sie demnächst in diesem Theater antreten wollen. Im Frühjahr 2020 will die re:publica in Berlin unter dem Motto ASAP an den Start gehen. Das Wort aus der englischen Bürosprache wäre in deutscher Form "SSWM" oder "fix und foxi!" und steht für die re:publicaner für Aufbruchstimmung, Aktionismus und Bewegung und heißt soviel wie Unmittelbarkeit, Befriedigung und Bequemlichkeit. Dabei will man mit den von einer Aufbruchstimmung geprägten Menschen die "Parameter" diskutieren, "die ausschlaggebend für gesellschaftspolitische Turbulenzen und wirtschaftliche Dynamiken sind." Der Aufruf zu ASAP endet natürlich mit den gestohlenen Träumen von Greta Thunberg, der jungen Frau, die das P in Possible wie in der Politik nicht interessiert. Aus der ehemaligen Bloggerkonferenz ist eine Weltverbessererkonferenz geworden. "In einer langatmigen sich im Kreis drehenden Debatten-Kultur vergeuden wir wertvolle Zeit! Was es jetzt bedarf ist Entscheidungsmut! ASAP!"

Ein glücklicheres Händchen hatte der Chaos Computer Club mit Resource exhaustion für den alljährlichen Congress in Leipzig. Auch englisch, aber passend, wie der Blick ins Sprachfeld zeigt. Für den CCC steht der Begriff für einen plumpen Angriff auf IT-Systeme, doch der Umgang mit knappen I/O-Ressourcen hat auch einen Umweltaspekt und verweist auf Rohstoffquellen bis hin zur Politik und zu den Whistleblowern. Man erinnere sich nur an die zentrale Frage, die Edward Snowden vom europäischen Parlament gestellt wurde: "Do you feel you had exhausted all avenues before taking the decision to go public?"

Resource exhaustion, wohin man blickt. Denn die allgemeine Erschöpfung betrifft nicht nur die aktuelle Bundesregierung und ihre marktliberalen Mitläufer. Wer die gerade wieder einmal angestoßene Debatte um ein schlichtes Tempolimit in Deutschland in einem der x-beliebigen sozialen Medien verfolgt, erfährt schnell, dass wir eigentlich ein Volk von aggressiv Gestörten sind, die bei diesem Thema von der Einschränkung ihrer vermeintlichen "Freiheit" zum Rasen faseln.

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Was war. Was wird. Überall Einzeltäter.
« Antwort #794 am: 13 Oktober, 2019, 09:05 »
Wer ängstlich auf "das Netz" starrt, wenn sich Antisemitismus mit Genderhass und Ausländerfeindlichkeit zusammentut, hat nichts begriffen, grummelt Hal Faber.

Wie immer möchte die Wochenschau von Hal Faber den Blick für die Details schärfen: Die sonntägliche Wochenschau ist Kommentar, Ausblick und Analyse. Sie ist Rück- wie Vorschau zugleich.

Was war.

*** Er ist wieder da. Der Einzeltäter, ein Angehöriger der weißen Männergruppe, die ein nationalsozialistisches Gebräu aus Judenhass, Islamhass und Frauenhass konsumieren und dann Menschen umbringen. Einer, der ein Manifest schreibt und seine Taten auf Englisch ankündigt und einen Live-Stream einrichtet. Als ich das letzte Mal über das dumme Wort des Einzeltäters schrieb, hieß dieser Anders Breivik und tötete 77 Menschen. Diesmal starben "nur" zwei Menschen, weil die Waffen aus dem 3D-Drucker Waffen aus dem 3D-Drucker waren und die Tür der Synagoge etwas solider war als Politiker, die von "Alarmzeichen" faseln, wenn gemordet wird. Es war schließlich Jom Kippur und Zeit für ein Wunder. In der Synagoge wurde gebetet und das Überleben gefeiert wie das Überleben des jüdischen Volkes gefeiert werden muss.

*** In dem per Helmkamera übertragenen Live-Stream haben sich die anderen Einzelnen geärgert, die beim Morden zuschauen wollten: "Er vermasselt alles total. Ahhh, er ist so verdammt ungeschickt." Auf Imageboards werden die Bauteile diskutiert, die der Mörder ausgedruckt, aber nicht sorgfältig genug bearbeitet hat. Daher die vielen Ladehemmungen, die in Kommentaren beklagt werden. Natürlich wandert das Video von Imageboard zu Imageboard, weil es doch der "Nachwelt" erhalten werden muss, genau wie beim Massaker in Neuseeland. Im Unterschied zu Anders Breivik rechnete der Mörder von Halle offenbar damit, getötet zu werden und in "Valhalla" einzuziehen, wo gefügige "Waifus" auf ihn warten würden, ganz wie die Jungfrauen, die auf Islamisten im Jenseits warten.

*** Doch es gibt weitere Unterschiede zu 2011. Heute gibt es eine Partei in Deutschland, die die Zeit als "Vogelschiss" bezeichnet, in der Juden systematisch getötet wurden. Diese bekommt bis zu einem Viertel der Wählerstimmen, vielleicht auch von der Familie des Mörders, wo man nichts gegen Juden hat, wohl aber gegen "Finanzjuden": Ein Investor aus Israel wollte in seinem Wohnort Benndorf investieren. "Das Deutschland von 2019 ist ein Land, in dem die Juden nicht wissen, ob sie gerade zur Zielscheibe von Neonazis, Islamisten oder sonstigen Extremisten werden. Und das Deutschland von 2019 ist ein Land, in dem man besser weder Kippa auf dem Kopf noch einen Davidstern um den Hals tragen sollte, will man sich nicht körperlichen Angriffen aussetzen." Das schreibt ein Professor für jüdische Geschichte. Heute ist der Islamhass eine Komponente des Antisemitismus: "Döner - nehm wer", sagte der Mörder, ehe er einen jungen Mann im Imbiss erschoss. Dann fuhr er davon und hielt brav an, als die Ampel auf rot sprang. "Es konnte und musste geschehen, weil es inzwischen normal ist, dass Nazis in Deutschland Menschen umbringen", schrieb Dimitrij Kapitelman, der nur einen Hakenkreuzwurf von Halle entfernt wohnt.

*** Natürlich gibt es auch einfache Antworten im schlimmsten Zeitungsdeutsch. Dann schreibt man einfach mal etwas über die "Mordlust im Netz" und gibt der "Meme-Kultur" des Internet die Schuld, weil sie angeblich ein "Radikalisierungsprogramm für erfolg- und orientierungslose" Jungmänner bietet. Oder man prangert die Gamification durch Steam & Co an, die den Weeaboo aus Benndorf zu seinen Taten inspiriert haben soll.

Wen schert es schon, dass jeder Personaler heutzutage von Gamification redet, wenn man auf das böse Netz verweisen kann. Dann kommt so ein Unsinn heraus, dass verschlüsselte Messenger-Dienste daran schuld sind, dass die geplante Tat nicht vorher aufflog. Wenn die so entstandene Berichterstattung "aus dem Netz" nicht passt, kann man das ja immer noch bedauern. Insgesamt macht damit dieser Mordfall deutlich, woran es in der deutschen Digitalisierungsdebatte hapert: An einem grundlegenden Verständnis für Technik, gepaart mit Defiziten in logischer Beweisführung. Deutschland drückt sich nicht vor einer Digitalisierungsdebatte, sondern führt sie ängstlich und mutlos und drückt sie auch noch schlecht aus.

*** Sagen wir es nochmal deutlich: Angst war noch nie ein guter Ratgeber. Auch nicht die Angst vor der Digitalisierung. Und nicht die Angst vor den Rechtsradikalen, die auch bei deutschen Intellektuellen allzu schnell dazu führt, jeden Rülpser irgendwelcher Wutbürger sich gleich als "berechtigtes Anliegen besorgter Bürger" auf die eigene Agenda zu schreiben.

*** Gut, dass wir da einen Mutmacherposten haben und mit SprinD eine Agentur für Sprunginnovation, die jetzt auch ein ordentliches Büro hat. Von Leipzig aus werden also große Sprünge gemacht, aber auch große Sprüche. Zwar ist es wunderbar, wenn jetzt die Entwicklung von stromsparenden Analogrechnern mit Millionen gefördert wird, doch ist es etwas seltsam, wenn der oberste Chefinnovator der Bundesrepublik davon spricht, dass künftig nicht bei jedem neuen Rechenzentrum drei Atomkraftwerke gebaut werden können. Vielleicht sind diese Atomkraftwerkchen von Terrapower gemeint, die für Bill Gates die Lösung sind, den Klimawandel erträglich und weniger gefährlich zu gestalten.

*** Mut und Tempo bei der Digitalisierung, das forderte SAP-Vorstandsmitglied Christian Klein im Sommer. Wer im Herbst mutig handelte, war SAP-Haudegen Hasso Plattner. Mit Christian Klein in Walldorf und Jennifer Morgan in den USA an der Spitze des wertvollsten deutschen Unternehmens hat er eine Doppelspitze installiert, wie es sich seit den Zeiten von Plattner und Kagermann immer mal wieder gegeben hat. "Die erste Frau an der Spitze eines DAX-Konzerns", wie überall berichtet wird, dürfte ihren ersten großen Auftritt auf dem IT-Gipfel der Bundesregierung haben und dieser erzählen, was es mit dem von ihr geleitetem Cloud-Geschäft auf sich hat. In diesem Zusammenhang sei daran erinnert, dass es Jennifer Morgan war, die sich für die EDGE-Zertifizierung von SAP eingesetzt hat, nach der gleiches Geld für gleiche Arbeit bezahlt wird. Ob es einen Zusammenhang mit dem Frauenanteil in STEM-Berufen und der fehlenden Geschlechtergleichheit in Ländern gibt, wie hier behauptet wird, wird noch zu diskutieren sein.

*** Greta Thunberg, die Klima-Aktivistin für die guten, inspirierenden Freitage, hat nicht den Nobelpreis in der Sparte Frieden bekommen. Das hat einige überrascht, nicht zuletzt die Buchmacher, die jede mögliche und unmögliche Wette annehmen. Ob jemand auf Abij Aymed gesetzt hatte, ist unbekannt. Die Überraschung ist dennoch gelungen, vergleichbar mit dem Wirtschafts-Nobelpreis für William Nordhaus im Jahre 2018 für seine Klimaforschungs-Ansätze. Damals, als das Thema Klima die Jury beschäftigte, erwartete man, dass Martin Weitzman den Preis gewinnen würde. Dieser nahm sich im Sommer das Leben. An seine Forschung erinnert dieser Artikel: Wenn die Welt immer reicher wird und unsere Kenntnisse der Zusammenhänge vom Klimawandel und seinen tödlichen Folgen immer besser wird, warum überlassen wir dann nicht unseren Kindern oder Enkelkindern die Lösung der Probleme? Auf acht oder zehn Millionen Tote zusätzlich kommt es ja nicht an, wenn die Menschheit insgesamt den Dreh rausbekommt, die Entwicklung zu stoppen. Vielleicht mit dieser Atomenergie?

Was wird.

Das NATO-Mitglied Türkei hat mit dem Einverständnis der USA seinen Krieg gegen die Kurden begonnen. Nach türkischen Angaben wurden bis zum Wochenende 277 kurdische Terroristen getötet, während es zu toten Zivilisten nur Schätzungen gibt. Seitens der NATO mahnte Generalsekretär Jens Stoltenberg die Türkei, bitteschön "zurückhaltend" zu agieren. Seitens der USA verkündete Trump, die Kurden hätten den USA schließlich auch nicht im zweiten Weltkrieg in der Normandie geholfen. Zwischen 70.000 und 100.000 Menschen sollen auf der Flucht sein, der Kampf gegen den islamischen Staat ist bis auf weiteres eingestellt.

Im Trubel der türkischen Angriffe konnten die ersten IS-Kämpfer aus der Haft fliehen. Viel Phantasie braucht es nicht, eine Zunahme von Flüchtlingen aus der Region zu prognostizieren. Das bringt uns zu der Jungen Union, die witzig sein will und über einen Innenminister Seehofer twittert, der die Flüchtenden "zum Freibier einlädt". Unterdessen ist eine Klage vor dem Internationalen Strafgerichtshof eingegangen, in der Angela Merkel, Emmanuel Macron und Jean-Claude Juncker beschuldigt werden, ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit begangen zu haben, indem sie den Tod von Flüchtlingen im Mittelmeer vorsätzlich in Kauf nahmen. Die Klageschrift stammt vom israelischen Anwalt Omar Shatz. Die Welt dreht sich weiter.

Quelle : www.heise.de

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